Nachhaltigen Tourismus wettbewerbsfähig gestalten - Nationale Tourismusstrategie - Arbeitsprogramm der Bundesregierung
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Nachhaltigen Tourismus wettbewerbsfähig gestalten Nationale Tourismusstrategie – Arbeitsprogramm der Bundesregierung bmwk.de
Impressum Herausgeber Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) Öffentlichkeitsarbeit 11019 Berlin www.bmwk.de Stand September 2022 Diese Publikation wird ausschließlich als Download angeboten. Gestaltung PRpetuum GmbH, 80801 München Bildnachweis A&J Fotos / iStock / Titel AscentXmedia / iStock / S. 2 pixdeluxe / iStock / S. 7 Andyworks / iStock / S. 10-11 Przemek Klos / Adobe Stock/ S. 28 Flamingo Images / Adobe Stock/ S. 38 Jüdisches Museum Frankfurt/Norbert Miguletz / S. 45 Zentraler Bestellservice für Publikationen der Bundesregierung: E-Mail: publikationen@bundesregierung.de Telefon: 030 182722721 Bestellfax: 030 18102722721 Diese Publikation wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klima- schutz im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit herausgegeben. Die Publikation wird kostenlos abgegeben und ist nicht zum Verkauf bestimmt. Sie darf nicht zur Wahlwerbung politischer Parteien oder Gruppen eingesetzt werden.
1 Inhalt I. Das Wichtigste in Kürze .............................................................................................................................................................................. 2 II. Einleitung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 III. Zu den Maßnahmen im Einzelnen ......................................................................................................................................... 10 1. Klimaneutralität, Umwelt- und Naturschutz im Tourismus stärken .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 A. Datenlage verbessern, Dialogformate etablieren und Informationen in die Fläche tragen.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 B. Klima- und umweltschädliche Emissionen im Verkehr senken – Klima- und Umweltfreundlichkeit aller Verkehrsträger verbessern.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 C. Klima-, Umwelt- und Naturschutz im Tourismus durch spezifische Projekte stärken.. . . 24 2. Fach- und Arbeitskräfte gemeinsam sichern ............................................................................................................ 28 A. Ziele setzen, Maßnahmen verknüpfen und Akteure vernetzen.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 B. Nachwuchs gewinnen, Arbeits- und Ausbildungsstellen passgenau besetzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 C. Ausländische Arbeitskräfte rekrutieren und integrieren.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 D. Arbeitsbedingungen attraktiver machen.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 3. Digitale Infrastruktur und Kompetenzen im Tourismus stärken .............................................. 38 A. Digitale Infrastruktur und Datenplattformen ausbauen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 B. Digitalisierung insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen vorantreiben.. . . . . . 41 C. Daten und Informationen bereitstellen und effizient nutzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 4. Wettbewerbsfähigkeit im Tourismus fördern – Attraktivität des Tourismusstandorts Deutschland steigern .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 A. Ländliche Räume stärken.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 B. Mittelständische Unternehmen sowie Gründerinnen und Gründer unterstützen.. . . . . . . . . . . . 48 C. Freizeit und Kultur fördern, Lebensqualität erhöhen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 D. Internationalen Tourismus beleben, Wettbewerbsbedingungen im europäischen Binnenmarkt optimieren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
I. DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE 3 In der 20. Legislaturperiode schreibt die Bundes- gasemissionen in den einzelnen Sektoren (Energie- regierung den Prozess zur nationalen Tourismus- wirtschaft, Industrie, Gebäude, Verkehr, Landwirt- strategie fort und verbessert die Koordinierung schaft und Abfall) vor. Das wirkt sich unmittelbar der Tourismuspolitik, um den Tourismusstandort auch auf die Tourismuswirtschaft als Querschnitts- Deutschland nach der Covid-19-Pandemie nach- branche aus. Diese Sektorziele führen dazu, dass haltig, klimafreundlich, sozial gerecht und innova- auch im Bereich der Tourismuswirtschaft die tiv zu gestalten. Treibhausgasemissionen absolut reduziert werden müssen. Als ersten Schritt hierzu legt die Bundesregierung das nachfolgende Arbeitsprogramm vor, in dem 2. D atenlage verbessern, Dialogformate etablie- branchenübergreifende und branchenspezifische ren und Informationen in die Fläche tragen Maßnahmen und Projekte aus den Bundesressorts in den Bereichen Klimaneutralität, Klima- und Die Bundesregierung will die Datengrundlagen Naturschutz, Fachkräftesicherung, Digitalisierung im Bereich Klimaneutralität, Umwelt- und Natur- und Wettbewerbsfähigkeit gebündelt werden. Auf schutz verbessern und Unternehmen wie auch Rei- diese Weise werden die unterschiedlichen Facetten sende stärker für das Thema Klima- und Umwelt- der Querschnittsbranche Tourismus adressiert und schutz sensibilisieren. Dazu wird z. B. der Deutsche zahlreiche Anknüpfungspunkte geschaffen, um die Klimafonds Tourismus (DKT) etabliert, der es der Herausforderungen in den Kernbereichen Klima- Tourismusbranche leichter machen soll, Treib- neutralität/Umwelt- und Naturschutz, Fachkräfte- hausgas-Reduktionen (THG) umzusetzen und zu sicherung, Digitalisierung und wettbewerbsfähiger dokumentieren. Darüber hinaus wird die Touris- Tourismus anzugehen. muswerbung der Deutschen Zentrale für Touris- mus (DZT) stärker auf das Thema Klimaschutz aus- 1. Arbeitsprogramm als kontinuierlicher Prozess gerichtet werden. Die Bundesregierung wird das Arbeitsprogramm 3. K lima- und umweltschädliche Emissionen im in der 20. Legislaturperiode kontinuierlich weiter- Verkehr senken – Klimafreundlichkeit aller entwickeln. Sie lädt die für die Tourismuswirtschaft Verkehrsträger verbessern relevanten Akteure, insbesondere die Länder, Destinationen und die Branche selbst, dazu ein, Tourismus ist ohne Mobilität nicht denkbar. Sie kli- sich mit eigenen Maßnahmen zu beteiligen, damit mafreundlicher zu gestalten, ist ein zentraler Hebel größtmögliche Praxisnähe geschaffen und Syn- für emissionsärmeren Tourismus. Die Bundesre- ergien genutzt werden. gierung stärkt umweltfreundliche Verkehrsmittel wie die Schiene, u. a. durch den Deutschlandtakt, und das Fahrrad, z. B. durch den Ausbau der Rad- Klimaneutralität/Umwelt- und verkehrsinfrastruktur. Aber auch der Straßen-, Naturschutz Luft- und Schiffsverkehr werden fester Bestand- teil des Reisens bleiben und müssen umwelt- und Das Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) sieht klimafreundlicher werden. Deshalb fördert die ehrgeizige Vorgaben zur Reduktion der Treibhaus- Bundesregierung beispielsweise den Ausbau der
4 I . DA S W I C H T I G S T E I N K Ü R Z E Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität sowie punkte, die u. a. das Ausschöpfen der inländischen die Entwicklung neuer Antriebe und Kraftstoffe. und ausländischen Fachkräftepotenziale sowie das Um Maßnahmen für eine klimaneutrale Luftfahrt lebenslange Lernen umfassen. Um alle relevan- zu bündeln, hat sie dazu im Juni 2022 ein gemein- ten Akteure zu vernetzen, wird u. a. die Allianz für sames Papier vorgelegt. Die Bundesregierung Aus- und Weiterbildung fortgesetzt sowie der Auf- unterstützt zudem ambitionierte Quoten für bau von Weiterbildungsverbünden gefördert. Als Power-to-Liquid (PtL) im Luft- und Schiffsverkehr, übergreifende Maßnahme unterstützt auch das um einen Markthochlauf anzureizen, oder fördert von der Bundesregierung geförderte Kompetenz- die Landstromversorgung von Schiffen an Häfen. zentrum Fachkräftesicherung im Sinne einer Hilfe zur Selbsthilfe KMU dabei, Fachkräfte zu finden, zu 4. K lima-, Umwelt- und Naturschutz im binden und weiter zu qualifizieren. Tourismus durch spezifische Projekte stärken 6. N achwuchs gewinnen, Arbeits- und Zu besserem Klima-, Umwelt- und Naturschutz Ausbildungsstellen passgenau besetzen können die verschiedensten Bereiche der Quer- schnittsbranche Tourismus beitragen. Die Bundes Mit Programmen wie der „Passgenauen Besetzung“ regierung unterstützt z. B. Projekte für mehr oder der Förderung des SCHULEWIRTSCHAFT- Regionalität und Umweltfreundlichkeit bei Preises „Das hat Potenzial!“ will die Bundesregie- Lebensmitteln oder auch für mehr Klimaschutz rung Nachwuchs- und Passungsproblemen auf und Nachhaltigkeit im Kulturbereich sowie in Tou- dem Ausbildungsmarkt entgegentreten. rismusdestinationen mit dem Bundeswettbewerb. Mit „LIFT Klima“ werden vorbildliche Projekte 7. A usländische Arbeitskräfte rekrutieren und kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) im integrieren Hinblick auf die Verbindung von Klimaschutz mit wirtschaftlicher Entwicklung gefördert. Mit den Willkommenslotsen und dem „Netzwerk Unternehmen integrieren Flüchtlinge“ unterstützt die Bundesregierung Unternehmen bei der Beset- Fachkräftesicherung zung von offenen Ausbildungs- und Arbeitsstellen mit Geflüchteten; ein besonderer Schwerpunkt liegt 5. Z iele setzen, Maßnahmen verknüpfen und dabei aktuell auf Geflüchteten aus der Ukraine, für Akteure vernetzen die gerade der Tourismussektor eine Perspektive bieten kann. Innerhalb des Pilotprojekts „Hand in Motivierte, gut ausgebildete Mitarbeiterinnen Hand for international Talents“ sollen aus Indien, und Mitarbeiter sind immer schwerer zu gewin- Brasilien und Vietnam Fachkräfte u. a. für das Gast- nen und zu halten – das gilt auch und insbeson- gewerbe rekrutiert werden. Darüber hinaus sind dere im Tourismus. Die Bundesregierung nimmt Verfahrenserleichterungen für die Anerkennung sich dieses Themas branchenübergreifend an und von Bildungs- und Berufsabschlüssen für ausländi- setzt mit der Fachkräftestrategie wichtige Schwer- sche Arbeitskräfte geplant.
I. DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE 5 8. Arbeitsbedingungen attraktiver machen digitale Zeitalter erleichtern, u. a. mit den Program- men Netzwerk Mittelstand Digital, Digital Jetzt, Mit zunehmenden Fachkräfteengpässen gewinnt go digital oder DigiRess (Digitale Anwendungen die Verbesserung von Arbeitsqualität und Arbeits- zur Steigerung der Ressourceneffizienz in zirkulä- kultur an Bedeutung. Dies ist im Wesentlichen ren Produktionsprozessen). Aufgabe der Arbeitgebenden. Die Bundesregierung unterstützt deren Anstrengungen u. a. mit der Initi- 11. D aten und Informationen bereitstellen ative Neue Qualität der Arbeit (INQA). Gemeinsam und effizient nutzen mit verschiedenen Partnern schafft sie darin Expe- rimentierräume, die Lösungen für gute Arbeitsbe- Um die Digitalisierung für spezifische Belange dingungen und eine mitarbeiterorientierte Arbeits- der Tourismuswirtschaft nutzen zu können, müs- kultur auch in einer veränderten Arbeitswelt sen Daten und Informationen in adäquater Form erarbeiten; die Lösungen richten sich vornehmlich bereitgestellt werden. Dafür sorgt u. a. das Know- an KMU. ledge Graph Projekt der DZT, über das die Mög- lichkeiten des Einsatzes digitaler Technologien im Tourismusmarketing verbessert werden sollen. Digitalisierung Das Projekt Datenraum Kultur ermöglicht einen dezentralen und sicheren Datenaustausch im Kul- 9. D igitale Infrastruktur und Datenplattformen turbereich und fördert damit digital basierte Ange- ausbauen bote. Mit der Initiative Stadt.Land.Digital will die Bundesregierung Kommunen informieren und Die Digitalisierung wird in Zukunft auch das vernetzen, die auf dem Weg zur Kommune der Reisen und den Tourismus deutlich verändern und Zukunft, zur „intelligenten“ Stadt oder „smarten“ bietet vielfach auch Lösungen für aktuelle Heraus- Region sind. forderungen und Probleme der Branche an. Eine adäquate digitale Infrastruktur ist dafür Grund voraussetzung. Die Bundesregierung unterstützt Wettbewerbsfähiger Tourismus den Ausbau z. B. mit der Gigabitstrategie. 12. L ändliche Räume stärken 10. D igitalisierung insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen vorantreiben Die Bundesregierung flankiert die Entwicklung ländlicher Räume insbesondere im Rahmen der Die Nutzung digitaler Technologien ist oft in KMU Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regio- aufgrund fehlender personeller und finanzieller nalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW). Hiervon pro- Ressourcen geringer ausgeprägt als in Großunter- fitiert häufig der Tourismus in großem Maße, da nehmen. Deshalb will die Bundesregierung ins- er in vielen ländlichen Räumen einen besonders besondere KMU, die auch die Tourismusbranche gewichtigen Wirtschaftsfaktor darstellt. In der lau- prägen, mit verschiedenen Angeboten den Weg ins fenden Neuausrichtung, bei der Ziele, Fördervor-
6 I . DA S W I C H T I G S T E I N K Ü R Z E aussetzungen und Schwerpunkte der Förderung nahmen wie der Innenstadt- und der Einzelhan- überprüft und angepasst werden, wird die Bundes delsstrategie die Attraktivität der Innenstädte und regierung die wichtige Rolle des Tourismus im unterstützt in verschiedenen Programmen bundes- Blick behalten. weit und regional die deutsche Kulturlandschaft in ihrer ganzen Vielfalt. Daneben stärkt sie beispiels- 13. M ittelständische Unternehmen sowie weise mit dem Masterplan Freizeitschifffahrt und Gründerinnen und Gründer unterstützen dem 1000-Bahnhöfe-Programm weitere touris- musrelevante Angebote in den Regionen. Der Tourismus ist eine überwiegend mittelstän- disch geprägte Branche. Auf diese Weise kann sie 15. I nternationalen Tourismus beleben, überproportional von den Förder- und Beratungs- Wettbewerbsbedingungen im europäischen angeboten der Bundesregierung profitieren, die Binnenmarkt optimieren sich ganz allgemein an KMU richten. Eine wichtige Rolle spielt für KMU der Abbau unverhältnismä- Die Bundesregierung will nicht nur den Inlands- ßiger Bürokratie. Die Bundesregierung plant dazu tourismus fördern, sondern auch zur Erholung des ein ressortübergreifendes Entlastungsgesetz sowie internationalen Tourismus beitragen. Im Fokus Praxischecks für KMU in bestimmten Politik steht u. a. die Koordinierung mit den relevanten bereichen. Akteurinnen und Akteuren auf europäischer und internationaler Ebene, um Störungen im inter- 14. Freizeit und Kultur fördern, Lebensqualität nationalen Tourismus so gering wie möglich zu erhöhen halten. Gleichzeitig will die Bundesregierung zur Krisenbewältigung, zum Wiederaufbau nach der Für Wettbewerbsfähigkeit und Akzeptanz im Tou- Covid-19-Pandemie und zur Förderung der Resili- rismus ist es unabdingbar, die Gegebenheiten in enz der Tourismuswirtschaft in Entwicklungs- und den Regionen – sowohl auf dem Land als auch in Schwellenländern beitragen. Denn gerade in diesen den Städten – so attraktiv wie möglich zu gestalten Ländern leistet der Tourismus einen wesentlichen und dabei die Interessen der lokalen Bevölkerung Beitrag zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen zu achten. Die Bundesregierung fördert mit Maß- Stabilisierung.
7 II. Einleitung
8 II. EINLEITUNG Die Bundesregierung hat am 6. Juli 2022 die Eck- che selbst, dazu ein, sich mit eigenen Maßnahmen punkte zur Weiterentwicklung der Nationalen zu beteiligen, damit größtmögliche Praxisnähe Tourismusstrategie (NTS) verabschiedet1. Dort geschaffen und Synergien genutzt werden. hat sie sich verpflichtet, ein Arbeitsprogramm mit konkreten Maßnahmen vorzulegen, das sich an Bei der Konzeptionierung des Arbeitsprogramms den Zielvorgaben des Koalitionsvertrags für die hat sich die Bundesregierung von den aktuellen 20. Legislaturperiode (KoaV) und dem Zielbild der Herausforderungen für die Tourismuswirtschaft lei- deutschen Nachhaltigkeitsstrategie 2021 orientiert. ten lassen. Die Tourismuswirtschaft ist noch dabei, Als wesentliche Bausteine der NTS identifizieren sich von den massiven wirtschaftlichen Auswirkun- die Eckpunkte die Kernthemen „Klimaneutralität/ gen der Covid-19-Pandemie zu erholen. Inflation, Umwelt- und Naturschutz“, „Fachkräftesicherung“, explodierende Energiekosten, steigende Lebensmit- „Digitalisierung“ und „Wettbewerbsfähiger Tou- telpreise und andere unabsehbare Folgen des Kriegs rismus“, unter denen die relevanten Maßnahmen in der Ukraine belasten die Branche zusätzlich und gebündelt werden. Die Bundesregierung berück- hemmen den Aufschwung. Im Vorkrisenjahr 2019 sichtigt bei der Fortschreibung der NTS zudem die erwirtschaftete die Tourismusbranche 124 Milliar- Initiative der Europäischen Kommission betreffend den Euro und damit vier Prozent der Wertschöp- den Übergangspfad für den Tourismus (Transition fung in Deutschland; einschließlich der indirekten Pathway for Tourism – TTP), dessen Bericht am Effekte durch die inländischen Zulieferungsberei- 4. Februar 2022 veröffentlicht wurde2. Der TTP che waren es sogar knapp sieben Prozent. Die Zahl bietet einen Orientierungsrahmen mit 27 Hand- der direkt oder indirekt im Tourismus Erwerbstäti- lungsempfehlungen für den grünen und digitalen gen belief sich auf 4,1 Millionen, das sind rund neun Wandel des Tourismus, dessen Kernthemen in vie- Prozent aller Arbeitnehmenden in Deutschland. Im len Bereichen Überschneidungen mit den Zielen Jahr 2020 verbuchte allein das Gastgewerbe nach der NTS aufweisen. Schließlich knüpft das Arbeits- Schätzungen des Statistischen Bundesamts einen programm an Vorarbeiten aus der 19. Legislatur- Umsatzeinbruch von fast 39 Prozent und im Jahr periode an, insbesondere an die im Dialog mit der 2021 von gut 40 Prozent (jeweils gegenüber 2019). Branche und weiteren Stakeholdern erarbeiteten In der Reisewirtschaft fiel der Einbruch mit gut 71 Handlungsempfehlungen, soweit diese mit den in Prozent im Jahr 2020 sogar noch drastischer aus. der 20. Legislaturperiode vereinbarten Zielsetzun- Zudem leidet die Branche – auch coronabedingt – gen kompatibel sind3. Die Bundesregierung wird überproportional am Fachkräftemangel4. Die Bun- das Arbeitsprogramm in der 20. Legislaturperiode desregierung hat den wirtschaftlichen Folgen der kontinuierlich weiterentwickeln. Sie lädt die für Pandemie mit den Corona-Hilfen Rechnung getra- die Tourismuswirtschaft relevanten Akteure, ins- gen, von denen die Tourismuswirtschaft mit knapp besondere die Länder, Destinationen und die Bran- 24 Mrd. Euro und damit über 42 Prozent der Über- 1 Vgl. https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/E/eckpunkte-zur-weiterentwicklung-der-nationalen-tourismusstrategie.html. 2 Vgl. https://op.europa.eu/en/publication-detail/-/publication/404a8144-8892-11ec-8c40-01aa75ed71a1, unter der die deutsche Fassung des Berichts abgerufen werden kann. 3 Vgl. „Vorschläge für einen Aktionsplan der Bundesregierung mit Handlungsempfehlungen in Umsetzung der vom Bundeskabinett beschlossenen programmatischen Eckpunkte für eine Nationale Tourismusstrategie“ (2021); abrufbar unter https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/V/ vorschlaege_fuer_einen_aktionsplan_fuer_eine_nts.pdf?__blob=publicationFile&v=4. Zu den einzelnen Empfehlungen siehe die konkreten Maßnahmenvorschläge unter III dieses Arbeitsprogramms. 4 Vgl. dazu ausführlich Ziffer II. 2. dieses Arbeitsprogramms.
II. EINLEITUNG 9 brückungs-, November-/Dezember- und Neustart- sind. Vielmehr profitiert der Tourismus auch und hilfen (Stand: 19.5.2022) überproportional profitiert gerade von branchenübergreifenden Initiativen, hat. Damit hat sie entscheidend dazu beigetragen, die eine deutlich größere Breitenwirkung entfalten die vielfältigen Strukturen durch die Covid-19- können. Beispiele hierfür sind Initiativen zur klima Pandemie hindurch zu retten. freundlichen Mobilität, zur Fachkräftesicherung durch die passgenaue Besetzung, zur Innovations- Die Covid-19 Pandemie hat zudem ohnehin beste- förderung und Digitalisierung oder zur Förderung hende Herausforderungen für die Tourismuswirt- ländlicher Räume. Ergänzend hierzu zeigt das schaft verdeutlicht und verschärft; das gilt beispiels- Arbeitsprogramm eine Fülle von Vorhaben auf, die weise für den Bedarf an digitalen Lösungen und direkt auf die Bedürfnisse der Tourismuswirtschaft Tools sowie für Fach- und Arbeitskräfteengpässe. und ihrer Akteure zugeschnitten sind. So wird eine Entsprechend den Eckpunkten bedarf der Touris- sinnvolle Verzahnung von branchenübergreifen- mus daher eines doppelten Neustarts: Zum einen den und branchenbezogenen Maßnahmen erreicht. muss die Branche ihre Strukturen hin zu mehr Die Umsetzung haushaltsrelevanter Maßnahmen Resilienz fortentwickeln – und dies umso mehr, erfolgt vorbehaltlich der Verfügbarkeit entsprechen- als die Branche durch den russischen Angriffskrieg der Haushaltsmittel. Soweit konkrete Maßnahmen auf die Ukraine und die drohende Energiekrise zu Ausgaben im Bundeshaushalt führen, stehen sie neue Unsicherheiten und Belastungen schultern unter Finanzierungsvorbehalt und sind innerhalb muss. Zum anderen muss sie eine Transformation der jeweils zuständigen Ressorts gegenzufinanzie- verwirklichen und sich klimaneutral, nachhaltig, ren, sofern der Haushaltsgesetzgeber keine zusätz- digital und zukunftsfähig aufstellen. Eine nachhal- lichen Mittel zur Verfügung stellt. tige Tourismuswirtschaft und mit ihr eine dauer- hafte Wertschöpfung setzen zwingend voraus, dass Alles in allem ist es Zweck dieses Arbeitsprogram- Umwelt, Natur und Klima geschützt, lebenswerte mes, Transparenz über die laufenden und geplanten natürliche und kulturelle Lebensräume bewahrt, Initiativen des Bundes für alle relevanten Betei- Fach- und Arbeitskräfte gebunden und die Interes- ligten im Bund, in den Ländern und in den Desti- sen der lokalen Bevölkerung geachtet werden. Dies nationen sowie für die Branche, die Wissenschaft zu erreichen, ist die Branche in erster Linie selbst und die Zivilgesellschaft herzustellen. Durch die gefordert. Die Bundesregierung will sie mit geeig- Bündelung und strategische Ausrichtung unter die neten Rahmenbedingungen unterstützen. jeweiligen Zukunftsthemen schafft das Arbeits- programm die Basis für alle adressierten Perso- Als Querschnittsbranche weist die Tourismuswirt- nen, diese Angebote aktiv zu nutzen, und lädt dazu schaft Berührungspunkte mit den Aufgabenberei- ein, eigene Initiativen einzubringen, Synergien zu chen vieler Bundesministerien auf, deren Vorha- erzeugen und somit die NTS weiterzuentwickeln. ben Eingang in dieses Arbeitsprogramm gefunden Um diesen Prozess zu steuern und die relevanten haben. Gute Rahmenbedingungen für einen wett- Akteure zu vernetzen, wurde in den Eckpunkten bewerbsfähigen Tourismusstandort Deutschland, der Bundesregierung zur NTS die Nationale Platt- die der Bund in seiner Verantwortung fördern kann, form „Zukunft des Tourismus“ als zentrale Struk- werden nicht nur durch Maßnahmen erreicht, die tur eingesetzt; sie wird Anfang 2023 ihr operatives allein auf die Tourismusbranche zugeschnitten Geschäft aufnehmen.5 5 http://bmwk.de/eckpunkte-zur-weiterentwicklung-der-nationalen-tourismusstrategie.
10 III. Zu den Maßnahmen im Einzelnen
11 1. Klimaneutralität, Umwelt- und Naturschutz im Tourismus stärken
12 1. K L I M A N E U T R A L I TÄT, U M W E LT- U N D N AT U R S C H U T Z I M TO U R I S M U S S TÄ R K E N Der Erhalt einer intakten Umwelt und der des bei der Erderwärmung zu leisten. Dabei wirken Schutz des Klimas sind wichtige Voraussetzun- sich die im Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) vor- gen dafür, die Existenzgrundlagen des Touris- gesehenen ehrgeizigen Vorgaben zur Reduktion mus auch langfristig zu sichern. Schon aus diesem der Treibhausgasemissionen in den einzelnen Sek- Grund muss die Tourismuswirtschaft selbst ein toren (Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude, Ver- Verantwortungsbewusstsein dafür haben, ihren kehr, Landwirtschaft und Abfall) auch auf die Tou- ökologischen und klimabelastenden Fußabdruck rismuswirtschaft als Querschnittsbranche aus. Die so klein wie möglich zu halten. Gleichzeitig gilt Sektorziele führen dazu, dass auch im Bereich der es, Antworten auf die aus den Folgen des Klima- Tourismuswirtschaft die Treibhausgasemissionen wandels resultierenden Herausforderungen im absolut reduziert werden müssen. Hinblick auf den Fortbestand etablierter Geschäfts- und Wertschöpfungsmodelle zu finden. Auf diese Alle Initiativen auf nationaler Ebene zur Förderung Weise lässt sich die Attraktivität touristischer Des- der Klimaneutralität und des Umwelt- und Natur- tinationen und damit die Grundlage einer erfolg- schutzes im Tourismus sollten die Empfehlungen reichen Tourismuswirtschaft bewahren und gleich- des europäischen Übergangspfads für den Tou- zeitig die Akzeptanz touristischer Aktivitäten in rismus (TTP) berücksichtigen, bei dem die grüne den Destinationen erhöhen. Zudem zeigt sich, dass neben der digitalen Transformation des Tourismus die Kundschaft verstärkt mehr Nachhaltigkeit und im Vordergrund steht und Leitmotiv der vorge- Umweltschutz im Tourismus wünscht, so dass zu schlagenen Maßnahmen ist. erwarten ist, dass Nachhaltigkeit in Zukunft ein relevanter Wettbewerbsfaktor sein kann. Der Übergangspfad für den Tourismus (TTP) setzt dabei auf verschiedenen Initiativen auf EU-Ebene Die Bundesregierung wird die Transformation der auf. Sie betreffen verschiedenste tourismusrele- Tourismuswirtschaft hin zu Treibhausgasneutrali- vante Aspekte, u. a. in den Bereichen Mobilität, tät, zu einer adäquaten Anpassung an den Klima- Kreislaufwirtschaft/Abfallvermeidung, Gebäudeef- wandel und zu einem umfassenden Umwelt- und fizienz oder den Schutz der Meere. Zu diesen Initi- Naturschutz begleiten. Dabei müssen die wesent- ativen gehören z. B. die EU-Mission „Klimaneutrale lichen Potenziale zur Reduzierung von Treibhaus- und intelligente Städte“, die Initiative „Destina- gasemissionen und der Beeinträchtigung von tion 2050“, in der Akteure der europäischen Luft- Mensch und Umwelt im Zusammenhang mit den verkehrsbranche ihre Vision zur Reduzierung von verschiedenen Tourismusaktivitäten identifiziert luftverkehrsbedingten CO2-Emissionen bis 2050 und die vielfältigen – auch branchenübergreifen- darlegen, die Strategie „Eine Renovierungswelle den – Initiativen genutzt werden: Klimaschutz und für Europa“ sowie der Aktionsplan für die Kreis- Klimaresilienz müssen bei allen Entscheidungen laufwirtschaft und der Null-Schadstoff-Aktions- der Tourismuspolitik auf allen föderalen Ebenen plan, nach denen das Gastgewerbe und die Tou- eine tragende Rolle spielen. rismuswirtschaft auf kreislauforientierte Modelle hinarbeiten und ihren ökologischen Fußabdruck Mit Blick auf die klimapolitischen Ziele auf natio- verringern sollen. Diese Initiativen und Strategien naler, europäischer und internationaler Ebene ist will der TTP für den Tourismus konkretisieren. Da- der Tourismus gefordert, einen sichtbaren Beitrag bei ist der Gedanke einer grünen Transformation zum Erreichen dieser Ziele und eines 1,5-Grad-Pfa- des Tourismus auch im europäischen Green Deal
1. K L I M A N E U T R A L I TÄT, U M W E LT- U N D N AT U R S C H U T Z I M TO U R I S M U S S TÄ R K E N 13 und in den Vorschlägen der EU-Kommission für diesem Ansatz sind allerdings die von deutschen eine neue Klima-, Energie-, Verkehrs- und Steuer- Reisenden im Ausland oder bei der Produktion von politik innerhalb ihres „Fit for 55“-Pakets, das eine Vorleistungen anfallenden Emissionen noch nicht Senkung der Netto-Treibhausgasemissionen bis berücksichtigt, denn das TSA beschränkt sich auf 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 die gesamtwirtschaftliche Betrachtung nach dem und Klimaneutralität bis 2050 anstrebt, tief ver- Inlandskonzept. wurzelt. Hier wird zwar die Tourismuswirtschaft nicht direkt angesprochen; die Verhandlungen Andere gesamtwirtschaftliche Rechnungen in und Beschlüsse der gesetzgebenden Organe über verschiedenen Studien7 kommen aufgrund der die Legislativvorschläge werden aber erheblichen Anwendung anderer Berechnungsmethoden und Einfluss auf die Umstellung auf klimafreundliche konzeptioneller Abgrenzung zum Teil zu abwei- grüne Tourismusdienstleistungen und -tätigkeiten chenden Ergebnissen8. Auch die Reisewirtschaft haben. selbst hat zwischenzeitlich eine Reihe von bran- chengetriebenen Ansätzen und Projekten in Angriff genommen. Insbesondere im Bereich der Methodik A. Datenlage verbessern, Dialogformate (u. a. Messung des CO2-Fußabdrucks) gibt es Vor- etablieren und Informationen in die stöße auf verschiedenen Ebenen, bei denen aller- Fläche tragen dings eine Konvergenz hin zu einer einheitlichen Vorgehensweise noch in den Anfängen steht. Die Um die klimapolitischen Ziele zu erfüllen, ist es Herausforderung wird daher in Zukunft sein, eine unabdingbar, die auf den Tourismus zurückge- Vergleichbarkeit und Vernetzung solcher Kennzif- henden Treibhausgasemissionen verlässlich zu fern durch möglichst umfangreiche Transparenz bestimmen. Bereits jetzt steht hierfür das Touris- und – wo möglich – Konsistenz von Datengrund- mus-Satelliten-Konto (TSA) des Statistischen Bun- lagen und Methodiken sicherzustellen. Hierfür ist desamtes zur Verfügung, das die wirtschaftlichen unbedingt die amtliche Statistik miteinzubeziehen. Effekte und die umweltrelevanten Folgen des Tou- rismus – Treibhausgas-, Luftschadstoffemissionen, Das trifft ebenso auf die bereits erhobenen Daten Energieverbrauch, Rohstoffeinsatz – quantifiziert.6 zu Luftschadstoffemissionen, Energieverbrauch Danach haben Tourismusaktivitäten in Deutsch- und Rohstoffeinsatz zu. Darüber hinaus sind wei- land im Jahr 2019 24,6 Millionen Tonnen an Treib- tere, für den Tourismus relevante Umweltindika- hausgasemissionen verursacht, das sind 2,6 Prozent toren, wie dessen Wirkungen auf die biologische aller in Deutschland entstandenen Emissionen. In Vielfalt, Lärmbelastung, Flächeninanspruchnahme 6 Vgl. „Aktuelle Daten zur Tourismuswirtschaft. Wirtschaftliche Bedeutung und Nachhaltigkeit.“ Statistisches Bundesamt, 2021. Abrufbar unter https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Volkswirtschaftliche-Gesamtrechnungen-Inlandsprodukt/Publikationen/Downloads-Input-Output- Rechnung/aktuelle-daten-tourismuswirtschaft.pdf?__blob=publicationFile. 7 Z. B. „Messung der Nachhaltigkeit des Tourismus in Deutschland – Entwicklung eines Tourismus-Nachhaltigkeits-Satellitenkontos“ im Auftrag des Umweltbundesamts – Zwischenbericht veröffentlicht im Jahr 2021, abrufbar unter https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/messung-der- nachhaltigkeit-des-tourismus-in – Veröffentlichung Abschlussbericht vstl. September 2022. 8 Vgl. z. B. „Treibhausgas-Emissionen im Deutschland-Tourismus“ – Themenpapier im Rahmen des Projektes „Weiterentwicklung des nachhaltigen Tourismus: Identifizierung von Synergieeffekten zur Stärkung der Kooperation mit und zwischen wichtigen Beteiligten“, abrufbar unter https://www. umweltbundesamt.de/publikationen/treibhausgas-emissionen-im-deutschland-tourismus oder das Projekt „Green Tourism“ der Leuphana-Universität zur Beurteilung der Nachhaltigkeit von Reiseketten, https://www.leuphana.de/institute/imo/tourismusmanagement/forschung-projekte/green-tourism.html.
14 1. K L I M A N E U T R A L I TÄT, U M W E LT- U N D N AT U R S C H U T Z I M TO U R I S M U S S TÄ R K E N oder Abfallaufkommen, zu berücksichtigen. Da discher Aktualisierungen sollen die erreichten hierzu noch keine vergleichbaren Datengrundlagen Reduktionen dokumentiert und bewertet werden. und Erhebungsmethoden mit Bezug zum Touris- Der DKT unterstützt die Einführung von Maßnah- mus zur Verfügung stehen, sind geeignete Ansätze men zur Treibhausgasreduktion bei inländischen weiter zu erforschen und entwickeln. Die Bundes- Destinationen und Leistungsträgern entlang der regierung will die Datengrundlagen im Bereich touristischen Wertschöpfungskette. Die Tourismus- Klimaneutralität, Umwelt- und Naturschutz ver- wirtschaft wird mit dem branchenspezifischen bessern und darauf aufbauend die bestehenden THG-Inventar über ein wissenschaftlich geprüftes branchenübergreifenden Initiativen stärker für den Instrument verfügen, um treibhausgasreduzierende Tourismus nutzbar machen und sie durch passge- Maßnahmen zu dokumentieren. Um den Anschluss naue, branchenspezifische Maßnahmen ergänzen. an den aktuellen politischen Prozess zu gewähr- Dabei wird sich die Bundesregierung für einen leisten, erfolgt ein enger Austausch hinsichtlich der Gleichklang der Initiativen auf EU-, nationaler und Methodik zur THG-Berechnung und der Integra- regionaler Ebene einsetzen. tion des Brancheninventars in das Nationale THG- Inventar mit dem Umweltbundesamt (UBA) und Deutscher Klimafonds Tourismus (DKT) dem Statistischen Bundesamt. Im Herbst 2022 soll im Rahmen der Nationalen Initiativen zum Thema Klimaanpassung Klimaschutzinitiative das Verbundprojekt „Kon- zeption und Pilotierung des Deutschen Klima- Die – regional sehr unterschiedlichen – Auswir- fonds Tourismus“ starten. Ziel des Vorhabens ist die kungen des Klimawandels verändern die Rahmen- Institutionalisierung eines DKT. Dieser soll es der bedingungen des Lebens und Wirtschaftens und Tourismusbranche ermöglichen, wirksame THG- wirken sich in besonderer Weise auch auf etab- Reduktionen im Einklang mit den nationalen Kli- lierte Geschäftsmodelle im Tourismussektor aus. maschutzzielen in Deutschland zu entwickeln, zu Zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit der Branche implementieren und zu dokumentieren. In Dekar- ist es deshalb von zentraler Bedeutung, dass die bonisierungsworkshops sollen langfristig realisier- Anpassung an den Klimawandel von allen Akteu- bare Reduktionsziele für die Tourismuswirtschaft ren als zentrale Herausforderung erkannt wird. formuliert werden, die sich an den nationalen Handlungsbedarfe für Destinationen und Unter- Minderungszielen orientieren. Darauf basierend nehmen und gegebenenfalls erforderliche Unter- sollen mit Hilfe eines Berater-Pools modellhafte stützungsbedarfe durch die Bundesregierung müs- Lösungen zur Reduktion von THG-Emissionen sen frühzeitig identifiziert werden, um auf dieser der touristischen Leistungsträgerinnen und Leis- Grundlage passgenaue Anpassungsmaßnahmen tungsträger entwickelt und erprobt werden. Ein zu entwickeln. Im Rahmen des Forschungsvorha- branchenspezifisches und rechtskonformes Finan- bens des Bundesministeriums für Umwelt, Natur- zierungsmodell für Klimaschutzaktivitäten soll die schutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz Implementierung dieser Lösungen beschleunigen. (BMUV) „Folgen des Klimawandels für den Touris- Darüber hinaus ist geplant, ein branchenweites mus in den deutschen Alpen- und Mittelgebirgs- THG-Inventar zu entwickeln, welches kompatibel regionen und Küstenregionen sowie auf den Bade- zum nationalen THG-Inventar ist. Mittels perio- tourismus und flussbegleitende Tourismusformen
1. K L I M A N E U T R A L I TÄT, U M W E LT- U N D N AT U R S C H U T Z I M TO U R I S M U S S TÄ R K E N 15 (z. B. Radwander- und Wassertourismus)“9 wurde wandels – kann ein Überblick über bereits erprobte hierfür ein Klimainformationssystem10 entwickelt. Maßnahmen gewonnen werden. Über die Filter- Dieses Online-Tool bildet die Klimaänderungen funktion können z. B. nur Maßnahmen mit Rele- der Vergangenheit ab und gibt einen Ausblick auf vanz für den Tourismus angezeigt werden. ein mögliches zukünftiges Klima in allen deut- schen Tourismusregionen. Verschiedene klima- Darüber hinaus stehen Programme zur Anpassung tische Kennzahlen stehen als interaktive Karte, an den Klimawandel im Rahmen der Deutschen Datentabelle oder Zeitreihe zur Verfügung. Für Anpassungsstrategie (DAS)13 auch Projekten mit die Anpassung an den Klimawandel als langfris- Tourismusbezug zur Verfügung, darunter auch das tiger Prozess ist eine strategische Vorgehensweise neue Sofortprogramm Klimaanpassung14. wichtig. Dafür wurde ein Handlungsleitfaden11 speziell für Destinationsmanagement entwickelt, Die anpassungsrelevanten Belange des Tourismus- der hierbei eine Hilfestellung bieten soll. In sieben sektors wird die Bundesregierung bei der gemäß Modulen von der Vorbereitung bis zu der Evaluie- Koalitionsvertrag vereinbarten Fortentwicklung rung des Fortschritts wird der Anpassungsprozess der Deutschen Anpassungsstrategie und bei der dargestellt und durch Checklisten, Praxisbeispiele Erarbeitung eines Bundes-Anpassungsgesetzes und Informationen zu Förderungsmöglichkeiten berücksichtigen. ergänzt. Reiseverhalten – Berücksichtigung der Darüber hinaus kommt der Auswahl passender Nachfrageseite Anpassungsmaßnahmen eine zentrale Bedeu- tung bei der Verringerung der Verwundbarkeit Um der Tourismusbranche und den Entschei- gegenüber Klimawandelfolgen zu. Informationen dungstragenden außerdem belastbare Daten zur zu möglichen Maßnahmen, die speziell für den Nachhaltigkeitsausrichtung der Nachfrageseite und Tourismus relevant sind, wurden steckbriefartig deren Entwicklung zu geben, werden vom BMUV zusammengestellt: jeweils die ökologischen Vor- in Fortsetzung erster Befragungen im Rahmen der und Nachteile, sozio-ökonomische Aspekte, Kosten Reiseanalyse 2014 und 201915 die Bewusstseins- und Umsetzungshindernisse mit Beschreibung von und Nachfrageentwicklung und ihre Einfluss Lösungen. In der KomPass-Tatenbank12 des UBA – faktoren in der Reiseanalyse 2022 bis 2024 in Folge eine Datenbank mit ausführlichen Beschreibungen untersucht. Die Ergebnisse werden jährlich veröf- von einzelnen Maßnahmen und übergreifenden fentlicht – erstmalig im Herbst 2022. Projekten zur Anpassung an die Folgen des Klima- 9 Forschungsvorhaben „Folgen des Klimawandels für den Tourismus in den deutschen Alpen- und Mittelgebirgsregionen und Küstenregionen sowie auf den Badetourismus und fluss-begleitende Tourismusformen“ s. https://www.umweltbundesamt.de/node/%2069234. 10 GIS-Tool Klimainformationssystem s. https://gis.uba.de/maps/resources/apps/tourismus/index.html?lang=de. 11 Handlungsleitfaden „Anpassung an den Klimawandel: Die Zukunft im Tourismus gestalten“ s. https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/anpassung-an-den-klimawandel-die-zukunft-im. 12 Tatenbank s. https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/klimafolgen-anpassung/werkzeuge-der-anpassung/tatenbank. 13 DAS Förderprogramm s. https://www.bmuv.de/FG10. 14 Siehe auch Kompetenzzentrum Klimafolgen und Anpassung (KomPass) des UBA – https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/ klimafolgen-anpassung/kompetenzzentrum-kompass-0 sowie Zentrum Klimaanpassung https://www.zentrum-klimaanpassung.de/. 15 Vgl. https://www.bmuv.de/WS4592.
16 1. K L I M A N E U T R A L I TÄT, U M W E LT- U N D N AT U R S C H U T Z I M TO U R I S M U S S TÄ R K E N Initiative Energieeffizienz-Netzwerke (IEEN) der Tourismuswerbung deutlicher und sichtbarer berücksichtigen als bisher. Umwelt- und Klima- Um einen Dialog zu den Themen Klimaschutz, freundlichkeit gehören bereits jetzt schon zu den Energiewende, Ressourceneffizienz und Nachhal- Markenstärken des Reiselandes Deutschland im tigkeit sowie einen Wissenstransfer u. a. innerhalb Ausland. Zukünftig soll die Sichtbarkeit sozial und der Tourismusbranche schneller in Gang zu setzen, ökologisch nachhaltiger Angebote mittels geeigne- startete bereits im Jahr 2014 die Initiative Energie ter Impressionen weiter erhöht werden, um diesen effizienz-Netzwerke (IEEN). Seit 2021 wird sie von Standortvorteil im Wettbewerb der internationa- 21 Verbänden und Organisationen der Wirtschaft len Destinationen für den Incoming-Tourismus gemeinsam mit dem Bundesministerium für Wirt- zu nutzen. Die weltweit hohe Reichweite der DZT- schaft und Klimaschutz (BMWK) als Initiative Ener- Kanäle soll genutzt werden, um Deutschland in gieeffizienz- und Klimaschutz-Netzwerke (IEEKN) der Welt als eine dem Klimaschutz verpflichtete fortgeführt. Sie hilft Unternehmen aller Branchen Destination darzustellen, der es nicht mehr nur und Größen, sich branchenübergreifend, bran- um quantitatives, sondern um qualitatives Wachs- chenintern oder unternehmensintern in Netzwer- tum geht. Das Tourismusmarketing bietet die ken auszutauschen und Maßnahmen zugunsten Möglichkeit, diese Werte weltweit ansprechend zu von Energieeffizienz und Klimaschutz umzuset- kommunizieren. So soll die DZT im Rahmen ihrer zen. Zentrale Elemente der Netzwerke sind ein Kampagnen darauf hinwirken, die CO2-sparsame- moderierter Austausch, die Festlegung gemeinsa- ren Beförderungsmittel wie Bahn und Bus für die mer Einsparziele sowie die Inanspruchnahme von Anreise nach Deutschland sowie für die Mobilität Schulungsangeboten. So gewinnen die Unterneh- innerhalb des Landes stärker in den Vordergrund men schneller Know-how, wie sie ihren Energie- zu rücken. Konkret wird die DZT zum Beispiel die verbrauch senken und einen Beitrag zum Klima- Möglichkeiten des emissionsarmen Reisens von/ schutz leisten können. Innerhalb der Initiative hat nach und innerhalb Deutschlands bewerben, Mar- sich bereits ein Netzwerk für die Hotellerie initi- ketingpartnerschaften mit europäischen Bahnun- iert. Es soll Hotelbetreibenden eine speziell auf ihre ternehmen intensivieren und ausbauen und in den Bedürfnisse zugeschnittene Plattform für den Aus- Überseemärkten für eine längere Aufenthaltsdauer tausch rund um die Themen Energieeffizienz, Ener- in Deutschland werben. Außerdem wird die DZT giebeschaffung und Nachhaltigkeit bieten und kon- im Jahr 2022 erstmals einen Tag des nachhaltigen krete Optimierungsmöglichkeiten aufzeigen. Die Tourismus ausrichten, der auch im Jahr 2023 fort- Tourismus-, Hotellerie- sowie Gastronomiebran- gesetzt werden soll. chen sollen mittels gezielter Öffentlichkeitsarbeit angeregt werden, weitere Netzwerke zu gründen.16 Umweltfreundliches Dienstreisemanagement an Hochschulen und Forschungseinrichtungen Möglichkeiten zu emissionsarmen Reisen (FlyingLess) sichtbar machen – Marketing der DZT Seit 2021 arbeitet die Universität Heidelberg Ab dem Jahr 2023 wird die Deutsche Zentrale für zusammen mit dem Institut für Energie und Tourismus e. V . (DZT) das Thema Klimaschutz in Umweltforschung Heidelberg am Klimaschutz 16 Nähere Informationen sind unter: https://www.effizienznetzwerke.org/ zu finden.
1. K L I M A N E U T R A L I TÄT, U M W E LT- U N D N AT U R S C H U T Z I M TO U R I S M U S S TÄ R K E N 17 projekt „Umweltfreundliches Dienstreisemanage- parken und anschließend in möglichst vielen der ment an Hochschulen und Forschungseinrichtun- aktuell 104 Naturparke: Über die Projektlaufzeit gen“. Das Vorhaben hat das Ziel, eine Minderung sollen THG-Minderungen in Höhe von rund 18.500 der Treibhausgasemissionen durch die Dienst- Tonnen CO2eq angestoßen werden. reiseaktivitäten deutscher Hochschulen und For- schungseinrichtungen zu leisten. Insbesondere Zertifizierungen und Wettbewerbe liegt der Fokus dabei auf der Reduzierung von Flugreisen. Dazu werden Methoden und Instru- Auch Umwelt- bzw. Nachhaltigkeits-Label im mente entwickelt und an Pilotinstitutionen ange- Tourismus können zu mehr Transparenz sowie zu wendet, um ein umweltfreundliches Dienstreise- sichtbaren und buchbaren Angeboten führen. management zu etablieren. Die Ergebnisse werden in ein Baukastensystem umgesetzt, welches auch Im Rahmen des „Maßnahmenprogramms weiteren Institutionen und Organisationen zur Nachhaltigkeit der Bundesregierung“ wird für Verfügung gestellt werden wird. Hotelbuchungen bei Dienstreisen aktuell ein Kriterienkatalog zur Ausweisung von nachhaltig Ein KATZENSPRUNG – Bewusstsein vor Ort zertifizierten Hotels auf der Buchungsplattform stärken des Bundes erarbeitet17. Dies stellt einen ersten Schritt auf dem Weg zur staatlichen Anerkennung Das dreijährige Klimaschutzprojekt „KATZEN- von Sozial- und Umweltzeichen im Tourismus dar. SPRUNG 2.0 – Aktiv für den Klimaschutz im Deutschlandtourismus“ wird seit dem 1. Januar Den Gesamtansatz der Nachhaltigkeitsbewertung 2022 vom BMWK gefördert. Das Projekt soll den verfolgt auch der „Bundeswettbewerb Nachhal- Klimaschutz im Inlandstourismus stärken, indem tige Tourismusdestinationen in Deutschland“, der es bei touristischen Akteuren vor Ort sowohl das 2022/23 zum dritten Mal mit dem BMUV, dem Bewusstsein für u. a. die wirtschaftlichen, wett- Bundesamt für Naturschutz (BfN) und dem Deut- bewerblichen und kommunikativen Vorteile ent- schen Tourismusverband durchgeführt wird. Die sprechender Angebote schärft/entwickelt, als auch Auszeichnung besonders aktiver Regionen für praxisgerechte Unterstützung bei der Umsetzung ihr Engagement im nachhaltigen Tourismus trägt konkreter klimaschonender Maßnahmen bietet. zur breiteren öffentlichen Wahrnehmung und Kernziele sind die Durchführung einer modularen Bekanntheitssteigerung bei, entfaltet eine Vorbild- Schulungsreihe zur Implementierung von klima wirkung für und den Wissensaustausch zwischen freundlichen Angeboten oder Ausstattungen sowie Destinationen und setzt einen Anreiz für die Wei- die zielgruppengerechte Kommunikation des terentwicklung nachhaltiger Konzepte und Politi- Themas nachhaltige Gestaltung der Verpflegung. ken des Inlandstourismus. Gesamtziel ist die inhaltliche Ausweitung des im Pilotprojekt entwickelten „Aktiv für Naturparke Der alpenweite Klimaschutzwettbewerb und Klimaschutz“-Kooperationsprogramms auf „ClimaHost“ wurde mit einem Fokus auf das weitere aktive Gruppen im Tourismus und dessen Gastgewerbe im Alpenraum und Maßnahmen mit Implementierung in zunächst 20 Modell-Natur- großem Treibhausgas-Minderungspotenzial wie 17 Federführung BMI/Bundesverwaltungsamt (BVA), BMWK/Koordinierungsstelle Klimaneutrale Bundesverwaltung, BMUV/UBA.
18 1. K L I M A N E U T R A L I TÄT, U M W E LT- U N D N AT U R S C H U T Z I M TO U R I S M U S S TÄ R K E N energetische Modernisierungen oder der Einsatz kungen der Kreuzfahrtbranche werden seit vielen innovativer Technologien vom BMUV ausgerich- Jahren kritisch diskutiert. tet. Er wurde 2021/22 zum zweiten Mal durchge- führt und gibt im Herbst 2022 die Sieger bekannt. Um Emissionen zu verringern, legt die Bundesregie- rung, insbesondere das BMDV, einen Schwerpunkt Berechnung von CO2-Emissionen bei darauf, die umweltfreundlicheren Verkehrsträger Jugendreisen wie die Schiene sowie ÖPNV und Fahrrad zu stär- ken und damit mehr Anreize für Verkehrsverlage- Die Entwicklung einer App für Jugendleiterinnen rungen auch im Tourismus zu schaffen. Aber auch und Jugendleiter steht im Mittelpunkt des am der Straßen-, Luft- und Schiffsverkehr sollen klima- 1. September 2021 gestarteten und vom BMWK freundlicher werden. geförderten Projektes „Klimaschutz im Tourismus: Jugendreisen als Vorreiter bei der Reduktion von Reisen mit dem Fahrplan für alle – Treibhausgas-Emissionen“. Das Konzept ist darauf der Deutschlandtakt ausgerichtet, allen Anbietenden von Jugendreisen Werkzeuge zur Verminderung der THG-Emissio- Das Leitmotiv für die Schiene der Zukunft ist der nen und zur Klimabildung zur Verfügung zu stel- Deutschlandtakt mit schnellen und verlässlichen len. Auf der Grundlage von Befragungen werden Verbindungen im Nah- und Fernverkehr. Mit ihm die Anforderungen für die App-Entwicklung kon- sollen Züge bundesweit besser aufeinander abge- kretisiert. Die App soll eine Unterstützung bei der stimmt, Reisezeiten gesenkt und mehr Kapazitäten klimafreundlichen Planung und Gestaltung von geschaffen werden. Dafür sollen die größten deut- Jugendreisen leisten. Sie berechnet die im Kon- schen Städte durch regelmäßige Personenfernver- text der Reise anfallenden CO2-Emissionen und kehrszüge verbunden sein – und das alle 30 Minuten lässt verschiedene Alternativen für Einsparungen verlässlich zur selben Zeit. So sieht der Zielfahrplan berechnen. Über die Projektlaufzeit sollen hier- für den Deutschlandtakt des BMDV unter anderem durch rund 800 Tonnen CO2eq eingespart werden einen schnellen Halbstundentakt auf den innerdeut- können. schen Hauptachsen im Fernverkehr vor. Beispiele für Fahrzeitverkürzungen: B. Klima- und umweltschädliche Emissionen im Verkehr senken – • Stuttgart–Berlin 4:34 statt 5:38 Stunden Klima- und Umweltfreundlichkeit (–1:04 Stunden) aller Verkehrsträger verbessern • Berlin–Düsseldorf 3:32 statt 4:13 Stunden Ohne Mobilität wäre ein großer Teil der touristi- (–0:41 Stunden) schen Aktivitäten nicht denkbar. In Deutschland ist der Verkehr nach Berechnungen im TSA für fast • Görlitz–Nürnberg 4:08 statt 5:25 Stunden die Hälfte der tourismusbezogenen Treibhausgas- (–1:17 Stunden) emissionen verantwortlich und damit ein Schlüs- sel, um Klimaschutzpotenziale des Tourismus zu • Lübeck–Berlin 2:12 statt 2:40 Stunden heben. Auch die Emissionen und Umweltauswir- (–0:28 Stunden)
1. K L I M A N E U T R A L I TÄT, U M W E LT- U N D N AT U R S C H U T Z I M TO U R I S M U S S TÄ R K E N 19 • Eisenach–Cottbus 2:52 statt 3:46 Stunden ren im internationalen SPFV und die Umsetzung (–0:54 Stunden) des TransEuropExpress (TEE) 2.0-Konzeptes, das während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft Gleichzeitig verbessern sich die Anschlüsse in den im 2. Halbjahr 2020 initiiert wurde. Damit sollen Taktknoten mit schnelleren Reisezeiten bis in die beispielsweise die europäischen Metropolen noch Fläche und die für den Tourismus bedeutsamen besser miteinander verknüpft werden; auch durch ländlichen Regionen. zusätzliche Nachtzugangebote. Der nächste Fort- schrittsbericht der IRP wird für Juni 2023 erwartet. Um bessere Angebote auf die Schiene zu bringen, braucht es aber zunächst die dafür passende Infra Stärkung des ÖPNV struktur. Nach Schweizer Vorbild verfolgt das BMDV daher einen neuen Ansatz in der Infrastruk- Mit einem Ausbau- und Modernisierungspakt wol- turplanung, nämlich: „erst der Fahrplan, dann der len Bund, Länder und Kommunen die Attraktivi- Aus- und Neubau“. Dies bedeutet, dass das Schie- tät und die Kapazitäten des ÖPNV weiter stärken. nennetz genau an den Stellen ertüchtigt wird, bei Wesentlich dabei ist die Verständigung über die denen es der Zielfahrplan erfordert. Die für den Finanzierung des ÖPNV bis 2030. Deutschlandtakt erforderlichen Maßnahmen sind bereits identifiziert, volkswirtschaftlich bewertet Im Rahmen des Klimaschutzprogramms 2030 un- und in die höchste Dringlichkeitskategorie des terstützt das BMDV mit dem Förderprogramm Bedarfsplans Schiene aufgenommen. Der Deutsch- „Modellprojekte zur Stärkung des ÖPNV“ innova- landtakt wird schrittweise in Etappen umgesetzt. tive Gesamtkonzepte, die u. a. zur Verbesserung der Eine spürbare Angebotsverbesserung wird mit der Angebots- und Betriebsqualität (z. B. Taktverdich- zweiten Etappe des Deutschlandtakts ab Mitte der tungen, Entwicklung und Realisierung von On-De- 2020er Jahre möglich (z. B. Halbstundentakt Mann- mand-Diensten), zur Gestaltung attraktiver Tarife heim–Stuttgart–München). sowie zur Vernetzung von Auskunfts- und Ver- triebssystemen (z. B. Mobilitätsplattformen sowie Plattform für den grenzüberschreitenden deren Verknüpfung) beitragen. Im Rahmen des ers- Personenfernverkehr (IRP) ten Förderaufrufs werden zwölf Projekte bis Ende 2024 mit insgesamt rd. 200 Mio. Euro gefördert18. Im Schienenpersonenfernverkehr sorgen europä- ische Hochgeschwindigkeitsstrecken für bessere Dazu gehören insbesondere Maßnahmen in den Verbindungen als leistungsfähige Alternative zum folgenden Bereichen: Auto und Flugzeug. Dieses Angebot soll weiter ausgebaut werden. Deutschland setzt sich im Rah- • Verbesserung der Angebots- und Betriebsquali- men der European Plattform for International Rail tät (z. B. Taktverdichtungen, Linienausbau) Passenger Services (IRP) für die Weiterentwicklung des grenzüberschreitenden Schienenpersonen- • Entwicklung von On-Demand-Diensten, fernverkehrs (SPFV) in Europa ein. Ziele sind vor- Beschleunigungsmaßnahmen, Verknüpfung mit rangig die Beseitigung noch bestehender Barrie- anderen Verkehrsmitteln 18 Zu den Einzelprojekten siehe https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/G/modellprojekte-nahverkehr.html.
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