Nachhaltigkeit 2008/1 Thema Wie werden wir wohnen? - ÖGUT

Die Seite wird erstellt Aaron-Arvid Albrecht
 
WEITER LESEN
Nachhaltigkeit 2008/1 Thema Wie werden wir wohnen? - ÖGUT
2008/1          journal
                       nachhaltigkeit
                          Der Newsletter des Akteursnetzwerks Nachhaltiges Österreich

       Thema          Wie werden wir wohnen?

     LA21-Report

          Grinzens:
Wir sind Zukunft –
         sei dabei!

     Wien-Wieden:
  Erzählen Sie Ihre
  Grätzlgeschichte!
Nachhaltigkeit 2008/1 Thema Wie werden wir wohnen? - ÖGUT
2
                                                                              Der Newsletter des Akteursnetzwerks Nachhaltiges Österreich
journal
 nachhaltigkeit          2008/1

           inhalt
      3         editorial

      3         netzwerk-news

      6         thema:      Wie werden wir wohnen?
            6   Wohnbedürfnisse der Zukunft
            8   Selbstbestimmte Wohnlandschaften
           11   Frauengerechte Wohnformen
           12   Stadtteil Kabelwerk
           13   Eisenerz: Wohnen in einer schrumpfenden Stadt

     14         LA21-Report
           14 Grinzens, Tirol
           15 Wieden, Wien

     16         termine

                                                                                                 brief
                                                                                                 des herausgebers

                                                                                                  Liebe NetzwerkerInnen,
          impressum                                                                               liebe Leserinnen und Leser,

          Medieninhaber und Herausgeber: Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft,         mit der vorliegenden Nummer tritt
          Umwelt und Wasserwirtschaft, 1010 Wien, Stubenbastei 5 Herstellungsort: Wien            das journal nachhaltigkeit in eine
          Hersteller: Druckerei Robitschek, 1050 Wien (ausgezeichnet mit dem österreichischen
                                                                                                  neue Phase. So wie die koordi-
          Umweltzeichen UW 689) Verlagsort: Wien Redaktion: Johannes Steiner, Erich Dall-
          hammer, Ulrike Fasching, Martina Handler, Claudia Dankl Layout: Alexander Schatek,      nierende Betreuung der Aktivitäten
          2700 Wiener Neustadt Satz: ÖIR, 1010 Wien Offenlegung (§ 25 Mediengesetz): In           des Nachhaltigkeitsnetzwerks ins-
          seiner grundlegenden Ausrichtung verfolgt das journal nachhaltigkeit die Information    gesamt wurde auch die Gestaltung
          der Mitglieder des Akteursnetzwerkes „Nachhaltiges Österreich“ und anderer ausge-       des Journals in neue Hände gelegt.
          wählter Zielgruppen über aktuelle Ereignisse, Entwicklungen, Umsetzungserfolge und
          Konzepte der nachhaltigen Entwicklung.
                                                                                                  Das Konsortium aus ÖGUT, ÖIR
                                                                                                  und dem Kommunikationsbüro jost.
          Die Verantwortung für die Inhalte der gezeichneten Artikel liegt bei den AutorInnen.    consult wurde von uns mit dieser
          Sie geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wider.                           Aufgabe betraut. Gemeinsam wollen
                                                                                                  wir das journal nachhaltigkeit – in
          Fotonachweise: Cover und Seiten 3, 6, 16: istockphoto.com (Lise Gagne);
          Seite 4: Land NÖ; Seite 9: Kommunalpolitische Infothek; Seite 10: Köb&Pollak;           Fortsetzung des bisherigen, erfolg-
          Seiten 11/12: kabelwerk.at; Seite 13: Rainer Rosegger; Seite 14: Marion Amort;          reichen Wegs – weiterentwickeln:
          Seite 15: Heidi Kastl                                                                   Es soll noch mehr zu einer aktiven
                                                                                                  Kommunikationsplattform des Netz-
          Gedruckt auf Profisilk 170 g, nach der Richtlinie des
          Österreichischen Umweltzeichens „Druckerzeugnisse“
                                                                                                  werks werden, aktuelle Fragen der
                                                                                                  Nachhaltigkeit aufgreifen, Beispiele
                                                                                                  der Nachhaltigkeit aus dem Netz-
                                                                                                  werk präsentieren, stärker noch als
          Das journal nachhaltigkeit wird im Rahmen des Projekts „Akteursnetzwerk
                                                                                                  bisher die Arbeit der LA-21-Initiati-
          Nachhaltiges Österreich“ vom Lebensministerium in Zusammenarbeit mit den
          Bundesländern und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit heraus-               ven ins Licht rücken – und damit
          gegeben und gemeinsam finanziert.                                                        insgesamt das Thema Nachhaltig-
                                                                                                  keit in der Öffentlichkeit noch stär-
                                                                                                  ker verankern.

                                                                                                  Wolfram Tertschnig,
                                                                                                  Lebensministerium
Nachhaltigkeit 2008/1 Thema Wie werden wir wohnen? - ÖGUT
3
Der Newsletter des Akteursnetzwerks Nachhaltiges Österreich
                                                                                                       journal
                                                                                          2008/1        nachhaltigkeit

                  2008/1

                                           editorial

   Nachhaltigkeit heißt
   auch: Kreativität im
    Wohnungsangebot
                                            „Weiter bauen und wohnen wie ge-
                  Johannes Steiner          wohnt ist nicht nachhaltig!“ eröffnet
                                            der Wohnbauforscher Raimund Gut-
                                            mann lapidar seinen einführenden
                                            Beitrag zur neu eröffneten Themen-      Frage. Kreativität in der Suche nach
                                            strecke im Herbstheft des journal       frauengerechten Wohnformen, wie
                                            nachhaltigkeit. Und das gelte nicht     sie das Frauenwohnprojekt ro*sa
                                            nur im Hinblick auf Energieeffizienz    Donaustadt konsequent und radikal
                                            und Bauökologie, sondern auch –         von der Projektierung bis zur Re-
                                            oder vor allem – für die „soziale       alisierung unternommen hat. Krea-
                                            Treffsicherheit“ des Wohnbaus: Die      tivität in der Neudefinition urbaner
                                            Ausdifferenzierung der Gesellschaft     Infrastrukturen, wie jener des alten
                                            mit ihrer Pluralität an Lebensstilen    Kabelwerks in Wien Meidling, ob-
                                            und neuen Haushaltsformen ruft          solet geworden durch industriellen
                                            nach neuen, kreativen Antworten         Wandel, revitalisiert als neuer Stadt-
                                            im Wohnungsangebot. Wie aber            teil mit Wohnungen für 3.000 Men-
                                            werden wir also wohnen?                 schen. Kreativität auch im Umgang
                                                                                    mit schrumpfenden Städten und al-
                                            Die Zukunft wird schon erprobt. Das
                                                                                    ternder Bevölkerung – wie im Fall
                                            journal nachhaltigkeit versammelt
                                                                                    Eisenerz.
                                            dazu in der Themenstrecke Beiträge
                                            von Expertinnen und Experten, etwa      News aus dem Nachhaltigkeits-
                                            aus Deutschland, wo sich nachhal-       Netzwerk, LA-21-Reports aus Grin-
                                            tige Wohnlandschaften ausbreiten –      zens und Wien-Wieden. Bücher
                                            ob in Hamburg, in der Region Frei-      zum Thema und Veranstaltungshin-
                                            burg oder in der Bundeshauptstadt.      weise ergänzen das Leseangebot.
                                            Sie geben Beispiel für die Kreativi-    Die Redaktion wünscht nachhal-
                                            tät der Antworten auf die gestellte     tende Lektüre.
Nachhaltigkeit 2008/1 Thema Wie werden wir wohnen? - ÖGUT
4
                                                                Der Newsletter des Akteursnetzwerks Nachhaltiges Österreich
journal
 nachhaltigkeit       2008/1

                netzwerk-news
                                                                                    Zukunftsbeständigkeit

                                                                                    NÖ Gemeinden
                                                                                    unterzeichnen
                                         Lebensqualität                             Aalborg-Charta
                                         Agenda-21-Akademie
                                                                                    Anlässlich des 2. Vernetzungs-
                                         in der Steiermark                          treffens der Gemeinde21 im ver-
                                                                                    gangenen April haben die ersten
                                                                                    niederösterreichischen Gemeinden
                                         „Lokal und regional nachhaltig die         die „Charta von Aalborg, 1994“
                                         Lebensqualität sichern”, so lautet         unterzeichnet. Damit erklären die
                                         das Motto der Agenda-21-Akade-             Gemeinden Ardagger, Brand-Laa-
                                         mie, die am 8. Oktober 2008, ver-          ben, Grimmenstein, Großrußbach,
                                         anstaltet von der Landentwicklung          Michelhausen, Pölla und
                                         Steiermark, dem steiermärkischen           Prellenkirchen, dass sie
Zivilgesellschaft                        Gemeindebund und dem Österrei-             die „Kampagne der Eu-
                                         chischen Städtebund, Landesgruppe          ropäischen Städte und
                                         Steiermark, in Großwilfersdorf statt-      Gemeinden auf dem
Vorarlberg Akademie                      findet.                                    Weg zur Zukunftsbe-
unterstützt Engagierte                   Die Akademie bietet den Bürger-            ständigkeit“ unterstützen
                                                                                                               Unterzeichnung
                                         meisterInnen, Gemeindemandata-             und sich deren Zielen Aalborg-Charta
                                         rInnen und AmtsleiterInnen, die            verpflichten.              v.l.: Helmut Lintner,
                                         sich in der Lokalen Agenda 21              Durch die Unterzeich- Maria Forstner,
                                         engagieren (wollen), eine effiziente       nung der Charta wer- Franz Gausterer,
Bürgerschaftliche Einsatzbereitschaft    Unterstützung an. Die Akademie             den die Gemeinden in Johannes Pressl,
                                                                                                               Ilse Wollansky,
ist für unsere Gesellschaft wertvoll     soll ab 2008 jährlich stattfinden und      ein gesamteuropäisches Johann Müller,
und unverzichtbar. Ob Eh renamt,         bietet für die wichtigsten aktuellen       Netzwerk aufgenommen, Rudolf Friewald,
freiwilliges Engagement oder Nach-       Bedürfnisse der kommunalen Ent-            was neben regelmäßigen Günther Kröpfl
barschaftshilfe – die Tätigkeiten,       scheidungsträgerInnen kurze und            Informationen über wich-
die übernommen werden, sind von          effiziente Präsentationen und Work-        tige Projekte, Veranstaltungen und
unschätzbarem ge sellschaftlichem        shops.                                     Entwicklungen auch den Austausch
Wert. In Vorarlberg bietet deshalb                                                  mit anderen lokalen und regionalen
                                         i Landentwicklung Steiermark
das Büro für Zukunftsfragen in Ko-                                                  Gebietskörperschaften ermöglicht.
                                           e office@landentwicklung.com
operation mit anderen Abteilungen
                                           www.landentwicklung.com                  i www.gemeinde21.at
der Landesverwaltung Aus- und
Weiterbildungsmöglichkeiten für En-
gagierte. Diese Angebote werden          Energie-Effizienz
in einem Programm im Rahmen
der „Vorarlberg Akademie“ zusam-         Internationale Konferenz in China
mengefasst.
Die Vorarlberg Akademie, die damit
                                         Im Rahmen der Kooperation der              (Schwerpunkt Energie)“ statt. Mit
bereits in ihre dritte Runde geht,
                                         Regionen Bayern, Georgia (USA),            Ausnahme Oberösterreichs wird in
will bestimmte Grundqualifikationen
                                         Oberösterreich, Quebec (Kanada),           den Regionen ein steigender Anteil
vermitteln, die für jede/n wichtig
                                         São Paulo (Brasilien), Shandong (Chi-      Atomkraft am Gesamtenergiemix
sind, der/die sich engagieren möch-
                                         na) und Western Cape (Südafrika)           forciert. Oberösterreich hält eine
te.
                                         trafen sich die Landesregierungs-          Ausweitung thermischer Solarnut-
i Amt der Vorarlberger Landes-           chefs im August zu einer Konferenz         zung für zielführend.
  regierung, Büro f. Zukunftsfragen      in Jinan in der chinesischen Pro-
  www.vorarlberg.at/zukunft              vinz Shandong. Dabei fanden auch           i OÖ Umweltanwaltschaft
  Mag. Reingard Seyr-Leiler              Fachgespräche zum „Aufbau einer              DI Dr. Martin Donat
  e reingard.seyr-leiler@vorarlberg.at   ressourcenschonenden Gesellschaft            e uanw.post@ooe.gv.at
Nachhaltigkeit 2008/1 Thema Wie werden wir wohnen? - ÖGUT
5
Der Newsletter des Akteursnetzwerks Nachhaltiges Österreich
                                                                                                      journal
                                                                                          2008/1       nachhaltigkeit

                                                                  netzwerk-news
                                            Nahversorgung

                                            Oberösterreich
                                            startet neues
Leben in der Stadt                          Förderungspaket                         Ökologie

BürgerInnen-Rat in                                                                  Salzburg misst den
Bregenz
                                            Die Nahversorgerförderung in Ober-      ökologischen
                                            österreich baut auf zwei Säulen auf:
                                            Die einzelbetriebliche Nahversorger-    Fußabdruck
                                            förderung als erste zeigt bereits Er-
„Wir sind Bregenz“: Das wurde               gebnisse: Die Zahl der Gemeinden
den TeilnehmerInnen des ersten              ohne Nahversorger in Oberöster-         Würden alle Menschen so leben
              Bregenzer BürgerInnen-        reich ist auf 54 gesunken.              wie wir in Österreich, so bräuch-
              Rats schnell bewusst.         Im Jahr 2008 erfolgte der Start für     ten wir mehr als zweieinhalb Pla-
              Ideen, Wünsche, Ver-          die zweite Säule: die Erstellung von    neten. Doch wir haben nur einen.
              besserungs- und Lö-           Nahversorgungskonzepten für jeden       Den ökologischen Fußabdruck zu
              sungsvorschläge zur           Be zirk/jede Region in Oberöster-       verringern, ist Ziel einer vom Land
              Zukunft der Stadt wur-        reich. Dabei werden Maßnahmen           Salzburg gestarteten Initiative. Das
              den zur Sprache ge-           zur      Be-                                                     Ziel ist am-
bracht und anschließend der Poli-           wusstseins-                                                      bitioniert:
tik und Stadtverwaltung präsentiert.        bildung wie                                                      Bis Ende
Rund um das Thema „Leben in der             regionale                                                        des Jahres
Stadt“ konnten die TeilnehmerInnen          Imagekam-                                                        2008 soll
ihre persönlichen Anliegen vorbrin-         p a g n e n                                                      jede/r zwei-
gen.                                        oder die                                                         te Salzbur-
Der BürgerInnen-Rat ist ein Bürger-         Stärkung                                                         gerIn ihren/
beteiligungsverfahren, das nach der         regionaler                                                       seinen öko-
vom amerikanischen Organisations-           Marken,                                                          logischen
entwickler Jim Rough entwickelten           Maßnah-                                                          Fußabdruck
Methode des „Wisdom Council“                men zur                                                          kennen und
aufgebaut ist. 12 bis 16 nach dem           Förderung                                                        darüber in-
Zufallsprinzip ausgewählte Bürge-           der Ausbil-                                                      formiert
rInnen werden vom Bürgermeister             dung und         Bild: Land Salzburg                             sein, wel-
persönlich eingeladen, zwei Tage            Beratung,                                                        che Schritte
lang über die Zukunft der Stadt zu          regionale Kooperationsprojekte so-      zu seiner Reduzierung möglich sind.
diskutieren. Themen werden dabei            wie innovative Projekte wie etwa        Umweltlandesrat Walter Blachfellner
keine vorgegeben.                           mobile Nahversorgungsmodelle ge-        will damit insgesamt das Umwelt-
Wichtigstes Anliegen der Bregen-            fördert.                                bewusstsein der Menschen stär-
zerInnen war ein lebendigeres               Betreut und abgewickelt werden die      ken.
Bregenz: Mehr Gastronomie in un-            Nahversorgungskonzepte vom Regi-        Geplant sind eine breit angelegte
mittelbarer Nähe zum See wurde              onalmanagement Oberösterreich in        Informationsoffensive (mit Medien-
gewünscht, aber auch die Neuge-             Kooperation mit der Wirtschafts-        kooperationen und Infopoints bei
staltung des Bregenzer See- und             kammer und der Wirtschaftsabtei-        Veranstaltungen sowie Einkaufszen-
Hafenareals sowie des Zentrums              lung des Landes.                        tren und Wochenmärkten) sowie
wurden diskutiert.                                                                  Vorträge zum ökologischen Fußab-
                                            i Amt der Oberösterreichischen
                                                                                    druck, die kostenlos von Schulen,
i Amt der Vorarlberger Landes-                Landesregierung, Büro Landesrat
                                                                                    Gemeinde oder Vereinen gebucht
  regierung, Büro f. Zukunftsfragen           Viktor Sigl
                                                                                    werden können.
  www.vorarlberg.at/zukunft                   www.land-oberoesterreich.at
  Dr. Manfred Hellrigl                        (Landeskorrespondenz Nr. 118          i e fussabdruck@salzburg.gv.at
  e manfred.hellrigl@vorarlberg.at            vom 23.05.08)                           www.salzburg.gv.at/fussabdruck
Nachhaltigkeit 2008/1 Thema Wie werden wir wohnen? - ÖGUT
6
                                                 Der Newsletter des Akteursnetzwerks Nachhaltiges Österreich
journal
 nachhaltigkeit   2008/1

                           thema Wie werden wir wohnen?
                                                                                       Raimund Gutmann

                           Wohnbedürfnisse
                            der Zukunft
                           Plurale Lebensstile, neue Haushalts-
                           formen und demografische Trends
                           rufen nach kreativen und partizipativen
                           Antworten im Wohnungsangebot.

                           Weiter bauen und wohnen wie ge-           lichen Wandel erzeugte Vielfalt neu-
                           wohnt ist nicht „nachhaltig“! Diese       er Haushaltsformen, Lebensstile
                           Feststellung gilt nicht nur für die       und Wohnkulturen beantworten.
                           Themen Energieverbrauch und Bau-          Es müssen Antworten gefunden
                           ökologie, sondern in einem hohen          werden für die Bedürfnisse einer
                           Maß auch für die „soziale“ Treffsi-       Gesellschaft, die sich kontinuierlich
                           cherheit. Das aktuelle Wohnungsan-        ausdifferenziert in immer speziellere
                           gebot sieht zumeist immer noch so         Gruppen und Netzwerke, die je-
                           aus wie in den 1950er und 1960er          weils ganz eigene Vorstellungen
                           Jahren: zwei oder drei Zimmer, Kü-        davon haben, wie sie leben und
                           che und Bad. Die Wohnungswirt-            wohnen möchten. Welche sind die
                           schaft reagiert noch immer viel zu        gesellschaftlichen Schlüsseltrends,
                           langsam auf geänderte gesellschaft-       die für das künftige Wohnen bzw.
                           liche und individuelle Ansprüche an       die neuen Wohn be dürfnisse von
                           ein flexibles Wohnen.                     besonderer Bedeutung sind? Wie
                           Unflexible, nicht an wechselnde Le-       werden wir wohnen (wollen)?
                           bensphasen anpassbare Wohnungen
                           in baulichen Großstrukturen mit           Individualisierung des Wohnens
                           fehlenden oder schlecht nutzbaren         Die „Individualisierung“ ist der
                           Freiräumen und überforderten Nach-        ge sellschaftliche Schlüsseltrend
                           barschaften sind nicht nur unsozial,      schlechthin. Tradierte Formen von
                           sondern auch wohnwirtschaftlich           Zugehörigkeiten lösen sich auf und
                           und ökologisch bedenklich. Ein an         man spricht von der „Multioptions-
                           den differenzierten Wohnbedürfnis-        ge sellschaft“, in der immer grö-
                           sen vorbei produzierender Massen-         ßere Teile der Bevölkerung echte
                           wohnungsbau führt zu sinkender            Wahlmöglichkeiten bei der Gestal-
                           Wohnzufriedenheit und damit zu            tung ihres Lebens besitzen. ICH-be-
                           unnötig hoher Fluktuation, verbun-        stimmte Lebenskonstruktionen do-
                           den mit erhöhtem Erhaltungs- und          minieren gegenüber der Orientierung
                           Verwaltungsaufwand.                       an überlieferten Wertemustern, Tra-
                           Sehen wir von der notwendigen             ditionen und Konventionen. Selbst-
                           quan titativen Befriedigung des           findung und Selbstverwirklichung
                           Grundbedürfnisses nach einer leist-       werden zu den zentralen Werten.
                           baren, gesunden und genügend              Dieser Trend hat nicht nur Auswir-
                           großen Wohnung für alle Men-              kungen auf den Wohnflächenbedarf,
                           schen einmal ab, so lässt sich die        sondern auch auf den Grundriss
                           Frage nach den Wohnbedürfnissen           der Wohnung selbst, die keine klas-
                           der Zukunft nur mit einem ge-             sische 2-Zimmer-Paar-Wohnung sein
                           schärften Blick auf die durch den         darf, sondern offen, flexibel und re-
                           de mo grafi schen und gesellschaft-       präsentativ sein muss.
Nachhaltigkeit 2008/1 Thema Wie werden wir wohnen? - ÖGUT
7
Der Newsletter des Akteursnetzwerks Nachhaltiges Österreich
                                                                                                                    journal
                                                                                                        2008/1       nachhaltigkeit

                                                                              Christiane Friedemann,

                                                                literatur
                                                                              Andreas Giger, Matthias Horx:
                                                                            · Future Living Lebensstile und Ziel-
                                                                              gruppen im Wandel. Kelkheim 2002

                                                                              Hartmut Häußermann,
                                                                              Walter Siebel:
                                                                            · Soziologie des Wohnens – Eine
Die „Multigrafie“                            angebot immer                                                            keit gewährleis-
                                                                              Einführung in Wandel und Ausdiffe-
als Nachfragemotor                          noch zu we-                       renzierung des Wohnens. Weinheim       ten muss.
Die Wohnbedürfnisse der Zukunft             nig beachteter                    1996
und damit die Wohnungsnachfra-              Schlüsseltrend                                                           Fazit: Fokus
ge verstärkt beeinflussen wird der          ist die rasante           Robert Lechner u.a.:                           auf „soziale“
                                                                    · Wohnträume Nutzerbezogene
Trend weg von der gewohnten                 Veränderung               Qualitätskriterien im Wohnbau.                 Nachhaltig-
dreiteiligen Normal-Biografie (Kind-        der Struktur              Forschungsprojekt bmvit, Programm              keit!
heit – Arbeit&Familie – Rente) und          der Haushal-              ‚Haus der Zukunft‘, Wien 2001                  Die skizzierten
hin zur, von der Trendforschung             te.    Stetig                                                            Phänomene
                                                                      Nicole Schneider,
als „Multigrafie“ bezeichneten,             schrump fende             Anette Spellerberg:                            gesellschaft-
mehrfach gegliederten Lebensbio-            Haushaltsgrö-           · Lebensstile, Wohnbedürfnisse und               licher Verän-
grafie. Diese stellt ein Mosaik aus         ßen und ein               räumliche Mobilität. Opladen 1999              derung sind
verschiedenen Lebensabschnitten             dra matischer                                                            allgegenwärtig
dar (kurze Kindheit – lange Ausbil-         Rück gang der                                                            und können
dung & Postadoleszenz – berufliche          klassischen                                                              gerade bei
Rush-Hour – zweiter Aufbruch –              Haushaltsfor men wie ver heiratete              der Frage „Wie wollen wir woh-
langer Un-Ruhestand) und erzeugt            Paare oder Klein- bis Durchschnitts-            nen?“ nicht einfach ignoriert wer-
in allen ihren Phasen unterschied-          familie verändern die Wohnungs-                 den. Die Individualisierung der
liche Lebensstile, Lebenskrisen und         nachfrage drastisch. Zukünftige                 Multioptions-Gesellschaft stellt le-
Wohnbedürfnisse. Das Wohnungs-              Herausforderung ist die Zunahme                 bensphasenspezifische Anforde-
angebot muss in Zukunft daher               unkonventioneller, oft zeitlich be-             rungen und fordert damit robuste,
vielfältig, flexibel und an die neuen       grenzter Wohnformen von bewusst                 anpassbare und flexible Planungen
biografischen Freiheiten bzw. ver-          Alleinlebenden, Lebensabschnitts-               für Wohnen, Freizeit, Arbeit, Kon-
schiedenen Lebenszyklen anpassbar           gemeinschaften, Alleinerziehenden,              sum und Gemeinschaft. Der Woh-
sein.                                       Patchwork-Familien und neuen                    nungsmarkt der Zukunft benötigt
Dies gilt insbesondere für eine Ge-         Wohngemeinschaften.                             ein differenziertes Spektrum von
sellschaft, die demografi sch älter                                                         Auswahlmöglichkeiten für immer
                                            Bedeutungszuwachs von Milieus,
und bunter wird. „Wie wollen wir                                                            differenziertere Zielgruppen und Al-
                                            Lebensstilen und Communities
woh nen in der zweiten Lebens-                                                              terskohorten mit unterschiedlichen
                                            Die Pflege unterschiedlicher Le-
hälfte?“ wird zu einem neuen The-                                                           Lebenswegen und -situationen.
                                            bensstile und die Zugehörigkeit zu
ma. Die künftigen Generationen                                                              Wollen also Politik und Wohnungs-
                                            kulturellen, altersbedingten oder
über 50 werden sich nicht auf die                                                           wirtschaft vermehrt die zukünftigen
                                            ethnischen Communities erhält ei-
Wohnalternativen „allein und ein-                                                           Wohnbedürfnisse abdecken, muss
                                            nen starken Bedeutungszuwachs
sam in einer großen Wohnung“                                                                das Wohnen nicht nur ökologischer,
                                            gegenüber den klassischen sozialen
oder „total betreut im Altenheim“                                                           sondern vor allem auch sozial nach-
                                            Zuordnungen nach sozialer Schicht,
beschränken lassen. Auch in der                                                             haltiger gestaltet werden, d.h. es
                                            Klasse, Religion und Einkommen,
zweiten Lebenshälfte wollen die-                                                            muss das Wohnungsangebot kre -
                                            deren Erklärungswert sich relativiert
se mitten im Leben bleiben oder                                                             a ti ver, partizipativer und experi-
                                            hat. Die Medien der Massenkom-
selbstbewusst noch in ein neues                                                             mentierfreudiger auf diese „neue
                                            munikation und der Informations-
Leben „umziehen“. Älterwerden be-                                                           Unübersichtlichkeit“ bzw. die aktu-
                                            technologie ermöglichen die Pflege
deutet für immer mehr Menschen                                                              ellen Herausforderungen der neuen
                                            dieser (vielfach virtuellen) Zugehö-
die Möglichkeit, Neues zu versu-                                                            Haushaltsformen und Lebensstile
                                            rigkeiten auch über große Entfer-
chen und Neues zu erfahren. Dabei                                                           reagieren.
                                            nungen hinweg. Ob dies tatsächlich
sind bewusst gewählte, gemein-
                                            das nachbarschaftliche Zusammen-
schaftliche Wohnformen – ohne die                                                                     Raimund Gutmann
                                            leben entscheidend beeinflusst und
Ärgerlichkeiten der alten Wohnge-                                                                     ist Leiter von wohnbund:con-
                                            das Quartier bzw. der Stadtteil da-
meinschaften – eine attraktive Al-                                                          sult, des Büros für Stadt.Raum.Ent-
                                            durch an Bedeutung für den Einzel-
ternative.                                                                                  wicklung in Salzburg. Das Büro bietet
                                            nen verliert, ist fachlich umstritten.          praxisorientierte sozialwissenschaftliche
Neue, unkonventionelle                      Fest steht jedenfalls der Anspruch,             Forschung, Planung und Beratung im
Haushaltsformen                             dass zeitgemäßes bzw. zukünftiges               Bereich nachhaltige Stadtentwicklung,
Ein schon viel zitierter, aber in den       Wohnen gleichzeitig Privatsphäre                Bauen und Wohnen.
Konsequenzen für das Wohnungs-              und nachbarschaftliche Gemeinsam-               www.wohnbund.at/consult
Nachhaltigkeit 2008/1 Thema Wie werden wir wohnen? - ÖGUT
8
                                                              Der Newsletter des Akteursnetzwerks Nachhaltiges Österreich
journal
 nachhaltigkeit      2008/1

               thema
                                                                                                       Mathias Heyden

               Wohnprojekte in Deutschland:
               Selbstbestimmt und
                gemeinschaftsorientiert
                                       zieren oder anstreben, ist und wird        tur für Baugemeinschaften verant-
                                       länger. Die Frage „Wie werden wir          wortlich. Sie hat den Auftrag, die
Von 2002 bis 2007 realisiert zählt     wohnen?“ stellt sich mit zuneh-            für das Thema relevanten Akteure,
man in Hamburg über 50 gemein-         mendem Nachdruck – bundesweit.             Kompetenzen und Möglichkeiten in-
schaftsorientierte Wohnprojekte.                                                  nerhalb der Verwaltung zu bündeln
Stadt weit sind das etwa 600           „Wahlfamilien“, Wohnpartner-               und zu steuern. Ihr wichtigster Part-
Woh nungen in Mietergenossen-          schaften und zukunftsweisende              ner ist die Finanzbehörde als Eigen-
schaften und etwa 400 in Wohn-         Nachbarschaften                            tümerin städtischer Grundstücke.
eigentümergemeinschaften (WEG).        Was aber meint selbstbestimmtes            Mit Einrichtung der Agentur be-
Im süddeutschen Raum, vor allem        und gemeinschaftsorientiertes Woh-         schloss die Stadt ein Kontingent
in Tübingen sowie in Freiburg im       nen? Zu verstehen ist darunter             öffentlicher Liegenschaften, die für
Breisgau, wird Stadtentwicklung für,   Selbst- und Mitbestimmung bei              Geschosswohnungsbau als geeig-
mit und durch Baugemeinschaften        Wohn raum und Wohnumfeld und               net gelten, für Wohnprojekte bereit
und -gruppen schon seit Anfang         deren Organisation als Gruppe. Da          zu stellen (bis dato 15%). Diese
der 1990er Jahre betrieben. Auf        diese Wohnform angesichts von              Grundstücke werden nicht, wie üb-
einem ehemaligen Kasernenareal         Single-, Paar- oder Familienhaushal-       lich, zum Höchstpreis, sondern zum
Tübingens entstanden durch Um-         ten und am Markt üblicher Eigen-           Festpreis (nach Verkehrswert) ver-
und insbesondere Neubauten etwa        tums- oder Mietformen eine Beson-          äußert.
110 Wohnprojekte (etwa 500 Woh-        derheit darstellt, spricht man von         In der wachsenden Region Freiburg
nungen). Für die neuen Stadtteile      Wohnprojekten. Diesen zugezählt            unterstützt man Wohnprojekte im
Freiburgs, Vauban und Rieselfeld,      werden das traditionsreiche wie das        Rahmen einer generell beteiligenden
nennt man 210 Projekte.                junge genossenschaftliche (Miet-)          und nachhaltigen Stadtentwicklung.
Anders verhält es sich in Berlin:      Wohnen oder die vielfältigen, häufig       Für den Aufbau des Stadtteils Rie-
Von geschätzten 400 Projekten sind     aus Besetzungen hervorgegangenen           selfeld hieß dies: von ca. 320 ha
gut 300 aus den Bewegungen für         Hausprojekte sowie Wagen-, La-             kommunaler Fläche 238 ha unter
ein selbstbestimmtes und gemein-       ster- und Hängersiedlungen. Aktuell        Landschaftsschutz stellen und 78 ha
schaftsorientiertes Wohnen der         kommen die schon erwähnten Bau-            als Wohnquartier (für etwa 10.000
1980er und frühen 1990er Jahre         gemeinschaften oder -gruppen, die          EinwohnerInnen) ausweisen und in
hervorgegangen. Doch auch die          ihre Wohnvorstellungen häufig ohne         Parzellen für möglichst nicht mehr
seit Anfang 2000 realisierten Wohn-    staatliche Unterstützung realisieren,      als 40 Wohnungen verkaufen. Die
projekte beeindrucken: Die auf         hinzu. Zudem bezieht man Wohn-             dadurch beabsichtigte Finanzierung
Webseiten erfassten jüngsten (etwa     oder Hausgemeinschaften ein, die           öffentlicher Infrastrukturen wurde
100) wurden und werden so gut          das „Wohnen im Alter“ oder das             jedoch nicht nur zu deren baulich-
wie ohne staatliche Unterstützung      „Generationen übergreifende Woh-           ökologischer Ausrichtung verwandt;
entwickelt.                            nen“ forcieren.                            ebenso wesentlich war der auf
Das soll sich ändern. Und wird sich                                               Nachhaltigkeit zielende Aufbau der
ändern (müssen). Denn: Die Liste       Strategien von Politik und Ver-            neuen Stadtteilgesellschaft. Denn:
der Städte und Regionen, in wel-       waltung, auf der Parzelle und              BewohnerInnen von Wohnprojekten
chen Menschen jedweden Alters,         stadtweit                                  identifizieren sich zwar tendenziell
jedweden Einkommens, mit/ohne          Für die beachtliche Zahl der in            stark mit Haus und Nachbarschaft,
Vermögen, ein Wohnen in eigener        Hamburg realisierten Projekte zeich-       können und sollen aber nicht Sub-
Regie sowie in Gemeinschaft prakti-    net insbesondere die dortige Agen-         stitut sein für die soziale Entwick-
Nachhaltigkeit 2008/1 Thema Wie werden wir wohnen? - ÖGUT
9
        Der Newsletter des Akteursnetzwerks Nachhaltiges Österreich
                                                                                                                    journal
                                                                                                      2008/1         nachhaltigkeit

                                                                       Nachhaltige Wohnlandschaften als gelebte Antworten am Beispiel
                                                                       Hamburg (außen links und rechts) und Freiburg-Rieselfeld (Mitte).

        lung der Gesamtstadt. In der Ent-           und weitgehende Mitbestimmung              dem, die zivilgesellschaftliche Arbeit
        wicklung der zivilgesellschaftlichen        und Selbstverwaltung offerieren.           trägt Früchte: Zu „älteren“ Enga-
        Kräfte in Freiburg-Rieselfeld wurden        Die Förderung von Selbstverantwor-         gierten wie dem Arbeitskreis Ber-
        die Wohnprojekte also Teil der öf-          tung und Solidarität durch eine ent-       liner Selbsthilfegruppen im Altbau
        fentlich initiierten und getragenen         sprechende juristische Struktur und        e.V. oder der Berliner Sektion des
        Stadtteil(aufbau)arbeit.                    Finanzierung wird auch durch die           Forum Gemeinschaftliches Woh-
                                                    Stiftung trias anschaulich. Wohnpro-       nen e.V. kommen der Arbeitskreis
        Zivilgesellschaftliche Strategien,          jekte geben ihre Grundstücke mit-          Wohn projekte in Berlin (AK-WiB),
        die der Vielfalt der Gesellschaft           tels Erbbaurecht ins Stiftungsvermö-       das Institut für kreative Nachhaltig-
        entsprechen                                 gen. Mit den Liegenschaften wird           keit (id22:) und dessen Vernetzungs-
        Neben der Unterstützung durch               nicht spekuliert, aus dem Erbbau-          plattform eXperimentcity hinzu.
        Politik und Verwaltung ist das zi-          zins werden neue gemeinnützige
        vilgesellschaftliche Engagement für         Projekte gefördert.                        Potenziale in Stadt und Region
        das Gelingen von Wohnprojekten              Grundstücke und Gebäude nicht zur          Inwieweit Wohnprojekte unsere Zu-
        entscheidend. Häufig geht es dann           privaten Vermögensbildung, son-            kunft prägen werden, kann nicht
        um Strategien der Selbstverantwor-          dern im Sinne von „Gemeinschaft            prognostiziert werden. Zu wünschen
        tung und Solidarität, beispielsweise        – für die Gesellschaft“ einzusetzen,       ist, dass diese Art des Wohnens
        in Form der Mietergenossenschaft.           verfolgt ebenso das Mietshäuser            und das ihm entsprechende Planen
        Insbesondere in jüngerer Zeit ge-           Syndikat. Die in ihm versammelten          und Bauen als zivilgesellschaftlicher
        gründete Genossenschaften machen            Wohnprojekte schließen als GmbH            Komplementär (zu Politik, Verwal-
        von sich reden, z.B. wenn sie sich          mit dem Syndikat einen Gesell-             tung und Wohnungswirtschaft)
        für die Übernahme „gewöhnlicher“            schaftsvertrag. Die Bewohner des           nachhaltige Wohnlandschaften und
        Mietshäuser und deren spekulati-            jeweiligen Objekts bespielen dieses        so eine entsprechende Stadt- und
        onsfreier Entwicklung engagieren            autonom, das Syndikat ist kontrol-         Regionalentwicklung bewirken. Die
                                                    lierender Dritter, der z.B. die Auftei-    Projekte zeichnen sich nämlich nicht
                                                    lung in Eigentumswohnungen, Wei-           nur durch ein Faible für das Sozi-
Links

        www.kommunale-info.de
        www.hamburg.de/baugemeinschaften            terverkauf oder Auszahlung einer           ale, sondern ebenso für ein forciert
        www.tuebingen-suedstadt.de                  Wertsteigerung verhindert und so           ökologisches Planen, Bauen und
        www.freiburg.de/servlet/PB/menu/1179        die Projekte dem Immobilienmarkt           Leben aus. Politik, Verwaltung und
        601/index.html                              auf Dauer entzieht.                        Wohnungswirtschaft sollten großes
        www.rieselfeld.org
        www.wohnprojekte-berlin.info
                                                                                               Interesse daran haben, diese Po-
                                                    Selbstorganisierte Wohnland-               tenziale in Stadt und Region mit zu
        www.wohnportal-berlin.de
                                                    schaften in der Hauptstadt                 entfalten.
        www.selbstbau-genossenschaft.de
        www.bremer-hoehe.de
                                                    Aktuell sind Strategien wie diese
        www.wogeno.de                               insbesondere in Berlin von Bedeu-
        www.wagnis.org                              tung, da sich hier Politik und Ver-
                                                                                                         Mathias Heyden
        www.stiftung-trias.de                       waltung seit 2002 von der Unter-
                                                                                                         Tischler und Architekt, ist
        www.syndikat.org                            stützung von Wohnprojekten                 Gründer/Leiter von ISPARA (Institut für
        www.aks-ev.de                               weit gehend verabschiedet haben.           Strategien partizipativer Architektur und
        www.fgwa.de                                 Seither bleiben vor allem Akteure          räumlicher Aneignung) und als Initiator/
        www.id22.de
                                                    mit wenig Einkommen und/oder Ka-           Kurator, als Publizist, Lehrender sowie
                                                    pital tendenziell außen vor. Trotz-        künstlerisch tätig.
Nachhaltigkeit 2008/1 Thema Wie werden wir wohnen? - ÖGUT
10
                                                               Der Newsletter des Akteursnetzwerks Nachhaltiges Österreich
journal
 nachhaltigkeit      2008/1

               thema
                                                                                                           Sabine Pollak

               Frauengerechte Wohnformen:
               Gender Planning
                und ro*sa Donaustadt
               Planen Frauen anders als Männer oder
               wohnen Frauen gar anders als Männer?                                bildung, die Moderation des Pla-
               Die Frage geht a priori von einem                                   nungsprozesses und die Grund-
                                                                                   stückssuche lange. Im Falle des
               Unterschied zwischen Männern und                                    Frauenwohnprojektes waren dies
               Frauen aus. Gender Planning versucht,                               fünf Jahre mit intensiver Auseinan-
               solche Unterschiede in der Projektie-                               dersetzung zwischen den kommen-
                                                                                   den Nutzerinnen und den Architek-
               rung, Planung und Realisierung von                                  tInnen. Nun, knapp vor Baubeginn,
               Raum gar nicht erst aufkommen zu                                    wird die Gruppe von einem gut
               lassen.                                                             organisierten Verein gesteuert, die
                                                                                   Erstinvestition und die Bauabwick-
                                                                                   lung übernimmt ein Bauträger, in
Faktisch sind in Österreich in na-     erarbeiten, die zukünftig von der           der Besiedelung des Projektes be-
hezu allen Entscheidungsstufen         Flächenwidmung bis zur Organisa-
der Projektierung von Wohn- und        tion von Wettbewerben Genderfra-
Siedlungsbau beinahe ausschließ-       gen implementieren will. Im Zuge
lich Männer beteiligt, das Wohnen      eines Pilotprojektes sollen diese Kri-
selbst hingegen bleibt nach wie vor    terien nun angewandt werden.
oft Frauensache. Während frauenge-
rechte Planung in den 1990er Jah-      Hierarchien durchbrechen
ren in Wien im Zuge des Projektes      Das Frauenwohnprojekt ro*sa Do-
Frauenwerkstatt die Qualitätskrite-    naustadt verfolgt ähnliche Ziele.
rien von Wohnbau nachhaltig ver-       Ein Frauenwohnprojekt zu planen
änderte, versucht Gender Planning      bedeutet, Rollenzuteilungen und
weiter zu gehen. Ziel ist, Fragen      Hierarchien zu durchbrechen, Frau-
der Gendergerechtigkeit in alle Sta-   en möglichst früh in Entscheidungs-
dien der Planung von Raum zu im-       schritte mit einzubeziehen und ein
plementieren. Solche Fragen betref-    Wohnprojekt, zugeschnitten auf
fen die Beteiligung von Frauen in      die Wünsche von Frauen in un-               hält sich der Verein ein Vorschlags-
Entscheidungsgremien der Flächen-      terschiedlichen Lebensphasen ge-            recht vor.
widmung, der Verkehrs-, Mobilitäts-    meinsam mit Frauen zu realisieren.          Für das lang gezogene, schmale
und Freiraumplanung, sie betreffen     In Deutschland werden seit den              Grundstück nahe dem Kagraner
die Zusammensetzung von Jurys,         1980er Jahren Frauenwohnprojekte            Platz wurde eine Erschließungsstruk-
die Bestimmung der Raumpro-            gebaut, in Österreich existiert ledig-      tur gewählt, die zugleich die Mög-
gramme von Siedlungsarealen und        lich ein kleines Projekt in Graz. Für       lichkeit von interner Kommunikation
deren Nutzungs- und Typologieviel-     ein partizipatives Frauenwohnpro-           bietet. Eine innen liegende Straße
falt und vieles mehr.                  jekt mit hohem sozialökonomischen           öffnet sich mit drei Metern Brei-
Ein Vorzeigeprojekt in diese Rich-     Anspruch in Wien fanden sich da-            te zu einem mehrgeschoßigen,
tung startete die Gemeinde             her augenblicklich viele Interessen-        durchlässigen Passagenraum. Sie
Schwechat im Jahr 2006. Sie lud        tinnen.                                     bietet Erweiterungsraum für die
ein Team aus Architektinnen und        Wie bei allen selbst bzw. durch             Wohnungen. Grundprinzipien der
Raumplanerinnen ein, um einen Kri-     ArchitektInnen initiierten Projekten        38 Wohnungen sind größtmögliche
terienkatalog für die Gemeinde zu      dauert der Prozess der Gruppen-             Typenvariabilität und Flexibilität. Das
11
Der Newsletter des Akteursnetzwerks Nachhaltiges Österreich
                                                                                                      journal
                                                                                          2008/1       nachhaltigkeit

                                            thema
                                                                                                          Doris Stoisser

                                            Stadtteil Kabelwerk:
                                            Alte Fabrik
                                              und neues Leben
                                            Es kommt nicht oft vor, dass ein
Angebot erstreckt sich von Minimal-         Areal mit einer Größe von acht
einheiten (30 m2) bis zu Wohnge-            Hektar in einem dicht verbauten
meinschaften neuen Typs (210 m2),
in der sich vier Kleineinheiten mit
                                            Bezirk Wiens für Neuplanungen zur
eigenem Bad und kleiner Kochzeile           Verfügung steht. Wenn außerdem
eine gemeinsame Wohnküche tei-              noch ein symbolträchtiges altes
len.
Das Patchwork aus Wohnungen
                                            Fabriksgebäude im Zentrum der
unterschiedlichen Zuschnitts wird           Aufmerksamkeit steht, sind krea-
ergänzt durch ein über das Haus             tive und einfühlsame Vorgangswei-
ver teiltes Netzwerk aus Gemein-
schaftseinrichtungen: eine Werk-            sen gefragt.
statt im Gartengeschoß, ein Work-
shopraum mit Gemeinschaftsküche             Das Kabelwerk in Wien Meidling
im Erdgeschoß, eine Wohngemein-             war einer der wichtigsten Arbeit-
schaftsküche im 1. Stock, eine Bi-          geber der Bundeshauptstadt, zu-
b lio thek im 2. Stock sowie eine           dem eine der größten Drahtfabriken
Waschküche und ein Saunaraum im             weltweit, als es aus unternehmens-      fahren eingeleitet wurde. An 7.000
Dachgeschoß mit anschließender              politischen Gründen 1997 geschlos-      Haushalte der Umgebung ging ein
Gemeinschaftsterrasse. Alle Woh-            sen wurde. In seiner mehr als ein-      Folder mit der Einladung, an einem
nungen lassen sich als Einraum-             hundertjährigen Geschichte war der      Wettbewerb teilzunehmen. Die Vor-
Loftwohnung oder als Zimmer-Woh-            Betrieb nicht nur ein wichtiger Brot-   schläge konnten schriftlich oder in
nung organisieren, alle größeren            herr, sondern auch ein architekto-      Zeichnungen eingereicht werden,
Wohnungen erhalten die Möglich-             nisch markanter Identifikationspunkt    die Entscheidung fällten nicht Ex-
keit eines zwei ten Eingangs, um            in dem heterogenen Umfeld. Nach         pertInnen, sondern eine lokale Jury.
veränderbare Lebensumstände zu-             der Schließung des Werks wurde          Die allgemeine Zufriedenheit wuchs.
lassen zu können. Anstelle eines            innerhalb weniger Monate eine Ei-       Das Interesse der Anwohner war
traditionellen Wohnzimmers wird             gentümergemeinschaft aus acht           geweckt, sodass sich für den zu
ein offener Wohn-Koch-Essraum               Bauträgern gegründet, um das Are-       bildenden Bürgerbeirat 35 Personen
vor gesehen, in dem eine Küche              al kaufen und einen neuen Stadtteil     meldeten, aus ihrer Mitte wurden
entlang der Servicezone offen im            errichten zu können, die „Zukunfts-     drei gewählt, die rasch eine Mittler-
Raum positioniert ist.                      stadt Kabelwerk“, mit Wohnungen         funktion zwischen Bevölkerung und
                                            und Infrastruktur für 3.000 Men-        den beteiligten Personen übernah-
i Projekt ro*sa Donaustadt                  schen.                                  men.
  www.frauenwohnprojekt.org                 Alle Beteiligten wussten, dass ei-      Die Bürgervertreter nahmen neben
                                            ne Verbauung dieses Geländes ei-        Architekten, Bauträgern und Be-
                                            ne sozial heikle Aufgabe ist, denn      amten der Gemeinde an den Sit-
                                            viele der Anrainer waren der eben       zungen der städtebaulichen Begleit-
         Sabine Pollak
                                            erst stillgelegten KDAG verbunden,      gruppe teil. Arbeitsgruppen wurden
         lehrt an der TU Wien und ist
Partnerin im Architekturbüro Köb&Pollak     der Verlust hatte Wunden hinterlas-     gebildet, die das Leitprojekt und
Architektur in Wien. Forschungsschwer-      sen. Es erwies sich als geschickter     ein Leitkonzept ausarbeiteten. Der
punkte sind Gender-, Wohnbau- und           Schachzug, dass gleich als erster       nächste Schritt war ein einstufiger
Stadtforschung.                             Schritt ein Bürgerbeteiligungsver-      städtebaulicher Wettbewerb, der –
12
                                                                Der Newsletter des Akteursnetzwerks Nachhaltiges Österreich
journal
 nachhaltigkeit      2008/1

                                                                                    thema
                                                                                    Eisenerz:

                                       Theaterereignis, der Aufführung bei-
                                                                                             Wohnen in
                                       der Teile von Goethes „Faust“ un-
                                       ter Starregisseur Peter Stein, zogen
                                       die Veranstaltungen zwischen 1999
                                                                                             schrumpf
                                       und 2005 eine halbe Million Besu-
                                       cher an.                                     Das Projekt re-design Eisen-
                                       Die stillgelegte Fabriksanlage brach-        erz ist ein umfassendes
                                       te einen zusätzlichen Nutzen: In Zu-
                                       sammenarbeit mit den ÖBB konn-
                                                                                    Stadtentwicklungsprogramm
                                       te der alte Bahnanschluss wieder             zur Neuausrichtung der stark
                                       aktiviert werden. Der Abtransport            schrumpfenden Stadt. Im
                                       von Aushub und Schutt sowie die
                                       Anlieferung des Baumaterials wur-
                                                                                    Fokus ist dabei der Bereich
                                       den großteils über die Schiene ab-           des Wohnens.
                                       gewickelt. Mehr als 20.000 LKW-
                                                                                    Initiiert wurde das Projekt, nach-
                                       Fahrten konnten auf diese Weise
                                                                                    dem Architekt Werner Nussmüller
                                       eingespart werden, sehr zur Freude
so die Beschreibung – in seinen                                                     und ich im Zuge einer Studie zur
                                       der Anrainer, deren größte Sorge
Anforderungen weiter ging als bei                                                   ökologischen Sanierung einer Eisen-
                                       das Verkehrsaufkommen während
vergleichbaren Verfahren üblich. Ein                                                erzer Siedlung erkannt hatten, dass
                                       der Bauphase war. Auch im Betrieb
wichtiger Punkt war die Mischnut-                                                   auf dem Eisenerzer Wohnungsmarkt
                                       der Kabelwerkgründe wird nun auf
zung von Arbeiten und Wohnen,                                                       hohe Leerstandszahlen zu zahlrei-
                                       Ökologie Wert gelegt: etwa durch
weiters sollten neue Wege in der                                                    chen Problembündeln führen, die
                                       eine eigene Verwaltung des Fern-
Anordnung von Freiräumen und                                                        nicht durch singuläre Interventionen
                                       wärmeeinsatzes.
Baukörpern, sowie in Verkehrsfra-                                                   lösbar sind. Das Projekt re-design
                                       Viele Wünsche, die im Bürgerbetei-
gen gesucht werden. Aus 27 ein-                                                     ist nicht das erste Vorhaben zur
                                       ligungsverfahren geäußert wurden,
gereichten Projekten wählte eine                                                    „Rettung“ der ehemals boomenden
                                       sind erfüllt: Trotz Bebauungsdichte
international besetzte Jury zwei                                                    Bergbaustadt in der Obersteiermark.
                                       ist ein vielfältiges, abwechslungs-
Preise und fünf Ankäufe. Im darauf                                                  Viele Ansätze und Konzepte haben
                                       reiches Stadtbild entstanden. Ein
folgenden Entwicklungsprozess ent-                                                  aber nicht die gewünschte Wirkung
                                       Teil des Quartiers ist Fußgängerzo-
stand ein Planungsansatz, den man                                                   gezeigt. So haben wir versucht, ei-
                                       ne und viele Anrainer durchqueren
als „wrap-around architecture“ be-                                                  nen umfassenden Veränderungspro-
                                       sie auf dem Weg zur U-Bahn auf
zeichnete: Die Freiräume – öffent-                                                  zess, der an den Wurzeln von Pro-
                                       einer breiten Transversale, die sich
liche wie halböffentliche – hatten                                                  blemen ansetzt, zu initiieren.
                                       von den verschlungenen Sträßchen
Vorrang, um sie herum sollten die                                                   Nach einer Analyse der Gegeben-
                                       vieler Wohnhausanlagen angenehm
Baukörper entwickelt werden. Die                                                    heiten auf dem Wohnungsmarkt
                                       unterscheidet. Eines allerdings ist
beteiligten Architekturbüros schlos-                                                (im Auftrag der Wohnbauabteilung
                                       noch nicht gelungen: die Sockelge-
sen sich zwecks besserer Koordina-                                                  des Landes Steiermark) wurde mit
                                       schosse zu beleben, die von Anfang
tion in einer ARGE zusammen.                                                        der Ausstellung „Umbruch-Auf-
                                       an für gewerbliche Nutzung vorge-
Als besonders erfolgreich erwies                                                    bruch“, die im Jahr 2006 in Ko-
                                       sehen waren. Sie stehen mehrheit-
sich die temporäre Nutzung des al-                                                  operation mit dem deutschen For-
                                       lich leer. Erst wenn dort Lokale
ten Kabelwerks, die – mit der Bau-                                                  schungsprogramm shrinking cities
                                       und Läden eingezogen sind, wird
stelle gleichsam im Rücken – Le-                                                    und im Auftrag des Landes Steier-
                                       das Kabelwerk das lebendige bunte
ben in das Quartier brachte. Nach                                                   mark gezeigt wurde, eine öffentlich-
                                       Viertel sein, das es nach Wunsch
einem 100 Tage dauernden Vorpro-                                                    keitswirksame Diskussion über das
                                       der Ideengeber sein sollte.
gramm bezogen die Alternativschule                                                  Phänomen „Schrumpfung“ initiiert.
w@lz und eine Sprayergruppe Quar-                                                   Damit wurde ein erster Effekt nach
tier in dem alten Backsteingebäu-             Doris Stoisser                        innen (die Bevölkerung) und nach
de. Von Fanpartys für die TV-Serie            ist ständige freie Mitarbeiterin      außen (relevante Anspruchsgruppen
„Taxi Orange“ bis zum umjubelten       im ORF-Radio im Kultursender Ö1.             und Entscheidungsträger) erwirkt.
13
                  Der Newsletter des Akteursnetzwerks Nachhaltiges Österreich
                                                                                                                             journal
                                                                                                               2008/1         nachhaltigkeit

                                       Rainer Rosegger

einer
enden Stadt
                  In einem nächsten Schritt wurde
                  über die Schaffung des Trägerver-
                  eins „Wohnen Eisenerz 2021“ er-
                  reicht, dass alle relevanten Akteure        Maßnahme dient dazu, wieder ei-            In innerstädtischen Lagen werden
                  des Eisenerzer Wohnungsmarktes              ne kompakte Stadt rund um den              Wohnungen geschaffen, die den
                  ein Gremium bilden und gemein-              historischen Altstadtkern von Eisen-       Bedürfnissen älterer Menschen un-
                  sam an der Problemlösung arbei-             erz zu schaffen. So sollte über den        terschiedlicher Altersgruppen ent-
                  ten. Dieser kon struktive Konsens           Wohnungsmarkt und städtebauliche           sprechen, das Gemeinschaftsleben
                  und die entschlossene Haltung der           Interventionen die Basis für eine          fördern und unweit von relevanten
                  Stadtgemeinde, mit Unterstützung            neue Entwicklung entstehen, die            Infrastruktureinrichtungen angesie-
                  des Landes, sind ein wesentlicher           aber Maßnahmen in weiteren Be-             delt sind. Auf BewohnerInnen wird
                  Faktor zur Ermöglichung des Ver-            reichen voraussetzt.                       kein Druck ausgeübt, in eine ande-
                  änderungsprozesses re-design. Als           Deswegen wurden Projekte in der            re Wohnung zu ziehen. Bei einem
                  gemeinsame Arbeitsgrundlage dient           Prozesssteuerungsgruppe, bestehend         Umzug gibt es jedoch Förderungen
                  ein Rahmenkonzept mit Zielvorga-            aus Mitgliedern der Stadtgemeinde          und es ist geplant, über Mietenstüt-
                  ben für die Verbesserung des Ei-            und externen Experten (unter Lei-          zungen Anreize zur Verbesserung
                  senerzer Wohnungsmarktes.                   tung des Landesbaudirektors a.D.           der Wohnungssituation zu stiften.
                                                              Gunter Hasewend), in den Bereichen         Neben sozialen Verbesserungen
                  Rück- und Umbau                             Wirtschaft, Arbeitsplatzsicherheit, Bil-   bringt diese Maßnahme auch Vor-
                  Das gegenwärtige Ziel besteht da-           dung, Kultur, Soziales, Verkehr und        teile in anderen Bereichen: Wirt-
                  rin, rund 470 Wohnungen schlech-            Tourismus entwickelt und deren             schaftlich gesehen entfallen die
                  ter Substanz und ohne sonderlichen          Umsetzung forciert. Über den Pro-          Instandhaltungskosten für Gebäude
                  baukulturellen Wert rückzubauen.            zess „Motivation Eisenerz“ wird die        in entlegenen Gebieten. Aus ökolo-
                  Weitere 700 Wohnungen sollten ei-           Bevölkerung an Projekten beteiligt         gischer Perspektive kommt es zur
                  ner anderen Nutzung, abseits des            und zu Partnern von re-design.             Reduktion von Emissionen durch
                  Wohnens, zugeführt werden. Diese            Eine Herausforderung besteht dar-          die Schaffung kürzerer Wege sowie
                                                              in, die neue Verdichtung des Sied-         durch die Reduktion eines hohen
                                                              lungswesens in der Stadt umzu-             Heizbedarfs auf Grund schlechter
  Eisenerzfacts

             · In den vergangenen 40 Jahren ist
               die Bevölkerung von 13.000 auf                 setzen. Die dafür notwendigen              Gebäudedämmungen in alter Sub-
               5.300 geschrumpft.                             Veränderungen bedeuten vor allem           stanz.
             · 33 Prozent der Einwohner sind                  für die älteren Menschen häufig ei-        So sollte es möglich sein, über die
               über 65 Jahre alt – in der gesam-              ne große Belastung. Dabei ist zu           koordinierte Vorgehensweise in un-
               ten Steiermark sind dies 18 Prozent.
                                                              be rücksichtigen, dass Wohnen in           terschiedlichen Bereichen und die
             · Im Jahr 2005 standen nach Analy-
               sen und Schätzungen rund 700 der               Eisenerz immer noch von den frü-           Schaffung von Synergien Eisenerz
               2.900 Mietwohnungen leer.                      heren Verhältnissen der Wohnver-           zu einer attraktiven Stadt im postin-
             · Laut Prognosen würde sich der                  gabe unter Knappheit geprägt ist –         dustriellen Zeitalter zu machen.
               Leerstand ohne Steuerungsmaß-                  mit niedrigen Mieten und geringer
               nahmen in den nächsten 10 Jahren               Bereitschaft, mehr für das Wohnen
               auf 50 Prozent erhöhen.                                                                             Rainer Rosegger
                                                              zu zahlen. Deshalb geht es jetzt da-                 arbeitet als selbständiger So-
             · Die Leerstände verteilen sich über             rum, attraktive Angebote zu schaf-
               die gesamte Stadt, konzentrieren                                                          ziologe, lehrt u.a. an der TU-Graz und
               sich jedoch in einigen peripheren              fen, die bei entsprechender sozialer       kooperiert mit dem Architekturbüro
               Siedlungen und im historischen                 Begleitung auch zu einer Auseinan-         Nussmüller in Graz. Forschungsschwer-
               Altstadtkern.                                  dersetzung mit dem Thema Wohn-             punkte sind Wohnbau-, Stadt- und
                                                              qualität führen.                           Regionalforschung.
14
                                                                Der Newsletter des Akteursnetzwerks Nachhaltiges Österreich
journal
 nachhaltigkeit       2008/1

               LA21-Report
                                                                                  Marion Amort und Gerlinde Braumiller

               Grinzens:
                                                                                    Politik (Mitarbeit von Gemeinderä-
               Wir sind Zukunft                                                     tInnen im Startteam, regelmäßige
                                                                                    Information in den GR-Sitzungen).
                                                                                    In diesem Punkt mussten wir uns

                – sei dabei!                                                        gegen Widerstände durchsetzen, da
                                                                                    manche diese Zusammenarbeit als
                                                                                    visionshemmend und als verlänger-
                                                                                    ten Arm der Politik fürchteten.
               Grinzens ist ein 1.300-Seelen-Dorf in                                Um Nachhaltigkeit zu begreifen und
               schönster Aussichtslage 20 km westlich                               einen Alltagsbezug herzustellen,
               von Innsbruck. Als klassisches Stadt-                                braucht es ausreichend Information,
                                                                                    Diskussion und good-practice-Bei-
               Umland-Dorf ist es bemüht, sich den                                  spiele aus anderen Gemeinden. Im-
               negativen Folgen eines Schlafdorfes zu                               pulse von Menschen, die Visionen
               entziehen.                                                           realisiert haben, und Exkursionen in
                                                                                    Gemeinden, in denen bereits reali-
                                                                                    sierte Projekte zu sehen sind, grei-
Die Gemeinde startete im April          Impulse, strukturieren die Sitzungen
                                                                                    fen am stärksten.
2007 einen Entwicklungsprozess im       und koordinieren die Umsetzung.
                                                                                    Sollen sich viele Menschen gemein-
Sinne der Lokalen Agenda 21.            Bis eine Gruppe zusammenfindet,
                                                                                    sam Gedanken über die Zukunft
Wir, die beiden Prozessbegleiterin-     braucht es Zeit. Als Prozessbeglei-
                                                                                    machen, braucht dies die Fähigkeit,
nen, wollen hier die aus un serer       terInnen kennen wir die schwie-
                                                                                    unterschiedliche Positionen anzuhö-
Sicht wesentlichsten Erfolgsfaktoren    rigen Phasen der Teamentwicklung
                                                                                    ren, zu diskutieren ohne zu polari-
eines LA-21-Prozesses kurz resü-        und helfen, diese Schritt für Schritt
                                                                                    sieren, Abstand zu nehmen von Par-
mieren.                                 zu bewältigen.
                                                                                    teipositionen und Einzelinteressen,
Um einen Prozess in Gang zu brin-       Bürgerbeteiligungsprozesse laufen
                                                                                    kurz: Dialogfähigkeit. Diese Form
gen und über einen langen Zeit-         Gefahr, Parallelstrukturen in einer
                                                                                    der Zusammenar beit muss erst
raum am Leben zu erhalten, ist der      Gemeinde aufzubauen. Engagier-
                                                                                    gelernt werden. Darin sehen wir
Aufbau einer Kerngruppe („Start-        te Menschen entwickeln herausra-
                                                                                    den Knackpunkt und zugleich eine
team“) zentral. Eine Handvoll Enga-     gende Konzepte. Wenn es um die
                                                                                    große Chance der LA21. Wir sind
gierter treffen sich regelmäßig und     konkrete Umsetzung (und Finanzie-
                                                                                    überzeugt, dass die nachhaltigste
planen alle Aktivitäten, um die Leit-   rung) geht, erweist sich die Initiative
                                                                                    Wirkung von LA21-Prozessen die
bildentwicklung auf eine breite Ba-     oft als zahnlos. Wir sind der Mei-
                                                                                    Kulturveränderung in Gemeinden
sis zu stellen. Wir unterstützen die    nung: LA21-Prozesse brauchen von
                                                                                    ist. Auch wenn dies manchmal ein
Teamentwicklung, geben inhaltliche      Anfang an die Anbindung an die
                                                                                    langer Weg ist.

                                                                                    i www.grinzens.tirol.gv.at
                                                                                      www.agenda-tirol.at

                                                                                    Die Prozessbegleiterinnen:

                                                                                            Marion Amort
                                                                                            Unternehmensberaterin und
                                                                                    Supervisorin, Gesellschafterin des Bera-
                                                                                    tungsunternehmens „WertBlick“
                                                                                    marion.amort@wertblick.at

                                                                                               Gerlinde Braumiller
                                                                                               LA-21-Prozessbegleiterin, Pro-
                                                                                    jektleiterin am Zukunftszentrum Tirol
                                                                                    gerlinde.braumiller@zukunftszentrum.
                                                                                    at, gbraumiller@hotmail.com
15
Der Newsletter des Akteursnetzwerks Nachhaltiges Österreich
                                                                                                      journal
                                                                                          2008/1       nachhaltigkeit

LA21-Report
Wien-Wieden:
Erzählen Sie Ihre
  Grätzlgeschichte!
So lautete heuer im Frühsommer das Motto
der AgendaWieden. Die von BewohnerInnen
erzählten Grätzlgeschichten fließen als Bei-
spiele gelebter Nachhaltigkeit in das Leitbild
zur nachhaltigen Bezirksentwicklung ein.

Seit November 2005 läuft der Agen-          sie mussten uns aufsuchen. Der          ven Aspekte in den Vordergrund zu
da-21-Prozess auf der Wieden (4.            produktive Austausch, Geben und         rücken und nicht als „Abladestelle“
Wiener Gemeindebezirk) und unter-           Nehmen, war das verfolgte Ziel.         für alle schlechten Dinge, die im
stützt Menschen, in ihrem Grätzl            Wir informierten über den Agenda-       Bezirk oder in der Stadt geschehen,
aktiv zu werden. Begonnen wurde             prozess. Die in den Agendagruppen       zu dienen. Die Geschichten wurden
der Agendaprozess durch Aktivitä-           bearbeiteten Themen erfuhren wir        bei der Vernissage im Rahmen des
ten auf breiter Basis. Wir, das             von Menschen, die im Bezirk woh-        Sommerfestes der AgendaWieden
Agendateam, waren in neun Grätzln           nen, arbeiten oder ihre Freizeit ver-   präsentiert. Mit Spannung und Neu-
des Bezirks mit einem mobilen Bü-           bringen aus erster Hand, z.B. wie       gierde lasen die BesucherInnen die
ro in einem adaptierten Bauwagen            das Zusammenleben funktioniert          Texte und sie waren erneut ein
unterwegs, informierten über die            oder welche Netzwerke im Grätzl         Anlass, sich gegenseitig neue Ge-
Lokale Agenda 21 und befragten              vorhanden sind.                         schichten zu erzählen.
die Menschen im Bezirk nach ihren           „Erzählen Sie uns eine positive         Im Herbst starten wir eine zweite
Anliegen. Nach gut zwei Jahren, in          Grätzlgeschichte!“ – Diese Auffor-      Phase von „Agenda zu Gast“, um
denen mittlerweile neun Agenda-             derung diente als Teaser, um mit        noch mehr Menschen zu erreichen.
gruppen mit ihren Projekten den             den Menschen ins Gespräch zu            Eröffnet und ausgestellt werden die
Bezirk nachhaltig beeinflussten, war        kommen. Die WiednerInnen erzähl-        neuen und alten Geschichten in
es für uns wieder an der Zeit, eine         ten Alltagsgeschichten über posi-       der Bezirksvorstehung, wo sie für
Informations- und Aktivierungsphase         tive Erlebnisse und Begegnungen         möglichst viele Menschen zu lesen
zu starten. Zu diesem Zweck ent-            oder Wohlfühlorte im Grätzl. Die        sein sollen. Dann werten wir die
wickelten wir das Modul „Agenda             Geschichten handelten vom Greiß-        Grätzlgeschichten mit dem Ziel aus,
zu Gast“.                                   ler ums Eck, von der grünen Oa-         Voraussetzungen für das Gelingen
Das methodische Ziel war, uns mit           se inmitten der Häuserschluchten,       positiver Erlebnisse herauszuarbei-
den Menschen im Bezirk auf einer            von unerwarteter Hilfe oder vom         ten. Die Ergebnisse dieser Analyse
möglichst niederschwelligen Ebene           Zusammenhang einer Housewar-            fließen in die Arbeit am Leitbild für
auszutauschen. Aus diesem Grund             ming-Party mit dem Thema Nach-          eine nachhaltige Entwicklung der
gingen wir Kooperationen mit gut            haltigkeit. Diese Geschichten zu        Wieden ein.
frequentierten Geschäftslokalen und         gelebter Nachhaltigkeit fließen als
Institutionen in den Grätzln ein und        Vor-Bilder in das Leitbild zur nach-    i Ausstellungskatalog als Down-
konnten jeweils an zwei Halbta-             haltigen Bezirksentwicklung ein und       load auf: www.agendawieden.at
gen während einer Woche dort zu             bieten Anknüpfungspunkte für das          unter „Nachlese“
Gast sein. Dies hatte den Vorteil,          Aktivwerden der Menschen in der           Kontakt: DIin Kirsten Förster,
Orte zu nutzen, an denen die Men-           AgendaWieden.                             DIin Milena Grossauer, DIin Bet-
schen alltäglich ein- und ausgehen          Durch die Wahl der Eingangsfrage          tina Wanschura – PlanSinn
– wir kamen also zu ihnen, nicht            ist es sehr gut gelungen, die positi-     GmbH, www.plansinn.at
P.b.b., Verlagsort 1010 Wien, 08Z037840M

nachhall
    bücher zum thema
                              Christina Altenstraßer, Gabriella Hauch, Hermann Kepplinger (Hg.):
                              gender housing. geschlechtergerechtes bauen, wohnen, leben.
                              Studien zur Frauen- und Geschlechterforschung 5
                              Studienverlag Innsbruck-Wien-München-Bozen 2007, ISBN 978-3-7065-4382-8

                                           Bildungswerk Berlin der Heinrich-Böll-Stiftung; Mathias Heyden (Hg.):
                                           Berlin – Wohnen in eigener Regie!
                                           Gemeinschaftsorientierte Strategien für die Mieterstadt, Berlin 2007

                                                         Jesko Fezer, Mathias Heyden (Hg.):
                                                         Hier entsteht
                                                         Strategien partizipativer Architektur und räumlicher Aneignung
                                                         Berlin B-Books, 2. Auflage 2007
                                                         ISBN 3-933557-53-4

termine
  08. Oktober     · Wien, Architekturzentrum
- Greenwashing oder Moderne Architektur – Podiumsdiskussion des Ausschusses Nachhaltigkeit
                    www.tuwien.ac.at/aktuelles/veranstaltungskalender

  08.–10. Oktober    · Berlin, Humboldt-Universität
- 3rd International CSR-Conference: Corporate Responsibility and Governance
                       www2.wiwi.hu-berlin.de/institute/im/csr/en_konferenz_konferenz.html

  14.–17. Oktober · Salzburg
- Jugend-Umwelt-Tage
                    www.umweltbildung.at

  17. Oktober      · Salzburg
- Ideen eine Chance geben – Nachhaltigkeitslehrgang, Modul „Lust und Last der Nachhaltigkeit“
                     www.lfi.at/sbg

  17.–18. Oktober   · Ebensee, Oberösterreich
- Nationale Jahrestagung 2008 des Gemeindenetzwerkes Allianz in den Alpen
                      www.umweltbildung.at

  23.–24. Oktober  · St. Gallen, Schweiz
- Oikos Konferenz 2008 „Zukunft an der Universität”
                     www.conference.oikos-international.org

  17. November     · St. Pölten
- Zukunftsfähige Gemeinden! Desinteressierte BürgerInnen?
                     www.gemeinde21.at, www.noe-lak.at, www.institut-retzl.at/gemeinde/index.html

  17. November      · Berlin, Berliner Congress Center
- 8. Jahreskonferenz des Rates für Nachhaltige Entwicklung – „Zukunft verantworten“
                      www.nachhaltigkeitsrat.de/konferenz

  01.–02. Dezember · Linz
- Konferenz „Green Events Austria“
                     www2.land-oberoesterreich.gv.at/internetveranstaltungen
Sie können auch lesen