Nachhaltigkeitsstrategie - Stadt Bielefeld
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Nachhaltigkeitsstrategie Stadt Bielefeld Inhalt Inhalt IMPRESSUM Vorwort 5 Herausgeber / Copyright Stadt Bielefeld 1 Einleitung 6 Niederwall 23 33602 Bielefeld 2 Projektkontext 8 Ansprechperson 2.1 Grundprinzipien einer Nachhaltigen Entwicklung 9 Birgit Reher 2.2 Agenda 2030 und Globale Nachhaltigkeitsziele 10 Abschnitt Klimaschutz & Nachhaltigkeit August-Bebel-Straße 75-77 2.3 Nachhaltige Entwicklung in der EU 12 33602 Bielefeld 2.4 Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie 13 052151-2870 Birgit.Reher@bielefeld.de 2.5 Nachhaltigkeitsstrategie Nordrhein-Westfalen 14 Projektleitung „Global Nachhaltige Kommune in NRW“ (GNK NRW) 3 Modell zur Entwicklung und Umsetzung von 16 Dr. Klaus Reuter, Landesarbeitsgemeinschaft Agenda 21 NRW e.V. Nachhaltigkeitsstrategien auf kommunaler Ebene 3.1 Aufbauorganisation 18 Dr. Till Winkelmann, Servicestelle Kommunen in der Einen Welt von Engagement Global 3.2 Bestandsaufnahme 20 3.3 Erarbeitung des Handlungsprogramms 22 Landesarbeitsgemeinschaft Agenda 21 NRW e.V. (LAG 21 NRW) 3.4 Formeller Beschluss der Nachhaltigkeitsstrategie 24 Deutsche Straße 10 | 44339 Dortmund 0231-9369600 3.5 Umsetzung und Monitoring 24 www.lag21.de | info@lag21.de 3.6 Evaluation und Fortschreibung 24 SKEW - Servicestelle Kommunen in der Einen Welt von Engagement Global gGmbH 4 Entwicklungsprozess zur Nachhaltigkeitsstrategie 26 Friedrich-Ebert-Allee 40 | 53113 Bonn 4.1 Kommunales Kurzportrait Bielefeld – Grün und urban 27 www.service-eine-welt.de | info@service-eine-welt.de 4.2 Aufbauorganisation 29 Umsetzung und Textgestaltung 4.3 Projektablauf 31 LAG 21 NRW Gestaltung 5 Handlungsprogramm der Stadt Bielefeld 32 yella park, Aachen 5.1 Präambel 34 Druck 5.2 Markenbaustein · Lebenswerte Großstadt 36 Druck & Verlag Kettler GmbH, Bönen/Westfalen 5.3 Markenbaustein · Stadt der Wissenschaft und Bildung 44 5.4 Markenbaustein · Starke Wirtschaft 48 5.5 Gesamtübersicht der Bezüge zur Agenda 2030 52 Für den Inhalt dieser Publikation ist allein die LAG 21 NRW e.V. verantwortlich; die hier dargestellten Positionen geben nicht den Standpunkt von Engage- 6 Empfehlungen zur Umsetzung und ment Global oder des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammen- Verstetigung der Nachhaltigkeitsstrategie 54 arbeit und Entwicklung wieder. 6.1 Verstetigung der Aufbauorganisation 55 Die vorliegende Nachhaltigkeitsstrategie der Stadt Bielefeld stellt das Er- 6.2 Umsetzung und Monitoring 56 gebnis der Teilnahme am Projekt „Global Nachhaltige Kommune in NRW“ 6.3 Evaluation und Fortschreibung 57 dar und erlangte ihre Gültigkeit mit der positiven Beschlussfassung durch den Rat am 24.06.2021. 7 Anhang 58 Bielefeld im Juni 2021 mit ihrer mit Mitteln des in Kooperation mit unterstützt durch
Nachhaltigkeitsstrategie Stadt Bielefeld Vorwort Vorwort „Bielefeld – Global Nachhaltige Kommune NRW“– der Titel zieht den Bogen von Nachhaltigkeitsstrategie Bielefeld zur ganzen Welt. Das ist richtig und geboten. Stadt Bielefeld Es reicht schon lange nicht mehr, nur auf die eigene Stadt zu schauen. Klimawan- del, Bekämpfung von Hunger und Armut, wirtschaftliche Stabilität und gerechte Lebensbedingungen sind insbesondere globale Aufgaben. Solche, die nur in der Gemeinschaft bewältigt werden können. Juni 2021 Als „Global Nachhaltige Kommune NRW“ leistet auch Bielefeld einen wichtigen Beitrag dafür, dass die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen realisiert werden können. Als lebendiger, fortlaufender Prozess werden die Ziele und Maßnahmen des vor- liegenden Handlungsprogramms Eingang in die Umsetzung einer zukunftsfähigen Stadtentwicklung finden. Basis der Bielefelder Nachhaltigkeitsstrategie sind da- bei vorhandene Konzepte und Programme, die konsequent – insbesondere auch unter Berücksichtigung der 17 global nachhaltigen Ziele der Vereinten Nationen – weiterentwickelt wurden. Es muss gemeinsames Ziel von Stadt und Stadtgesellschaft sein, die Stadt in eine Richtung zu entwickeln, in der Menschen gut und gerne leben, Familien eine Pers- pektive haben, ältere Bürger*innen sich aufgehoben fühlen, Unternehmen attrak- tive Standortvorteile finden und das Stadtbild sich durch liebens- und lebenswerte Quartiere auszeichnet. Eine Stadt, die nicht zulasten anderer Menschen und Staaten wächst, sondern Verantwortung übernimmt. Sozial, ökologisch und ökonomisch. Wir alle können etwas tun und die Ziele zur nachhaltigen Entwicklung ernst nehmen, sie in unser tägliches Handeln integrieren. Lassen Sie uns diese Chance nicht verpassen! Bielefeld, im Juni 2021 Pit Clausen Oberbürgermeister der Stadt Bielefeld
6 Nachhaltigkeitsstrategie Stadt Bielefeld Einleitung Nachhaltigkeitsstrategie Stadt Bielefeld Einleitung 7 1 Einleitung “Be a global citizen. Act with „Seien Sie globale Bürgerinnen und Bürger. Handeln Sie passion and compassion. Help us make this world safer and mit Leidenschaft und Mitgefühl. Helfen Sie uns, die Welt more sustainable today and for the generations that will follow sicherer und nachhaltiger zu gestalten – sowohl heute als us. That is our moral responsi- auch für nachfolgende Generationen. Dies ist unsere mo- bility." ralische Verantwortung.“ (Ban Ki-Moon, UN-Generalsekretär von 2007-2016) Gruppenfoto zur Auftaktveranstaltung im Projekt GNK NRW am 27.06.2019 in Düsseldorf Im September 2015 verabschiedete die Vollversammlung der Vereinten Nationen (engl. United Nations, UN) mit der Agenda 2030 und ihren Globalen Nachhaltig- Die vorliegende Nachhaltigkeitsstrategie ist das Ergebnis eines zweijährigen keitszielen (engl. Sustainable Development Goals, abgekürzt SDGs) ein univer- Beteiligungs- und Erarbeitungsprozesses. Gemeinsam mit Vertreterinnen und selles Zielsystem, um eine weltweite Transformation in Richtung einer Nachhal- Vertretern aus Verwaltung, Politik, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirt- tigen Entwicklung anzustoßen. Das Zielsystem besteht aus 17 Hauptzielen sowie schaft hat der Stadt Bielefeld in Zusammenarbeit mit der SKEW und der LAG 21 169 Unterzielen und stellt erstmals einen gemeinsamen Bezugsrahmen für alle NRW die Nachhaltigkeitsstrategie erarbeitet. UN-Mitgliedstaaten dar. Sowohl Industrie- als auch Schwellen- und Entwicklungs- länder („Globaler Süden“) sind damit in der Verantwortung, ihren Beitrag zur Das Projekt wurde begleitet durch einen Projektbeirat, in dem das Ministerium Umsetzung einer global Nachhaltigen Entwicklung zu leisten. für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nord- 7 rhein-Westfalen, die kommunalen Spitzenverbände, die Staatskanzlei NRW, die 6 Für die erfolgreiche Umsetzung der Agenda 2030 müssen alle politischen Hand- Verbraucherzentrale NRW, der Naturschutzbund NRW, das Eine-Welt-Netz NRW lungsebenen - international, national, regional und kommunal - einbezogen wer- sowie das Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung vertreten waren. 5 den. In Deutschland sind Bund, Länder und Kommunen deshalb aufgefordert, die 4 globalen Ziele auf ihre jeweilige Ebene „herunterzubrechen“. Vor diesem Hinter- 3 grund wurde die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) überarbeitet und ihre • In der vorliegenden Nachhaltigkeitsstrategie der Stadt Bielefeld werden 2 inhaltliche Struktur an den 17 Globalen Nachhaltigkeitszielen ausgerichtet. Auch in Kapitel 2 zunächst der Projektkontext sowie allgemeine Grundlagen die Nachhaltigkeitsstrategie des Landes Nordrhein-Westfalen (NHS NRW) orien- erläutert. Hierzu werden die Grundprinzipien einer Nachhaltigen Entwick- 1 tiert sich an der Agenda 2030 und stellt entsprechende Bezüge zu den SDGs dar. lung, die Agenda 2030, die DNS und die NHS NRW vorgestellt. • Nachfolgend wird in Kapitel 3 auf das Modell zur Entwicklung und Um- In Wissenschaft, Politik und Praxis herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass die setzung von kommunalen Nachhaltigkeitsstrategien eingegangen. Dies kommunale Ebene eine zentrale Rolle für die erfolgreiche Umsetzung der SDGs umfasst die einzelnen Elemente der Nachhaltigkeitsstrategie sowie die spielt. So sieht die Agenda 2030 die Kommunen in einer Schlüsselposition und for- jeweiligen Prozessschritte (wie Aufbauorganisation, Bestandsaufnahme, dert eine enge Einbindung lokaler Behörden. Auf der konkreten Umsetzungsebene Evaluation und Fortschreibung). vor Ort werden entscheidende Weichen für die Erreichung vieler SDG-Unterziele • In Kapitel 4 werden die zentralen kommunalspezifischen Arbeitsschritte gestellt. Vor diesem Hintergrund haben bereits 167 deutsche Kommunen die Mus- der Stadt Bielefeld zur Erarbeitung der integrierten Nachhaltigkeitsstra- terresolution „2030 – Agenda für Nachhaltige Entwicklung: Nachhaltigkeit auf tegie beschrieben. Neben einem kommunalen Kurzportrait stehen hier kommunaler Ebene gestalten“ (Deutscher Städtetag, Rat der Gemeinden und Regi- der konkrete Projektablauf und die Arbeitsgremien im Fokus. onen Europas/Deutsche Sektion) unterzeichnet. Die Entwicklung von kommunalen • Kapitel 5 stellt das Kernstück der Nachhaltigkeitsstrategie dar. Es Nachhaltigkeitsstrategien, die an der Agenda 2030 ausgerichtet sind, steckt jedoch beinhaltet das Handlungsprogramm der Stadt Bielefeld zu priorisier- noch in den Anfängen. Im Rahmen des Projekts „Global Nachhaltige Kommune ten Themenfeldern. Nach einer einleitenden Präambel werden die NRW“ (GNK NRW) werden Kommunen bei diesem Vorhaben begleitet. Markenbausteine, Handlungsfelder, strategische Zielsetzungen und die operativen Umsetzungen vorgestellt. Anschließend werden die Nachdem von 2016 bis 2018 bereits 15 Kommunen in NRW erfolgreich bei der Ent- inhaltlichen Bezüge zur Agenda 2030 dargestellt. wicklung von Nachhaltigkeitsstrategien begleitet wurden, ging das Projekt von 2019 • Kapitel 6 geht abschließend auf den weiteren kommunalspezifischen bis 2021 mit 15 weiteren Kommunen in seine zweite Runde. Alle Kommunen haben Prozessverlauf und die Verstetigung der Strategie ein. ihre integrierten Nachhaltigkeitsstrategien im Kontext der Agenda 2030 und der SDGs sowie unter Berücksichtigung der DNS und der NHS NRW erarbeitet. Das Projekt GNK NRW wurde von der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) von ENGAGEMENT GLOBAL in Zusammenarbeit mit der LAG 21 NRW im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung umgesetzt.
2 8 Nachhaltigkeitsstrategie Stadt Bielefeld Projektkontext Nachhaltigkeitsstrategie Stadt Bielefeld Projektkontext 9 2 Projektkontext 2.1 Grundprinzipien einer Nachhaltigen Entwicklung Die im Rahmen des Projekts GNK NRW entwickelten Nachhaltigkeitsstrategien zielen auf die Umsetzung einer Nachhaltigen Entwicklung im Kontext der Agenda 2030 ab. Vor diesem Hintergrund orientieren sich die Inhalte der Nachhaltigkeits- strategien an drei Grundprinzipien: 1.) Starke Nachhaltigkeit, 2.) Generationen- gerechtigkeit sowie 3.) Menschenrechte. Im Folgenden werden diese drei Grund- prinzipien kurz vorgestellt. Starke Nachhaltigkeit Im Konzept der Starken Nachhaltigkeit finden wirtschaftliches und soziales Han- deln innerhalb der Ökosystemgrenzen der Erde statt. Die natürlichen Ressourcen und die Umwelt bilden somit die Grundlage für alle menschlichen Entwicklungs- felder inklusive der entsprechenden ökonomischen und sozialen Subsysteme. Am Konzept der Starken Nachhaltigkeit orientiert sich z. B. auch das Konzept des Das folgende Kapitel stellt einführend keitsstrategien werden entsprechend Ökologischen Fußabdrucks. Abbildung 1 zeigt auf, wie das anthropogene Handeln den Kontext des Projekts GNK NRW die Zielsetzungen auf globaler Ebene das Naturkapital negativ beeinflusst bzw. inwiefern die natürlichen Planetaren vor. Hierzu wird zunächst auf zentrale (Agenda 2030), die Europäische Nach- Ökologischen Grenzen (engl. planetary boundaries) überschritten werden. Steffen Grundprinzipien einer Nachhaltigen haltigkeitspolitik, die Deutsche Nach- et al. gehen in ihrer Veröffentlichung „Planetary boundaries: Guiding human de- Entwicklung, an denen sich das Projekt haltigkeitsstrategie sowie die Nach- velopment on a changing planet“ davon aus, dass bereits vier der neun definierten orientiert, eingegangen. Im Zentrum haltigkeitsstrategie des Landes NRW planetaren Belastungsgrenzen (Klimawandel, Biodiversitätsverlust, Stickstoff- 7 steht hier die integrative Verknüpfung systematisch berücksichtigt. Eine kreislauf und Flächennutzung)1 überschritten werden und diese Überbeanspru- 6 sozialer, wirtschaftlicher und ökologi- Global Nachhaltige Kommune leistet chung mittel- bis langfristig die menschlichen Lebensgrundlagen bedroht. scher Belange auf der Grundlage der somit insgesamt einen Beitrag für die 5 natürlichen planetaren Belastungs- Umsetzung internationaler, nationaler Generationengerechtigkeit 4 grenzen. Ein entscheidendes Ziel des und regionaler Nachhaltigkeitsziele Klimawandel Biosphären- 3 Projekts besteht dabei in der vertika- im Sinne einer nachhaltigen Integrität Stadtent-genetische Der Begriff der Nachhaltigen Entwicklung ist eng mit jenem der Generationenge- Vielfalt 2 len Integration der verschiedenen poli- wicklungspolitik, die sektorenübergrei- Neue Substanzen rechtigkeit verbunden. Die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung (WCED) funktionale (Chemikalien) tischen Handlungsebenen. Bei der Ent- fendes Denken und Handeln fördert. hat 1987 in ihrem wegweisenden „Brundtland-Bericht“ Nachhaltige Entwicklung 1 Vielfalt wicklung der kommunalen Nachhaltig- ? 1 vgl. Steffen et al. (2015) definiert als eine „[…] Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ? 2 Steffen et al. (2015) ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht Stratosphärischer Flächennutzung Klimawandel Ozonabbau Biosphären- Integrität genetische Vielfalt Neue Substanzen funktionale (Chemikalien) Vielfalt Überblick ? ? ? 2.1 ––– Grundprinzipien einer Nachhaltigen Entwicklung 9 Süßwassernutzung Atmosphärische Stratosphärischer Flächennutzung 2.2 ––– Agenda 2030 und Globale Nachhaltigkeitsziele 10 Aerosolbelastung Ozonabbau 2.3 ––– Nachhaltige Entwicklung in der EU 12 Phosphor 2.4 ––– Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie 13 Stickstoff Ozeanversauerung Biogeochemische Ströme ? 2.5 ––– Nachhaltigkeitsstrategie Nordrhein-Westfalen 14 Atmosphärische deutliche Überschreitung der planetaren Süßwassernutzung Belastungsgrenzen (hohes Risiko) Aerosolbelastung Überschreitung der planetaren Belastungsgrenzen (steigendes Risiko) Einhaltung der planetaren Grenzen (sicher) Phosphor Stickstoff Ozeanversauerung ? noch nicht quantifiziert Biogeochemische Ströme deutliche Überschreitung der planetaren Belastungsgrenzen (hohes Risiko) Überschreitung der planetaren Abbildung 1: Die Planetaren Ökologischen Grenzen / © LAG 21 NRW nach Steffen et al.2 Belastungsgrenzen (steigendes Risiko) Einhaltung der planetaren Grenzen (sicher) ? noch nicht quantifiziert
10 Nachhaltigkeitsstrategie Stadt Bielefeld Projektkontext Nachhaltigkeitsstrategie Stadt Bielefeld Projektkontext 11 befriedigen können.“ Damit ist die heutige Generation in der Verantwortung, im Interesse der Perspektiven späterer Generationen ihren Ressourcenverbrauch entsprechend zu gestalten und anzupassen. Menschenrechte Die allgemeinen Menschenrechte bilden die Grundlage demokratischer Rechts- systeme. Es handelt sich um universelle Grundrechte, die allen Menschen zu- stehen. Die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen haben diese Rechte in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 verabschiedet. 3 In den meisten Staaten haben sie Verfassungscharakter, so auch in Deutschland. Im Kontext der Agenda 2030 hat insbesondere der universelle Charakter der Men- schenrechte konzeptionelle Bedeutung. Denn die UN-Mitgliedstaaten haben die Globalen Nachhaltigkeitsziele explizit am Prinzip „niemanden zurücklassen“ orientiert. Auch das Indikatorensystem der Agenda 2030 berücksichtigt dies durch eine ausdifferenzierte Messung der Zielerreichung in Bezug auf verschie- dene gesellschaftliche Gruppen.4 Abbildung 2: Die 17 Globalen Nachhaltigkeitsziele / © United Nations 2.2 Agenda 2030 und Globale Nachhaltigkeitsziele Im Jahr 2015 endete der Zeithorizont der acht Millenniums-Entwicklungsziele sind auch in Deutschland für Bund, Länder und Kommunen handlungsleitend. So waren sie im Jahr 2016 bereits die zentrale Grundlage für die Fortschreibung der 7 (engl. Millennium Development Goals, MDGs). Sie stellten ein globales Zielsys- Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) und haben die Landesnachhaltigkeits- 6 tem mit primär entwicklungspolitischen Zielsetzungen dar: Überwindung von strategie für Nordrhein-Westfalen (NHS NRW) entscheidend beeinflusst. Hunger, Armut und Krankheit, das Ermöglichen von Bildungschancen, Ge- 5 schlechtergerechtigkeit, ökologischer Nachhaltigkeit sowie die Etablierung glo- Die Agenda 2030 und die Globalen Nachhaltigkeitsziele zeichnen sich aus Sicht von 4 baler Partnerschaften. Mit dem Auslaufen der Millenniums-Entwicklungsziele Experten durch eine Reihe von Spezifika aus: 3 stellte sich die Frage, wie die globalen Herausforderungen von allen Staaten 2 gemeinsam auch in Zukunft bewältigt werden können. Die UN entwarfen unter • Die Agenda 21 (Nachhaltigkeitsagenda auf Grundlage der Rio-Deklaration) und Mithilfe von internationalen Experten ein neues Zielsystem, die Globalen Nach- die entwicklungspolitische Agenda mit den Millenniums-Entwicklungszielen 1 haltigkeitsziele. Es ist Teil der UN-Resolution aus dem Jahre 2015 „Transfor- werden erstmals auf globaler Ebene zur Agenda 2030 zusammengeführt. mation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ und bildet die messbare Grundlage für deren Umsetzung. Auf der UN-Vollversammlung • Die Globalen Nachhaltigkeitsziele umfassen alle Themenfelder einer Nachhal- in New York verabschiedeten am 25. September 2015 die Regierungschef*innen tigen Entwicklung in der Breite: vom Meeres- und Klimaschutz über Armuts- der UN-Mitgliedsstaaten die Resolution zur Agenda 2030.5 bekämpfung bis hin zu menschenwürdiger Arbeit und Rechtsstaatlichkeit. Aufbau und Struktur der Strategie • Die Globalen Nachhaltigkeitsziele sind ein für alle UN-Mitgliedsstaaten gelten- des Zielsystem, dessen Umsetzung auf UN-Ebene regelmäßig überprüft wird. Die Agenda 2030 besteht zunächst aus einer kurzen Einführung. Diese beinhaltet im Wesentlichen eine Vision, Grundsätze, eine Beschreibung der aktuellen welt- • Die Globalen Nachhaltigkeitsziele gehen in die Tiefe: Das sehr detaillierte und weiten Herausforderungen, eine Darstellung der inhaltlichen Schwerpunkte sowie ausdifferenzierte Zielsystem umfasst 17 Oberziele und 169 Unterziele. eine Erläuterung des Zielsystems, der Umsetzungsmittel und des Monitorings. Das Zielsystem beinhaltet 17 Hauptziele (goals, siehe Abbildung 2) und 169 Unter- ziele (targets). Die Zielerreichung soll anhand von rund 230 Indikatoren gemessen Aktuelle Entwicklungen werden, die von einer Arbeitsgruppe, bestehend aus Fachorganisationen und Ex- pert*innen der Mitgliedsstaaten, erarbeitet wurden. Die Autorinnen und Autoren der Agenda 2030 regen eine regelmäßige Bericht- erstattung zur Umsetzung auf der nationalen und subnationalen Ebene an. Im Inhaltliche Schwerpunkte und Spezifika Jahr 2016 haben erstmals Mitgliedstaaten auf UN-Ebene freiwillig über die Um- setzung der Agenda 2030 Bericht erstattet, darunter auch die Bundesrepublik Die Agenda 2030 definiert fünf zentrale Themenfelder einer Nachhaltigen Ent- Deutschland. Im Rahmen des sogenannten „Hochrangigen Politischen Forums wicklung als inhaltlichen Kern der Globalen Nachhaltigkeitsziele: Menschen, für Nachhaltige Entwicklung" der UN legen jährlich verschiedene UN-Mitglied- 3 UN-Generalsversammlung (1948) 4 UN-Generalversammlung (2015) Planet, Wohlstand, Frieden und Partnerschaft. Die Globalen Nachhaltigkeits- staaten einen entsprechenden Bericht vor. Das Indikatorensystem zur Messung 5 UN-Generalversammlung (2015) ziele bilden erstmals für alle Staaten einen gemeinsamen Bezugsrahmen und der Fortschritte bei der weltweiten Umsetzung der Agenda 2030 wird jährlich
12 Nachhaltigkeitsstrategie Stadt Bielefeld Projektkontext Nachhaltigkeitsstrategie Stadt Bielefeld Projektkontext 13 überprüft und weiterentwickelt. Daten und Erhebungsmethodik liegen im We- zu mobilisieren. Über den sogenannten „Mechanismus für einen gerechten Über- sentlichen für etwa 60 % der Indikatoren vor. Die UN erstellt jährliche Fort- gang“ soll sichergestellt werden, dass Strukturwandelprozesse hin zu einer klima- schrittsberichte zu den SDG-Indikatoren, deren Messbarkeit bereits gegeben neutralen Wirtschaft sozial verträglich verlaufen. Hier sieht die Kommission einen ist. Seit 2018 veröffentlichen weltweite Pionierkommunen (u. a. die Städte Bonn Fonds für die am stärksten betroffenen Regionen vor, der insgesamt 100 Milliar- und Mannheim) freiwillige Berichte zur Umsetzung der Agenda 2030 auf der den Euro im Zeitraum 2021 bis 2027 zur Verfügung stellen soll. kommunalen Ebene an die UN – sogenannte Voluntary Local Reviews (VLR). 2.3 Nachhaltige Entwicklung in der EU 2.4 Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie Die erste nationale Nachhaltigkeitsstrategie für Deutschland legte die Bundes- Reflexionspapier der Europäischen Kommission regierung im Jahr 2002 zum Weltgipfel der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg vor. Sie kam damit einer auf der UN-Konferenz Als Reaktion auf die Agenda 2030 hat die Europäische Kommission Anfang 2019 für Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro formulierten Aufforderung ein Reflexionspapier mit dem Titel „Auf dem Weg zu einem nachhaltigen Europa nach, Nachhaltigkeitsstrategien auf nationaler Ebene zu entwickeln. Seit 2004 bis 2030" vorgelegt.6 Darin werden zentrale Herausforderungen, vor denen Eu- wird die Strategie in Form von Fortschrittsberichten alle vier Jahre regelmäßig ropa steht, bewertet und mögliche Zukunftsszenarien dargestellt. Die EU-Mit- fortgeschrieben. Alle zwei Jahre dokumentieren zudem Indikatorenberichte gliedsstaaten haben anschließend ihre Schlussfolgerungen im Rat verabschiedet. des Statistischen Bundesamtes die Fortschritte bei der Umsetzung der Strategie. Der Rat betont die Ambition der EU, bei der Umsetzung der Agenda 2030 eine Vor dem Hintergrund der nationalen Umsetzung der globalen Agenda 2030 ver- führende Rolle zu spielen. Zu den wesentlichen Grundlagen für eine nachhaltige abschiedete die Bundesregierung Anfang des Jahres 2017 eine umfassend über- Zukunft werden folgende Themenbereiche identifiziert: ein Übergang von der line- arbeitete Neuauflage mit dem Titel „Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie“ (DNS). aren zur Kreislaufwirtschaft; eine nachhaltige Ausrichtung der Landwirtschaft und des Lebensmittelsystems; eine zukunftssichere, kohlenstoffarme Gestaltung Aufbau der Strategie und inhaltliche Schwerpunkte 7 der Energieversorgung, Gebäude und Mobilität; die Sicherstellung einer sozial 6 gerechten Nachhaltigkeitswende; der Schutz der biologischen Vielfalt und der Öko- Mit der Verabschiedung der DNS hat die Bundesregierung die Globalen Nachhal- systeme sowie die Bekämpfung des Klimawandels. Das Reflexionspapier führt tigkeitsziele der Agenda 2030 als zentrales Strukturelement für die Nachhaltig- 5 das Projekt GNK als europäisches Best-Practice-Beispiel für SDG 11 („Nachhal- keitsstrategie auf Bundesebene eingeführt. So entsprechen die 17 nationalen 4 tige Städte und Gemeinden“) auf. Ziele den globalen Zielsetzungen.8 Kern der DNS ist ein Nachhaltigkeitsmanage- 3 mentsystem, welches Ziele mit Zeitrahmen zur Erfüllung, Indikatoren für ein kon- 2 Europäischer „Green Deal“ tinuierliches Monitoring, Regelungen zur Steuerung sowie Festlegungen zur in- stitutionellen Ausgestaltung beinhaltet. 1 Ende 2019 stellte die Europäische Kommission den sogenannten „Europäischen Grünen Deal“ vor, als integralen Bestandteil zur Umsetzung der Agenda 2030.7 Die DNS zielt auf eine wirtschaftlich leistungsfähige, sozial ausgewogene und öko- Der „Green Deal“ umfasst einen Fahrplan zur Umgestaltung der EU-Wirtschaft logisch verträgliche Entwicklung ab, wobei die „Planetaren Belastungsgrenzen“9 für eine nachhaltige Zukunft. Er stellt als übergeordnetes Ziel auf, Europa zum zusammen mit der „Orientierung an einem Leben in Würde für alle“ die absolute ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Bis 2050 sollen in der EU die Netto- äußere Beschränkung vorgeben. Die Planetaren Ökologischen Grenzen definieren Emissionen von Treibhausgasen auf null reduziert werden. Dieses Ziel wurde im demnach einen ‚sicheren Handlungsraum‘, innerhalb dessen Entwicklung, globa- Frühjahr 2020 in einem Vorschlag für ein europäisches Klimagesetz verankert. le Gerechtigkeit, Wohlstand und ein ‚gutes Leben‘ dauerhaft gesichert werden Darüber hinaus werden folgende weitere zentrale Themenbereiche identifiziert, können. In der DNS wird außerdem der erforderliche Transformationsprozess, für die im Rahmen des Fahrplans jeweils nächste Schritte der EU formuliert die internationale Perspektive sowie der ebenen- und akteursübergreifende An- werden (insbesondere die Vorlage einer europäischen Industriestrategie, ein satz hervorgehoben. Die Strategie sieht Maßnahmen zur Umsetzung der SDGs auf Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft sowie eine neue Landwirtschafts- und drei Ebenen vor: Maßnahmen mit Wirkung in Deutschland, Maßnahmen durch Biodiversitätsstrategie): Deutschland mit weltweiten Wirkungen sowie Maßnahmen mit Deutschland im Rahmen der Zusammenarbeit mit anderen Ländern. • Versorgung mit sauberer, erschwinglicher und sicherer Energie • Mobilisierung der Industrie für eine saubere und kreislauforientierte Wirtschaft Aktuelle Entwicklungen • Energie- und ressourcenschonendes Bauen und Renovieren • Nachhaltige und intelligente Mobilität Ende 2018 beschloss das Bundeskabinett eine Aktualisierung der DNS, welche die • Entwicklung eines fairen, gesunden und umweltfreundlichen Lebensmittelsystems bisherige Strategie ergänzt. Die Aktualisierung umfasst neben einer Anpassung • Ökosysteme und Biodiversität erhalten und wiederherstellen der Indikatoren unter anderem neu formulierte Prinzipien einer Nachhaltigen Ent- • Eine schadstofffreie Umwelt wicklung sowie einen Bericht zu institutionellen Strukturen und zum Einbezug gesellschaftlicher Akteursgruppen. Weiterhin wurde das Projekt GNK vom Staats- 6 Europäische Kommission (2019a) Insgesamt soll das Leitbild der Nachhaltigkeit in alle Politikbereiche der EU in- 8 Vgl. Bundesregierung (2017) sekretärsausschuss der Bundesregierung als Leuchtturmprojekt 2018 zur Deut- 7 Europäische Kommission (2019b) tegriert werden. Zur Finanzierung kündigte die Kommission an, eine Billion Euro 9 Vgl. Steffen et al. (2015) schen Nachhaltigkeitsstrategie ausgezeichnet. Zur Weiterentwicklung wurde 2018
14 Nachhaltigkeitsstrategie Stadt Bielefeld Projektkontext Nachhaltigkeitsstrategie Stadt Bielefeld Projektkontext 15 ein „Peer Review“-Verfahren vom Rat für Nachhaltige Entwicklung durchgeführt, um Empfehlungen internationaler Expert*innen einzuholen. Für eine breite Kon- Übersicht der 30 Modellkommunen sultation der Öffentlichkeit fanden von Oktober 2019 bis Februar 2020 zudem bun- desweit Dialogkonferenzen statt. Die Ergebnisse der Konsultationen mündeten des Projekts GNK NRW (erste und in eine überarbeitete Dialogfassung der DNS, die Anfang Oktober 2020 veröffent- zweite Projektlaufzeit) licht wurde.10 2.5 Nachhaltigkeitsstrategie Nordrhein-Westfalen Neben der Bundesregierung verfügt die große Mehrzahl der Bundesländer über eigene Nachhaltigkeitsstrategien. Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat erstmals im Juni 2016 eine Nachhaltigkeitsstrategie für NRW (NHS NRW) be- schlossen. Diese war die erste Strategie eines Bundeslandes, welche die globale Agenda 2030 und die SDGs systematisch berücksichtigt. Sie wurde im Rahmen einer breiten öffentlichen Konsultation diskutiert, unter anderem auf jährlichen Nachhaltigkeitstagungen und in Online-Beteiligungsphasen. Im September 2020 wurde eine umfangreiche Aktualisierung der NHS NRW durch einen Kabinetts- beschluss der Landesregierung verabschiedet.11 Aufbau der Strategie und inhaltliche Schwerpunkte 7 Den Kern der aktualisierten NHS NRW aus dem Jahr 2020 bilden 67 Ziele und Indi- 6 katoren, die sich analog zur DNS am strukturellen Rahmen der 17 Globalen Nach- haltigkeitsziele orientieren. Jedes SDG wird außerdem durch Nachhaltigkeitspos- 5 tulate und Vertiefungsbeispiele zu praktischen Umsetzungen auf den NRW-spezi- 4 fischen Kontext heruntergebrochen. Themenübergreifende Umsetzungsinstrumen- 3 te und -strukturen werden in spezifischen Unterkapiteln der Strategie aufgeführt 2 und durch die NRW-Nachhaltigkeitsberichterstattung ergänzt, die der Landes- betrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW) über das Portal 1 www.nachhaltigkeitsindikatoren.nrw.de veröffentlicht. Aktuelle Entwicklungen Über den Fortschritt der Umsetzung der NHS NRW soll einmal pro Legislatur- periode online Bericht erstattet werden. Begleitet werden soll die Vorbereitung des Fortschrittsberichts von einem breiten Beteiligungsprozess unterschiedli- cher Stakeholder*innen. Auf Grundlage der 67 Ziele und Indikatoren wird IT.NRW den Internet-Auftritt unter www.nachhaltigkeitsindikatoren.nrw.de überarbei- ten. Zudem wird ein Nachhaltigkeitsbeirat von der Landesregierung eingesetzt, der bei der Umsetzung, Evaluierung und Weiterentwicklung der Nachhaltigkeits- strategie beratend zur Seite steht. GNK NRW Kommunen der ersten Projektlaufzeit GNK NRW Kommunen der zweiten Projektlaufzeit 10 Bundesregierung (2020) Abbildung 3: Die 30 Modellkommunen des Projektes GNK NRW / © LAG 21 NRW 11 Landesregierung NRW (2020)
3 16 Nachhaltigkeitsstrategie Stadt Bielefeld Modell kommunale Nachhaltigkeitsstrategien Nachhaltigkeitsstrategie Stadt Bielefeld Modell kommunale Nachhaltigkeitsstrategien 17 3 Modell zur Entwicklung und Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrate- gien auf kommunaler 2 Bestands- aufnahme Ebene FB A UOR GA NI S 1 AT I O 6 3 AU N Er- und KOORDINATION, Evaluation und Überarbeitung KERNTEAM, Fortschreibung Handlungs- STEUERUNGS- programm GRUPPE 5 4 7 Umsetzung und Formeller 6 Monitoring Beschluss 5 4 3 Abbildung 4: Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) / © LAG 21 NRW 2 1 Das GNK NRW Modell zur Entwicklung von Nachhaltigkeitsstrategien auf kom- munaler Ebene basiert auf einem kooperativen Planungsverständnis. Alle rele- vanten Akteure werden von Beginn an im gesamten Planungsprozess eingebun- den, sodass die Nachhaltigkeitsstrategien gemeinsam in einem partizipativen Prozess entwickelt werden. Überblick Die Entwicklung und Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategien ist zudem als 3.1 ––– Aufbauorganisation 18 kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) angelegt (siehe Abbildung 4). 3.2 ––– Bestandsaufnahme 20 Der KVP stellt als fortwährender Überarbeitungszyklus die Wirksamkeits- und Erfolgskontrolle des Handlungsprogramms der Nachhaltigkeitsstrategie sicher 3.3 ––– Erarbeitung des Handlungsprogramms 22 und zielt auf die stetige Verbesserung und Weiterentwicklung der formulierten 3.4 ––– Formeller Beschluss der Nachhaltigkeitsstrategie 24 Inhalte (u. a. thematische Handlungsfelder sowie strategische und operative Umsetzungen) ab. 3.5 ––– Umsetzung und Monitoring 24 3.6 ––– Evaluation und Fortschreibung 24 Nach dem GNK NRW Modell gliedert sich die Entwicklung und Umsetzung einer Nachhaltigkeitsstrategie in sechs wesentliche Arbeitsschritte (siehe Abbildung 4): 1.) Einrichtung einer Aufbauorganisation, 2.) Bestandsaufnahme, 3.) Erarbeitung des Handlungsprogramms, 4.) Politischer Beschluss der Nachhaltigkeitsstrate- gie, 5.) Umsetzung und Monitoring sowie 6.) Evaluation und Fortschreibung. In den folgenden Kapiteln werden die einzelnen Arbeitsschritte modellhaft dar- 12 vgl. Selle (2000) gestellt.
18 Nachhaltigkeitsstrategie Stadt Bielefeld Modell kommunale Nachhaltigkeitsstrategien Nachhaltigkeitsstrategie Stadt Bielefeld Modell kommunale Nachhaltigkeitsstrategien 19 3.1 Aufbauorganisation Das Modell sieht für die Entwicklung und Umsetzung einer Nachhaltigkeitsstra- Bezug zur Nachhaltigen Entwicklung und die Beschaffung notwendiger projekt- relevanter Informationen. Das Kernteam unterstützt weiterhin die Koordination bei der Organisation und Begleitung des Entwicklungs- und Umsetzungsprozesses tegie die Bildung von drei Arbeitsgremien vor: 1.) Koordination, 2.) Kernteam und der Nachhaltigkeitsstrategie. Das Kernteam ist Teil der Steuerungsgruppe (siehe 3.) Steuerungsgruppe (siehe Abbildung 5). Die unterschiedlichen Gruppen sind Abbildung 5) und nimmt an deren Sitzungen teil. Im Verlauf des Projekts trifft sich zuständig für die Organisation des Prozesses, die Entwicklung und Umsetzung der das Kernteam zudem regelmäßig zwischen den Steuerungsgruppensitzungen, um Nachhaltigkeitsstrategie, eine regelmäßige Berichterstattung sowie die Versteti- deren Inhalte vor- bzw. nachzubereiten. gung der Strategie. Klar definierte Arbeitsstrukturen mit konkreten Verantwort- lichkeiten erhöhen dabei die Prozesssicherheit, Transparenz und Effizienz in der Steuerungsgruppe Zusammenarbeit der unterschiedlichen Akteure.13 Die Steuerungsgruppe setzt sich aus verschiedenen institutionellen Akteuren zu- sammen, die aufgrund ihrer Stellung oder Funktion unterschiedliche gesamtgesell- schaftliche Interessen vertreten. Dieses Arbeitsgremium versteht sich daher als Format zur Beteiligung von Stakeholdern und ist ein Spezifikum des Management- AKTEURE Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, Ver- modells für die partizipative Entwicklung von integrierten Nachhaltigkeitsstrategien waltung, Politik, i. d. R. 20-30 Personen der LAG 21 NRW. Es fußt auf dem o. g. Prinzip der kooperativen Planung.14 U N G S GRU E UER PP ST FUNKTION Inhaltliche Schwerpunkte, Erarbeitung der Nachhaltig- E keitsstrategie Die Steuerungsgruppe setzt sich i. d. R. aus 20 bis 30 Personen zusammen. Als fester Bestandteil der Steuerungsgruppe sind Vertreterinnen und Vertreter der im NTE A M K ER AKTEURE Verwaltung (Planung, Gesundheit. Umwelt, Verkehr, Rat der Kommune vertretenden Fraktionen einzubinden. Weitere zu beteiligende Soziales, Jugend etc.), i. d. R. 5-8 Personen Akteure bzw. Institutionen sollen ein breites thematisches Spektrum abbilden. FUNKTION Analyse und fachübergreifende Planung von Inhalten Potenzielle Akteure können Wirtschaftsunternehmen, wissenschaftliche Einrich- 7 tungen, Nichtregierungsorganisationen (NRO), Verbände, Jugendinitiativen, Kir- O RDIN ATI 6 O KO AKTEURE Verwaltung, eine hauptverantwortliche Person und chen etc. sein. Die zentrale Aufgabe der Steuerungsgruppe ist die Erarbeitung der N Stellvertretung Nachhaltigkeitsstrategie sowie des Handlungsprogramms. Unter Berücksichti- 5 FUNKTION Organisatorische und inhaltliche Koordination sowie gung der spezifischen (Fach-) Expertisen entwickeln die in der Steuerungsgruppe 4 Kontaktpersonen der am Prozess beteiligten Akteure beteiligten Akteure gleichberechtigt, konstruktiv und dialogorientiert die Ziele und 3 und für die Öffentlichkeit Maßnahmen des Handlungsprogramms. 2 Die Entscheidungshoheit über die Nachhaltigkeitsstrategie und die Umsetzung 1 der unterschiedlichen Maßnahmen obliegt den formalen Entscheidungsorganen, Abbildung 5: Aufbauorganisation / © LAG 21 NRW 14 vgl. Selle (2000) d. h. den Ausschüssen und Räten der einzelnen Kommunen. Koordination Die Koordination besteht aus einer für den Prozess hauptverantwortlichen Person TAT IVE AN TI A aus der Verwaltung sowie einer Stellvertretung. Die Koordination übernimmt primär N LY KERNINDIKATOREN Q UA S WOT SE die Aufgabe, den Entwicklungs- und Umsetzungsprozess der Nachhaltigkeitsstrate- ADD-ON-INDIKATOREN gie organisatorisch zu steuern. Sie ist die zentrale Anlaufstelle für die unterschied- D S AU F N A lichen Akteure und Projektbeteiligten und darüber hinaus für die Ergebnissicherung AN STÄRKEN T HM BE S und die kontinuierliche interne und externe Kommunikation (Öffentlichkeitsarbeit) E SCHWÄCHEN zuständig. Die Koordination ist dabei Teil des Kernteams (siehe Abbildung 5). CHANCEN E ATIV ANA IT KONZEPTE RISIKEN Kernteam L LY Q UA PROJEKTE S E PARTNERSCHAFTEN Das Kernteam stellt ein verwaltungsinternes Arbeitsgremium dar und setzt sich BESCHLÜSSE i. d. R. aus ca. fünf bis acht Personen aus unterschiedlichen Fachämtern zusammen (z. B. Planung, Gesundheit, Umwelt, Verkehr, Soziales, Jugend, Wirtschaftsförder- ung). Zentrale Aufgabe des Kernteams ist die inhaltliche Vor- und Nachbereitung der Abbildung 6: Elemente der Bestandsaufnahme / © LAG 21 NRW (Ergänzung / © LAG 21 NRW) 13 vgl. Wagner (2015): 72ff. Steuerungsgruppensitzungen, die Aufarbeitung vorangegangener Prozesse mit
20 Nachhaltigkeitsstrategie Stadt Bielefeld Modell kommunale Nachhaltigkeitsstrategien Nachhaltigkeitsstrategie Stadt Bielefeld Modell kommunale Nachhaltigkeitsstrategien 21 3.2 Bestandsaufnahme Die systematische Bestandsaufnahme dient der Beschreibung des derzeitigen Zu- stands einer Kommune.15 Sie ermöglicht eine allgemeine Einschätzung der lokalen Entwicklungstrends. Hierzu werden zum einen statistische Daten (quantitative Ana- lyse) und zum anderen bestehende Konzepte und Strategien, Projekte, (internatio- nale) Städte- oder Projektpartnerschaften sowie politische Beschlüsse (qualitative Analyse) herangezogen und ausgewertet. Die zentrale Fragestellung dabei ist: „Welchen Beitrag leistet die Kommune derzeit zur Umsetzung einer Nachhaltigen Entwicklung und der SDGs?“. Abbildung 6 gibt einen schematischen Überblick über die Elemente der Bestandsaufnahme, die im Folgenden beschrieben werden. Quantitative Analyse Die quantitative Analyse beruht auf einem Indikatorenset, das von der LAG 21 NRW im Auftrag des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucher- schutz NRW (MULNV) und in Abstimmung mit dem Deutschen Städtetag, dem Städte- und Gemeindebund NRW, dem Landkreistag NRW sowie dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV), der Bertelsmann Stiftung und IT.NRW entwickelt wurde.16 Für eine kommunenspezifi- sche Vertiefung und Ergänzung wird das Indikatorenset mit zusätzlichen kommu- nalen Indikatoren („Add-On-Indikatoren“) ergänzt. 7 6 Qualitative Analyse 5 Lokale Aktivitäten im Bereich einer Nachhaltigen Entwicklung im Kontext der 4 Agenda 2030 umfassen im Projekt GNK NRW lokale Konzepte und Strategien, 3 Projekte und Maßnahmen, (internationale) Städte- oder Projektpartnerschaften 2 sowie politische Beschlüsse. Diese Punkte sind als Bestandteile der qualitativen Analyse definiert und zielen auf einen umfassenden Überblick über die lokalen Ak- 1 tivitäten im Kontext einer Nachhaltigen Entwicklung in der Kommune ab. Im Rah- men der qualitativen Analyse werden die relevanten Konzepte und Strategien unter anderem auf bereits formulierte Zieldefinitionen (strategische und opera- tive Umsetzungen) durchsucht, sodass Ziele systematisch dargestellt, aber auch Zielkonflikte identifiziert werden können. Weiterhin werden Projekte und Maß- nahmen, Städte- oder Projektpartnerschaften mit Kommunen im Ausland sowie politische Beschlüsse gesammelt, die einen direkten oder indirekten Einfluss auf eine Nachhaltige Entwicklung und die Globalen Nachhaltigkeitsziele haben. Stärken-Schwächen-Chancen-Risiken-Analyse (SWOT) Die zusammengefassten Ergebnisse der quantitativen und qualitativen Bestands- aufnahme werden in Form von zehn themenfeldspezifischen Stärken-Schwächen- Chancen-Risiken-Analysen (SWOT-Analyse) dargestellt. Die zehn vordefinierten Themenfelder kommunaler Nachhaltigkeit wurden im Vorfeld aus der DNS, der NHS NRW und den in der ersten GNK NRW-Projektlaufzeit erarbeiteten kommu- nalen Nachhaltigkeitsstrategien abgeleitet. Die SWOT-Analyse dient als Entschei- dungshilfe für die Auswahl der priorisierten Themenfelder im Rahmen des parti- zipativen Erarbeitungsprozesses des Handlungsprogramms. 15 vgl. Scholles (2008) 16 vgl. Reuter et al. (2016)
22 Nachhaltigkeitsstrategie Stadt Bielefeld Modell kommunale Nachhaltigkeitsstrategien Nachhaltigkeitsstrategie Stadt Bielefeld Modell kommunale Nachhaltigkeitsstrategien 23 3.3 Erarbeitung des Handlungsprogramms Das Handlungsprogramm bildet gemeinsam mit der Präambel den Kern der Das Handlungsprogramm beinhaltet: • 3 Markenbausteine und 11 Handlungsfelder; • die kurz-, mittel- und langfristige Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie Nachhaltigkeitsstrategie und ist eine strategische Handlungsanleitung für die in Form eines hierarchischen Zielsystems aus strategischen Zielen und Umsetzung einer Nachhaltigen Entwicklung in der Kommune im Kontext der operativen Umsetzungen; Agenda 2030. • den Beitrag der Kommune zur Zielerreichung der Globalen Nachhaltig- keitsziele (SDGs) und weiterer übergeordneter Strategien (DNS, NHS NRW). PRÄ AMBEL Die Konkretisierung und Planungsrelevanz der Nachhaltigkeitsstrategie • Beschreibt die kommunenspezifische Motivation zur Erarbeitung und nimmt dabei von der abstrakten Ebene der Leitlinien bis hin zu den kon- Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie kreten Maßnahmen und Ressourcen zu (s. Abbildung 7). • Stellt die intendierte Wirkungsweise der Nachhaltigkeitsstrategie dar • Ordnet die Strategie in das gesamte Portfolio der Aktivitäten der Kommune ein 7 HANDLUNGSPROGRAMM 6 5 ● MARKENBAUSTEINE ● MARKENBAUSTEIN 1 4 • Zeigen eine visionäre Entwicklung in verschiedenen Themenfeldern auf HANDLUNGSFELD 1.1 ––––→ A B S T R A K T E R : handlungsleitend 3 • Sind motivierend und aktiv formuliert und sprechen einen großen 2 Akteurskreis an • Geben dem technischen Konstrukt „Strategie“ eine emotionale Note und 1 mobilisieren so Unterstützung ● STRATEGISCHE ZIELE ● STRATEGISCHES ● STRATEGISCHES ● STRATEGISCHES ● STRATEGISCHES • Legen die langfristige Ausrichtung in den Themenfeldern fest ZIEL 1.1.1 ZIEL 1.1.2 ZIEL 1.1.3 ZIEL 1.1.4 (am Zieljahr der Agenda 2030 orientiert) • Benennen, was im Jahr 2030 in der Kommune im Sinne einer Nachhaltigen Entwicklung erreicht werden soll • Gliedern ein Themenfeld in bestimmte Teilbereiche ● O P E R AT I V E U M S E T Z U N G E N planungs- und handlungsorientiert • Werden aus strategischen Zielen abgeleitet und verfügen über ● ● ● ● ● ● ● ● einen starken Handlungscharakter OPERATIVE OPERATIVE OPERATIVE OPERATIVE OPERATIVE OPERATIVE OPERATIVE OPERATIVE ←–––– D E TA I L L I E R T E R : • Sind auf einen kurz- bzw. mittelfristigen Zeithorizont ausgerichtet UMSETZUNG UMSETZUNG UMSETZUNG UMSETZUNG UMSETZUNG UMSETZUNG UMSETZUNG UMSETZUNG • Werden so konkret formuliert, dass sie leicht kommunizierbar 1.1.1.1 1.1.1.2 1.1.2.1 1.1.2.2 1.1.3.1 1.1.3.2 1.1.4.1 1.1.4.2 und überprüfbar sind. Sie sind spezifisch, messbar, akzeptiert bzw. ambitioniert, realistisch und terminiert (SMART) • Dienen als Ankerpunkte zur Darstellung der Bezüge zu den Nachhaltigkeitszielsetzungen übergeordneter Strategien (Agenda 2030, DNS, NHS NRW) Abbildung 7: Elemente des Handlungsprogramms / © LAG 21 NRW
24 Nachhaltigkeitsstrategie Stadt Bielefeld Modell kommunale Nachhaltigkeitsstrategien Nachhaltigkeitsstrategie Stadt Bielefeld Modell kommunale Nachhaltigkeitsstrategien 25 3.4 Formeller Beschluss der Nachhaltigkeitsstrategie Die Nachhaltigkeitsstrategie inklusive des Handlungsprogramms wird von den Die Fortschreibung und Weiterentwicklung des Handlungsprogramms und der Nachhaltigkeitsstrategie erfolgt auf Grundlage der Evaluationsergebnisse, die im Rahmen des KVP erarbeitet werden. Die Überarbeitung erfolgt dabei vor dem formalen Entscheidungsorganen (Ausschüsse und Rat) offiziell beschlossen. Hintergrund aktueller Entwicklungen (Fehleinschätzungen, Trends etc.) sowie Der formelle Beschluss dient der politischen Legitimation der Nachhaltigkeits- des Zielerreichungsgrads auf operativer Ebene. Ab der ersten Fortschreibung strategie, sodass sie handlungsleitend in allen Bereichen der kommunalen bzw. besteht zudem die Möglichkeit, Zeitreihen darzustellen und positive und negative regionalen Entwicklung Berücksichtigung findet. Das Handlungsprogramm zur Entwicklungen zu analysieren. Analog zur ursprünglichen Nachhaltigkeitsstra- Nachhaltigkeitsstrategie wird dabei als „lebendiges“ Dokument verstanden. Ins- tegie wird auch die Fortschreibung formell beschlossen. besondere die Maßnahmenplanung ist weder abschließend noch auf die Wirkungs- möglichkeiten der Kommune beschränkt. Der Maßnahmenplan bildet zunächst einen dezidierten Katalog an durch die Mitglieder der Steuerungsgruppe im Konsens qualifizierten Vorschlägen, um die operativen Ziele zu erreichen. Es ist beabsichtigt, während der Umsetzung des Handlungsprogramms zusätzliche Maßnahmen zu erarbeiten und Kooperationen mit Partner*innen einzugehen. 3.5 Umsetzung und Monitoring Nach dem erfolgreichen formellen Beschluss beginnt die Umsetzung der im Hand- lungsprogramm formulierten Ziele und Maßnahmen. Die Umsetzungsphase wird durch ein kommunenspezifisches Monitoring begleitet, auf dessen Grundlage der Zielerreichungsgrad der operativen Zielsetzungen und somit der Erfolg der Stra- 7 tegie regelmäßig evaluiert werden kann. 6 Monitoring bedeutet eine kontinuierliche, systematische Erfassung, Beobachtung 5 oder Überwachung eines Systems, Vorgangs oder Prozesses. Für das Projekt GNK 4 NRW sind zwei Typen des Monitorings relevant: Monitoring der Umsetzung (maß- 3 nahmenbezogen) und Monitoring der Wirksamkeit (wirkungsbezogen).17 Während 2 sich das maßnahmenbezogene Monitoring auf Handlungsziele bezieht und den Vollzug von Maßnahmen oder Projekten misst, beurteilt das wirkungsbezogene 1 Monitoring die Erreichung der auf operativer Ebene eingeführten Zielsetzungen. Zwischen diesen beiden Monitoring-Typen besteht eine Mittel-Zweck-Beziehung, genauso wie sie auch für Ziele unterschiedlicher Ebenen kennzeichnend ist.18 3.6 Evaluation und Fortschreibung Laut der deutschen Gesellschaft für Evaluation (DeGEval) ist eine Evaluation die systematische Untersuchung des Nutzens oder Werts eines Gegenstands (z. B. Programm, Projekt, Produkt, Organisation, Forschung etc.). Die Ergebnisse und Empfehlungen der Evaluation müssen dabei nachvollziehbar auf der Grundlage von empirisch gewonnenen qualitativen und/oder quantitativen Indikatoren beruhen.19 Indikatoren stellen dabei definierte Messinstrumente bzw. Anzeiger dar, die Auf- schluss über den Grad der Zielerfüllung geben.20 Der Unterschied zwischen Moni- toring und Evaluation besteht vor allem darin, dass das Monitoring kontinuierlich Routineabfragen wahrnimmt und daher mehr der Bestandsaufnahme dient. Eva- luationen untersuchen hingegen die Wirkungen eines Programms und versuchen, den Ursachen auf den Grund zu gehen. Die Evaluation umfasst demnach in der Regel immer auch eine Ursachen- und Folgenanalyse und ist somit breiter ange- 17 vgl. Gnest (2008): 617f. legt und tiefer ausgerichtet. Bei der Evaluation wird, anders als beim Monitoring, 18 vgl. Ebd. auch das Gesamtkonzept hinterfragt und ggf. angepasst.21 19 vgl. DeGEval (2002): 15 20 vgl. Scholles (2008): 319 21 vgl. Stockmann (2004): 1
4 26 Nachhaltigkeitsstrategie Stadt Bielefeld Entwicklungsprozess zur Nachhaltigkeitsstrategie Nachhaltigkeitsstrategie Stadt Bielefeld Entwicklungsprozess zur Nachhaltigkeitsstrategie 27 4 Entwicklungsprozess zur Nachhaltigkeitsstrategie der Stadt Bielefeld Blick über die Stadt Bielefeld / © deteringdesign GmbH Das folgende Kapitel skizziert die Arbeitsschritte, die der Erarbeitung der kommunalen Nachhaltigkeits- de liegen. Das Kapitel beinhaltet ein kommunales Kurzportrait, die Vor- stellung der Aufbauorganisation und 4.1 Kommunales Kurzportrait Bielefeld – Grün und urban strategie der Stadt Bielefeld zugrun- des Projektablaufs. Gerade die Mischung aus urbanem Flair und fast dörflichem Miteinander macht Bielefeld zu dem, was es ist: eine besonders l(i)ebenswerte Großstadt. Mit mehr als 330.000 Einwohnern zählt Bielefeld zu den 20 größten Städten Deutschlands 7 mit Zentrumsfunktion für die umliegenden Städte und Gemeinden. Die Universi- 6 tätsstadt präsentiert sich als lebendige wirtschaftliche und kulturelle Metropole des ostwestfälischen Wirtschaftraumes mit rund zwei Millionen Menschen. 5 4 Bielefeld hat so viel Grün wie kaum eine andere deutsche Großstadt – dank der 3 Lage mitten im Teutoburger Wald. 22 % des Stadtgebiets sind Waldflächen, und 2 ein breites Netz aus Wald, Parks und Grünflächen ist von überall in zehn Minuten zu Fuß zu erreichen. 1 Rund 37.000 Studierende profitieren von den Studienbedingungen an der inter- national renommierten Uni und der bundesweit anerkannten FH sowie an vier weiteren Fachhochschulen und einer kirchlichen Hochschule. Rund 3.800 Men- schen sind in diesem Bereich beschäftigt, darunter 1.900 Wissenschaftler. Neben den optimalen Hochschulbedingungen trägt auch das hervorragende Schul- und Ausbildungsangebot dazu bei, dass Bielefeld eine innovative Stadt der Bildung Überblick und Wissenschaft ist. 4.1 ––– Kommunales Kurzportrait Bielefeld – Grün und urban 27 Vor allem mittelständische und inhabergeführte Unternehmen sorgen für Arbeits- 4.2 ––– Aufbauorganisation 29 plätze. Viele renommierte Unternehmen und Marken mit Weltruf haben ihren Sitz am Wirtschaftsstandort Bielefeld. Firmen wie Dr. Oetker, Seidensticker, Schüco, 4.3 ––– Projektablauf 31 Goldbeck und die Dr. Wolff-Gruppe (Alcina / Alpecin) belegen einen gesunden Branchenmix. Mit den europaweit größten diakonischen Einrichtungen, den v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel und dem Ev. Johanneswerk Bielefeld liegt ein Schwerpunkt im Gesundheits- und Sozialdienstleistungssektor. Der erfolgreiche Strukturwandel von der Industriestadt zum modernen Wirtschafts- standort ist gelungen. Dabei ist die Verantwortung für kommende Generationen wichtige Leitlinie. Mit dem Beitritt zum internationalen Klimabündnis 1991 wurde Klimaschutz konkret verankert in der Stadt. Das erste Klimaschutzkonzept aus dem Jahr 1996 legte die Grundlage für die kommunalen Aktivitäten. Als Modellkommune für das
28 Nachhaltigkeitsstrategie Stadt Bielefeld Entwicklungsprozess zur Nachhaltigkeitsstrategie Nachhaltigkeitsstrategie Stadt Bielefeld Entwicklungsprozess zur Nachhaltigkeitsstrategie 29 Klimaschutz Managementverfahren „European Energy Award“ wurde Bielefeld AKTEURE 50 Personen aus der Verwaltung, Politik, Wissenschaft, 2003 mit Solingen und Wuppertal als erste deutsche Kommune ausgezeichnet Wirtschaft und Zivilgesellschaft (siehe Infobox S. 30) U N G S GRU und ist inzwischen zum dritten Mal mit dem „Gold“ Zertifikat bewertet worden. E UER PP ST FUNKTION Inhaltliche Schwerpunkte, beratende Funktion bei der E Erarbeitung der Nachhaltigkeitsstrategie In dem aktuellen Handlungsprogramm Klimaschutz mit Zielfestlegung zur CO2- NTE A M Reduzierung von 90 % bis 2050 werden in neun Handlungsfeldern konkrete lokale K ER AKTEURE Fachübergreifende Zusammensetzung durch Ziele definiert. So sollen bis 2030 mit Fuß-, Rad- und dem öffentlichen Personen- 7 Mitarbeitende der Verwaltung der Stadt Bielefeld nahverkehr 75 % der Wege bestritten werden. Mobilitätskonzepte fokussieren konkrete Maßnahmen im Stadtgebiet und mit den Anrainerkommunen. Erneu- O RDIN ATI FUNKTION Analyse und fachübergreifende Planung von Inhalten O erbare Energien werden befördert und eine nachhaltige Quartiersentwicklung KO N umgesetzt. Ressourcenschonendes Wirtschaften und die Stärkung regionaler Handelsstrukturen sind ebenso Themen, wie Ernährung, Konsum und Gesund- AKTEURE Birgit Reher (Koordination) heit. Der 2020 gegründete Klimabeirat begleitet die Umsetzung der Maßnahmen und entwickelt weitergehende Projekte zur Aktivierung der Bielefelder*innen FUNKTION Organisatorische und inhaltliche Koordination sowie für Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Kontaktpersonen der am Prozess beteiligten Akteure Das Klimaanpassungskonzept identifiziert aktuelle Handlungsbedarfe, ein Klima- Abbildung 8: Zusammensetzung der Arbeitsgremien / © LAG 21 NRW anpassungsmanager wird die Umsetzung begleiten. Mit dem 2019 gefassten Beschluss bis 2030 den gesamten kommunalen Gebäude- bestand nahezu klimaneutral zu gestalten, übernimmt die Stadt Bielefeld ebenso Verantwortung, wie mit dem Einsatz von 100 % Ökostrom, der Beschaffung von 4.2 Aufbauorganisation 7 fairer Arbeitskleidung für die Mitarbeiter*innen und der Umstellung auf umwelt- Die zentrale Koordination des GNK-Prozesses innerhalb der Stadt Bielefeld er- 6 freundliche Büroausstattung. folgte durch das Umweltamt. Das Kernteam setzte sich aus 7 Personen zusam- men, darunter die Dezernate Umwelt und Klimaschutz, das Umweltamt, das Büro 5 Als ausgezeichnete Fairtrade Town seit 2013 wird mit vielen Partnern für ge- des Oberbürgermeisters u. Rates, das Dezernat Inneres / Finanzen, das Dezernat 4 rechte globale Handelsstrukturen geworben. Konkret wurde mit der Partner- Schule / Bürger / Kultur das Dezernat Wirtschaft / Stadtentwicklung / Mobilität 3 stadt Estelí in Nicaragua der Bielefeld Kaffee entwickelt, dort produziert und in sowie das Dezernat für Soziales. Die Stadt Bielefeld verzeichnete im Projektver- 2 Bielefeld geröstet. Mit dem Welthaus Bielefeld e. V. gibt es einen lokalen Partner, lauf ein besonders großes Interesse der Stadtgesellschaft am Nachhaltigkeits- der vielfältige Verbindungen zu Ländern in Afrika und Lateinamerika pflegt, die prozess in Bielefeld. 1 Umsetzung der SDGs ist hierbei Leitlinie. Die Steuerungsgruppe bestand aus rund 50 Personen aus Verwaltung, Politik, Die aktuelle Nachhaltigkeitsstrategie soll nun die vielfältigen Konzepte und Pro- Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft. Zudem zeichnete sich die Steue- jekte der Stadtgesellschaft bündeln und weiterentwickeln. Durch die Einbindung rungsgruppe durch ihre kontinuierliche Mitgestaltung aus, auch die Verlegung der Akteure aus Wirtschaft, Politik, Bürgerschaft und Verwaltung wird die Um- des Prozesses in den digitalen Raum war kein Hindernis, rund 50 Teilnehmende setzung auf eine breite Basis gestellt, die gemeinsam eine zukunftsfähige Stadt der Steuerungsgruppe waren Teil der letzten Sitzung im Projektverlauf. Bielefeld gestalten will. Gruppenfoto zur ersten Steuerungsgruppen-Sitzung am 16. Oktober 2019
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