Feiern 2018 sehen-und-handeln .ch - Sehen und Handeln
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Inhaltsverzeichnis 3 Editorial Die Ökumenische Kampagne 4 Ökumenischer Familiengottesdienst stellt sich vor 7 Ökumenischer Gottesdienst Brot für alle (reformiert) und Fastenopfer (katholisch) 10 Jugendgottesdienst führen seit 1969 jährlich eine Ökumenische Kampag- ne in den sechs Wochen vor Ostern durch. Seit 1994 12 Impuls zum Hungertuch beteiligt sich auch Partner sein, das Hilfswerk der christkatholischen Landeskirche. Die Ökumenische 14 Impuls zum Kampagnenplakat Kampagne hat zum Ziel, die breite Öffentlichkeit für 15 Baustein Ökospiritualität die Ungerechtigkeiten zu sensibilisieren, die weltweit zu über 800 Millionen Menschen in Hunger und Ar- 16 Kolumne zu 2.Kor 8-9 mut führen. Diese Realität zu erkennen, genügt jedoch nicht. Es Predigtanregungen braucht einen grundsätzlichen Wandel hin zu einer 17 1. Fastensonntag Welt, in der alle genug zum Leben haben. Dafür zei- gen die drei Werke Handlungsmöglichkeiten auf: Das 18 2. Fastensonntag eigene Konsumverhalten zu verändern, Menschen in Südprojekten mit einer Spende zu unterstützen oder 19 3. Fastensonntag sich an einer Aktion zu beteiligen – so wird die Öku- menische Kampagne zum Inbegriff der gelebten Soli- 20 4. Fastensonntag darität. 21 5. Fastensonntag www.sehen-und-handeln.ch 22 Gebete Ökumenische Kampagne 2018: 23 Weitere Angebote Aschermittwoch, 14. Februar bis Ostersonntag, 1. April Impressum Werkheft feiern 2018 Redaktion Rita Gemperle, Jan Tschannen Mitarbeit Andreas Baumeister, Fabio Carrisi, Ulrike Henkenmeier, Andrea-Maria Inauen Weber, Matthias Jäggi, Dorothea Loosli-Amstutz, Andreas Nufer, Verena Sollberger, Judith von Rotz, Rolf Zaugg Marie Cénec, Michel M. Egger, Célestin Kabundi, Anne-Christine Menu Lektorat Franziska Landolt, www.1-2-fehlerfrei.ch Gestaltung ComMix AG, Kehrsatz Druck Stämpfli AG, Bern Auflage 15 150 Exemplare Papier Cyclus Offset, 100 % Recyclingpapier © Brot für alle, Bern / Fastenopfer, Luzern, Herbst 2017 Das Label Oecumenica wurde 2009 der Ökumenischen Kampagne von Brot für alle, Fastenopfer und Partner sein verliehen. Die Arbeits- werden Sie unser Fan: gemeinschaft der christlichen Kirchen in der Schweiz zeichnet mit dem facebook.com / sehenundhandeln Label vorbildliche ökumenische Projekte aus. 2
Editorial Werde Teil des Wandels! Liebe Gottesdienst- Die Schweiz werde von der Erwär- hin oder her, auch Lebensaufgaben Verantwortliche mung stärker betroffen sein als andere müssen angegangen werden. Frisch Regionen, sagen Experten. Es scheint, und fröhlich wollen wir das tun. Für «Es schlägt fünf vor zwölf», hiess es als ob wir uns hier nicht davonstehlen Christenmenschen ist sie ja nicht neu, vor dem Klimagipfel in Paris. Und können. Wir sind Verursacher und die Umkehr. Aber immer wieder aktu- seither ist es höchstens heisser ge- Betroffene zugleich. Also irgendwo im ell und jederzeit geboten. worden. Es gibt ihn nicht, den einen grauen Bereich, in einer Welt, die ger- Moment, um das Steuer herumzu- ne wieder schwarz und weiss zeich- reissen. Vielmehr wird es eine Le- nen möchte. bensaufgabe sein, womöglich für Ge- «Werde Teil des Wandels!», rufen wir nerationen. nun in diese Welt hinein. Alarmismus Jan Tschannen Rita Gemperle Bildung und Theologie, Sensibilisierung und Pastoral, Brot für alle Fastenopfer v.l.n.r. Jan Tschannen, Matthias Jäggi, Verena Sollberger, Judith von Rotz, Rita Gemperle, Andrea-Maria Inauen Weber, Ulrike Henkenmeier, Rolf Zaugg, Fabio Carrisi, Andreas Baumeister 3
Ökumenischer Familiengottesdienst Inhaltsverzeichnis Verrückte Ideen retten die Welt Andrea-Maria Inauen Weber Gemeindeleiterin, Stüsslingen Matthias Jäggi Reformierter Pfarrer, Ostermundigen Noahs Bau einer Arche war ein ziemlich verrücktes Liturgischer Gruss Projekt. Der Gottesdienst zeigt, dass verrückte Ide- Siehe, ich setze meinen Bogen in die Wolken. Dann ge- en für eine gemeinsame Zukunft auch heute nötig denke ich des ewigen Bundes, der besteht zwischen mir sind und ermutigt zur Umsetzung. und euch. (nach Gen 9,14) Vorbereitungen Hinführung Den vollständigen Gottesdienst finden Sie unter Die Liturgin/der Liturge steht unter bzw. beim Regenbogen. www.sehen-und-handeln.ch/feiern Regenbogen sind schön. Sie sind Zeichen, dass Gott die – Tücher oder Papier zum Darstellen eines Regenbogens Menschen, die Tiere und die Pflanzen gern hat. Er wünscht – Für die Herstellung der Kordeln der Bundesbändeli: Garne sich die Welt nicht grau in grau, nicht schwarz-weiss, er in den sieben Regenbogenfarben; zugeschnitten in 5 m wünscht sich sie bunt. lange Stücke (pro Person 1 Garnfaden) sowie Stifte und Das Zeichen des Regenbogens stammt aus der Geschich- Scheren. Alternativ zur Herstellung von regenbogenfarbi- te über Noah. Dort schliesst Gott einen Bund mit den Men- gen Kordeln können Festeintrittsbänder in entsprechen- schen. Dieser Bund ist gegenseitig: Gott verspricht uns den Farben verwendet werden (sind unter diesem Stich- Segen; wir sollen ihn dafür nicht vergessen und seiner Welt wort bei verschiedenen Anbietern online erhältlich). Dazu Sorge tragen. Stifte zum Beschriften der Bänder. Ihr habt beim Eingang ein Stück Garn in einer der Regen- – Plakate mit Porträts von innovativen Projekten. Vorlagen bogenfarben erhalten. Ob rot, orange, gelb, hellgrün, hellb- dazu finden auf der Website lau, dunkelblau oder violett: Jede der sieben Farben braucht es, damit ein Regenbogen entstehen kann. Es Eröffnung braucht also dich, mich und uns alle, damit diese Welt so Empfang strahlend schön wird wie ein Regenbogen. Kinder und Erwachsene erhalten beim Eingang ein Garn- stück (oder ein farbiges Festeintrittsband). Eigenes Dankgebet 4
Ökumenischer Familiengottesdienst Einstieg ins Thema Szene 1: Familie Noah baut eine Arche Lied (Gen 6,8–20) Dr Noah von Mani Matter «Mama, Mama, komm schnell!» – «Was ist denn, Debi Schatz?» «Papa streitet sich mit Opa.» – «Ach, lass sie Das Lied ist zu finden auf der CD «I han es Zündhölzli aa- doch. Du weisst, dass sie sich bei der Weizenernte nie ei- zündt». Die CD kann auf www.zytglogge.ch/mani-matter/ nig sind.» – «Ja, aber diesmal geht es nicht um die Garben- cds bestellt werden. Das Lied ist auch digital verfügbar (nur grösse! Opa will überhaupt nicht ernten. Er müsse ein auf iTunes). Der Liedtext mit Gitarrengriffen ist zu finden im Schiff bauen!» – «Er müsse was?» Debis Mutter lässt vor Buch «Us emmene lääre Gygechaschte». Das Buch ist im Schreck beinahe den Topf mit Ziegenmilch fallen, die sie Buchhandel erhältlich. grade gemolken hat. Sie stellt ihn rasch auf den Tisch und eilt mit Debi an der Hand nach draussen. Dort sieht sie ge- Menschen, die Verrücktes wagen rade noch, wie Opa Noah mit der Axt in der Hand im Tere- Weit und breit kein Wasser und schon gar kein Meer. Und bintenwäldchen verschwindet. Debis Vater Sem hingegen die Familie von Noah baut eine Arche. Das war eine ziem- schreitet mit der Sichel in der Hand ebenso bestimmt Rich- lich verrückte Idee. Und trotzdem hat sie die Welt gerettet! tung Feld. Ham, Jafet, Klein-Sämi und die Knechte schau- Denn ohne die Arche von Noah gäbe es weder Menschen en verdutzt vom einen zum andern.«Ups, nicht gut», mur- noch Störche noch Elefanten noch andere Tiere, die die melt Debis Mutter Simcha und eilt Richtung Weizenfeld. Sintflut überlebt haben. «Warte!», ruft Debi und rennt hinter ihr her. «Der spinnt», sagt Sem zu seiner Frau, als diese bei ihm Von einem Menschen, der eine ungewöhnliche Idee um- angekommen ist. «Dass früher alles besser gewesen sei, setzt, heisst es schnell einmal: «De isch nid ganz bache», behauptet er ja schon länger. Aber jetzt habe Gott ihm ge- oder: «Die hätt en Schrube locker». Sie werden für verrück- sagt, er plane mit ihm, Noah, einen Neuanfang, und er sol- te Spinner oder idealistische Träumerinnen gehalten. le dafür eine Arche bauen.» – «Eine was?», fragt Debi. «Ein Bis heute gibt es Menschen, die ihrer Zeit voraus sind, Pio- riesengrosses Schiff», antwortet ihr Vater, «für unsere Sippe nierinnen und Pioniere, die zu Beginn für ihre Ideen belä- und für je ein Paar aller Tierarten.» chelt werden. Später werden sie dafür oft bewundert. Wir Debi macht grosse Augen und Simcha meint: «Der ist tat- zeigen euch ein paar solcher Ideen. sächlich verrückt!» – «Und wo bitteschön soll diese Arche schwimmen?», fragt Debi. «Bis ans grosse Wasser sind es Der Liturg/die Liturgin geht zu den in der Kirche verteilten ja über zwei Wochen, hat mir Onkel Ham neulich erklärt.» – Projektplakaten und stellt die Projekte kurz vor. «Das nimmt mich auch wunder», sagt ihre Mutter Simcha. Plakatvorlagen von ausgewählten Projekten finden Sie auf «Komm, wir gehen Opa selber fragen.» der Website. Die Auswahl kann mit eigenen Beispielen er- gänzt werden. Die Fortsetzung der Geschichte kurz paraphrasieren: Noah erzählt von seinem Auftrag; Familie Noah baut die Arche Bei all diesen Beispielen stehen am Anfang Menschen, die und geht an Bord; dann setzt der Regen ein; das Wasser etwas Verrücktes wagen. Sie bringen etwas in Bewegung, steigt; schliesslich gibt es rund um die schwimmende Ar- das Leben für andere und für sich selbst lebenswerter che nur noch Wasser. macht, ja ihnen sogar das Leben rettet. Sie stehen in der Tradition von Noah und seiner Familie. Hören wir, wie die Impuls 1: Auf Gottes Stimme hören Familie von Noah den Bau der Arche erlebt hat. Die Geschichte über die Sintflut erinnert daran, dass der gewaltsame Umgang der Menschen mit anderen Men- Biblische Geschichte schen, Tieren und Pflanzen Folgen hat. Gleichzeitig erzählt Die folgenden Szenen sind narrative Erweiterungen von sie, wie eine Sippe sich dem Sog solcher Gewalt entzieht, drei Stationen der Geschichte um Noah. Sie können die eine Arche baut und schliesslich gerettet wird und dabei Szenen vortragen oder daraus kurze Spielszenen entwi- auch viele andere rettet: alle Tiere nämlich. Der Grund da- ckeln. Wenn die Zeit knapp ist, schildern Sie Szene 2 oder für ist, dass Noah unter den vielen Stimmen Gottes Stim- 3 kurz in eigenen Worten. Eine familienfreundliche Version me hört und sich mit seiner Sippe dazu bewegen lässt, ein der Geschichte über Noah bietet auch die Neukirchener ziemlich verrücktes Projekt anzupacken. Gott verrückt No- Kinder-Bibel. ahs Blick, von der tödlichen Gewaltspirale seiner Zeit hin zur Leben rettenden Arche. 5
Ökumenischer Familiengottesdienst Szene 2: Familie Noah schickt eine Taube aus Obwohl die Menschen nach der Sintflut nicht besser sind (Gen 8,8–12) als vorher, schliesst Gott einen Bund mit ihnen. Diesen Re- Fortsetzung der Erzählung siehe Website genbogenbund hat Gott seither nie aufgelöst. Im Gegen- teil. Er hat diesen Bund noch vertieft. Seine Verbundenheit Impuls 2: Neues braucht Geduld und Gemeinschaft mit den Menschen und mit allen Lebewesen hat Gott Noah hätte die Arche nie und nimmer alleine bauen kön- durch Jesus bekräftigt. Zu diesem Bund gehören auch wir. nen. Er brauchte dafür seine Söhne und Töchter, seine Sip- Farbige Bändeli sollen unser Bundeszeichen sein. pe. Auch heute ist mit einer verrückten Idee noch nichts getan. Es braucht andere Menschen, die sich davon Zur Erinnerung an ihre verrückten Ideen drehen die Siebe- überzeugen oder – besser noch – begeistern lassen. Es nergruppen aus ihren farbigen Garnstücken eine Kordel. braucht Gemeinschaft. All die vielen Menschen, mit denen Eine Anleitung dazu finden Sie unter www.sehen-und-han- Brot für alle und Fastenopfer verbunden sind: Sie alle sind deln.ch/feiern oder auf Youtube mit dem Stichwort «Kordel Teil einer Gemeinschaft. drehen». Zudem braucht eine verrückte Idee Geduld. Erst beim drit- Alternativ binden sich die Teilnehmenden ein Festeintritts- ten Anlauf kehrt die Taube nicht mehr zu Noah zurück. Bei band ans Handgelenk; dieses kann vorgängig mit einem uns braucht es genauso Geduld wie in anderen Ländern. Merk- oder Mutwort zum gemeinsamen Vorhaben be- Es gibt Erfolge und Rückschläge. Erst recht braucht ein schriftet werden. tiefgreifender Wandel, wie ihn die kirchlichen Werke anre- gen, einen langen Atem. Fürbitten Eine Person alleine resigniert bald einmal. Wenn wir viele Variante 1: freie Fürbitte sind, können wir uns gegenseitig in der Hoffnung bestär- Gott, in Gruppen haben wir über Ideen und Möglichkeiten ken – und die Taube Hatikva, was hebräisch Hoffnung be- nachgedacht, wie wir unser Leben und Handeln verrücken deutet, so lange losschicken, bis wir sie eines Tages nicht können, damit unsere Erde froher und bunter wird. mehr auszuschicken brauchen. Eine Sprecherin/ein Sprecher pro Gruppe berichtet kurz Szene 3: Familie Noah staunt über den Regenbogen über die gefassten Vorhaben. (Gen 9,8–13.16 und 8,22) Gott, wir bitten dich: Lass uns immer wieder auf deine Impuls 3: Mein/unser verrücktes Projekt Stimme hören. Sei bei uns, wenn wir uns gegenseitig bei Jeder Regenbogen erinnert uns daran: Gott möchte keine der Umsetzung neuer Möglichkeiten unterstützen. Schen- Sintflut mehr, will nicht, dass alles den Bach runtergeht. ke uns einen langen Atem und die Gewissheit, dass du es Gott wünscht sich bunte Lebendigkeit für alle. bist, mit dem wir verbunden bleiben. Amen. Gott verrückt auch unsere Optik, er verschiebt unsere Variante 2: Fürbitte gemäss Vorschlag siehe Website. Sichtweise. Er kann in uns verrückte Ideen wecken. Er schenkt uns Gemeinschaft und den langen Atem für unse- Unser Vater re «Arche-Ideen», für unsere Vorhaben, mit denen wir die Welt ein Stück gerechter, friedlicher, schöner und bunter Lied machen können. KG 602/CG 419, Gottes Regenbogen oder Kolibri 259, Mini Farb und dini Vertiefung Wir sind Teil des Bundes Zuspruch/Segen Kinder und Erwachsene sitzen in Siebenergruppen zusam- Gott, in allen Ländern dieser Erde men, sodass in jeder Gruppe alle Regenbogenfarben ver- leuchtet dein Regenbogen. treten sind. Sie sammeln Ideen für ein eigenes verrücktes Mit allen Menschen dieser Erde Vorhaben und eine lebensfrohere Welt. Dabei kann Bezug bist du verbunden. auf die Projektplakate genommen werden. Es können aber Segne alle Länder und alle Menschen auch Vereinbarungen sein, in der Fastenzeit auf etwas zu und lass uns dich entdecken – achten oder zu verzichten. Die Gruppe kann gemeinsame auch in den ausgefallensten Ideen. Ziele beschliessen oder sich über individuelle austauschen. Amen. Dabei zählt die Stimme jedes Einzelnen, unabhängig des Alters. 6
Ökumenischer Gottesdienst Seht, ich schaffe Neues! Verena Sollberger Hinführung und Dank Reformierte Pfarrerin, Luzern Unser Leben mit allem, was ist, ist uns geschenkt. Judith von Rotz Wir sind Teil der Welt und des Kosmos, Theologin, Luzern eingebunden in den Kreislauf des Lebens: Unsere Zellen funktionieren im unglaublichen Zusammenspiel mit dem ganzen Organismus. Wandel ist ein Prozess hin zu etwas Neuem. Dank- Ich atme die gleiche Luft wie meine Nachbarin barkeit für das geschenkte Leben gibt uns Vertrau- und wie der Vogel auf dem Baum. en, um auch die Krise und die Herausforderungen zu Was ich esse, schenken mir die Erde sehen. Und in einem weiteren Schritt neue Möglich- und Dutzende arbeitsame Hände. keiten zu entdecken und neue Wege zu gehen.* Im Nehmen und Geben bin ich mit der ganzen Welt verbunden. Liturgischer Gruss Ich staune und bin dankbar: Wir feiern diesen Gottesdienst In mir kreist das Leben, das uns Gott gegeben! im Namen Gottes, der Leben hervorbringt und trägt, Lied im Namen Jesu Christi, RG 534/KG 573/CG 920, In uns kreist das Leben der Neues wagt und zeigt, und im Namen der Geistkraft, Besinnung die uns belebt und bewegt. Das Leben kreist in uns und mit uns * vgl. dazu: Matthew Fox, Freundschaft mit dem Leben. Die vier Pfade der Schöpfungsspiritualität 7
Ökumenischer Gottesdienst und ist zugleich verletzlich und bedroht. Impuls Je mehr ich mich als Teil des Ganzen fühle, Verrückt, dieser Text. Das ist doch absolut unrealistisch. desto mehr schmerzt es, Ohne Geld läuft bei uns nichts. Wenn ich kein Geld habe, von Zerstörung, von Gewalt und Tod zu erfahren: muss ich schauen, wie ich über die Runden komme. Dann Von abgeholzten Wäldern und leergefischten Meeren, kann ich mir nichts leisten. Kein Brot. Und schon gar kei- von Kindern, Frauen und Männern nen Wein. Gratis gibt’s nichts. ohne Heimat und Schutz, Oder eben doch? Hat dieser Vers «Kauft ohne Geld!» doch von getöteten Menschen und zerbombten Städten. einen wahren Kern? Könnte er der Boden sein, auf dem Zusammen können wir es wagen, Veränderung und Wandel wachsen und gedeihen? nicht nur als Beobachtende hinzuschauen, «Kauft ohne Geld!» Wenn wir unsere Augen öffnen, dann sondern auch mitzufühlen: erkennen wir doch da und dort in unserem Alltag – viel- – Wo sehe ich Leben, das bedroht ist? leicht im Kleinen, Unscheinbaren –, wie das doch möglich – Welche Gefühle tauchen dabei in mir auf? ist. Nachbarschaftshilfe hiess das früher. Wenn mir etwas fehlt, klopfe ich bei der Nachbarin an, die mir bestimmt (Moment der Stille – evtl. Gongschlag/Glocke) aushilft. Oder jemand steht vor meiner Tür, wenn er etwas braucht. Geben und nehmen. Erhalten und weitergeben.. Gebet Alles ohne Geld. Aber mit sehr viel Mehr-Wert. Denn so In Indonesien roden riesige Bagger Wälder kommen sich Menschen näher. Ein Beziehungsnetz ent- und in Syrien zielen Soldaten auf Menschen. steht. «Kauft ohne Geld!» Gar nicht so verrückt und abwe- In Äthiopien verhungern Kinder gig. Ob das auch im Grossen funktionieren würde? und Männer ertrinken im Mittelmeer. Blechlawinen ziehen durch unsere Strassen Musik oder Gong/Glocke und die Saharawüste wächst. Ohnmacht, Wut, Hoffnungslosigkeit Statements machen sich in mir breit. «Seht, ich schaffe Neues, schon spriesst es, erkennt ihr es Du, Gott, bist mittendrin. nicht?» Es wächst unter uns, dieses Neue. Dieses «Kauft Wo ich mich ohnmächtig fühle, ohne Geld!». Da und dort ist ein Wandel, ein Umdenken im lass mich sehen, dass Unmögliches möglich ist. Gange. Wenn wir unsere Augen öffnen, erkennen wir es – Wo ich wütend bin, und werden vielleicht «angesteckt», diesen Wandel auch lass mich spüren, dass Empörung Kraft gibt. selber zu wagen und mitzutragen. Wo ich hoffnungslos bin, lass mich entdecken, dass Neues am Entstehen ist. Variante 1: Offenes Mikrofon Denn du, Gott, bist mittendrin. Die Gottesdienstgemeinde wird eingeladen, von ihren per- Lass mich Teil des Wandels werden. sönlichen Ideen und Erfahrungen mit dem «Kaufen ohne Für eine Welt, in der alle genug zum Leben haben. Geld» zu erzählen. Es ist hilfreich, im Vorfeld des Gottes- dienstes zwei bis drei Personen, die ganz bewusst etwas (evtl. Gongschlag/Glocke) «anders» leben und mit ihrer Lebensweise den Wandel mit- tragen, für ein Statement anzufragen. Diese könnten dann «Werde Teil des Wandels! Für eine Welt, in der alle genug mit ihrem Votum das «Eis brechen» und andere ermutigen, zum Leben haben.» So lautet der Slogan der diesjährigen ebenfalls etwas zu erzählen. Ökumenischen Kampagne. Wir werden aufgefordert zur Veränderung. Aufgefordert, uns zu wandeln. Neues auszu- Ideen: probieren. Neues, das ja da und dort bereits aufbricht. – Tauschen oder ausleihen statt kaufen «Seht, ich schaffe Neues, erkennt ihr es nicht?», schreibt – «Sälber gmacht isch bsunders guet» Jesaja (43,19a). Das Neue: Es wächst. Und es ist an uns, – Gemüse selber anbauen/Urban Gardening dieses Neue zu erkennen. Was ist dieses Neue, das wir er- – Generationen leben zusammen/neue Wohnmodelle kennen sollen? – Klima schonen und geniessen: Ferien in der nahen Umgebung Lesung – Unabhängig auch ohne eigenes Auto Jes 55,1.2.8 (Kauft ohne Geld) 8
Ökumenischer Gottesdienst Variante 2: Einsatz von Filmporträts Gebet Menschen aus dem Süden erzählen, welcher Wandel bei «Seht, ich schaffe Neues, schon spriesst es, ihnen nötig ist, damit sich ihr Leben verbessert. Menschen erkennt ihr es nicht?», rufst du uns zu, guter Gott. aus der Schweiz berichten, was ihnen Wandel bedeutet Darum bitten wir dich: und wie sie ihn umsetzen. Die Kurzfilme (2–3 Min.) stehen Schenke uns Augen, die das Neue erkennen als Download zur Verfügung: das da und dort am Wachsen ist. www.sehen-und-handeln.ch/filme Schenke uns Hände, die Neues wagen und anpacken. Schenke uns Füsse, die Schritte tun auf andere zu. Variante 3: Vorstellung Tauschprojekte Schenke uns ein Herz, Beispiel aus der Schweiz: Pumpipumpe das sich berühren und bewegen lässt von dem, Das Projekt Pumpipumpe setzt sich für einen bewussten was geschieht in dieser Welt. Umgang mit Konsumgütern und mehr soziale Interaktion in Lass uns zu «verrückten» Menschen werden, der Nachbarschaft ein. Das Leihen und Ausleihen von Din- die glauben, dass «Kauft ohne Geld!» möglich ist. gen, die man nur selten braucht, wird so gefördert. Öffne durch uns eine Tür zu einer neuen anderen Welt, Die Idee dahinter: In jedem Haushalt befinden sich Werk- in der alle Menschen genug zum Leben haben. zeuge, Küchengeräte, Produkte für Freizeit und Unterhal- Dieser grosse Wandel braucht den Beitrag aller: tung und vieles mehr das man nur selten braucht und ger- uns als Einzelne, uns als Gemeinschaft, ne netten Menschen ausleiht. Gleichzeitig ist man die Verantwortlichen in Kirche und Politik. manchmal froh, sich Dinge, die man nur ab und zu benö- Bitten wir um diese Bereitschaft im tigt, einfach kurz auslzueihen. gemeinsamen Unser Vater/Vater unser. Ziel des Vereins Pumpipumpe ist es, diese Dinge sichtbar zu machen. Das geschieht mit Stickern am Briefkasten, wo Impuls zum Handeln: Markt ohne Geld Nachbarn und Quartierbewohner täglich vorbeigehen. Sie Was könnten Sie anderen anbieten, mit anderen teilen? können so direkt miteinander in Kontakt treten, sich Velo- Beim Apéro liegen Zettel auf. Wer will, darf sein «Angebot» pumpe, Akkubohrer oder ein Fondue-Set ausleihen, lernen mit Name und Telefonnummer notieren und an eine Pin- sich auf diese Weise besser kennen und müssen weniger wand hängen. Wer von einem Angebot Gebrauch machen Geräte kaufen. Einen Überblick über Dinge, die ausgelie- möchte, nimmt den entsprechenden Zettel mit und meldet hen werden können, gibt es auch unter sich bei der anbietenden Person. www.pumpipumpe.ch. Die Pinwand über längere Zeit stehen lassen, sodass im- Beispiel aus Indien: Reissparkassen mer wieder neue Angebote gemacht werden können. Die indigene Bevölkerung im indischen Bundesstaat Jhark- hand, die Adivasi sind auf Lohnarbeit bei Grossgrundbesit- Lied zern angewiesen. Weil das oft nicht zum Leben reicht, neh- RG 835/KG 229/CG 896, Gib uns Weisheit, oder men sie bei ihren Arbeitgebern auch Kredite auf. Da die RG 795/KG 509/CG 822, Sonne der Gerechtigkeit Zinsen horrend sind, müssen die Familien ihre Kredite abarbeiten und sind schliesslich Schuldknechtschaft ge- Segen fangen. Gott schafft Neues. Hier und jetzt. Marsal Vikas Kendra, eine Partnerorganisation von Fasten- Weisheit und Mut mögen uns bewegen, opfer, unterstützt die Adivasi. Dank gemeinsamen Spar- damit wir Teil des Wandels werden. kassen, in die Dorfbewohner regelmässig Reis oder Geld Weisheit leite uns, einlegen, reduziert sich ihre Abhängigkeit, weil sie sich in auf dass wir ungeahnte Möglichkeiten erkennen. Notfällen – wenn kein Essen im Haus ist oder ein Kind Mut erfülle uns, plötzlich krank wird – gegenseitig aushelfen können. Sind auf dass wir neue Wege wagen, die Familien entschuldet, schliessen sie sich mit andern hinein in eine Welt, in der alle genug zum Leben haben. Gruppen zusammen und können sich gemeinsam für ihre weiteren Anliegen einsetzen, zum Beispiel den Schulbe- Musik such der Kinder. Im Anschluss an den Gottesdienst Markt ohne Geld und Musik Apéro 9
Jugendgottesdienst Wie aus weniger mehr wird Andreas Nufer besteht die Möglichkeit, Testimonials von jungen Men- Reformierter Pfarrer, Bern schen, die fasten, einzuspielen, den Link dazu finden Sie auf der Website. Jan Tschannen Brot für alle Lied rise up 153, Oh freedom, oder rise up 2, Wo Menschen sich vergessen Vorbereitung Den vollständigen Gottesdienst finden Sie unter Dank www.sehen-und-handeln.ch/feiern Jede/r scheibt auf einen Zettel, welche Dinge er oder sie besonders gern mag. Die Zettel können auf Stellwänden, Eine möglichst breite Vielzahl von Dingen oder Symbolen dem Abendmahlstisch, Altar oder Taufstein abgelegt wer- wird sichtbar auf einen Tisch vorne in der Kirche gelegt, den, dazu Musik. deren Verzicht sich später anbietet. Zum Beispiel Zigaret- ten, Wasserpfeife, Burger- oder Dönerbox, Handy, Tablet, Ich danke Dir, Gott, für alles Schöne und Gute. Ich danke Fernseher, Bierkiste, Kopfhörer oder Boombox, Schmink- Dir für alles, was ich geniessen kann und was das Leben kasten, Minirock, schicke Schuhe, Zeitung usw. Die Ge- schöner macht. Ich danke für all die Dinge, die ich nicht genstände können mit Spotlights gezielt beleuchtet wer- unbedingt zum Leben brauche, die mir aber Freude berei- den. Vielleicht stehen sie gar auf kleinen Sockeln. ten. Ich danke Dir für alle guten Tage und schönen Mo- mente. Ich danke Dir für alle Köstlichkeiten, für den Ge- Eröffnungssong nuss, für Gaumenfreuden, Augenweiden, Ohrenschmaus, Disarstar – Konsum Spiele und alle Annehmlichkeiten. YouTube: goo.gl/q3Rh5W Die Jugendlichen können je nach Gruppengrösse auch am Eröffnung offenen Mikrofon ihren Dank einzeln aussprechen. Jugendliche begrüssen die Gottesdienstbesuchenden und stellen Thema und Ziel vor. Dabei wird angekündigt, dass Lied am Ende des Gottesdienstes die Möglichkeit besteht, sich rise up 7, We give you thanks, oder selbst für einen eigenen Verzicht zu entscheiden. Es rise up 106, Ich lobe meinen Gott 10
Jugendgottesdienst Aufgabe Handzeichen meldet, kann an einem kabellosen Mikrofon, Eröffnungsfrage: Warum um Gottes willen verzichtet je- das in der Kirche herumgereicht wird, darauf reagieren. mand freiwillig auf etwas, das er oder sie mag? Ist das nicht unlogisch? Move 3: See The Kingdom Kurzer Austausch unter den Jugendlichen. Voices holen. Text auf der Website Beispielhafte Antworten auf der Website. Song Predigt The Black Eyed Peas – Where Is The Love? Lesung YouTube: goo.gl/AHGEkA Mt 6,19.25–26.28–29.31–33 Fürbitte Lied Frage: Was hat Verzichten mit Gerechtigkeit zu tun? rise up 65, Suchet zuerst Gottes Reich, oder rise up 102, Wir haben Gottes Spuren festgestellt Bezug zu Verzicht aus Mangel von Armutsbetroffenen welt- weit machen. Bewusst einfache Gebetstexte durch Predi- Move 1: Enjoy Life! ger oder Vorbereitungsgruppe vortragen, Teilnehmende Jesus predigt über die Sorglosigkeit. Mit ganz einfachen können nach vorne kommen und für ihre Fürbitte eine Ker- Beispielen zeigt er, wie wenig es nützt, wenn jemand sich ze anzünden. Beispiele auf der Website. Sorgen macht um die nächsten Tage. So wie die Vögel einfach so zu essen bekommen und die Blumen einfach Unser Vater so schön sind, sollen wir darauf vertrauen, dass Gott sich um uns kümmert. Wir sollen uns von den Sorgen um die Lied Zukunft nicht klein machen lassen. Die Sorglosigkeit führt rise up 169, Sing Hallelujah to the Lord uns in den Moment, in dem wir leben, in die Gegenwart. Wer nicht zu viele Sorgenfalten auf der Stirn hat, spürt Abschlussritual mit Fastenversprechen leichter, dass Gott ihn begleitet. Wer sich nicht von Sorgen Siehe Website fertigmachen lässt, wird frei und unbeschwert. So lässt sich gut leben. Sendung und Segen Heisst das nun, dass ich völlig sorglos nur noch Spass ha- Geh in die Welt, frisch, frei, fröhlich. Du bist gesegnet, Gott ben soll? YOLO! You only live once! Also let’s party ohne ist bei dir, es wird dir nichts fehlen. Ende? Song Move 2: Set Yourself Free Pharrell Williams – Happy Frage: Wer von euch nutzt einen dieser Gegenstände? YouTube: goo.gl/LvDGXQ Und kennst du das: Eigentlich möchtest du es vielleicht gar nicht unbedingt, aber es ist einfach stärker als du? Du weisst, du brauchst es eigentlich gar nicht, du hast gerade keinen Hunger, einfach Lust halt; der Kleiderschrank ist eh übervoll, aber alle tragen das jetzt; oder draussen ist Verzichtfasten schönes Wetter, aber du schaust trotzdem auf einen Bild- schirm, einfach aus Gewohnheit? Das Thema Verzichtfasten wird auch im Oberstufen- Du bestehst aus Fleisch und Blut, aus Sehnen und Kno- baustein im WH lernen auf S. 10 aufgegriffen. Der Ju- chen, Muskeln, du hast ein Hirn und ein Herz. Warum ist gendgottesdienst und der Oberstufenbaustein können so ein Gegenstand, der das alles nicht hat, manchmal ein- ergänzend zueinander durchgeführt werden. fach stärker als du? Durch das Eintragen des Verzichts auf einer Online- Hier folgt entweder ein gespielter Input der Predigerin, des plattform wird er Teil einer grösseren Bewegung. Ne- Predigers (Variante A) oder ein kurzes, vorbereitetes Thea- ben www.timeoutschweiz.ch gibt es dazu die Platt- ter einiger Jugendlicher (Variante B). Ziel: Die Gegenstän- formen www.40-tage-ohne.ch in der Region St. de werden «lebendig» und beginnen zu sprechen. Einen Gallen oder www.flimmerpause.ch für Handy- und Textvorschlag für beide Varianten finden Sie auf der Web- Fernsehverzicht. site. Nach einigen Beispielen werden die Jugendlichen aufgefordert, den Stimmen zu antworten. Wer sich per 11
Impuls zum Hungertuch Ich bin, weil du, Erde, bist Rita Gemperle weil du, Erde, bist. Eine Ahnung der Verbundenheit mit al- Fastenopfer lem und allen wird spürbar. Diese Ahnung hat es zu allen Zeiten und in allen Kulturen gegeben. In den Schriften der Weltreligionen, also auch in biblischen Texten, hat sie ih- «Ich bin, weil du bist.» Mit diesem afrikanischen Sprich- ren Ausdruck gefunden. In unserem Kulturkreis aber wur- wort betitelt der Künstler Chidi Kwubiri das Hungertuch. de dieses Verständnis immer mehr von einer dualistischen Es bringt eine Lebensphilosophie aus afrikanischen Kultu- Weltsicht verdrängt, in der der Mensch nicht Teil der Na- ren zum Ausdruck: Als Menschen sind wir Teil eines Be- tur ist, sondern ihr gegenübersteht. Heute gibt es auch in ziehungsnetzes und ganz grundlegend aufeinander ange- der Naturwissenschaft Stimmen, die sagen: Alles, was ist, wiesen. steht in Wechselwirkung mit seiner Umgebung. Nichts kann für sich oder aus sich selbst existieren. «Ich bin Le- Das Bild besteht aus Hunderten von grösseren und kleine- ben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will», ren Punkten in unterschiedlichen Farbnuancen, in langer hat Albert Schweitzer diese wechselseitige Verbundenheit Arbeit mit dem Pinsel getropft und gespritzt. Auch die beschrieben. Heute können wir wieder in dieses Bewusst- Menschen werden aus diesen Punkten gebildet: Sie wer- sein hineinwachsen: Wir sind ein Teil des Ganzen und alle den von den gleichen Elementen hervorgebracht, die sie sind miteinander verbunden und aufeinander angewiesen. auch umgeben. So sind sie Teil des Ganzen, verbunden Eine Erfahrung, die wir nur mit dem Herzen begreifen. Le- mit dem, was sie umgibt. ben in und erleben der Natur können uns helfen zu entde- cken: Um zu atmen, brauche ich nicht nur meine Lunge, Verstehe ich mich auch so? Bin ich ein mit vielen anderen sondern auch den Wald. Und das Wasser des Flusses ist verbundener Teil eines grösseren Ganzen? ebenso wichtig wie das Blut in meinen Adern. Ja – das bin ich! Ich bin Sternenstaub. Zusammen mit allen Die Ökumenische Kampagne fordert uns auf, Teil des mich umgebenden Lebewesen und wie das ganze Univer- grossen Wandels zu werden. Das Bewusstsein der ge- sum. Die Atome, aus denen ich gebaut bin, stammen aus genseitigen Verbundenheit alles Lebendigen ist einer der dem Inneren der verloschenen Sterne. So betrachtet bildet Grundbausteine, die für diesen Wandel nötig sind. Lassen das Hungertuch eine gleichermassen naturwissenschaftli- wir uns einbinden in diesen Wandel, in die vielen grossen che als auch religiöse Sicht ab: Der Kosmos trägt mich und und kleinen Verbindungen, die unser Leben so kostbar ich trage den Kosmos in mir. Ich bin, weil du bist. Ich bin, machen. Materialien zum Hungertuch Das Hungertuch ist als Stoff- druck in Gross- und Kleinformat und als A4-Papierdruck mit Bildbeschrieb auf der Rückseite erhältlich. Das ganze Bild und einzelne Bildausschnitte stehen zum Download bereit unter www.sehen-und-handeln.ch/ hungertuch. Dort finden Sie auch eine Ein- führung zum Hungertuch sowie das Meditationsheft «Das Ende der Reden» mit Tex ten von Jacqueline Keune. Das Misereor-Hungertuch 2017: «Ich bin, weil du bist» von Chidi Kwubiri © Misereor 12
Impuls zum Kampagnenplakat Dein Lachen ist mein Lachen Fabio Carrisi Reformierter Pfarrer, Nidau Ein kurzer Blick auf das Plakat mit der lachenden Frau, die einen Korb auf ihrem Haupt trägt, genügt, und ich weiss augenblicklich, aus welchem Kontinent die Trägerin stammt. Bilder von einer Welt, die weit weg von meiner liegt, beginnen vor meinem geistigen Auge aufzutauchen. So gesehen bleibt dein Lachen, liebe Fremde, dein La- chen. Dann frage ich mich, aus welchen Umständen heraus wohl ein solch fröhliches Strahlen entsprungen sein mag. Ich ha- be eine leise Vermutung. Wer schon einmal in Afrika war, kennt es, man trifft dort viele lachende Gesichter. Trotz und gerade inmitten von bitterster Armut. Die Frau auf dem Bild lacht. Es ist ein ansteckendes Lachen, wie ich finde. Und gleichzeitig hofft man nach all der Erfahrung in der weiten Welt, dass der Korb auf ihrem Kopf gänzlich gefüllt sein möge. Wir wissen es, aus vielen Teilen der Welt springt uns zwar Lachen entgegen – dahinter aber verbirgt sich knur- render Hunger. So gesehen denke ich jetzt, ist dein Lachen ein trotziges Lachen gegen unseliges Leid. «Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan» (Mt 25,40). Ich erinnere mich an die bekannten biblischen Worte, die in meinem hektischen All- tag oft untergehen. Verständlich bei den vielen Verpflich- Augen, der lachende Mund. Es ist der Einsatz von vielen, tungen, die wir haben. Dennoch klingen diese markanten der ein solches Lächeln aufs Gesicht zaubert. Bewegt Worte nach, während ich das Bild betrachte. Jesus fordert durch Gottes grosszügiges Herz lässt sich sein Volk bewe- uns auf, Fremde – womöglich aus den entferntesten Win- gen und setzt eine Veränderung in Gang. keln der Erde – als Geschwister zu sehen. So, als ob die Distanz nur rein geographisch wäre. Dennoch stehen wir So glaube ich, kann dein Lachen das Lachen unserer Ver- mit ihnen in engster Verbindung wie mit Verwandten. Auf änderung sein. diese Weise werden wir zu einer Art Familie. Plötzlich ha- ben wir durch Gottes Wort eine gemeinsame Welt. Ich bin eine oder einer von vielen. Es liegt auch an mir, ob wir genug zusammenbekommen für eine Welt, in der wir alle So gesehen, liebe Schwester, spüre ich nun, wird dein La- genug zum Leben, genug zum Lachen haben. Wer will denn chen zum göttlichen Lachen. nicht Teil eines solch riesigen Lachens sein? Ich auf alle Fälle sehne die Veränderung herbei und mache mich auf den Beim zweiten Blick auf das Bild zeigt sich: Es sind viele Weg. Mit dem Wissen, dass unser erster Schritt stets ein Menschen, die unsere Schwester da zum Lachen bringen. Schritt des Glaubens ist, der – so die Verheissung – Berge Sie kommen aus allen Richtungen zusammen und formen versetzen kann. Ich werde ihn mit einem Lächeln tun. ihr Bild. Sie stehen zusammen für etwas Grösseres. Etwas, wofür sie alleine zu klein wären, aber durch die vielen wird Dann, liebe Schwester, wird dein Lachen zu meinem es möglich: Der volle Korb mit Früchten, die leuchtenden Lachen. 13
Baustein Ökospiritualität Mit der Erde verbunden Anne-Christine Menu Bleistift. In einem Moment der Besinnung erinnern sie sich Pfarrerin in Genf an etwas, das sie mit Freude erfüllt hat. Sie notieren dies in wenigen Worten des Lobpreises: «Ich danke für ...» Die Michel Maxime Egger Blätter werden in einem Korb gesammelt und gemischt. Brot für alle Anschliessend ziehen alle einen der beschriebenen Zettel. In einem Moment des gemeinschaftlichen Lobpreises – die Teilnehmenden stellen sich wenn möglich in einem Kreis Der Wandel in der Welt setzt einen inneren Wandel auf – lesen alle die Worte der Dankbarkeit, die sie erhalten voraus. Die Wiederbelebung der Beziehung zu ande- haben, laut vor. ren, zur Erde, zum Göttlichen und zu sich selbst steht dabei im Zentrum. Gebet Gott, möge es uns gelingen, deine ganze Schöpfung, die Dieser Vorschlag orientiert sich am Ansatz der amerikani- Erde und jedes Sandkorn, das sie enthält, zu lieben. Möge schen Ökophilosophin Joanna Macy. Die vier Schritte kön- es uns gelingen, jedes Blatt und jeden Funken deines Lich- nen zusammenhängend als Ganzes durchgeführt oder in tes zu lieben. (Fjodor Dostojewski) verschiedenen Feiern einzeln umgesetzt werden. Unseren Schmerz für die Welt anerkennen Sich in der Dankbarkeit verwurzeln Es geht darum, die Zerstörung der Natur, die tagtäglich Es geht darum, sich vom andauernden Wunder des Le- stattfindet, anzuerkennen und unsere Emotionen ange- bens begeistern lassen. Sich für alles zu bedanken, was sichts dieser Probleme ohne Urteil anzunehmen: Trauer, uns in jedem Moment geschenkt ist: die Luft, die Pflanzen, Wut, Angst, Ohnmacht, Schuld. In diese Gefühle einzutau- unsere Mitmenschen, Gott. Dankbarkeit bedeutet, sich in chen, ist eine Bedingung, damit uns der Verlust wirklich be- den Lauf des Kosmos und der Geschichte einzureihen, rühren kann. Seinen eigenen Schmerz für die Erde zu spü- sich einzuschreiben in den Zyklus des Empfangens und ren und zu teilen, bedeutet, einen Raum zu eröffnen, in dem des Gebens. Mitgefühl und Solidarität zum Ausdruck kommen können. Liedruf: Laudate omnes gentes (Taizé) Liedruf: Kyrie Lesung Lesung Ps 19 Ps 86 Liedruf: Laudate omnes gentes (Taizé) Liedruf: Kyrie Lesung Lesung 1 Thess 5,16–18 Lk 22,39–46 Symbolhandlung: Teilen der Dankbarkeit Symbolhandlung: Tränen – Quellen des Lebens Material: Blätter A6, Bleistifte, Korb Material: eine mit Wasser gefüllte Schüssel, eine Topfpflan- Die Teilnehmenden nehmen ein Blatt Papier und einen ze oder Erde mit Samen 14
Baustein Ökospiritualität Die Teilnehmenden sind dazu eingeladen, in einem Mo- Gebet ment der Stille dem Schmerz für die Erde und für alles, was Wenn du am Morgen aufstehst, danke für das Licht des Ta- sie bewohnt, nachzugehen und zu begegnen. Nach eini- ges, für dein Leben und deine Kraft, danke für die Nahrung gen Minuten wird die Schüssel mit Wasser herumgegeben, und für das Glück, zu leben. alle tauchen ihren Finger ins Wasser und sagen – leise für (Tecumseh, Stammesführer der Shawnee) sich oder auch laut: «Ich vergiesse Tränen für ...» Am Schluss wird das Wasser über die Pflanze oder über Vorwärtsgehen die Samen gegossen. Auf diese Weise werden die Tränen Es geht darum, zu entdecken, was wir ganz praktisch tun zu einer Quelle des Lebens. Die Teilnehmenden können die können, um an der Selbstheilung des Planeten und an der Wasserschüssel in einer kleinen Prozession zu der Pflanze Umgestaltung hin zu einer Gesellschaft, die das Leben för- bringen und sich im Kreis um diese aufstellen. dert, teilzuhaben. Dieses Engagement wird tiefgehend und nachhaltig sein, wenn es unseren tiefen Hoffnungen folgt. Gebet Nur ein starker Wunsch, eine Vision, die uns entflammt, Oh Gott, du bist der unergründliche Ursprung des Frie- kann uns die Kraft und die Entschlossenheit geben, um die dens, der unaussprechliche Ozean der Liebe und die Quel- Hindernisse zu überwinden, die auf unserem Weg auftau- le der Gnade. Tränke uns im Strom der reichlichen Fülle chen werden. deiner Gnade. (Clemens von Alexandrien) Liedruf: Dans nos obscurités (Taizé) Mit neuen Augen sehen Es geht darum, unser Leben in einer umfassenderen Ge- Lesung schichte als in den gegenwärtigen Problemen zu verankern Dtn 30,19–20 und dabei die verborgenen Tiefen unserer Identität zu ent- decken. Diese Identität bezieht die Evolution des Planeten Liedruf: Dans nos obscurités (Taizé) und das ganze Netz des Lebens mit ein. Dieses Bewusst- sein der inneren Zusammenhänge vertieft unsere Verant- Symbolhandlung: befreiende Einfachheit wortung für die Welt und die zukünftigen Generationen. Material: ein Mülleimer voller Gegenstände, die den um- weltbelastenden Überkonsum verkörpern (Petflaschen, an- Liedruf: Veni Creator (Taizé) dere Plastiksachen, z. B. Shampooflaschen, Plastiksäcke, Flugtickets usw.), Notizzettel A6, Bleistifte, ein grosses Lesung Kreuz Gen 1,11–13.29–31 Die Teilnehmenden überlegen, was sie tun können, um ih- ren ökologischen Fussabdruck zu verkleinern. Sie schrei- Liedruf: Veni Creator (Taizé) ben ihren Vorsatz auf oder stellen ihn mithilfe eines Gegen- standes dar. Sie legen ihre Selbstverpflichtung unter das Lesung Kreuz und sagen dabei entweder mit lauter Stimme oder Lk 24,13–16.28–32 auch leise in ihrem Herzen: «Für die Erhaltung der Schöp- fung reduziere ich meinen Konsum von …» oder «Ich habe Symbolhandlung: das geteilte Brot mich entschieden zu …» Material: Korb mit Brotstücken Der Leiter/die Leiterin lädt die Teilnehmenden ein, zu zweit Gebet ein Stück Brot zu holen. Zurück an ihrem Platz tauschen sie Gott, du hast uns deine Schöpfung anvertraut. In deinen sich aus über folgende Fragen: Woran denkt ihr, wenn ihr Augen ist sie sehr gut. Segne all unsere Handlungen zu ih- dieses Stück Brot betrachtet? Was löst es in euch aus? rem Schutz und jede Entscheidung, die wir treffen, um sie Der Austausch schliesst mit einem Segensgebet, das an zu schützen und ihre Vollendung zu ermöglichen. die Verbundenheit allen Lebens erinnert: «Gepriesen bist du Gott für dieses Brot, Frucht deiner Schöpfung und der Schlusssegen menschlichen Arbeit: Gepriesen bist du für die Erde, die Möge der Heilige Geist euch in euren Vorsätzen stärken, das Getreide getragen hat, für die Würmer und die Bakteri- Christus euch auf eurem Weg begleiten und Gott euch bis en, die sie fruchtbar machen, für die Sonne und den Re- zu unserem Wiedersehen in seinen Händen halten. gen, für jedes Samenkorn, für die Geduld des Bauern, für (Gälischer Segensspruch) die Hände des Bäckers …» Die Teilnehmenden brechen das Brot und teilen es. 15
Kolumne zu 2.Kor 8-9 «Wollen wir es wissen?» Ulrike Henkenmeier «Wir konnten es so genau nicht wis- alle willkommen mit dem, was sie ha- Christkatholische Pfarrerin, Zürich sen» – wahrscheinlich gibt jede Gene- ben, und es spielt keine Rolle, was sie ration diese Antwort. Und meint, da- nicht haben. Denn es geht nicht dar- mit davonzukommen. Die sogenannte um, dass ihr in Not geratet, indem ihr Wer in der Vergangenheit wühlt, sollte Unübersichtlichkeit der Welt dient anderen helft, es geht um einen Aus- sich auf Überraschungen gefasst ma- gerne als willkommene Entschuldi- gleich.» (2 Kor 8,12f.) chen. Wer fragt, muss auch mit den gung und nimmt uns scheinbar aus Antworten leben können. Und Ant- der Verantwortung. Nur um einen Ausgleich ginge es. worten können auch enttäuschen. Wegsehen wird dabei aber nicht hel- Allein, das stimmt so nicht. Die Welt fen. Wir wollen nichts wissen von den Fragen wir die Generation der Eltern ist nicht unübersichtlicher geworden – Ursachen der Kriege, des Klimawan- und Grosseltern nach dem Krieg, wenn wir genau hinsehen, bereit sind, dels, der Armut? Wie steht es denn kommen gerne ausweichende und das Bittere auszuhalten und uns nicht um das Angebot, das Gott immer vage Antworten. Zum Beispiel so: gleich wieder ablenken zu lassen, wieder erneuert, um seine Verheis- «Was da genau ablief, konnten wir lässt sich auch anderes erkennen: sung einer gerechten Welt? Wollen nicht wissen.» Dass so viele Men- dass sich Schlechtes auch zum Gu- wir auch davon nichts wissen? Paulus schen in Deutschland über das Ver- ten wandeln kann, dass Veränderung hilft uns nochmals zu erinnern: «In schwinden von Tausenden von Juden möglich ist. Im ersten Moment scheint seiner Macht kann Gott alle Gaben und Jüdinnen nichts gewusst, dass das vielleicht anstrengend, längerfris- über euch ausschütten, sodass euch die Schweizer Banken die Herkunft tig ist es aber eine Chance. Denn die allezeit in allem das Nötige ausrei- der Gelder nicht gekannt haben sol- Welt ist vielfältig. Und Umkehr, so un- chend zur Verfügung steht und ihr len – all diese Antworten haben nie sere Hoffnung, ist jederzeit möglich. noch genug habt, um allen Gutes zu wirklich überzeugt. Ein erfülltes Leben, Gerechtigkeit und tun.» (2 Kor 9,8f.) Frieden. Im Quar tier mit fremden Bei solchen Gedanken schiebt sich Nachbarn, vielleicht beim gemeinsa- Es geht um einen Ausgleich in Gottes bei mir schnell eine unbequeme Frage men Essen. Die Geschichte der ande- Namen, nicht um mehr und nicht um dazwischen. Was, wenn wir mal ge- ren hören, hinsehen. Klingt gut, nicht? weniger. fragt werden? Wusstest ihr denn nicht von den Finanzflüssen der Kriege, Die biblischen Texte sind reich an Bil- von den Ursachen von Terror und Ge- dern einer anderen Welt. Und diese walt? Wie konntet ihr wegsehen und andere Welt will immer wieder neu ignorieren, dass Klima, Hunger und verwirklicht werden. Paulus ermutigt Flucht mit der gierigen Wirtschafts- uns im 2. Korintherbrief: «Wenn näm- ordnung zu tun haben? lich der gute Wille da ist, dann sind 16
Predigt zum 1. Fastensonntag Ringen um Wandel Predigttext: Mk 1,12–15 Wie können wir widerstehen, wie kön- nen wir uns engagieren für den Wan- del, zu dem die diesjährige Ökumeni- sche Kampagne ermutigt? Vielleicht indem wir akzeptieren – so wie uns der Lesungstext zeigt –, dass es kei- kann. Weil das aber erst nach einer Marie Cénec nen Frieden oder keinen Einklang ge- Zeit des Ringens wahr wird, erleben Reformierte Pfarrerin, Genf ben kann ohne ein vorheriges Ringen wir vorerst kleine Siege, kleine Mo- darum. So wie bei der Prüfung Jesu mente der Geschwisterlichkeit und zu Beginn seines Wirkens. Der Heilige des beruhigten Aufatmens. Diese Mo- Dem Text der Versuchung in der Wüs- Geist trieb ihn in die Wüste. Dasselbe mente tragen den Vorgeschmack des te wohnt ein Vorgeschmack auf das griechische Verb, das hier für die Füh- Paradieses und werfen uns in die Ar- Paradies inne. Jesus wird in der Er- rung durch den Geist in die Wüste me der Hoffnung. zählung als neuer Adam vorgestellt, verwendet wird, wird auch für die Be- der im Gegensatz zum ersten Men- schreibung der Austreibung von Dä- Ähnlich wie Jesus von der Ankunft schen aber nicht der Versuchung er- monen oder auch für die Vertreibung des Reich Gottes predigte, können wir liegt, sondern gestärkt daraus hervor- Adams aus dem Garten Eden verwen- heute davon zeugen. Es ist an uns, geht. Darauf deuten die wenigen det. unsere kleinen Siege mitzuteilen, an Worte hin: «Er lebte bei den wilden uns, daran zu erinnern, dass überall Tieren und die Engel dienten ihm.» Für den Rückzug in die Wüste braucht Alternativen und solidarische Initiativen es also Entschiedenheit. Dem Mo- aufblühen: zum Beispiel Gemüsegär- Jesus scheint im Einklang mit der ment der Initiation Jesu, der sich auf ten in Städten, die die Dominanz des Tierwelt zu sein. Ganz anders, als es sein öffentliches Wirken vorbereitet, Zementes aufbrechen. Denn Men- die Gefahr annehmen lässt, die von geht ein kraftvoller Entscheid voraus. schen engagieren sich und schliessen den wilden Tieren ausgeht. So als hät- Es gibt immer einen entscheidenden sich zusammen, um neue Werte zu te er den Garten Eden wiedergefun- Moment, in dem man sich einen Ruck verbreiten, eine neue Welt vorzuberei- den. Dieses friedliche Zusammenle- geben muss, um sich zu lösen, einzu- ten. Vielleicht kein Paradies, aber eine ben kann als eine Vorwegnahme der tauchen und die notwendige Energie Welt, in der ein gutes Leben möglich endgültigen Versöhnung mit der Natur zu finden. Um der Trägheit zu entflie- ist, für Menschen, Tiere – für alles, und der Welt, als eine endzeitliche hen, um das Herz mit Neuem zu fül- was Odem hat. Verheissung des Friedens und der len. Oft werden wir doch in unsere Zu- Versöhnung verstanden werden. Aber kunft «geworfen» – und um im Geiste wie kann diese Verheissung in unserer lebendig zu bleiben, haben wir keine Welt gehört werden – in einer Welt, in andere Wahl, als diesen kräftigen Im- der der Mensch dem Menschen oft puls anzunehmen. zum Wolf wird und der Tierwelt ge- genüber als manchmal erbarmungslo- Niemand kann bestreiten, dass es an- ses Raubtier auftritt? strengend ist, sich auf Veränderung einzulassen, die eigene Sicht- und Le- bensweise infrage zu stellen und die ungerechten Mächte dieser Welt an- zufechten. Aber: Es lohnt sich. Es lohnt sich, seine Kräfte im Glauben an eine bessere Zukunft zu entfalten, es lohnt sich, daran zu glauben, dass ei- ne Menschheit, die mit Gott und der Natur versöhnt ist, Realität werden 17
Predigt zum 2. Fastensonntag Wandel ist möglich Predigttext: Mk 9,2–10 und der die Gesetzestafeln auf dem Sinai beschrieben hat, der sein Volk unter Gefahren und Verwirrungen an die Grenze des Gelobten Landes ge- führt hat. Was mag er wohl zu Jesus gesagt haben? Hören wir auf seine Andreas Baumeister Geschichte, beginnt er zu reden: Pastoralassistent, Aesch BL «Befrei dich von den Mächten, die Totgeglaubtes in eurem Leben nicht dich unterdrücken. Wende dich Gott ab, füllt Abgestorbenes mit neuem Drei Lichtgestalten auf dem Berg im zu und vertrau darauf, dass Gott sich Leben! Lasst euch hin und wieder Schatten einer Wolke. Nahezu ent- in unserem Leben zeigt. Lass dich von euren Träumen und Visionen in rückt, fast übermenschlich. So kom- nicht von Schwierigkeiten und Hinder- den Himmel tragen – haltet an ihnen men uns Jesus, Mose und Elias in der nissen aus der Fassung bringen. Es fest.» heutigen Verklärungsgeschichte ent- lohnt sich, das Ziel, das Entscheiden- gegen. Petrus, Jakobus und Johan- de im Leben nicht aus den Augen zu Mose und Elias beflügeln die Hoffnung nes werden Zeugen einer einzigartigen verlieren.» Jesu. Sie können auch unsere Hoff- Begegnung, die sie so überwältigt, nung beflügeln, auf eine menschliche- dass Petrus sie am liebsten festhalten Mose verkörpert die Zuversicht, dass re Welt, in der alle Platz und in der alle möchte. Und aus der Jesus verwan- Wandel in dieser Welt möglich ist. Also genug haben, und die Hoffnung dar- delt und in seiner Rolle als Sohn Got- auch heute, auch in unserem eigenen auf, dass es sich lohnt, sich dafür ein- tes bestätigt seinen schwierigen Weg Leben. Wenn wir uns von Unterdrü- zusetzen. Verwandlung ist möglich! nach Jerusalem fortsetzen kann. ckung befreien, auf Gottes Gegenwart Die Verwandlung unserer Herzen und bauen und dabei das Gelobte Land die Verwandlung unserer Welt. Engelsgleich steht Jesus auf dem nicht aus den Augen verlieren. Wenn Tabor zwischen Mose und Elias vor wir uns als einzelne oder als Kirche Trauen wir unserer Fähigkeit, uns ver- uns – in ein weisses Gewand gehüllt, nicht mehr äusseren Zwängen anpas- ändern zu lassen. Wenn wir unsere herausgehoben und gestärkt von der sen, wenn wir uns in unseren Familien, Schwächen annehmen, aber auch mit göttlichen Kraft dieses besonderen in unserer Gemeinschaft auf Augen- unseren Talenten wuchern, mit unse- Moments. Angst und Zweifel sind von höhe begegnen, gemeinsam aufbre- ren Gaben; wenn wir das, was uns zu- ihm abgefallen. Alles Schwere und chen und uns von der Liebe leiten las- fällt, entfalten und es in den Dienst der Niederdrückende – selbst das kom- sen, dann wird Wandel möglich. Gemeinschaft stellen, dann können mende Leid – erscheint mit einem Mal unsere Gipfelerlebnisse uns auch in verklärt. Alles Dunkel scheint in Licht Die Hoffnung auf Veränderung beseelt den Niederungen unseres Alltags lei- getaucht, im Moment, in dem er sich auch das Gespräch Jesu mit Elias. Er, ten und uns bestärken: damit Wandel nun den beiden grossen Propheten Is- der wie Jesus 40 Tage in die Wüste möglich bleibt! raels zuwendet. gegangen ist und dort wunderbar er- nährt wurde, der ein Kind von den To- Was mag Mose wohl zu Jesus gesagt ten erweckt hat und am Schluss sei- haben? Mose, der Anführer in grosser nes Lebens in einem Feuerwagen in Not, der sein Volk aus der Sklaverei in den Himmel fuhr. Ägypten herausgeführt hat. Der Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen Auch Elias spricht aus den alten Ge- schichten zu Jesus und zu uns heute: «Es lohnt sich, sich hin und wieder in Stille und Einsamkeit zurückzuzie- hen – das nährt!», sagt er. «Schreibt 18
Predigt zum 3. Fastensonntag Vom Nein zum Ja des Glaubens Predigttext: Joh 2,13–25 einer Markthalle spricht? War es denn nicht das Gesetz, das Opfer vor- schrieb? Lasst uns überlegen: Opfer darzubringen bedeutete ursprünglich Gott mittels eines Tieres der eigenen Herde etwas von sich selbst zu schen- Célestin Kabundi Kabengele ken. Man hatte eine Verbindung zu Mit Jesus gehen wir dagegen noch ei- Katholischer Priester, Lausanne dem Tier, man kannte es, man hatte nen Schritt weiter. Der Tempel, von es grossgezogen und ernährt. Nach dem er spricht, der bald zerstört und und nach waren die Menschen aber in drei Tagen wiederaufgebaut werden Weil das Pessachfest naht, zieht Je- alleine nach Jerusalem gekommen soll, ist nichts anderes als der eigene sus mit seinen Jüngern hinauf nach und hatten dort mit dem eigenen Geld Körper. Die Person nämlich ist der Ort Jerusalem. Wie oft ist er wohl schon ein Tier gekauft. Dabei entstand eine der Gegenwart Gottes. Für Christin- dorthin gezogen? Ohne Zweifel jedes Verschiebung zu dem, was eigentlich nen und Christen wird die Begegnung Jahr. Aber dieses Mal wird alles an- gefordert war. Statt um einen Teil sei- mit Gott nicht dadurch erreicht, indem ders sein. Er trifft im Tempel auf die ner selbst, wie es die Herde eben war, sie irgendetwas von ihrem materiellen Händler – fast ein bisschen so, als ging es um einen Teil seines Besitzes. Besitz geben, sondern indem sie sich würde er sie zum ersten Mal sehen. Diese Verschiebung von der Bezie- selbst hingeben. hung zur gehandelten Ware ist auch Die Szene ist äusserst bemerkens- heute die Wurzel unserer ökonomi- Unser Glaube ist deshalb eine wert- wert. Denn Jesus wird wütend. Diese schen, sozialen und ökologischen Kri- volle Quelle. Er erinnert uns daran, auf Emotion ist nicht immer gerne gese- sen: Denn wo Beziehung zur scheinbar Jesus zu vertrauen und Veränderung hen. Wie der Fall von Jesus zeigt, käuflichen Ware wird, bleibt die göttli- zu wagen. In der Nachfolge Jesu kann kann die Wut aber auch eine wunder- che Kraft der Liebe auf der Strecke. sich jeder hingeben, sich wiederauf- bare Quelle der Energie für eine Ver- bauen und transformieren lassen, um änderung sein. Das Nein der Wut ge- Denken wir daran, welchen Verlust der an der Schöpfung der Welt von mor- gen irgendetwas verwandelt sich in Sinne, des Empfindens diese Entwick- gen teilzuhaben. Und damit für andere ein Ja für ein Engagement. Das ist lung von einer Liebesbeziehung zur zu einem Ort der Begegnung mit Gott auch bei Menschen zu erkennen, die Handelsbeziehungen darstellt. Und zu werden. sich heute für ein gerechteres Wirt- welche Möglichkeit, sich aus der Ver- schaftssystems einsetzen. antwortung zu stehlen, das mit sich bringt. Papst Franziskus spricht von Mit einer Geissel vertreibt Jesus die der «Globalisierung der Gleichgültig- Händler und die Opfertiere. Man kann keit». Niemand würde ein indisches sich die Panik vorstellen. Er schüttet Kind oder eine chinesische Frau töten das Geld aus, wir ft die schweren oder einem chilenischen Bauern sein Holztische um. Es ist erstaunlich, dass Land entreissen wollen. Viele aber las- man ihn so hat schalten und walten sen ihr Geld in Firmen investiert, die lassen. ihre Medikamentenversuche mit Ba- bys in Krankenstationen durchführen, Aber wie erklärt Jesus seine Hand- die Arbeiter und Arbeiterinnen in ihren lung? Und was kann uns das heute Fabriken während 20 Stunden pro Tag noch sagen, wenn er vom Tempel als zur Arbeit zwingen und die die Erde verseuchen, ohne sich um deren Be- wohner zu scheren. Das alles sieht man nicht, aber man nimmt daran teil. 19
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