Nachhaltigen Tourismus wettbewerbsfähig gestalten - Nationale Tourismusstrategie - Arbeitsprogramm der Bundesregierung

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Nachhaltigen Tourismus wettbewerbsfähig gestalten - Nationale Tourismusstrategie - Arbeitsprogramm der Bundesregierung
Nachhaltigen Tourismus
wettbewerbsfähig gestalten
Nationale Tourismusstrategie – Arbeitsprogramm
der Bundesregierung

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Nachhaltigen Tourismus wettbewerbsfähig gestalten - Nationale Tourismusstrategie - Arbeitsprogramm der Bundesregierung
Impressum

Herausgeber
Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK)
Öffentlichkeitsarbeit
11019 Berlin
www.bmwk.de

Stand
September 2022

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Gestaltung
PRpetuum GmbH, 80801 München

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Inhalt

I. Das Wichtigste in Kürze                                                                                                                              ..............................................................................................................................................................................                                                                                                                                                                                 2

II. Einleitung                                                .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   7

III. Zu den Maßnahmen im Einzelnen                                                                                                                                                                                        .........................................................................................................................................                                                                                                                                           10

1.	Klimaneutralität, Umwelt- und Naturschutz im Tourismus stärken                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   11
  A.	Datenlage verbessern, Dialogformate etablieren und Informationen in die
      Fläche tragen.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
  B.	Klima- und umweltschädliche Emissionen im Verkehr senken – Klima- und
      Umweltfreundlichkeit aller Verkehrsträger verbessern.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
  C.	Klima-, Umwelt- und Naturschutz im Tourismus durch spezifische Projekte stärken.. . . 24

2. Fach- und Arbeitskräfte gemeinsam sichern                                                                                                                                                                                                                                         ............................................................................................................                                                                                                             28
  A.	Ziele setzen, Maßnahmen verknüpfen und Akteure vernetzen.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
  B.	Nachwuchs gewinnen, Arbeits- und Ausbildungsstellen passgenau besetzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
  C.	Ausländische Arbeitskräfte rekrutieren und integrieren.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
  D.	Arbeitsbedingungen attraktiver machen.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

3. Digitale Infrastruktur und Kompetenzen im Tourismus stärken                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   ..............................................                                               38
  A.	Digitale Infrastruktur und Datenplattformen ausbauen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
  B.	Digitalisierung insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen vorantreiben.. . . . . . 41
  C.	Daten und Informationen bereitstellen und effizient nutzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

4.	Wettbewerbsfähigkeit im Tourismus fördern – Attraktivität des
    Tourismusstandorts Deutschland steigern                                                                                                                                                                                                                              .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   45
  A. Ländliche Räume stärken.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
  B.	Mittelständische Unternehmen sowie Gründerinnen und Gründer unterstützen.. . . . . . . . . . . . 48
  C.	Freizeit und Kultur fördern, Lebensqualität erhöhen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
  D.	Internationalen Tourismus beleben, Wettbewerbsbedingungen im
      europäischen Binnenmarkt optimieren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
Nachhaltigen Tourismus wettbewerbsfähig gestalten - Nationale Tourismusstrategie - Arbeitsprogramm der Bundesregierung
2

I. Das Wichtigste in Kürze
Nachhaltigen Tourismus wettbewerbsfähig gestalten - Nationale Tourismusstrategie - Arbeitsprogramm der Bundesregierung
I. DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE     3

In der 20. Legislaturperiode schreibt die Bundes-      gasemissionen in den einzelnen Sektoren (Energie-
regierung den Prozess zur nationalen Tourismus-        wirtschaft, Industrie, Gebäude, Verkehr, Landwirt-
strategie fort und verbessert die Koordinierung        schaft und Abfall) vor. Das wirkt sich unmittelbar
der Tourismuspolitik, um den Tourismusstandort         auch auf die Tourismuswirtschaft als Querschnitts-
Deutschland nach der Covid-19-Pandemie nach-           branche aus. Diese Sektorziele führen dazu, dass
haltig, klimafreundlich, sozial gerecht und innova-    auch im Bereich der Tourismuswirtschaft die
tiv zu gestalten.                                      Treibhausgasemissionen absolut reduziert werden
                                                       müssen.
Als ersten Schritt hierzu legt die Bundesregierung
das nachfolgende Arbeitsprogramm vor, in dem           2. D
                                                           atenlage verbessern, Dialogformate etablie-
branchenübergreifende und branchenspezifische             ren und Informationen in die Fläche tragen
Maßnahmen und Projekte aus den Bundesressorts
in den Bereichen Klimaneutralität, Klima- und          Die Bundesregierung will die Datengrundlagen
Naturschutz, Fachkräftesicherung, Digitalisierung      im Bereich Klimaneutralität, Umwelt- und Natur-
und Wettbewerbsfähigkeit gebündelt werden. Auf         schutz verbessern und Unternehmen wie auch Rei-
diese Weise werden die unterschiedlichen Facetten      sende stärker für das Thema Klima- und Umwelt-
der Querschnittsbranche Tourismus adressiert und       schutz sensibilisieren. Dazu wird z. B. der Deutsche
zahlreiche Anknüpfungspunkte geschaffen, um die        Klimafonds Tourismus (DKT) etabliert, der es der
Herausforderungen in den Kernbereichen Klima-          Tourismusbranche leichter machen soll, Treib-
neutralität/Umwelt- und Naturschutz, Fachkräfte-       hausgas-Reduktionen (THG) umzusetzen und zu
sicherung, Digitalisierung und wettbewerbsfähiger      dokumentieren. Darüber hinaus wird die Touris-
Tourismus anzugehen.                                   muswerbung der Deutschen Zentrale für Touris-
                                                       mus (DZT) stärker auf das Thema Klimaschutz aus-
1. Arbeitsprogramm als kontinuierlicher Prozess       gerichtet werden.

Die Bundesregierung wird das Arbeitsprogramm           3. K
                                                           lima- und umweltschädliche Emissionen im
in der 20. Legislaturperiode kontinuierlich weiter-       Verkehr senken – Klimafreundlichkeit aller
entwickeln. Sie lädt die für die Tourismuswirtschaft      Verkehrsträger verbessern
relevanten Akteure, insbesondere die Länder,
Destinationen und die Branche selbst, dazu ein,        Tourismus ist ohne Mobilität nicht denkbar. Sie kli-
sich mit eigenen Maßnahmen zu beteiligen, damit        mafreundlicher zu gestalten, ist ein zentraler Hebel
größtmögliche Praxisnähe geschaffen und Syn-           für emissionsärmeren Tourismus. Die Bundesre-
ergien genutzt werden.                                 gierung stärkt umweltfreundliche Verkehrsmittel
                                                       wie die Schiene, u. a. durch den Deutschlandtakt,
                                                       und das Fahrrad, z. B. durch den Ausbau der Rad-
Klimaneutralität/Umwelt- und                           verkehrsinfrastruktur. Aber auch der Straßen-,
Naturschutz                                            Luft- und Schiffsverkehr werden fester Bestand-
                                                       teil des Reisens bleiben und müssen umwelt- und
Das Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) sieht               klima­freundlicher werden. Deshalb fördert die
ehrgeizige Vorgaben zur Reduktion der Treibhaus-       Bundesregierung beispielsweise den Ausbau der
Nachhaltigen Tourismus wettbewerbsfähig gestalten - Nationale Tourismusstrategie - Arbeitsprogramm der Bundesregierung
4     I . DA S W I C H T I G S T E I N K Ü R Z E

Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität sowie     punkte, die u. a. das Ausschöpfen der inländischen
die Entwicklung neuer Antriebe und Kraftstoffe.      und ausländischen Fachkräftepotenziale sowie das
Um Maßnahmen für eine klimaneutrale Luftfahrt        lebenslange Lernen umfassen. Um alle relevan-
zu bündeln, hat sie dazu im Juni 2022 ein gemein-    ten Akteure zu vernetzen, wird u. a. die Allianz für
sames Papier vorgelegt. Die Bundesregierung          Aus- und Weiterbildung fortgesetzt sowie der Auf-
unter­stützt zudem ambitionierte Quoten für          bau von Weiterbildungsverbünden gefördert. Als
Power-to-Liquid (PtL) im Luft- und Schiffsverkehr,   übergreifende Maßnahme unterstützt auch das
um einen Markthochlauf anzureizen, oder fördert      von der Bundesregierung geförderte Kompetenz-
die Landstromversorgung von Schiffen an Häfen.       zentrum Fachkräftesicherung im Sinne einer Hilfe
                                                     zur Selbsthilfe KMU dabei, Fachkräfte zu finden, zu
4. K
    lima-, Umwelt- und Naturschutz im               binden und weiter zu qualifizieren.
   Tourismus durch spezifische Projekte stärken
                                                     6. N
                                                         achwuchs gewinnen, Arbeits- und
Zu besserem Klima-, Umwelt- und Naturschutz             Ausbildungsstellen passgenau besetzen
können die verschiedensten Bereiche der Quer-
schnittsbranche Tourismus beitragen. Die Bundes­     Mit Programmen wie der „Passgenauen Besetzung“
regierung unterstützt z. B. Projekte für mehr        oder der Förderung des SCHULEWIRTSCHAFT-
Regionalität und Umweltfreundlichkeit bei            Preises „Das hat Potenzial!“ will die Bundesregie-
Lebensmitteln oder auch für mehr Klimaschutz         rung Nachwuchs- und Passungsproblemen auf
und Nachhaltigkeit im Kulturbereich sowie in Tou-    dem Ausbildungsmarkt entgegentreten.
rismusdestinationen mit dem Bundeswettbewerb.
Mit „LIFT Klima“ werden vorbildliche Projekte        7. A
                                                         usländische Arbeitskräfte rekrutieren und
kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) im              integrieren
Hinblick auf die Verbindung von Klimaschutz mit
wirtschaftlicher Entwicklung gefördert.              Mit den Willkommenslotsen und dem „Netzwerk
                                                     Unternehmen integrieren Flüchtlinge“ unterstützt
                                                     die Bundesregierung Unternehmen bei der Beset-
Fachkräftesicherung                                  zung von offenen Ausbildungs- und Arbeitsstellen
                                                     mit Geflüchteten; ein besonderer Schwerpunkt liegt
5. Z
    iele setzen, Maßnahmen verknüpfen und           dabei aktuell auf Geflüchteten aus der Ukraine, für
   Akteure vernetzen                                 die gerade der Tourismussektor eine Perspektive
                                                     bieten kann. Innerhalb des Pilotprojekts „Hand in
Motivierte, gut ausgebildete Mitarbeiterinnen        Hand for international Talents“ sollen aus Indien,
und Mitarbeiter sind immer schwerer zu gewin-        Brasilien und Vietnam Fachkräfte u. a. für das Gast-
nen und zu halten – das gilt auch und insbeson-      gewerbe rekrutiert werden. Darüber hinaus sind
dere im Tourismus. Die Bundesregierung nimmt         Verfahrenserleichterungen für die Anerkennung
sich dieses Themas branchenübergreifend an und       von Bildungs- und Berufsabschlüssen für ausländi-
setzt mit der Fachkräftestrategie wichtige Schwer-   sche Arbeitskräfte geplant.
Nachhaltigen Tourismus wettbewerbsfähig gestalten - Nationale Tourismusstrategie - Arbeitsprogramm der Bundesregierung
I. DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE      5

8. Arbeitsbedingungen attraktiver machen              digitale Zeitalter erleichtern, u. a. mit den Program-
                                                       men Netzwerk Mittelstand Digital, Digital Jetzt,
Mit zunehmenden Fachkräfteengpässen gewinnt            go digital oder DigiRess (Digitale Anwendungen
die Verbesserung von Arbeitsqualität und Arbeits-      zur Steigerung der Ressourceneffizienz in zirkulä-
kultur an Bedeutung. Dies ist im Wesentlichen          ren Produktionsprozessen).
Aufgabe der Arbeitgebenden. Die Bundesregierung
unterstützt deren Anstrengungen u. a. mit der Initi-   11. D
                                                            aten und Informationen bereitstellen
ative Neue Qualität der Arbeit (INQA). Gemeinsam           und effizient nutzen
mit verschiedenen Partnern schafft sie darin Expe-
rimentierräume, die Lösungen für gute Arbeitsbe-       Um die Digitalisierung für spezifische Belange
dingungen und eine mitarbeiterorientierte Arbeits-     der Tourismuswirtschaft nutzen zu können, müs-
kultur auch in einer veränderten Arbeitswelt           sen Daten und Informationen in adäquater Form
erarbeiten; die Lösungen richten sich vornehmlich      bereitgestellt werden. Dafür sorgt u. a. das Know-
an KMU.                                                ledge Graph Projekt der DZT, über das die Mög-
                                                       lichkeiten des Einsatzes digitaler Technologien im
                                                       Tourismusmarketing verbessert werden sollen.
Digitalisierung                                        Das Projekt Datenraum Kultur ermöglicht einen
                                                       dezentralen und sicheren Datenaustausch im Kul-
9. D
    igitale Infrastruktur und Datenplattformen        turbereich und fördert damit digital basierte Ange-
   ausbauen                                            bote. Mit der Initiative Stadt.Land.Digital will die
                                                       Bundesregierung Kommunen informieren und
Die Digitalisierung wird in Zukunft auch das           vernetzen, die auf dem Weg zur Kommune der
Reisen und den Tourismus deutlich verändern und        Zukunft, zur „intelligenten“ Stadt oder „smarten“
bietet vielfach auch Lösungen für aktuelle Heraus-     Region sind.
forderungen und Probleme der Branche an. Eine
adäquate digitale Infrastruktur ist dafür Grund­
voraussetzung. Die Bundesregierung unterstützt         Wettbewerbsfähiger Tourismus
den Ausbau z. B. mit der Gigabitstrategie.
                                                       12. L ändliche Räume stärken
10. D
     igitalisierung insbesondere in kleinen und
    mittleren Unternehmen vorantreiben                 Die Bundesregierung flankiert die Entwicklung
                                                       ländlicher Räume insbesondere im Rahmen der
Die Nutzung digitaler Technologien ist oft in KMU      Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regio-
aufgrund fehlender personeller und finanzieller        nalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW). Hiervon pro-
Ressourcen geringer ausgeprägt als in Großunter-       fitiert häufig der Tourismus in großem Maße, da
nehmen. Deshalb will die Bundesregierung ins-          er in vielen ländlichen Räumen einen besonders
besondere KMU, die auch die Tourismusbranche           gewichtigen Wirtschaftsfaktor darstellt. In der lau-
prägen, mit verschiedenen Angeboten den Weg ins        fenden Neuausrichtung, bei der Ziele, Fördervor-
Nachhaltigen Tourismus wettbewerbsfähig gestalten - Nationale Tourismusstrategie - Arbeitsprogramm der Bundesregierung
6     I . DA S W I C H T I G S T E I N K Ü R Z E

aussetzungen und Schwerpunkte der Förderung           nahmen wie der Innenstadt- und der Einzelhan-
überprüft und angepasst werden, wird die Bundes­      delsstrategie die Attraktivität der Innenstädte und
regierung die wichtige Rolle des Tourismus im         unterstützt in verschiedenen Programmen bundes-
Blick behalten.                                       weit und regional die deutsche Kulturlandschaft in
                                                      ihrer ganzen Vielfalt. Daneben stärkt sie beispiels-
13. M
     ittelständische Unternehmen sowie               weise mit dem Masterplan Freizeitschifffahrt und
    Gründerinnen und Gründer unterstützen             dem 1000-Bahnhöfe-Programm weitere touris-
                                                      musrelevante Angebote in den Regionen.
Der Tourismus ist eine überwiegend mittelstän-
disch geprägte Branche. Auf diese Weise kann sie      15. I nternationalen Tourismus beleben,
überproportional von den Förder- und Beratungs-           Wettbewerbsbedingungen im europäischen
angeboten der Bundesregierung profitieren, die            Binnenmarkt optimieren
sich ganz allgemein an KMU richten. Eine wichtige
Rolle spielt für KMU der Abbau unverhältnismä-        Die Bundesregierung will nicht nur den Inlands-
ßiger Bürokratie. Die Bundesregierung plant dazu      tourismus fördern, sondern auch zur Erholung des
ein ressortübergreifendes Entlastungsgesetz sowie     internationalen Tourismus beitragen. Im Fokus
Praxischecks für KMU in bestimmten Politik­           steht u. a. die Koordinierung mit den relevanten
bereichen.                                            Akteurinnen und Akteuren auf europäischer und
                                                      internationaler Ebene, um Störungen im inter-
14. Freizeit
           und Kultur fördern, Lebensqualität       nationalen Tourismus so gering wie möglich zu
    erhöhen                                           halten. Gleichzeitig will die Bundesregierung zur
                                                      Krisenbewältigung, zum Wiederaufbau nach der
Für Wettbewerbsfähigkeit und Akzeptanz im Tou-        Covid-19-Pandemie und zur Förderung der Resili-
rismus ist es unabdingbar, die Gegebenheiten in       enz der Tourismuswirtschaft in Entwicklungs- und
den Regionen – sowohl auf dem Land als auch in        Schwellenländern beitragen. Denn gerade in diesen
den Städten – so attraktiv wie möglich zu gestalten   Ländern leistet der Tourismus einen wesentlichen
und dabei die Interessen der lokalen Bevölkerung      Beitrag zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen
zu achten. Die Bundesregierung fördert mit Maß-       Stabilisierung.
7

II. Einleitung
8       II. EINLEITUNG

Die Bundesregierung hat am 6. Juli 2022 die Eck-                            che selbst, dazu ein, sich mit eigenen Maßnahmen
punkte zur Weiterentwicklung der Nationalen                                 zu beteiligen, damit größtmögliche Praxisnähe
Tourismusstrategie (NTS) verabschiedet1. Dort                               geschaffen und Synergien genutzt werden.
hat sie sich verpflichtet, ein Arbeitsprogramm mit
konkreten Maßnahmen vorzulegen, das sich an                                 Bei der Konzeptionierung des Arbeitsprogramms
den Zielvorgaben des Koalitionsvertrags für die                             hat sich die Bundesregierung von den aktuellen
20. Legislaturperiode (KoaV) und dem Zielbild der                           Herausforderungen für die Tourismuswirtschaft lei-
deutschen Nachhaltigkeitsstrategie 2021 orientiert.                         ten lassen. Die Tourismuswirtschaft ist noch dabei,
Als wesentliche Bausteine der NTS identifizieren                            sich von den massiven wirtschaftlichen Auswirkun-
die Eckpunkte die Kernthemen „Klimaneutralität/                             gen der Covid-19-Pandemie zu erholen. Inflation,
Umwelt- und Naturschutz“, „Fachkräftesicherung“,                            explodierende Energiekosten, steigende Lebensmit-
„Digitalisierung“ und „Wettbewerbsfähiger Tou-                              telpreise und andere unabsehbare Folgen des Kriegs
rismus“, unter denen die relevanten Maßnahmen                               in der Ukraine belasten die Branche zusätzlich und
gebündelt werden. Die Bundesregierung berück-                               hemmen den Aufschwung. Im Vorkrisenjahr 2019
sichtigt bei der Fortschreibung der NTS zudem die                           erwirtschaftete die Tourismusbranche 124 Milliar-
Initiative der Europäischen Kommission betreffend                           den Euro und damit vier Prozent der Wertschöp-
den Übergangspfad für den Tourismus (Transition                             fung in Deutschland; einschließlich der indirekten
Pathway for Tourism – TTP), dessen Bericht am                               Effekte durch die inländischen Zulieferungsberei-
4. Februar 2022 veröffentlicht wurde2. Der TTP                              che waren es sogar knapp sieben Prozent. Die Zahl
bietet einen Orientierungsrahmen mit 27 Hand-                               der direkt oder indirekt im Tourismus Erwerbstäti-
lungsempfehlungen für den grünen und digitalen                              gen belief sich auf 4,1 Millionen, das sind rund neun
Wandel des Tourismus, dessen Kernthemen in vie-                             Prozent aller Arbeitnehmenden in Deutschland. Im
len Bereichen Überschneidungen mit den Zielen                               Jahr 2020 verbuchte allein das Gastgewerbe nach
der NTS aufweisen. Schließlich knüpft das Arbeits-                          Schätzungen des Statistischen Bundesamts einen
programm an Vorarbeiten aus der 19. Legislatur-                             Umsatzeinbruch von fast 39 Prozent und im Jahr
periode an, insbesondere an die im Dialog mit der                           2021 von gut 40 Prozent (jeweils gegenüber 2019).
Branche und weiteren Stakeholdern erarbeiteten                              In der Reisewirtschaft fiel der Einbruch mit gut 71
Handlungsempfehlungen, soweit diese mit den in                              Prozent im Jahr 2020 sogar noch drastischer aus.
der 20. Legislaturperiode vereinbarten Zielsetzun-                          Zudem leidet die Branche – auch coronabedingt –
gen kompatibel sind3. Die Bundesregierung wird                              überproportional am Fachkräftemangel4. Die Bun-
das Arbeitsprogramm in der 20. Legislaturperiode                            desregierung hat den wirtschaftlichen Folgen der
kontinuierlich weiterentwickeln. Sie lädt die für                           Pandemie mit den Corona-Hilfen Rechnung getra-
die Tourismuswirtschaft relevanten Akteure, ins-                            gen, von denen die Tourismuswirtschaft mit knapp
besondere die Länder, Destinationen und die Bran-                           24 Mrd. Euro und damit über 42 Prozent der Über-

1   Vgl. https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/E/eckpunkte-zur-weiterentwicklung-der-nationalen-tourismusstrategie.html.
2   Vgl. https://op.europa.eu/en/publication-detail/-/publication/404a8144-8892-11ec-8c40-01aa75ed71a1, unter der die deutsche Fassung des Berichts
    abgerufen werden kann.
3   Vgl. „Vorschläge für einen Aktionsplan der Bundesregierung mit Handlungsempfehlungen in Umsetzung der vom Bundeskabinett beschlossenen
    programmatischen Eckpunkte für eine Nationale Tourismusstrategie“ (2021); abrufbar unter https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/V/
    vorschlaege_fuer_einen_aktionsplan_fuer_eine_nts.pdf?__blob=publicationFile&v=4. Zu den einzelnen Empfehlungen siehe die konkreten
    Maßnahmenvorschläge unter III dieses Arbeitsprogramms.
4   Vgl. dazu ausführlich Ziffer II. 2. dieses Arbeitsprogramms.
II. EINLEITUNG     9

brückungs-, November-/Dezember- und Neustart-                              sind. Vielmehr profitiert der Tourismus auch und
hilfen (Stand: 19.5.2022) überproportional profitiert                      gerade von branchenübergreifenden Initiativen,
hat. Damit hat sie entscheidend dazu beigetragen,                          die eine deutlich größere Breitenwirkung entfalten
die vielfältigen Strukturen durch die Covid-19-­                           können. Beispiele hierfür sind Initiativen zur klima­
Pandemie hindurch zu retten.                                               freundlichen Mobilität, zur Fachkräftesicherung
                                                                           durch die passgenaue Besetzung, zur Innovations-
Die Covid-19 Pandemie hat zudem ohnehin beste-                             förderung und Digitalisierung oder zur Förderung
hende Herausforderungen für die Tourismuswirt-                             ländlicher Räume. Ergänzend hierzu zeigt das
schaft verdeutlicht und verschärft; das gilt beispiels-                    Arbeitsprogramm eine Fülle von Vorhaben auf, die
weise für den Bedarf an digitalen Lösungen und                             direkt auf die Bedürfnisse der Touris­muswirtschaft
Tools sowie für Fach- und Arbeitskräfteengpässe.                           und ihrer Akteure zugeschnitten sind. So wird eine
Entsprechend den Eckpunkten bedarf der Touris-                             sinnvolle Verzahnung von branchenübergreifen-
mus daher eines doppelten Neustarts: Zum einen                             den und branchenbezogenen Maßnahmen erreicht.
muss die Branche ihre Strukturen hin zu mehr                               Die Umsetzung haushaltsrelevanter Maßnahmen
Resilienz fortentwickeln – und dies umso mehr,                             erfolgt vorbehaltlich der Verfügbarkeit entsprechen-
als die Branche durch den russischen Angriffskrieg                         der Haushaltsmittel. Soweit konkrete Maßnahmen
auf die Ukraine und die drohende Energiekrise                              zu Ausgaben im Bundeshaushalt führen, stehen sie
neue Unsicherheiten und Belastungen schultern                              unter Finanzierungsvorbehalt und sind innerhalb
muss. Zum anderen muss sie eine Transformation                             der jeweils zuständigen Ressorts gegenzufinanzie-
verwirklichen und sich klimaneutral, nachhaltig,                           ren, sofern der Haushaltsgesetzgeber keine zusätz-
digital und zukunftsfähig aufstellen. Eine nachhal-                        lichen Mittel zur Verfügung stellt.
tige Tourismuswirtschaft und mit ihr eine dauer-
hafte Wertschöpfung setzen zwingend voraus, dass                           Alles in allem ist es Zweck dieses Arbeitsprogram-
Umwelt, Natur und Klima geschützt, lebenswerte                             mes, Transparenz über die laufenden und geplanten
natürliche und kulturelle Lebensräume bewahrt,                             Initiativen des Bundes für alle relevanten Betei-
Fach- und Arbeitskräfte gebunden und die Interes-                          ligten im Bund, in den Ländern und in den Desti-
sen der lokalen Bevölkerung geachtet werden. Dies                          nationen sowie für die Branche, die Wissenschaft
zu erreichen, ist die Branche in erster Linie selbst                       und die Zivilgesellschaft herzustellen. Durch die
gefordert. Die Bundesregierung will sie mit geeig-                         Bündelung und strategische Ausrichtung unter die
neten Rahmenbedingungen unterstützen.                                      jeweiligen Zukunftsthemen schafft das Arbeits-
                                                                           programm die Basis für alle adressierten Perso-
Als Querschnittsbranche weist die Tourismuswirt-                           nen, diese Angebote aktiv zu nutzen, und lädt dazu
schaft Berührungspunkte mit den Aufgabenberei-                             ein, eigene Initiativen einzubringen, Synergien zu
chen vieler Bundesministerien auf, deren Vorha-                            erzeugen und somit die NTS weiterzuentwickeln.
ben Eingang in dieses Arbeitsprogramm gefunden                             Um diesen Prozess zu steuern und die relevanten
haben. Gute Rahmenbedingungen für einen wett-                              Akteure zu vernetzen, wurde in den Eckpunkten
bewerbsfähigen Tourismusstandort Deutschland,                              der Bundesregierung zur NTS die Nationale Platt-
die der Bund in seiner Verantwortung fördern kann,                         form „Zukunft des Tourismus“ als zentrale Struk-
werden nicht nur durch Maßnahmen erreicht, die                             tur eingesetzt; sie wird Anfang 2023 ihr operatives
allein auf die Tourismusbranche zugeschnitten                              Geschäft aufnehmen.5
5   http://bmwk.de/eckpunkte-zur-weiterentwicklung-der-nationalen-tourismusstrategie.
10

III. Zu den Maßnahmen
     im Einzelnen
11

1. Klimaneutralität, Umwelt- und
   Naturschutz im Tourismus stärken
12    1. K L I M A N E U T R A L I TÄT, U M W E LT- U N D N AT U R S C H U T Z I M TO U R I S M U S S TÄ R K E N

Der Erhalt einer intakten Umwelt und der                                        des bei der Erderwärmung zu leisten. Dabei wirken
Schutz des Klimas sind wichtige Voraussetzun-                                   sich die im Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) vor-
gen dafür, die Existenzgrundlagen des Touris-                                   gesehenen ehrgeizigen Vorgaben zur Reduktion
mus auch langfristig zu sichern. Schon aus diesem                               der Treibhausgasemissionen in den einzelnen Sek-
Grund muss die Tourismuswirtschaft selbst ein                                   toren (Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude, Ver-
Verantwortungs­bewusstsein dafür haben, ihren                                   kehr, Landwirtschaft und Abfall) auch auf die Tou-
ökologischen und klimabelastenden Fußabdruck                                    rismuswirtschaft als Querschnittsbranche aus. Die
so klein wie möglich zu halten. Gleichzeitig gilt                               Sektorziele führen dazu, dass auch im Bereich der
es, Antworten auf die aus den Folgen des Klima-                                 Tourismuswirtschaft die Treibhausgasemissionen
wandels resultierenden Herausforderungen im                                     absolut reduziert werden müssen.
Hinblick auf den Fortbestand etablierter Geschäfts-
und Wertschöpfungsmodelle zu finden. Auf diese                                  Alle Initiativen auf nationaler Ebene zur Förderung
Weise lässt sich die Attraktivität touristischer Des-                           der Klimaneutralität und des Umwelt- und Natur-
tinationen und damit die Grundlage einer erfolg-                                schutzes im Tourismus sollten die Empfehlungen
reichen Tourismuswirtschaft bewahren und gleich-                                des europäischen Übergangspfads für den Tou-
zeitig die Akzeptanz touristischer Aktivitäten in                               rismus (TTP) berücksichtigen, bei dem die grüne
den Destinationen erhöhen. Zudem zeigt sich, dass                               neben der digitalen Transformation des Tourismus
die Kundschaft verstärkt mehr Nachhaltigkeit und                                im Vordergrund steht und Leitmotiv der vorge-
Umweltschutz im Tourismus wünscht, so dass zu                                   schlagenen Maßnahmen ist.
erwarten ist, dass Nachhaltigkeit in Zukunft ein
relevanter Wettbewerbsfaktor sein kann.                                         Der Übergangspfad für den Tourismus (TTP) setzt
                                                                                dabei auf verschiedenen Initiativen auf EU-Ebene
Die Bundesregierung wird die Transformation der                                 auf. Sie betreffen verschiedenste tourismusrele-
Tourismuswirtschaft hin zu Treibhausgasneutrali-                                vante Aspekte, u. a. in den Bereichen Mobilität,
tät, zu einer adäquaten Anpassung an den Klima-                                 Kreislaufwirtschaft/Abfallvermeidung, Gebäudeef-
wandel und zu einem umfassenden Umwelt- und                                     fizienz oder den Schutz der Meere. Zu diesen Initi-
Naturschutz begleiten. Dabei müssen die wesent-                                 ativen gehören z. B. die EU-Mission „Klimaneutrale
lichen Potenziale zur Reduzierung von Treibhaus-                                und intelligente Städte“, die Initiative „Destina-
gasemissionen und der Beeinträchtigung von                                      tion 2050“, in der Akteure der europäischen Luft-
Mensch und Umwelt im Zusammenhang mit den                                       verkehrsbranche ihre Vision zur Reduzierung von
verschiedenen Tourismusaktivitäten identifiziert                                luftverkehrsbedingten CO2-Emissionen bis 2050
und die vielfältigen – auch branchenübergreifen-                                darlegen, die Strategie „Eine Renovierungswelle
den – Initiativen genutzt werden: Klimaschutz und                               für Europa“ sowie der Aktionsplan für die Kreis-
Klimaresilienz müssen bei allen Entscheidungen                                  laufwirtschaft und der Null-Schadstoff-Aktions-
der Tourismuspolitik auf allen föderalen Ebenen                                 plan, nach denen das Gastgewerbe und die Tou-
eine tragende Rolle spielen.                                                    rismuswirtschaft auf kreislauforientierte Modelle
                                                                                hinarbeiten und ihren ökologischen Fußabdruck
Mit Blick auf die klimapolitischen Ziele auf natio-                             verringern sollen. Diese Initiativen und Strategien
naler, europäischer und internationaler Ebene ist                               will der TTP für den Tourismus konkretisieren. Da-
der Tourismus gefordert, einen sichtbaren Beitrag                               bei ist der Gedanke einer grünen Transformation
zum Erreichen dieser Ziele und eines 1,5-Grad-Pfa-                              des Tourismus auch im europäischen Green Deal
1. K L I M A N E U T R A L I TÄT, U M W E LT- U N D N AT U R S C H U T Z I M TO U R I S M U S S TÄ R K E N   13

und in den Vorschlägen der EU-Kommission für                                   diesem Ansatz sind allerdings die von deutschen
eine neue Klima-, Energie-, Verkehrs- und Steuer-                              Reisenden im Ausland oder bei der Produktion von
politik innerhalb ihres „Fit for 55“-Pakets, das eine                          Vorleistungen anfallenden Emissionen noch nicht
Senkung der Netto-Treibhausgasemissionen bis                                   berücksichtigt, denn das TSA beschränkt sich auf
2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990                                   die gesamtwirtschaftliche Betrachtung nach dem
und Klimaneutralität bis 2050 anstrebt, tief ver-                              Inlandskonzept.
wurzelt. Hier wird zwar die Tourismuswirtschaft
nicht direkt angesprochen; die Verhandlungen                                   Andere gesamtwirtschaftliche Rechnungen in
und Beschlüsse der gesetzgebenden Organe über                                  verschiedenen Studien7 kommen aufgrund der
die Legislativvorschläge werden aber erheblichen                               Anwendung anderer Berechnungsmethoden und
Einfluss auf die Umstellung auf klimafreundliche                               konzeptioneller Abgrenzung zum Teil zu abwei-
grüne Tourismusdienstleistungen und -tätigkeiten                               chenden Ergebnissen8. Auch die Reisewirtschaft
haben.                                                                         selbst hat zwischenzeitlich eine Reihe von bran-
                                                                               chengetriebenen Ansätzen und Projekten in Angriff
                                                                               genommen. Insbesondere im Bereich der Methodik
A. Datenlage verbessern, Dialogformate                                        (u. a. Messung des CO2-Fußabdrucks) gibt es Vor-
   etablieren und Informationen in die                                         stöße auf verschiedenen Ebenen, bei denen aller-
   Fläche tragen                                                               dings eine Konvergenz hin zu einer einheitlichen
                                                                               Vorgehensweise noch in den Anfängen steht. Die
Um die klimapolitischen Ziele zu erfüllen, ist es                              Herausforderung wird daher in Zukunft sein, eine
unabdingbar, die auf den Tourismus zurückge-                                   Vergleichbarkeit und Vernetzung solcher Kennzif-
henden Treibhausgasemissionen verlässlich zu                                   fern durch möglichst umfangreiche Transparenz
bestimmen. Bereits jetzt steht hierfür das Touris-                             und – wo möglich – Konsistenz von Datengrund-
mus-Satelliten-Konto (TSA) des Statistischen Bun-                              lagen und Methodiken sicherzustellen. Hierfür ist
desamtes zur Verfügung, das die wirtschaftlichen                               unbedingt die amtliche Statistik miteinzubeziehen.
Effekte und die umweltrelevanten Folgen des Tou-
rismus – Treibhausgas-, Luftschadstoffemissionen,                              Das trifft ebenso auf die bereits erhobenen Daten
Energieverbrauch, Rohstoffeinsatz – quantifiziert.6                            zu Luftschadstoffemissionen, Energieverbrauch
Danach haben Tourismusaktivitäten in Deutsch-                                  und Rohstoffeinsatz zu. Darüber hinaus sind wei-
land im Jahr 2019 24,6 Millionen Tonnen an Treib-                              tere, für den Tourismus relevante Umweltindika-
hausgasemissionen verursacht, das sind 2,6 Prozent                             toren, wie dessen Wirkungen auf die biologische
aller in Deutschland entstandenen Emissionen. In                               Vielfalt, Lärmbelastung, Flächeninanspruchnahme

6   Vgl. „Aktuelle Daten zur Tourismuswirtschaft. Wirtschaftliche Bedeutung und Nachhaltigkeit.“ Statistisches Bundesamt, 2021. Abrufbar unter
    https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Volkswirtschaftliche-Gesamtrechnungen-Inlandsprodukt/Publikationen/Downloads-Input-Output-
    Rechnung/aktuelle-daten-tourismuswirtschaft.pdf?__blob=publicationFile.
7   Z. B. „Messung der Nachhaltigkeit des Tourismus in Deutschland – Entwicklung eines Tourismus-Nachhaltigkeits-Satellitenkontos“ im Auftrag des
    Umweltbundesamts – Zwischenbericht veröffentlicht im Jahr 2021, abrufbar unter https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/messung-der-
    nachhaltigkeit-des-tourismus-in – Veröffentlichung Abschlussbericht vstl. September 2022.
8   Vgl. z. B. „Treibhausgas-Emissionen im Deutschland-Tourismus“ – Themenpapier im Rahmen des Projektes „Weiterentwicklung des nachhaltigen
    Tourismus: Identifizierung von Synergieeffekten zur Stärkung der Kooperation mit und zwischen wichtigen Beteiligten“, abrufbar unter https://www.
    umweltbundesamt.de/publikationen/treibhausgas-emissionen-im-deutschland-tourismus oder das Projekt „Green Tourism“ der Leuphana-Universität zur
    Beurteilung der Nachhaltigkeit von Reiseketten, https://www.leuphana.de/institute/imo/tourismusmanagement/forschung-projekte/green-tourism.html.
14    1. K L I M A N E U T R A L I TÄT, U M W E LT- U N D N AT U R S C H U T Z I M TO U R I S M U S S TÄ R K E N

oder Abfallaufkommen, zu berücksichtigen. Da                                    discher Aktualisierungen sollen die erreichten
hierzu noch keine vergleichbaren Datengrundlagen                                Reduktionen dokumentiert und bewertet werden.
und Erhebungsmethoden mit Bezug zum Touris-                                     Der DKT unterstützt die Einführung von Maßnah-
mus zur Verfügung stehen, sind geeignete Ansätze                                men zur Treibhausgasreduktion bei inländischen
weiter zu erforschen und entwickeln. Die Bundes-                                Destinationen und Leistungsträgern entlang der
regierung will die Datengrundlagen im Bereich                                   touristischen Wertschöpfungskette. Die Tourismus-
Klimaneutralität, Umwelt- und Naturschutz ver-                                  wirtschaft wird mit dem branchenspezifischen
bessern und darauf aufbauend die bestehenden                                    THG-Inventar über ein wissenschaftlich geprüftes
branchenübergreifenden Initiativen stärker für den                              Instrument verfügen, um treibhausgasreduzierende
Tourismus nutzbar machen und sie durch passge-                                  Maßnahmen zu dokumentieren. Um den Anschluss
naue, branchenspezifische Maßnahmen ergänzen.                                   an den aktuellen politischen Prozess zu gewähr-
Dabei wird sich die Bundesregierung für einen                                   leisten, erfolgt ein enger Austausch hinsichtlich der
Gleichklang der Initiativen auf EU-, nationaler und                             Methodik zur THG-Berechnung und der Integra-
regionaler Ebene einsetzen.                                                     tion des Brancheninventars in das Nationale THG-
                                                                                Inventar mit dem Umweltbundesamt (UBA) und
Deutscher Klimafonds Tourismus (DKT)                                            dem Statistischen Bundesamt.

Im Herbst 2022 soll im Rahmen der Nationalen                                    Initiativen zum Thema Klimaanpassung
Klimaschutzinitiative das Verbundprojekt „Kon-
zeption und Pilotierung des Deutschen Klima-                                    Die – regional sehr unterschiedlichen – Auswir-
fonds Tourismus“ starten. Ziel des Vorhabens ist die                            kungen des Klimawandels verändern die Rahmen-
Institutionalisierung eines DKT. Dieser soll es der                             bedingungen des Lebens und Wirtschaftens und
Tourismusbranche ermöglichen, wirksame THG-                                     wirken sich in besonderer Weise auch auf etab-
Reduktionen im Einklang mit den nationalen Kli-                                 lierte Geschäftsmodelle im Tourismussektor aus.
maschutzzielen in Deutschland zu entwickeln, zu                                 Zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit der Branche
implementieren und zu dokumentieren. In Dekar-                                  ist es deshalb von zentraler Bedeutung, dass die
bonisierungsworkshops sollen langfristig realisier-                             Anpassung an den Klimawandel von allen Akteu-
bare Reduktionsziele für die Tourismuswirtschaft                                ren als zentrale Herausforderung erkannt wird.
formuliert werden, die sich an den nationalen                                   Handlungsbedarfe für Destinationen und Unter-
Minderungszielen orientieren. Darauf basierend                                  nehmen und gegebenenfalls erforderliche Unter-
sollen mit Hilfe eines Berater-Pools modellhafte                                stützungsbedarfe durch die Bundesregierung müs-
Lösungen zur Reduktion von THG-Emissionen                                       sen frühzeitig identifiziert werden, um auf dieser
der touristischen Leistungsträgerinnen und Leis-                                Grundlage passgenaue Anpassungsmaßnahmen
tungsträger entwickelt und erprobt werden. Ein                                  zu entwickeln. Im Rahmen des Forschungsvorha-
branchenspezifisches und rechtskonformes Finan-                                 bens des Bundes­ministeriums für Umwelt, Natur-
zierungsmodell für Klimaschutzaktivitäten soll die                              schutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Implementierung dieser Lösungen beschleunigen.                                  (BMUV) „Folgen des Klimawandels für den Touris-
Darüber hinaus ist geplant, ein branchenweites                                  mus in den deutschen Alpen- und Mittelgebirgs-
THG-Inventar zu entwickeln, welches kompatibel                                  regionen und Küstenregionen sowie auf den Bade-
zum nationalen THG-Inventar ist. Mittels perio-                                 tourismus und flussbegleitende Tourismusformen
1. K L I M A N E U T R A L I TÄT, U M W E LT- U N D N AT U R S C H U T Z I M TO U R I S M U S S TÄ R K E N   15

(z. B. Radwander- und Wassertourismus)“9 wurde                                wandels – kann ein Überblick über bereits erprobte
hierfür ein Klimainformationssystem10 entwickelt.                             Maßnahmen gewonnen werden. Über die Filter-
Dieses Online-Tool bildet die Klimaänderungen                                 funktion können z. B. nur Maßnahmen mit Rele-
der Vergangenheit ab und gibt einen Ausblick auf                              vanz für den Tourismus angezeigt werden.
ein mögliches zukünftiges Klima in allen deut-
schen Tourismusregionen. Verschiedene klima-                                  Darüber hinaus stehen Programme zur Anpassung
tische Kennzahlen stehen als interaktive Karte,                               an den Klimawandel im Rahmen der Deutschen
Datentabelle oder Zeitreihe zur Verfügung. Für                                Anpassungsstrategie (DAS)13 auch Projekten mit
die Anpassung an den Klimawandel als langfris-                                Tourismusbezug zur Verfügung, darunter auch das
tiger Prozess ist eine strategische Vorgehensweise                            neue Sofortprogramm Klimaanpassung14.
wichtig. Dafür wurde ein Handlungsleitfaden11
speziell für Destinationsmanagement entwickelt,                               Die anpassungsrelevanten Belange des Tourismus-
der hierbei eine Hilfestellung bieten soll. In sieben                         sektors wird die Bundesregierung bei der gemäß
Modulen von der Vorbereitung bis zu der Evaluie-                              Koalitionsvertrag vereinbarten Fortentwicklung
rung des Fortschritts wird der Anpassungsprozess                              der Deutschen Anpassungsstrategie und bei der
dargestellt und durch Checklisten, Praxisbeispiele                            Erarbeitung eines Bundes-Anpassungsgesetzes
und Informationen zu Förderungsmöglichkeiten                                  berücksichtigen.
ergänzt.
                                                                              Reiseverhalten – Berücksichtigung der
Darüber hinaus kommt der Auswahl passender                                    Nachfrageseite
Anpassungsmaßnahmen eine zentrale Bedeu-
tung bei der Verringerung der Verwundbarkeit                                  Um der Tourismusbranche und den Entschei-
gegenüber Klimawandelfolgen zu. Informationen                                 dungstragenden außerdem belastbare Daten zur
zu möglichen Maßnahmen, die speziell für den                                  Nachhaltigkeitsausrichtung der Nachfrageseite und
Tourismus relevant sind, wurden steckbriefartig                               deren Entwicklung zu geben, werden vom BMUV
zusammengestellt: jeweils die ökologischen Vor-                               in Fortsetzung erster Befragungen im Rahmen der
und Nachteile, sozio-ökonomische Aspekte, Kosten                              Reiseanalyse 2014 und 201915 die Bewusstseins-
und Umsetzungshindernisse mit Beschreibung von                                und Nachfrageentwicklung und ihre Einfluss­
Lösungen. In der KomPass-Tatenbank12 des UBA –                                faktoren in der Reiseanalyse 2022 bis 2024 in Folge
eine Datenbank mit ausführlichen Beschreibungen                               untersucht. Die Ergebnisse werden jährlich veröf-
von einzelnen Maßnahmen und übergreifenden                                    fentlicht – erstmalig im Herbst 2022.
Projekten zur Anpassung an die Folgen des Klima-

9   Forschungsvorhaben „Folgen des Klimawandels für den Tourismus in den deutschen Alpen- und Mittelgebirgsregionen und Küstenregionen sowie auf den
    Badetourismus und fluss-begleitende Tourismusformen“ s. https://www.umweltbundesamt.de/node/%2069234.
10 GIS-Tool Klimainformationssystem s. https://gis.uba.de/maps/resources/apps/tourismus/index.html?lang=de.
11 Handlungsleitfaden „Anpassung an den Klimawandel: Die Zukunft im Tourismus gestalten“
   s. https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/anpassung-an-den-klimawandel-die-zukunft-im.
12 Tatenbank s. https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/klimafolgen-anpassung/werkzeuge-der-anpassung/tatenbank.
13 DAS Förderprogramm s. https://www.bmuv.de/FG10.
14 Siehe auch Kompetenzzentrum Klimafolgen und Anpassung (KomPass) des UBA – https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/
   klimafolgen-anpassung/kompetenzzentrum-kompass-0 sowie Zentrum Klimaanpassung https://www.zentrum-klimaanpassung.de/.
15 Vgl. https://www.bmuv.de/WS4592.
16      1. K L I M A N E U T R A L I TÄT, U M W E LT- U N D N AT U R S C H U T Z I M TO U R I S M U S S TÄ R K E N

Initiative Energieeffizienz-Netzwerke (IEEN)                                      der Tourismuswerbung deutlicher und sichtbarer
                                                                                  berücksichtigen als bisher. Umwelt- und Klima-
Um einen Dialog zu den Themen Klimaschutz,                                        freundlichkeit gehören bereits jetzt schon zu den
Energiewende, Ressourceneffizienz und Nachhal-                                    Markenstärken des Reiselandes Deutschland im
tigkeit sowie einen Wissenstransfer u. a. innerhalb                               Ausland. Zukünftig soll die Sichtbarkeit sozial und
der Tourismusbranche schneller in Gang zu setzen,                                 ökologisch nachhaltiger Angebote mittels geeigne-
startete bereits im Jahr 2014 die Initiative Energie­                             ter Impressionen weiter erhöht werden, um diesen
effizienz-Netzwerke (IEEN). Seit 2021 wird sie von                                Standortvorteil im Wettbewerb der internationa-
21 Verbänden und Organisationen der Wirtschaft                                    len Destinationen für den Incoming-Tourismus
gemeinsam mit dem Bundesministerium für Wirt-                                     zu nutzen. Die weltweit hohe Reichweite der DZT-
schaft und Klimaschutz (BMWK) als Initiative Ener-                                Kanäle soll genutzt werden, um Deutschland in
gieeffizienz- und Klimaschutz-Netzwerke (IEEKN)                                   der Welt als eine dem Klimaschutz verpflichtete
fortgeführt. Sie hilft Unternehmen aller Branchen                                 Destination darzustellen, der es nicht mehr nur
und Größen, sich branchenübergreifend, bran-                                      um quantitatives, sondern um qualitatives Wachs-
chenintern oder unternehmensintern in Netzwer-                                    tum geht. Das Tourismusmarketing bietet die
ken auszutauschen und Maßnahmen zugunsten                                         Möglichkeit, diese Werte weltweit ansprechend zu
von Energieeffizienz und Klimaschutz umzuset-                                     kommunizieren. So soll die DZT im Rahmen ihrer
zen. Zentrale Elemente der Netzwerke sind ein                                     Kampagnen darauf hinwirken, die CO2-sparsame-
moderierter Austausch, die Festlegung gemeinsa-                                   ren Beförderungsmittel wie Bahn und Bus für die
mer Einsparziele sowie die Inanspruchnahme von                                    Anreise nach Deutschland sowie für die Mobilität
Schulungsangeboten. So gewinnen die Unterneh-                                     innerhalb des Landes stärker in den Vordergrund
men schneller Know-how, wie sie ihren Energie-                                    zu rücken. Konkret wird die DZT zum Beispiel die
verbrauch senken und einen Beitrag zum Klima-                                     Möglichkeiten des emissionsarmen Reisens von/
schutz leisten können. Innerhalb der Initiative hat                               nach und innerhalb Deutschlands bewerben, Mar-
sich bereits ein Netzwerk für die Hotellerie initi-                               ketingpartnerschaften mit europäischen Bahnun-
iert. Es soll Hotelbetreibenden eine speziell auf ihre                            ternehmen intensivieren und ausbauen und in den
Bedürfnisse zugeschnittene Plattform für den Aus-                                 Überseemärkten für eine längere Aufenthaltsdauer
tausch rund um die Themen Energieeffizienz, Ener-                                 in Deutschland werben. Außerdem wird die DZT
giebeschaffung und Nachhaltigkeit bieten und kon-                                 im Jahr 2022 erstmals einen Tag des nachhaltigen
krete Optimierungsmöglichkeiten aufzeigen. Die                                    Tourismus ausrichten, der auch im Jahr 2023 fort-
Tourismus-, Hotellerie- sowie Gastronomiebran-                                    gesetzt werden soll.
chen sollen mittels gezielter Öffentlichkeitsarbeit
angeregt werden, weitere Netzwerke zu gründen.16                                  Umweltfreundliches Dienstreisemanagement
                                                                                  an Hochschulen und Forschungseinrichtungen
Möglichkeiten zu emissionsarmen Reisen                                            (FlyingLess)
sichtbar machen – Marketing der DZT
                                                                                  Seit 2021 arbeitet die Universität Heidelberg
Ab dem Jahr 2023 wird die Deutsche Zentrale für                                   zusammen mit dem Institut für Energie und
Tourismus e. V . (DZT) das Thema Klimaschutz in                                   Umweltforschung Heidelberg am Klimaschutz­

16 Nähere Informationen sind unter: https://www.effizienznetzwerke.org/ zu finden.
1. K L I M A N E U T R A L I TÄT, U M W E LT- U N D N AT U R S C H U T Z I M TO U R I S M U S S TÄ R K E N   17

projekt „Umweltfreundliches Dienstreisemanage-                              parken und anschließend in möglichst vielen der
ment an Hochschulen und Forschungseinrichtun-                               aktuell 104 Naturparke: Über die Projektlaufzeit
gen“. Das Vorhaben hat das Ziel, eine Minderung                             sollen THG-Minderungen in Höhe von rund 18.500
der Treibhausgasemissionen durch die Dienst-                                Tonnen CO2eq angestoßen werden.
reiseaktivitäten deutscher Hochschulen und For-
schungseinrichtungen zu leisten. Insbesondere                               Zertifizierungen und Wettbewerbe
liegt der Fokus dabei auf der Reduzierung von
Flugreisen. Dazu werden Methoden und Instru-                                Auch Umwelt- bzw. Nachhaltigkeits-Label im
mente entwickelt und an Pilotinstitutionen ange-                            Tourismus können zu mehr Transparenz sowie zu
wendet, um ein umweltfreundliches Dienstreise-                              sichtbaren und buchbaren Angeboten führen.
management zu etablieren. Die Ergebnisse werden
in ein Baukastensystem umgesetzt, welches auch                              Im Rahmen des „Maßnahmenprogramms
weiteren Institutionen und Organisationen zur                               Nachhaltigkeit der Bundesregierung“ wird für
Verfügung gestellt werden wird.                                             Hotelbuchungen bei Dienstreisen aktuell ein
                                                                            Kriterien­katalog zur Ausweisung von nachhaltig
Ein KATZENSPRUNG – Bewusstsein vor Ort                                      zertifizierten Hotels auf der Buchungsplattform
stärken                                                                     des Bundes erarbeitet17. Dies stellt einen ersten
                                                                            Schritt auf dem Weg zur staatlichen Anerkennung
Das dreijährige Klimaschutzprojekt „KATZEN-                                 von Sozial- und Umweltzeichen im Tourismus dar.
SPRUNG 2.0 – Aktiv für den Klimaschutz im
Deutschlandtourismus“ wird seit dem 1. Januar                               Den Gesamtansatz der Nachhaltigkeitsbewertung
2022 vom BMWK gefördert. Das Projekt soll den                               verfolgt auch der „Bundeswettbewerb Nachhal-
Klimaschutz im Inlandstourismus stärken, indem                              tige Tourismusdestinationen in Deutschland“, der
es bei touristischen Akteuren vor Ort sowohl das                            2022/23 zum dritten Mal mit dem BMUV, dem
Bewusstsein für u. a. die wirtschaftlichen, wett-                           Bundesamt für Naturschutz (BfN) und dem Deut-
bewerblichen und kommunikativen Vorteile ent-                               schen Tourismusverband durchgeführt wird. Die
sprechender Angebote schärft/entwickelt, als auch                           Auszeichnung besonders aktiver Regionen für
praxisgerechte Unterstützung bei der Umsetzung                              ihr Engagement im nachhaltigen Tourismus trägt
konkreter klimaschonender Maßnahmen bietet.                                 zur breiteren öffentlichen Wahrnehmung und
Kernziele sind die Durchführung einer modularen                             Bekanntheitssteigerung bei, entfaltet eine Vorbild-
Schulungsreihe zur Implementierung von klima­                               wirkung für und den Wissensaustausch zwischen
freundlichen Angeboten oder Ausstattungen sowie                             Destinationen und setzt einen Anreiz für die Wei-
die zielgruppengerechte Kommunikation des                                   terentwicklung nachhaltiger Konzepte und Politi-
Themas nachhaltige Gestaltung der Verpflegung.                              ken des Inlandstourismus.
Gesamtziel ist die inhaltliche Ausweitung des im
Pilotprojekt entwickelten „Aktiv für Naturparke                             Der alpenweite Klimaschutzwettbewerb
und Klimaschutz“-Kooperationsprogramms auf                                  „ClimaHost“ wurde mit einem Fokus auf das
weitere aktive Gruppen im Tourismus und dessen                              Gastgewerbe im Alpenraum und Maßnahmen mit
Implementierung in zunächst 20 Modell-Natur-                                großem Treibhausgas-Minderungspotenzial wie

17 Federführung BMI/Bundesverwaltungsamt (BVA), BMWK/Koordinierungsstelle Klimaneutrale Bundesverwaltung, BMUV/UBA.
18    1. K L I M A N E U T R A L I TÄT, U M W E LT- U N D N AT U R S C H U T Z I M TO U R I S M U S S TÄ R K E N

energetische Modernisierungen oder der Einsatz                                  kungen der Kreuzfahrtbranche werden seit vielen
innovativer Technologien vom BMUV ausgerich-                                    Jahren kritisch diskutiert.
tet. Er wurde 2021/22 zum zweiten Mal durchge-
führt und gibt im Herbst 2022 die Sieger bekannt.                               Um Emissionen zu verringern, legt die Bundesregie-
                                                                                rung, insbesondere das BMDV, einen Schwerpunkt
Berechnung von CO2-Emissionen bei                                               darauf, die umweltfreundlicheren Verkehrsträger
Jugendreisen                                                                    wie die Schiene sowie ÖPNV und Fahrrad zu stär-
                                                                                ken und damit mehr Anreize für Verkehrsverlage-
Die Entwicklung einer App für Jugendleiterinnen                                 rungen auch im Tourismus zu schaffen. Aber auch
und Jugendleiter steht im Mittelpunkt des am                                    der Straßen-, Luft- und Schiffsverkehr sollen klima-
1. September 2021 gestarteten und vom BMWK                                      freundlicher werden.
geförderten Projektes „Klimaschutz im Tourismus:
Jugendreisen als Vorreiter bei der Reduktion von                                Reisen mit dem Fahrplan für alle –
Treibhausgas-Emissionen“. Das Konzept ist darauf                                der Deutschlandtakt
ausgerichtet, allen Anbietenden von Jugendreisen
Werkzeuge zur Verminderung der THG-Emissio-                                     Das Leitmotiv für die Schiene der Zukunft ist der
nen und zur Klimabildung zur Verfügung zu stel-                                 Deutschlandtakt mit schnellen und verlässlichen
len. Auf der Grundlage von Befragungen werden                                   Verbindungen im Nah- und Fernverkehr. Mit ihm
die Anforderungen für die App-Entwicklung kon-                                  sollen Züge bundesweit besser aufeinander abge-
kretisiert. Die App soll eine Unterstützung bei der                             stimmt, Reisezeiten gesenkt und mehr Kapazitäten
klimafreundlichen Planung und Gestaltung von                                    geschaffen werden. Dafür sollen die größten deut-
Jugendreisen leisten. Sie berechnet die im Kon-                                 schen Städte durch regelmäßige Personenfernver-
text der Reise anfallenden CO2-Emissionen und                                   kehrszüge verbunden sein – und das alle 30 Minuten
lässt verschiedene Alternativen für Einsparungen                                verlässlich zur selben Zeit. So sieht der Zielfahrplan
berechnen. Über die Projektlaufzeit sollen hier-                                für den Deutschlandtakt des BMDV unter anderem
durch rund 800 Tonnen CO2eq eingespart werden                                   einen schnellen Halbstundentakt auf den innerdeut-
können.                                                                         schen Hauptachsen im Fernverkehr vor.

                                                                                Beispiele für Fahrzeitverkürzungen:
B. Klima- und umweltschädliche
   Emissionen im Verkehr senken –                                               •   Stuttgart–Berlin 4:34 statt 5:38 Stunden
   Klima- und Umweltfreundlichkeit                                                  (–1:04 Stunden)
   aller Verkehrsträger verbessern
                                                                                •   Berlin–Düsseldorf 3:32 statt 4:13 Stunden
Ohne Mobilität wäre ein großer Teil der touristi-                                   (–0:41 Stunden)
schen Aktivitäten nicht denkbar. In Deutschland
ist der Verkehr nach Berechnungen im TSA für fast                               •   Görlitz–Nürnberg 4:08 statt 5:25 Stunden
die Hälfte der tourismusbezogenen Treibhausgas-                                     (–1:17 Stunden)
emissionen verantwortlich und damit ein Schlüs-
sel, um Klimaschutzpotenziale des Tourismus zu                                  •   Lübeck–Berlin 2:12 statt 2:40 Stunden
heben. Auch die Emissionen und Umweltauswir-                                        (–0:28 Stunden)
1. K L I M A N E U T R A L I TÄT, U M W E LT- U N D N AT U R S C H U T Z I M TO U R I S M U S S TÄ R K E N   19

•   Eisenach–Cottbus 2:52 statt 3:46 Stunden                                  ren im internationalen SPFV und die Umsetzung
    (–0:54 Stunden)                                                           des TransEuropExpress (TEE) 2.0-Konzeptes, das
                                                                              während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft
Gleichzeitig verbessern sich die Anschlüsse in den                            im 2. Halbjahr 2020 initiiert wurde. Damit sollen
Taktknoten mit schnelleren Reisezeiten bis in die                             beispielsweise die europäischen Metropolen noch
Fläche und die für den Tourismus bedeutsamen                                  besser miteinander verknüpft werden; auch durch
ländlichen Regionen.                                                          zusätzliche Nachtzugangebote. Der nächste Fort-
                                                                              schrittsbericht der IRP wird für Juni 2023 erwartet.
Um bessere Angebote auf die Schiene zu bringen,
braucht es aber zunächst die dafür passende Infra­                            Stärkung des ÖPNV
struktur. Nach Schweizer Vorbild verfolgt das
BMDV daher einen neuen Ansatz in der Infrastruk-                              Mit einem Ausbau- und Modernisierungspakt wol-
turplanung, nämlich: „erst der Fahrplan, dann der                             len Bund, Länder und Kommunen die Attraktivi-
Aus- und Neubau“. Dies bedeutet, dass das Schie-                              tät und die Kapazitäten des ÖPNV weiter stärken.
nennetz genau an den Stellen ertüchtigt wird, bei                             Wesentlich dabei ist die Verständigung über die
denen es der Zielfahrplan erfordert. Die für den                              Finanzierung des ÖPNV bis 2030.
Deutschlandtakt erforderlichen Maßnahmen sind
bereits identifiziert, volkswirtschaftlich bewertet                           Im Rahmen des Klimaschutzprogramms 2030 un-
und in die höchste Dringlichkeitskategorie des                                terstützt das BMDV mit dem Förderprogramm
Bedarfsplans Schiene aufgenommen. Der Deutsch-                                „Modellprojekte zur Stärkung des ÖPNV“ innova-
landtakt wird schrittweise in Etappen umgesetzt.                              tive Gesamtkonzepte, die u. a. zur Verbesserung der
Eine spürbare Angebotsverbesserung wird mit der                               Angebots- und Betriebsqualität (z. B. Taktverdich-
zweiten Etappe des Deutschlandtakts ab Mitte der                              tungen, Entwicklung und Realisierung von On-De-
2020er Jahre möglich (z. B. Halbstundentakt Mann-                             mand-Diensten), zur Gestaltung attraktiver Tarife
heim–Stuttgart–München).                                                      sowie zur Vernetzung von Auskunfts- und Ver-
                                                                              triebssystemen (z. B. Mobilitätsplattformen sowie
Plattform für den grenzüberschreitenden                                       deren Verknüpfung) beitragen. Im Rahmen des ers-
Personenfernverkehr (IRP)                                                     ten Förderaufrufs werden zwölf Projekte bis Ende
                                                                              2024 mit insgesamt rd. 200 Mio. Euro gefördert18.
Im Schienenpersonenfernverkehr sorgen europä-
ische Hochgeschwindigkeitsstrecken für bessere                                Dazu gehören insbesondere Maßnahmen in den
Verbindungen als leistungsfähige Alternative zum                              folgenden Bereichen:
Auto und Flugzeug. Dieses Angebot soll weiter
ausgebaut werden. Deutschland setzt sich im Rah-                              •   Verbesserung der Angebots- und Betriebsquali-
men der European Plattform for International Rail                                 tät (z. B. Taktverdichtungen, Linienausbau)
Passenger Services (IRP) für die Weiterentwicklung
des grenzüberschreitenden Schienenpersonen-                                   •   Entwicklung von On-Demand-Diensten,
fernverkehrs (SPFV) in Europa ein. Ziele sind vor-                                Beschleunigungsmaßnahmen, Verknüpfung mit
rangig die Beseitigung noch bestehender Barrie-                                   anderen Verkehrsmitteln

18 Zu den Einzelprojekten siehe https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/G/modellprojekte-nahverkehr.html.
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