Migrationsbericht Jena 2018 - Stadt Jena
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Impressum:
Mai 2018
Herausgeber:
Stadtverwaltung Jena
Dezernat 1
Büro für Migration und Integration
Saalbahnhofstraße 9
07743 Jena
In Zusammenarbeit mit:
Stadtverwaltung Jena
Dezernat 2
Team Statistik
Am Anger 28
07743 Jena
Timourou Wohn- und Stadtraumkonzepte
Wilhelm-Kritzinger-Straße 11
06722 Droyßig
Sowie alle weiteren mitwirkenden Bereiche der Stadtverwaltung Jena und ihrer Eigenbetriebe.
Lektorat: pressebüro transit
Alle Rechte vorbehalten.
Vervielfältigungen, auch auszugsweise, sind nur mit Quellenangaben gestattet.
-2-Inhaltsverzeichnis
Einleitung ............................................................................................................................................... 4
1. Migration in Jena im Vergleich .................................................................................................. 6
2. Demographie ............................................................................................................................... 9
2.1 Entwicklung der Anzahl der Migrant_innen ............................................................................. 9
2.2 Altersstruktur der Migrant_innen ........................................................................................... 11
2.3 Herkunftsländer der Ausländer_innen ................................................................................... 13
2.4 Wanderungsbewegungen der Ausländer_innen ................................................................... 15
2.5 Ausländer_innen nach Aufenthaltszwecken .......................................................................... 16
3. Soziale und sozioökonomische Merkmale............................................................................. 19
3.1 Kinder, deren Herkunftssprache nicht Deutsch ist, in den Kindertageseinrichtungen .......... 19
3.2 Schüler_innen, deren Herkunftssprache nicht Deutsch ist, an den Schulen ........................ 20
3.3 Ausländische Studierende an Universität und Hochschule ................................................... 22
3.4 Beschäftigungsverhältnisse und Gewerbeanmeldungen von Ausländer_innen ................... 23
3.5 Leistungsberechtigte Ausländer_innen nach Asylbewerberleistungsgesetz ........................ 26
3.6 Leistungsberechtigte Ausländer_innen nach SGB II ............................................................. 28
4. Planungsräume im Vergleich .................................................................................................. 31
4.1 Planungsraum Lobeda .......................................................................................................... 36
4.2 Planungsraum West/Zentrum ................................................................................................ 38
4.3 Planungsraum Nord ............................................................................................................... 40
4.4 Planungsraum Ost ................................................................................................................. 42
4.5 Planungsraum Winzerla ........................................................................................................ 44
4.6 Planungsraum Ortschaften .................................................................................................... 46
5. Empfehlungen für die Weiterentwicklung des Migrationsberichtes ................................... 48
6. Anhang....................................................................................................................................... 49
-3-Einleitung
Die Familie Winogradow übersiedelte 1991 als auch innerhalb der Gruppen der Einheimi-
aus der Russischen Föderation nach Jena und schen, der schon länger Ansässigen und den
sowohl die Eltern als auch die damals minder- Neuhinzuziehenden Konflikte auftreten, die es
jährige Tochter Lenja tragen als Aussiedler_in- aufzugreifen und zu diskutieren gilt.
nen die deutsche Staatsangehörigkeit. Lenja
ist inzwischen 30 Jahre alt und hat mit Harun In den letzten Jahren nahm die Intensität der
eine eigene Familie gegründet. Harun kommt internationalen Wanderungsbewegungen stetig
ursprünglich aus Syrien und erhielt 2016 ge- zu und seit 2010 ziehen jährlich mehr Men-
meinsam mit seinen zwei Brüdern als Asylbe- schen über die Grenze nach Deutschland als
rechtigter eine Aufenthaltserlaubnis. Ein Blick weg. Auch in Jena erlangt das Thema „Migra-
in die Zukunft zeigt, dass Harun nach drei Jah- tion“ wachsende Bedeutung, der Anteil der
ren zuerst eine Niederlassungserlaubnis erhal- Migrant_innen an der Gesamtbevölkerung
ten wird, zwölf Jahre später den Einbürge- stieg im Zeitraum von 2011 bis 2017 von 8,3 %
rungstest erfolgreich bestehen und somit eben- auf 13,2 % an (siehe Kasten Wer wird als Mig-
falls die deutsche Staatsangehörigkeit anneh- rant_in bezeichnet?). Durch den starken Zuzug
men wird. Seine Brüder ziehen jedoch wieder von Geflüchteten in den Jahren 2015 und 2016
nach Syrien zurück, sie stehen trotzdem in en- gewann die Thematik noch einmal an Ge-
gem Kontakt zu Harun. Lenja selbst genießt wicht.1 Doch was wissen wir eigentlich über die
die europäische Freizügigkeit und verlagert vo- neuen Mitbürger_innen? Warum haben sie ihr
rübergehend ihren Lebensmittelpunkt als Herkunftsgebiet verlassen? Warum sind sie
Künstlerin nach Italien. nach Jena gekommen und nicht in eine andere
deutsche Gemeinde gezogen? Kamen sie al-
Dieses fiktive Beispiel verdeutlicht die Migra- lein oder mit Verwandten, Freunden oder Be-
tion als einen Prozess mit eigener Dynamik kannten? Welche Erwartungen und Hoffnun-
und Sogwirkung. Der Prozesscharakter drückt gen verbinden sie mit Jena? Wie lange möch-
sich dabei in der räumlichen Dimension – von ten sie in Jena bleiben?
Syrien über Italien bis zur Russischen Födera-
tion – aus. Gleichzeitig kann der aufenthalts- Um sich diesen und weiteren Fragen zu wid-
rechtliche Status wechseln – beispielsweise men und der zunehmenden Bedeutung von
von dem eines Asylbewerbers über den eines Migration in Jena, die sich auf alle ökonomi-
Asylberechtigten bis zum Eingebürgerten. schen, sozialen und gesellschaftlichen Berei-
Deutlich werden ferner unterschiedliche Migra- che auswirkt, besser gerecht zu werden, wurde
tionsursachen und Handlungsmotive wie dieser Migrationsbericht erstellt. Mit dem Be-
Kriegszustände im Herkunftsgebiet, bessere richt werden drei wesentliche Ziele verfolgt:
berufliche Perspektiven, die Familienzusam-
menführung oder auch die persönliche Neugier • Bereitstellung einer umfassenden Daten-
und Abenteuerlust. sammlung zu verschiedenen statistischen
Aspekten von Migration,
Hinter jeder Wanderungsbewegung steht ein • Erstellung einer Informationsgrundlage für
Individuum, dessen soziale Beziehungen sich die kommunale Politik sowie
mit der räumlichen Verschiebung entweder nur • Zusammenstellung allgemeiner Information
zeitlich begrenzt oder gar dauerhaft verändern. für an der Thematik interessierte Bürger_in-
Die Migration ist ein Teil der Gesellschaft und nen.
führt dazu, dass sich diese tagtäglich neu kon-
stituiert. Dieser gesellschaftliche Aushand- Aus diesen Zielen resultieren unterschiedliche
lungsprozess geschieht größtenteils unbe- Anforderungen an den Bericht. Der Schwer-
wusst und unscheinbar. So wird vor allem von punkt liegt auf der Darstellung empirischer
einer gelungenen Integration gesprochen, Fakten auf Grundlage vorhandener Datenquel-
wenn sie unauffällig bleibt. Gleichzeitig können len der Statistikstelle der Stadt Jena, des Thü-
durch Interaktionsprozesse sowohl zwischen ringer Landesamtes für Statistik und weiteren
1 Aus diesem Grund wurden vertiefende Analysen zur Struktur und Dynamik der Geflüchteten durchgeführt und
in einem kurzen gesonderten Bericht veröffentlicht. Siehe Stadt Jena: Aktuelle Situation der Flüchtlinge auf
dem Jenaer Wohnungsmarkt, 2017.
-4-Institutionen. Erforderlich ist aber auch eine Um die Entwicklungen und Besonderheiten der
fundierte Interpretation und Bewertung der Da- Migration in Jena herauszuarbeiten, werden
ten, die in eine Empfehlung für die Weiterent- zuerst Eckwerte auf gesamtstädtischer Ebene
wicklung des Migrationsberichtes mündet. dargestellt und interpretiert. In einem ersten
Schritt erfolgt dafür ein innerdeutscher Ver-
Die Aussagekraft der vorhandenen Daten ist gleich, um anschließend auf Teilbereiche in
jedoch begrenzt, da zu vielen Aspekten keine Jena genauer eingehen zu können. Dabei wer-
oder nur geringe beziehungsweise wenig diffe- den sowohl die demographischen als auch die
renzierte Informationen vorliegen, sodass nicht sozialen und sozioökonomischen Merkmale
alle Fragen beantwortet werden können. Auch der Migrant_innen thematisiert, soweit im Zeit-
wenn in der Statistik zwischen Deutschen ohne verlauf möglich. Nachdem der gesamtstädti-
Migrationshintergrund und Migrant_innen un- sche Bogen aufgespannt wurde, erfolgt eine
terschieden wird und die folgenden Darstellun- kleinräumige Analyse auf der Ebene der Pla-
gen auf dieser Unterteilung fußen, soll an die- nungsräume. Am Ende münden die Ergeb-
ser Stelle ausdrücklich darauf hingewiesen nisse und Erkenntnisse in Empfehlungen für
werden, dass die Gruppe der Migrant_innen die Weiterentwicklung des Migrationsberichtes.
als ein Teil der Jenaer Gesellschaft verstanden
wird.
Wer wird als Migrant_in bezeichnet?
Eine allgemeingültige Definition von Mig- Von den Migrant_innen sind derzeit knapp
rant_innen beziehungsweise von Personen mit 10.000 Personen beziehungsweise 70 % Aus-
Migrationshintergrund existiert nicht. Aus die- länder_innen. Sie besitzen (noch) nicht die
sem Grund variieren begriffliche Abgrenzun- deutsche Staatsangehörigkeit. Derzeit liegt in
gen je nach Themenfeld. Jena der Ausländeranteil an der Gesamtbevöl-
kerung bei 9,3 %.
Ob eine Person einen Migrationshintergrund Darüber hinaus leben rd. 4.300 Migrant_innen
hat oder nicht, wird in der Meldestatistik nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit in Jena. Sie
direkt aufgeführt und kann nur indirekt über ein kamen entweder zuvor als Ausländer_in nach
Verfahren hergeleitet werden. Wie auch in an- Jena und wurden inzwischen eingebürgert o-
deren Städten arbeitet die Statistikstelle in der sie zogen als (Spät-)Aussiedler_in zu. Ak-
Jena seit 2012 mit dem Programm MigraPro tuell sind Eingebürgerte und (Spät-)Aussied-
INFORMATION
und kann Daten bis 2009 rückwirkend berech- ler_innen gleichermaßen vertreten und neh-
nen. men jeweils einen Anteil von rd. 15,0 % an al-
len Migrant_innen beziehungsweise 2,0 % an
In Anlehnung an das Programm werden Perso- allen Jenaern ein.
nen dann als Migrant_innen bezeichnet, wenn
sie ihren Lebensmittelpunkt über die Staats- Neben dem Programm MigraPro können Da-
grenzen hinweg verlagert haben. Bei den Ein- ten zu Migrant_innen auch über andere Quel-
wohner_innen Jenas trifft dies auf 14.374 Per- len generiert werden. So wird beispielsweise
sonen zu, was einem Anteil an allen Einwoh- der Migrationshintergrund beim Mikrozensus,
ner_innen von 13,2 % entspricht (Stand 2017). welcher auf einer Haushaltsstichprobe basiert,
Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass mit ebenfalls aus Angaben zur Zuwanderung,
86,8 % der Großteil der Jenaer keinen Migrati- Staatsangehörigkeit und Einbürgerung abgelei-
onshintergrund aufweist. tet. Die Definition und die Ergebnisse unter-
scheiden sich zwischen MigraPro und Mikro-
zensus nur geringfügig.
2,0% Eingebürgerte
ohne Im Gegensatz dazu unterliegt die Schul- sowie
Migrations- 2,0% (Spät-)Aus-
hintergrund siedler_innen Kinder- und Jugendhilfestatistik einer anderen
86,8% Migrant_innen Herangehensweise: Von einem Migrationshin-
13,2% 9,3% Ausländer_ tergrund wird dann gesprochen, wenn in der
innen
Familie oder im häuslichen Umfeld des Kindes
beziehungsweise Jugendlichen nicht vorrangig
„Deutsch“ gesprochen wird. Die Ergebnisse
sind somit nicht mit den MigraPro-Daten ver-
gleichbar.
-5-1. Migration in Jena im Vergleich
Das Thema Migration gewinnt in Deutschland Deutschland auf die Zuwanderung zurückzu-
zunehmend an Bedeutung. Zogen von 1995 führen – die Zahl der Deutschen ohne Migrati-
bis 2010 pro Jahr durchschnittlich onshintergrund nahm in diesem Zeitraum um
635.000 Ausländer_innen nach Deutschland 1.700 Personen ab und die Zahl der Deut-
zu, während 540.000 Ausländer_innen das schem mit Migrationshintergrund nahm um
Land verließen, stieg in den Folgejahren das 3.850 Personen zu. Entsprechend stieg der
Niveau spürbar an (siehe Abb. 1). Folglich ist Anteil an Migrant_innen von 18 % auf 23 %. Im
laut Mikrozensus von 2010 bis 2016 der drei- Vergleich dazu lag der Anteil in Thüringen
prozentige Anstieg der Bevölkerungszahl in 2016 bei nur 6 %.2
ABB. 1 ZU- UND WEGZÜGE VON AUSLÄNDER_INNEN ÜBER DIE GRENZEN DEUTSCHLANDS
absolut
2.250.000
2.000.000 Zuzüge
1.750.000
1.500.000
1.250.000
1.000.000
Wegzüge
750.000
500.000
250.000
0
‚
Datengrundlage: Statistische Ämter des Bundes und der Länder
Darstellung und Berechnungen: Timourou
Im Laufe der Zeit veränderten sich auch die sowie auf die zunehmende Fluchtmigration zu-
Herkunftsregionen und die Handlungsmotive rückzuführen ist. Trotzdem bestehen die
der Migrant_innen. So kamen immer mehr Per- stärksten Verflechtungen weiterhin mit europäi-
sonen aus Asien, was im Wesentlichen auf schen Ländern.
eine stärker international ausgerichtete Ver-
flechtung von Wirtschafts- und Lebensräumen
In ostdeutschen Gemeinden leben weniger Migrant_innen als in westdeutschen Gemeinden
Die Anzahl der Migrant_innen in Deutschland Dort lebende Migrant_innen sind häufig schon
ist in den letzten Jahren angestiegen. In Ab- länger und teilweise über mehrere Generatio-
hängigkeit von der zeitlichen und räumlichen nen in Deutschland, sodass der Anteil an Ein-
FAZIT
Entwicklung entstanden dabei unterschiedliche gebürgerten höher liegt. Demzufolge liegt der
Schwerpunkträume. Insgesamt nehmen Mig- Anteil an neu hinzugezogenen Ausländer_in-
rant_innen in westdeutschen Gemeinden einen nen in den ostdeutschen Gemeinden auf ei-
höheren Anteil an der Einwohnerzahl ein als nem höheren Niveau – sie können aus der
beispielsweise in Jena, Leipzig, Erfurt oder Migrationsgeschichte im früheren Bundesge-
Potsdam. biet lernen.
Die alten Bundesländer weisen eine längere
und intensivere Zuwanderungsgeschichte auf.
2 Weitere Informationen siehe Ergebnisse des Mikrozensus 2010 und 2016.
-6-Die Regionen in Deutschland sind in unter- Letztlich leben im Durchschnitt in den alten
schiedlichem Maß von der Migration betroffen. Ländern mehr Migrant_innen als in den neuen
Aufgrund verschiedener Rahmenbedingungen Ländern. Doch wie hoch liegen die jeweiligen
– von Politik über Wirtschaft bis hin zu gesell- Anteile in Jena im Vergleich? Weil für entspre-
schaftlichen Faktoren – entstanden und entwi- chende Veröffentlichungen von Kommunen zu-
ckeln sich unterschiedliche räumliche Schwer- nächst Auswertungen mit MigraPro notwendig
punkte. So weist das frühere Bundesgebiet sind, ist ein Vergleich auf der Gemeindeebene
eine längere und intensivere Migrationsge- nur für eine begrenzte Auswahl an Städten
schichte auf als die ostdeutschen Bundeslän- möglich. Verglichen wird mit den ostdeutschen
der, was Auswirkungen auch auf die aktuellen Städten Leipzig, Potsdam und Erfurt sowie mit
Migrationsbewegungen hat. Beispielsweise westdeutschen Universitätsstädten ähnlicher
schloss die Bundesrepublik Anfang der 1950er Größe wie Erlangen, Göttingen oder Münster.
Jahre mit Mittelmeeranrainerstaaten soge-
nannte Anwerbevereinbarungen ab, um neue Im Vergleich mit den westdeutschen Städten
Arbeitskräfte für das hohe Wirtschaftswachs- weisen Jena und die anderen drei ostdeut-
tum gewinnen zu können. In diesem Kontext schen Städte sowohl die geringsten Anteile an
kamen insgesamt bis zu 4 Millionen Auslän- Migrant_innen als auch an Ausländer_innen
der_innen in die Bundesrepublik zum Arbeiten, auf (siehe Abb. 2). Aufgrund der Zuwande-
darunter Italiener_innen, Spanier_innen, rungsgeschichte liegen die Anteile in den west-
Türk_innen, Marokkaner_innen. 1973 wurde deutschen Städten deutlich höher. Über ein
ein Anwerbestopp als Folge der Ölkrise ver- Drittel der Einwohner_innen sind in Darmstadt,
hängt, in den 1970er und 1980er Jahre erfolgte Erlangen und Mainz Migrant_innen.
ein Familiennachzug dieser sogenannten
„Gastarbeiter“. Als Arbeitskräfte kamen auch in In Westdeutschland leben die Migrant_innen
die neuen Bundesländer sogenannte „Ver- im Durchschnitt schon länger, unter ihnen sind
tragsarbeiter“ beispielsweise aus Ungarn, Eingebürgerte häufiger als in den neuen Län-
Mosambique, Kuba oder Vietnam. Im Gegen- dern. Aus diesem Grund liegt die Spanne zwi-
satz zu den alten Ländern wurde der Aufent- schen dem Anteil an Migrant_innen und Aus-
halt jedoch von vornherein zeitlich begrenzt, länder_innen bei den westdeutschen Gemein-
der Familiennachzug unterbunden und die Un- den höher als bei den ostdeutschen.
terbrindung erfolgte in der Regel in seperaten
Wohnheimen.
ABB. 2 ANTEIL DER MIGRANT_INNEN UND AUSLÄNDER_INNEN AN DER GESAMTBEVÖLKE-
RUNG 2016
Erfurt 9,8% Migrant_innen Erfurt 6,7% Ausländer_innen
Potsdam 11,9% Potsdam 7,5%
Jena 12,4% Jena 8,5%
Leipzig 13,4% Leipzig 8,9%
Münster 22,9% Münster 10,1%
Göttingen 23,2% Göttingen 13,1%
Regensburg 30,3% Regensburg 14,7%
Mainz 33,1% Aachen 17,4%
Erlangen* 33,7% Erlangen 17,8%
Aachen 36,5% Mainz 18,1%
Darmstadt 38,8% Darmstadt 19,9%
0% 10% 20% 30% 40% 0% 5% 10% 15% 20% 25%
Anteil in % Anteil in %
‚
* 2015
Datengrundlage: kommunale Statistiken der aufgeführten Gemeinden
Darstellung und Berechnungen: Timourou
-7-Im zeitlichen Verlauf stiegen Anzahlen und An- Inzwischen werden in Deutschland wieder we-
teile an Migrant_innen und Ausländer_innen in niger Anträge gestellt. Die räumliche Verteilung
allen Vergleichsstädten an; mit der Fluchtmig- der Geflüchteten innerhalb Deutschlands er-
ration 2015/2016 verstärkte sich diese Dyna- folgt über den „Königsteiner Schlüssel“ propor-
mik noch. Die Asylantragszahlen in Deutsch- tional auf die Bundesländer. Indem allerdings
land bilden diese Entwicklung ebenfalls ab – in den ostdeutschen Gemeinden weniger Aus-
seit ungefähr 2010 stieg die Anzahl der Erstan- länder_innen leben, fällt dort rechnerisch der
träge wieder an und erreichte 2015 mit fast prozentuale Anstieg stärker aus als in den
450.000 Anträgen und 2016 mit westdetuschen Gebieten.
rd. 720.000 Anträgen den Höchststand.
ABB. 3 ENTWICKLUNG DER ASYLANTRAGSZAHLEN BIS 1994 ERST_ UND FOLGEANTRÄGE
UND AB 1995 NUR ERSTANTRÄGE IN DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND
absolut
800.000
700.000
600.000
500.000
400.000
300.000
200.000
100.000
0
‚
* Januar und Februar
Datengrundlage: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
Darstellung und Berechnungen: Timourou
-8-2. Demographie
In Jena nahm in den letzten Jahren die Anzahl woher sie kommen, wohin sie gehen und aus
der Migrant_innen deutlich zu. Wie sich die welchen Gründen sie in Jena wohnen, ist Ge-
einzelnen Gruppen der Migrant_innen entwi- genstand dieses Kapitels.
ckelt haben, wie alt die Migrant_innen sind,
2.1 Entwicklung der Anzahl der Migrant_innen
Die Zusammensetzung der Jenaer Bevölke- Ein Spezifikum dieser Zunahme ist, dass auch
rung ist in Bewegung und aufgrund internatio- die Zuwanderungsdynamik selbst angestiegen
naler Wanderungsbewegungen steigt sowohl ist. Während sich von 2009 bis 2012 die An-
die absolute Anzahl der Migrant_innen als zahl der Migrant_innen um rd. 1.100 Personen
auch der prozentuale Anteil an der Bevölke- erhöhte, war das Plus zwischen 2013 und
rung. Lebten 2009 knapp 8.000 Migrant_innen 2016 mit 3.400 Personen fast dreimal so groß.
in Jena, so sind es inzwischen fast 14.400 Per- Im Wesentlichen ist der Niveauunterschied bei-
sonen – das sind 6.300 Menschen mehr der Phasen auf den stärkeren Zuzug von Ge-
(siehe Abb. 4). Da die Anzahl der Deutschen flüchteten – vor allem in den Jahren 2015 und
ohne Migrationshintergrund im gleichen Zeit- 2016 – zurückzuführen.
raum um rd. 5.700 Personen gesunken ist,
stieg der Anteil der Migrant_innen an der Ge-
samtbevölkerung von 7,8 % auf 13,2 % an.
Vielfältig, jung und dynamisch
Inzwischen weisen 13,2 % der Jenaer einen von Universität und Hochschule sowie der
Migrationshintergrund auf und der Großteil der Fluchtmigration kommen mehr junge Personen
Migrant_innen sind Ausländer_innen. Jena nach Jena. Die Vielfalt an Bevölkerungs-
FAZIT
wird dabei aus unterschiedlichsten Gründen gruppen beeinflusst derzeit verschiedene
zum neuen Lebensmittelpunkt gewählt. Von Bereiche wie den Arbeits- und Wohnungsmarkt
den Europäer_innen kommen aufgrund der sowie die Bildungsinfrastruktur.
Freizügigkeit höchstwahrscheinlich mehr Noch sind unter den Ausländer_innen viele
Personen zum Arbeiten in die Stadt, während neu Hinzugezogene. Einige von ihnen werden
unter den Asiat_innen der Anteil an in Jena für eine längere Zeit oder dauerhaft
Studierenden, Forschenden und seit 2015 bleiben. Im Ergebnis wird längerfristig mit einer
auch der Geflüchteten höher liegen wird. Zunahme an Eingebürgerten gerechnet, bisher
Aufgrund der Internationalisierungskampagnen liegt ihr Anteil bei 2,0 %.
-9-ABB. 4 ENTWICKLUNG DER ANZAHLEN VON DEUTSCHEN OHNE MIGRATIONSHINTER-
GRUND UND MIGRANT_INNEN
Deutsche ohne MH* Migrant_innen
Anteil Deutsche ohne MH* Anteil Migrant_innen
absolut Anteil in %
92,2% 91,9% 91,7% 91,2% 90,6% 89,8% 100%
88,7% 87,6% 86,8%
100.000
80.000 75%
60.000
95.417
95.337
95.342
95.312
50%
94.938
94.943
94.902
94.619
94.348
40.000
25%
20.000 11,3% 12,4% 13,2%
7,8% 8,1% 8,3% 8,8% 9,4% 10,2%
8.068 8.402 8.673 9.214 9.940 10.806 12.105 13.364 14.374
0 0%
‚
* Migrationshintergrund
Datengrundlage: Stadt Jena
Darstellung und Berechnungen: Timourou
Entsprechend deutlich fiel der Zuwachs an Während die Gruppe der (Spät-)Aussiedler_in-
Ausländer_innen aus (siehe Abb. 5). Erkenn- nen in Jena kleiner geworden ist, nahm die der
bar ist eine Verdoppelung gegenüber 2009 und Eingebürgerten relativ kontinuierlich um
ein erhöhter Anstieg seit 2014/2015, wobei rd. 5 % pro Jahr zu. Aufgrund der Länge des
sich die Dynamik 2017 wieder etwas abmil- Einbürgerungsprozesses steht die Anzahl der
derte. Aus welchen Gründen die Personen im Eingebürgerten in positivem Zusammenhang
Einzelnen nach Jena gekommen sind, ist nicht mit der Aufenthaltsdauer – der Jenaer Statistik
bekannt. Die Herkunftsländer der Auslän- nach lebte knapp ein Drittel aller im Jahr 2016
der_innen bieten jedoch einen Anhaltspunkt: eingebürgerten Personen seit 15 Jahren und
Demnach ist der Anstieg im Wesentlichen auf länger in Deutschland. Ungefähr 40 % sind seit
die Personengruppe aus Asien und somit auf 8 bis 14 Jahren in der Bundesrepublik ansäs-
die Kontexte Flucht sowie Studium/Forschung sig und etwas weniger als ein Viertel weniger
zurückzuführen (siehe Kapitel 2.3). als 8 Jahre. Indem seit einigen Jahren zuneh-
mend mehr Ausländer_innen in Jena leben,
In den letzten Jahren war der Zuzug von nimmt folglich auch die Möglichkeit der Einbür-
(Spät-)Aussiedler_innen nach Deutschland gerung und letztlich die Anzahl der Eingebür-
marginal und die Anzahl der hier lebenden gerten zu. Aufgrund des überproportionalen
(Spät-)Aussiedler_innen blieb somit relativ Anstiegs der Ausländer_innen in jüngster Zeit
konstant. Innerhalb von Deutschland führt die kann in den nächsten Jahrzehnten auch von
Binnenwanderung dieser Bevölkerungsgruppe einem stärkeren Anstieg an Einbürgerungen
allerdings zu Veränderungen. Im Ergebnis ausgegangen werden.
nahm in Jena seit 2009 die Anzahl ab, wäh-
rend beispielsweise in Erfurt ein Anstieg fest-
gestellt werden konnte.
- 10 -ABB. 5 VERTEILUNG UND ENTWICKLUNG DER VERSCHIEDENEN GRUPPEN VON MIG-
RANT_INNEN
absolut 14.374 Migrant_innen
14.000 13.364
12.105
12.000 10.806
9.940
10.000 9.214
8.402 8.673 10.060
8.068 9.195
8.000 8.008
6.415
5.766 Ausländer_innen
4.653 5.119
6.000 4.293 4.465
4.000 (Spät-)
2.607 2.180 2.181 Aussiedler_innen
2.514 2.504 2.490 2.483 2.198
2.421
2.000 Eingebürgerte
1.423 1.516 1.605 1.691 1.784 1.899 1.989 2.133
1.354
0
Migrant_innen
‚
Datengrundlage: Stadt Jena
Darstellung und Berechnungen: Timourou
2.2 Altersstruktur der Migrant_innen
Migrant_innen sind im Durchschnitt jünger als höhere Aufenthaltsdauer auf, was sich auch in
Deutsche ohne Migrationshintergrund und be- der Altersstruktur niederschlägt.
wirken somit eine Verjüngung der Jenaer Be-
völkerung. Dieser Effekt verstärkt sich, wenn Im Vergleich zu den Eingebürgerten und Aus-
der Anteil der Migrant_innen an der Bevölke- länder_innen liegen die Anteile an der Gruppe
rung zunimmt. Überdurchschnittlich stark sind „45 Jahre und älter“ bei den (Spät-)Aussied-
alle Altersgruppen unter 45 Jahre vertreten, ler_innen am höchsten. Markant ist insbeson-
insbesondere die der jungen Erwachsenen (18- dere die Gruppe der Senior_innen.
bis unter 27-Jährige; siehe Abb. 6).
Eine Besonderheit der Eingebürgerten ist hin-
Bei den Ausländer_innen werden hinter die- gegen der ausgesprochen hohe Anteil an Min-
ser Altersgruppe im hohen Maße Studierende derjährigen, darunter vor allem 6- bis unter 18-
und Geflüchtete stehen sowie Personen im Jährige. Schätzungsweise wird ungefähr ein
Kontext der Arbeitsmigration. Viertel der Minderjährigen keine eigene Migra-
tionserfahrung haben, jedoch wird mindestens
Im Vergleich zu den Ausländer_innen weisen ein Elternteil eine solche aufweisen.3 Insge-
aufgrund der Migrationsgeschichte und der samt finden sich unter den Eingebürgerten
Einbürgerungspolitik die (Spät-)Aussiedler_in- demnach häufiger Familien mit Kind(ern).
nen und Eingebürgerten im Durchschnitt eine
3 Diese Einschätzung fußt auf den Ergebnissen des Mikrozensus 2016 für Deutschland.
- 11 -ABB. 6 ALTERSSTRUKTUR 2017 IM VERGLEICH
Anteil in % Altersgruppe Migrant_innen
100% 3%
5% 6%
65 und mehr 13% 11%
90% 12%
24% 12%
80% 45 bis unter 65 21%
18%
70%
34% 39%
25% 27 bis unter 45
60%
20% 25%
50% 18 bis unter 27
40% 26%
28% 6 bis unter 18 12%
30% 26% 33%
20% 11% 16%
3 bis unter 6
13% 8%
10% 9% 5% 9%
3% 4% 10% 3%
5% unter 3 8% 4%
0% 3%
Deutsche ohne Migrant_innen darunter darunter darunter
Migrations- Eingebürgerte (Spät-)Aus- Aus-
hintergrund siedler_innen länder_innen
Datengrundlage: Stadt Jena
Darstellung und Berechnungen: Timourou
Abbildung 7 zeigt die im Zeitverlauf zuneh- schrumpfte als einzige Altersgruppe von 2009
mende Dominanz der Altersgruppen zwischen bis 2017. Trotz dieser Dynamiken konnte der
18 und unter 45 Jahren. Eine Besonderheit Alterungsprozess in Jena insgesamt nicht aus-
stellt die Gruppe der Senior_innen dar, diese geglichen werden.
ABB. 7 ENTWICKLUNG DER ALTERSSTRUKTUR DER MIGRANT_INNEN
absolut
6.000
2009 2013 2017
5.000
4.000
3.000
2.000
1.000
0
unter 3 3 bis 6 bis 18 bis 27 bis 45 bis 65
unter unter unter unter unter und mehr
6 18 27 45 65
Jahre
‚
Datengrundlage: Stadt Jena
Darstellung und Berechnungen: Timourou Link zur Tabelle
- 12 -Die dargestellte Altersstruktur wirkt sich vielfäl- einflusst. Die Auswirkungen auf dem Woh-
tig aus: So werden die Integrationsprozesse in nungsmarkt zeigen sich in einer erhöhten
den Kindertagesstätten, das Bildungswesen Nachfrage nach preiswertem Wohnraum o-
mit den Schulen, Hochschulen und For- der/und größerem Wohnraum für Familien. Im
schungseinrichtungen sowie der Arbeitsmarkt Gegensatz dazu spielen jedoch die Themen
sowohl bezüglich der Ausbildungs- und Weiter- Altersvorsorge und Wohnen im Alter noch eine
bildungsplätze als auch der Arbeitslosigkeit be- untergeordnete Bedeutung.
2.3 Herkunftsländer der Ausländer_innen
Hinsichtlich der Herkunftsländer liegen derzeit spielsweise aus Kasachstan, dem Iran oder Af-
auf kommunaler Ebene nur Daten für die ghanistan. Ein Blick auf die Ergebnisse von
Gruppe der Ausländer_innen vor. Aufgrund 2010 zeigt im Detail leichte Veränderungen
historischer Ereignisse kommen (Spät-)Aus- auf, wobei fast alle Länder als Herkunftsge-
siedler_innen jedoch meist aus Polen, Rumä- biete an Bedeutung gewonnen haben. Absolut
nien, Kasachstan oder der Russischen Födera- betrachtet stieg die Anzahl der Eingebürgerten
tion. Bei den Eingebürgerten entsteht ein he- aus der Türkei am stärksten, gefolgt von Men-
terogenes Bild: Den Ergebnissen des Mikro- schen aus dem Kosovo, der Ukraine, Italien
zensus von 2016 zufolge kommen von allen in und Vietnam (siehe Anhang Abb. 3).
Deutschland lebenden Eingebürgerten zwei
Drittel ursprünglich aus einem europäischen Die Vielfalt an Herkunftsländern ist bei den
Land, schwerpunktmäßig aus der Türkei, aus Ausländer_innen im Vergleich am höchsten,
Polen oder der Russischen Föderation. Fast wobei auch hier der Schwerpunkt auf den eu-
ein Viertel stammt ursprünglich aus Asien, bei- ropäischen und asiatischen Ländern liegt
(siehe Abb. 8).
ABB. 8 AUSLÄNDER_INNEN NACH HERKUNFTSGEBIETEN IM ZEITVERLAUF
absolut
5.000
Asien
4.500
4.000 Europa
3.500
Afrika
3.000
2.500 Amerika
2.000
ungeklärt
1.500
1.000
Australien und
Neuseeland
500
0 staatenlos
‚
* 30.09.2017
Datengrundlage: Stadt Jena
Darstellung und Berechnungen: Timourou
- 13 -Inzwischen kommen die Ausländer_innen zur rd. 100 Personen ursprünglich aus Syrien, so
Hälfte aus Asien, 40 % aus Europa und jeweils waren es Ende 2015 bereits knapp 890 Perso-
rd. 5 % aus Afrika und Amerika sowie nur nen und am Stichtag 30.09.2017 rd. 1.600 Per-
0,3 % aus Australien und Neuseeland. Im sonen. Demnach kommen derzeit rd. 17 % der
Laufe der Zeit zeigt sich ein stetiger Anstieg Ausländer_innen aus Syrien (siehe Abb. 9).
der Personen aus europäischen und asiati-
schen Ländern und von 2014 bis 2015 kam der Zwar kommen auch Personen aus Syrien oder
sprunghafte Anstieg mit der Flüchtlingswande- Afghanistan zum Studieren und Forschen nach
rung hinzu. Jena, doch der Kontext der Bildungsmigra-
tion wird vorrangig mit Personen aus China
Obwohl die einzelnen Beweggründe für ein Le- und Indien sowie aus den europäischen Län-
ben in Jena statistisch nicht erfasst werden, dern verbunden (siehe Kapitel 3.3). Auch hier
lassen sich über die Herkunftsländer Vermu- zeichnet sich ein kontinuierlicher Anstieg ab,
tungen und Annahmen ableiten. Der erste und wonach Jena als Wissenschafts- und For-
augenfälligste Kontext wurde mit der Flucht- schungsstandort international an Bedeutung
migration bereits benannt. Im Besonderen gewinnt. Anhand der Karte ist erkennbar, dass
spiegelt sich dies in der Anzahl der Auslän- zum Beispiel 7 % der Ausländer_innen aus
der_innen aus Syrien: Kamen Ende 2013 noch China und 5 % aus Indien kommen.
ABB. 9 ANZAHL UND ANTEIL DER AUSLÄNDER_INNEN NACH HERKUNFTSGEBIETEN AM
30.09.2017
Datengrundlage: Stadt Jena
Darstellung und Berechnungen: Timourou
Die Arbeitsmigration kann ebenfalls auf Per- Frage kommen etwa Neugier, Interesse oder
sonen aus unterschiedlichen Ländern zutref- soziale Bindungen. Diesbezüglich bieten die
fen. Aufgrund der Arbeitnehmerfreizügigkeit in- Herkunftsländer jedoch keinerlei Anhalts-
nerhalb der EU wird die wirtschaftliche Ver- punkte. Inwelchem Maße solche Motive zur
flechtung untereinander erleichtert und die Ar- Migration führten, kann nicht abgeschätzt wer-
beitsmigration befördert. Auf der Ebene der den.
EU-Mitgliedstaaten kommen mit einem Anteil
von 3 % die meisten Ausländer_innen aus Ita- Insgesamt wird der Migration nicht selten ein
lien, gefolgt von Polen, Spanien, Bulgarien und Mix an Handlungsmotiven zugrunde liegen.
Griechenland mit jeweils 2 %. Vor allem aber steht hinter jeder Migration im-
mer ein individueller Abwägungs- und Ent-
Weiterhin spielen individuelle Gründe bei der scheidungsprozess, der nur bedingt kategori-
Migrationsentscheidung eine wichtige Rolle, in siert und in Zahlen ausgedrückt werden kann.
- 14 -2.4 Wanderungsbewegungen der Ausländer_innen
Im Jahr 2016 kamen insgesamt 7.900 Perso- Wanderungssaldo von 762 Ausländer_innen
nen nach Jena, 7.150 Personen zogen weg; ausgewiesen werden (siehe Abb. 10). Bei den
der Saldo lag demnach bei einem Plus von Wanderungsbewegungen entsteht ein analo-
rd. 750 Menschen. 40 % der Zugezogenen wa- ges Bild zu der in Kapitel 2.3 dargestellten Un-
ren Ausländer_innen, unter den Weggezoge- tergliederung der Ausländer_innen nach Her-
nen waren es jedoch nur 30 %, sodass sich die kunftsländern. Die meisten Zuzüge und Ge-
Anzahl der Ausländer_innen erhöhte und die winne konnten gegenüber asiatischen Ländern
der Deutschen ohne Migrationshintergrund verzeichnet werden und in diesem Kontext
verringerte. Zudem sind Ausländer_innen im wird es sich vorrangig um Flucht- und Bil-
Durchschnitt deutlich mobiler als Deutsche dungsmigration handeln. An zweiter Stelle fol-
ohne Migrationshintergrund. So betrug die Zu- gen die europäischen Länder, darunter vor al-
zugsquote4 bei den Ausländer_innen 36 % und lem EU-Mitgliedsstaaten. Wanderungsverluste
bei den Deutschen ohne Migrationshintergrund treten hingegen in erster Linie gegenüber Eu-
nur 5 %. Ein weiterer Unterschied kommt bei ropa auf und weniger gegenüber Asien. Dies
der räumlichen Dimension zum Tragen: Aus- liegt in der stärkeren wirtschaftlichen Verflech-
länder_innen ziehen erwartungsgemäß häufi- tung zwischen Jena und den europäischen
ger über die Bundesgrenze nach Jena, wäh- Ländern, die zu einem stärkeren Austausch
rend bei den Deutschen ohne Migrationshinter- führt. Im Gegensatz dazu handelt es sich bis-
grund die innerdeutschen Wanderungsbewe- her bei der Fluchtmigration um eine einseitige
gungen stärker ausgeprägt sind. Wanderungsbewegung. Inwieweit in Zukunft
eine Rückwanderung in nennenswertem Maß
Im Hinblick auf die Außenwanderung – damit einsetzen wird, hängt vor allem von der In-
ist hier die Wanderung über die Grenzen des tegration der Geflüchteten in Jena und der Si-
Bundesgebietes gemeint – konnte ein positiver tuation in den Herkunftsgebieten ab.
ABB. 10 AUSSENWANDERUNG DER AUSLÄNDER_INNEN 2016
absolut Zuzüge Wegzüge Saldo
2.500
2.000
1.500
1.971
1.000 762
553
500 536
75 155 8
-149 914 244 16
92 20 21
0 -61
144 -361 -228 -12
-17 -381
-5 -40
-500 -1.209
-1.000
-1.500
‚ Afrika Amerika Asien EU nicht-EU Ozeanien unbekannt gesamt
Datengrundlage: Stadt Jena
Darstellung und Berechnungen: Timourou
4 Die Zuzugsquote berechnet sich aus dem Anteil der zugezogenen Personen einer Bevölkerungsgruppe an
allen Personen dieser Gruppe.
- 15 -Ein Vergleich der Außenwanderung mit der in- der Zuweisung und Wohnstandortwahl der Ge-
nerdeutschen Wanderung (siehe Abb. 10 und flüchteten.5
11) verdeutlicht das geringere Wanderungsplus
und die geringe Dynamik bei der innerdeut- Den Wanderungsgewinnen aus Ostdeutsch-
schen Wanderung. Der positive Saldo von land stehen Verluste nach Westdeutschland
389 Personen resultiert aus den Wanderungs- gegenüber, der negative Saldo beträgt
gewinnen gegenüber Thüringen. Dies ist einer- 192 Personen. Als Wegzugsgründe sind unter-
seits auf die Funktion und Wirkung von Jena schiedliche Aspekte denkbar, beispielsweise
als Metropole in Thüringen zurückzuführen und bestehende soziale Netzwerke in westdeut-
steht anderseits auch in Zusammenhang mit schen Großstädten oder ein höheres Lohnni-
veau.
ABB. 11 INNERDEUTSCHE WANDERUNG DER AUSLÄNDER_INNEN 2016
absolut
2.500 Zuzüge Wegzüge Saldo
2.000
1.500
1.000
647
389
500
53 777
355 47 133 3 1.315
0
-547 -76 -80 -93
-29 -130 -90
-500 -192 -926
-1.000
-1.500
West- Berlin Ost- Thüringen unbekannt gesamt
deutschland deutschland
‚ ohne Thüringen
Datengrundlage: Stadt Jena
Darstellung und Berechnungen: Timourou
2.5 Ausländer_innen nach Aufenthaltszwecken
Reist eine ausländische Person nach Deutsch- Jeweils im Dezember eines Jahres waren in
land beziehungsweise Jena ein und möchte den letzten Jahren in Jena durchschnittlich
sich dort länger aufhalten, so muss ein Antrag 500 Anträge in Bearbeitung (siehe Abb. 12).
gestellt werden, um einen Aufenthaltstitel er- Den Antrag auf eine Aufenthaltserlaubnis müs-
halten zu können.6 Von dieser Regelung aus- sen Studierende, die aus einem Nicht-EU-Land
genommen sind Bürger_innen aus einem EU- kommen, stellen. Indem häufig im Oktober das
Mitgliedstaat oder einem anderen Mitgliedstaat Studium begonnen wird, nimmt im Zeitverlauf
des Europäischen Wirtschaftsraums sowie eines Jahres zu jedem Wintersemester die An-
Diplomaten – für sie gilt die Freizügigkeit. zahl zu. Zudem stieg mit dem stärkeren Zuzug
von Geflüchteten im Jahr 2015 die Anzahl
5 In Thüringen gilt das Wohnortzuweisungsgesetz, wonach Geflüchtete innerhalb des Bundeslandes ihren
Wohnsitz frei wählen können.
6 In Deutschland werden die Einreise und der Aufenthalt im Wesentlichen im Aufenthaltsgesetz (AufenthG) ge-
regelt. Der Aufenthalt von Ausländer_innen wird in Form und Dauer immer an einen Aufenthaltszweck gebun-
den.
- 16 -durch Verzögerungen bei der Antragsbearbei- 2017auch die Anzahl abgelehnter Asylbewer-
tung kurzfristig auf 1.215 Anträge an. ber_innen und damit ausreisepflichtiger Aus-
länder_innen auf 109 Personen. In der Jah-
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ressumme haben 2017 rd. 62 Personen, die
(BAMF) prüft die Anträge der Asylbewerber_in- durch Ablehnung oder Rücknahme der Asylan-
nen. Die Anzahl der Jenaer Asylbewerber_in- träge ausreisepflichtig geworden sind, die
nen im Verfahren stieg von 36 Personen im Stadt verlassen. Im Jahr zuvor waren es knapp
Jahr 2012 auf 510 Personen im Jahr 2016 180 Personen. Weitere 65 Personen haben
deutlich an und sank 2017 auf 322 Personen durch einen Erfolg vor der Thüringer Härtefall-
(siehe Abb. 12 und Anhang Abb. 4). Nach der kommission den Status „ausreisepflichtiger ab-
Bearbeitung erhalten Asylbewerber_innen ent- gelehnter Asylbewerber“ verloren.
weder einen positiven oder negativen Be-
scheid. Den Ergebnissen nach stieg im Jahr
ABB. 12 AUSLÄNDER_INNEN NACH AUFENTHALTSZWECK
absolut 5.372
mit befristetem
5.000 Aufenthalt
4.726
4.000 mit unbefristetem
3.438 Aufenthalt
3.273 3.239
2.889
3.000 2.674
2.419 mit aktuellen Anträgen
2.275 2.872 2.912
2.134 (in Bearbeitung)
2.000 2.479
2.040 2.149
1.873 1.215 Asylbewerber_innen im
819 Verfahren
1.000 589
494 521 468 529
435 314 510 322
21 36 29 63 53 133 79 131 109 abgelehnte
0
Asylbewerber_innen/
ausreisepflichtige
Ausländer_innen
‚
Datengrundlage: Stadt Jena
Darstellung und Berechnungen: Timourou
Asylbewerber mit einem positiven Bescheid er- der Ausländer_innen mit einer befristeten Auf-
halten in aller Regel eine befristete Aufent- enthaltserlaubnis schätzungsweise zwei Drittel
haltserlaubnis.7 Aufgrund der Bearbeitungs- ohne einen Fluchtkontext nach Jena. Neben
zeit erfolgte der Anstieg zeitlich versetzt erst im den Geflüchteten stellen die Studierenden und
Jahr 2016. Ende 2017 waren in Jena Auszubildenden mit 36 % eine größere Gruppe
5.372 Ausländer_innen mit einer befristeten dar. Auch wenn der Anteil im Jahr 2010 bei
Aufenthaltserlaubnis gemeldet, darunter 46 % lag, ihre Anzahl ist deutlich von 861 Per-
1.874 Personen (35 %) aus humanitären be- sonen auf 1.910 Personen im besagten Zeit-
ziehungsweise politischen Gründen (siehe raum angestiegen. Absolut betrachtet wuchs
Abb. 12 und Abb. 13). Weiterhin stieg die Anzahl auch die Anzahl der Erwerbstätigen, wobei mit
der aus familiären Gründen zugezogenen Aus- dem deutlichen Anstieg der Geflüchteten der
länder_innen auf 1.117 Personen, was unter Anteil bezogen auf alle Personen mit einer be-
anderem auf den Familiennachzug zurückzu- fristeten Aufenthaltserlaubnis auf 9 % sank.
führen ist. Im Ergebnis kamen aus der Gruppe
7 Eine Aufenthaltserlaubnis gilt je nach Herkunft und entsprechenden Umständen entweder drei Jahre oder ein
Jahr, in der Regel aber immer mindestens ein Jahr (vgl. BAMF: Ablauf eines Asylverfahrens, Stand Oktober
2016).
- 17 -ABB. 13 AUSLÄNDER_INNEN MIT BEFRISTETER AUFENTHALTSERLAUBNIS 2010 UND 2017
2010 2017
Studium oder
9% Ausbildung
Erwerbstätigkeit 36%
46% 35%
33% familiäre Gründe
9%
humanitäre, 21%
12%
politische Gründe
‚
Datengrundlage: Stadt Jena
Darstellung und Berechnungen: Timourou
Ausländer, die eine Niederlassungserlaubnis tete Personen, die zuvor eine befristete Aufent-
erhalten, können sich unbefristet in Deutsch- haltserlaubnis erhalten hatten und nach einer
land aufhalten. Dies traf in Jena Ende 2017 bestimmten Zeit und anhand gewisser Kriterien
auf 3.438 Ausländer_innen, rd. 34 % aller Aus- inzwischen eine Niederlassungserlaubnis be-
länder_innen, zu; 2010 waren es noch knapp kommen haben. Ausländer_innen, darunter so-
1.000 Personen weniger. Unter ihnen sind fast genannte Konventionsflüchtlinge (Anerken-
zwei Drittel EU-Bürger_innen, Schweizer_in- nung gemäß der Genfer Flüchtlingkonvention),
nen oder Familienangehörige. Auch die Anzahl können aus humanitären oder politischen
der übrigen Ausländer_innen mit einer Nieder- Gründen direkt eine unbefristete Aufenthaltser-
lassungserlaubnis ist auf 861 Personen gestie- laubnis erhalten – ihre Anzahl ist in Jena je-
gen. Darunter zählen auch nach Jena geflüch- doch auf 387 Personen leicht gesunken.
- 18 -3. Soziale und sozioökonomische Merkmale
Die Zunahme an Personen mit Migrationshin- Themenkomplexe zu vertiefen, wird die Situa-
tergrund hat zahlreiche ökonomische, soziale tion in sozialen Einrichtungen, Bildungseinrich-
und gesellschaftliche Auswirkungen. Um diese tungen und auf dem Arbeitsmarkt untersucht.
3.1 Kinder, deren Herkunftssprache nicht Deutsch ist, in den Kindertagesein-
richtungen
Der Integrationsprozess beginnt bereits im Kin- Die Bedeutung dieses Themas hat in den letz-
desalter, weshalb hier auch die Entwicklungen ten Jahren zugenommen, denn in den Jenaer
in den Kindertageseinrichtungen analysiert Kindertageseinrichtungen stieg der Anteil der
werden. Informationen zum Integrationsverlauf Kinder, deren Herkunftssprache nicht Deutsch
liegen nicht vor, jedoch existieren Angaben zu ist, von 7,8 % im Jahr 2009 auf 10,4 % im Jahr
den Anzahlen der Kinder in Jenaer Kinderta- 2016 (siehe Abb. 14). Damit verändern sich
geseinrichtungen, deren Herkunftssprache die Anforderungen an die frühkindliche Erzie-
nicht Deutsch ist beziehungsweise die einen hung und Bildung.
Migrationshintergrund aufweisen. Wichtig ist
an dieser Stelle, dass bei der Schul- sowie Kin- Absolut betrachtet waren Ende 2016 insge-
der- und Jugendhilfestatistik von einem Migra- samt 572 Kinder mit Migrationshintergrund in
tionshintergrund gesprochen wird, wenn in der den Einrichtungen gemeldet. Seit 2009 nahm
Familie oder im häuslichen Umfeld des Minder- die Anzahl pro Jahr um durchschnittlich 30 Kin-
jährigen nicht vorrangig „deutsch“ gesprochen der zu, was insgesamt einem Anstieg um 66 %
wird. Diese Angabe wird bei der Anmeldung entspricht.
des Kindes erfasst.
Bildung und Arbeit als Grundvoraussetzung für eine gelingende Integration
Migrant_innen und darunter Ausländer_innen Darüber hinaus findet an der Universität und
sind im Durchschnitt jünger als Deutsche ohne an der Hochschule verstärkt ein internationaler
Migrationshintergrund. Da ihre absolute Zahl Wissenstransfer statt. Ausländische Studie-
und ihr prozentualer Anteil in den letzten Jah- rende und Forschende sind jedoch überwie-
FAZIT
ren zugenommen haben, gewinnt dieses gend zeitlich befristet in Jena.
Thema in den Kindertages- und Bildungsein- Auf dem Arbeitsmarkt ist die Stellung der Aus-
richtungen an Bedeutung. Räumlicher Schwer- länder_innen ungünstiger als die der Deut-
punkt ist der Planungsraum Lobeda mit einem schen – sie sind häufiger von Arbeitslosigkeit
überdurchschnittlich hohen Anteil an ausländi- betroffen und folglich abhängig von sozialen
schen Schüler_innen und entsprechenden Er- Leistungen. Aufgrund des Mengeneffektes
fahrungen. stieg allerdings ihre Bedeutung auf dem Ar-
beitsmarkt.
- 19 -ABB. 14 KINDER, DEREN HERKUNFTSSPRACHE NICHT DEUTSCH IST, IN DEN KINDERTA-
GESEINRICHTUNGEN
Kinder mit deutscher Herkunftssprache
absolut Kinder, deren Herkunftssprache nicht Deutsch ist Anteil in %
6.000 12,0%
Anteil Kinder, deren Herkunftssprache nicht Deutsch ist
10,4%
9,6%
5.000 9,1% 10,0%
8,1% 7,8%
7,8% 7,8% 7,9%
4.000 8,0%
3.000 6,0%
4.918
4.833
4.787
4.678
4.534
4.396
4.195
4.074
2.000 4,0%
1.000 2,0%
345 370 374 389 396 477 515 572
0 0,0%
2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016
Datengrundlage: Stadt Jena
Darstellung und Berechnungen: Timourou
3.2 Schüler_innen, deren Herkunftssprache nicht Deutsch ist, an den Schulen
Nach Angaben des Thüringer Ministeriums für Alter (6 bis unter 18 Jahren) jeweils bei
Bildung, Jugend und Sport gingen am 2. De- rd. 38 %. Aus diesem Grund liegt die Vermu-
zember 2016 rd. 9.000 Schüler_innen in aus- tung nahe, dass in den Grundschulen die er-
gewählte Jenaer Schulen8, darunter 11 % be- höhte Präsenz der Schüler_innen, deren Her-
ziehungsweise 1.000 Personen mit nicht-deut- kunftssprache nicht Deutsch ist, auf unter-
scher Herkunftssprache.9 schiedliche Fähigkeiten – insbesondere
Sprachkenntnisse – und Möglichkeiten der Kin-
Eine Auswertung nach der Schulart ergibt, der und Jugendlichen sowie auf die Zugangs-
dass die Jenaer Schüler_innen zu jeweils fast voraussetzungen in den Schulen zurückzufüh-
einem Drittel eine Grundschule, Gemein- ren ist. Im Umkehrschluss führt die Zugangs-
schaftsschule oder Gymnasium besuchen. bedingung der Gymnasien, dass Schüler_in-
Schüler_innen, deren Herkunftssprache nicht nen im Fach Deutsch mindestens die Note
Deutsch ist, sind mit fast 40 % in den Grund- „gut“ erreicht haben, zu einer Unterrepräsenta-
schulen überrepräsentiert und mit rd. 20 % auf tion von Schüler_innen, deren Herkunftsspra-
den Gymnasien unterrepräsentiert. Diese Dif- che nicht Deutsch ist. Darüber hinaus kommt
ferenz kann jedoch nicht über eine unter- für sie auf Gymnasien das Erlernen einer zwei-
schiedliche Altersstruktur erklärt werden. Denn ten Fremdsprache ab der 8. Klasse erschwe-
relativ unabhängig vom Migrationshintergrund rend hinzu.
lag den Ergebnissen von MigraPro zufolge der
Anteil der Kinder im Grundschulalter (6 bis un- Für eine Verbesserung der Sprachstände wer-
ter 10 Jahre) an allen Kindern im schulfähigen den entsprechende Kurse angeboten, darunter
8 Die Schüler_innenzahlen an Berufs- und Privatschulen wurden in dieser Statistik nicht erfasst.
9 Nach den Ergebnissen von MigraPro waren Ende 2016 insgesamt 1.690 Personen im Alter von 6 bis unter
18 Jahren in Jena gemeldet. Auch unter der Berücksichtigung, dass nicht alle Kinder und Jugendliche mit Mig-
rationshintergrund in Jena zur Schule gehen, fallen die Anzahlen in der Schul- sowie Kinder- und Jugendhil-
festatistik geringer aus.
- 20 -Vor-, Grund- und Aufbaukurse.10 Der Anteil der beda zur Schule (426 Schüler_innen, bezie-
Schüler_innen, die einen Förderungsbedarf hungsweise 43 %) und andererseits liegt dort
haben, liegt erwartungsgemäß in den Grund- der Anteil der Schüler_innen mit nicht-deut-
schulen und Gemeinschaftsschulen am höchs- scher Herkunftssprache an allen Schüler_in-
ten. nen am höchsten (17 %). Einzelne Schulen
verfügen dort bereits über langjährige Erfah-
Im Folgenden wird der Frage nachgegangen, rungen mit der Beschulung von Kindern nicht-
welche Schulen die Schüler_innen mit nicht- deutscher Herkunftssprache, was die teilweise
deutscher Herkunftssprache besuchen. Das höheren Anteile von Schüler_innen nicht-deut-
räumliche Muster hängt dabei zum einen von scher Herkunftssprache erklärt. Nach den Er-
den Schulstandorten und den jeweiligen Bil- gebnissen von MigraPro wohnen 41 % der 6-
dungsprofilen ab und zum anderen von den bis unter 18-jährigen Migrant_innen in Lobeda;
Wohnstandorten der Schüler_innen. Im Ergeb- 43 % der Schüler_innen mit nicht-deutscher
nis wird der Planungsraum Lobeda als Herkunftssprache gehen dort zur Schule. Die-
Schwerpunktraum deutlich (siehe Abb. 15). Ei- ser geringe Unterschied zwischen beiden An-
nerseits gehen die meisten Schüler_innen, de- teilen weist darauf hin, dass es im Saldo in Lo-
ren Herkunftssprache nicht Deutsch ist, in Lo- beda nicht zu einer zusätzlichen Konzentration
im Bildungsbereich kommt.
ABB. 15 SCHÜLER_INNEN, DEREN HERKUNFTSSPRACHE NICHT DEUTSCH IST, AM
02.12.2016
‚
Datengrundlage: Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport
Kartengrundlage: Stadt Jena
Darstellung und Berechnungen: Timourou
In den Planungsräumen West/Zentrum und
Winzerla liegen die Anteile nicht-deutscher
10 Vorkurse zielen auf die Alphabetisierung sowie die Vermittlung von Grundkenntnissen der deutschen Sprache
gemäß A 1. Im Grundkurs geht es um Deutschkenntnisse gemäß B 1 sowie um eine Hinführung zu Fachspra-
chen. Der Aufbaukurs vermittelt Deutschkenntnisse gemäß B 2 sowie Grundkenntnisse in Fach- und Bil-
dungssprachen.
- 21 -Schüler_innen an allen Schüler_innen bei je- Die Planungsräume Ost und Nord weisen un-
weils rd. 10 %. Dies entspricht in etwa dem ge- terdurchschnittliche Anteile an Schüler_innen,
samtstädtischen Durchschnitt. deren Herkunftssprache nicht Deutsch ist, auf.
3.3 Ausländische Studierende an Universität und Hochschule
Möchte ein Studierender aus dem Ausland ent- samt 21.836 Personen. Ausschlaggebend da-
weder an der Friedrich-Schiller-Universität für ist der Rückgang deutscher Studierender –
(FSU) oder an der Ernst-Abbe-Hochschule seit dem Wintersemester 2009/2010 um 22 %.
(EAH) in Jena studieren, so wird dies von den Gleichzeitig hat sich die Anzahl der ausländi-
jeweiligen Einrichtungen erfasst und veröffent- schen Studierenden mehr als verdoppelt
licht. Angaben über Migrant_innen insgesamt (+103 %), was den Rückgang jedoch nicht
liegen jedoch nicht vor. Der Erfassung liegen ausgleichen konnte. Im Ergebnis stieg der An-
jedoch unterschiedliche Stichtage zugrunde: teil ausländischer Studierender von 6 % auf in-
Bei der FSU zählt der 31.10. und bei der EAH zwischen 15 % an (siehe Abb. 16).11 Beson-
der 4. und 6.11. eines Jahres. ders stark war die Zunahme an der EAH um
230 % (FSU 79 %), auch liegt der Anteil von
Generell hat die Gesamtzahl der Studierenden Ausländer_innen mit 19 % bei der EAH höher
in den letzten Jahren stetig abgenommen und als mit 14 % bei der FSU, absolut betrachtet ist
lag im Wintersemester 2017/2018 bei insge- es jedoch umgekehrt.
ABB. 16 ENTWICKLUNG DER ANZAHL DER AUSLÄNDISCHEN STUDIERENDEN
Deutsche an der FSU Deutsche an der EAH
Ausländer_innen an der FSU Ausländer_innen an der EAH
Anteil Ausländer_innen
Studierende Anteil Ausländer_innen
40.000 18%
35.000 15% 16%
14%
13% 14%
30.000 12%
255 249 262 12%
344 10%
25.000 1.334 1.477 1.586 406 514 603
1.776 741 841
4.713 4.511 1.994 10%
20.000 4.436 4.261 2.177 2.264 2.336
7% 4.193 2.390
7% 4.012 3.878 3.807 8%
6% 9% 3.672
15.000
6%
10.000 19.173 19.267 18.760 4%
17.913 17.042 16.078 15.540 15.236 14.933
5.000 2%
0 0%
2009/ 2010/ 2011/ 2012/ 2013/ 2014/ 2015/ 2016/ 2017/
2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018
Wintersemester
‚
Datengrundlage: Friedrich-Schiller-Universität und Ernst-Abbe-Hochschule
Darstellung und Berechnungen: Timourou
An der EAH studiert ungefähr die Hälfte der ist bei den ausländischen Studierenden deut-
Ausländer_innen den Studiengang SciTec lich variabler – gewählt werden sowohl Fächer-
(Präzision-Optik-Materialien-Umwelt). Deut- gruppen der Mathematik/Naturwissenschaften
sche Studierende wählen diesen Studiengang als auch der Rechts-, Wirtschafts-, Sozial- und
nur zu 15 %. Die Studienfachwahl an der FSU Geisteswissenschaften. Jeweils kommen die
11 Im Vergleich dazu lag der Anteil ausländischer Studierender beispielsweise in Göttingen 2016 bei 13 %, die
Westfälische Wilhelms-Universität in Münster wies 2015 rd. 8 % auf.
- 22 -meisten Studierenden aus Asien nach Jena eingeschrieben. Studierende aus europäischen
(EAH 70 % und FSU 54 %) (siehe Abb. 17). Ländern verbleiben in etwa auf dem Niveau
An der EAH sind allerdings in erster Linie Stu- von rd. 980 Personen.
dierende aus Indien und an der FSU aus China
ABB. 17 ENTWICKLUNG DER ANZAHL DER AUSLÄNDISCHEN STUDIERENDEN NACH HER-
KUNFTSKONTINENTEN
Studierende
3.500 3.231 insgesamt
3.072
3.000 2.867
2.691
Asien
2.400
2.500
2.120
2.000 1.848 1.876 Europa
1.726 1.758
1.589 1.536
1.466
1.500 1.268 Afrika
1.064
852 909
1.000 775
961 991 970 947 Amerika
831 891
500 687 750
660
sonstige
0
2009/ 2010/ 2011/ 2012/ 2013/ 2014/ 2015/ 2016/ 2017/
2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018
‚
Datengrundlage: Friedrich-Schiller-Universität und Ernst-Abbe-Hochschule
Darstellung und Berechnungen: Timourou
3.4 Beschäftigungsverhältnisse und Gewerbeanmeldungen von Auslän-
der_innen
Die Bundesagentur für Arbeit veröffentlicht die Zugang zum Arbeitsmarkt). Die zunehmende Be-
Anzahl sozialversicherungspflichtig Be- deutung ist jedoch nur ein Ergebnis des Men-
schäftigter in Jena nach Staatsangehörigkeit. geneffektes und nicht einer besseren Integra-
Im Zeitraum von Dezember 2013 bis Septem- tion der Ausländer_innen in den Arbeitsmarkt.
ber 201712 verbesserte sich in Jena die Ar- Bei Ausländer_innen ist angesichts der zahlrei-
beitsplatzsituation und sowohl bei den Deut- chen Studierenden, Asylbewerber_innen und
schen als auch bei den Ausländer_innen nahm teilweise eingeschränkten Arbeitsberechtigun-
die Anzahl sozialversicherungspflichtig Be- gen allgemein von einer geringeren Beschäfti-
schäftigter zu (siehe Abb. 18). Ausländer_in- gungsquote13 auszugehen. Der deutliche Un-
nen gewinnen für den Arbeitsmarkt zuneh- terschied zwischen einer Beschäftigungsquote
mend an Bedeutung, denn ihre Anzahl ist stär- von 89 % bei Deutschen und 37 % bei Auslän-
ker gestiegen als die der Deutschen, womit der der_innen im September 2017 weist allerdings
Anteil an allen Beschäftigten von 3 % auf 5 % auch auf eine geringe Integration der Auslän-
zunahm (siehe Kasten Voraussetzungen für den der_innen in den Arbeitsmarkt hin.
12 Aktuelle Daten für Dezember 2017 lagen zum Bearbeitungszeitpunkt nicht vor. Im Vergleich zum Dezember
fallen die Ergebnisse im September in der Regel etwas positiver aus.
13 Die Beschäftigungsquote errechnet sich über den Anteil sozialversicherungspflichtig Beschäftigter an allen
Personen im Alter von 18 bis unter 65 Jahren.
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