Transformationsnarrativ und Verantwortlichkeit: Die gesellschaftstheoretische Lücke der Transformationsforschung - WU

 
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Transformationsnarrativ und
 Verantwortlichkeit:
 Die gesellschaftstheoretische Lücke der
 Transformationsforschung

 Ingolfur Blühdorn / Felix Butzlaff / Michael Deflorian / Daniel Hausknost

IGN Position Paper Jan|2018

Herausgegeben vom Institut für Gesellschaftswandel und Nachhaltigkeit (IGN)
http://www.wu.ac.at/IGN/
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    bitte zitieren als:

    Blühdorn, I. / Butzlaff, F. / Deflorian, M. / Hausknost, D. (2018) „Transformationsnarrativ und
    Verantwortlichkeit: Die gesellschaftstheoretische Lücke der Transformationsforschung“,
    IGN-Position Paper Jan/2018, INSTITUT FÜR GESELLSCHAFTSWANDEL UND NACHHALTIGKEIT (IGN), Wirt-
    schaftsuniversität Wien, Austria. ISSN

    Eine englischsprachige Version dieses Textes ist kostenlos online zugänglich unter dem Titel
    „Transformation-Narratives and Responsibility: The Social-Theoretical Gap in Transforma-
    tion-Research“
    © Alle Rechte liegen bei den Autoren. Die Vervielfältigung und Verbreitung des Textes für ausschließlich wis-
    senschaftliche Zwecke ist erlaubt. Jede Form von Nachdruck, Übersetzung, oder anderweitige Nutzung in Me-
    dien jeglicher Art nur nach Rücksprache mit dem INSTITUT FÜR GESELLSCHAFTSWANDEL UND NACHHALTIGKEIT (IGN),
    Wirtschaftsuniversität Wien, Austria.

    Dieser Text ist eine teils frühere, teils überarbeitete, insgesamt deutlich verkürzte und in ih-
    rer inhaltlichen Ausrichtung leicht veränderte Version des Artikels:
    Blühdorn, Ingolfur / Butzlaff, Felix / Deflorian, Michael / Hausknost, Daniel (2018):
    Postwachstumsgesellschaft und Transformationsnarrativ. Soziologische Überlegungen zum
    Nachhaltigkeitswandel. In: Luks, Fred (Hrsg.) Transformationen. Wiesbaden: Springer Gabler.

    Kontakt: Prof. Dr. Ingolfur Blühdorn, Institut für Gesellschaftswandel und Nachhaltigkeit
    (IGN), Wirtschaftsuniversität Wien, Welthandelsplatz 2, 1020 Wien, Österreich,
    https://www.wu.ac.at/IGN/; Email: IGN@wu.ac.at

     IGN Position Paper Jan 2018
Transformationsnarrativ und
Verantwortlichkeit
Die gesellschaftstheoretische Lücke der
Transformationsforschung

Ingolfur Blühdorn / Felix Butzlaff / Michael Deflorian / Daniel Hausknost

Zusammenfassung

Teile der Transformationsliteratur scheinen in sonderbarer Weise abgekoppelt von der soziologischen
Analyse kapitalistischer Gegenwartsgesellschaften und zeigen insbesondere ein deutliches gesell-
schaftstheoretisches Defizit. Mit Blick auf diese Schwachstelle und orientiert an der vom WBGU vor-
geschlagenen Unterscheidung dreier Handlungsebenen der Transformation befassen wir uns im vor-
liegenden Beitrag zunächst mit einem Nischenakteur, der Degrowth-Bewegung, an die verbreitet hohe
Erwartungen hinsichtlich ihres Transformationspotenzials geknüpft werden. Dann erweitern wir die
Perspektive auf den gesellschaftlichen Mainstream und erkunden, wie nur noch moderat wachsenden
Ökonomien nicht nachhaltigkeitsorientierte Werte, sondern ausgrenzende und illiberale Populismus-
bewegungen zur bestimmenden Kraft avanciert sind. Schließlich richten wir den Blick auf die Möglich-
keiten des gestaltenden demokratischen Staates, dem bei der Nachhaltigkeitstransformation zumeist
eine zentrale Rolle zugedacht wird. Dieser Dreischritt führt uns zu einer eher skeptischen Einschätzung
der Transformationsfähig- und -willigkeit moderner Konsumentengesellschaften und zu der Aufforde-
rung an das sozialwissenschaftliche Segment der Transformationsdebatte, Problemdiagnosen, Hand-
lungsempfehlungen und Transformationsstrategien sehr viel sorgfältiger gesellschaftstheoretisch zu
fundieren.

Schlüsselwörter:        Nachhaltige Nicht-nachhaltigkeit, Sozial-ökologische Transformation,
                        Postwachstumsbewegung, Gesellschaftlicher Wertewandel, Umweltstaat

Wir bedanken uns bei Fred Luks sowie einem externen, anonymen Reviewer für die konstruktiven und
hilfreichen Kommentare zu der ursprünglichen Version des Textes.

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                                                         die vermeintlich einsichtigen Externalisierungs-
                                                         gesellschaften, nach innen wie nach außen,
    1. Einleitung                                        längst in aggressive Exklusionsgesellschaften
                                                         weiter entwickelt. Kapital- und investoren-
    Mit der Wahl von Donald Trump zum 45. Präsi-
                                                         schützende Regierungen und rechtspopulisti-
    denten der USA wurde unmissverständlicher
                                                         sche Bewegungen kämpfen – gegeneinander
    denn je deutlich, was sich bereits beim UN-Kli-
                                                         und doch Hand in Hand – mit aller Härte für
    magipfel in Kopenhagen 2009 abgezeichnet
                                                         scharfe Grenzen zwischen denen, die wirklich
    hatte: das Ende der Idee einer international ko-
                                                         Hilfe benötigen, und solchen, die sich unver-
    ordinierten und kooperativen Politik für die
                                                         diente Vorteile erschleichen wollen. Und ge-
    eine bio-physische Welt, das eine Klima und die
                                                         rade das Gebaren von Donald Trump hat noch
    eine Weltgesellschaft. Mit dem Schlachtruf
                                                         einmal den Ruf nach einem festen Schulter-
    America first! ist an ihre Stelle das eindeutige
                                                         schluss im Kampf für unsere Werte, unsere Frei-
    Bekenntnis zur Wachstumslogik, zum Vorrang
                                                         heit und unseren Lebensstil bekräftigt, die zwar
    nationaler Interessen und zur bedingungslosen
                                                         längst als nicht verallgemeinerbar, imperial
    Priorität der Ökonomie gegenüber der globalen
                                                         und sozial, politisch und ökologisch zerstöre-
    Gerechtigkeit, dem Klimaschutz und der Ökolo-
                                                         risch erkannt worden sind, die aber doch mit
    gie getreten. Diese zumindest in den USA nun
                                                         aller Entschiedenheit verteidigt werden sollen.
    offenbar auch offiziell zum Prinzip erhobene
                                                         Es besteht also ein eklatanter Widerspruch zwi-
    politics of unsustainability (Blühdorn 2011,
                                                         schen der von der Nachhaltigkeitsforschung
    2013a, 2016) ist freilich weder spezifisch ame-
                                                         und vielen politischen Akteuren dringend ge-
    rikanisch, noch ist sie in der Sache grundsätz-
                                                         forderten – und ansatzweise angeblich auch
    lich neu. In der deutschsprachigen Literatur
                                                         bereits erkennbaren – gesellschaftlichen Trans-
    wird das Phänomen derzeit unter anderem als
                                                         formation und der sich tatsächlich abzeichnen-
    die imperiale Lebensweise (Brand und Wissen
                                                         den. Wesentliche Teile der Transformationsli-
    2017) der hoch entwickelten Externalisierungs-
                                                         teratur scheinen in sonderbarer Weise abge-
    gesellschaften (Lessenich 2016) diskutiert.
                                                         koppelt von der soziologischen Analyse spätka-
    Gleichzeitig wird aber auffällig viel in neue
                                                         pitalistischer Gesellschaften.
    Hoffnungsnarrative investiert: Während die äl-
    teren Versprechen der ökologischen Moderni-          In dem Bestreben, vor allem das gesellschafts-
    sierung an Begeisterungskraft zu verlieren           theoretische Defizit dieser Literatur in den Fo-
    scheinen, wird zum Beispiel den 2015 in Kraft        kus zu rücken, verfolgen wir im Folgenden be-
    getretenen Sustainable Development Goals             wusst nicht die (zweifellos berechtigte) eliten-
    der Vereinten Nationen erhebliche Bedeutung          kritische Analyse der gesellschaftlichen Macht-
    zugemessen. Das gleiche gilt, gerade im              verhältnisse,     die
    deutschsprachigen Raum, für das vom WBGU             einstweilen     jede    Vorherrschende Transfor-
    verbreitete Szenario der großen Transforma-          Transformation zur      mationsnarrative wirken
    tion (WBGU 2011), demzufolge eine nachhal-           Nachhaltigkeit blo-     auf den Status Quo der
    tigkeitsorientierte Verschiebung gesellschaftli-     ckieren. Stattdes-      nachhaltigen Nicht-Nach-
    cher Wertepräferenzen in Ansätzen bereits zu         sen richten wir den     haltigkeit mitunter eher
    beobachten sei, und Pioniere des Wandels im          Blick auf die ge-       stabilisierend als transfor-
    Verein mit dem gestaltenden Staat und einer          samtgesellschaftli-
    transformativen Wissenschaft schon jetzt da-                                 mativ.
                                                         che Verankerung
    bei seien, den Übergang zur nachhaltigen Ge-         der nachhaltigen Nicht-Nachhaltigkeit. Orien-
    sellschaft vorzubereiten (vgl. auch z.B. Paech       tiert an der vom WBGU vorgeschlagenen Un-
    2013; Schneidewind 2015; Wagner & Grunwald           terscheidung mehrerer Handlungsebenen der
    2015).                                               Transformation (WBGU 2011) befassen wir uns
                                                         zunächst mit einem Nischenakteur, der
    Das Missverhältnis derartiger Hoffnungsnarra-
                                                         Degrowth-Bewegung, und untersuchen, inwie-
    tive zur Realität der politics of unsustainability
                                                         fern die hohen Erwartungen, die verbreitet an
    findet noch auffällig wenig sozialwissenschaft-
                                                         diese Pioniere des Wandels gestellt werden,
    liche Beachtung. Doch tatsächlich haben sich
                                                         wirklich begründet sind. Daran anschließend

     IGN Position Paper Jan 2018
Blühdorn / Butzlaff / Deflorian / Hausknost      5

      erkunden wir, wie in trotz erheblicher Anstren-       2. Pioniere der Postwachstumsge-
      gungen (z.B. Zins- und Geldpolitik) bestenfalls
      noch moderat wachsenden Ökonomien – ent-
                                                               sellschaft?
      gegen der Behauptung eines sich andeutenden
                                                            In der Debatte um die von vielen Seiten gefor-
      Wertewandels zur Nachhaltigkeit – im gesell-
                                                            derte sozial-ökologische Transformation ist
      schaftlichen Mainstream längst ausgrenzende
                                                            Degrowth eine der zentralen Leitideen. Als um-
      und illiberale Populismusbewegungen zur be-
                                                            weltpolitische Strategie firmiert Degrowth als
                                    stimmenden Kraft
                                                            kritische Gegenposition zu Vorstellungen des
                                    avanciert     sind.
Eine wesentliche gesellschaft-                              grünen Wachstums und der ökologischen Mo-
                                    Abschnitt vier be-
liche Verantwortung der Sozi-                               dernisierung (Jackson 2011; Paech 2012). Die
                                    schäftigt sich kri-
alwissenschaften liegt darin,                               Degrowth-Bewegung gilt als wichtiger kollekti-
                                    tisch mit den
die gängigen Transforma-                                    ver Akteur, der den strukturellen Wandel zur
                                        Möglichkeiten
tionsnarrative auf ihre sozio-                              Nachhaltigkeit vorantreibt (Demaria et al.
                                    und Grenzen des
logische Grundierung hin zu                                 2013; D’Alisa et al. 2015). Angesichts der un-
                                    demokratisch le-
                                                            übersehbaren Krisensymptome des westlichen
prüfen.                             gitimierten     ge-
                                                            Wirtschaftsmodells insgesamt (Streeck 2014)
                                    staltenden Staa-
                                                            gibt sie sich kritisch gegenüber dem Kapitalis-
      tes, dem bei der Nachhaltigkeitstransformation
                                                            mus (Kallis et al. 2015: 11) und greift mit ihrer
      in der Regel eine zentrale Rolle zugedacht wird.
                                                            Betonung alternativer, subversiver Alltagsprak-
                                                            tiken das verbreitete Bedürfnis auf, unmittel-
     Insgesamt ist unser Plädoyer für eine sorgfälti-
                                                            bar selbst gestaltend tätig zu werden: etwa in
     gere sozialtheoretische Grundierung der Trans-
                                                            Form von Essenskooperativen, Leihläden, al-
     formationsdebatte getragen vom Bekenntnis
                                                            ternativen Schuhwerkstätten und einer Viel-
     zur gesellschaftlichen Verantwortung der
                                                            zahl anderer experimenteller Praktiken. Nicht
     Nachhaltigkeitsforschung. Das WBGU-Konzept
                                                            zuletzt wegen dieser Vielschichtigkeit wird
     einer transformativen Forschung, die „rele-
                                                            Degrowth als Bewegungs- und Diskussions-
     vante und glaubwürdige Lösungen für die iden-
                                                            raum betrachtet, in dem sich ein Mosaik der Al-
     tifizierten Probleme“ (WBGU 2011) zu entwi-
                                                            ternativen für eine sozial-ökologische Transfor-
     ckeln habe (vgl. auch Schneidewind & Singer-
                                                            mation entfaltet (Burkhart et al. 2017).
     Brodowski 2014), lehnen wir ab, denn es kann
     nicht Aufgabe der Sozialwissenschaft sein, sich
                                                            Zentrale Motive im Narrativ der Degrowth-Be-
     in den Dienst von Agenden zu stellen, deren
                                                            wegung und der sie begleitenden sozialwissen-
     Genese und Architektur selbst offenbar nicht
                                                            schaftlichen Literatur sind die Kritik am Kon-
     mehr zur Diskussion stehen sollen. Im Sinne ei-
                                                            sum als Alltagspraxis sowie das Ziel von dessen
     ner Soziologie, die kritisch auf die Maßstäbe
                                                            Überwindung. Das in modernen Gesellschaften
     und Praktiken ihrer eigenen Kritik reflektiert
                                                            zur Normalität gewordene Konsumverhalten
     (Boltanski 2010), sehen wir jedoch eine we-
                                                            gilt den Degrowth-VertreterInnen nicht als ge-
     sentliche gesellschaftliche Verantwortung der
                                                            nuines Bedürfnis der Menschen, sondern als
     Sozialwissenschaften darin, die gängigen
                                                            Ausdruck von Interessen, die ihnen zur „Be-
     Transformationsnarrative gründlich auf ihre
                                                            wahrung der geltenden sozialen Verhältnisse
     soziologische Grundierung hin zu prüfen. Mit-
                                                            übergestülpt werden“ (Muraca 2015: 109). Als
     unter wirken solche Narrative auf den Status
                                                            ewige Zielscheibe der Konsumgüterindustrie
     Quo der nachhaltigen Nicht-Nachhaltigkeit
                                                            und durch den ständigen Wettbewerb um sozi-
     nämlich eher stabilisierend als transformativ.
                                                            ale Distinktion seien die entfremdeten Bürger
     Aus transformationspolitischer Perspektive
                                                            in einem „iron cage of consumerism“ einge-
     sind sie dann womöglich verantwortungslos.
                                                            schlossen (Jackson 2011: 188; auch Paech
                                                            2012: 110f.). Als „Gefangene des Wachstums-
                                                            regimes“ (Muraca 2015: id.) seien sie niemals
                                                            in der Lage, das eigentlich ersehnte Glück tat-
                                                            sächlich zu erreichen. Die kritische Reflexion
                                                            dieser fremdbestimmten Denk- und Hand-

                                                          Transformationsnarrativ und Verantwortlichkeit
6

    lungsmuster eröffne jedoch den Weg zu alter-        Die These, dass die Degrowth-Bewegung als
    nativen Praktiken, durch die eine Veränderung       Avantgarde eines grundsätzlichen gesellschaft-
    des eigenen Selbst und letztlich der Gesell-        lichen Strukturwandels betrachtet werden
    schaft insgesamt möglich werde (Eversberg &         kann, stützt sich zweitens auf ihre alltagsprak-
    Schmelzer 2016: 13).                                tische Orientierung und die experimentelle
                                                        Umsetzung von Alternativmodellen (Konzept-
    Dieses Narrativ erinnert an die Bewegungslite-      werk Neue Ökonomie 2017: 47), etwa in Ge-
    ratur der 1970er und 1980er Jahre und die Di-       meinschaftsgärten, offenen Werkstätten oder
    agnosen der Kritischen Theorie, wirft aus heu-      Hausprojekten. In sogenannten „Reallaboren
    tiger Perspektive aber sowohl in theoretischer      des Wandels“ (Welzer et al. 2014), so das Argu-
    als auch in empirischer Hinsicht Zweifel auf.       ment, erlebten die Beteiligten nicht nur eine
    Unbestreitbar gibt es in zeitgenössischen Ge-       Befreiung aus den Bedürfniszwängen als
    sellschaften ein Leiden am Konsum, das nicht        fremdbestimmte KonsumentInnen, sondern
    zuletzt durch die sozialen und ökologischen         brächten zugleich die tatsächliche, sozial-öko-
    Konsequenzen der Konsumkultur genährt wird.         logische Transformation voran (Konzeptwerk
    Aus soziologischer Perspektive scheint jedoch       Neue Ökonomie 2017: 14). Letztlich seien es
    der Versuch, den Konsum als vor allem fremd-        die radikal neuen Erfahrungen individueller Au-
    bestimmt, pathologisch oder gar als gezielt ein-    tonomie, die die PraktikerInnen dazu motivier-
    gesetztes Verblendungsprogramm darzustel-           ten, die Selbstveränderung auch in anderen Le-
    len, deutlich verkürzend. Vielmehr ist zu be-       bensbereichen zu verfolgen (Muraca 2015:
    obachten, dass das Konsumverhalten faktisch         107f). Gerade im urbanen Bereich sei dieser
    im gleichen Maße, wie Außenorientiertheit           everyday environmentalism eine aussichtsrei-
    und Selbstdarstellung gegenüber der traditio-       che Strategie, den Widerspruch zwischen den
    nellen Betonung auf charakterliche Eigenschaf-      eigenen Wertorientierungen und der einstwei-
    ten und sogenannte innere Werte an Bedeu-           len noch hegemonialen Logik des industriellen
    tung gewinnen, zum zentralen Mittel wird, die       Konsumkapitalismus zu überwinden (Schlos-
    eigene Besonderheit zum Ausdruck zu bringen         berg & Coles 2015).
    (Bauman 2007; Blühdorn 2013b; Ritzer und
    Murphy 2014). Dass das solchermaßen insze-          Grundlegende Zweifel scheinen auch hier an-
    nierte Selbst stets eine kurze Verfallsfrist hat    gebracht. Tatsächlich ist gerade in den kritisch-
    und auf ständige Erneuerung angewiesen ist,         kreativen Milieus ein Interesse an nachhaltige-
    erscheint dabei keineswegs nur als Mangel,          ren Alltagspraktiken und sozialen Lebensfor-
    sondern bietet in der Gesellschaft der Singula-     men zu beobachten, die jenseits des kapitalis-
    ritäten (Reckwitz 2017) vielmehr die Möglich-       tischen Massenkonsums liegen. Prominente
    keit, flexible, vielschichtige und widersprüchli-   Beispiele sind die vielen lokalen Gemein-
    che Identitäten zu artikulieren. Wenig verwun-      schaftsgärten und Biogemüsekooperativen. Al-
    derlich ist daher, dass sich auch die Mitglieder    lerdings     bleiben
    der Degrowth-Gemeinschaft keineswegs unbe-          solche Abweichun-       Abweichungen von den
    dingt von den zentralen Symbolen des moder-         gen von den etab-       etablierten Konsummus-
    nen Lifestyles befreien: Smartphonebesitz oder      lierten     Konsum- tern und Verhaltensweisen
    häufige Flugreisen sind auch hier durchaus ver-     mustern und Ver- sind in aller Regel hochse-
    breitet (Eversberg 2016: 93). Das eigene Kon-       haltensweisen in al-    lektiv und symbolisch.
    sumverhalten wird mitunter als befremdlich          ler Regel hochse-
    empfunden, seine zentrale Subjektivierungs-         lektiv und symbolisch, und selbst auf der indivi-
    funktion bleibt aber durchaus erhalten. Sozio-      duellen Ebene gibt es wenig Anzeichen dafür,
    logisch gesehen hat daher weder die Behaup-         dass die in diesen alternativen Kleinkontexten
    tung Bestand, der Konsum sei ein „Megapro-          gewonnene Selbstwirksamkeitserfahrung etwa
    gramm der individuellen Verkümmerung“               eine durchgängige Veränderung der Denk- und
    (Paech 2013: 205), noch ist angesichts faktisch     Handlungsmuster initiieren würde. Vielmehr
    vorherrschender Ideale vom guten und erfüll-        zeigen empirische Untersuchungen von politi-
    ten Leben das Umkehrversprechen sonderlich          schem Konsum oder auch urban farming er-
    plausibel, dass die Befreiung vom Konsum den        hebliche und beständige Widersprüchlichkei-
    Weg zur wahren Erfüllung eröffne.

     IGN Position Paper Jan 2018
Blühdorn / Butzlaff / Deflorian / Hausknost    7

ten in der Alltagspraxis auf (Connolly & Port-        Ebene kleiner lokaler Gruppen die Einigung auf
hero 2005; Dobernig & Stagl 2015). Studien, die       verbindliche Verhaltensnormen. Erst recht
das Umweltverhalten verschiedener gesell-             scheitert Degrowth an der Aufgabe, auf ge-
schaftlicher Milieus vergleichen, kommen zu           samtgesellschaftlicher oder sogar internationa-
dem Ergebnis, dass gerade in den kritisch-krea-       ler Ebene eine normative Grundlage für ein
tiven Milieus Lebensstile gepflegt werden, die        transformatives Gesellschaftsprojekt zu schaf-
mit einem weit überdurchschnittlichen Res-            fen. Einen Ersatz
sourcen- und Energieverbrauch verbunden               für den Glauben       Die Behauptung, gesellschaftli-
sind (z.B. Umweltbundesamt 2016; Moser &              früherer      Um-
                                                                            cher Strukturwandel werde sich
Kleinhückelkotten 2017). Und die Behauptung           weltbewegun-
                                                                            einstellen, weil neue soziale
(Howaldt & Schwarz 2017), gesellschaftlicher          gen an unver-
Strukturwandel werde sich einstellen, weil            handelbare Not- Praktiken sich durch Nachah-
neue soziale Praktiken sich durch Nachahmung          wendigkeiten          mung verbreiteten und „Prob-
(Tarde 2009) verbreiteten und „Probleme oder          der     Ökologie,     leme oder Bedürfnisse besser zu
Bedürfnisse besser zu lösen bzw. zu befriedi-         d.h. ein verbind-     lösen bzw. zu befriedigen“ ver-
gen“ vermöchten (Howaldt & Schwarz 2010:              liches Leitprinzip    möchten, erscheint unterkom-
54), erscheint überwältigend unterkomplex.            für eine große        plex.
                                                      gesellschaftliche
Drittens stützt sich das Vertrauen in die Pio-        Transformation, bietet Degrowth jedenfalls
nierkraft der Degrowth-Bewegung auf die               eindeutig nicht. Ebenso fehlt eine klare Vorstel-
These, dass sie eine übergreifende Leitidee prä-      lung einer politischen Form, in der eine
sentiere, die als Klammer „zwischen verschie-         Degrowth-Gesellschaft zur politischen Alterna-
denen Gruppen, Widerstandsformen, sozialen            tive werden könnte. Stattdessen schafft die Be-
Kämpfen und alternativen gesellschaftlichen           wegung vielleicht vor allem Räume, um Identi-
Entwürfen vermittelt“ (Muraca 2015: 105).             fikation mit einem gesellschaftskritisch-eman-
Diese Vorstellung ist allerdings selbst innerhalb     zipatorischen Projekt zu artikulieren, ohne sich
der vielfältigen Initiativgruppen umstritten          dabei auf bestimmte Werte, Verhaltensformen
(Burkhart et al. 2016). Tatsächlich wurde unter       oder persönliche Einschränkungen verpflichten
Degrowth-SympathisantInnen eine Vielzahl              zu müssen. Am Ende könnten die diskursive Kri-
verschiedener ideologischer Strömungen fest-          tik an Wachstum und Konsum und das prakti-
gestellt (Eversberg 2016). Ein verbindendes           sche Erleben von Mikro-Alternativen sogar das
Moment liegt etwa in der basisdemokratischen          Festhalten an der imperialen Lebensweise
Orientierung (Hausknost 2017a) oder der An-           leichter machen – und als Kompensationsstra-
nahme, dass eine Degrowth-Demokratie die In-          tegien die Resilienz des kriselnden Kapitalismus
tegrität und Autonomie der Natur und nachfol-         stärken (Blühdorn 2017). Das gilt in dem Maße
gender Generationen sichern werde. Gegen die          umso mehr, wie das Degrowth-Narrativ aus-
Hoffnung, dass Degrowth als neue Klammer für          blendet, dass sich jenseits seiner eigenen Ni-
verschiedene emanzipatorische Bewegungen              schen längst eine ganz andere Postwachstums-
fungieren könnte, spricht jedoch, dass dieser         realität entfaltet.
Begriff inhaltlich einstweilen chronisch unbe-
stimmt bleibt. Seine Offenheit wird insofern als
Stärke gesehen, als er Raum für eine Vielzahl an
Ideen und Handlungsweisen bietet (D’Alisa et
al. 2015: xxi; Konzeptwerk Neue Ökonomie              3. Die Realität der Exklusionsge-
2017: 49). Allerdings zeichnet sich selbst in den        sellschaft
eigenen Reihen der Bewegung kaum ein Kon-
sens bezüglich kollektiver Regeln für die             Während nämlich in der Transformationslitera-
Kernidee der geforderten Selbstbegrenzung             tur die Postwachstumsgesellschaft vor allem
ab. Die Setzung und Umsetzung konkreter Nor-          eine normative Leitidee ist, die davon ausgeht,
men bleibt vielmehr die Angelegenheit der ein-        dass mit der neuen Gesellschaft auch ein neuer
zelnen AktivistInnen. Das entspricht zwar der         Mensch mit vollständig veränderten Vorstel-
Logik fortschreitender Individualisierung und         lungen von Selbstbestimmung, einem gelun-
Differenzierung, blockiert aber schon auf der         gen Leben und Glück entsteht (Soper 2007), hat

                                                    Transformationsnarrativ und Verantwortlichkeit
8

      sich in den Industrienationen die deutlich an-        Gesellschaftstransformation      Voraussetzung
      dersartige Realität einer faktischen Postwachs-       wären.
      tumsgesellschaft etabliert: Die auf Wachstum
      basierenden Versprechen und Hoffnungen der            In einem Szenario, wo das selbstverantwortli-
      traditionellen Modernisierung behalten hier           che, immer weniger in identitätsstiftende
      ihre volle Gültigkeit, doch für wesentliche Teile     Großzusammenhänge eingebettete Indivi-
      der Gesellschaft bleiben sie aufgrund des an-         duum für die Konstruktion und Aufrechterhal-
      haltenden und vermutlich irreversiblen Rück-          tung seines Selbstwertes zunehmend auf sich
      gangs des wirtschaftlichen Wachstums dauer-           und seine eigenen Fähigkeiten zurückgeworfen
      haft unerfüllbar. In diesen Gesellschaften ha-        ist, richtet sich zudem eine Emanzipation zwei-
      ben sich tatsächlich bereits grundlegende Ver-        ter Ordnung (Blühdorn 2013b: 143-150) ver-
                                 änderungen im Sinne        mehrt gegen jene emanzipatorischen Normen
Am Ende könnte das prak-         eines Werte- und Kul-      und Selbstverpflichtungen, die die sozialen Be-
tische Erleben von Mikro-        turwandels       einge-    wegungen der 1970er und 1980er Jahre selbst
Alternativen sogar das           stellt – ob die aber ei-   überhaupt erst erstritten hatten. Denn, dass
Festhalten an der imperia-       nem nachhaltigkeits-       etwa die Demokratisierung aller Lebensberei-
len Lebensweise leichter         orientierten Transfor-     che, die Verpflichtung auf das Gemeinwohl, al-
                                 mationsprojekt zu-         ternative Lebensformen oder das Ideal der in-
machen.
                                 träglich sind, er-         ternationalen Gerechtigkeit von allen Men-
      scheint durchaus fraglich. Einige Überlegun-          schen als erstrebenswerte Ziele geteilt werden,
      gen, die bei der Diskussion des Nischenakteurs        ist keineswegs ausgemacht. So stehen die Glau-
      Degrowth-Bewegung bereits angeklungen                 benssätze und Forderungen früherer Befrei-
      sind, sollen mit Blick auf den gesellschaftlichen     ungsbestrebungen heute selbst zunehmend
      Mainstream daher vertieft werden.                     auf dem Prüfstand. Dies hat unter anderem zu
                                                            einer irritierenden Ambivalenz gegenüber de-
       An vorderster Stelle steht dabei die Frage nach      mokratischen Werten und Verfahren geführt
       der Verfügbarkeit und Akzeptanz von öko-sozi-        (Butzlaff et al. 2013; Blühdorn 2013b). Außer-
       alen Imperativen oder verhaltenssteuernden           dem werden auch öko-soziale Imperative mit
       Regeln, die das Projekt einer großen Transfor-       ihren als beschränkend und bevormundend
       mation leiten könnten. Hier ist bedeutsam,           wahrgenommenen Vorstellungen von Glück
       dass die Bereitschaft heutiger Bürger, sich          und Lebenssinn zunehmend abgelehnt. Die
       stabil und langfristig einem bestimmten gesell-      verbreitete Beschreibung der Grünen als Ver-
       schaftlichen Milieu und politischen Lager zuzu-      bots-Partei zeigt dies deutlich.
       ordnen, deutlich gesunken ist: Die individuelle
       Bindungswilligkeit, auch über Organisationen         Unmittelbar damit verbunden ist die schon an-
       wie Parteien, Gewerkschaften und Kirchen, ist        gesprochene Beobachtung, dass in modernen
       seit Jahren rückläufig (Wiesendahl 2011).            Gesellschaften die Bedeutung konsumorien-
       Gleichzeitig steigt die Zahl derer, die ihre indi-   tierter Formen der Selbstverwirklichung und
       vidualisierten Anliegen in ad hoc arrangierten       sozialen Distinktion nicht etwa sinkt, sondern
       Konstellationen in die Politik einzuspeisen ver-     weiterhin steigt. Ungewollt haben die emanzi-
       suchen (Butzlaff 2016). Individualisierungs-         patorischen Bewegungen diese Entwicklung
       und Emanzipationsprozesse haben die Men-             sogar selbst befördert: Sie haben die individuell
       schen aus traditionellen Ordnungen herausge-         unabhängige Selbstverwirklichung stets als
       löst und bewirkt, dass sie ihre Selbstbilder und     Stärke betrachtet, dabei aber außer Acht gelas-
       Verwirklichungsoptionen zunehmend individu-          sen, dass die von ihnen idealisierte Form der
       alisiert und flexibel immer wieder neu realisie-     befreiten, selbstbestimmten Identitätsbildung
       ren. Das bedeutet zwar einerseits eine Befrei-       ein hohes Maß an sozialem, kognitivem und
       ung aus alten, bevormundenden Rollenmus-             kulturellem Kapital voraussetzt – das für we-
       tern; gleichzeitig beschränkt diese Emanzipa-        sentliche Teile der Gesellschaft jedoch nicht
       tion aber auch die Möglichkeiten, über Grup-         verfügbar ist. Gerade das Zusammenwirken der
       penzusammenhänge kollektives Handeln und             Individualisierung von Selbstverwirklichung ei-
       neue Subjektivierungsformen zu initiieren, die       nerseits, und der ungleichen gesellschaftlichen
       vermutlich für eine nachhaltigkeitsorientierte       Verteilung solcher Kapitalformen andererseits,

        IGN Position Paper Jan 2018
Blühdorn / Butzlaff / Deflorian / Hausknost       9

hat zu einer transformationspolitisch höchst             Überforderungen, die das emanzipatorisch-li-
problematischen, schichtenübergreifenden Fo-             bertäre Projekt für wesentliche Teile der Ge-
kussierung auf die materielle Dimension ge-              sellschaft bedeutet (Eribon 2016). Gerade der
führt: die Welt des Konsums, die mit Hilfe der           Rechtspopulismus ist auf diese Weise längst in
Discounter und ständig sinkender Preise auch             der Mitte der Gesellschaft angekommen und
niedrigeren Einkommensgruppen zugänglich                 zu einer bestimmenden politischen Kraft ge-
ist, ist immer stärker zur Bühne geworden, auf           worden (Decker et al. 2016). Seine Agenda
der die eigene Identität ausgeprägt und zur              steht aber im direkten Widerspruch zu den
Schau gestellt wird (Böhme 2016).                        Hoffnungen der Transformationsnarrative: Er
                                                         beflügelt die Aufkündigung sowohl der sozia-
Unter Bedingungen einer faktischen Post-                 len, als auch der demokratischen und ökologi-
wachstumsgesellschaft gerät die ökonomische              schen Selbstverpflichtungen, die emanzipatori-
Absicherung dieser Identitätsbildung aber un-            sche Bewegungen mühsam durchgesetzt hat-
ter Druck (Graefe 2016). Die finanziellen Res-           ten. Er definiert Politik und Gesellschaft als
sourcen, sich fluide und flexibel über Konsum            Konkurrenzkampf um knappe kulturelle, sozi-
und materielle Güter zu definieren, stehen mit           ale und ökonomische Ressourcen, um die kor-
schwindendem Wirtschafts-                                                    rupte Eliten und nutznie-
wachstum in abnehmendem           Der Rechtspopulismus beflügelt die         ßende Trittbrettfahrer die
Maße zur Verfügung. Wohl-         Aufkündigung der sozialen, demo-           eigentlich Berechtigten be-
fahrtsstaatliche Institutio-      kratischen und ökologischen Selbst-        trügen wollen. Mit der Be-
nen sind nicht mehr in der        verpflichtungen, die emanzipatori-         gründung, dass die ökolo-
Lage, die entstehende Lücke                                                  gisch-soziale Transforma-
                                  sche Bewegungen mühsam durchge-
auszufüllen, sondern wer-                                                    tion ein elitäres Projekt sei,
                                  setzt hatten.
den ihrerseits im Zeichen                                                    das letztlich nur den privile-
der neoliberalen Austeri-                                                    gierten Status derer zemen-
tätspolitik um- bzw. abgebaut. So entstehen              tiere, die schon bisher vom Gesellschaftswan-
neue gesellschaftliche Spaltungslinien zwi-              del profitiert haben (Geiges et al. 2015), wen-
schen denjenigen, die mit den neuen Freiheits-           det der Rechtspopulismus sich dezidiert gegen
räumen konstruktiv umzugehen vermögen,                   die Forderungen einer nachhaltigkeitsorien-
weil ihnen die erforderlichen materiellen und            tierten Politik. Stattdessen verfolgt er seiner-
nicht-materiellen Formen von Kapital reich zur           seits eine Agenda der Ausgrenzung und wehrt
Verfügung stehen, und den Teilen der Gesell-             sich gegen Formen der Demokratie, die Min-
schaft, die die Versprechen gesellschaftlicher           derheiten begünstigen und das Verständnis
Liberalisierungen nur eingeschränkt, oder eben           von Gleichheit und Gerechtigkeit über das so
auch gar nicht mehr, verwirklichen können. Die           genannte wahre Volk hinaus ausdehnen (Blüh-
Identitäten und Lebensstile der Einen beruhen            dorn & Butzlaff 2018).
somit nicht mehr bloß auf der globalen Exter-
nalisierung sozialer und ökologischer Neben-             Ähnlich wie sich gezeigt hat, dass der Nischen-
kosten, sondern, direkter denn je, auf der in-           akteur Degrowth-Bewegung als Pionier eines
nergesellschaftlichen Exklusion der Anderen.             umfassenden gesellschaftlichen Wandels mit-
Was bisher als unangenehme, aber therapier-              unter erheblich überschätzt wird, kann also
bare Nebenfolge erschien, verwandelt sich in             auch für den Mainstream westlicher Gesell-
eine notwendige Bedingung: Die Einen können              schaften konstatiert werden, dass die Voraus-
ihre Ideale verwirklichen, weil den Anderen              setzungen für eine große öko-soziale Transfor-
dies verwehrt bleibt (Lessenich 2016).                   mation denkbar ungünstig sind. Je weniger
                                                         aber bei den Nischenakteuren und im
Eine direkte und in vielen westlichen Gesell-            Mainstream der „bedrohten Mehrheit“
schaften beobachtbare Folge dieser Entwick-              (Krastev 2017: 119) transformative Potenziale
lungen ist der Aufstieg populistischer Bewe-             festgestellt werden können, desto mehr kon-
gungen. Ihre politische Kraft ziehen sie aus den         zentrieren sich die Hoffnungen auf den führen-
Zumutungen, die die neoliberale Modernisie-              den und gestaltenden Staat.
rung dem Einzelnen auferlegt (Jörke und Selk
2015; Spier 2010), sowie aus den strukturellen

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     4. Demokratischer Konsens und ge-                      Fortschrittsindikatoren wie Wirtschaftswachs-
                                                            tum, Wettbewerbsfähigkeit und Investitions-
        staltender Staat                                    quoten in Frage stellt.
     Gerade vor dem Hintergrund zunehmender ge-
     sellschaftlicher Komplexität und der Ausdiffe-
     renzierung vielfältiger Wertorientierungen             Dieses Dilemma ergibt sich allerdings keines-
     wird heute tatsächlich mehr denn je nach ei-           wegs allein aus der Hegemonie des Neolibera-
     nem „gestaltenden und aktivierenden Staat“             lismus, sondern zunächst vielmehr aus der Ab-
     (WBGU 2011) gerufen – einem Staat, der einer-          hängigkeit des liberalen Staates von demokra-
     seits „ein effektives rechtliches Instrumenta-         tischer Legitimation. Seit dem Aufstieg der Ar-
     rium und einen passenden Policy-Mix zwischen           beiterklasse und der Anerkennung ihres An-
     privaten, halbstaatlichen und öffentlichen Akt-        spruchs auf politische und ökonomische Teil-
     euren etablieren“ und andererseits „auf ver-           habe ist der moderne Staat nämlich auch ein
     schiedenen Ebenen geeignete Experimentier-             demokratischer Staat, und um auch der breiten
     und Spielräume schaffen“ soll (WBGU 2011:              Masse der Bevölkerung ein glaubhaftes Wohl-
     217). Der Staat wird also als zentrales Vehikel        stands- und Fortschrittsversprechen anbieten
     der Transformation in die Pflicht genommen.            und ideologische Widerstände gegen die Logik
     Im Zeichen des hegemonialen Neoliberalismus            der Kapitalakkumulation befrieden zu können,
     wird diese Pflicht allerdings vor allem als die                            muss er dafür sorgen, dass
     Fortführung        bekannter                                               der materielle Kuchen (Be-
                                      Paradoxerweise liefern gerade die
     Strukturen und Strategien                                                  schäftigung,   Einkommen,
     des Status Quo verstanden:       unbestreitbaren Erfolge der instituti-
                                                                                wohlfahrtsstaatliche Leis-
     als Förderung von markt-         onalisierten Umweltpolitik den Be-
                                                                                tungen) stetig wächst. Der
     wirtschaftlicher Dynamik in      weis für die Unmöglichkeit eines ei-      moderne Staat steht somit
     public-private partnerships      genständigen Staatsimperativs der         unter einem doppelten Legi-
     und als Steuerung der Trans-     Nachhaltigkeit.                           timationsimperativ (Dryzek
     formation durch einen Po-                                                  et al. 2003) – Gewährleis-
     licy-Mix, der Veränderung primär als technolo-         tung politischer und wirtschaftlicher Teilhabe –
     gische und soziale Innovation interpretiert.           und wirtschaftliches Wachstum wird letztlich
     Statt eines radikalen Umsteuerns mittels ord-          zum Staatsimperativ (Skocpol 1979). Einige
     nungspolitischer und steuerrechtlicher Maß-            Theoretiker haben zwar argumentiert, dass
     nahmen, die aktiv in Angebot und Nachfrage             sich in modernen Gesellschaften nach dem tra-
     materieller Güter eingreifen, wird die Last der        ditionellen Legitimationsimperativ auch ein ge-
     Transformation an so genannte change agents            nuiner Nachhaltigkeitsimperativ herausbilden
     und social entrepreneurs übertragen, deren             könne, bzw. dies bereits geschehe (Dryzek et
     kreative Ideen die Welt von morgen aus den             al. 2003; Meadowcroft 2012). Denn durch die
     oben bereits besprochenen Tiefen der Zivilge-          Inklusion der Umweltbewegungen und ihrer
     sellschaft und aus Start-Up Nischen heraus er-         Kernanliegen in das Staatsgefüge sei der Um-
     schaffen sollen. Gerade aus marktliberaler Per-        weltschutz als neue Kernaufgabe des Staates
     spektive soll (oder will) der Staat die nachhal-       institutionalisiert worden, und der Staat ent-
     tige Gesellschaft von morgen also zwar ermög-          wickle sich vom traditionellen Wohlfahrtsstaat
     lichen, aber doch selbst keine Verantwortung           zum modernen Umweltstaat. Paradoxerweise
     für ihre Errichtung übernehmen. Er befindet            liefern allerdings gerade die unbestreitbaren
     sich damit in einer Zwickmühle: einerseits muss        Erfolge der institutionalisierten Umweltpolitik
     er sich aufgrund der erdrückenden wissen-              den Beweis für die Unmöglichkeit eines eigen-
     schaftlichen Beweislage zum Ziel eines tiefgrei-       ständigen Staatsimperativs der Nachhaltigkeit,
     fenden sozial-ökologischen Strukturwandels             auf den das Projekt einer staatlich gesteuerten
     bekennen, andererseits kann er – gerade im             Transformation sich stützen könnte.
     Zeitalter des hegemonialen Neoliberalismus –
     keine Transformation zulassen, die etablierte          Erstens nämlich folgt die bisherige Umweltpo-
                                                            litik klar dem Legitimationsimperativ des Staa-

      IGN Position Paper Jan 2018
Blühdorn / Butzlaff / Deflorian / Hausknost      11

      tes und nicht einem eigenständigen Nachhal-            Fleischkonsum zu begrenzen oder in das indivi-
      tigkeitsimperativ: Die Rettung der Flüsse und          duelle Reise- und Mobilitätsverhalten einzu-
      Wälder, die Verbesserung der Luftqualität in           greifen, wird sofort unter den Verdacht der eli-
      Ballungsräumen und die Einrichtung von Na-             tären Ökodiktatur gestellt. Vom gestaltenden
      turschutzgebieten fügt sich nahtlos in die wohl-       Staat wird eben Umweltpolitik erwartet, d.h.
      fahrtsstaatliche Logik der Sicherung eines allge-      die die Lebensqualität steigernde Bereitstel-
      meinen Lebensstandards ein (Hausknost                  lung gesunden Gemüses, effizienter Motoren
      2017b). Zweitens ist für diese Verbesserungen          und regionaler Lärmschutzmaßnahmen, kei-
      gerade kennzeichnend, dass sie erreicht wur-           neswegs aber Transformationspolitik, d.h. poli-
      den, ohne dass dafür der Pfad industrieller Ent-       tische Eingriffe, die sich anmaßen, individuelle
      wicklung und ökonomischer Expansion verlas-            Lebensstile und den Sinn von Gesellschaft zur
      sen werden musste. Vielmehr haben sie dessen           Diskussion zu stellen und neu zu bestimmen.
      Logik weiter verfeinert und noch tiefer veran-
      kert (Fücks 2013; Huber 2009). Genau diese An-         Die Transformationsmöglichkeiten des von de-
      bindung an die Wohlfahrtsstaatlichkeit einer-          mokratischer Legitimation abhängigen Staates
      seits und die Wachstumslogik andererseits be-          sind also sehr beschränkt. Zumindest solange
      raubt jedoch die Umweltpolitik ihres genuin            sich keine mehrheitsfähigen alternativen Krite-
      politischen und transformatorischen Potenti-           rien abzeichnen, bliebt der Legitimationsimpe-
                                       als. Sie degra-       rativ des modernen demokratischen Staates
Vom gestaltenden Staat wird Um-        diert jeden Be-       die gläserne Decke jeder staatlich organisierten
weltpolitik erwartet, keineswegs       zug zu umfas-         Transformation; und jeder Versuch, die Befrie-
aber Transformationspolitik.           sender, plane-        dungslogik von Wachstum und Konsum auszu-
                                       tarischer Nach-       hebeln, würde unweigerlich in eine Legitimati-
      haltigkeit zu einem rein ethischen Postulat und        onskrise des Staates führen (Hausknost 2017b).
      macht eine strukturelle Transformation zu ei-          Vor dem Hintergrund des Klimawandels, des
      nem wissenschaftlichen, elitären und abstrak-          Ressourcenschwundes, sich zuspitzender sozi-
      ten Desiderat, das zur Lebensrealität der Men-         aler Verteilungskonflikte und der Krise des Ka-
      schen unverbunden bleibt.                              pitalismus ist freilich jede aktuelle Politik ge-
                                                             zwungen, Möglichkeiten einer Re-Stabilisie-
      Ein gestaltender Staat, der über den demokra-          rung jenseits des Wachstumsparadigmas zu su-
      tischen und wohlfahrtsstaatlichen Legitima-            chen. Ob diese Neuorientierung jedoch in Rich-
      tionsimperativ hinausreichen wollte, müsste            tung Nachhaltigkeit führen wird und in wel-
      demgegenüber aktiv in Produktionsprozesse              chem Maße der Staat hier wirklich gestalten
      und die etablierte Nachfragelogik eingreifen. Er       kann, bleibt einstweilen unklar. Unverkennbar
      müsste die Fragen nach dem Verständnis von             ist demgegenüber, dass die einsetzende Auflö-
      Wohlfahrt, einem geglückten Leben und dem              sung der herkömmlichen Stabilisierungsme-
      Sinn der Gesellschaft neu stellen und politisie-       chanismen sich bereits jetzt beobachten lässt.
      ren. Die gesellschaftlichen Konflikte um diese
      notorisch problematischen Fragen sind einst-
      weilen noch durch das Versprechen auf fortlau-
      fendes Wachstums und stetige Verbesserung
      halbwegs stillgestellt – entpolitisiert (Haus-
                                                             5. Zwischen Aufbruchsrhetorik und
      knost 2014). Sie brechen aber, wie im vorange-            Alternativlosigkeit
      gangenen Abschnitt ausgeführt, in der fakti-
      schen Postwachstumsgesellschaft mit aller Ve-          Die postindustriellen Konsumentendemokra-
      hemenz neu auf. Und gerade in der beschriebe-          tien der Gegenwart befinden sich also in einem
      nen Konstellation des verschärften Wettbe-             durchaus grundlegenden Wandel. Aber die tat-
      werbs und der Exklusion löst jede staatliche           sächlich beobachtbaren Transformationspro-
      Maßnahme, die mit dem Ziel einer Nachhaltig-           zesse sind von dem, was die Nachhaltigkeits-
      keitstransformation in private Lebensstile ein-        forschung und viele nachhaltigkeitspolitische
      greift und gesellschaftlichen Sinn zu kollektivie-     Akteure mit Nachdruck fordern, weit entfernt.
      ren sucht, politische Konflikte aus, die kaum zu       Dieser Erkenntnis hat die populäre Transforma-
      kontrollieren sind. Jeder Versuch, etwa den

                                                           Transformationsnarrativ und Verantwortlichkeit
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        tionsliteratur einstweilen wenig entgegenzu-        gesellschaftstheoretische Grundlage fehlt, Ge-
        setzen. Die verbreitete Beschwörung einer           fahr, einen für die etablierte Politik der Nicht-
        Neubelebung des demokratischen Projekts, ei-        Nachhaltigkeit sehr bedeutenden stabilisieren-
        nes echte Erfüllung bringenden alternativen         den Effekt zu entfalten. Bereits in den 1980er
        Hedonismus, eines neuen Gesellschaftsvertra-        Jahren hatten die Verfechter der ökologischen
        ges oder der Vision des guten Lebens für Alle       Modernisierung versichert, das Problem sei
        sind politisch sympathisch, erwecken soziolo-       nunmehr klar erkannt, werde politisch ernst
        gisch betrachtet aber – nicht zuletzt wegen ih-     genommen und nun auf verschiedenen gesell-
        rer eklatanten Theoriedefizite – bestenfalls den    schaftlichen Handlungsebenen konstruktiv be-
        Eindruck von Hilflosigkeit. Zwar wird die wider-    arbeitet. Mit ihrem Narrativ der technologi-
        sprüchliche Gleichzeitigkeit eines zunehmen-        schen Innovation, markwirtschaftlicher Policy-
        den Problembewusstseins und des entschiede-         Instrumente und politisch agierender Konsu-
        nen Festhaltens an der imperialen Lebensweise       menten haben sie einen wirksamen Schutz-
        und der Logik der Externalisierungsgesellschaft     schirm aufgespannt, unter dem die bereits da-
        mitunter deutlich herausgestellt, aber dem ei-      mals sichtbar brüchig gewordene Ordnung
        gentlichen Problem geht die Literatur konse-        dann noch für Jahrzehnte weiter erhalten wer-
        quent aus dem Weg:                                  den konnte. Ihre Politikansätze haben unbe-
                                                            streitbar eine Vielzahl von Verbesserungen ge-
       Die Politik der Nichtnachhaltigkeit ist nicht ein-   bracht, aber sie haben doch auch mit dazu ge-
       fach nur im Zuge des entfremdenden Kapitalis-        führt, dass sich die Komplexität der Vielfach-
                                        mus entstan-        krise, mit der heutige Gesellschaften sich kon-
Die Verfechter der ökologischen         den, sondern –      frontiert sehen, sich ungehindert weiter entfal-
Modernisierung haben einen wirk-        zumindest auch      ten konnte. An dem Punkt, an dem die Grenzen
samen Schutzschirm aufgespannt,         – im Zuge des       der bisherigen Strategien des Weiter-So nun
unter dem die sichtbar brüchig ge-        emanzipatori-     unverkennbar geworden sind und der Polanyi-
wordene Ordnung für Jahrzehnte          schen  Projektes    sche Begriff der großen Transformation unver-
weiter erhalten werden konnte.          selbst. Entspre-    mittelt wieder hohe Konjunktur hat, aber auch
                                        chend gelingt es    die Politik der Nicht-Nachhaltigkeit offener ver-
       der Nachhaltigkeitsforschung bzw. ihren politi-      folgt wird denn je, scheint es daher umso wich-
       schen Akteuren auch immer weniger, sie als Irr-      tiger, neue entstehende Hoffnungsnarrative
       tum und falsches bzw. entfremdetes Bewusst-          gründlicher denn je auf ihr tatsächliches Trans-
       sein darzustellen, um ihr dann eine wahrhaft         formationspotenzial hin abzuklopfen.
       emanzipatorische Vision gegenüber zu stellen.
       Die Krux der modernen Nachhaltigkeitspolitik         Ob und inwiefern solche metakritischen An-
       liegt in dem neuen Gleichklang der bis dato als      sätze dann ihrerseits politische Energie mobili-
       konfligierend gedachten Logiken des kapitalis-       sieren können, bleibt dabei zunächst offen.
       tischen und des emanzipatorischen Projekts.          Tatsächlich versteht unsere Argumentation ge-
       Wohl nicht zuletzt aus Angst vor dem politi-         sellschaftliche Entwicklungen als sehr viel stär-
       schen Abgrund, der sich hier auftut, verbieten       ker evolutionär, auf jeden Fall aber als sehr viel
       sich wesentliche Teile der Transformationslite-      weniger gesteuert und steuerbar, als es sowohl
       ratur aber den klaren Blick auf die vorfindlichen    für die herrschaftskritischen Ansätze der post-
       gesellschaftlichen Verhältnisse. Das Prinzip der     marxistischen Tradition als auch für die opti-
       Verantwortlichkeit verlangt jedoch, sich diesen      mistischen Transformationsnarrative im Stile
       Realitäten zu stellen.                               des WBGU kennzeichnend ist. Sie könnte dafür
                                                            kritisiert werden, dass sie die gesellschaftlichen
        Natürlich können eine Nachhaltigkeitsfor-           Machtverhältnisse vernachlässigt und nicht un-
        schung und Transformationsanstrengung, die          mittelbar Handlungsempfehlungen gibt. Mo-
        auf einen grundsätzlichen Strukturwandel mo-        delle wie die Theorie der Emanzipation zweiter
        derner Gesellschaften abzielen, deren etab-         Ordnung könnten böswillig sogar noch als die
        lierte Funktions- und Entwicklungslogik nicht       gesellschaftstheoretische Legitimation für ein
        als Maßstab und Grenze ihrer Vorstellungskraft      Weiter-So vereinnahmt werden. Es geht hier
        übernehmen. Gleichzeitig laufen aber Trans-
        formationsnarrative, denen eine angemessene

         IGN Position Paper Jan 2018
Blühdorn / Butzlaff / Deflorian / Hausknost          13

jedoch nicht darum, den herrschaftskritischen            von dem Appell an eben jene Normen, von de-
Ansätzen ihre Berechtigung abzusprechen,                 nen Emanzipation zweiter Ordnung sich be-
sondern sie zu ergänzen, um ein komplexeres              freit. Und wenn hier allzu einfache Transforma-
Verständnisses der nachhaltigen Nicht-Nach-              tionsnarrative kritisch hinterfragt werden, liegt
haltigkeit zu ermöglichen. Eine Transforma-              darin weder eine Behauptung von Alternativlo-
tionsforschung, die sich selbst soziologisch             sigkeit, noch gar eine Rechtfertigung des Status
ernst nehmen will, wird                                                      Quo: Der Klimawandel, die
letztlich auch nicht umhin        Das alte Paradigma der Entfrem-            Migrationswellen,         der
können anzuerkennen, dass         dung  und Emanzipation   ist zur Erklä-    Rechtspopulismus, der reli-
das alte Paradigma der Ent-       rung fortgeschritten moderner Ge-          giöse    Fundamentalismus
fremdung und Emanzipation         sellschaften und ihrer Krisen schlicht     und der unkontrollierbare
zur Erklärung fortgeschrit-       nicht mehr ausreichend.                    Terrorismus zeigen unmiss-
ten moderner Gesellschaf-                                                    verständlich, dass die Politik
ten und ihrer Krisen schlicht nicht mehr ausrei-         der Nichtnachhaltigkeit bereits jetzt erhebliche
chend ist. Zudem rückt unsere Argumentation              politische Energien mobilisiert. Die Hoffnung
auch keineswegs bedenkenlos von den Nor-                 und der Glaube, diese Energien erneut im Sinne
men des kritischen Projekts ab, sondern das              des europäischen Vernunfts- und Demokrati-
Bemühen (auch in der reflexiven Kritik neuer             sierungsprojektes kanalisieren und kontrollie-
Hoffnungsnarrative), die Funktionsweise und              ren zu können, scheinen jedoch zunehmend
Implikationen der Politik der Nicht-Nachhaltig-          fragwürdig.
keit sichtbar zu machen, ist letztlich getragen

6. Literaturverweise

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Ingolfur Blühdorn leitet das Institut für Gesellschaftswandel und Nachhaltigkeit (IGN) an der WU Wien. Er stu-
dierte Theaterwissenschaft und Philosophie in Erlangen und spezialisierte sich später in den Bereichen Gesell-
schaftstheorie und emanzipatorisch-demokratische Politik. Über 20 Jahre lehrte er politische Soziologie an der
University of Bath in GB.
Prof. Dr. Ingolfur Blühdorn, ingolfur.bluehdorn@wu.ac.at, Institut für Gesellschaftswandel und Nachhaltig-
keit (IGN), Wirtschaftsuniversität Wien, Welthandelsplatz 2, Gebäude D5, Zimmer 3.080, A-1020 Wien

Felix Butzlaff ist Universitätsassistent am Institut für Gesellschaftswandel und Nachhaltigkeit (IGN) an der WU
Wien. Er hat Politikwissenschaften, VWL und Öffentliches Recht an den Universitäten Göttingen und Santiago de
Chile studiert und arbeitet zu Themen der Demokratieentwicklung sowie dem Wandel von Politischen Parteien
und Sozialen Bewegungen.
Dr. Felix Butzlaff, felix.butzlaff@wu.ac.at, Institut für Gesellschaftswandel und Nachhaltigkeit (IGN), Wirt-
schaftsuniversität Wien, Welthandelsplatz 2, Gebäude D5, Zimmer 3.080, A-1020 Wien

Michael Deflorian arbeitet als Research and Teaching Associate am Institut für Gesellschaftswandel und Nach-
haltigkeit. Vorher hat er Umweltgeschichte in Uppsala und Politikwissenschaft in Berlin studiert. In seiner Dok-
torarbeit beschäftigt er sich mit der Frage, inwieweit sogenannte „Pioniere des Wandels“ (z.B. Gemeinschafts-
gärten, Repair Cafés oder Kleidertauschinitiativen) als ein neuer Typus der sozialen Bewegungen verstanden wer-
den können. Weitere Forschungsschwerpunkte sind das spätmoderne Subjekt, die Transformation der Wachs-
tumsgesellschaft sowie Degrowth.
Michael Deflorian, MA, michael.deflorian@wu.ac.at, Institut für Gesellschaftswandel und Nachhaltigkeit (IGN),
Wirtschaftsuniversität Wien, Welthandelsplatz 2, Gebäude D5, A-1020 Wien

Daniel Hausknost ist Assistenzprofessor am Institut für Gesellschaftswandel und Nachhaltigkeit (IGN) an der WU
Wien. Er studierte Politikwissenschaft und Philosophie in Wien und promovierte an der Keele University (UK).
Hausknost arbeitet vorrangig zu Fragen der Transformationsfähigkeit und Nachhaltigkeit moderner demokrati-
scher Systeme und des kapitalistischen Staats. Vor seiner akademischen Laufbahn war Hausknost in mehreren
internationalen Umwelt-NGOs tätig.
Ass.-Prof. Dr. Daniel Hausknost, daniel.hausknost@wu.ac.at, Institut für Gesellschaftswandel und Nachhaltig-
keit (IGN), Wirtschaftsuniversität Wien, Welthandelsplatz 2, Gebäude D5, A-1020 Wien

                                                         Transformationsnarrativ und Verantwortlichkeit
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