Mit Neurofeedback den Tinnitus beeinflussen? - Ein Einblick in das Verfahren und die Marburger Neurofeedback-Studie

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Mit Neurofeedback den Tinnitus beeinflussen? - Ein Einblick in das Verfahren und die Marburger Neurofeedback-Studie
Schwerpunktthema

Ein Einblick in das Verfahren und die Marburger Neurofeedback-Studie

Mit Neurofeedback den Tinnitus
beeinflussen?
von Dr. Cornelia Weise und Martin Jensen, M. Sc., Philipps-Universität Marburg, Fachbereich Psychologie, AG Klinische Psychologie
und Psychotherapie

      Die Marburger Neurofeedback-Studie geht der Frage nach, ob Neurofeedbacktraining den Tinnitus
      positiv beeinflussen kann (siehe TF 2/2020, Seite 28). Dr. Cornelia Weise, Martin Jensen, M. Sc. und
      Eva Hüttenrauch, M. Sc. von der Philipps-Universität Marburg, Fachbereich Psychologie, AG Klinische
      Psychologie und Psychotherapie, führten die Studie in ihrem Team durch. Dr. Cornelia Weise und Mar-
      tin Jensen, M. Sc. erläutern das Neurofeedback-Verfahren in diesem Beitrag für das Tinnitus-Forum.
      Sie beschreiben außerdem den Aufbau der Studie und berichten über vorläufige Ergebnisse.

Neurofeedback ist ein Behandlungsverfah-        Bevor im Folgenden näher beschrieben wird,       statt, treten diese an der Kopfhaut (in Form
ren, das auf der Annahme beruht, dass die       wie Neurofeedback bei Tinnitus angewendet        von unterschiedlichen Potenzialfeldern) in Er-
Muster der Gehirnwellenaktivität willentlich    werden kann und welche Veränderungen             scheinung und können dort über Elektroden,
kontrolliert, verändert und umtrainiert wer-    damit erreicht werden können, geben wir          die auf der Kopfhaut aufgeklebt sind, erfasst
den können (Hammond, 2011). Mit anderen         einen kleinen Einblick in die Gehirnwellen       werden. Diese Form der Messung wird als
Worten, mit Neurofeedback ist es möglich,       und ihre Funktion.                               Elektroenzephalographie (EEG) bezeichnet.
diejenigen Gehirnfunktionen zu optimieren                                                        Die mittels EEG registrierte Aktivität sieht
oder zu normalisieren, die mit verschiedenen    Was sind Gehirnwellen und                        aus wie Wellen (Abb. 1), daher wird bei der
Zuständen oder Krankheiten verbunden sind.      welche Funktion haben sie?                       Gehirnaktivität häufig von „Gehirnwellen“
Beispielsweise kann so eine abweichende                                                          gesprochen.
Kommunikation innerhalb oder zwischen           Wenn Gehirnzellen (Neuronen) kommunizie-
Clustern von Gehirnzellen (also Gruppen stark   ren, lösen sie winzige elektrische Entladungen   Im EEG werden üblicherweise fünf soge-
vernetzter Gehirnzellen) normalisiert werden.   aus. Finden viele dieser Entladungen synchron    nannte Frequenzbänder unterschieden:

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Schwerpunktthema

Delta, Theta, Alpha, Beta und Gamma. Diese
Unterteilung basiert auf der Anzahl der
Zyklen pro Sekunde (Hertz, Hz) und spiegelt
verschiedene Bewusstseinszustände wider.
Die Gehirnwellen schwanken in ihrem Aktivi-
tätsmuster je nach der Aufgabe, mit der man
beschäftigt ist. Beispielsweise dominieren die
langsamen und großen Delta-Wellen (1-4 Hz)
das EEG, wenn sich eine Person in einem
tiefen, traumlosen Schlafzustand befindet.
Theta-Wellen (4-7 Hz) treten im EEG auf,
wenn eine Person kurz vor dem Einschlafen
ist oder sich im Dämmerungszustand befin-
det. Alpha-Aktivität (8-12 Hz) ist mit einem
entspannten Wachzustand bei geschlosse-
nen Augen verbunden, beispielsweise bei
Entspannungsübungen. Beta-Aktivität (13-
30 Hz) hingegen dominiert das EEG, wenn
eine Person wachsam und konzentriert ist.
Die Funktion der Gammawellen (> 30 Hz) ist
nicht ganz klar, sie werden als wichtig für die
bewusste Verarbeitung, Aufmerksamkeit und
das Arbeitsgedächtnis diskutiert.
                                                      Abb. 1: Ausschnitt von zwei Sekunden aus einem Neurofeedbacktraining.
Wie oben erwähnt, sind einige körperliche
und psychische Zustände oder Störungen
mit einer veränderten Gehirnwellenaktivität
verbunden, das heißt, es gibt entweder eine       Gehirnwellenaktivität auftritt (zum Beispiel      im trainierten Frequenzband erzeugt und
übermäßige oder eine reduzierte Aktivität         in frontalen Hirnarealen). Die Elektroden         wann nicht. Um die Gehirnwellen zu verän-
in einer oder mehreren Gehirnregionen.            messen dann die zugrunde liegende elek-           dern, muss die Person also versuchen, einen
Beispielsweise fanden Studien bei Kindern         trische Aktivität, wobei nur der jeweils inter-   bestimmten Zustand herzustellen, beispiels-
mit ADHS eine erhöhte Theta- sowie teilweise      essierende Parameter (also zum Beispiel die       weise sich zu konzentrieren, sich gedanklich
eine reduzierte Beta-Aktivität (Arns, Conners     Theta-Aktivität) extrahiert (ausgewählt) und      mit einer Aufgabe zu beschäftigen oder
und Kraemer, 2013). Bezogen auf dieses            zurückgemeldet wird. Die Rückmeldung kann         sich zu entspannen. Im Laufe der Zeit und
Beispiel wäre das Ziel des Neurofeedback-         dabei zum Beispiel über einen Bildschirm oder     über mehrere Übungsdurchgänge wird die
trainings, die übermäßige Theta-Aktivität zu      ein Tonsignal erfolgen.                           Aktivität im ausgewählten Frequenzband
reduzieren und gleichzeitig die Aktivität im                                                        allmählich geformt und so reguliert, dass sie
Beta-Bereich zu erhöhen. Durch dieses „Fein-      Das Schlüsselprinzip des Neurofeedbacks           sich dem gewünschten, funktionaleren (oder
tuning“ des Gehirns soll erreicht werden, die     ist es, dass die Gehirnaktivität, die man         auch gesünderen) Muster annähert.
Symptome der Erkrankung zu verringern oder        normalerweise nicht bewusst wahrnehmen
bestenfalls zu beseitigen. Bei ADHS würde         kann, durch die Rückmeldung „wahrnehm-            Warum wird Neurofeedback bei
dies beispielsweise bedeuten, die Konzen-         bar“ und dadurch „beeinflussbar“ gemacht          Tinnitus eingesetzt?
tration zu verbessern. In den letzten Jahren      werden kann. Die Gehirnwellen werden dabei
wurde Neurofeedback auch in der Tinnitus-         typischerweise nicht als Wellen zurückge-         Bei Tinnitus wurde Neurofeedback zuerst
Forschung angewendet. Bevor wir allerdings        meldet, sondern zum Beispiel in Form eines        in einer Studie von Gosepath und Kollegen
genauer auf den Einsatz von Neurofeedback         Videospiels. Wenn zum Beispiel das Ziel darin     (2001) eingesetzt. In diesem Neurofeed-
bei Tinnitus eingehen, erklären wir zuerst, wie   besteht, die übermäßige Theta-Aktivität bei       backtraining war es das Ziel, die Alpha-
Neurofeedback eigentlich funktioniert.            einem Kind mit ADHS-Symptomen zu reduzie-         Aktivität zu steigern und Beta-Aktivität
                                                  ren, hört das Videospiel dann auf oder läuft      zu reduzieren – eine Kombination, die ein
Wie funktioniert Neurofeedback?                   langsamer, wenn das Gehirn zu viel Theta-         höheres psychisches Wohlbefinden fördern
                                                  Aktivität produziert. Wenn umgekehrt das          soll. Nach Abschluss der 15 Trainingseinheiten
Bevor mit dem Neurofeedback begonnen              Gehirn weniger Theta-Aktivität erzeugt – also     berichteten die 40 Teilnehmenden über ein
werden kann, werden im ersten Schritt eine        zum Beispiel weil sich das Kind konzentriert      erhöhtes Wohlbefinden und eine Reduktion
oder mehrere Elektroden auf der Kopfhaut          und damit das erwünschte Aktivitätsmuster         der Tinnitus-Belastung. Auch wenn metho-
der Patientin/des Patienten angebracht. Die       erreicht wird – läuft das Spiel mit normaler      dische Aspekte der Studie die Aussagekraft
Elektroden sind über dem jeweils interessie-      Geschwindigkeit weiter. Durch dieses „Stop        der Ergebnisse beschränken, war diese
renden Bereich angeordnet, das heißt dort,        and Go“ erhält das Gehirn starke Signale          Untersuchung ein wichtiger erster Schritt
wo die übermäßige oder unzureichende              darüber, wann es die gewünschte Aktivität         in der Erforschung von Neurofeedback bei

                                                                                                                      Tinnitus-Forum 1–2021   15
Schwerpunktthema

Tinnitus. Um jedoch Neurofeedback spezifi-       von mehreren Gruppen zugeordnet werden            Patient*innen und zum anderen eine komple-
scher für Tinnitus umsetzen zu können, sind      und diese Gruppen anschließend miteinander        xe Darstellung der gemessenen Hirnaktivität
Kenntnisse über mögliche Tinnitus-Ursachen       verglichen werden.                                für die Therapeut*innen ermöglicht. Pro The-
im Gehirn nötig.                                                                                   rapiesitzung wurden mehrere Trainingsblöcke
                                                 Konzeption und Aufbau der                         durchgeführt. Dabei erhielten die Teilnehmen-
2005 wurde eine Studie veröffentlicht, die als   Marburger Neurofeedback-Studie                    den ein visuelles spielerisches Feedback: Ein
Ausgangspunkt für spätere Forschungen zur                                                          Fisch, der sich über den Bildschirm bewegte,
Anwendung von Neurofeedback bei Tinnitus         Ziel der Marburger Neurofeedback-Studie           musste mittels Gehirnaktivität je nach Auf-
diente. Weisz und Kollegen (2005) untersuch-     war es, die Wirksamkeit des Alpha-Delta-          gabe nach oben oder unten bewegt werden.
ten bei Tinnitus-Betroffenen und einer Kon-      Neurofeedbacks (AD) mit einem anderen             Wenn dies über eine bestimmte Zeitspanne
trollgruppe ohne Tinnitus die Gehirnaktivität    Neurofeedback-Trainingsprotokoll sowie            gelungen war, bestätigte eine aufscheinende
im Ruhezustand (also wenn das Gehirn nicht       einer weiteren Kontrollgruppe, die kein           Sonne den Erfolg im jeweiligen Trainings-
aktiv ist und keine Reize verarbeiten muss)      Neurofeedback erhielt, zu vergleichen.            block. Die Trainingssitzungen fanden zwei- bis
mithilfe eines bildgebenden Verfahrens (Ma-      Als Vergleich wurde dabei ein Beta-Theta-         dreimal pro Woche für jeweils ca. 90 Minuten
gnetenzephalographie). Dabei fanden sich         Neurofeedback (BT) gewählt, was bereits in        statt.
Unterschiede zwischen den beiden Gruppen:        Studien zur Verbesserung von Aufmerksam-
Im Vergleich zur Kontrollgruppe zeigte sich      keit genutzt wurde (Studer et al., 2014). Da      Vor Beginn (prä) und nach Ende (post) der
bei der Tinnitus-Gruppe eine verringerte         beim Beta-Theta-Neurofeedback außer den           Trainings sowie drei Monate nach Trai-
Alpha- sowie eine erhöhte Delta-Aktivität        trainierten Frequenzbändern alle weiteren         ningsende füllten die Tinnitus-Betroffenen
über den Temporallappen des Gehirns – eine       Faktoren identisch sind mit dem Alpha-Delta-      verschiedene Fragebögen aus, mit deren Hilfe
Hirnregion, die mit der Verarbeitung auditori-   Neurofeedback, erschien diese Kontrollbedin-      die Wirksamkeit des Trainings untersucht
scher Informationen verbunden ist.               gung am besten geeignet. Eine detaillierte        wurde. Zur Einschätzung der Veränderung
                                                 Beschreibung unserer Studie inklusive einer       der Tinnitus-Beeinträchtigung wurde unter
Dieses Ergebnis, dass die Alpha- und Delta-      Diskussion möglicher Einschränkungen              anderem das Tinnitus Handicap Inventar (THI;
Gehirnwellenaktivität bei Tinnitus-Betrof-       findet sich im frei zugänglichen Studien-         Kleinjung et al., 2007) verwendet. Zusätzlich
fenen verändert ist, führte zur Entwicklung      protokoll (https://link.springer.com/content/     wurden noch weitere Messinstrumente ein-
eines neuen Behandlungsprotokolls für            pdf/10.1186/s13063-020-04309-y.pdf).              gesetzt, auf die in diesem Rahmen jedoch
Neurofeedback. Dieses Neurofeedbackpro-                                                            nicht näher eingegangen wird (siehe hierzu
tokoll beschreibt, welche Gehirnaktivität        In unserer Studie wurden Tinnitus-Betroffene      Jensen et al., 2020).
in welche Richtung hin verändert werden          aufgenommen, die seit mindestens sechs
soll. Im konkreten Fall ist es das Ziel, die     Monaten eine mindestens leichte Belastung         Vorläufige Ergebnisse der
Delta-Aktivität zu reduzieren und die Alpha-     durch den Tinnitus erlebten. Insgesamt 103        Marburger Neurofeedback-Studie
Aktivität zu steigern (Dohrmann, Weisz,          Tinnitus-Betroffene wurden zufällig zu einer
Schlee, Hartmann und Elbert, 2007). Diese        von drei Behandlungsgruppen zugeordnet:           Da die Auswertung unserer Studie noch nicht
spezifische Vorgehensweise wurde anschlie-       1. Die AD-Gruppe (34 Personen) erhielt            abgeschlossen ist, können wir an dieser Stelle
ßend in einigen Studien mit von chronischem      dabei zehn Sitzungen Alpha-Delta-Neuro-           nur über eine erste Tendenz berichten: Vor
Tinnitus Betroffenen getestet (Crocetti, Forti   feedback, das heißt, es wurde trainiert, die      Beginn des Trainings wiesen alle drei Gruppen
und Del Bo, 2011; Dohrmann, Elbert, Schlee       Alpha-Aktivität zu erhöhen und die Delta-         eine vergleichbare Tinnitus-Belastung auf
und Weisz, 2007; Guntensperger, Thuring,         Aktivität zu reduzieren. 2. Die BT-Gruppe         (zwischen 36 und 38 Punkten im THI, was
Kleinjung, Neff und Meyer, 2019).                (33 Personen) erhielt zehn Sitzungen Beta-        einer mittleren Tinnitus-Belastung entspricht).
                                                 Theta-Neurofeedback, das heißt es wurde           Nach Ende des Trainings zeigte sich – wie
Hier zeigten sich insgesamt gute Ergebnisse,     trainiert, die Beta-Aktivität zu verstärken       erwartet – für die Alpha-Delta-Gruppe die
das heißt, es konnte durch das Neurofeed-        und die Theta-Aktivität zu reduzieren. 3. Die     deutlichste Verbesserung in der Tinnitus-
backtraining eine Reduktion der Tinnitus-Be-     Tagebuch-Kontrollgruppe (36 Personen) bear-       Belastung (10,4 Punkte im THI). Allerdings
lastung erreicht werden. Leider fehlten in den   beitete ein Tinnitus-Tagebuch, erhielt ausführ-   zeigte sich auch in der Beta-Theta-Gruppe
genannten Studien Kontrollgruppen, sodass        liche Informationen zu Tinnitus und erlernte      ein Rückgang der Belastung im THI um 6,1
daraus keine sicheren Schlussfolgerungen         Übungen zur Aufmerksamkeitslenkung und            Punkte. Am geringsten war die Veränderung
gezogen werden können, ob Neurofeedback          Entspannung. Diese Elemente basieren auf          in der Tagebuch-Gruppe, in der sich eine
eine praktikable Behandlungsoption für           kognitiv-verhaltenstherapeutischen Prinzi-        Verbesserung um 4,1 Punkte zeigte.
Tinnitus darstellt. Da die Ergebnisse jedoch     pien und werden häufig in Selbsthilfetrainings
grundsätzlich vielversprechend sind und          für Tinnitus eingesetzt (Weise, Kleinstäuber,     Die finalen Auswertungen werden zeigen, ob
das untersuchte Neurofeedbackprotokoll           Kaldo und Andersson, 2016). Alle drei Trai-       diese Unterschiede zwischen den Gruppen,
auf einem soliden theoretischen Modell           nings dauerten vier Wochen.                       also insbesondere zwischen Alpha-Delta-
des Tinnitus basiert, war es Ziel unserer                                                          und Beta-Theta-Gruppe, aber auch zwischen
Studie, dieses Alpha-Delta-Neurofeedback         Als Neurofeedbacksystem wurde das Thera           Alpha-Delta- und Tagebuch-Gruppe) statis-
im Rahmen einer sogenannten randomisiert-        Prax ® System (neurocaregroup.com) ge-            tisch signifikant, also bedeutsam sind. Das
kontrollierten Studie weiter zu untersuchen.     nutzt, was mit zwei Bildschirmen zum einen        heißt, es muss noch gezeigt werden, ob das
Das bedeutet, dass Personen zufällig zu einer    eine vereinfachte Signaldarstellung für die       AD-Neurofeedback tatsächlich hilfreicher ist,

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Schwerpunktthema

um die Tinnitus-Belastung zu reduzieren als    Aktuell gibt es noch keine Hinweise darauf,          Da die Gehirnaktivität eine wichtige Rolle in
die beiden anderen Behandlungen.               dass Neurofeedback zu einer Reduktion der            der Entstehung und Aufrechterhaltung von
                                               subjektiv empfundenen Lautstärke der Ohr-            Tinnitus und Tinnitus-Belastung spielt, bleibt
Die vorläufigen Ergebnisse unserer Studie      geräusche führen kann und damit bisherigen           Neurofeedback weiterhin eine interessante
stützen frühere Erkenntnisse zur Wirksamkeit   Behandlungen deutlich überlegen wäre. Da             Option. Es gibt jedoch noch eine ganze
von Alpha-Delta-Neurofeedback. Jedoch          Neurofeedback eine sehr kosten- und zeitauf-         Reihe unbeantworteter Fragen, zum Beispiel
werden erst die Ergebnisse im Vergleich zur    wändige Behandlungsoption ist, bleibt somit          wie viele Sitzungen erforderlich sind, welche
Beta-Theta-Gruppe belastbare Aussagen          fraglich, ob der erhöhte Aufwand tatsächlich         Regionen des Gehirns angesprochen werden
darüber zulassen, ob es wirklich ganz spe-     gerechtfertigt ist, oder ob mit einer anderen        sollten, welche Gehirnwellenfrequenzen
ziell die Veränderung der Alpha-Delta-Wellen   Behandlung, beispielsweise einer kognitiven          am besten geeignet sind oder welche Men-
ist, die bedeutsam ist für den Rückgang der    Verhaltenstherapie, auf einfachere Art und           schen besonders gut auf Neurofeedback
Tinnitus-Belastung, oder ob andere Faktoren    Weise gleiche oder gar bessere Erfolge erzielt       ansprechen. Zukünftige Studien werden uns
im Neurofeedback dafür verantwortlich          werden können.                                       helfen, den Nutzen von Neurofeedback in der
sind. Das könnten zum Beispiel eine hohe                                                            Tinnitus-Behandlung besser zu verstehen.
Motivation der behandelten Person, eine
stark positive Erwartung an die Wirksamkeit
des Neurofeedback oder der regelmäßige
Austausch über den Tinnitus mit der Neuro-
feedbacktrainerin/dem Neurofeedbacktrainer         Die Autoren:                                                                              l
sein. Nähere Aussagen dazu werden erst
nach vollständiger Auswertung der Daten                                                                   Korrespondenzadresse:
möglich sein.                                                                                             Dr. Cornelia Weise
                                                                                                          Philipps-Universität Marburg
Ausblick                                                                                                  Fachbereich Psychologie
                                                                                                          Gutenbergstraße 18
Auch wenn wir mit unserer Studie einen                                                                    35032 Marburg
weiteren Schritt zur Erforschung von Neuro-                                                               E-Mail: weise@uni-marburg.de
                                                     Dr. Cornelia Weise     Martin Jensen, M. Sc.
feedback gegangen sind, sind wir noch weit
davon entfernt zu wissen, ob Neurofeed-
back auch tatsächlich eine praktikable und
sinnvolle Behandlungsoption ist und ob
es vergleichbar gut oder gar besser ist als        Das Literaturverzeichnis kann unter dem Stichwort „Weise/Jensen, TF 1/2021“ bei der
bereits existierende Behandlungsverfahren.         TF-Redaktion angefordert werden.

                                                            www.mittelrhein-klinik.de

     Tinnitus aurium - eine Reha kann helfen
     Unsere Experten setzen auf eine 5-wöchige Rehabilitation.
     Zur Therapie gehören:

         Counseling
         Achtsamkeits-Aufmerksamkeitslenkung
         Entwickeln neuer Hörstrategien
         Verhaltenstherapie

     Die Mittelrhein-Klinik ist eine auf die Behandlung von Tinnitus
     spezialisierte Fachklinik.

                                                                                                                     Tinnitus-Forum 1–2021       17
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