Digital denken - Fax vom Computer aus senden| - Wirtschaftsjunioren Deutschland

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Digital denken - Fax vom Computer aus senden| - Wirtschaftsjunioren Deutschland
Das Magazin der
                                       Wirtschaftsjunioren
                                              Deutschland
                                            Ausgabe 2/2019
                                             3,10€ B59654

Fax vom Computer aus senden|

                               digital denken
Digital denken - Fax vom Computer aus senden| - Wirtschaftsjunioren Deutschland
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                           daten@kerkerdruck.de
Digital denken - Fax vom Computer aus senden| - Wirtschaftsjunioren Deutschland
E di t o r i a l

Digitale
                     Liebe Wirtschaftsjuniorinnen,
                     liebe Wirtschaftsjunioren,

Denk­
                     I
                             n times of change the greatest         „Wenn die
                             danger is to act with yesterday’s
                                                                    Gesetzgebung

schule
                             logic.“ Dieser Satz des amerika-
                             nischen Management-Vordenkers          der Wirklichkeit
                    „        Peter Drucker bringt die aktuelle      hinterherhinkt,
                      Herausforderung für Wirtschafts- und
                      Staatslenker messerscharf auf den Punkt.      wird es für die
                      In Zeiten rasanten Wandels, wie wir ihn       Unternehmen schwer
                      gerade in fast allen Lebensbereichen erle-
                      ben, kommen wir mit althergebrachten
                                                                    voranzuschreiten.“
                      Lösungen nicht weiter. Mit den Rezepten
                      von ­gestern werden wir die Probleme von
                      morgen nicht lösen.
                           Die Digitalisierung spitzt diese Kon-    ordnung und der Marktgesetze ist aber
                      flikte weiter zu. Unternehmen, die sich       essenziell, um international nicht den
                      mit inkrementellen Veränderungen an           Anschluss zu verlieren. Hier zählt auch
                      ihren Services und Produkten begnügen,        die Umsetzungsgeschwindigkeit. Wenn
                      wird es womöglich schon bald nicht mehr       die Gesetzgebung der Wirklichkeit hin-
                      geben. Heute sind Unternehmenslen-            terherhinkt, wird es für die Unternehmen
                      ker aufgefordert, nicht nur ihre direkten     schwer voranzuschreiten.
                      Wettbewerber zu beobachten, sondern                 Digital Natives bringen das digitale
                      auch Underdogs und Trends in anderen          Mindset häufig mit. Alle anderen ­können
                      Märkten im Auge zu behalten. Die etab-         und müssen es lernen. Sonst können wir
                      lierten Platzhirsche sehen schnell alt aus,   in Deutschland einpacken. Denn: am
                      wenn disruptive Innovatoren angreifen.        ­digitalen Wandel führt kein Weg vorbei.
                      Jedenfalls mussten die deutschen Auto-
                      mobilhersteller schmerzlich lernen, dass      Mit herzlichen Grüßen
                      es nicht 150 Jahre Industriegeschichte
                      braucht, um Autos zu bauen.                   Euer
                           Wir dürfen unsere Augen nicht vor        Florian Gloßner
                      den radikalen Umbrüchen in Wirtschaft,        Bundesvorsitzender der
                      Politik und Gesellschaft verschließen.        ­Wirtschaftsjunioren Deutschland
                      Mit kleinen Nachbesserungen am Sys-
                      tem lässt sich keine Zukunft machen. Die
                      Fridays-for-Future-Bewegung zeigt, dass
                      die junge Generation oft besser versteht,
                      wann es radikale Antworten braucht. Der
                      Klimaschutz ist dafür ein aktuelles Bei-
                      spiel – es gibt aber noch unzählige andere.
                      In deutschen Betrieben wird täglich das
                      Recht gebrochen, weil der Gesetzgeber
                      an einem völlig veraltetem Arbeitszeitge-
                      setz festhält. Auch gibt es noch keine sys-
                      tematische Regulierung der Datenökono-
                      mie. Die Anpassung unserer Wirtschafts-

 2/2019                                                                                              3
Digital denken - Fax vom Computer aus senden| - Wirtschaftsjunioren Deutschland
i n h a lt                     Wirtschaftsleben

     2/2019
                                      18
                                      Nur Gemeinsam
S c h we r p u n k t                  Gesichter der Jungen Wirtschaft
                                      von Kristina Kastner
6
digital ist besser
Leitartikel                           22
von Kristina Kastner                  Selbst der Wein wächst digital
                                      in rheinland-Pfalz
                                      Junge Wirtschaft im Gespräch
10                                    von Florian Gloßner
Aufmerksamkeitsspanne: Acht
Sekunden
Interview                             U n s e r Ve r b a n d
von Kristina Kastner

12
Tipp für Jungunternehmer: Auf
digitale Technologien setzen!
Gastbeitrag
von Martin Lundborg                                                              32
                                                                                 Goodbye & Hello!
                                                                                 Bundesgeschäftsstelle
13                                    24                                         von Kristina Kastner und Sandra Koch
Vom wandel verweht? –                 Inside KHT: Eine Arbeitsreiche
Digitalisierung und Change            Woche zum Jubiläum
management                            25. Know-How-Transfer mit dem              33
Gastbeitrag                           Deutschen Bundestag                        Mittelstand ganz groSS
von Franziska Prillmann und           von Kristina Kastner                       Medienpreis Mittelstand
Thomas Wolter-Roessler                                                           von Sandra Koch

                                      28
14                                    Fünf Länder, eine Botschaft:
Mensch, Raum und Technologie          Europa ist eine Chance                     JCI
Interview                             Internationales
von Kristina Kastner                  von Phillipp Nüßlein                       34
                                                                                 Ein highlight jagt das nächste
                                      29                                         in lyon
16                                    KonNichiwa,
I love New Work – das meetup          Wirtschaftsjunioren!
Ressort Arbeit, Bildung und Zukunft   Ressort Europa und die Welt                35
von Lena Landenberger                 von Phillipp Nüßlein und Viktoria Schütz   Junge Menschen für europa
                                                                                 begeistern

17                                    30
Erfahrungswerte aus dem               zwischen Fontane, popcorn
digitalen Wunderland                  und schiffen: 1000 Chancen auf
Gastbeitrag                           tour
von Florian Marcus                    Jugend stärken: 1000 Chancen
                                      von Merle Bargmann

       4                                                                                         Junge Wirtschaft
Digital denken - Fax vom Computer aus senden| - Wirtschaftsjunioren Deutschland
Impressum
                                                         Magazin der Wirtschaftsjunioren Deutschland

                                                         Herausgeber
                                                         Wirtschaftsjunioren Deutschland e.V.
                                                         Breite Straße 29 | 10178 Berlin
                                                         jw@wjd.de | www.wjd.de

                                                         Redaktion
                                                         Kristina Kastner (Chefredaktion)
                                                         Merle Bargmann, Vivian Döbber, Florian Gloßner,
                                                         Ivo Haase, Sandra Koch, Lena Landenberger,
                                                         Tobias Maucher, Philipp Nüßlein, Magdalena
                                                         Riedel, Viktoria Schütz, Jessica Selig, Manuela

                     S c h we r p u n k t                Weber

                     di g i t a l de n k e n             Gestaltung & Illustrationen
                                                         Mona Karimi | www.monakarimi.de

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                     Leitartikel auf Seite 6             3,10 € pro Ausgabe, inkl. MwSt.
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                                                         Die Zeitschrift wird den Mitgliedern (WJD) im
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Junioren vor Ort                  Se r v i c e           Kerker Druck GmbH
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von Tobias Maucher

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                                  41                     10.500 Exemplare

                                  Das neueste in kürze
                                                         Bildnachweise
                                                         Cover: Google and the Google logo are registered
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                                  42                     S. 4: oben: WJD/Pia Jennert Fotografie, unten:
                                                         WJD/Jana Legler, S. 4-5: Alekseyliss/Getty
                                  Neues aus der          Images, S. 5: links: Daniel Günther, rechts: WJD/
37                                geschäftsstelle        Insa Hagemann, S. 10: Karl Tapales/Getty Images,
Kinderbetreuung selbst                                   S. 11: Intermate Media GmbH/Florian Röske, S.
                                                         12: oben: holzgespür – Tischlerei Kasper GmbH,
in die Hand nehmen                                       unten: WIK GmbH, S. 13: twr GmbH/focus-f, S.
von Kristina Kastner                                     14/15: Thomas Dashuber, S. 16: Janine Schmitz/
                                                         photothek, S. 17: oben: Enterprise Estonia/e-
                                                         Residency, unten: Rene Riisalu, S. 18-20: WJD/Pia
                                                         Jennert Fotografie, S. 22: WJD/Kristina Schäfer, S.
38                                                       23: privat, S. 24-27: WJD/Jana Legler, S. 28: WJD/
                                                         Philipp Nüßlein, S. 29: Christoph Seydel, S. 30
Eine einzigartige Erfahrung:                             oben: Antje Schimanke, unten: Lars Tolle, S. 31:
der „JCI Facilitator“                                    oben: Lars Tolle, unten: Till Werner, S. 32: WJD/
                                                         Stephanie von Becker, S. 33: oben: WJD/Janine
von Ivo Haase                                            Schmitz/photothek, unten: rotschwarzdesign,
                                                         S. 34: oben: JCI France, unten: Herbert Ewers,
                                                         S. 35: WJ München, S. 37: Daniel Günther, S.
39                                                       38: oben: Philip Bürck, unten: Ivo Haase, S. 39:
                                                         links: Oswald Fotodesign, Mitte: ochsenfoto.de /
Kurzmeldungen                                            Thorsten Ochs, rechts: IHK Wernigerode, S. 40:
                                                         oben: WJ Chemnitz, unten: Oliver Rohrbach, S.
                                                         41: Udo Sturm, S. 42: WJD

     2/2019                                                                                      5
Digital denken - Fax vom Computer aus senden| - Wirtschaftsjunioren Deutschland
S c h we r p u n k t: di g i t a l de n k e n

Digital ist
besser

6                                               Junge Wirtschaft
Digital denken - Fax vom Computer aus senden| - Wirtschaftsjunioren Deutschland
Wie denkt man digital? Muss man dazu Infor­
         matiker sein, mindestens eine Programmier­
         sprache sprechen, von elektrischen Schafen
         träumen? Ab welchem Geburtsjahr gilt man
         eigentlich als „Digital Native“ – und denkt man
         dann automatisch digital? Klar ist: Wer Schritt
         halten will, wer Phänomene der digitalisier­
         ten Welt verstehen und Erfolg haben möchte,
         der muss seine Denkweise auf den Prüfstand
         ­stellen.

         von Kristina Kastner

2/2019                                            7
Digital denken - Fax vom Computer aus senden| - Wirtschaftsjunioren Deutschland
S c h we r p u n k t                                      Digital denken,
                                                                 digital handeln
                                                                 Digital denken ist also ein Thema, das alle Lebensbereiche
                                                                 betrifft. Wir haben versucht, uns dem Komplex aus verschie-
                                                                 denen Richtungen zu nähern. Zum einen, um herauszufinden,
                                                                 was eine digitale Denkweise auszeichnet. Zum anderen wollten
                                                                 wir wissen: Was bedeutet es in der Praxis, digital zu denken?
                                                                    Digitalisierung ist mehr, als Schreibmaschinen durch Com-
                                                                 puter zu ersetzen und ansonsten so weiterzumachen wie vor-
                                                                 her. Neue Technologien bringen neue Methoden mit sich und
                                                                 es gilt, sich darauf einzulassen. Sein Unternehmen zu digita-
                                                                 lisieren bedeutet auch, Prozesse auf den Prüfstand zu stellen.

N
                                                                 Nur wer bereit ist, neu, anders, digital zu denken, profitiert
                                                                 auch von der Umstellung. Frei nach Thorsten Dirks, dem ehe-
                ein, hier geht es nicht um Nerds. Hier soll es   maligen Vorstandsvorsitzenden von Telefónica Deutschland,
                auch nicht um den Typus des „Early Adopters“     der schon im Jahr 2015 wusste: „Wenn Sie einen Scheißprozess
                gehen. Diese, häufig in Großstädten anzutref-    digitalisieren, dann haben Sie einen scheiß digitalen Prozess.“
                fenden, Menschen zeichnen sich dadurch aus,
                jedes neue Gadget als Erste zu besitzen und zu
benutzen. Digital denken bedeutet nicht, jede Innovation mit
(blinder) Euphorie zu bejubeln.
  Digital ist nämlich gar nicht immer besser. Zumindest noch     „Wir müssen weg von den
nicht. Speichermedien, die gestern noch als Technologie der      Inseln, hin zu vernetzten
Zukunft galten, sind heute schon überholt und können in zehn
Jahren möglicherweise nicht mehr ausgelesen werden. Ganze        Plattformen.“
Publikationsarchive verschwinden mit dem Relaunch von
Websites und sind nur noch mit der Wayback-Machine erreich-      Moritz Bartling, Geschäftsführer bei teamnext
bar. Digitale Lösungen haben in vielen Bereichen analoge Pro-
dukte überholt, sind nutzerfreundlicher, schneller, transpa-
renter und unmittelbarer. Doch das gilt längst nicht für jeden
Bereich.
                                                                   Heute können zahlreiche Unternehmen schon einen
                                                                 hohen Digitalisierungsgrad vorweisen, sagt Moritz Bartling,
                                                                 Geschäftsführer bei teamnext. Doch organisationsübergreifend
                                                                 kommt es zum Bruch: „Innerhalb des Unternehmens arbei-
„Wenn Sie einen ScheiSSprozess                                   ten meine Kunden bereits mit digitalen Kollaborations-Tools.
digitalisieren, dann haben Sie einen                             Aber wenn sie mit ihrer Marketingagentur zu tun haben, grei-
                                                                 fen sie zum Telefon.“ Für ihn sind genau das die Knotenpunkte,
scheiSS digitalen Prozess.“                                      an denen in Zukunft gearbeitet werden muss: Schnittstellen.
                                                                 „Wir müssen weg von den Inseln, hin zu vernetzten Plattfor-
Thorsten Dirks, ehemaliger Vorstandsvorsitzender
                                                                 men.“ Digital denken, so Moritz Bartling, heißt unter anderem
von Telefónica Deutschland
                                                                 in ­digitalen Ökosys­temen zu denken.

Digitalisier dich oder
ich fress‘ dich
So kam es auch kürzlich zu einer Diskussion unter einigen
Wirtschaftsjunioren, als es darum ging, eine neue Druckerei
für dieses Magazin zu finden: Ob die Produktion eines Print-
magazin heutzutage nicht überholt sei? Die Antwort ist ja –
und nein. Das gedruckte Magazin erfüllt Zwecke, die sich digi-
tal noch nicht so umsetzen lassen: man kann es auslegen, man
kann auf einer Veranstaltung darüber ins Gespräch kommen
und – ganz wichtig – man kann es problemlos archivieren. Es
ist ein bisschen wie mit den Visitenkarten: Besucht man eine
Konferenz und bekommt von einem Gesprächspartner einen
USB-Stick statt einem Kärtchen, ist das interessant und inno-
vativ. Bekommt man von allen Gesprächspartnern USB-Sticks,
geht man am Ende mit fünf oder zehn USB-Sticks im Gepäck
nach Hause. Ist das wirklich praktischer?

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Digital denken - Fax vom Computer aus senden| - Wirtschaftsjunioren Deutschland
Vernetzung verändert
Zusammenarbeit

Genau diesem Thema nimmt er sich auch im Verband mit wei-
teren Mitstreitern an: sei es bei der Entwicklung der WJ-Platt-
                                                                   Die Digitalisierung
form oder bei der Arbeit an der WJ-Digitalisierungsstrategie.      ist eine Chance
Ohnehin ist die Digitalisierung unseres Verbandes ein großes       und wir können sie
Thema. Tobias Maucher erklärt uns auf Seite 36, was es mit
#WJdigital auf sich hat und wie Ihr Euch dort beteiligen könnt.    annehmen.
Auch das Thema New Work wird bei den Wirtschaftsjunioren
intensiv vorangetrieben: Hier sind Lena Landenberger und ihr
Ressort Arbeit, Bildung und Zukunft federführend (Seite 16).       plötzlichen Berühmtheit des YouTubers Rezo so zu sein. Über
  Dass New Work auf Vertrauen basiert, hat uns Maša Schmidt        das Phänomen „Influencer“ und was dahintersteckt haben
von Microsoft Deutschland erklärt. Sie hilft Unternehmen auf       wir mit Philip Papendieck gesprochen – er ist Geschäftsfüh-
dem Weg zum modernen Arbeitsplatz. Wir haben mit ihr dar-          rer einer erfolgreichen Influencer-Agentur (ab Seite 10). Denn
über gesprochen, warum in der neuen Münchner Zentrale von          auch das ist digital(es) Denken: Offenheit gegenüber neuen
Microsoft niemand mehr einen festen Sitzplatz hat und welche       Phänomenen, die man vielleicht nicht auf Anhieb versteht oder
Vorteile gelebtes New Work für Unternehmen hat (ab Seite 14).      gut findet.
                                                                       Die Digitalisierung ist eine Chance und wir können sie
Estland denkt digital,                                             annehmen. Dafür müssen wir bereit sein, unser eigenes
Rheinland-Pfalz auch (manchmal)                                    Mindset neu zu justieren. Dinge nicht ablehnen, nur weil
                                                                   sie ungewohnt sind. Veränderung als langfristigen Prozess
Deutschland gilt in Punkto Digitalisierung ja als etwas rück-      ­begreifen. Herausforderungen annehmen, auch unerwartete.
ständig. Ein Land, in dem digital schon vieles klappt, das bei      Das sind alles Fähigkeiten, die die Wirtschaftsjunioren als
uns noch nicht klappt, ist Estland. Florian Marcus hat für uns      ­Unternehmer, Unternehmerinnen und Führungskräfte aus-
ein paar Gedanken aufgeschrieben, warum das so ist (Seite            machen. ­Kollaboration, interdisziplinäres Denken und Arbei-
17). In der estnischen Hauptstadt Tallinn findet im November         ten, ­proaktiv sein und immer bereit, zu lernen: Das sind nicht
übrigens der JCI-Weltkongress statt – weitere Informationen          nur ­Voraussetzungen für Zukunftsfähigkeit, sondern WJ-Kern-
dazu findet Ihr auf Seite 41. Dass auch Rheinland-Pfalz digi-        kompetenzen. Lasst uns die Welt gemeinsam digitaler und
tal ein paar gute Ideen hat, haben wir von der Staatssekretä-        digital besser machen!
rin ­Daniela Schmitt erfahren (ab Seite 22). Ebenfalls politisch
sind (neuerdings) die Influencer, zumindest scheint das seit der
                                                                          Du hast Ideen, Anregungen,
                                                                          Vorschläge zur Jungen Wirtschaft?
                                                                          Wir freuen uns über Leserpost!
                                                                          Schreib uns gern eine Mail an
                                                                          jw@wjd.de.

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Digital denken - Fax vom Computer aus senden| - Wirtschaftsjunioren Deutschland
S c h we r p u n k t

Aufmerksamkeitsspanne:
Acht Sekunden

Interview Kristina Kastner

Wer die Digital Natives erreichen möchte, kommt um
Influencer Marketing nicht herum. Philip Papendieck ist
CEO und Mitgründer der Influencer-Agentur Intermate mit
Sitz in Berlin und Hamburg. Wir haben mit Philip darüber
gesprochen, was „Swipe-Away-Kids“ sind und was es
bedeutet, digital zu denken.

    10                                                     Junge Wirtschaft
Philip, bitte erklär uns einmal          sein! Wir rennen damit bei den Influen-
                                         in drei Sätzen: Was macht                cern offene Türen ein. Insgesamt nehmen
                                         Intermate?                               diese Themen stark zu – ohne, dass das
                                    PP: Wir verbinden Unternehmen und             Konsumthema dabei abnimmt.
                                    Institutionen mit Leuten, die eine große           Versteht ihr eure Zielgruppe
                                    Reichweite in Sozialen Medien haben.               noch oder lernt ihr euch das
                                    Dabei kümmern wir uns bei jeder Kam-               an?
                                    pagne um die Digitalstrategie dahinter,       Wir lernen durch die Beschäftigung mit
                                    darauf aufbauend um Kreativkonzepte,          dem, was in den Sozialen Medien erfolg-
                                    selektieren dann passende Influencer,         reich ist und im Austausch mit den Influ-
                                    schließen Verträge mit ihnen, briefen sie,    encern, was funktioniert und was nicht.
                                    produzieren mit ihnen den Content und         Deshalb binden wir die Influencer auch
                                    reporten das Ganze dann an den Kunden.        stark in den Produktionsprozess mit ein,
                                    Wir sind eine Art Hybrid aus Media Agen-      Stichwort Co-Creation. Die sogenannten
„Meine Hoffnung ist,                tur und Kreativagentur, mit einem star-       Swipe-Away-Kids haben einigen Studien
                                    ken Fokus auf Performance.                    zufolge eine Aufmerksamkeitsspanne von
dass der digitale
                                         Wie kam es zur                           acht Sekunden. Wenn wir nicht sofort ihre
Graben zumindest                         Gründungsidee?                           Aufmerksamkeit gewinnen, wischen sie
ein Stück weit                      Zum einen war der Plan, zu gründen,           unseren Content nach drei Sekunden weg.
                                    schon immer in meinem Hinterkopf. Das         Das können wir traurig finden oder blöd,
überwunden wird und                 hat mit Sicherheit auch damit zu tun, dass    aber erstmal nehmen wir das so hin.
die Generationen auch               meine Universität in Witten da sehr affin          Was bedeutet es für dich, digital
über digitale Kanäle                ist und uns zum Gründen ermutigt hat.              zu denken?
                                    Es fehlte zunächst nur die richtige Idee.     Offen zu sein gegenüber den Nutzern
wieder mehr                         Einer meiner Mitgründer und ich haben         einer Plattform. Zu schauen: Wie nut-
zusammenfinden.“                    dann nach dem Studium bei einer großen        zen die Kids das denn wirklich, TikTok
                                    Bekleidungsfirma gearbeitet und sind dort     zum Beispiel? In den USA nutzen viele
                                    zufällig mit einem der ersten Influencer in   Jugendliche Google Docs, um zu chat-
                                    Berührung gekommen: einem Model, das          ten – nämlich, weil sie in der Schule eh
                                    mit einfachen Behind-the-Scenes-Fotos         Google Docs nutzen und sich dann direkt
                                    wahnsinnig viele Leute erreicht hat. Das      in den Dokumenten unterhalten. Das mag
                                    hat uns zunächst sehr erstaunt und wir        sich erstmal absurd anhören, aber genau
                                    haben angefangen, uns dafür zu interes-       darum geht es: Solche Umwidmungen zu
                                    sieren. Wir haben dann schnell gemerkt:       akzeptieren und aus diesem Wissen Nut-
                                    Das könnte die Gründungsidee sein, auf        zen zu ziehen.
                                    die wir gewartet haben.                            Was sind in deinen Augen
                                         Bisher verbindet man                          die drei großen digitalen
                                         Influencer vor allem mit                      Zukunftstrends?
                                         Mode, Reisen, Unterhaltung.              Das ist zum einen das Livestreaming, das
                                         In letzter Zeit scheint auch             sich ausbreiten wird. Influencer werden
                                         Politik hinzuzukommen, auch              zunehmend live Erlebnisse oder Aktivi-
                                         Themen wie Nachhaltigkeit,               täten mit ihren Followern teilen. Zum
                                         Klimawandel. Findet da gerade            anderen schreitet die Personalisierung
                                         ein Wandel statt, weg von                von Inhalten weiter voran, Inhalte wer-
                                         reinem Konsum?                           den noch genauer auf den einzelnen Nut-
                                    Ja, definitiv. Charity-Themen wie „Jugend     zer zugeschnitten. Und dann gibt es einen
                                    gegen AIDS“ oder Hodenkrebsvorsorge           großen Trend, die Zielgruppe der 45- bis
                                    machen wir mit unseren Influencern            54-Jährigen anzusprechen und ins Boot
                                    schon lange. Zuletzt haben wir die große      zu holen. Meine Hoffnung ist, dass der
                                    #unfollowme-Kampagne           unterstützt:   digitale Graben zumindest ein Stück weit
                                    Entfolge meinem Kanal, wenn du rech-          überwunden wird und die Generationen
                                    ter Gesinnung bist. Es gab jetzt eine große   auch über digitale Kanäle wieder mehr
                                    Welle von Aktionen für den guten Zweck,       zusammenfinden.
                                    Bäume in Brasilien zu pflanzen oder eine
                                    faltbare Toilette für mehr Hygiene in Ent-
                                    wicklungsländern. Irgendwann haben
                                    wir da selbst den Überblick verloren und
                                    die Influencer auch. Wir haben uns jetzt
Philip Papendieck verbindet         dazu entschieden, uns auf eine Sache zu
Unternehmen und Institutionen mit   konzentrieren und die Stiftung Bildung
den passenden Influencern           zu unterstützen. Für uns ist das die wich-
                                    tigste Message in der heutigen Zeit: Wis-
                                    sen ist Macht. Jeder kann Greta Thunberg

     2/2019                                                                                                     11
S c h we r p u n k t

Tipp für Jungunter­
nehmer: auf digitale
Technologien setzen!
In einem Traditionsbetrieb eigene Impulse zu setzen und dabei dem Bewährten neue Chancen
zu eröffnen – das wünschen sich viele Jungunternehmer. Hier bietet die Digitalisierung
zahlreiche Ansätze, von der Umstellung der Prozesse bis zur Entwicklung neuer
Geschäftsmodelle. Dabei gibt es keinen Masterplan, denn kein Unternehmen gleicht dem
anderen: Struktur, Größe, Firmenphilosophie oder auch familiäre Konstellationen erfordern
ein individuelles Vorgehen.

Von Martin Lundborg

E
              in Beispiel, wie ein digitales Geschäftsmodell zur
              Digitalisierung eines ganzen Betriebes führen
              kann, ist die Jungunternehmerin Julia Kasper,
              Gründerin und Geschäftsführerin des Unterneh-
              mens holzgespür. Schon während ihres BWL-Stu-
diums hatte sie sich Gedanken gemacht, wie die Tischlerei ihrer
Eltern auch überregional Kunden gewinnen könnte. Da die bis-
herigen Aufträge immer im persönlichen Gespräch zustande
gekommen waren, wollte sie einen Weg finden, individuelle
Beratung und Service auch Kunden von außerhalb zu bieten.
Die Idee für holzgespür war geboren. Über diese Onlineplatt-       Ein erfolgreiches Team – die
form können Kunden mit Hilfe eines 3D-Produktkonfigurators         Tischlerei Kasper und holzgespür
ihren „ganz eigenen“ Tisch bestellen. Die digitale Kommunika-
tion erfolgt mit Bildern und Videos: So sehen die Kunden nicht
nur den nach ihren Vorgaben visualisierten Tisch, sondern
können auch während der Produktion entscheiden, zum Bei-           Netzwerken lassen sich Beschaffungsprozesse bündeln und
spiel welchen Baumstamm der Tischler verarbeiten soll.             dadurch Einkaufspreise senken. Anbieter verschiedenster Pro-
   Julia Kasper hat mit ihrem erfolgreichen Geschäftsmo-           dukte oder Dienstleistungen können sich über Kommunikati-
dell nicht nur das Angebotsspektrum der elterlichen Tisch-         onsplattformen verständigen oder gemeinsame Online-Shops
lerei erweitert, sondern auch den Anstoß gegeben, die dor-         starten, wenn es der Wertschöpfung dient. Und Unternehmen
tigen Geschäftsprozesse unter die Lupe zu nehmen – nicht           der gleichen Branche können sich über eine Plattform gegen-
zuletzt, um die beiden Unternehmen besser zu vernetzen.            seitig Anlagenkapazitäten vermieten.
Erste Schritte waren die digitale Erfassung der Arbeitszeiten,       Es gibt zahlreiche digitale Technologien, die Jungunterneh-
der Einsatz von Smartphones für eine bessere Personalein-          mer mit frischem Blick nutzen können: Informationen und
satzplanung und die Digitalisierung der Kunden- und Produk-        auch konkrete Unterstützung finden Sie bei den regionalen
tionsdaten. Und die Jungunternehmerin ruht sich nicht auf          bzw. thematisch ausgerichteten Mittelstand 4.0-Kompetenz-
ihren Lorbeeren aus: Im drängenden Wettbewerb sieht sie die        zentren, zu finden unter mittelstand-digital.de
Alleingänge von Handwerksbetrieben kritisch. Es sei nicht die
Lösung, dass jeder einzelne Handwerker eine Online-Plattform
eröffne. Im digitalen Zeitalter habe man nur als Netzwerk eine                      Martin Lundborg ist Leiter der B­ egleit­forschung
Chance.                                                                             von Mittelstand-Digital. Das ­Bundesministerium
   Digitale Netzwerke sind ein großer Vorteil der Digitalisie-                      für Wirtschaft und ­Energie ­ermöglicht die kos-
rung, den gerade kleine und mittlere Unternehmen für sich                           tenfreie Nutzung aller A­ngebote von Mittelstand-­
nutzen sollten. Einige Beispiele aus der Praxis: In digitalen                       Digital.

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S c h we r p u n k t

Vom Wandel verweht?
– Digitalisierung und
Change Management
Bringt die Digitalisierung tatsächlich                               Dritter Punkt: Planbarkeit. Jeder Planung liegt der Glaubens-
Geschäftsmodelle, Organisationen und                                 satz zugrunde, dass ich im Moment der Planung halbwegs
                                                                     weiß, was ich da plane. Kenne ich die bevorstehenden Aufga-
Arbeitswelten durcheinander? Dieser Frage                            ben nicht, sind sowohl Zeit als auch erforderliche Ressourcen
gehen wir in drei Aspekten nach: Führung,                            bestenfalls schätz- aber nicht planbar. Angesichts der gegen-
                                                                     wärtigen Informationsexplosion, der zunehmenden Rolle von
Kundenzentrierung und Planbarkeit.                                   KI und der generell hohen Dynamik wird das nicht leichter. Die
                                                                     für viele Menschen wichtige Sicherheit kommt heute immer
                                                                     weniger aus dem Wissen; sie wird daher immer mehr aus
Von Franziska Prillmann und                                         unseren Fähigkeiten kommen: Etwa aus der Fähigkeit, schnell
Thomas Wolter-Roessler                                               gemeinsam komplexe Fragen zu beantworten. Und dabei wer-
                                                                     den menschliche Eigenschaften wie Kreativität und Empathie

S
                                                                     eine immer wichtigere Rolle einnehmen.
                                                                       Damit sind wir beim Change Management. Der Begriff ist ein
                tarten wir mit der Führung, dem nach wie vor         Widerspruch in sich, denn Verhaltensänderung kann ich eben
                wichtigsten Thema unternehmerischen Han-             nicht steuern und anweisen, sie geschieht nur in frei­williger
                delns. In den allermeisten Organisationen wird       Selbstverpflichtung. Allen Beteiligten Chancen und Nutzen
                die Pyramide gelebt: Verschiedene Hierarchie-        von Veränderung sichtbar zu machen, und optimistisch ­diesen
                ebenen und Abteilungen, die durch diverse Ideen      Weg zu gehen, wird also eine der künftigen Kernkompetenzen
  (Projektmanagement, Matrix etc.) wieder zusammengeführt            werden.
  werden sollen.                                                       Bezug nehmend auf unsere Ausgangsfrage sind wir der
    Der Pyramide liegt ein Glaubenssatz zugrunde: Dass die          ­Meinung, dass die Digitalisierung einiges ändern wird. „Durch­
  Qualität einer Entscheidung steigt, je höher die Ebene ist, auf    einanderbringen“ wird sie die Unternehmen nur, wenn diese
  der sie gefällt wird. Anders herum: Je wichtiger eine Entschei-    es versäumen, ihre Akteure im Rahmen gelingender Change-­
  dung, desto höher die Ebene, auf der sie getroffen wird.           Prozesse bei dieser Transformation mitzunehmen.
    Dieser Glaubenssatz kommt aus der Industrialisierung, als
  eine große Anzahl ungelernter Arbeitskräfte vom Land in die
  Fabriken strömte. Und da war er auch goldrichtig. Denn die
  Arbeiterinnen und Arbeiter konnten und sollten nicht mitden-
  ken, sie waren Ausführende dessen, was die oberen Ebenen
  entschieden hatten.
    Mit Blick auf zunehmend höhere Spezialisierung und kür-
  zere Betriebszugehörigkeiten bezweifeln wir jedoch, dass der
  Glaubenssatz auch heute noch zutrifft. Führung wird sich ver-
  ändern: Nicht mehr die besseren Entscheidungen zu treffen ist
  ihr Ziel, sondern andere dazu zu befähigen, dass sie dies tun.
  Indem wir Räume schaffen, in denen die Beteiligten gemein-
  sam erfolgreich sind.
    Doch nicht nur Führungsrollen haben sich verändert.
  Auch im Produktentwicklungsprozess gewinnt der Kunde an
Entscheidungs- und Gestaltungskraft. Der immer mündi-
­
  gere Kunde schreibt heute dem Produktgestalter ­zunehmend         Franziska Prillmann und Thomas W     ­ olter-Roessler von der twr
  ins Heft, wie das Produkt auszusehen hat. Der Produzent           GmbH in Stuttgart begleiten seit fast zwanzig Jahren mittelstän-
­übernimmt durch Online-Shops, 3D-Drucker und den Ver-              dische produzierende Unternehmen bei Veränderungsprozessen,
  sanddienstleister wichtige Aufgaben des Vermarkters.              insbesondere der Digitalisierung. Diese ist aus ihrer Sicht mehr ein
    Beispiel Sportschuhe: Im klassischen Sportladen gibt            gesellschaftlicher Wandel als ein Technologiethema, daher kön-
  es v­ieles, aber eines sicher nicht: Den von mir individuell      nen Unternehmen vor allem von einer noch höheren Qualität in
 ­gestalteten Laufschuh.                                            Zusammenarbeit und Dialog profitieren.

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S c h we r p u n k t

Mensch, Raum und
Technologie
Die Digitalisierung der Arbeit ist umfassender und
folgenreicher, als den Mitarbeitern einen Laptop zu geben
und „Telearbeit“ prinzipiell nicht auszuschließen. Doch was
bedeuten Buzzwords wie Modern Work oder Arbeit 4.0 im
Arbeitsalltag eines großen Digitalkonzerns? Darüber haben
wir mit Maša Schmidt gesprochen.

Interview Kristina Kastner

     Maša, Dein Jobtitel bei                 ­ertrauensarbeitszeit und Vertrauens-
                                             V
     Microsoft Deutschland lautet:           arbeitsort können wir selbstbestimmt
     Modern Workplace Lead                   entscheiden, wann und wo wir arbeiten
     Customer Success. Erklär uns            möchten.
     doch zunächst einmal, was Du            Bei Microsoft ist New Work ein Drei-
     in dieser Rolle tust.                   klang aus Mensch, Raum und Technolo-
Gemeinsam mit meinem Team begleite           gie. Dabei sind Technologie und Raum vor
ich Kunden auf dem Weg zum moder-            allem das Handwerkszeug – der Mensch
nen Arbeitsplatz. Nicht nur bei dem          muss in einer modernen Arbeitswelt im
Einsatz von Technologie, wie man sich        Fokus stehen.
das vielleicht bei einem Technologie-              Was bedeutet das konkret?
unternehmen wie Microsoft vorstellen         Wenn jemand bei Microsoft einsteigt,
würde, sondern vor allem beim Change-­       bekommt er erstmal einen Vertrauens-              Kommt es da nicht zu
Management.                                  vorschuss. Das ist meines Erachtens die           Problemen mit Kollegen,
   Konkret helfen wir Unternehmen dabei,     höchste Prämisse bei New Work: Nur,               die ihren festen Arbeitsplatz
Antworten und Lösungen auf Fragen zu         wenn wir uns gegenseitig vertrauen, kön-          behalten und zum Beispiel
finden wie: Wie ändert sich eigentlich die   nen wir wirklich flexibel arbeiten. Durch         gerne ganz klassisch mit
Zusammenarbeit, wenn ein Team plötz-         Vertrauensarbeitszeit und Vertrauens-             Pflanzen oder Familienfotos
lich in Echtzeit gemeinsam an Dokumen-       arbeitsort kann jede Mitarbeiterin und            einrichten möchten?
ten arbeiten kann? Wie ändert sich Füh-      jeder Mitarbeiter morgens entscheiden,       Natürlich gibt es auch Vorbehalte. Es ist
rung, wenn Teams nicht zusammen im           ob sie oder er im Büro, von Zuhause, im      sehr wichtig, Mitarbeiter früh im Change-
Büro sitzen, sondern in ganz Deutschland     Park, im Café oder vielleicht vor Ort beim   Prozess mitzunehmen, sie in Entschei-
verteilt sind?                               Kunden arbeiten will. Das ermöglicht         dungen einzubeziehen und ihnen Mög-
     Wird New Work denn bei                  den Mitarbeitern ein sehr gutes Blending     lichkeiten zu geben, Dinge im Vorfeld
     Microsoft auch gelebt?                  zwischen Arbeitswelt und persönlichen
                                             ­                                            auszuprobieren. Im Gespräch zu bleiben.
Bevor ich bei Microsoft angefangen habe,     ­Präferenzen.                                Ein Argument ist zum Beispiel, dass man
habe ich auf der DLD Women-Konferenz            Vor einiger Zeit haben wir in München-    die Familienfotos auf dem Tisch dann
in München Ursula von der Leyen erlebt,       Schwabing unsere neue Deutschlandzen-       nicht mehr braucht, weil man auch ein-
die damals gesagt hat: „Frag mich nicht,      trale eröffnet, mit ganz neuen räumli-      fach nach dem Mittagessen ins Home-
wo ich arbeite, frag mich nicht, wann         chen wie technologischen Möglichkeiten      office fahren und so seine Familie sehen
ich arbeite, sondern frag mich nach den       für Zusammenarbeit. Es gibt dort keine      kann. New Work ermöglicht es auch,
Resultaten.“ Das war im Sommer 2013,          festen Arbeitsplätze mehr – stattdessen     nachmittags zum Fußballspiel der Toch-
damals wirkte diese Art zu arbeiten für       sucht sich jeder einen Platz aus, der den   ter zu fahren – man kann sich schließlich
mich extrem weit weg – aber sehr erstre-      Anforderungen des jeweiligen Arbeitsta-     auch danach noch mal hinsetzen und ein
benswert. Ein halbes Jahr später habe         ges entspricht: zum Beispiel einen ruhi-    paar E-Mails schreiben. Wir glauben bei
ich dann bei Microsoft angefangen und         gen Platz zum konzeptionellen Arbeiten      Microsoft daran, dass Arbeitszeit und pri-
plötzlich war dieses Ideal Realität: Dank     oder einen Teamarbeitsplatz.                vate Zeit heutzutage viel mehr ineinan-

       14                                                                                                  Junge Wirtschaft
dergreifen. Mit unseren flexiblen Arbeits-   beitern als auch von der Geschäftsleitung       ortgebundenheit. Wenn ich zum Beispiel
modellen wollen wir neue Formen der          gestaltet wird. Es ist sehr wichtig, dass die   einen ganz tollen Entwickler entdeckt
Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben      Geschäftsleitung im Rahmen des Change-          habe, der aber keine Lust hat an meinen
ermöglichen.                                 Prozesses als Vorbild agiert und das neue       Standort zu ziehen, habe ich durch New
    Welche Rolle spielen die                 Arbeiten vorlebt: etwa ins Homeoffice           Work trotzdem die Möglichkeit, ihn anzu-
    Technologien dabei?                      geht, mobil arbeitet, die Technologien          werben. Das ist der eine Punkt. Außerdem
Wichtig ist, dass Hard- und Software die     nutzt und Teil des Enterprise Social Net-       rüsten flexible Arbeitsweisen die Unter-
Arbeit im Team unterstützen und Kom-         works wird. Nur so wird dieser Wandel           nehmen, sich besser auf neue Herausfor-
munikation auch über Zeitzonen hinweg        authentisch für das Unternehmen.                derungen einzustellen. Also agil zu arbei-
vereinfachen – etwa durch Videokonfe-             Wie profitieren die                        ten, schnell zu reagieren, die Digitalisie-
                                                  Unternehmen, die sich auf                  rung erfolgreich zu gestalten – und auch
                                                  diesen Wandel einlassen?                   ein entsprechendes Mindset zu etablie-
                                             Aus der Arbeitnehmerperspektive gibt            ren. Der dritte Punkt ist, dass Unterneh-
                                             einem das neue Arbeiten extrem viel             men gute Mitarbeiter halten möchten.
                                             Freiheit, selbstbestimmt zu entschei-           Motivierte Mitarbeiter, die ihr Berufs-
                                             den, wann, wo und wie viel man arbeiten         und Privatleben besser miteinander
                                             will und die Arbeit an die persönlichen         in Einklang bringen möchten, können
                                             Bedürfnisse anzupassen. Diese Selbstbe-         Unternehmen durch New Work länger
                                             stimmtheit hat eine direkte Auswirkung          binden. Das wiederum stärkt die Wettbe-
                                             auf Kreativität, Innovationskraft und           werbsfähigkeit von Unternehmen.
                                             auch Motivation.                                     Thema Mindset, du hast es
                                                  Besteht da aber nicht                           gerade angesprochen: Was
                                                  auch die Gefahr, dass sich                      bedeutet es für Dich, digital zu
                                                  die Arbeitnehmer selbst                         denken? Und denkst Du selber
                                                  überlasten?                                     digital?
                                                Da sprichst Du einen ganz wichtigen          Digital denken bedeutet für mich, die
                                             Punkt an. In meinen Augen spielen da            Möglichkeiten der Digitalisierung und
                                             zwei Themen mit rein: Zum einen haben           die damit einhergehende Technologien
                                             Führungskräfte in der modernen Arbeits-         zu kennen und sie in Lösungsansätze ein-
                                             welt eine ganz neue Verantwortung, auf          bauen zu können. Im Rahmen von New
                                             die Mitarbeiter zu achten. Wenn zum Bei-        Work ist Technologie für mich jedoch
                                             spiel jemand über einen längeren Zeit-          nur die Basis. Der Mensch muss im Mit-
                                             raum öfter abends E-Mails schreibt. Oder        telpunkt stehen. Deswegen würde ich
                                             wenn sich Mitarbeiter davon unter Druck         von mir sagen: Ich denke digital, aber ich
                                             gesetzt fühlen, dass der Chef oder die Che-     handle empathisch.
                                             fin sonntags Mails schreibt. Es ist wichtig,         Zum Schluss: Digitalisierung
                                             das wahrzunehmen und anzusprechen                    und New Work, sind das Dinge,
                                             – und vielleicht auch passende Regeln                die Unternehmen nur ganz oder
renzen oder indem sie helfen, Sprachbar-     aufzustellen. Etwa, dass E-Mails, die am             gar nicht umsetzen können?
rieren zu senken. Für mich ist Technolo-     Wochenende oder nach 18 Uhr verschickt          Ich glaube, um den größtmöglichen Erfolg
gie einfach eine Basis für New Work, nicht   werden, nicht beantwortet werden müs-           zu haben, muss man ganzheitlich den-
mehr und nicht weniger.                      sen. Es geht dabei also ganz viel um offene     ken. Ich freue mich aber trotzdem über
     Ihr helft euren Kunden                  Kommunikation.                                  Unternehmen, die die ersten Schritte
     bei der Umsetzung des                      Der zweite Punkt schließt da an: Unter-      gehen, sich zum Beispiel überhaupt mit
     Change-Prozesses. Was                   nehmen stehen auch in der Verantwor-            dem Thema Homeoffice auseinanderset-
     sind denn überhaupt die                 tung, ihren Mitarbeitern Angebote für           zen. Es ergeben sich dann daraus auch
     Voraussetzungen, um New                 mentale Gesundheit zu machen. Ihnen             immer neue Fragen, etwa wie man Füh-
     Work zu implementieren?                 die Möglichkeit zu geben, sich zu infor-        rung gestaltet, wenn Kollegen im Home-
Meines Erachtens muss jedes Unterneh-        mieren, sie zu sensibilisieren und auch         office sind. Auch wenn ein Unternehmen
men zunächst für sich selbst grundsätzli-    konkrete Übungen anzubieten. Wir alle           sagt, es startet erstmal klein, ist es auf
che Fragen beantworten: Was ist unsere       müssen lernen, wie wir in einer Welt, die       dem richtigen Weg – obschon ich mir per-
DNA? Was macht unsere Unternehmens-          sich in rasantem Tempo verändert, per-          sönlich wünschen würde, dass New Work
kultur aus? Was sind unsere Grundwerte?      sönliche Grenzen ziehen, unsere mentale         stärker ganzheitlich gedacht wird. Insge-
Unternehmen müssen herausfinden, wie         Gesundheit schützen und unsere Resi­            samt sind aber auch erste kleine Schritte
sie Zusammenarbeit gestalten wollen.         lienz stärken können.                           besser, als sich dem ganzen Thema kom-
Davon leitet sich dann ab, welche Hard-           Und was sind die Vorteile                  plett zu verschließen und gar nichts zu
ware und welche Software sie benötigen,           von New Work aus der                       machen.
wie die Räume aussehen müssen, wel-               Unternehmerperspektive?
che Methoden genutzt werden sollen. Der      The „War for Talents“ is on! Die Talente
Wandel vom traditionellen Arbeitsmodell      der jungen Generation, die gerade von der
zum neuen Arbeiten ist in meinen Augen       Uni kommen, erwarten moderne Arbeits-
ein langfristiger Prozess. Elementar ist,    prozesse und -umgebungen. Der Arbeits-
dass dieser Prozess sowohl von den Mitar-    markt bewegt sich auch weg von Stand-

       2/2019                                                                                                               15
S c h we r p u n k t

I New Work –
Das #Meetup
Nein, nicht in New York, viel besser: in
Berlin fand das erste New Work-Meetup
bei strahlendem Sonnenschein am 17. Mai
2019 statt. Genauer gesagt bei und in der
Turbine Kreuzberg, dem Think Tank der
gleichnamigen Digitalagentur.

von Lena Landenberger

N
                                                                     Die Podiumsteilnehmer (von links nach rechts): Catharina
                                                                     Bruns, Jens Konrad, Kristine Lütke, Tobias Maucher,
               achdem alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer            Johannes Vogel und Antje Lezius
               die außergewöhn­liche Location inspiziert hat-
               ten, die früher als Umspannwerk die Elektrizi-
               tät verteilte und heute zukunftsorientierte Pro-
               duktplattformen, Marktplätze und individu-
elle Anwendungen im Bereich E-Commerce erzeugt, begrüß-
ten die CEOs der Turbine Kreuzberg, Peter Breuer und Daniel
Nill, alle Teilnehmer. In seiner mitreißenden Einführungs-
rede entführte Daniel Nill alle Anwesenden in die Arbeitswelt
der Zukunft – die bei Turbine Kreuzberg längst Realität ist:
Tschüss Hierarchie – Hallo agiles Arbeiten.

Welche Kompetenzen brauchen
wir in der Zukunft?
                                                                     Zu Gast bei Turbine Kreuzberg – über den Dächern Berlins
Im Anschluss daran wurde die „I Love New Work“-Kampagne
des Ressorts Arbeit, Bildung und Zukunft der WJ Deutschland          tem dringend benötigen, denn glaubt man wissenschaftlichen
vorgestellt. Darauf folgte die mit Spannung erwartete Podiums-       Studien, werden bis zu zwei Drittel der Kinder und Jugendli-
diskussion mit den hochkarätigen Gästen: Antje Lezius, MdB           chen, die derzeit die Schule besuchen, in Berufen arbeiten, die
und Mitglied der CDU-Bundestagsfraktion und der Enquete-             wir heute noch gar nicht kennen.
Kommission „Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt“,
Johannes Vogel, MdB und arbeits- und rentenpolitischer Spre-         Macht mit bei der New-Work-Week!
cher der FDP-Bundestagsfraktion, Catharina Bruns, Entrepre-
neurin, Autorin und Streiterin für Selbständigkeit und freie         Ausgestattet mit vielen neuen Eindrücken und Erkennt­
Arbeitsmodelle, Jens Konrad, Co-Founder von „Die Zukunfts-           nissen starteten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dann
bauer - Wir bringen Zukunft an die Schulen“ und Kristine             in das World Café, bei dem Ideen für Aktionen generiert
Lütke, Unternehmerin in der Pflegeindustrie und Ehrenvorsit-         wurden, die während der bundesweiten und kreisübergrei-
                                                                     ­
zende der Wirtschaftsjunioren Deutschland unter der Mode-            fenden New-Work-Week durchgeführt werden können. Daher
ration von Tobias Maucher – dem Digital-Coach im Kompe-              rufen wir (auch nochmals hier) alle Wirtschaftsjuniorinnen
tenzteam Arbeit, Bildung und Zukunft. Vielfältiger konnte die        und ­-junioren auf, ab dem 7. November 2019 eine New-Work-
­Diskussion zum Thema New Work in Schule, Aus- und Weiter-           Aktion zu starten. Das kann ein Vortrag, eine Pressemitteilung,
 bildung nicht sein.                                                 ein World-Café oder Bar-Camp mit Unternehmen, Bildungs-
   Einen guten Einstieg bot das aktuelle Urteil des Europä­ischen    einrichtungen oder Schulen sein.
 Gerichtshofs, das Arbeitgeber in der EU dazu verpflichtet, die         Für weitere Ideen und Anregungen steht natürlich
 Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter komplett zu erfassen. Vor allem       neben dem persönlichen Kontakt das digitale Ideenbuch
 der große Themenkomplex „Zukunftsfähigkeit der Bildung –            unter IloveNewWork.de sowie die Ressortfunktionsadresse
 quo vadis?“, welche Kompetenzen und Fähigkeiten brauchen            ­arbeitundzukunft@wjd.de zum Austausch zur Verfügung.
 wir in der Zukunft, wurde von allen Seiten ­beleuchtet. Einigkeit    Das Ressort Arbeit, Bildung und Zukunft freut sich auf eure
 bestand darin, dass wir ein „Update“ bei unserem Bildungssys-        Ideen.

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S c h we r p u n k t

Erfahrungs­
werte aus
dem digitalen
Wunderland
Während man in Deutschland teilweise stundenlang bei der Kfz-Zulassungsstelle auf sein
neues Kennzeichen warten muss, braucht man in Estland dafür nur wenige Klicks und das
Kennzeichen kommt per Post nach Hause. In Sachen digitaler Verwaltung liegt Estland laut
dem aktuellen Digital Economy and Society Index (DESI) der Europäischen Kommission auf
Platz zwei – Deutschland rangiert auf Platz 24. Können wir von Estland lernen, digital zu
denken?

von Florian Marcus

M
                   eine Stimme bei der diesjährigen Europa-                oder in der Privatwirtschaft. Deswegen muss der Staat
                   wahl habe ich auf einer englischen Parkbank             der ­Realität ins Auge schauen und sich für höchste Daten­
                   abgegeben. Alles, was ich dazu brauchte,                sicherheit einsetzen.
                   war mein Laptop und mein estnischer Per-            3) Transparenz & Datenschutz – kein Widerspruch: Im estni-
                   sonalausweis; i-Voting funktioniert in Est-             schen Staatsportal kann ich sehen, welche Behörde wann
land bereits seit 2005. Dass Estland durch die Einführung der              und aus welchem Grund auf welchen Teil meines Daten-
rechtskräftigen digitalen Unterschrift dazu noch jährlich etwa             satzes zugegriffen hat. Damit werden jeder einzelnen Per-
zwei Prozent des BIPs einspart, ist hierzulande fast nur noch              son im Land die Möglichkeiten an die Hand gegeben, sich
eine Fußnote. Und das sind nur zwei Beispiele in einem Land,               gegen unzulässige Datenzugriffe zu wehren. Und natürlich
in dem man (fast) alles digital erledigen kann und in dem alles            wissen auch die Staatsbediensteten, dass unrechtmäßige
Digitale zu klappen scheint. Die Frage, die viele Menschen                 Datenzugriffe im System bemerkt und geahndet werden.
außerhalb Estlands umtreibt, ist: Warum funktioniert Digitali-             Das schafft Vertrauen.
sierung in diesem Umfang nur hier? Als Gedankenansatz sind             Fazit: Die Esten haben kein digitales Gen. Sie haben nur von
hier drei Grundsätze, mit denen Estland über die letzten Jahr-       Anfang an die Digitalisierung als Chance begriffen, deren Risi-
zehnte gut gefahren ist:                                             ken der Staat managen muss. Dazu existiert die EU nicht in
  1) Der Bürger im Mittelpunkt: Selbstverständlich gibt es auch     einem Vakuum – Länder in Südamerika, Afrika und Asien digi-
      in Estland Interessensgruppen, welche die Politik beein-       talisieren die eigenen Strukturen momentan rasant und wer-
      flussen wollen. Beispielsweise hätten Versicherungsanbie-      den damit auch attraktiver für globale Talente, die heute so
      ter in jedem Land gern Zugriff auf die Gesundheitsakten        wenig Probleme wie nie zuvor damit haben, ihr Heimatland
      eines jeden Bürgers, um Risiken abzuwägen. Dies lässt der      zugunsten besserer Lebensbedingungen zu verlassen. Die EU
      estnische Staat selbstredend nicht zu: Die digitalen Dienst-   hat das Know-how und das Geld, um in Sachen Digitalisierung
      leistungen des Staates existieren, um dem Menschen das         zum Vorreiter zu werden – packen wir es an!
      Leben leichter zu machen – nicht, um der Privatwirtschaft
      auf fragwürdige Weise unter die Arme zu greifen.
  2) Gelebter Pragmatismus: Viele Politiker fordern 100 Pro-
      zent sichere Lösungen in Bezug auf staatliche IT-Lösun-                          Florian Marcus arbeitet als Analyst im e-Esto-
      gen. Das ist zwar lobenswert, aber wenig hilfreich. Denn:                        nia Briefing Centre in der estnischen Haupt-
      Keine Lösung ist 100 Prozent sicher – Server können                              stadt Tallinn. In dieser Position vermittelt er
      gehackt werden, physische Dokumente können gestohlen,                            unter anderem, wie Estland zum digitalen Vor-
      kopiert oder zerstört werden. Der pragmatische Este weiß:                        reiter geworden ist und was andere Länder aus
      Der Großteil unserer Daten ist online, egal ob beim Staat                        diesen Erfahrungen lernen können.

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x xi r
    W    xtxs c h a f t s l e b e n

Nur
gemeinsam
Jeannine Budelmann kann Spaghetticode
von strukturiertem Code unterscheiden,
hat schon als Schülerin ausgezeichnete
Verhaltensforschung betrieben und findet
sich auch in Peking bestens zurecht. Und
dann sieht auch noch alles sehr leicht aus
bei ihr. Was steckt dahinter? Ein Ortsbesuch.

Von Kristina Kastner

    18                                          Junge Wirtschaft
W
                  er die Elbphilharmonie besucht, kommt mit      nicht beruflich weiter verfolgt? Auch das hat mit Jugend forscht
                  Budelmann Elektronik in Berührung. Man         zu tun: Hier lernt sie nämlich Christoph kennen, ihren Mann.
                  könnte sogar sagen, ohne das Unterneh-           Wie Jeannine nimmt Christoph am Jugend-forscht-Bundes-
                  men aus dem westfälischen Münster kommt        wettbewerb teil, im Fachbereich Elektrotechnik, und belegt
                  kein Musikfan hinein in das Opernhaus an       den ersten Platz. Jeannine wird in ihrem Bereich Zweite. Er
der Elbe. Der Grund ist einfach: In der Einlasskontrolle zur     kommt aus dem Norden Deutschlands, aus Niedersachsen, und
Plaza der Elbphilharmonie befindet sich ein Industrie-PC aus     sie lebt zu dem Zeitpunkt mit ihren Eltern im Saarland. „Ohne
dem Hause Budelmann. Manche Menschen verdanken auch              Jugend forscht hätten wir uns also gar nicht kennengelernt.“
ihren Kaffee im Büro oder die frische Bauernhof-Milch von der    Nach dem Bundeswettbewerb stehen jede Menge Folgetermine
Milchtankstelle einer Elektronik-Einheit dieses jungen Unter-    an: ­Einladungen zur Studienstiftung des deutschen Volkes, ins
nehmens.                                                         Kanzleramt, sehr viele Veranstaltungen. „So haben wir uns
   „Unser Name steht eben nirgendwo drauf“, erklärt Jeannine     immer wieder getroffen und dann hat es irgendwann gefunkt.“
Budelmann die geringe Bekanntheit. Viele Kunden von Budel-
mann Elektronik haben ihre Kompetenzen im Kunststoff- oder       …zur Mikroelektronik
Metallbereich und kaufen das „Innenleben“ ihrer Produkte –
man könnte auch sagen: das Herz – bei Budelmann ein. Dort        Christoph studiert nach dem Abitur Elektrotechnik und Infor-
wird Elektronik wie auch Software kundenspezifisch für den       mationstechnik und entwickelt nebenbei Elektronik und Soft-
B2B-Bereich entwickelt. Herausforderungen, bei denen man         ware für Unternehmen und Forschungseinrichtungen. Im Jahr
mit Standardelektronik nicht weiterkommt, können damit           2010 gründet er eine UG, um diese Tätigkeiten auf eine solide
bewältigt werden. Dazu gehört etwa auch der gesamte Indus-       rechtliche Grundlage zu stellen. „Das war total unspektaku-
trie-4.0-Komplex.                                                lär, er kam nach Hause und wir haben zu Abend gegessen und

„Mich interessiert diese Schnittstelle zwischen Mensch und Medizin
und die Wissenschaften, die sich damit beschäftigen: Psychologie,
Organisationslehre und eben Marketing.“

                                                                                      er sagte: ‚Ich war heute beim Notar und
                                                                                      habe das Unternehmen eintragen las-
Vom Marketing…                                                                        sen‘. Das war schon das ganze Gespräch.“
                                                                                      Während Christophs Plan eigentlich vor-
Dass sie einmal Geschäftsführerin eines                                               sieht, hauptberuflich zu promovieren,
Mikroelektronik-Unternehmens werden                                                   wächst das Unternehmen stetig. Mit der
würde, war nicht der ursprüngliche Plan                                               Zahl der Kunden und Aufträge steigt
von Jeannine Budelmann. Die 1986                                                      auch die Zahl der betriebswirtschaftli-
geborene Tochter eines Mediziner-Ehe-                                                 chen Fragestellungen. Und da kommt
paars hat BWL mit Interkultureller Qua-                                               Jeannine ins Spiel.
lifikation Chinesisch studiert, zog zum                                                  Alles fügt sich bei den Budelmanns,
Studium nach Mannheim, später nach                                                    als wäre es genau so von langer Hand
Heidelberg, ging einige Zeit nach Peking                                              geplant worden. „Wir haben das Unter-
und Frankreich. Zu Beginn des Studi-                                                  nehmen zuerst von unserer Wohnung
ums, erzählt sie, wollte sie eigentlich                                               aus geführt und die Arbeitszimmer dafür
„das, was alle wollen, die in Mannheim                                                genutzt, die wir uns ohnehin eingerichtet
BWL studieren: Irgendwann in einem                                                    hatten. Nach und nach sind in den Woh-
richtig großen, wahrscheinlich sogar                                                  nungen unter und über uns die ande-
Automobilkonzern, ganz weit nach vorne                                                ren Mietparteien ausgezogen und zwar
kommen.“ Nach dem Studium arbei-                                                      immer genau zum richtigen Zeitpunkt.
tet sie zunächst in einigen marketing-                                                Dann haben wir diese Wohnungen ange-
bezogenen Forschungsprojekten: „Mich                                                  mietet und wir hatten wieder Platz für
interessiert diese Schnittstelle zwischen                                             neue Mitarbeiter. Irgendwann war das
Mensch und Medizin und die Wissenschaften, die sich damit        Haus voll.“ Christoph führt zwar seine Promotion zu Ende,
beschäftigen: Psychologie, Organisationslehre und eben Mar-      doch bald ist beiden klar: Wir sind jetzt Unternehmer. Durch
keting.“                                                         eine Rubrik im IHK-Magazin werden sie auf die Wirtschafts­
   Bereits als Schülerin beschäftigt sich Jeannine mit Themen    junioren aufmerksam – und werden Mitglieder.
aus dem Spektrum der Sozialpsychologie. Im letzten Schuljahr
nimmt sie an „Jugend forscht“ teil, tritt im Fachbereich Bio-    Vorbildfunktion und
logie im Bundeswettbewerb an. Ihr Thema: Das sogenannte          Vereinbarkeit
Ultimatumspiel, anhand dessen sie erforscht, wie gerecht
oder ungerecht Kinder im Grundschulalter teilen. Noch heute      Heute sitzt Budelmann Elektronik in einem Gewerbegebiet
spricht sie mit einer Begeisterung von diesem Projekt und        am Stadtrand von Münster, in einem Neubau, der von außen
ihren Erkenntnissen, die erahnen lässt, wie sehr Jeannine die-   modern, aber recht unscheinbar wirkt. Innen jedoch wird er
ses Thema am Herzen liegt. Warum hat sie diesen Weg dann         nicht nur den Anforderungen des wachsenden Unternehmens

       2/2019                                                                                                        19
Wirtschaftsleben

gerecht, die Einrichtung beweist auch viel Liebe zum Detail.       Struktur gewinnt
Anfang dieses Jahres ist das Unternehmen dort eingezogen,
Jeannine, Christoph und ihre Tochter wohnen gleich in der          Wenn man Jeannine zuhört, hat man das Gefühl, ihr fiele alles
Nähe. Jeannine ist dieses Jahr WJ-Landesvorsitzende in Nord-       leicht. Wird ihr nicht auch manchmal alles zu viel? „Natürlich!
rhein-Westfalen und wird sich als stellvertretende Bundesvor-      Mir wird häufig alles zu viel!“ Und dann? „Durchatmen und
sitzende 2020 bewerben. Familie Budelmann verbringt dem-           einmal die Aufgaben neu strukturieren. Wenn es mir zu viel
entsprechend viel Zeit auf WJ-Veranstaltungen am Wochen-           wird, brauche ich Struktur und dann muss ich mit jemandem
ende – gemeinsam. „Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf         sprechen – in der Regel mit meinem Mann – was gerade zu viel
ist ein zentrales Thema der Wirtschaftsjunioren, seit Jahren“,     ist und wie wir uns gegenseitig unterstützen können.“
sagt Jeannine. Also, findet Jeannine, sollte Vereinbarkeit auch       Vielleicht ist das ihr Geheimnis: Dass sie nicht versucht, alles

„Wenn es mir zu viel wird, brauche ich Struktur und dann muss ich mit
jemandem sprechen – in der Regel mit meinem Mann – was gerade zu viel ist
und wie wir uns gegenseitig unterstützen können.“

im Verband lebbar und sichtbar sein. „Ich würde es toll finden,    alleine zu machen, sondern gemeinsam. So hat sie sich auch
wenn uns das gelingt.“                                             als Landesvorsitzende vorgenommen, mit anderen Akteuren
   Doch Vereinbarkeit ist kein Kinderspiel. Jeannine tanzt         in der Gesellschaft ins Gespräch zu kommen. Gemeinsam mit
jeden Tag auf drei Hochzeiten: Unternehmen, Ehrenamt und           starken Partnern möchte sie das Bild des Unternehmers und
Familie. Dass das nicht selbstverständlich ist und sie eine Vor-   des Unternehmertums in der Öffentlichkeit verbessern. „Des-
bildfunktion einnimmt, wird ihr oftmals erst im Nachhin-           wegen habe ich mir da einen ganz bunten Blumenstrauß raus-
ein bewusst: „Als ich zur stellvertretenden Landesvorsitzen-       gepickt an Gruppierungen, die wir so in NRW haben und mit
den gewählt wurde, war meine Tochter erst zwei, drei Monate        denen Gespräche geführt oder geplant. Dazu zählen zum Bei-
alt. Wir sind da ganz offen mit umgegangen, es wusste jeder,       spiel der NABU, der Verband der Fachhochschullehrer in
dass ich ein kleines Baby habe. Ich brauchte ja auch Stillpau-     NRW, auch die IHK NRW. Aus all diesen Gesprächen ist immer
sen ­zwischendurch. Aber nach der Wahl sind einige Frauen          wieder etwas entstanden, was uns Wirtschaftsjunioren weiter
aus unterschiedlichen Kreisen auf mich zugekommen und              vorangebracht hat.“
haben mich um Rat gefragt. Zum Beispiel, weil sie gefragt wor-        Jeannine schafft auch deshalb so viel, weil es ihr Freude
den sind, ob sie das Amt der stellvertretenden Kreissprecherin     macht: das Unternehmen, das Ehrenamt, die Elternrolle. Auch
übernehmen möchten und gezögert haben, weil sie schwan-            wenn es manchmal schwierig ist, die Balance zu halten, so sagt
ger sind, aber das noch keiner weiß. Da ist mir zum ersten Mal     sie, wäre sie unzufrieden, wenn sie auf eins verzichten müsste.
bewusst geworden, dass das tatsächlich ein Thema ist, das viele    Man darf also gespannt sein, was Jeannine Budelmann in den
Frauen hemmt. Wenn wir wollen, dass Frauen Führungs­­po­           nächsten Jahren noch so alles auf die Beine stellen wird.
sitionen in unserer Gesellschaft übernehmen, dann brauchen
wir reale Vorbilder, die Vereinbarkeit leben.“

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DATA IS THE
NEW BACON

                                                                           Damit Ihr
                                                                    Geschäftsmodell
                                                                      erfolgreich ist:
               DATA THINKING WORKSHOP!
Big Data ist alles! Dennoch gelingt es vielen Unternehmen nicht, die potentiellen Mehr-
werte durch Daten systematisch zu monetarisieren. Denn Daten alleine sind wertlos. Wer
sein volles Business-Potential erschließen und die Sales-Performance verbessern will, der
kommt um eine nachhaltige Datenstrategie nicht herum. Data Thinking bringt Ihre Unter-
nehmensdaten zusammen.

Daten werden häufig nicht wie das neue Öl, sondern eher als operativer Schmierstoff für
Excel-Tapeten, OLAP-Cubes und Reports genutzt. Um diese Phantasielücke zu schliessen,
haben wir auf Basis unserer Erfahrung ein innovatives Workshop-Format entwickelt. Dabei
nutzen wir die erprobte Design Thinking-Methodik, um die richtigen Daten- und Analytik-
getriebenen Ideen für Ihr Business zu entwickeln. Anhand konkreter Use Cases zeigen wir
auf, wie Sie heute schon das Business-Potential Ihrer Daten erschliessen können und
AI-Tools für Marketing und Sales einsetzen können. Neben dem „Reality Check“ des heute
Machbaren, werden auch zukünftige Business-Szenarien erarbeitet. Hierzu gehören z.B.
Open Data und Data Sharing-Strategien wie auch die Nutzung neuster AI-Methoden.

- Der Workshop ist damit der ideale Start für ein erfolgreiches Daten- und Analytik-
getriebenes Business.

                     DDG - Digital Devotion Group GmbH
                     Zollamtstraße 7 | 67663 Kaiserslautern | www.digitaldevotion.com | 0631 343 591 0
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