Feiern 2018 sehen-und-handeln .ch - Sehen und Handeln

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feiern 2018
Feiern 2018 sehen-und-handeln .ch - Sehen und Handeln
Inhaltsverzeichnis

3        Editorial                                                                     Die Ökumenische Kampagne
4        Ökumenischer Familiengottesdienst
                                                                                       stellt sich vor
7        Ökumenischer Gottesdienst
                                                                                      Brot für alle (reformiert) und Fastenopfer (katholisch)
10       Jugendgottesdienst 		                                                        führen seit 1969 jährlich eine Ökumenische Kampag-
                                                                                      ne in den sechs Wochen vor Ostern durch. Seit 1994
12       Impuls zum Hungertuch		                                                      beteiligt sich auch Partner sein, das Hilfswerk der
                                                                                      christkatholischen Landeskirche. Die Ökumenische
14       Impuls zum Kampagnenplakat
                                                                                      Kampagne hat zum Ziel, die breite Öffentlichkeit für
15       Baustein Ökospiritualität                                                    die Ungerechtigkeiten zu sensibilisieren, die weltweit
                                                                                      zu über 800 Millionen Menschen in Hunger und Ar-
16       Kolumne zu 2.Kor 8-9		                                                       mut führen.
                                                                                      Diese Realität zu erkennen, genügt jedoch nicht. Es
         Predigtanregungen                                                            braucht einen grundsätzlichen Wandel hin zu einer
17       1. Fastensonntag                                                             Welt, in der alle genug zum Leben haben. Dafür zei-
                                                                                      gen die drei Werke Handlungsmöglichkeiten auf: Das
18       2. Fastensonntag                                                             eigene Konsumverhalten zu verändern, Menschen in
                                                                                      Südprojekten mit einer Spende zu unterstützen oder
19       3. Fastensonntag			                                                          sich an einer Aktion zu beteiligen – so wird die Öku-
                                                                                      menische Kampagne zum Inbegriff der gelebten Soli-
20       4. Fastensonntag
                                                                                      darität.
21       5. Fastensonntag
                                                                                      www.sehen-und-handeln.ch
22       Gebete
                                                                                      Ökumenische Kampagne 2018:
23       Weitere Angebote                                                             Aschermittwoch, 14. Februar bis Ostersonntag, 1. April

Impressum
Werkheft feiern 2018

Redaktion         Rita Gemperle, Jan Tschannen
Mitarbeit         Andreas Baumeister, Fabio Carrisi,
                  Ulrike Henkenmeier, Andrea-Maria Inauen Weber,
                  Matthias Jäggi, Dorothea Loosli-Amstutz,
                  Andreas Nufer, Verena Sollberger, Judith von Rotz,
                  Rolf Zaugg
                  Marie Cénec, Michel M. Egger,
                  Célestin Kabundi, Anne-Christine Menu
Lektorat          Franziska Landolt, www.1-2-fehlerfrei.ch
Gestaltung        ComMix AG, Kehrsatz
Druck             Stämpfli AG, Bern
Auflage           15 150 Exemplare
Papier            Cyclus Offset, 100 % Recyclingpapier

© Brot für alle, Bern / Fastenopfer, Luzern, Herbst 2017

            Das Label Oecumenica wurde 2009 der Ökumenischen Kampagne
            von Brot für alle, Fastenopfer und Partner sein verliehen. Die Arbeits-            werden Sie unser Fan:
            gemeinschaft der christlichen Kirchen in der Schweiz zeichnet mit dem
                                                                                               facebook.com / sehenundhandeln
            Label vorbildliche ökumenische Projekte aus.

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Editorial

Werde Teil des Wandels!
Liebe Gottesdienst-                               Die Schweiz werde von der Erwär-                  hin oder her, auch Lebensaufgaben
Verantwortliche                                   mung stärker betroffen sein als andere            müssen angegangen werden. Frisch
                                                  Regionen, sagen Experten. Es scheint,             und fröhlich wollen wir das tun. Für
«Es schlägt fünf vor zwölf», hiess es             als ob wir uns hier nicht davonstehlen            Christenmenschen ist sie ja nicht neu,
vor dem Klimagipfel in Paris. Und                 können. Wir sind Verursacher und                  die Umkehr. Aber immer wieder aktu-
seither ist es höchstens heisser ge-              Betroffene zugleich. Also irgendwo im             ell und jederzeit geboten.
worden. Es gibt ihn nicht, den einen              grauen Bereich, in einer Welt, die ger-
Moment, um das Steuer herumzu-                    ne wieder schwarz und weiss zeich-
reissen. Vielmehr wird es eine Le-                nen möchte.
bensaufgabe sein, womöglich für Ge-               «Werde Teil des Wandels!», rufen wir
nerationen.                                       nun in diese Welt hinein. Alarmismus

                                                  Jan Tschannen                                     Rita Gemperle
                                                  Bildung und Theologie,                            Sensibilisierung und Pastoral,
                                                  Brot für alle                                     Fastenopfer

v.l.n.r. Jan Tschannen, Matthias Jäggi, Verena Sollberger, Judith von Rotz, Rita Gemperle, Andrea-Maria Inauen Weber,
Ulrike Henkenmeier, Rolf Zaugg, Fabio Carrisi, Andreas Baumeister
                                                                                                                                            3
Feiern 2018 sehen-und-handeln .ch - Sehen und Handeln
Ökumenischer    Familiengottesdienst
Inhaltsverzeichnis

    Verrückte Ideen
    retten die Welt

Andrea-Maria Inauen Weber
Gemeindeleiterin, Stüsslingen

Matthias Jäggi
Reformierter Pfarrer, Ostermundigen

Noahs Bau einer Arche war ein ziemlich verrücktes              Liturgischer Gruss
Projekt. Der Gottesdienst zeigt, dass verrückte Ide-           Siehe, ich setze meinen Bogen in die Wolken. Dann ge-
en für eine gemeinsame Zukunft auch heute nötig                denke ich des ewigen Bundes, der besteht zwischen mir
sind und ermutigt zur Umsetzung.                               und euch. (nach Gen 9,14)

Vorbereitungen                                                 Hinführung
Den vollständigen Gottesdienst finden Sie unter                Die Liturgin/der Liturge steht unter bzw. beim Regenbogen.
www.sehen-und-handeln.ch/feiern
                                                               Regenbogen sind schön. Sie sind Zeichen, dass Gott die
– Tücher oder Papier zum Darstellen eines Regenbogens          Menschen, die Tiere und die Pflanzen gern hat. Er wünscht
–	Für die Herstellung der Kordeln der Bundesbändeli: Garne    sich die Welt nicht grau in grau, nicht schwarz-weiss, er
   in den sieben Regenbogenfarben; zugeschnitten in 5 m        wünscht sich sie bunt.
   lange Stücke (pro Person 1 Garnfaden) sowie Stifte und      Das Zeichen des Regenbogens stammt aus der Geschich-
   Scheren. Alternativ zur Herstellung von regenbogenfarbi-    te über Noah. Dort schliesst Gott einen Bund mit den Men-
   gen Kordeln können Festeintrittsbänder in entsprechen-      schen. Dieser Bund ist gegenseitig: Gott verspricht uns
   den Farben verwendet werden (sind unter diesem Stich-       Segen; wir sollen ihn dafür nicht vergessen und seiner Welt
   wort bei verschiedenen Anbietern online erhältlich). Dazu   Sorge tragen.
   Stifte zum Beschriften der Bänder.                          Ihr habt beim Eingang ein Stück Garn in einer der Regen-
–	Plakate mit Porträts von innovativen Projekten. Vorlagen    bogenfarben erhalten. Ob rot, orange, gelb, hellgrün, hellb-
   dazu finden auf der Website                                 lau, dunkelblau oder violett: Jede der sieben Farben
                                                               braucht es, damit ein Regenbogen entstehen kann. Es
Eröffnung                                                      braucht also dich, mich und uns alle, damit diese Welt so
Empfang                                                        strahlend schön wird wie ein Regenbogen.
Kinder und Erwachsene erhalten beim Eingang ein Garn-
stück (oder ein farbiges Festeintrittsband).                   Eigenes Dankgebet

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Ökumenischer Familiengottesdienst

Einstieg ins Thema                                               Szene 1: Familie Noah baut eine Arche
Lied                                                             (Gen 6,8–20)
Dr Noah von Mani Matter                                          «Mama, Mama, komm schnell!» – «Was ist denn, Debi
                                                                 Schatz?» «Papa streitet sich mit Opa.» – «Ach, lass sie
Das Lied ist zu finden auf der CD «I han es Zündhölzli aa-       doch. Du weisst, dass sie sich bei der Weizenernte nie ei-
zündt». Die CD kann auf www.zytglogge.ch/mani-matter/            nig sind.» – «Ja, aber diesmal geht es nicht um die Garben-
cds bestellt werden. Das Lied ist auch digital verfügbar (nur    grösse! Opa will überhaupt nicht ernten. Er müsse ein
auf iTunes). Der Liedtext mit Gitarrengriffen ist zu finden im   Schiff bauen!» – «Er müsse was?» Debis Mutter lässt vor
Buch «Us emmene lääre Gygechaschte». Das Buch ist im             Schreck beinahe den Topf mit Ziegenmilch fallen, die sie
Buchhandel erhältlich.                                           grade gemolken hat. Sie stellt ihn rasch auf den Tisch und
                                                                 eilt mit Debi an der Hand nach draussen. Dort sieht sie ge-
Menschen, die Verrücktes wagen                                   rade noch, wie Opa Noah mit der Axt in der Hand im Tere-
Weit und breit kein Wasser und schon gar kein Meer. Und          bintenwäldchen verschwindet. Debis Vater Sem hingegen
die Familie von Noah baut eine Arche. Das war eine ziem-         schreitet mit der Sichel in der Hand ebenso bestimmt Rich-
lich verrückte Idee. Und trotzdem hat sie die Welt gerettet!     tung Feld. Ham, Jafet, Klein-Sämi und die Knechte schau-
Denn ohne die Arche von Noah gäbe es weder Menschen              en verdutzt vom einen zum andern.«Ups, nicht gut», mur-
noch Störche noch Elefanten noch andere Tiere, die die           melt Debis Mutter Simcha und eilt Richtung Weizenfeld.
Sintflut überlebt haben.                                         «Warte!», ruft Debi und rennt hinter ihr her.
                                                                 «Der spinnt», sagt Sem zu seiner Frau, als diese bei ihm
Von einem Menschen, der eine ungewöhnliche Idee um-              angekommen ist. «Dass früher alles besser gewesen sei,
setzt, heisst es schnell einmal: «De isch nid ganz bache»,       behauptet er ja schon länger. Aber jetzt habe Gott ihm ge-
oder: «Die hätt en Schrube locker». Sie werden für verrück-      sagt, er plane mit ihm, Noah, einen Neuanfang, und er sol-
te Spinner oder idealistische Träumerinnen gehalten.             le dafür eine Arche bauen.» – «Eine was?», fragt Debi. «Ein
Bis heute gibt es Menschen, die ihrer Zeit voraus sind, Pio-     riesengrosses Schiff», antwortet ihr Vater, «für unsere Sippe
nierinnen und Pioniere, die zu Beginn für ihre Ideen belä-       und für je ein Paar aller Tierarten.»
chelt werden. Später werden sie dafür oft bewundert. Wir         Debi macht grosse Augen und Simcha meint: «Der ist tat-
zeigen euch ein paar solcher Ideen.                              sächlich verrückt!» – «Und wo bitteschön soll diese Arche
                                                                 schwimmen?», fragt Debi. «Bis ans grosse Wasser sind es
Der Liturg/die Liturgin geht zu den in der Kirche verteilten     ja über zwei Wochen, hat mir Onkel Ham neulich erklärt.» –
Projektplakaten und stellt die Projekte kurz vor.                «Das nimmt mich auch wunder», sagt ihre Mutter Simcha.
Plakatvorlagen von ausgewählten Projekten finden Sie auf         «Komm, wir gehen Opa selber fragen.»
der Website. Die Auswahl kann mit eigenen Beispielen er-
gänzt werden.                                                    Die Fortsetzung der Geschichte kurz paraphrasieren: Noah
                                                                 erzählt von seinem Auftrag; Familie Noah baut die Arche
Bei all diesen Beispielen stehen am Anfang Menschen, die         und geht an Bord; dann setzt der Regen ein; das Wasser
etwas Verrücktes wagen. Sie bringen etwas in Bewegung,           steigt; schliesslich gibt es rund um die schwimmende Ar-
das Leben für andere und für sich selbst lebenswerter            che nur noch Wasser.
macht, ja ihnen sogar das Leben rettet. Sie stehen in der
Tradition von Noah und seiner Familie. Hören wir, wie die        Impuls 1: Auf Gottes Stimme hören
Familie von Noah den Bau der Arche erlebt hat.                   Die Geschichte über die Sintflut erinnert daran, dass der
                                                                 gewaltsame Umgang der Menschen mit anderen Men-
Biblische Geschichte                                             schen, Tieren und Pflanzen Folgen hat. Gleichzeitig erzählt
Die folgenden Szenen sind narrative Erweiterungen von            sie, wie eine Sippe sich dem Sog solcher Gewalt entzieht,
drei Stationen der Geschichte um Noah. Sie können die            eine Arche baut und schliesslich gerettet wird und dabei
Szenen vortragen oder daraus kurze Spielszenen entwi-            auch viele andere rettet: alle Tiere nämlich. Der Grund da-
ckeln. Wenn die Zeit knapp ist, schildern Sie Szene 2 oder       für ist, dass Noah unter den vielen Stimmen Gottes Stim-
3 kurz in eigenen Worten. Eine familienfreundliche Version       me hört und sich mit seiner Sippe dazu bewegen lässt, ein
der Geschichte über Noah bietet auch die Neukirchener            ziemlich verrücktes Projekt anzupacken. Gott verrückt No-
Kinder-Bibel.                                                    ahs Blick, von der tödlichen Gewaltspirale seiner Zeit hin
                                                                 zur Leben rettenden Arche.

                                                                                                                            5
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Ökumenischer Familiengottesdienst

Szene 2: Familie Noah schickt eine Taube aus                  Obwohl die Menschen nach der Sintflut nicht besser sind
(Gen 8,8–12)                                                  als vorher, schliesst Gott einen Bund mit ihnen. Diesen Re-
Fortsetzung der Erzählung siehe Website                       genbogenbund hat Gott seither nie aufgelöst. Im Gegen-
                                                              teil. Er hat diesen Bund noch vertieft. Seine Verbundenheit
Impuls 2: Neues braucht Geduld und Gemeinschaft               mit den Menschen und mit allen Lebewesen hat Gott
Noah hätte die Arche nie und nimmer alleine bauen kön-        durch Jesus bekräftigt. Zu diesem Bund gehören auch wir.
nen. Er brauchte dafür seine Söhne und Töchter, seine Sip-    Farbige Bändeli sollen unser Bundeszeichen sein.
pe. Auch heute ist mit einer verrückten Idee noch nichts
getan. Es braucht andere Menschen, die sich davon             Zur Erinnerung an ihre verrückten Ideen drehen die Siebe-
überzeugen oder – besser noch – begeistern lassen. Es         nergruppen aus ihren farbigen Garnstücken eine Kordel.
braucht Gemeinschaft. All die vielen Menschen, mit denen      Eine Anleitung dazu finden Sie unter www.sehen-und-han-
Brot für alle und Fastenopfer verbunden sind: Sie alle sind   deln.ch/feiern oder auf Youtube mit dem Stichwort «Kordel
Teil einer Gemeinschaft.                                      drehen».
Zudem braucht eine verrückte Idee Geduld. Erst beim drit-     Alternativ binden sich die Teilnehmenden ein Festeintritts-
ten Anlauf kehrt die Taube nicht mehr zu Noah zurück. Bei     band ans Handgelenk; dieses kann vorgängig mit einem
uns braucht es genauso Geduld wie in anderen Ländern.         Merk- oder Mutwort zum gemeinsamen Vorhaben be-
Es gibt Erfolge und Rückschläge. Erst recht braucht ein       schriftet werden.
tiefgreifender Wandel, wie ihn die kirchlichen Werke anre-
gen, einen langen Atem.                                       Fürbitten
Eine Person alleine resigniert bald einmal. Wenn wir viele    Variante 1: freie Fürbitte
sind, können wir uns gegenseitig in der Hoffnung bestär-      Gott, in Gruppen haben wir über Ideen und Möglichkeiten
ken – und die Taube Hatikva, was hebräisch Hoffnung be-       nachgedacht, wie wir unser Leben und Handeln verrücken
deutet, so lange losschicken, bis wir sie eines Tages nicht   können, damit unsere Erde froher und bunter wird.
mehr auszuschicken brauchen.
                                                              Eine Sprecherin/ein Sprecher pro Gruppe berichtet kurz
Szene 3: Familie Noah staunt über den Regenbogen              über die gefassten Vorhaben.
(Gen 9,8–13.16 und 8,22)
                                                              Gott, wir bitten dich: Lass uns immer wieder auf deine
Impuls 3: Mein/unser verrücktes Projekt                       Stimme hören. Sei bei uns, wenn wir uns gegenseitig bei
Jeder Regenbogen erinnert uns daran: Gott möchte keine        der Umsetzung neuer Möglichkeiten unterstützen. Schen-
Sintflut mehr, will nicht, dass alles den Bach runtergeht.    ke uns einen langen Atem und die Gewissheit, dass du es
Gott wünscht sich bunte Lebendigkeit für alle.                bist, mit dem wir verbunden bleiben. Amen.

Gott verrückt auch unsere Optik, er verschiebt unsere         Variante 2: Fürbitte gemäss Vorschlag siehe Website.
Sichtweise. Er kann in uns verrückte Ideen wecken. Er
schenkt uns Gemeinschaft und den langen Atem für unse-        Unser Vater
re «Arche-Ideen», für unsere Vorhaben, mit denen wir die
Welt ein Stück gerechter, friedlicher, schöner und bunter     Lied
machen können.                                                KG 602/CG 419, Gottes Regenbogen oder
                                                              Kolibri 259, Mini Farb und dini
Vertiefung
Wir sind Teil des Bundes                                      Zuspruch/Segen
Kinder und Erwachsene sitzen in Siebenergruppen zusam-        Gott, in allen Ländern dieser Erde
men, sodass in jeder Gruppe alle Regenbogenfarben ver-        leuchtet dein Regenbogen.
treten sind. Sie sammeln Ideen für ein eigenes verrücktes     Mit allen Menschen dieser Erde
Vorhaben und eine lebensfrohere Welt. Dabei kann Bezug        bist du verbunden.
auf die Projektplakate genommen werden. Es können aber        Segne alle Länder und alle Menschen
auch Vereinbarungen sein, in der Fastenzeit auf etwas zu      und lass uns dich entdecken –
achten oder zu verzichten. Die Gruppe kann gemeinsame         auch in den ausgefallensten Ideen.
Ziele beschliessen oder sich über individuelle austauschen.   Amen.
Dabei zählt die Stimme jedes Einzelnen, unabhängig des
Alters.

6
Feiern 2018 sehen-und-handeln .ch - Sehen und Handeln
Ökumenischer Gottesdienst

  Seht, ich
  schaffe Neues!

Verena Sollberger                                                          Hinführung und Dank
Reformierte Pfarrerin, Luzern                                              Unser Leben mit allem,
                                                                           was ist, ist uns geschenkt.
Judith von Rotz                                                            Wir sind Teil der Welt und des Kosmos,
Theologin, Luzern                                                          eingebunden in den Kreislauf des Lebens:
                                                                           Unsere Zellen funktionieren im unglaublichen
                                                                           Zusammenspiel mit dem ganzen Organismus.
Wandel ist ein Prozess hin zu etwas Neuem. Dank-                           Ich atme die gleiche Luft wie meine Nachbarin
barkeit für das geschenkte Leben gibt uns Vertrau-                         und wie der Vogel auf dem Baum.
en, um auch die Krise und die Herausforderungen zu                         Was ich esse, schenken mir die Erde
sehen. Und in einem weiteren Schritt neue Möglich-                         und Dutzende arbeitsame Hände.
keiten zu entdecken und neue Wege zu gehen.*                               Im Nehmen und Geben
                                                                           bin ich mit der ganzen Welt verbunden.
Liturgischer Gruss                                                         Ich staune und bin dankbar:
Wir feiern diesen Gottesdienst                                             In mir kreist das Leben, das uns Gott gegeben!
im Namen Gottes,
der Leben hervorbringt und trägt,                                          Lied
im Namen Jesu Christi,                                                     RG 534/KG 573/CG 920, In uns kreist das Leben
der Neues wagt und zeigt,
und im Namen der Geistkraft,                                               Besinnung
die uns belebt und bewegt.                                                 Das Leben kreist in uns und mit uns

* vgl. dazu: Matthew Fox, Freundschaft mit dem Leben. Die vier Pfade der Schöpfungsspiritualität

                                                                                                                                7
Feiern 2018 sehen-und-handeln .ch - Sehen und Handeln
Ökumenischer Gottesdienst

und ist zugleich verletzlich und bedroht.                    Impuls
Je mehr ich mich als Teil des Ganzen fühle,                  Verrückt, dieser Text. Das ist doch absolut unrealistisch.
desto mehr schmerzt es,                                      Ohne Geld läuft bei uns nichts. Wenn ich kein Geld habe,
von Zerstörung, von Gewalt und Tod zu erfahren:              muss ich schauen, wie ich über die Runden komme. Dann
Von abgeholzten Wäldern und leergefischten Meeren,           kann ich mir nichts leisten. Kein Brot. Und schon gar kei-
von Kindern, Frauen und Männern                              nen Wein. Gratis gibt’s nichts.
ohne Heimat und Schutz,                                      Oder eben doch? Hat dieser Vers «Kauft ohne Geld!» doch
von getöteten Menschen und zerbombten Städten.               einen wahren Kern? Könnte er der Boden sein, auf dem
Zusammen können wir es wagen,                                Veränderung und Wandel wachsen und gedeihen?
nicht nur als Beobachtende hinzuschauen,                     «Kauft ohne Geld!» Wenn wir unsere Augen öffnen, dann
sondern auch mitzufühlen:                                    erkennen wir doch da und dort in unserem Alltag – viel-
– Wo sehe ich Leben, das bedroht ist?                        leicht im Kleinen, Unscheinbaren –, wie das doch möglich
– Welche Gefühle tauchen dabei in mir auf?                   ist. Nachbarschaftshilfe hiess das früher. Wenn mir etwas
                                                             fehlt, klopfe ich bei der Nachbarin an, die mir bestimmt
(Moment der Stille – evtl. Gongschlag/Glocke)                aushilft. Oder jemand steht vor meiner Tür, wenn er etwas
                                                             braucht. Geben und nehmen. Erhalten und weitergeben..
Gebet                                                        Alles ohne Geld. Aber mit sehr viel Mehr-Wert. Denn so
In Indonesien roden riesige Bagger Wälder                    kommen sich Menschen näher. Ein Beziehungsnetz ent-
und in Syrien zielen Soldaten auf Menschen.                  steht. «Kauft ohne Geld!» Gar nicht so verrückt und abwe-
In Äthiopien verhungern Kinder                               gig. Ob das auch im Grossen funktionieren würde?
und Männer ertrinken im Mittelmeer.
Blechlawinen ziehen durch unsere Strassen                    Musik oder Gong/Glocke
und die Saharawüste wächst.
Ohnmacht, Wut, Hoffnungslosigkeit                            Statements
machen sich in mir breit.                                    «Seht, ich schaffe Neues, schon spriesst es, erkennt ihr es
Du, Gott, bist mittendrin.                                   nicht?» Es wächst unter uns, dieses Neue. Dieses «Kauft
Wo ich mich ohnmächtig fühle,                                ohne Geld!». Da und dort ist ein Wandel, ein Umdenken im
lass mich sehen, dass Unmögliches möglich ist.               Gange. Wenn wir unsere Augen öffnen, erkennen wir es –
Wo ich wütend bin,                                           und werden vielleicht «angesteckt», diesen Wandel auch
lass mich spüren, dass Empörung Kraft gibt.                  selber zu wagen und mitzutragen.
Wo ich hoffnungslos bin,
lass mich entdecken, dass Neues am Entstehen ist.            Variante 1: Offenes Mikrofon
Denn du, Gott, bist mittendrin.                              Die Gottesdienstgemeinde wird eingeladen, von ihren per-
Lass mich Teil des Wandels werden.                           sönlichen Ideen und Erfahrungen mit dem «Kaufen ohne
Für eine Welt, in der alle genug zum Leben haben.            Geld» zu erzählen. Es ist hilfreich, im Vorfeld des Gottes-
                                                             dienstes zwei bis drei Personen, die ganz bewusst etwas
(evtl. Gongschlag/Glocke)                                    «anders» leben und mit ihrer Lebensweise den Wandel mit-
                                                             tragen, für ein Statement anzufragen. Diese könnten dann
«Werde Teil des Wandels! Für eine Welt, in der alle genug    mit ihrem Votum das «Eis brechen» und andere ermutigen,
zum Leben haben.» So lautet der Slogan der diesjährigen      ebenfalls etwas zu erzählen.
Ökumenischen Kampagne. Wir werden aufgefordert zur
Veränderung. Aufgefordert, uns zu wandeln. Neues auszu-      Ideen:
probieren. Neues, das ja da und dort bereits aufbricht.      – Tauschen oder ausleihen statt kaufen
«Seht, ich schaffe Neues, erkennt ihr es nicht?», schreibt   – «Sälber gmacht isch bsunders guet»
Jesaja (43,19a). Das Neue: Es wächst. Und es ist an uns,     – Gemüse selber anbauen/Urban Gardening
dieses Neue zu erkennen. Was ist dieses Neue, das wir er-    – Generationen leben zusammen/neue Wohnmodelle
kennen sollen?                                               – Klima schonen und geniessen: Ferien in der nahen
                                                               Umgebung
Lesung                                                       – Unabhängig auch ohne eigenes Auto
Jes 55,1.2.8 (Kauft ohne Geld)

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Feiern 2018 sehen-und-handeln .ch - Sehen und Handeln
Ökumenischer Gottesdienst

Variante 2: Einsatz von Filmporträts                           Gebet
Menschen aus dem Süden erzählen, welcher Wandel bei            «Seht, ich schaffe Neues, schon spriesst es,
ihnen nötig ist, damit sich ihr Leben verbessert. Menschen     erkennt ihr es nicht?», rufst du uns zu, guter Gott.
aus der Schweiz berichten, was ihnen Wandel bedeutet           Darum bitten wir dich:
und wie sie ihn umsetzen. Die Kurzfilme (2–3 Min.) stehen      Schenke uns Augen, die das Neue erkennen
als Download zur Verfügung:                                    das da und dort am Wachsen ist.
www.sehen-und-handeln.ch/filme                                 Schenke uns Hände, die Neues wagen und anpacken.
                                                               Schenke uns Füsse, die Schritte tun auf andere zu.
Variante 3: Vorstellung Tauschprojekte                         Schenke uns ein Herz,
Beispiel aus der Schweiz: Pumpipumpe                           das sich berühren und bewegen lässt von dem,
Das Projekt Pumpipumpe setzt sich für einen bewussten          was geschieht in dieser Welt.
Umgang mit Konsumgütern und mehr soziale Interaktion in        Lass uns zu «verrückten» Menschen werden,
der Nachbarschaft ein. Das Leihen und Ausleihen von Din-       die glauben, dass «Kauft ohne Geld!» möglich ist.
gen, die man nur selten braucht, wird so gefördert.            Öffne durch uns eine Tür zu einer neuen anderen Welt,
Die Idee dahinter: In jedem Haushalt befinden sich Werk-       in der alle Menschen genug zum Leben haben.
zeuge, Küchengeräte, Produkte für Freizeit und Unterhal-       Dieser grosse Wandel braucht den Beitrag aller:
tung und vieles mehr das man nur selten braucht und ger-       uns als Einzelne, uns als Gemeinschaft,
ne netten Menschen ausleiht. Gleichzeitig ist man              die Verantwortlichen in Kirche und Politik.
manchmal froh, sich Dinge, die man nur ab und zu benö-         Bitten wir um diese Bereitschaft im
tigt, einfach kurz auslzueihen.                                gemeinsamen Unser Vater/Vater unser.
Ziel des Vereins Pumpipumpe ist es, diese Dinge sichtbar
zu machen. Das geschieht mit Stickern am Briefkasten, wo       Impuls zum Handeln: Markt ohne Geld
Nachbarn und Quartierbewohner täglich vorbeigehen. Sie         Was könnten Sie anderen anbieten, mit anderen teilen?
können so direkt miteinander in Kontakt treten, sich Velo-     Beim Apéro liegen Zettel auf. Wer will, darf sein «Angebot»
pumpe, Akkubohrer oder ein Fondue-Set ausleihen, lernen        mit Name und Telefonnummer notieren und an eine Pin-
sich auf diese Weise besser kennen und müssen weniger          wand hängen. Wer von einem Angebot Gebrauch machen
Geräte kaufen. Einen Überblick über Dinge, die ausgelie-       möchte, nimmt den entsprechenden Zettel mit und meldet
hen werden können, gibt es auch unter                          sich bei der anbietenden Person.
www.pumpipumpe.ch.
                                                               Die Pinwand über längere Zeit stehen lassen, sodass im-
Beispiel aus Indien: Reissparkassen                            mer wieder neue Angebote gemacht werden können.
Die indigene Bevölkerung im indischen Bundesstaat Jhark-
hand, die Adivasi sind auf Lohnarbeit bei Grossgrundbesit-     Lied
zern angewiesen. Weil das oft nicht zum Leben reicht, neh-     RG 835/KG 229/CG 896, Gib uns Weisheit, oder
men sie bei ihren Arbeitgebern auch Kredite auf. Da die        RG 795/KG 509/CG 822, Sonne der Gerechtigkeit
Zinsen horrend sind, müssen die Familien ihre Kredite
abarbeiten und sind schliesslich Schuldknechtschaft ge-        Segen
fangen.                                                        Gott schafft Neues. Hier und jetzt.
Marsal Vikas Kendra, eine Partnerorganisation von Fasten-      Weisheit und Mut mögen uns bewegen,
opfer, unterstützt die Adivasi. Dank gemeinsamen Spar-         damit wir Teil des Wandels werden.
kassen, in die Dorfbewohner regelmässig Reis oder Geld         Weisheit leite uns,
einlegen, reduziert sich ihre Abhängigkeit, weil sie sich in   auf dass wir ungeahnte Möglichkeiten erkennen.
Notfällen – wenn kein Essen im Haus ist oder ein Kind          Mut erfülle uns,
plötzlich krank wird – gegenseitig aushelfen können. Sind      auf dass wir neue Wege wagen,
die Familien entschuldet, schliessen sie sich mit andern       hinein in eine Welt, in der alle genug zum Leben haben.
Gruppen zusammen und können sich gemeinsam für ihre
weiteren Anliegen einsetzen, zum Beispiel den Schulbe-         Musik
such der Kinder.
                                                               Im Anschluss an den Gottesdienst Markt ohne Geld und
Musik                                                          Apéro

                                                                                                                         9
Feiern 2018 sehen-und-handeln .ch - Sehen und Handeln
Jugendgottesdienst

     Wie aus weniger
     mehr wird

Andreas Nufer			                                             besteht die Möglichkeit, Testimonials von jungen Men-
Reformierter Pfarrer, Bern                                   schen, die fasten, einzuspielen, den Link dazu finden Sie
                                                             auf der Website.
Jan Tschannen
Brot für alle                                                Lied
                                                             rise up 153, Oh freedom, oder
                                                             rise up 2, Wo Menschen sich vergessen
Vorbereitung
Den vollständigen Gottesdienst finden Sie unter              Dank
www.sehen-und-handeln.ch/feiern                              Jede/r scheibt auf einen Zettel, welche Dinge er oder sie
                                                             besonders gern mag. Die Zettel können auf Stellwänden,
Eine möglichst breite Vielzahl von Dingen oder Symbolen      dem Abendmahlstisch, Altar oder Taufstein abgelegt wer-
wird sichtbar auf einen Tisch vorne in der Kirche gelegt,    den, dazu Musik.
deren Verzicht sich später anbietet. Zum Beispiel Zigaret-
ten, Wasserpfeife, Burger- oder Dönerbox, Handy, Tablet,     Ich danke Dir, Gott, für alles Schöne und Gute. Ich danke
Fernseher, Bierkiste, Kopfhörer oder Boombox, Schmink-       Dir für alles, was ich geniessen kann und was das Leben
kasten, Minirock, schicke Schuhe, Zeitung usw. Die Ge-       schöner macht. Ich danke für all die Dinge, die ich nicht
genstände können mit Spotlights gezielt beleuchtet wer-      unbedingt zum Leben brauche, die mir aber Freude berei-
den. Vielleicht stehen sie gar auf kleinen Sockeln.          ten. Ich danke Dir für alle guten Tage und schönen Mo-
                                                             mente. Ich danke Dir für alle Köstlichkeiten, für den Ge-
Eröffnungssong                                               nuss, für Gaumenfreuden, Augenweiden, Ohrenschmaus,
Disarstar – Konsum                                           Spiele und alle Annehmlichkeiten.
YouTube: goo.gl/q3Rh5W
                                                             Die Jugendlichen können je nach Gruppengrösse auch am
Eröffnung                                                    offenen Mikrofon ihren Dank einzeln aussprechen.
Jugendliche begrüssen die Gottesdienstbesuchenden und
stellen Thema und Ziel vor. Dabei wird angekündigt, dass     Lied
am Ende des Gottesdienstes die Möglichkeit besteht, sich     rise up 7, We give you thanks, oder
selbst für einen eigenen Verzicht zu entscheiden. Es         rise up 106, Ich lobe meinen Gott

10
Jugendgottesdienst

Aufgabe                                                        Handzeichen meldet, kann an einem kabellosen Mikrofon,
Eröffnungsfrage: Warum um Gottes willen verzichtet je-         das in der Kirche herumgereicht wird, darauf reagieren.
mand freiwillig auf etwas, das er oder sie mag? Ist das
nicht unlogisch?                                               Move 3: See The Kingdom
Kurzer Austausch unter den Jugendlichen. Voices holen.         Text auf der Website
Beispielhafte Antworten auf der Website.
                                                               Song
Predigt                                                        The Black Eyed Peas – Where Is The Love?
Lesung                                                         YouTube: goo.gl/AHGEkA
Mt 6,19.25–26.28–29.31–33
                                                               Fürbitte
Lied                                                           Frage: Was hat Verzichten mit Gerechtigkeit zu tun?
rise up 65, Suchet zuerst Gottes Reich, oder
rise up 102, Wir haben Gottes Spuren festgestellt              Bezug zu Verzicht aus Mangel von Armutsbetroffenen welt-
                                                               weit machen. Bewusst einfache Gebetstexte durch Predi-
Move 1: Enjoy Life!                                            ger oder Vorbereitungsgruppe vortragen, Teilnehmende
Jesus predigt über die Sorglosigkeit. Mit ganz einfachen       können nach vorne kommen und für ihre Fürbitte eine Ker-
Beispielen zeigt er, wie wenig es nützt, wenn jemand sich      ze anzünden. Beispiele auf der Website.
Sorgen macht um die nächsten Tage. So wie die Vögel
einfach so zu essen bekommen und die Blumen einfach            Unser Vater
so schön sind, sollen wir darauf vertrauen, dass Gott sich
um uns kümmert. Wir sollen uns von den Sorgen um die           Lied
Zukunft nicht klein machen lassen. Die Sorglosigkeit führt     rise up 169, Sing Hallelujah to the Lord
uns in den Moment, in dem wir leben, in die Gegenwart.
Wer nicht zu viele Sorgenfalten auf der Stirn hat, spürt       Abschlussritual mit Fastenversprechen
leichter, dass Gott ihn begleitet. Wer sich nicht von Sorgen   Siehe Website
fertigmachen lässt, wird frei und unbeschwert. So lässt
sich gut leben.                                                Sendung und Segen
Heisst das nun, dass ich völlig sorglos nur noch Spass ha-     Geh in die Welt, frisch, frei, fröhlich. Du bist gesegnet, Gott
ben soll? YOLO! You only live once! Also let’s party ohne      ist bei dir, es wird dir nichts fehlen.
Ende?
                                                               Song
Move 2: Set Yourself Free                                      Pharrell Williams – Happy
Frage: Wer von euch nutzt einen dieser Gegenstände?            YouTube: goo.gl/LvDGXQ
Und kennst du das: Eigentlich möchtest du es vielleicht
gar nicht unbedingt, aber es ist einfach stärker als du? Du
weisst, du brauchst es eigentlich gar nicht, du hast gerade
keinen Hunger, einfach Lust halt; der Kleiderschrank ist eh
übervoll, aber alle tragen das jetzt; oder draussen ist            Verzichtfasten
schönes Wetter, aber du schaust trotzdem auf einen Bild-
schirm, einfach aus Gewohnheit?                                   Das Thema Verzichtfasten wird auch im Oberstufen-
Du bestehst aus Fleisch und Blut, aus Sehnen und Kno-             baustein im WH lernen auf S. 10 aufgegriffen. Der Ju-
chen, Muskeln, du hast ein Hirn und ein Herz. Warum ist           gendgottesdienst und der Oberstufenbaustein können
so ein Gegenstand, der das alles nicht hat, manchmal ein-         ergänzend zueinander durchgeführt werden.
fach stärker als du?
                                                                  Durch das Eintragen des Verzichts auf einer Online-
Hier folgt entweder ein gespielter Input der Predigerin, des      plattform wird er Teil einer grösseren Bewegung. Ne-
Predigers (Variante A) oder ein kurzes, vorbereitetes Thea-       ben www.timeoutschweiz.ch gibt es dazu die Platt-
ter einiger Jugendlicher (Variante B). Ziel: Die Gegenstän-       formen www.40-tage-ohne.ch in der Region St.
de werden «lebendig» und beginnen zu sprechen. Einen              Gallen oder www.flimmerpause.ch für Handy- und
Textvorschlag für beide Varianten finden Sie auf der Web-         Fernsehverzicht.
site. Nach einigen Beispielen werden die Jugendlichen
aufgefordert, den Stimmen zu antworten. Wer sich per

                                                                                                                           11
Impuls zum Hungertuch

Ich bin, weil du, Erde, bist
Rita Gemperle                                                                weil du, Erde, bist. Eine Ahnung der Verbundenheit mit al-
Fastenopfer                                                                  lem und allen wird spürbar. Diese Ahnung hat es zu allen
                                                                             Zeiten und in allen Kulturen gegeben. In den Schriften der
                                                                             Weltreligionen, also auch in biblischen Texten, hat sie ih-
«Ich bin, weil du bist.» Mit diesem afrikanischen Sprich-                    ren Ausdruck gefunden. In unserem Kulturkreis aber wur-
wort betitelt der Künstler Chidi Kwubiri das Hungertuch.                     de dieses Verständnis immer mehr von einer dualistischen
Es bringt eine Lebensphilosophie aus afrikanischen Kultu-                    Weltsicht verdrängt, in der der Mensch nicht Teil der Na-
ren zum Ausdruck: Als Menschen sind wir Teil eines Be-                       tur ist, sondern ihr gegenübersteht. Heute gibt es auch in
ziehungsnetzes und ganz grundlegend aufeinander ange-                        der Naturwissenschaft Stimmen, die sagen: Alles, was ist,
wiesen.                                                                      steht in Wechselwirkung mit seiner Umgebung. Nichts
                                                                             kann für sich oder aus sich selbst existieren. «Ich bin Le-
Das Bild besteht aus Hunderten von grösseren und kleine-                     ben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will»,
ren Punkten in unterschiedlichen Farbnuancen, in langer                      hat Albert Schweitzer diese wechselseitige Verbundenheit
Arbeit mit dem Pinsel getropft und gespritzt. Auch die                       beschrieben. Heute können wir wieder in dieses Bewusst-
Menschen werden aus diesen Punkten gebildet: Sie wer-                        sein hineinwachsen: Wir sind ein Teil des Ganzen und alle
den von den gleichen Elementen hervorgebracht, die sie                       sind miteinander verbunden und aufeinander angewiesen.
auch umgeben. So sind sie Teil des Ganzen, verbunden                         Eine Erfahrung, die wir nur mit dem Herzen begreifen. Le-
mit dem, was sie umgibt.                                                     ben in und erleben der Natur können uns helfen zu entde-
                                                                             cken: Um zu atmen, brauche ich nicht nur meine Lunge,
Verstehe ich mich auch so? Bin ich ein mit vielen anderen                    sondern auch den Wald. Und das Wasser des Flusses ist
verbundener Teil eines grösseren Ganzen?                                     ebenso wichtig wie das Blut in meinen Adern.

Ja – das bin ich! Ich bin Sternenstaub. Zusammen mit allen                   Die Ökumenische Kampagne fordert uns auf, Teil des
mich umgebenden Lebewesen und wie das ganze Univer-                          grossen Wandels zu werden. Das Bewusstsein der ge-
sum. Die Atome, aus denen ich gebaut bin, stammen aus                        genseitigen Verbundenheit alles Lebendigen ist einer der
dem Inneren der verloschenen Sterne. So betrachtet bildet                    Grundbausteine, die für diesen Wandel nötig sind. Lassen
das Hungertuch eine gleichermassen naturwissenschaftli-                      wir uns einbinden in diesen Wandel, in die vielen grossen
che als auch religiöse Sicht ab: Der Kosmos trägt mich und                   und kleinen Verbindungen, die unser Leben so kostbar
ich trage den Kosmos in mir. Ich bin, weil du bist. Ich bin,                 machen.

                                                                                                     	Materialien zum Hungertuch
                                                                                                    	Das Hungertuch ist als Stoff-
                                                                                                       druck in Gross- und Kleinformat
                                                                                                       und als A4-Papierdruck mit
                                                                                                       Bildbeschrieb auf der Rückseite
                                                                                                       erhältlich. Das ganze Bild und
                                                                                                       einzelne Bildausschnitte stehen
                                                                                                       zum Download bereit unter
                                                                                                       www.sehen-und-handeln.ch/
                                                                                                       hungertuch.
                                                                                                    	Dort finden Sie auch eine Ein-
                                                                                                    	führung zum Hungertuch sowie
                                                                                                       das Meditationsheft «Das Ende
                                                                                                       der Reden» mit Tex ten von
                                                                                                       Jacqueline Keune.

Das Misereor-Hungertuch 2017: «Ich bin, weil du bist» von Chidi Kwubiri © Misereor

12
Impuls zum Kampagnenplakat

Dein Lachen ist mein Lachen
Fabio Carrisi
Reformierter Pfarrer, Nidau

Ein kurzer Blick auf das Plakat mit der lachenden Frau, die
einen Korb auf ihrem Haupt trägt, genügt, und ich weiss
augenblicklich, aus welchem Kontinent die Trägerin
stammt. Bilder von einer Welt, die weit weg von meiner
liegt, beginnen vor meinem geistigen Auge aufzutauchen.

So gesehen bleibt dein Lachen, liebe Fremde, dein La-
chen.

Dann frage ich mich, aus welchen Umständen heraus wohl
ein solch fröhliches Strahlen entsprungen sein mag. Ich ha-
be eine leise Vermutung. Wer schon einmal in Afrika war,
kennt es, man trifft dort viele lachende Gesichter. Trotz und
gerade inmitten von bitterster Armut. Die Frau auf dem Bild
lacht. Es ist ein ansteckendes Lachen, wie ich finde. Und
gleichzeitig hofft man nach all der Erfahrung in der weiten
Welt, dass der Korb auf ihrem Kopf gänzlich gefüllt sein
möge. Wir wissen es, aus vielen Teilen der Welt springt uns
zwar Lachen entgegen – dahinter aber verbirgt sich knur-
render Hunger.

So gesehen denke ich jetzt, ist dein Lachen ein trotziges
Lachen gegen unseliges Leid.

«Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt,
das habt ihr mir getan» (Mt 25,40). Ich erinnere mich an die
bekannten biblischen Worte, die in meinem hektischen All-
tag oft untergehen. Verständlich bei den vielen Verpflich-      Augen, der lachende Mund. Es ist der Einsatz von vielen,
tungen, die wir haben. Dennoch klingen diese markanten          der ein solches Lächeln aufs Gesicht zaubert. Bewegt
Worte nach, während ich das Bild betrachte. Jesus fordert       durch Gottes grosszügiges Herz lässt sich sein Volk bewe-
uns auf, Fremde – womöglich aus den entferntesten Win-          gen und setzt eine Veränderung in Gang.
keln der Erde – als Geschwister zu sehen. So, als ob die
Distanz nur rein geographisch wäre. Dennoch stehen wir          So glaube ich, kann dein Lachen das Lachen unserer Ver-
mit ihnen in engster Verbindung wie mit Verwandten. Auf         änderung sein.
diese Weise werden wir zu einer Art Familie. Plötzlich ha-
ben wir durch Gottes Wort eine gemeinsame Welt.                 Ich bin eine oder einer von vielen. Es liegt auch an mir, ob
                                                                wir genug zusammenbekommen für eine Welt, in der wir alle
So gesehen, liebe Schwester, spüre ich nun, wird dein La-       genug zum Leben, genug zum Lachen haben. Wer will denn
chen zum göttlichen Lachen.                                     nicht Teil eines solch riesigen Lachens sein? Ich auf alle Fälle
                                                                sehne die Veränderung herbei und mache mich auf den
Beim zweiten Blick auf das Bild zeigt sich: Es sind viele       Weg. Mit dem Wissen, dass unser erster Schritt stets ein
Menschen, die unsere Schwester da zum Lachen bringen.           Schritt des Glaubens ist, der – so die Verheissung – Berge
Sie kommen aus allen Richtungen zusammen und formen             versetzen kann. Ich werde ihn mit einem Lächeln tun.
ihr Bild. Sie stehen zusammen für etwas Grösseres. Etwas,
wofür sie alleine zu klein wären, aber durch die vielen wird    Dann, liebe Schwester, wird dein Lachen zu meinem
es möglich: Der volle Korb mit Früchten, die leuchtenden        Lachen.

                                                                                                                             13
Baustein Ökospiritualität

     Mit der Erde verbunden

Anne-Christine Menu                                          Bleistift. In einem Moment der Besinnung erinnern sie sich
Pfarrerin in Genf                                            an etwas, das sie mit Freude erfüllt hat. Sie notieren dies in
                                                             wenigen Worten des Lobpreises: «Ich danke für ...» Die
Michel Maxime Egger                                          Blätter werden in einem Korb gesammelt und gemischt.
Brot für alle                                                Anschliessend ziehen alle einen der beschriebenen Zettel.
                                                             In einem Moment des gemeinschaftlichen Lobpreises – die
                                                             Teilnehmenden stellen sich wenn möglich in einem Kreis
Der Wandel in der Welt setzt einen inneren Wandel            auf – lesen alle die Worte der Dankbarkeit, die sie erhalten
voraus. Die Wiederbelebung der Beziehung zu ande-            haben, laut vor.
ren, zur Erde, zum Göttlichen und zu sich selbst
steht dabei im Zentrum.                                      Gebet
                                                             Gott, möge es uns gelingen, deine ganze Schöpfung, die
Dieser Vorschlag orientiert sich am Ansatz der amerikani-    Erde und jedes Sandkorn, das sie enthält, zu lieben. Möge
schen Ökophilosophin Joanna Macy. Die vier Schritte kön-     es uns gelingen, jedes Blatt und jeden Funken deines Lich-
nen zusammenhängend als Ganzes durchgeführt oder in          tes zu lieben. (Fjodor Dostojewski)
verschiedenen Feiern einzeln umgesetzt werden.
                                                             Unseren Schmerz für die Welt anerkennen
Sich in der Dankbarkeit verwurzeln                           Es geht darum, die Zerstörung der Natur, die tagtäglich
Es geht darum, sich vom andauernden Wunder des Le-           stattfindet, anzuerkennen und unsere Emotionen ange-
bens begeistern lassen. Sich für alles zu bedanken, was      sichts dieser Probleme ohne Urteil anzunehmen: Trauer,
uns in jedem Moment geschenkt ist: die Luft, die Pflanzen,   Wut, Angst, Ohnmacht, Schuld. In diese Gefühle einzutau-
unsere Mitmenschen, Gott. Dankbarkeit bedeutet, sich in      chen, ist eine Bedingung, damit uns der Verlust wirklich be-
den Lauf des Kosmos und der Geschichte einzureihen,          rühren kann. Seinen eigenen Schmerz für die Erde zu spü-
sich einzuschreiben in den Zyklus des Empfangens und         ren und zu teilen, bedeutet, einen Raum zu eröffnen, in dem
des Gebens.                                                  Mitgefühl und Solidarität zum Ausdruck kommen können.

Liedruf: Laudate omnes gentes (Taizé)                        Liedruf: Kyrie

Lesung                                                       Lesung
Ps 19                                                        Ps 86

Liedruf: Laudate omnes gentes (Taizé)                        Liedruf: Kyrie

Lesung                                                       Lesung
1 Thess 5,16–18                                              Lk 22,39–46

Symbolhandlung: Teilen der Dankbarkeit                       Symbolhandlung: Tränen – Quellen des Lebens
Material: Blätter A6, Bleistifte, Korb                       Material: eine mit Wasser gefüllte Schüssel, eine Topfpflan-
Die Teilnehmenden nehmen ein Blatt Papier und einen          ze oder Erde mit Samen

14
Baustein Ökospiritualität

Die Teilnehmenden sind dazu eingeladen, in einem Mo-           Gebet
ment der Stille dem Schmerz für die Erde und für alles, was    Wenn du am Morgen aufstehst, danke für das Licht des Ta-
sie bewohnt, nachzugehen und zu begegnen. Nach eini-           ges, für dein Leben und deine Kraft, danke für die Nahrung
gen Minuten wird die Schüssel mit Wasser herumgegeben,         und für das Glück, zu leben.
alle tauchen ihren Finger ins Wasser und sagen – leise für     (Tecumseh, Stammesführer der Shawnee)
sich oder auch laut: «Ich vergiesse Tränen für ...»
Am Schluss wird das Wasser über die Pflanze oder über          Vorwärtsgehen
die Samen gegossen. Auf diese Weise werden die Tränen          Es geht darum, zu entdecken, was wir ganz praktisch tun
zu einer Quelle des Lebens. Die Teilnehmenden können die       können, um an der Selbstheilung des Planeten und an der
Wasserschüssel in einer kleinen Prozession zu der Pflanze      Umgestaltung hin zu einer Gesellschaft, die das Leben för-
bringen und sich im Kreis um diese aufstellen.                 dert, teilzuhaben. Dieses Engagement wird tiefgehend und
                                                               nachhaltig sein, wenn es unseren tiefen Hoffnungen folgt.
Gebet                                                          Nur ein starker Wunsch, eine Vision, die uns entflammt,
Oh Gott, du bist der unergründliche Ursprung des Frie-         kann uns die Kraft und die Entschlossenheit geben, um die
dens, der unaussprechliche Ozean der Liebe und die Quel-       Hindernisse zu überwinden, die auf unserem Weg auftau-
le der Gnade. Tränke uns im Strom der reichlichen Fülle        chen werden.
deiner Gnade. (Clemens von Alexandrien)
                                                               Liedruf: Dans nos obscurités (Taizé)
Mit neuen Augen sehen
Es geht darum, unser Leben in einer umfassenderen Ge-          Lesung
schichte als in den gegenwärtigen Problemen zu verankern       Dtn 30,19–20
und dabei die verborgenen Tiefen unserer Identität zu ent-
decken. Diese Identität bezieht die Evolution des Planeten     Liedruf: Dans nos obscurités (Taizé)
und das ganze Netz des Lebens mit ein. Dieses Bewusst-
sein der inneren Zusammenhänge vertieft unsere Verant-         Symbolhandlung: befreiende Einfachheit
wortung für die Welt und die zukünftigen Generationen.         Material: ein Mülleimer voller Gegenstände, die den um-
                                                               weltbelastenden Überkonsum verkörpern (Petflaschen, an-
Liedruf: Veni Creator (Taizé)                                  dere Plastiksachen, z. B. Shampooflaschen, Plastiksäcke,
                                                               Flugtickets usw.), Notizzettel A6, Bleistifte, ein grosses
Lesung                                                         Kreuz
Gen 1,11–13.29–31                                              Die Teilnehmenden überlegen, was sie tun können, um ih-
                                                               ren ökologischen Fussabdruck zu verkleinern. Sie schrei-
Liedruf: Veni Creator (Taizé)                                  ben ihren Vorsatz auf oder stellen ihn mithilfe eines Gegen-
                                                               standes dar. Sie legen ihre Selbstverpflichtung unter das
Lesung                                                         Kreuz und sagen dabei entweder mit lauter Stimme oder
Lk 24,13–16.28–32                                              auch leise in ihrem Herzen: «Für die Erhaltung der Schöp-
                                                               fung reduziere ich meinen Konsum von …» oder «Ich habe
Symbolhandlung: das geteilte Brot                              mich entschieden zu …»
Material: Korb mit Brotstücken
Der Leiter/die Leiterin lädt die Teilnehmenden ein, zu zweit   Gebet
ein Stück Brot zu holen. Zurück an ihrem Platz tauschen sie    Gott, du hast uns deine Schöpfung anvertraut. In deinen
sich aus über folgende Fragen: Woran denkt ihr, wenn ihr       Augen ist sie sehr gut. Segne all unsere Handlungen zu ih-
dieses Stück Brot betrachtet? Was löst es in euch aus?         rem Schutz und jede Entscheidung, die wir treffen, um sie
Der Austausch schliesst mit einem Segensgebet, das an          zu schützen und ihre Vollendung zu ermöglichen.
die Verbundenheit allen Lebens erinnert: «Gepriesen bist
du Gott für dieses Brot, Frucht deiner Schöpfung und der       Schlusssegen
menschlichen Arbeit: Gepriesen bist du für die Erde, die       Möge der Heilige Geist euch in euren Vorsätzen stärken,
das Getreide getragen hat, für die Würmer und die Bakteri-     Christus euch auf eurem Weg begleiten und Gott euch bis
en, die sie fruchtbar machen, für die Sonne und den Re-        zu unserem Wiedersehen in seinen Händen halten.
gen, für jedes Samenkorn, für die Geduld des Bauern, für       (Gälischer Segensspruch)
die Hände des Bäckers …»
Die Teilnehmenden brechen das Brot und teilen es.

                                                                                                                        15
Kolumne zu 2.Kor 8-9

     «Wollen wir es wissen?»

Ulrike Henkenmeier                       «Wir konnten es so genau nicht wis-       alle willkommen mit dem, was sie ha-
Christkatholische Pfarrerin, Zürich      sen» – wahrscheinlich gibt jede Gene-     ben, und es spielt keine Rolle, was sie
                                         ration diese Antwort. Und meint, da-      nicht haben. Denn es geht nicht dar-
                                         mit davonzukommen. Die sogenannte         um, dass ihr in Not geratet, indem ihr
Wer in der Vergangenheit wühlt, sollte   Unübersichtlichkeit der Welt dient        anderen helft, es geht um einen Aus-
sich auf Überraschungen gefasst ma-      gerne als willkommene Entschuldi-         gleich.» (2 Kor 8,12f.)
chen. Wer fragt, muss auch mit den       gung und nimmt uns scheinbar aus
Antworten leben können. Und Ant-         der Verantwortung.                        Nur um einen Ausgleich ginge es.
worten können auch enttäuschen.                                                    Wegsehen wird dabei aber nicht hel-
                                         Allein, das stimmt so nicht. Die Welt     fen. Wir wollen nichts wissen von den
Fragen wir die Generation der Eltern     ist nicht unübersichtlicher geworden –    Ursachen der Kriege, des Klimawan-
und Grosseltern nach dem Krieg,          wenn wir genau hinsehen, bereit sind,     dels, der Armut? Wie steht es denn
kommen gerne ausweichende und            das Bittere auszuhalten und uns nicht     um das Angebot, das Gott immer
vage Antworten. Zum Beispiel so:         gleich wieder ablenken zu lassen,         wieder erneuert, um seine Verheis-
«Was da genau ablief, konnten wir        lässt sich auch anderes erkennen:         sung einer gerechten Welt? Wollen
nicht wissen.» Dass so viele Men-        dass sich Schlechtes auch zum Gu-         wir auch davon nichts wissen? Paulus
schen in Deutschland über das Ver-       ten wandeln kann, dass Veränderung        hilft uns nochmals zu erinnern: «In
schwinden von Tausenden von Juden        möglich ist. Im ersten Moment scheint     seiner Macht kann Gott alle Gaben
und Jüdinnen nichts gewusst, dass        das vielleicht anstrengend, längerfris-   über euch ausschütten, sodass euch
die Schweizer Banken die Herkunft        tig ist es aber eine Chance. Denn die     allezeit in allem das Nötige ausrei-
der Gelder nicht gekannt haben sol-      Welt ist vielfältig. Und Umkehr, so un-   chend zur Verfügung steht und ihr
len – all diese Antworten haben nie      sere Hoffnung, ist jederzeit möglich.     noch genug habt, um allen Gutes zu
wirklich überzeugt.                      Ein erfülltes Leben, Gerechtigkeit und    tun.» (2 Kor 9,8f.)
                                         Frieden. Im Quar tier mit fremden
Bei solchen Gedanken schiebt sich        Nachbarn, vielleicht beim gemeinsa-       Es geht um einen Ausgleich in Gottes
bei mir schnell eine unbequeme Frage     men Essen. Die Geschichte der ande-       Namen, nicht um mehr und nicht um
dazwischen. Was, wenn wir mal ge-        ren hören, hinsehen. Klingt gut, nicht?   weniger.
fragt werden? Wusstest ihr denn nicht
von den Finanzflüssen der Kriege,        Die biblischen Texte sind reich an Bil-
von den Ursachen von Terror und Ge-      dern einer anderen Welt. Und diese
walt? Wie konntet ihr wegsehen und       andere Welt will immer wieder neu
ignorieren, dass Klima, Hunger und       verwirklicht werden. Paulus ermutigt
Flucht mit der gierigen Wirtschafts-     uns im 2. Korintherbrief: «Wenn näm-
ordnung zu tun haben?                    lich der gute Wille da ist, dann sind

16
Predigt zum 1. Fastensonntag

Ringen um Wandel
Predigttext: Mk 1,12–15

                                         Wie können wir widerstehen, wie kön-
                                         nen wir uns engagieren für den Wan-
                                         del, zu dem die diesjährige Ökumeni-
                                         sche Kampagne ermutigt? Vielleicht
                                         indem wir akzeptieren – so wie uns
                                         der Lesungstext zeigt –, dass es kei-     kann. Weil das aber erst nach einer
Marie Cénec                              nen Frieden oder keinen Einklang ge-      Zeit des Ringens wahr wird, erleben
Reformierte Pfarrerin, Genf              ben kann ohne ein vorheriges Ringen       wir vorerst kleine Siege, kleine Mo-
                                         darum. So wie bei der Prüfung Jesu        mente der Geschwisterlichkeit und
                                         zu Beginn seines Wirkens. Der Heilige     des beruhigten Aufatmens. Diese Mo-
Dem Text der Versuchung in der Wüs-      Geist trieb ihn in die Wüste. Dasselbe    mente tragen den Vorgeschmack des
te wohnt ein Vorgeschmack auf das        griechische Verb, das hier für die Füh-   Paradieses und werfen uns in die Ar-
Paradies inne. Jesus wird in der Er-     rung durch den Geist in die Wüste         me der Hoffnung.
zählung als neuer Adam vorgestellt,      verwendet wird, wird auch für die Be-
der im Gegensatz zum ersten Men-         schreibung der Austreibung von Dä-        Ähnlich wie Jesus von der Ankunft
schen aber nicht der Versuchung er-      monen oder auch für die Vertreibung       des Reich Gottes predigte, können wir
liegt, sondern gestärkt daraus hervor-   Adams aus dem Garten Eden verwen-         heute davon zeugen. Es ist an uns,
geht. Darauf deuten die wenigen          det.                                      unsere kleinen Siege mitzuteilen, an
Worte hin: «Er lebte bei den wilden                                                uns, daran zu erinnern, dass überall
Tieren und die Engel dienten ihm.»       Für den Rückzug in die Wüste braucht      Alternativen und solidarische Initiativen
                                         es also Entschiedenheit. Dem Mo-          aufblühen: zum Beispiel Gemüsegär-
Jesus scheint im Einklang mit der        ment der Initiation Jesu, der sich auf    ten in Städten, die die Dominanz des
Tierwelt zu sein. Ganz anders, als es    sein öffentliches Wirken vorbereitet,     Zementes aufbrechen. Denn Men-
die Gefahr annehmen lässt, die von       geht ein kraftvoller Entscheid voraus.    schen engagieren sich und schliessen
den wilden Tieren ausgeht. So als hät-   Es gibt immer einen entscheidenden        sich zusammen, um neue Werte zu
te er den Garten Eden wiedergefun-       Moment, in dem man sich einen Ruck        verbreiten, eine neue Welt vorzuberei-
den. Dieses friedliche Zusammenle-       geben muss, um sich zu lösen, einzu-      ten. Vielleicht kein Paradies, aber eine
ben kann als eine Vorwegnahme der        tauchen und die notwendige Energie        Welt, in der ein gutes Leben möglich
endgültigen Versöhnung mit der Natur     zu finden. Um der Trägheit zu entflie-    ist, für Menschen, Tiere – für alles,
und der Welt, als eine endzeitliche      hen, um das Herz mit Neuem zu fül-        was Odem hat.
Verheissung des Friedens und der         len. Oft werden wir doch in unsere Zu-
Versöhnung verstanden werden. Aber       kunft «geworfen» – und um im Geiste
wie kann diese Verheissung in unserer    lebendig zu bleiben, haben wir keine
Welt gehört werden – in einer Welt, in   andere Wahl, als diesen kräftigen Im-
der der Mensch dem Menschen oft          puls anzunehmen.
zum Wolf wird und der Tierwelt ge-
genüber als manchmal erbarmungslo-       Niemand kann bestreiten, dass es an-
ses Raubtier auftritt?                   strengend ist, sich auf Veränderung
                                         einzulassen, die eigene Sicht- und Le-
                                         bensweise infrage zu stellen und die
                                         ungerechten Mächte dieser Welt an-
                                         zufechten. Aber: Es lohnt sich. Es
                                         lohnt sich, seine Kräfte im Glauben an
                                         eine bessere Zukunft zu entfalten, es
                                         lohnt sich, daran zu glauben, dass ei-
                                         ne Menschheit, die mit Gott und der
                                         Natur versöhnt ist, Realität werden

                                                                                                                         17
Predigt zum 2. Fastensonntag

Wandel ist möglich
Predigttext: Mk 9,2–10

                                          und der die Gesetzestafeln auf dem
                                          Sinai beschrieben hat, der sein Volk
                                          unter Gefahren und Verwirrungen an
                                          die Grenze des Gelobten Landes ge-
                                          führt hat. Was mag er wohl zu Jesus
                                          gesagt haben? Hören wir auf seine
Andreas Baumeister                        Geschichte, beginnt er zu reden:
Pastoralassistent, Aesch BL
                                          «Befrei dich von den Mächten, die         Totgeglaubtes in eurem Leben nicht
                                          dich unterdrücken. Wende dich Gott        ab, füllt Abgestorbenes mit neuem
Drei Lichtgestalten auf dem Berg im       zu und vertrau darauf, dass Gott sich     Leben! Lasst euch hin und wieder
Schatten einer Wolke. Nahezu ent-         in unserem Leben zeigt. Lass dich         von euren Träumen und Visionen in
rückt, fast übermenschlich. So kom-       nicht von Schwierigkeiten und Hinder-     den Himmel tragen – haltet an ihnen
men uns Jesus, Mose und Elias in der      nissen aus der Fassung bringen. Es        fest.»
heutigen Verklärungsgeschichte ent-       lohnt sich, das Ziel, das Entscheiden-
gegen. Petrus, Jakobus und Johan-         de im Leben nicht aus den Augen zu        Mose und Elias beflügeln die Hoffnung
nes werden Zeugen einer einzigartigen     verlieren.»                               Jesu. Sie können auch unsere Hoff-
Begegnung, die sie so überwältigt,                                                  nung beflügeln, auf eine menschliche-
dass Petrus sie am liebsten festhalten    Mose verkörpert die Zuversicht, dass      re Welt, in der alle Platz und in der alle
möchte. Und aus der Jesus verwan-         Wandel in dieser Welt möglich ist. Also   genug haben, und die Hoffnung dar-
delt und in seiner Rolle als Sohn Got-    auch heute, auch in unserem eigenen       auf, dass es sich lohnt, sich dafür ein-
tes bestätigt seinen schwierigen Weg      Leben. Wenn wir uns von Unterdrü-         zusetzen. Verwandlung ist möglich!
nach Jerusalem fortsetzen kann.           ckung befreien, auf Gottes Gegenwart      Die Verwandlung unserer Herzen und
                                          bauen und dabei das Gelobte Land          die Verwandlung unserer Welt.
Engelsgleich steht Jesus auf dem          nicht aus den Augen verlieren. Wenn
Tabor zwischen Mose und Elias vor         wir uns als einzelne oder als Kirche      Trauen wir unserer Fähigkeit, uns ver-
uns – in ein weisses Gewand gehüllt,      nicht mehr äusseren Zwängen anpas-        ändern zu lassen. Wenn wir unsere
herausgehoben und gestärkt von der        sen, wenn wir uns in unseren Familien,    Schwächen annehmen, aber auch mit
göttlichen Kraft dieses besonderen        in unserer Gemeinschaft auf Augen-        unseren Talenten wuchern, mit unse-
Moments. Angst und Zweifel sind von       höhe begegnen, gemeinsam aufbre-          ren Gaben; wenn wir das, was uns zu-
ihm abgefallen. Alles Schwere und         chen und uns von der Liebe leiten las-    fällt, entfalten und es in den Dienst der
Niederdrückende – selbst das kom-         sen, dann wird Wandel möglich.            Gemeinschaft stellen, dann können
mende Leid – erscheint mit einem Mal                                                unsere Gipfelerlebnisse uns auch in
verklärt. Alles Dunkel scheint in Licht   Die Hoffnung auf Veränderung beseelt      den Niederungen unseres Alltags lei-
getaucht, im Moment, in dem er sich       auch das Gespräch Jesu mit Elias. Er,     ten und uns bestärken: damit Wandel
nun den beiden grossen Propheten Is-      der wie Jesus 40 Tage in die Wüste        möglich bleibt!
raels zuwendet.                           gegangen ist und dort wunderbar er-
                                          nährt wurde, der ein Kind von den To-
Was mag Mose wohl zu Jesus gesagt         ten erweckt hat und am Schluss sei-
haben? Mose, der Anführer in grosser      nes Lebens in einem Feuerwagen in
Not, der sein Volk aus der Sklaverei in   den Himmel fuhr.
Ägypten herausgeführt hat. Der Gott
von Angesicht zu Angesicht gesehen        Auch Elias spricht aus den alten Ge-
                                          schichten zu Jesus und zu uns heute:
                                          «Es lohnt sich, sich hin und wieder in
                                          Stille und Einsamkeit zurückzuzie-
                                          hen – das nährt!», sagt er. «Schreibt

18
Predigt zum 3. Fastensonntag

Vom Nein zum Ja des Glaubens
Predigttext: Joh 2,13–25

                                          einer Markthalle spricht? War es denn
                                          nicht das Gesetz, das Opfer vor-
                                          schrieb? Lasst uns überlegen: Opfer
                                          darzubringen bedeutete ursprünglich
                                          Gott mittels eines Tieres der eigenen
                                          Herde etwas von sich selbst zu schen-
Célestin Kabundi Kabengele                ken. Man hatte eine Verbindung zu          Mit Jesus gehen wir dagegen noch ei-
Katholischer Priester, Lausanne           dem Tier, man kannte es, man hatte         nen Schritt weiter. Der Tempel, von
                                          es grossgezogen und ernährt. Nach          dem er spricht, der bald zerstört und
                                          und nach waren die Menschen aber           in drei Tagen wiederaufgebaut werden
Weil das Pessachfest naht, zieht Je-      alleine nach Jerusalem gekommen            soll, ist nichts anderes als der eigene
sus mit seinen Jüngern hinauf nach        und hatten dort mit dem eigenen Geld       Körper. Die Person nämlich ist der Ort
Jerusalem. Wie oft ist er wohl schon      ein Tier gekauft. Dabei entstand eine      der Gegenwart Gottes. Für Christin-
dorthin gezogen? Ohne Zweifel jedes       Verschiebung zu dem, was eigentlich        nen und Christen wird die Begegnung
Jahr. Aber dieses Mal wird alles an-      gefordert war. Statt um einen Teil sei-    mit Gott nicht dadurch erreicht, indem
ders sein. Er trifft im Tempel auf die    ner selbst, wie es die Herde eben war,     sie irgendetwas von ihrem materiellen
Händler – fast ein bisschen so, als       ging es um einen Teil seines Besitzes.     Besitz geben, sondern indem sie sich
würde er sie zum ersten Mal sehen.        Diese Verschiebung von der Bezie-          selbst hingeben.
                                          hung zur gehandelten Ware ist auch
Die Szene ist äusserst bemerkens-         heute die Wurzel unserer ökonomi-          Unser Glaube ist deshalb eine wert-
wert. Denn Jesus wird wütend. Diese       schen, sozialen und ökologischen Kri-      volle Quelle. Er erinnert uns daran, auf
Emotion ist nicht immer gerne gese-       sen: Denn wo Beziehung zur scheinbar       Jesus zu vertrauen und Veränderung
hen. Wie der Fall von Jesus zeigt,        käuflichen Ware wird, bleibt die göttli-   zu wagen. In der Nachfolge Jesu kann
kann die Wut aber auch eine wunder-       che Kraft der Liebe auf der Strecke.       sich jeder hingeben, sich wiederauf-
bare Quelle der Energie für eine Ver-                                                bauen und transformieren lassen, um
änderung sein. Das Nein der Wut ge-       Denken wir daran, welchen Verlust der      an der Schöpfung der Welt von mor-
gen irgendetwas verwandelt sich in        Sinne, des Empfindens diese Entwick-       gen teilzuhaben. Und damit für andere
ein Ja für ein Engagement. Das ist        lung von einer Liebesbeziehung zur         zu einem Ort der Begegnung mit Gott
auch bei Menschen zu erkennen, die        Handelsbeziehungen darstellt. Und          zu werden.
sich heute für ein gerechteres Wirt-      welche Möglichkeit, sich aus der Ver-
schaftssystems einsetzen.                 antwortung zu stehlen, das mit sich
                                          bringt. Papst Franziskus spricht von
Mit einer Geissel vertreibt Jesus die     der «Globalisierung der Gleichgültig-
Händler und die Opfertiere. Man kann      keit». Niemand würde ein indisches
sich die Panik vorstellen. Er schüttet    Kind oder eine chinesische Frau töten
das Geld aus, wir ft die schweren         oder einem chilenischen Bauern sein
Holztische um. Es ist erstaunlich, dass   Land entreissen wollen. Viele aber las-
man ihn so hat schalten und walten        sen ihr Geld in Firmen investiert, die
lassen.                                   ihre Medikamentenversuche mit Ba-
                                          bys in Krankenstationen durchführen,
Aber wie erklärt Jesus seine Hand-        die Arbeiter und Arbeiterinnen in ihren
lung? Und was kann uns das heute          Fabriken während 20 Stunden pro Tag
noch sagen, wenn er vom Tempel als        zur Arbeit zwingen und die die Erde
                                          verseuchen, ohne sich um deren Be-
                                          wohner zu scheren. Das alles sieht
                                          man nicht, aber man nimmt daran teil.

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