MITTEILUNGEN WINTER 2021 - RUDOLF STEINER SCHULE BERNER OBERLAND - Rudolf Steiner Schule ...
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HEUTE Malen mit dem Element Erde SEITE 2 Salzchemie als Beispiel für das Thema Erde 100 Jahre Heileurythmie SEITE 4 SEITE 10 40Jahre Interview mit Ernst Schwarzbach SEITE 11 RUDOLF STEINER SCHULE EIN TAG IM LEBEN VON...? BERNER OBERLAND Sabine Clavadetscher Mathis SEITE 14 STEINERSCHULE UND WAS DANN? Benjamin Kälin SEITE 16 Impressum Auflage 1300 Ex. 37. Jahrgang, Nr. 157 BASAR-IMPRESSIONEN Herausgeber Basar21 SEITE 20 Kollegium und Vereinigung Erscheinungsweise Rudolf Steiner Schule Vierteljährlich: Frühling, Sommer, Berner Oberland Herbst und Winter WIR BESUCHEN Astrastrasse 15 Marlen und Geri Feller Schuster CH-3612 Steffisburg Abonnementspreis Jahresabonnement Fr. 20.-, im Ökoladen in Thun SEITE 24 Beiträge und Artikel für Vereinsmitglieder gratis Die Inhalte werden von den VERÄNDERUNGEN jeweiligen AutorInnen Bankverbindung selbstverantwortet PC 34-4839-5 Wir verabschieden SEITE 30 IBAN CH59 0900 0000 3400 4839 5 Wir begrüssen SEITE 32 Redaktion Benjamin Kälin, Gabriele Ortner, Redaktionsschluss/Themen Pascaline Rubin, Jasmine Stampfli, BUCHTIPPS 1. März/Frühling Daniela Steger „Johanna“ und „Die alte Johanna“ SEITE 34 mitteilungen@steinerschulebo.ch Inserate Gabriele Ortner Fotos MÄRCHEN c/0 Rudolf Steiner Schule Ti, Rt, S. 7, 9, 17, 24-27 Berner Oberland Das Glück des Tagelöhners SEITE 36 Gabriele Ortner, mitteilungen@steinerschulebo.ch S. 2-3 Jasmine Stampfli S. 13, 16, 19, 21, 29,30,32 zVg SPENDEN | SPONSORING 1 Seite 121 x 180 mm Fr. 280.- ½ Seite 121 x 90 mm Fr. 150.- Eine Spende, die ankommt SEITE 38 ¼ Seite 121 x 45 mm Fr. 80.- Bildredaktion Gabriele Ortner-Rosshoff WIR SUCHEN Layout info@bilder-spektrum.ch Gabriele Ortner-Rosshoff Neue Lehrpersonen SEITE 39 www.bilder-spektrum.ch Korrektorat INSERATE SEITE 40 Natalie Wacker Druck Magdalena Reinhard FERIENORDNUNG SEITE 46 Copyquick Thun www.copyquick-thun.ch ADRESSEN SEITE 47 STANDORTE | KONTAKT SEITE 48 Beilage: Flyer „Tag der offenen Tür“ Der Druck dieser Mitteilungen wurde von der Firma Weleda freundlicherweise mit einer Spende unterstützt.
Winterapfelbäume Auf abgeweideter Wiese Karge Gestalten Zwischen Erde und Himmel Im spärlichen Licht. Apfelbäume im Winter Auf welkendem Grund Schweigen beredt Eine ernste Versammlung Durchsichtiger Schönheit. Im Erdreich verwurzelt Dem Himmel gebreitet Vertrauend der Zeit Tragen Apfelbäume im Winter In eng verschlossenen Knospen Den kommenden Frühling. Rose Aggeler Liebe Leserinnen und Leser Die Mitteilungen sind dem Element ‘Erde’ gewidmet. Tauchen Sie mit der 4. Klasse in dieses Thema ein und erleben sie eine Fortführung in der Oberstufe am Beispiel der Salzchemie, welche sich ebenfalls mit dem Erdigen/Festen auseinandersetzt. Beim Verfassen dieser Ausgabe durften wir die Win- terverdichtung spürbar wahrnehmen. Das Sommersonnenlicht verwandelt sich tief unten im Erdreich in Wärmekräfte, so dass dieses - von helfen- den Erdewesen - den Wurzeln wieder zuströmen kann. Auch Ihnen wünschen wir viel inneres Licht, Wärme und Kraft, damit wir die Sonne im Herzen durch den Winter in den kommenden Frühling tragen können. Das Redaktionsteam 1
HEUTE - PÄDAGOGIK Malen mit dem Element Erde Erde – das Feste Wenn wir in der 4. Klasse von Erde verformt. Wo finden wir Menschen wirklich sprechen, denken wir sofort an unsere Festes? Eigentlich nirgendwo, finden die vergangene Ackerbauepoche oder an Kinder. Wir finden auf diesem Planeten unseren Lehmbackofen. Wir erinnern ge- kein ewig Bleibendes. Oder habt Ihr ein meinsam Erlebnisse mit Mutter Erde, die Beispiel? Doch scheint es uns wie Zaube- uns trägt, nährt und so viel Leben hervor- rei: Flüssigkeiten und sogar Gase können bringt. Doch wagen wir noch einen Schritt sich zu festen Formen verwandeln. zurück zu gehen und überlegen uns: Was kann dieses Element besonders gut? „Es Wenn wir das Element Erde malen, was ist ein formbares, festes Element“, kommt fällt euch jetzt nach unserem Gespräch es wie aus der Kanone geschossen. Tat- über das Feste ein? sächlich. Und die Form kann beliebig sein, wie bei „Steine, Berge, Kristalle - aber dann müs- einem Klumpen Ton oder spezifisch, wie sen auch die Zwerge dazu“, die Kinder bei einem Kristall. Allerdings: In geolo- sind sich einig. gischen Zeiträumen werden auch Steine 2
HEUTE - PÄDAGOGIK Schön, dann haben wir schon unser Motiv. Aber halt, ganz allein kann die Erde nicht Aber in welcher Jahreszeit sind wir, wenn ihre volle Kraft entfalten. Wir brauchen ihr an das Feste vom Element Erde denkt? noch ein glanzvolles, zartes Mondlicht. Welcher Tageszeit entspricht es? Ein Glück, wir haben nämlich genau den 19.11.2021 - es ist Vollmond. Vielleicht ha- Jetzt wird heiss diskutiert, doch am Ende ben die Kinder in dieser Nacht besonders sind alle überzeugt: „Wir malen ein Bild genau hingeschaut. der kalten Jahreszeit, wo selbst Wasser zu festem Eis gefrieren kann. Es braucht auch Ruhe, denn wenn es draussen still ist, kann die Erde im Inneren arbeiten. Ge- heimnisvolle Vorgänge spielen sich meist in der Dunkelheit ab. Also muss es Nacht sein auf unserem Bild. In dieser Art malen wir mit den Elementen und suchen zusammen passende Motive. Die Nass-in-Nass-Aquarelltechnik regt die Fantasiekräfte an und die Kinder erleben, dass sie beim Malen ihre Innenwelt erle- ben können. In solchen Momenten kann auch ein ganz hibbeliges Kind plötzlich ru- hig und still werden. Mein grosser Dank geht an Antje Brod- beck. Von der Berner Künstlerin stammen Ideen und Anleitung. Jasmine Stampfli, 4.Klass-Lehrerin 3
HEUTE - PÄDAGOGIK Salzchemie als Beispiel für das Thema Erde Aus Goethe, Faust II: Du weisst, das Bergvolk denkt und simuliert Ist in Natur-und Felsenschrift studiert. Die Geister, längst dem flachen Land entzogen; Sind mehr als sonst dem Felsgebirg gewogen. Sie wirken still durch labyrinthische Klüfte Im edlen Gas metallisch reicher Düfte In stetem Sondern, Prüfen und Verbinden Ihr einziger Trieb ist, Neues zu erfinden: Mit leisem Finger geistiger Gewalten Erbauen sie durchsichtige Gestalten; Dann im Kristall und seiner ewigen Schweignis Erblicken sie der Oberwelt Ereignis 4
HEUTE - PÄDAGOGIK In den letzten Mitteilungen vom Herbst Würde das gesamte Meerwasser der Erde 2021 habe ich ausführlicher dargelegt, eingedampft und gleichmässig über Land warum es Sinn macht, Chemie mit den Be- und Meeresboden verteilt, so wäre die griffen „Feuer, Wasser, Luft und Erde“ zu Salzschicht 43 m hoch. unterrichten statt mit den 118 chemischen Elementen. Die vier Elemente schliessen Die Salzchemie ist eine Epoche der 10. an das menschliche Empfindungsvermö- Klasse in der Rudolf Steiner Schule. Sie gen an und erlauben so ein Verständnis eignet sich so gut, weil der Salzkristall mit von chemischen Vorgängen und Eigen- seiner klaren Form (Würfel), seiner Durch- schaften. sichtigkeit und seinen Verwandlungs- möglichkeiten einen Appell an logisches In diesem Heft haben wir den Schwer- Denken richtet. Die Gesetzmässigkeit der punkt „Erde“. Dazu fällt mir vor allem die Salze ist so logisch und eindeutig, dass Salzchemie ein, die sich mit dem Erdig – man Vorhersagen treffen kann, was pas- Festen auseinandersetzt. siert, wenn wir bestimmte Chemikalien zusammenschütten. Doch gilt keine Re- Es gibt das Salz der Salze, das Kochsalz, gel ohne Ausnahme und so können ab- aber auch sonst noch tausende von ver- weichende Resultate von der Vorhersage schiedenen Salzen. wiederum auf weitere übergreifende Ge- setzmässigkeiten zurückgeführt werden. Das Kochsalz hat zu Recht eine ausser- ordentliche Stellung. Das Kochsalz wurde Zu Beginn der Epoche sehen wir uns über die Handelswege geliefert und ent- Salzphänomene mit trockenen Salzen an. lang der Salzstrassen sind die grösseren Natürlich werden Kochsalzkristalle ge- menschlichen Siedlungen entstanden. zeigt. Diese können Kantenlängen bis zu Ohne Salz können wir als Mensch nicht 10 cm aufweisen. Bei manchen Gegen- existieren. Über die Menge des auf der ständen denken wir gar nicht daran, dass Erde vorhandenen Salzes macht man es sich um Salze handelt. Knochen, Eier- sich nicht leicht eine zutreffende Vorstel- schalen, Marmorstücke und Kalksteine. lung. Allein die Weltmeere enthalten un- Bei diesen handelt es sich, grob gesagt, erschöpfliche Mengen von Salz. Dazu um Calciumcarbonat. Wir sehen, dass die kommen noch alle die unterirdischen Salz- Lebewesen auf das Material angewiesen vorkommen. Wir Menschen können ver- sind. Ausserdem zeigen wir Gips. Dane- mutlich sämtliche Rohstoffe der Erde er- ben sind metallische Erze zu sehen. Hier schöpfen, Erdöl, Trinkwasser, Metallerze, tut sich plötzlich eine farbige Welt auf. sogar Bausand..., aber das Salz der Erde Schwermetallsalze eignen sich oft als zu verbrauchen, kann uns nicht gelingen. Farbstoff, Mineralfarbe. 5
HEUTE - PÄDAGOGIK Die nächste Frage ist die von Salz und entstehen die warmen Farben, Gelb und Wasser. Rot. Dies alles hat er anhand von Pris- menversuchen vorgeführt. Er nannte die Wenn wir Salzgeschmack erleben wollen, Interaktion der Polaritäten „Steigerung“. muss das Salz gelöst sein. Vom Kochen kennen wir das ja. Indem die Polarität interagiert statt un- versöhnlich gegenübersteht, kommt eine Hier zeigt sich ein völlig individuelles Ver- Neubildung zustande, die es vorher nicht halten. Wir hängen einen Kupfersulfat-Kri- gab. stall in einen Glaszylinder mit Wasser und daneben einen Fluoritkristall. Während der Gehen wir nun zum Thema Feuer: Wir be- Kupfersulfatkristall sofort kleiner wird und obachten, dass auch beim Feuer eine Po- das Wasser blau färbt, bleibt der Fluorit larität vorhanden ist. Beim Feuer gibt es ei- unverändert. Wir haben es mit extrem un- nen Anteil Leichte, die nach oben abzieht, terschiedlichem Lösungsverhalten zu tun. und das ist der Rauch. Der Rauch beisst Fluorit ist nahezu unlöslich, Calciumcarbo- in den Atemwegen und in den Augen. Der nat und Calciumsulfat sind schwerlöslich, Rauch trägt Säure in sich. Und die Asche: Kochsalz löst sich gut, und Calciumchlorid Sie sinkt herab und hat Laugencharakter. bildet Lösungen mit mehr Salzgehalt als In früheren Zeiten wurde die Holzasche in Wassergehalt. Calciumchloridkristalle ver- „Pötten“ gesammelt und als Waschlauge flüssigen sich, wenn sie nur der Luftfeuch- verwendet – sogenannte Pottasche. Die tigkeit ausgesetzt sind. Asche ist das Gegenteil der Säure. Sie ist eine Base. Der nächste Schritt ist nicht so nahelie- gend, wie die Beziehung zwischen Salz Was passiert, wenn wir Salze dem Feu- und Wasser. Es geht um Salz und Feuer. er aussetzen? Goethe hat als Naturbeobachter festge- Gewisse Salze - und hier ist wiederum das stellt, dass die Natur mit Kontrasten ar- Kochsalz massgebend -, lassen sich durch beitet: Licht-Finsternis; Schwere-Leichte; noch so heisse Flammen nicht beeindru- Hitze-Kälte. Er nannte die Kontraste Po- cken. Kochsalz schmilzt zwar bei ca. 800 °C laritäten. In seiner Farbenlehre machte er zu einer klaren Flüssigkeit – aber wenn deutlich, dass die Polaritäten interagieren es abkühlt, erstarrt es wieder zu Würfeln können. Z.B. wenn Licht von Dunkelheit und zeigt sich unverändert. Ganz anders aufgesogen wird, entstehen die Farben das Kupfersulfat. Es wird schon unter 200° Violett und Blau – also kalte Farben. Wird weiss und sondert Wasser ab. hingegen Finsternis von Licht überwältigt, 6
HEUTE - PÄDAGOGIK Abb.: Kupfersulfat verliert Wasser und wird weiss Treibt man die Erhitzung weiter, so färbt es Feuchtigkeit, aber alsbald steigen giftige sich langsam schwarz und ein beissender braune Dämpfe von Salpetersäure auf. Rauch wird abgesondert. Der Rauch und Der Rückstand hingegen verwandelt sich das Wasser lassen sich als Schwefelsäu- in die aggressive Base Calciumhydroxid. re identifizieren. Nach dem Abkühlen ist nichts mehr so, wie es war, das Salz bildet Wir haben damit das Grundgesetz gefun- sich nicht mehr zurück. Andere Beispiele den: Salze lassen sich in die Polarität Säu- können folgen: Calciumchlorid. re und Base spalten. Sie sind ein zur Ruhe gekommenes Gegensatzpaar und weisen Wenn man dies erhitzt, schmilzt das deshalb keine Aggressivität auf. Salz in seiner von ihm eingeschlossenen 7
HEUTE - PÄDAGOGIK Und was ist mit dem Kochsalz los? Ein- Wer Salzchemie kennt, weiss im Grunde fache Hitze ist zu schwach, dieses stabi- schon, wie sich die Erde zusammensetzt: le Salz zu zerlegen. Es gibt eine stärkere Kraft und das ist die Elektrizität. Mit Hilfe Woraus besteht die Erdoberfläche? Zu- des elektrischen Stromes (Elektrolyse) mindest für die uns zugänglichen Schich- lässt sich auch aus Kochsalz die aggres- ten lässt sich ungefähr Folgendes sagen: sive Base Natronlauge gewinnen und Die Erde ist ein riesiger gläserner Kristall Chlorgas, das wiederum der Basisstoff für im Weltall. Kieselsäurekristalle mit ihren Salzsäure ist. Varianten und Mineralien wie Granit und Gneis machen zusammen mit dem Sau- In der Chemieepoche der 10. Klasse lernt erstoff der Luft, des Wassers und der man die wichtigsten Mineralsäuren ken- Gesteine bereits ca. 75% des Gewichts nen: Schwefelsäure, Salzsäure, Salpe- der Lithosphäre, Biosphäre, Hydrosphäre tersäure, Kohlensäure und Kieselsäure und Atmosphäre aus. Nimmt man noch – ausserdem die wichtigsten Basen: Na- die Tonmineralien, das Eisen und den tronlauge, Kalilauge, Kalkbase, Magnesia, Kalk dazu, so kommt man auf über 80%. Ammoniak, Kupferbase, Eisenbase usw. Zur Abrundung lernen die Schülerinnen Rudolf Ortner und Schüler wieder die Harmonisierung bzw. „Steigerung“ kennen. Kann aus ag- Fachlehrer für Naturwissenschaften gressiver Salzsäure und aggressiver Na- tronlauge (beides Giftklasse 2) wieder das harmlose Kochsalz hergestellt werden? Es funktioniert! Der Vorgang nennt sich Neutralisation. Sehr schön ist das Beispiel von schwar- zem Kupferoxid und Schwefelsäure. Hier entsteht aus einem schwarzen Pulver das schön kristallisierende blaue Kupfersulfat. Man könnte sagen, dass die lichte Säure dem schwarzen Pulver zu einer „Steige- rung“ im Sinne Goethes verholfen hat. 8
HEUTE - PÄDAGOGIK Abb.: Neutralisation von Kupferbase 9
HEUTE - PÄDAGOGIK 100 Jahre Heileurythmie Zwei Jahre nach dem 100-jährigen Jubi- digen. Diese führt zur Formung unserer läum der Pädagogik nach Rudolf Steiner Organe und unseres Leibes. feierte 2021 auch die Heileurythmie ihr 100-jähriges Jubiläum. Die Heileurythmie will der Erstarrung und der mechanisierten Bewegung entgegen- Sie entstand eigentlich an der ersten Wal- wirken. Sie fördert die Zunahme der – vor dorfschule in Stuttgart, welche sehr inklu- allem inneren – Beweglichkeit, der Varia- siv geführt worden war. Aufgrund der Fra- bilität, der Regulationsfähigkeit und strebt ge, wie man schwierige, zappelige Kinder an, dass der lebende Organismus leben- erreichen und fördern könne, entwickelte diger wird. So steigert sich die Fähigkeit Rudolf Steiner den sogenannten „Zap- zur Gesundung. peljambus“. Später entfaltete sich dieser Keim zu einer ganzen Therapieform für In der Heileurythmie arbeitet man verstärkt Menschen jeglichen Alters. auch mit Beinbewegungen. Der Mensch wird dadurch in seiner eigenen Willen- Heileurythmie ist eine Bewegungsthera- stätigkeit angesprochen, was die Wärme- pie, bei welcher es um die beseelte Be- bildung verstärkt. Die heileurythmischen wegung geht – im Unterschied zur Phy- Bewegungen werden durch eine bildhafte siotherapie oder zu einem Kraft- oder Vorstellung angeregt, sodass es zu einem Ausdauertraining. Zusammenspiel von inneren Bildern und intensiver Willenstätigkeit kommt. Da- Die Ärzte Dr. Gierke und Dr. Soldner, bei- durch entsteht in der Mitte eine Verände- de in leitender Funktion an der Medizi- rung der Atmung und der Herztätigkeit. nischen Sektion am Goetheanum, sagten in einem Interview, dass wir ein viel zu Last but not least betonen die beiden statisches Bild vom Organismus, den es Ärzte, dass man nur von Wirksamkeit zu heilen gilt, haben. Die Lebensprozesse sprechen könne, wenn täglich über kurze kennen immer Bewegung - nicht nur in der Zeit geübt werde. Die Heileurythmie kann embryonalen Phase, sondern in jeglichem wöchentlich etwas anregen, was der be- Aufbauprozess, in jedem Regenerieren. treffende Mensch in Freiheit und aus ei- Es gibt ja nicht nur Zellteilung, sondern gener Entschlusskraft umsetzen kann/soll. auch Zellbewegung. Dies ist jedoch keine chaotische, sondern eine weisheitsvoll ge- Daniela Steger staltete Bewegung. In der inneren Bewegung unseres Leibes realisiert sich eine Weisheit des Leben- 10
HEUTE - PÄDAGOGIK Lieber Ernst, dein ursprünglicher Beruf zu erweitern. war Techniker. Wann hast du zur Eu- rythmie und Heileurythmie gewechselt Hast du auch Patienten außerhalb der und warum? Schule? Als Techniker bin ich viel gereist und habe Ja, mehrheitlich mit chronischen Krank- damals eine hartnäckige Amöben-Infek- heiten. tion bekommen. Dieses Ereignis brachte mich auf den Pfad der Naturheilkunde und Du hattest ein gewagtes Hobby, näm- zur Heileurythmie. So begann ich 1980 die lich das Gleitschirmfliegen. Eurythmie-Ausbildung in Dornach Gleitschirmfliegen ist im besten Fall, um Wie lange übst du die Heileurythmie als es bildhaft auszudrücken, wie tanzen mit Beruf schon aus, wie lange davon an Wölklein. Für mich war es ein Ausgleich unserer Schule? zu der künstlerischen Arbeit, insofern man in der Kunst die Zeit dehnen kann, zum Nach meinem Studium, das war im Jahr Beispiel ein Ritardando einlegend, ist man 1987, kam ich nach Spiez an die Rudolf beim Fliegen gezwungen jetzt und sofort Steiner Schule Berner Oberland. Daneben zu handeln. hatte ich noch ein Pensum in der Psychia- trischen Klinik von Dr. Stettler in Ringol- Wie viele Jahre ist dein schwerer Unfall dingen im Simmental. Das heisst, dass ich nun her? Was ist dir dabei geschehen bereits 35 Jahre Heileurythmie gebe. und wie hast du dich geheilt? Du bist gleichzeitig auch Heilpraktiker. Nun, im Jahr 2009 hat mir ein sturm- Wann hast du diese Ausbildung absol- mässiger Fallwind kurz nach dem Start viert? den Gleitschirm geschlossen. Der Absturz auf die Alp war nicht mehr zu verhindern. Im Jahr 1998 habe ich die Heilpraktiker- Ausbildung abgeschlossen. Ich meine in Erinnerung zu haben, dass du bei der Genesung viel der Heil- Was ist der Vorteil, dass du auch Heil- eurythmie zu verdanken hattest praktiker bist? im Sinne von dem, was die bei- den Ärzte sagen. Stimmt das? Es war mir ein Bedürfnis die schulmedizi- Könntest du das etwas beschreiben? nischen Grundlagen vertieft kennenzuler- nen und die homöopathischen Kenntnisse 11
HEUTE - PÄDAGOGIK Ja, das war für mich sehr eindrücklich. Zu guter Letzt möchte ich allen Lehre- Ich lag da im Inselspital mit multiplen Brü- rinnen und Lehrern, sowie Eltern, die mich chen. Handgelenk, Ellbogen, Schulter, so grossartig unterstützt haben, hier noch- dann an beiden Füssen das Sprungelenk mals von ganzem Herzen danken. gebrochen und noch drei lumbale Wirbel gerissen. Das Interview führte Daniela Steger Die Aussicht der Ärzte lautete: Bewegen wie Tanzen, Springen oder Ähnliches wer- den nicht mehr möglich sein, kann man ausschliessen. Ich, für mich, wusste um die heilenden Kräfte der Heileurythmie und begann die entsprechenden Übungen, die ich ja gut kannte, im Bett zu praktizieren. Also mit dem rechten Arm, der noch heil geblieben war. Meine Genesung verlief absolut sensa- tionell. Die behandelnden Ärzte waren sehr erstaunt und fragten mich, was ich denn nur mache. So wurde aus dem et- was fremd wirkenden, komischen Vogel, Heileurythmist und Heilpraktiker, ein be- gehrter Vorzeige-Patient. Das Mass wurde dann voll, als dieser ko- mische Vogel nach einiger Zeit nicht wie vorgesehen in die Reha ging, sondern nach Hause. Drei Monate nach dem schweren Unfall stand ich wieder im Heileurythmie-Zimmer der Schule. 12
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EIN TAG IM LEBEN VON...? Sabine Clavadetscher Mathis Eigentlich bin ich morgens jeweils schnel- Ich liebe die Arbeit in der Kinderstube, ler als mein Wecker, kaum öffne ich die ich freue mich so sehr an diesen jungen Augen, bin ich putzmunter! Kindern und ihren Eltern, wenn wir ihr Ver- trauen gewinnen können und die Kinder Auf dem Weg ins Badezimmer will ich nicht bei uns Zeit mit Entdecken, Erforschen trödeln, denn es ist in unserem 100 Jahre und Spielen verbringen. alten Stadthäuschen gut zu spüren, dass der Winter im Anmarsch ist; die Eiszap- In der Schule gebe ich Religionsunter- fen sind wohl draussen, doch damit das richt in der 3. und 4. Klasse, das mache so bleibt, will unser Holzofen eingefeuert ich auch sehr, sehr gerne. Immer geht werden; sobald das Feuerchen brennt, es mir darum, den SchülerInnen mit den wird es wohlig warm. Erzählungen «ein Lebens-Z`Nüni» anzu- bieten, das sie in ihren Lebens-Rucksack Unser gelbes Häuschen mit den roten einpacken können; dieses Z`Nüni soll sie Fensterläden steht am Stadtrand von Thun kräftigen, ihnen Mut machen, sie zum Ent- und hat etwas merkwürdige Dimensionen: decken der unzähligen Wunder, die sich Es ist mit seinen drei Stockwerken ziem- mitten im Leben zeigen, anregen. Und lich hoch, sodass wir alle Berge und auch dann geht es um die Wege, die in den das Schloss wunderbar sehen können, Märchen, Geschichten, Biografien ge- aber mit seiner Breite von nur 4,5 Metern schildert werden. Sie sind verschlungen, könnte es kaum alleine stehen, deshalb oft unwegsam, manchmal schier ausweg- haben sich links und rechts noch einige los, doch immer kommt Hilfe! Wenn wir andersfarbige Häuschen «angeklebt», so dieses Wunder im Leben entdecken, dann können sie sich gegenseitig stützen. ist alles gewonnen! Der Porridge köchelt bereits, jetzt setzen Den Mittagstisch gestalte und geniesse ich wir uns zum Frühstück, wir, das sind mein mehrmals wöchentlich in der Kinderstube Mann Fred und ich. Ich liebe das Plaudern mit den Kindern, die den ganzen Tag bei bereits in diesen frühen Morgenstunden, uns spielen; ich selbst bin nur «eine kleine Fred ist da etwas zurückhaltender. Köchin» und deshalb schätze ich das von Käthi und den Eltern zubereitete Mittages- Fred verabschiedet sich bald und fährt mit sen besonders! dem Velo in sein nahegelegenes Büro, wo er als Sozialarbeiter Menschen mit Behin- Meine Nachmittage sind bunt, montags, derung berät; je nach Wochentag fahre zum Beispiel kommt immer unser Enkel- ich dann, ebenfalls mit dem Velo, in die chen Vincent zu uns und viele andere Kinderstube oder in die Schule. Nachmittage verbringe ich in der Kinder- 14
EIN TAG IM LEBEN VON...? stube und in unserem wunderschönen An freien Abenden sitzen Fred und ich Kinderstuben-Garten, da haben wir immer in dieser kühlen Jahreszeit an unserem viel zu werken! Feuerofen und plaudern zusammen, das klappt zu dieser Tageszeit eindeutig bes- Ich habe einige Hobbys, zum Beispiel das ser! Segeln auf dem Thunersee, das Wandern und die Natur beobachten, ich lese, ge- Sabine Clavadetscher Mathis stalte und improvisiere gerne, auch höre ich gerne zu. Nur kurz berichte ich von Abendstunden, da nehme ich an den Arbeitsgruppentref- fen der ReligionslehrerInnen und der Jah- resfesteverantwortlichen teil und alle zwei Wochen bin ich sogar am Sonntag-Vormit- tag im Schulhaus, da feiern wir im Saal die Sonntagshandlung für die Kinder. 15
STEINERSCHULE UND WAS DANN? Benjamin Kälin Wo bist du zur Schule gegangen? ker... Das war alles interessant, aber der Funke ist nirgends so richtig gesprungen. Ich habe meine Schulzeit 1984 im «Hotel Im Bauernpraktikum (9. Klasse?) habe ich Erika» in Spiez begonnen. Was die Stei- dann auf dem Hof eine Mitarbeiterin ken- nerschule Berner Oberland betrifft, gehöre nengelernt, die mir Vorteile einer 12-jäh- ich also zu den alten Hasen. Die 11. und rigen Schulzeit in leuchtenden Farben be- 12. Klasse habe ich an der Steinerschule schrieben hat. Also habe ich mich für die in Ittigen besucht. 11. und 12. Klasse an der Steinerschule in Ittigen angemeldet und diesen Entscheid Wie hast du die Schulzeit erlebt? nie bereut. In Ittigen habe ich nochmals richtig Freude am Lernen bekommen und Spontan kommen mir fast nur positive Er- sogar in Erwägung gezogen, die Matura innerungen in den Sinn. Bei gründliche- zu machen. rem Nachdenken liesse sich aber auch die eine oder andere weniger erfreuliche Dann, so scheint es mir jedenfalls in der Episode ausgraben. Unser Klassenlehrer Rückschau, hat das Schicksal meiner war ein grosser Geschichtenerzähler. Ent- Planlosigkeit abgeholfen. Wir wohnten sprechend habe ich alle Fächer geliebt, in damals in Interlaken. Der tägliche Schul- denen das Erzählen wichtig ist. Etwas we- weg nach Ittigen war also lang. Da hat mir niger zuhause gefühlt habe ich mich in der eine Mitschülerin ein Zimmer angeboten, Welt der Zahlen. Auch Fächer, in denen das ich während der Woche bewohnen manuelle oder körperliche Geschicklich- durfte. Ihre Mutter war Buchhändlerin, ihr keit wichtig waren, habe ich eher pflicht- Vater war zu jener Zeit Vizedirektor der schuldig als mit Begeisterung absolviert. BLS Lötschbergbahn. Meiner Gastmutter Alles in allem aber bin ich gerne zur Schu- war es wohl zu verdanken, dass ich mich le gegangen. dann reichlich spät in der Berner Traditi- onsbuchhandlung Stauffacher um eine Wie hast du den Übergang ins Berufs- Lehre als Buchhändler bewarb. Ich bekam leben erlebt? die Lehrstelle erst auf das Folgejahr, durf- te aber als Mitarbeiter in der Warenlogi- Das hat sich einfach so ergeben! (lacht) stik gleich im Anschluss an die 12. Klasse Das meine ich übrigens in gewissem anfangen. Nach der Lehre blieb ich noch Sinne wirklich so. Ich hatte nie eine klare kurz bei Stauffacher und habe dann als Vorstellung davon, was ich nach der Schu- Einkäufer für Hard- und Software in eine le machen wollte. Entsprechend habe ich mittelgrosse IT-Firma gewechselt. Dort verschiedene Schnupperlehren gemacht: hatte ich zwar sehr gute Anstellungsbedin- Optiker, Drogist, Goldschmied, Elektroni- gungen, aber eine total langweilige Arbeit. 16
STEINERSCHULE UND WAS DANN? 17
STEINERSCHULE UND WAS DANN? Da fiel mir ein Zeitungsinserat in die Hän- Das musst du genauer erklären. de: Die BLS suchte Leute, die sich zum Lokführer ausbilden lassen wollten. BLS? Bei der Eisenbahn wird grundsätzlich rund War da nicht mal was...? um die Uhr an sieben Tagen pro Woche gearbeitet. Um die gesundheitliche Bela- Nun war Lokführer nie mein Bubentraum. stung für die Mitarbeitenden in Grenzen zu Aber das Inserat tönte interessant und halten und damit die Sicherheit im Bahn- man verpflichtete sich für höchstens drei betrieb zu gewährleisten, gibt es massge- Jahre nach der einjährigen Ausbildung. Ei- schneiderte Gesetze, die die Arbeits- und nen langweiligen Job hatte ich schon, was Ruhezeit im 24-Stunden-Betrieb regeln. hatte ich also zu verlieren? Ich bewarb Zu meinen Aufgaben gehören Beratung, mich und war selbst ein wenig überrascht, Coaching und Schulung von Vorgesetz- als ich die Zusage in der Tasche hatte. ten, Planern und Disponenten, damit diese So habe ich 2002 mit der Ausbildung zum ihre Mitarbeitenden in Übereinstimmung Lokführer begonnen und bin zwölf Jahre mit den gesetzlichen Vorgaben, aber auch dabeigeblieben. Wenn ich jetzt so daran mit den Vorgaben des Gesamtarbeitsver- zurückdenke, fühlt es sich so an, als habe trages einsetzen können. Zusammen mit erst im Führerstand mein Berufsleben so den Spezialisten aus der Informatik sor- richtig begonnen. ge ich aber auch dafür, dass unsere Pla- nungssysteme die Disponenten sinnvoll Und heute bist du immer noch Lokfüh- dabei unterstützen, korrekte Dienstpläne rer? und Zeitabrechnungen zu erstellen. Ein wenig schon, ja! (lacht) Seit mittler- Das Thema Arbeitszeit ist im öffentlichen weile sieben Jahren allerdings nur noch Verkehr für die Gewerkschaften von gros- aushilfsweise, sodass ich die vorgeschrie- ser Bedeutung. Das sieht man nicht zuletzt bene Mindestfahrpraxis behalte. Haupt- daran, dass sich der Gesamtarbeitsver- sächlich arbeite ich in der Personalabtei- trag auf etwa 30 von 100 Seiten mit dem lung der BLS. Unser Team ist zuständig Thema Arbeits- und Ruhezeit befasst. Da für die Grundlagen der Anstellungsbedin- kommt es immer wieder zu Auslegungs- gungen und für die Verhandlungen mit den differenzen und Anwendungsfragen, die Gewerkschaften. In diesem Team bin ich dann geklärt werden müssen. der Experte für alle Aspekte rund um das Thema Arbeitszeit. 18
STEINERSCHULE UND WAS DANN? Wenn du zurückblickst: Hat dich die Schule gut auf das Berufsleben vorbe- reitet? (Denkt nach) Ja, für mich würde ich diese Frage mit Ja beantworten. Mir gefällt der Gedanke, dass mir die Steinerschule das Vertrauen mitgegeben hat, dass man auch zum Ziel kommen kann, wenn man nicht einfach den vorgezeichneten Wegen folgt. Leistet man seinen Beitrag dort, wo man gerade steht, ergeben sich immer auch Möglichkeiten. So jedenfalls habe ich es bis jetzt in meinem durchaus glücklich dahinmäandernden Berufsleben erfahren dürfen. Seit deiner Schulzeit an unserer Schule ist es schon eine ganze Weile her. Was ist heute deine Verbindung zu unserer Schule? Für mich war immer klar, dass mein Kind in die Steinerschule gehen sollte. Mei- ne Frau hatte keinen Bezug zur Steiner- schule. Als dann unser Sohn Jorin in ein Alter kam, wo die Schulwahl allmählich ein Thema wurde, war die Entscheidung aber bald getroffen. Heute besucht Jorin die 2. Klasse in Steffisburg. Und Karin arbeitet mit viel Freude in der Kinderstube und bei den Wurzelkindern mit. Ich erlebe also sozusagen eine zweite Schulzeit. Dieses Mal einfach aus der Elternperspektive. Das Gespräch führte Gabriele Ortner 19
BASAR-IMPRESSIONEN Unter dem Motto «Steine ins Rollen bringen» haben wir dieses Jahr einen Basar er- lebt, der gleichzeitig eine wunderbare Normalität ausgestrahlt hat und dennoch so ganz anders war, als der Basar, den wir in Erinnerung haben. 20
BASAR-IMPRESSIONEN Unter einem strahlend blauen Herbsthimmel sind sich Menschen begegnet, haben Zeit zusammen verbracht, gegessen, getrunken und gelacht. 21
BASAR-IMPRESSIONEN 22
BASAR-IMPRESSIONEN Ein herzlicher Dank gebührt allen, die mit ihren Angeboten, Beiträgen und ihrer Tatkraft oder auch einfach durch ihre fröhliche Anwesenheit zu einem unvergesslichen, gemein- samen Erlebnis beigetragen haben. Das Basarkernteam 23
WIR BESUCHEN Marlen und Geri Feller Schuster im Vielen Dank für den lieben Empfang hier ich dann in der Vorschau zum Basar er- im Aufenthaltsraum vom Oekoladen Thun, fuhr, dass eine Nachfolge fürs Kochen ge- liebe Marlen! sucht wurde, war mir sofort klar, dass ich mich dafür melden wollte. Salome, meine Tochter und auch mein Sohn Aljoscha hat- ten ebenfalls zugesagt mich zu unterstüt- zen, so dass ich nach einem klärenden Gespräch mit Xaver, dem Basarverant- wortlichen, zusagen konnte. Wie hast Du die Menüwahl getroffen? Das Anbieten von warmen Mahlzeiten draussen, war eine neue Herausforde- rung, besonders, das Essen warmzuhal- ten. Deshalb kam es mir entgegen, dass wir unsere beiden Menüs ‘nur’ über die Mittagszeit anbieten konnten. Wir ent- schieden uns für ein veganes und vegeta- risches Menü. Ich hatte Zugang zu feiner Polenta aus Norditalien und Dinkelotto, von Andrea und Kurt Zeller vom Hof Ditt- lige, bei dessen Zubereitung ich ebenfalls Erfahrung hatte und konnte beide Mahl- Am diesjährigen Basar hast Du unsere zeiten zu Hause gut vorbereiten. Gäste mit einem feinen Catering ver- wöhnt? Wie kam es dazu? Mit ging das Herz auf, als ich von den Herbstferien zurückkam und in der Rubrik ‘zu Besuch bei’ den Artikel von Cécilia und Quentin zur solidarischen Landwirtschaft las. Uns, und vor allem unsere KInder ver- bindet eine langjährige Freundschaft und wir waren vom Oekoladen zu Beginn Ab- nehmer für ihr feines Gemüse, bis sie den Vertrieb über Gemüseabos etablierten. Als 24
WIR BESUCHEN Oekoladen in Thun Es hat mich gefreut, dass unser Angebot Kannst Du uns etwas über Eure Her- an beiden Tagen guten Absatz fand und kunft erzählen und wie Ihr zum Oekola- wir mit leeren Behältern nach Hause fa- den gekommen seid? hren konnten. Geri ist gebürtiger Walliser und seine El- Wann warst Du das letzte Mal am Ba- tern zogen, als er in die 3. Klasse kam, sar? nach Steffisburg, weil sein Vater hier be- rufstätig wurde. Er hatte früh ein Bewusst- Wir besuchen den Basar regelmässig. Die- sein für Umweltfragen und als er den ‘Club ses Jahr ist mir bewusst geworden, dass of Rome’, 1976, gelesen hatte, war ihm ich, da ich generell gerne Kinder habe und klar, dass er nie ein Auto haben würde. Er mir ihr Wohl am Herzen liegt, es mir leicht wurde Teil einer Arbeitsgruppe für Umwelt- gefallen ist, ein solches Projekt zu Guns- fragen. Der Oekoladen entstand daraus. ten der Steinerschule zu unterstützen. So gehört er zu Mitgliedern, die den Laden Während der Schulzeit unserer Kinder vor 35 Jahren gründeten. Nach einem län- waren wir beide familiär und beruflich sehr geren Auslandaufenthalt in Mexico kehrte engagiert und haben es bedauert, nicht an er zurück, arbeite in der Genossenschafts- allen Aktivitäten teilnehmen zu können. beiz ‚Alpensrösli’ und kam ab und an zum Einkaufen vorbei. Lange war Geri haupt- Warum habt Ihr die Steinerschule für beruflich in der Verkehrsplanung tätig. Eure Kinder gewählt? Ich bin mit meiner Schwester in Thun auf- Wir kannten die Demeterlandwirtschaft gewachsen, ich habe Hochbauzeichnerin und deshalb war es klar, dass unsere Kin- gelernt und arbeitete bis 25 auf diesem der die Steinerschule absolvieren würden. Beruf. Anschliessend war ich kurz an ei- Beide besuchten bereits den Kindergarten ner Massageschule tätig. Ich hatte früh ein (Aljoscha auch die Kinderstube) und sie ökologisches Bewusstsein entwickelt und erinnern sich gerne an ihre Klassenlehrer wollte zum Beispiel schon mit dreizehn Heinz Rubin und David Brodbeck. Salome nicht mehr mit den Eltern im Auto unter- ist damals schon vorzeitig in die 10. Klas- wegs sein. Als ich alt genug war, erlaubten se nach Ittigen übergetreten und Hebam- mir meine Eltern selber einzukaufen und me geworden, Aljoscha besuchte nach zu kochen und ich bevorzugte es, die Ein- der 10. Klasse die Rudolf Steiner Schule käufe auf dem Markt oder direkt bei den in Solothurn, die ein Schulmodell mit Prak- Bauern zu tätigen. tika und Unterricht anbot. Zur Zeit studiert er soziale Arbeit in Olten und macht ein Als ich zum ersten Mal im Oekoladen ein- Praktikum in der Gemeinde Köniz. kaufen ging, wurde mir beim Verlassen 25
WIR BESUCHEN re Existenz und den Schulbesuch unserer Kinder. Der Laden wuchs kontinuierlich, erst von einem kleinem Geschäft in einem Kellergeschoss, bis wir vor 20 Jahren am vierten Standort, einem geräumigen La- denlokal an der oberen Hauptgasse ein- gezogen sind, welches genügend Platz für unser reichhaltiges Sortiment bietet. Was hilft Dir, dieses grosse Arbeitspen- sum zu bewältigen? Seit neun Jahren verbringe ich im Sommer sechs Wochen alleine auf einer Alp mit fünf Kühen, dazu noch Gusti und Kälber, während zwei Jahren waren noch Geis- sen dabei. Meistens kann ich ein bis zwei Geburten miterleben. Dies ist meine Aus- zeit. Der Tag ist sehr strukturiert, die Tiere sind meistens tagsüber im Stall, werden abends gemolken und dann rausgelassen. Am Morgen wollen Sie meistens wieder in den Stall und ‘rufen’ mich. des Geschäftes klar, dass ich hier arbei- ten wollte. Das war wie eine Offenbarung: Bis 2015 hatte ich die alleinige Geschäfts- Da gab es Menschen, die gleich denken führung inne. Ich erkrankte, und es wurde wie ich und die gleichen Sorgen haben wie mit klar, dass ich die Geschäftsführung ich und so wurde ich fünf Jahre nach der nur noch zu zweit, und zwar mit meinem Gründung des Ladens Teil des Teams. Mann, führen wollte. Glücklicherweise sagte er zu, seine Tätigkeit als Verkehrs- Geri und ich lernten uns über den Laden planer zu reduzieren. Heute unterstützt kennen und heute bezeichnen wir den La- er noch punktuell bei einzelnen Projekten den oft humorvoll als unser drittes Kind. im Verkehrsplanungsbüro im Hintergrund, Er unterstützte mich viel ‘hinter den Ku- und der Fokus liegt hauptsächlich auf der lissen’, besonders als ich die Geschäfts- gemeinsamen Geschäftsführung. Wir er- führung übernahm und ermöglichte mit gänzen uns als Team seit langem und sind seinem regelmässigen Einkommen unse- nun seit sechs Jahren so unterwegs – ich 26
WIR BESUCHEN bin sehr froh, dass er damals zugesagt hat! Habt Ihr Pläne für die Zukunft? Wir sind ein Team von 12 engagierten Mitarbeiter:innen und haben eine sehr Einen Plan konnten wir im letzten Jahr gute Zusammenarbeit. Ohne den Einsatz umsetzten: Zwar bieten wir schon seit der jeder einzelnen Person wäre das gar nicht Gründung den Offenverkauf von Lebens- zu stemmen. mitteln an. Dies gestaltet sich bei einzel- nen Produkten sehr schwierig und ist nicht Seit längerem stelle ich fest, dass die all- überall sinnvoll. Die Anforderungen an die gemeine Situation aufgrund der Pandemie Lieferketten sind heute sehr gross, da zum ihren Tribut fordert und bemühe mich, an Beispiel aus hygienischen Gründen keine zwei Tagen pro Woche wirklich ‘frei’ und Säcke mehr retourniert werden dürfen. Zeit für andere Projekte zu haben. Trotz- dem freue ich mich z.B. auf den Sonntags- Während einer Zugfahrt kam mir meine verkauf um die Weihnachtszeit, da zu die- Erfahrung als Hochbauzeichnerin zugute ser Zeit immer eine besondere Stimmung und ich entwarf ein System, welches mit ist. Hilfe eines Schreiners und eines Metall- bauzeichners ausgeklügelt werden konn- te. Dass wir dies realisieren konnten, freut mich besonders. 27
WIR BESUCHEN Ein zweiter Wunsch ging bereits auch in dass sich die Zukunft schon zeigen wird. Erfüllung: Schon seit längerere Zeit war Mein Wunsch ist, dass junge Menschen es mein Traum, rund um die Uhr aus dem hier mitarbeiten, die Verantwortung über- Bernbiet offene, frische Demetermilch an- nehmen und wir mit der Zeit die Rollen als zubieten: einiges Tages standen Florian Mentore im Hintergrund übernehmen kön- Hofstettler und Bianca Wenger im Laden nen. Gerne würde ich die Aufgaben auf und fragten, ob sie einen Milchautomaten mehrere Schultern verteilen. Oft habe ich aufstellen dürften, der mit Demetermilch erlebt, dass gerade junge Menschen mit aus dem Emmental oberhalb von Trub- einem Aussenblick neue Ideen einbringen. schachen gefüllt wird. So konnten wir bisher immer von neuen Mitarbeiter:innen profitieren und dazuler- Sonst drängt es mich manchmal zu wis- nen. Oft befruchten wir uns gegenseitig sen, wie die Zukunft für den Laden kon- mit neuen Ideen, das ist wertvoll und wich- kret aussehen wird. Geri wird in einem tig und trägt dazu bei, dass ich jeden Tag Jahr pensioniert. Er hat mehr Vertrauen, gerne zur Arbeit komme. 28
WIR BESUCHEN Mehr über den Oekoladen finden Sie auf deren Homepage www. oekoladenthun.ch Das Gespräch führten Pascaline Rubin und Gabriele Ortner 29
VERÄNDERUNGEN - WIR VERABSCHIEDEN Zur Verabschiedung von Doris Barrot Hatten Sie als Kind ein Lieblingsmärchen Sie war als Schulmutter u.a. im Elternrat oder eines, das Sie immer wieder gern ge- tätig und begleitete so manches Klassen- hört oder gelesen haben? Als kleines Mäd- lager. Ihr pädagogisches Geschick setzte chen oder kleiner Junge (und vielleicht sie auf vielerlei Weise ein: als Handar- auch heute noch) galt Ihre Sympathie beitslehrerin in nahezu allen Klassen- wahrscheinlich den guten Mächten in die- stufen, lehrte die Neuntklässler, wie man sem Märchen. Und Sie werden vermutlich Schuhe macht, zeichnete verantwortlich ein Fan (gewesen) sein von der Instanz, für den Kostümfundus und die Ausstat- die alles gut werden liess. Das ist in vielen tung der Achtklass-Theater, baute mit Märchen die sogenannte “Gute Fee.” Ha- einer 8. Klasse Marionetten und studier- ben Sie sich mal gefragt, wer eine solche te mit diesen ein Märchen ein. Als Klas- “Gute Fee” eigentlich wirklich war? Wenn senbetreuerin der Oberstufe nahm sie im ich heute eine suchen würde, z.B. in einer Tandem mehrere 8. bzw. 9. Klassen unter Stellenanzeige, würde ich eine “Gute Fee” ihre Fittiche, leitete das Ideenbüro der 9. (und damit meine ich nicht nur die weib- Klasse und war in diesem Zusammenhang lichen Vertreterinnen dieser “Spezies”) be- Tanzball-Verantwortliche. Das alljährlich schreiben als beliebtes, offenbar bestens stattfindende Bauernpraktikum wurde von und vielfältig ausgebildetes und mit jeder ihr organisiert und betreut. Als Mitglied der Menge guten Kräften gesegnetes Multi- Mitarbeitergruppe nahm sie u. a. an zahl- talent, das sowohl offensichtlich als auch reichen Besprechungen, Bewerbungs- im Verborgenen wirkt, das Auswege und und Mitarbeitergesprächen teil und bewies Lösungen findet und immer zur Stelle ist, ihr Organisationstalent bei der Erstellung wenn man es braucht. Gibt es nicht? von Stunden- und Epochenplänen. An den quartalsweisen IMS-Regionalkonferenzen Eine davon, da bin ich mir ganz sicher, vertrat sie unsere Oberstufe. Nicht zuletzt arbeitete seit 2011 an unserer Schule. bereicherte sie als Märchenerzählerin den Bei ihren vielfältigen Aufgaben kamen einen oder anderen Anlass und so manche ihr sowohl ihre Ausbildungen als Sattle- Handarbeitsstunde. Und sie war da, wenn rin und Handarbeitslehrerin als auch ihre man sie brauchte - für die SchülerInnen, Weiterbildungen im Schustern sowie ihre für das Kollegium, für unsere Schule. Erfahrungen im KV-, Gastro- und Theater- bereich zugute. Und nicht zu vergessen, ihr echtes Interesse an den SchülerInnen sowie ihre Begeisterung. 30
VERÄNDERUNGEN - WIR VERABSCHIEDEN Im Märchen zieht die “Gute Fee” weiter, So verabschieden wir Doris mit einem wei- wenn sie ihre Arbeit getan, ihren Auftrag nenden Auge, weil sie nicht mehr Teil un- erfüllt hat oder eine neue Aufgabe sie ruft. serer Schule sein wird. Und mit einem la- Alle sind froh und dankbar, dass sie in ihr chenden Auge, weil wir uns für diejenigen Leben getreten ist, traurig, dass sie weiter- freuen, die künftig mit ihr zusammenarbei- ziehen wird, aber auch froh für diejenigen, ten und an ihrem Wirken teilhaben dürfen. die zukünftig von ihr beschenkt werden. Wir wünschen uns, dass der Kontakt zu ihr bestehen bleibt, wir sie hin und wieder an unserer Schule sehen und erleben dür- fen. Sei es als Märchenerzählerin oder als kompetente und allseits beliebte Lehrerin beim Handarbeiten oder Schustern. Danke für dein grossartiges Engagement an unserer Schule, für deine Ideen und In- itiativen, für deine wertvolle pädagogische und administrative Arbeit, dein Dasein und Mittragen! Wir wünschen dir nur das Beste auf deinem neuen Weg, der hoffentlich viel Spannendes bereithält für dich. Natalie Wacker 31
VERÄNDERUNGEN - WIR BEGRÜSSEN Janine Graber Mein Name ist Janine Graber. Ich spiele Nach dem Abschluss der gymnasialen Ukulele und Gitarre, bin gerne sportlich Maturität freue ich mich nun sehr, dass unterwegs, draussen in der Natur oder im mich ein neuer Lebensabschnitt erwar- Stall bei den Pferden. Aufgewachsen bin tet. Seit Mitte Oktober bin ich an der RSS ich in Messen SO, bevor ich im Jahr 2016 Steffisburg bei Rahel Grossniklaus als gemeinsam mit meinen Eltern und meinem Praktikantin in der 2. Klasse tätig. Mit viel Bruder nach Sigriswil gezogen bin. Freude darf ich wertvolle Erfahrungen und Einblicke aus dem Schultag an einer Stei- Bis im Sommer dieses Jahres besuchte nerschule sammeln, bevor ich anschlies- ich das Gymnasium Seefeld in Thun mit send im September 2022 an der AfaP in dem Schwerpunkt PPP (Psychologie, Pä- Dornach das praxisbegleitende Studium dagogik, Philosophie). Ein Schuljahr ver- beginnen möchte. brachte ich dabei als Austauschschülerin in der Westschweiz. Ich freue mich auf die Zeit an dieser Schu- le und darauf, gemeinsam mit den Kindern vieles erleben zu dürfen. Janine Graber 32
VERÄNDERUNGEN - WIR BEGRÜSSEN Kathrin Abele Als ich vor 20 Jahren mit dem frisch gebo- renen Sohn Simon in den Mutterschafts- urlaub ging, ahnte ich noch nicht, dass ich mit einem prall gefüllten Rucksack wieder zurückkomme, hochmotiviert, die Schüle- rinnen und Schüler hier in Eurythmie und Handarbeit zu unterrichten. Auslöser war damals und auch heute die gute Zusammenarbeit mit Daniela Steger. Sie hat mich in das Sommerspiel einge- führt, welches mich sehr tief berührt, be- geistert, Fragen geweckt hat. So wähl- te ich für meine Diplomarbeit als Thema „Das Wesen der vier Elemente“ bei den Kostümen der Handarbeitslehrerausbil- dung in Basel, die ich berufsbegleitend realisierte. Anschliessend absolvierte ich an der Alanus Hochschule den neu eingerichte- ten, staatlichen anerkannten Diplomstu- diengang für Eurythmie mit Schwerpunkt Pädagogik, in dem ich die pädagogische Wirkung des Mittsommerspiels von Mar- guerite Lobeck auf die 12 Sinne des Kin- des untersuchte. Ich freue mich auf neugierige, mutige aber auch zurückhaltende Schülerinnen und Schüler, ich denke, wir werden ge- meinsam eine ganze Menge wunderbarer Stunden realisieren. Kathrin Abele 33
BUCHTIPPS „Johanna“ und „Die alte Johanna“ Renate Welsh: Johanna (1979) und Die In die Stille hinein murmelte Sophie: „Wie alte Johanna (2021) hast du es geschafft, immer grosszügig zu sein, auch wenn du überhaupt nichts ge- 1979 ist Johanna, Renate Welshs Ju- habt hast?“ gendbuchklassiker über das ledige Kind einer Bauernmagd in den 1930er Jahren, „Teilen“, sagte Johanna. entstanden. Nach über 40 Jahren hat die Autorin nun eine Fortsetzung dieses er- „Was teilen, wenn nichts da ist?“ folgreichen Jugendromans geschrieben, der das Leben einer starken und mutigen Johanna kicherte. „Wenn es hinten und Frau in Rückblicken beleuchtet. vorne für einen selbst nicht reicht, dann muss man erst recht teilen. Dann ist genug Die 13-jährige Johanna kommt voller Hoff- für alle da.“ nung auf eine Ausbildung als Schneiderin in ein kleines niederösterreichisches Dorf. „Moment!“ Sophie schüttelte heftig den Dort wird ihr jedoch rasch zu spüren gege- Kopf. „Das ist jetzt aber gar nicht logisch!“ ben, welcher Platz ihr zusteht. „Das wär‘ ja noch schöner, wenn eine wie du was „Stimmt. Logisch ist es nicht, aber wahr. wollen dürfte!“ – Dieser Satz prägt ihre Ich hab’s hundertmal ausprobiert!“ Jugend. Sie muss auf einem Bauernhof arbeiten, unentgeltlich und unter katastro- „Und der Beweis ist, dass ihr trotzdem phalen Bedingungen. Johanna teilt das nicht verhungert seid?“ Schicksal vieler unehelicher Mädchen im Österreich der 1930er Jahre, das geprägt „Kluges Mädchen“, sagte Johanna. ist durch Armut, politische Unruhen und den aufkommenden Nationalsozialismus. Jahrzehnte später muss Johanna einse- hen, dass sie, die immer gegeben hat, In Die alte Johanna erfahren wir, dass Jo- auch nehmen lernen muss. Einfühlsam hanna es geschafft hat, trotz der ewigen und ergreifend schildert Renate Welsh, wie Geldknappheit und trotz der Vorurteile ge- Johanna Rückblick hält auf ihr Leben, ih- gen sie und ihren Mann, der Bergmann ist ren Kindern und Enkelkindern nach wie vor und sich als Sozialist engagiert. Sie zieht Halt ist und sich gleichzeitig widerwillig von acht Kinder gross und ihre Küche wird ihren Kräften verabschieden muss. Treffpunkt und Zuflucht für so manchen Ratsuchenden. Johanna und Die alte Johanna sind ge- eignet für Jugendliche ab ca. 13 Jahren, sind zugleich aber auch „All-Age“-Romane. 34
BUCHTIPPS Renate Welsh, geb. 1937, hat über 80 en- gagierte Bücher geschrieben, die meisten davon sind Kinder- und Jugendbücher. Ihre Werke sind sozialkritisch und zeit- geschichtlich ausgerichtet und stellen die Kindheit nicht als Idyll, sondern als pro- blembehaftete Zeit dar. Ihr erfolgreichstes Buch ist Das Vamperl, in dem ein kleiner Vampir den Menschen statt Blut die Galle und damit das „Böse-sein“ aussaugt und sie versöhnlich stimmt. Weitere Kinder- bücher von Renate Welsh sowie ihre Bio- graphie können u.a. auf der Website www. kinderundjugendmedien.de nachgelesen werden. Johanna ISBN: 978-3-7076-0722-2 Die alte Johanna ISBN: 978-3-7076-0724-6 Dagmar Anreiter-Rothwangl 35
MÄRCHEN Das Glück des Tagelöhners Es war einmal ein armer Tagelöhner, der genug. Die fünfzig Säcke können wir doch hatte eine Hütte am Waldrand. Dort lebte nicht bis zum Morgen füllen. Also lass uns er mit seiner Frau und seinen Kindern. Er in dieser Nacht noch einmal unser glück- fällte Bäume, hackte Holz und schnitt Bret- liches Leben feiern mit unseren Kindern ter zu, und so verdiente er sein tägliches und unseren Freunden. So, wie wir gelebt Brot. Es war eine schwere, mühsame Ar- haben, wollen wir auch dem Tod entgegen beit, viel Schweiss für wenig Geld, und gehen!“ Und sie riefen ihre Kinder herbei doch klangen am Abend meist Lachen und und luden ihre Freunde ein und feierten in Singen aus dem kleinen Haus. Das wun- dieser Nacht noch einmal ein Fest, san- derte die Leute. gen und lachten und waren glücklich bis zum Morgengrauen. Als der König im Wald gejagt hatte, kam er auf dem Weg zurück zum Schloss oft Dann schliefen die Kinder ein und die Gä- an dem kleinen Haus vorbei und auch er ste gingen, einer nach dem andern, und hörte das Singen und Lachen. dann war der Tagelöhner allein mit seiner Frau. Erst war er verwundert, dann verärgert und schliesslich war er ganz empört: „Was ha- Schweigend standen sie am Fenster und ben Tagelöhner zu lachen!“ Und er schick- warteten auf den Morgen. Und als sie sa- te seine Soldaten zu dem kleinen Haus. hen, wie sich der Himmel rötete, überfiel sie die Traurigkeit. „Höre, Holzhacker“, sagte der Hauptmann der Soldaten, „dies befiehlt dir unser Herr, „Nun ist es aus mit uns“, sagte die Frau, der König: Liefere fünfzig Säcke mit Säge- „ach, es ist doch schwer, das Leben zu mehl bis zum Morgengrauen, und kannst lassen, wenn es so glücklich war.“ du das nicht, so seid ihr alle des Todes, du, deine Frau und deine Kinder!“ „Lass gut sein“, sagte der Mann, „es ist besser, dankbar für all unser Glück zu Der Tagelöhner erschrak. „Fünfzig Sack sterben, als in Angst und Traurigkeit wei- Sägemehl! In einer Nacht! Das kann kein terzuleben.“ Mensch schaffen. Ach, nun sind wir ver- loren.“ Da klopfte es an die Tür. „Das werden die Männer des Königs sein“, sagte der Tage- Seine Frau aber tröstete ihn und sprach: löhner, und noch einmal umarmte er seine „Mein Lieber, wir haben doch ein gutes Frau, dann machte er die Tür weit auf. Leben gehabt. Wir hatten uns und unse- re Kinder, wir hatten Freunde und Freude 36
MÄRCHEN Draussen stand der Hauptmann des Königs. Zögernd trat er ein, und lange schwieg er. „Höre, Holzhacker“, sagte er dann, „schneide zwölf Eichenbretter für einen Sarg. In dieser Nacht ist der König gestorben.“ Von diesem Tag an lebte der Tagelöhner mit seiner Familie in Glück und Frieden Das Märchen wurde von Doris Barrot aus- gewählt. 37
SPENDEN | SPONSORING Eine Spende, die ankommt! Eine Bankkontonummer als Einladung zur Spende? Das mag gelegentlich funktionieren. Aber würde es Sie nicht viel eher motivieren, unsere Schule zu unterstützen, wenn wir konkret offenlegen, was wir benötigen? Wir sind sicher, dass dem so ist. In loser Folge werden wir hier konkrete Projekte und Wünsche aus unserer Schule vorstellen, die Sie unterstützen können. Stichwort Beschreibung Betrag (CHF) Kindergarten-Garten Wir wollen den Garten neu gestalten. Dazu 1'400.- gehört eine neue Bepflanzung, neue Holz- schnitzel für die Wege, weiteres Material für die Gartengestaltung. Kindergarten innen Hier benötigen wir eine neue Spielküche, 1’800.- Seidentücher und Ständer, eine neue Garderobe, Besteck und Geschirr, Werkzeuge für den Werkbank. Unterstufe Textilien Für die Klassenzimmer der Unterstufe steht 1'500.- die Anschaffung diverser Textilien wie Vorhänge, Kissenbezüge an. Cajón Bausätze Die 4. Klasse wünscht sich Cajones 900.- (Kistentrommeln). Wir freuen uns auch über kleinere Beträge! Und so erreicht Ihre Spende ihr Ziel: • Einzahlung Ihres selbst gewählten Betrages auf das Konto CH59 0900 0000 3400 4839 5 • Das Stichwort im Vermerk einfügen, damit wir Ihre Zahlung zuordnen können. Ein Wunsch konnte übrigens bereits erfüllt werden: die Kindergartenkinder können sich über eine neue Spielküche freuen! Vielen Dank für ihre Unterstützung! 38
WIR SUCHEN Gesuch ab sofort oder nach Vereinbarung Für das Schuljahr 2022/23: - engagierte, qualifizierte Fachkräfte für den Förderbereich - Klassenlehrerpersonen für die 1. und 4. Klasse. - Lehrperson mit Schwerpunkt Naturwissenschaften (20%) - Lehrperson fürs Handarbeiten 30 % Sie bringen mit: • Freude an der Arbeit mit Kindern, Jugendlichen, Eltern und Kollegen • Selbstständigkeit und Initiative • Teamfähigkeit • Konfliktfähigkeit • Aufgeschlossenheit gegenüber der anthroposophischen Pädagogik / ein vorzugsweise abgeschlossenes Studium der Rudolf Steiner Pädagogik / Berufserfahrung • Interesse an Forschung und Weiterbildung Wir bieten: • eine aktive Schulgemeinschaft • ein offenes und engagiertes Kollegium, das mit Freude an einer zeitgemässen Gestaltung von Schule arbeitet • Möglichkeit zur Fortbildung und Hospitation • Einarbeitung durch erfahrene Mentoren • Einkommen auf der Basis der internen Gehaltsordnung • Tätigsein in der kraftvollen und berührenden Landschaft am Thunersee, des Berner Oberlands Wir freuen uns auf Ihre aussagekräftige Bewerbung an die Mitarbeitergruppe: mitarbeitergruppe@steinerschulebo.ch Rudolf Steiner Schule Berner Oberland Pädagogische Leitung Leitung Mitarbeitergruppe Dr. Valentin Wember Justine Gölz 39
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