Das Magazin des Difu 1/2021 - Deutsches Institut für Urbanistik

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Das Magazin des Difu 1/2021 - Deutsches Institut für Urbanistik
1/2021

Das Magazin des Difu

     Aus dem Inhalt

4    Standpunkt
     Innenstädte: Mit Steuern
     steuern oder mit Steuern
     gestalten?

6    Forschung & Publikationen
     Kommunale Bodenpolitik
     neu aufstellen

24   Neue Projekte
     Auszubildende schieben
     Klimaschutz in Kommunen
     an

31   Veranstaltungen
     Kultur in Zeiten der
     Pandemie
Das Magazin des Difu 1/2021 - Deutsches Institut für Urbanistik
Editorial                                  Neue Projekte
                                           24 Klimaaktive Kommunen
Standpunkt
                                           24 Azubis für mehr Klimaschutz
4 Innenstädte: Mit Steuern steuern oder
                                           25 Radverkehr fördern
    mit Steuern gestalten?
                                           25 Start-up in Kiel!

Forschung & Publikationen
                                           Veranstaltungen
6 Kommunale Bodenpolitik
                                           26 Veranstaltungsübersicht
    nachjustieren und neu aufsetzen
                                           27 Und sie regt sich doch! -
7 Pandemie-Folgen: Kultur, Sport
                                               Kultur in Zeiten der Pandemie
    und soziale Angebote werden leiden
                                           28 Was geht? Rausgehen ist das neue
8 Neue Instrumente für die nachhaltige
                                               Ausgehen
    Stadtentwicklung
                                           29 Innovative Lösungen für Kommunen
10 Umfrage zu Klimaschutz, erneuerbaren
                                               und Regionen vorgestellt
    Energien und Klimaanpassung
                                           30 Kommunale Klimakonferenz 2020 mit
11 Photovoltaik und solare Wärmenetze
                                               vorbildlichen Klimaschutzaktivitäten
    für den Klimaschutz in Kommunen
12 Mit flexiblen On-Demand-Angeboten
                                           Nachrichten & Service
    ÖPNV-Bedarfsverkehr modernisieren
                                           16 Was ist eigentlich ein
14 Mit intelligenten Stellplatzkonzepten
                                               Bürgerentscheid?
    nachhaltige Mobilität voranbringen
                                           17 Veröffentlichungsüberblick
15 „Moderne Stadtgeschichte“ feiert
                                           19 Difu-Service für Zuwender
    Jubiläum: 50 Jahre Stadtgeschichte
                                           20 Difu-Informationsangebote/
21 Fachkräftebedarf – Flaschenhals in
                                               Impressum
    den Kommunalverwaltungen?
                                           31 Wettbewerb „Klimaaktive Kommune
22 Planung blau-grün-grauer
                                               2021“ gestartet!
    Wasserinfrastrukturen in der Stadt
                                           32 Difu-Intern: Abschied und Neubeginn
                                           33 Difu aktiv
                                           34 Neues im Difu-Inter-/Extranet
                                           35 Difu-Presseresonanz
Das Magazin des Difu 1/2021 - Deutsches Institut für Urbanistik
Editorial

                       Liebe Leserin, lieber Leser,

                       nach wie vor prägt die Pandemie unser Leben. Die Geräusche, Gerüche und Ge-
Foto: Annette Koroll

                       schwindigkeiten in den Städten verändern sich, Funktionen und Qualitäten der
                       Städte sind im Pausen-Modus, Kultur, Handel und Gastronomie kämpfen um ihre
                       Existenz, die Menschen verändern sich.

                       Die Folgen werden über die Pandemie hinausreichen. So boomt beispielsweise
                       der Online-Handel, die Transformation der Innenstädte – oder generell der Zentren
                       – wird an Dynamik gewinnen, die Idee städtischer Treffpunkte, Kommunikations-
                       räume und „Erlebnisknoten“ gerät in Gefahr.

                       Prof. Dr. Carsten Kühl thematisiert in seinem Standpunkt in diesem Berichte-Heft
                       die Frage, ob die derzeit diskutierte Paketsteuer die Lösung sein kann und welche
                       alternativen und konsequenteren Maßnahmen jetzt notwendig und Erfolg verspre-
                       chend sind.

                       Daneben geben wir in diesem Berichte-Heft wie immer einen Einblick in hochaktu-
                       elle Themen-Klassiker, mit denen sich das Difu beschäftigt und die sich fast immer
                       um das Bestreben der Kommunen nach einer nachhaltigen und generationen-
                       gerechten Stadtentwicklung drehen. Dazu gehören die Auseinandersetzung mit
                       einer am Gemeinwohl orientierten kommunalen Bodenpolitik ebenso wie Hand-
                       lungsmodelle für die Infrastrukturplanung, im Klimaschutz- und in der Klimaan-
                       passung oder im Rahmen der Verkehrswende.

                       Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre!

                       Luise Adrian
                       Kaufmännische Geschäftsführerin

                                                                                                            3
Das Magazin des Difu 1/2021 - Deutsches Institut für Urbanistik
Standpunkt
Berichte 1/2021

                                 Innenstädte: Mit Steuern steuern oder
                                 mit Steuern gestalten?
                                 Nach der Pandemie wird eine Revitalisierung der Innenstädte nötig sein. Manche
                                 Einzelhändler und Gastronomen werden die Pandemie nicht überstehen. Rettet uns eine
                                 Paketsteuer? Oder sind die Prioritäten der Kommunalhaushalte anzupassen?

                                 Im politischen Berlin wird die Einführung einer Pa-   die ihren Verkauf auf Onlinehandel, z.B. in Kombi-
                                 ketsteuer für den Onlinehandel gefordert. Sie soll    nation mit stationären Verkaufs- und Showrooms,
                                 zwei Effekte erzielen: erstens die Wettbewerbs-       umstellen, um den veränderten Konsumentenprä-
                                 vorteile des Onlinehandels gegenüber dem stati-       ferenzen Rechnung zu tragen und um ihre Wett-
                                 onären Einzelhandel durch eine Verteuerung des        bewerbsposition zu stärken?
                                 Versandhandels reduzieren und zweitens Steuer-
                                 aufkommen generieren, das für die Revitalisierung     Andere argumentieren, der Onlinehandel be-
                                 der Innenstädte nach Corona benötigt wird.            schädige das öffentliche Gut „Funktionalität der
                                                                                       Innenstadt“, ohne dass die Nutznießer sich an
                                 Solche „Lenkungssteuern“ sind Verbrauchsteu-          dem Schaden beteiligen. Die Begründung ist
                                 ern. Sie belasten Bezieher niedriger Einkommen        theoretisch überzeugend, aber daraus abgeleitete
                                 relativ stärker als höherer Einkommen und ihr         Maßnahmen sind schwer umsetzbar. Wer legt den
                                 Steueraufkommen lässt sich nur schwer den             Maßstab für Beeinträchtigung der Funktionalität
                                 Kommunen zurechnen, in denen Verbraucher mit          fest? Und wie viele verschiedene Abgaben müs-
                                 der Paketsteuer belastet werden. Eine Paketsteuer     sen erhoben werden, um alle potenziellen Beein-
                                 würde deshalb wie andere indirekte Steuern            trächtigungen der Funktionalität der Innenstadt zu
                                 vom Bund erhoben und vereinnahmt. Sie könnte          bepreisen? Letztlich muss jede Abgabenerhebung
                                 zweckgebunden eingesetzt werden – auch wenn           dem verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungs-
                                 das im deutschen Steuersystem bisher (aus guten       gebot standhalten.
                                 Gründen: Nonaffektationsprinzip) nicht üblich ist.
                                 Die Steuereinnahmen könnten dann nach einem           Im Kern geht es um die Bedrohung des Einzelhan-
                                 Schlüssel auf die Kommunen verteilt werden.           dels und der Innenstädte durch den Onlinehandel.
                                                                                       Es geht also um fairen oder unfairen unternehme-
                                 Systematisch betrachtet stellt sich dabei die         rischen Wettbewerb und darum, wie die Städte
                                 Frage, ob es ähnlich wie bei Ökosteuern soge-         den Folgen eines potenziellen Strukturwandels für
                                 nannte externe Effekte gibt, die mit Onlinehandel     ihre Innenstädte begegnen sollten.
                                 verbunden sind und durch die Paketsteuer kom-
                                 pensiert (internalisiert) würden. Bei der Ökosteuer   Unfairer Wettbewerb liegt aber nicht per se dann
                                 sollen z.B. Belastungen der Umwelt, die nicht in      vor, wenn sich Konsumentenpräferenzen verän-
                                 der unternehmerischen Kosten- und Preiskalkula-       dern und Marktanteile verschieben. Im Gegenteil:
                                 tion berücksichtigt werden, „eingepreist“ werden.     Das ist wettbewerbspolitisch grundsätzlich er-
                                                                                       wünscht. Es deutet aber vieles darauf hin, dass es
                                 Der Versandhandel unterscheidet sich vom sta-         keinen fairen Wettbewerb zwischen dem statio-
                                 tionären Handel im Wesentlichen durch die An-         nären Einzelhandel und den großen international
                                 lieferung der Waren, die wiederum überwiegend         agierenden Onlineanbietern gibt. Reine Online-
                                 mit CO2-Emissionen verbunden ist. Es ist wenig        händler sind per Definition schon nicht stationär
                                 überzeugend, aus diesem Grund eine spezielle          und haben deshalb die besten Voraussetzungen,
                                 Paketsteuer einzufordern. Es gibt bereits eine        um internationale Steuergestaltungs- und letzt-
                                 CO2-Abgabe, mit der die Umweltbelastung des           lich Steuervermeidungspotenziale zu nutzen. Die
                                 motorisierten Individualverkehrs besteuert wird       daraus resultierenden Wettbewerbsvorteile sind
                                 und die zumindest kalkulatorisch auch in die          eklatant. Während Amazon es in den Jahren 2017
                   Fotos: Difu

                                 Preise der Onlineprodukte einfließt. Kunden des       und 2018 geschafft hat, sein unternehmerisches
                                 stationären Einzelhandels, die mit dem eigenen        Ergebnis so zu gestalten, dass in den USA keine
                                 Pkw in die Innenstadt kommen, erzeugen letztlich      Steuerzahlungen angefallen sind, muss ein sta-
                                 aus dem gleichen Grund wie der Onlinehandel           tionärer Einzelhändler in der Rechtsform einer
                                 umweltschädliche Emissionen. Außerdem: Müsste         Personengesellschaft seine Gewinne über 58.000
                                 die Paketsteuer dann auch bei denen erhoben           Euro in Deutschland mit 42 Prozent versteu-
Prof. Dr. Carsten Kühl           werden, die ihre Waren mit E-Fahrzeugen oder          ern. Es ist Aufgabe der staatlichen Regierungen
+49 30 39001-214                 Lastenrädern anliefern lassen? Müssten auch die       möglichst auf OECD-Ebene diesem Missstand
kuehl@difu.de                    stationären Einzelhändler die Steuer entrichten,      – wenigstens durch eine unternehmerische

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Das Magazin des Difu 1/2021 - Deutsches Institut für Urbanistik
Standpunkt
                                                                                                                            Berichte 1/2021

                                Mindestbesteuerung und eine einheitliche Steuer-       und Gastronomen werden die Pandemie wirt-
                                bemessungsgrundlage – zu begegnen.                     schaftlich nicht überstehen. Andere werden
                                                                                       wegen des veränderten Konsumverhaltens einen
                                Viele Beschäftigungsverhältnisse bei großen            Teil ihrer Läden schließen und parallel ins On-
                                Online-Anbietern – auch in Deutschland – sind          linegeschäft einsteigen. Der Bedarf an Büroflä-
                                prekär. Schlechte Bezahlung, schlechte Arbeitsbe-      chen – auch in innerstädtischen Lagen – wird
zum Weiterlesen                 dingungen, unterdrückte betriebliche Mitbestim-        zurückgehen, weil die Pandemie aufgezeigt hat,
                                mung. Das gilt übrigens auch für die Lieferfirmen,     wo private und öffentliche Dienstleister Effizienz-
Bundesinstitut für Bau-,        die für die Onlinehändler arbeiten. Es ist Aufgabe     potenziale durch die Ausweitung von Homeoffice
Stadt- und Raumforschung        der nationalen Arbeitsmarktpolitik, diesen Miss-       nutzen können. Es ist eine originäre Aufgabe der
(BBSR) im Bundesamt             ständen entgegenzuwirken.                              Städte den drohenden Leerstand so zu gestalten,
für Bauwesen und Raum-                                                                 dass lebendige und funktionierende Innenstädte
ordnung (BBR) (Hrsg.)
                                Andererseits leidet der Einzelhandel gerade in in-     mit neuen Konzepten, die der jeweiligen örtlichen
(2017): Online-Handel –
                                nerstädtischen Lagen unter zum Teil überteuerten       Situation angepasst sind, erhalten bleiben. Zum
Mögliche räumliche Aus-
                                Mietbedingungen. Renditegesteuerte Immobili-           Beispiel Flächen für soziale Einrichtungen, Räume
wirkungen auf Innenstädte,
Stadtteil- und Ortszentren.     enfonds und vermachtete Märkte sind Ursache            für kulturelle Angebote, mehr (bezahlbaren)
Bonn;                           dafür, dass die Mieten einen immer höheren Anteil      Wohnraum in innerstädtischen Quartieren. Was
www.difu.de/11255               der Betriebskosten im Einzelhandel ausmachen.          dabei jeweils angemessen ist und was durchge-
                                Auch hier besteht Handlungsbedarf auf Seiten der       setzt werden kann, unterliegt dem Diskurs der
Bunzel, Arno und Kühl,          nationalen Regulatorik.                                Stadtgesellschaft und dem Stellenwert, den die
Carsten (2020): Stadtent-                                                              politisch Verantwortlichen vor Ort dieser Aufgabe
wicklung in Coronazeiten –      Der Politik wird es vermutlich nicht möglich sein,     beimessen.
eine Standortbestimmung,        kurzfristig die ungerechtfertigten Wettbewerbs-
Berlin;
                                vorteile der Onlinehändler zu beseitigen. Sie sollte   Diese wichtige Gestaltungsaufgabe erfordert
www.difu.de/15641
                                sie aber jetzt und konsequent angehen. Für ein         öffentliche Mittel. Eine nachhaltige Stadtentwick-
                                zügiges Handeln bestehen zwei Optionen: Die            lung kostet Geld. Die Einnahmen aus einer syste-
Arndt, Wulf-Holger und
Klein, Tobias (Hrsg.) (2018):   Überbrückungshilfen müssen während der Pan-            matisch inkonsistenten und in ihrem Aufkommen
Lieferkonzepte in Quartieren    demie solange fortgeführt werden, wie erwartet         unsicheren Paketsteuer erscheinen verlockend,
– die letzte Meile nachhaltig   werden kann, dass Geschäfte nicht auch ohne die        sind aber das falsche Instrument. Bund und Län-
gestalten, Berlin;              Pandemie in die Insolvenz geraten würden. Und es       der werden dazu neigen, den Kommunen zu er-
www.difu.de/11852               müssen von Seiten des Bundes gezielte Förder-          klären, dass sie mit der Erhebung der Paketsteuer
                                programme aufgelegt werden, die eine Neuaus-           ihre „Schuldigkeit getan haben“. Transformati-
Kühl, Carsten und Pätzold,      richtung der Geschäftsmodelle des stationären          onsprozesse in der Stadtentwicklung sind jedoch
Ricarda (2020): Gewer-          Einzelhandels unterstützen, z.B. die Transforma-       kommunale Kernaufgabe. Städten und Gemein-
beimmobilien unter Druck,
                                tion zu stationären Angeboten in Kombination mit       den sind daher die hierfür notwendigen Steu-
in: Wirtschaftsdienst, 100.
                                onlinegestützten Lieferangeboten. Solche Maß-          ermittel in angemessener Höhe bereitzustellen,
Jahrgang, Heft 9/2020;
                                nahmen wären wirksamer und zielgerichteter als         wenn deren eigene Finanzkraft nicht ausreicht:
www.bit.ly/3aaz0t1
                                die künstliche Verteuerung von Onlineangeboten         Über den kommunalen Finanzausgleich und durch
Kühl, Carsten (2020): Stadt     durch eine Paketsteuer.                                entsprechende Programmlinien im Städtebauför-
und Handel, auf einzelhan-                                                             derungsgesetz, das schon immer den Anspruch
del.de:                         Das Stadtbild wird sich nach Corona verändern,         hatte, neue Herausforderungen in der Stadtent-
www.bit.ly/3acMKDy              und zwar nicht zum Guten. Manche Einzelhändler         wicklung planerisch und fiskalisch zu begleiten.

                                                                                                                                         5
Das Magazin des Difu 1/2021 - Deutsches Institut für Urbanistik
Forschung & Publikationen
Berichte 1/2021

                        Kommunale Bodenpolitik
                        nachjustieren und neu aufsetzen
                        Kommunen können durch strategische Bodenpolitik die verloren gegangene Handlungs-
                        fähigkeit sowie Gestaltungsoptionen für die Stadtentwicklung zurückgewinnen. Dies zeigt
                        eine vom Difu in Kooperation mit 14 deutschen Städten durchgeführte Studie.

                        Die „Bodenfrage“ ist mitnichten neu, sie spitzt                                  Mit dem nun veröffentlichten Bericht werden kon-
                        sich allerdings immer weiter zu. Dies bekommen                                   krete Empfehlungen vorgelegt, wie Städte zu einer
                        vor allem die stark wachsenden Stadtregionen                                     konsistenten und effektiveren Bodenpolitik kom-
                        zu spüren, weil Flächen für Wohnungsbau, für                                     men können und welche konkreten Gestaltungs-
                        die Schaffung von Arbeitsplätzen, für soziale,                                   optionen hierfür von Bedeutung sind. Dabei geht
                        kulturelle, sportliche, gesundheitliche Zwecke,                                  es vor allem um eine bessere Verzahnung von Lie-
                        für Freizeit und Erholung im öffentlichen Raum                                   genschaftspolitik, Stadtentwicklung und Stadtpla-
                        und auch für Klimaschutz und -anpassung knapp                                    nung. Denn eine aktive Bodenpolitik setzt das Zu-
                        werden. Der Boden wird mehr und mehr zur                                         sammendenken von räumlicher Entwicklung und
                        entscheidenden Frage für die Entwicklungsfä-                                     Liegenschaften voraus. Eine wirksame kommunale
                        higkeit der Kommunen. Steigende Bodenpreise                                      Bodenpolitik erfordert deshalb eine ressortüber-
                        bewirken zusätzlich, dass auch die Finanzierung                                  greifend getragene kommunale Gesamtstrategie,
                        der genannten Aufgaben und ganz allgemein der                                    welche an die Stelle von Einzelentscheidungen
                        Daseinsvorsorge zunehmend unter Druck gerät.                                     tritt und stadtentwicklungs- und liegenschafts-
                        Was zunächst die Kommunen und den Staat trifft,                                  politische Strategien und Instrumente konse-
                        muss am Ende von Verbraucher*innen, Nutzer*in-                                   quent bündelt. Dabei geht es zunächst darum,
                        nen und Steuerzahler*innen bezahlt werden.                                       den strategischen, operativen und finanziellen
                                                                                                         Nutzen zu erkennen, der mit einer aktiven Liegen-
                                                                                                         schaftspolitik verbunden sein kann. Gemeinwohl
                                                                                                         und Nachhaltigkeit sind hierfür die Leitlinien.
                                                                                                         Neben der Sichtung des Liegenschaftsportfolios
                                                                                                         und der Überprüfung aktueller Zweckbindungen
                                                                                                         müssen der Erhalt und die Erweiterung des nicht
                                                                                                         zweckgebundenen Liegenschaftsvermögens (Flä-
                                                                                                         chenreserve) im erforderlichen Umfang sowie die
                                                                                                         langfristige Sicherung der am gemeinwohlorien-
                                                                           Foto: Ricarda Pätzold, Difu

                                                                                                         tierten Nutzung bei der Vergabe (Konzeptvergabe,
                                                                                                         Erbbaurecht etc.) in den Blick genommen werden.
                                                                                                         Städte müssen auch in 50 Jahren noch in der
                                                                                                         Lage sein, auf eigenen Flächen Entwicklungen zu
                                                                                                         initiieren, die von anderen Marktakteuren nicht zu
                                                                                                         erwarten sind.

                        Die Bodenfrage wird damit zur Schlüsselfrage                                     Der Bericht enthält zahlreiche Hinweise, wie eine
                        für eine nachhaltige, am Wohl der Allgemeinheit                                  in diesem Sinne effektive Liegenschaftspolitik
                        ausgerichtete Entwicklung unserer Städte und                                     ausgestaltet werden kann. Auch die Schnittstelle
                        Gemeinden. Dieser Befund gab Anlass für ein                                      zu den großen Aufgaben der Stadtentwicklung
                        Kooperationsprojekt des Deutschen Instituts für                                  in der Innenentwicklung und bei der Entwicklung
                        Urbanistik mit 14 Städten, deren Ausgangslage                                    neuer Baugebiete wird aufgegriffen und es werden
www.difu.de/16293       und stadtspezifischen Ziele zum Teil erheblich                                   Hinweise zur strategischen Nutzung des städte-
                        variieren. Beteiligt waren Berlin, Braunschweig,                                 baulichen Instrumentariums gegeben. Diese rei-
                        Dresden, Frankfurt, Hamm, Heidelberg, Karls-                                     chen von Baulandmodellen, über städtebauliche
                        ruhe, Leipzig, Mannheim, München, Nürnberg,                                      Entwicklungsmaßnahmen bis hin zu Vorkaufs-
Prof. Dr. Arno Bunzel
                        Potsdam, Oldenburg und Stuttgart. Begleitet und                                  rechten und Milieuschutzsatzungen. Schließlich
+49 30 39001-238
                        unterstützt wurde das Vorhaben von den Fach-                                     werden mit dem Bericht auch Empfehlungen an
bunzel@difu.de
                        kommissionen „Stadtentwicklung“ und „Liegen-                                     Bund und Länder formuliert. Denn die öffentliche
Dipl.-Ing.              schaften“ des Deutschen Städtetags. Gemeinsa-                                    Hand darf den „Schatz“ ihres Liegenschaftsver-
Ricarda Pätzold         mes Ziel aller war es, Möglichkeiten und Chancen                                 mögens nicht achtlos aus der Hand geben und sie
+49 30 39001-190        der Neujustierung der kommunalen Bodenpolitik                                    darf nicht selbst zum Preistreiber auf den Immobi-
paetzold@difu.de        auszuloten.                                                                      lienmärkten werden.

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Forschung & Publikationen
                                                                                                                 Berichte 1/2021

                      Pandemie-Folgen: Kultur, Sport
                      und soziale Angebote werden leiden
                      Für die kommunalen Haushalte wird die Corona-Lage zu einer zunehmenden
                      Belastungsprobe. Investitionen zeigen sich noch robust – Digitalisierungsinvestitionen
                      werden sogar ansteigen.

                      Eine Vorabauswertung des vom Difu für die              die Einnahmen – als auch die Ausgabensituation
                      KfW-Bankengruppe erstellten „Kommunalpanel             verschlechtert. Insgesamt rechnen 85 Prozent der
                      2021“ zeigt, dass die öffentliche Investitionstätig-   Kämmereien – im Vergleich zur Lage vor der Pan-
                      keit in Kommunen noch der Krise trotzt. Allerdings     demie – mit sinkenden Einnahmen für 2021 und
                      trübt sich das Bild gerade bei finanzschwachen         die Folgejahre. Trotz der zu erwartenden Minder-
                      Kommunen deutlich ein. Mittelfristig besteht die       einnahmen werden für eine Mehrheit der Kommu-
                      Gefahr, dass es vor allem bei Ausgaben für frei-       nen vor allem Investitionen in die Digitalisierung
                      willige Aufgaben zu Einsparungen kommt. Frei-          wichtiger. 64 Prozent rechnen mit „eher“ bzw.
                      willige Aufgaben in den Bereichen Kultur, Sport        sogar „stark steigenden“ Investitionsausgaben für
                      und Soziales sind für die Daseinsvorsorge und die      die Digitalisierung. Hart wird es voraussichtlich
                      Lebensqualität in Deutschland von großer Bedeu-        den Kultur- und Sportbereich treffen: Angesichts
                      tung – gerade auch in einer Post-Corona-Zeit. Die      der zu erwartenden Mindereinnahmen infolge der
                      Befragungsergebnisse zeigen, dass sich die Lage        Pandemie gehen 42 Prozent (Kultur) bzw. 32 Pro-
                      im Laufe des Jahres keinesfalls entspannt hat. Im      zent (Sport) der Kommunen davon aus, dass sie
                      Gegenteil: Rund 73 Prozent der Kommunen geben          künftig in diesen Bereichen weniger Geld ausge-
                      an, dass sich die Finanz- und Haushaltslage –          ben werden. Auch für sonstige soziale Angebote,
                      bezogen auf die Einnahmen – schlechter oder            wie z.B. für Jugendliche oder Senior*innen, die
                      sogar deutlich schlechter darstellt, als noch zu       nicht bereits über die Leistungen der Sozialhilfe
                      Beginn der Krise zu befürchten war. Auch bezogen       rechtlich fixiert sind, gehen 27 Prozent der Kom-
                      auf die Ausgaben hat ein erheblicher Anteil der        munen von einer Ausgabenreduzierung aus. Über
                      Kommunen eine pessimistischere Einschätzung            die vier abgefragten Aufgabenbereiche – Kultur,
                      als im Frühjahr. Zwar gehen rund 54 Prozent der        Sport, Soziales, Wirtschaftsförderung – hinweg
                      Kommunen davon aus, dass die Ausgabensitua-            erwartet ein deutlich größerer Anteil finanzschwa-
                      tion im Vergleich zur Einschätzung im Mai 2020         cher Kommunen einen Rückgang als dies unter
                      unverändert ist. Zugleich bewerten jedoch auch         finanzstärkeren Kommunen der Fall ist. Es besteht
                      43 Prozent die aktuelle Ausgabensituation als          die Gefahr, dass sich die seit Jahren bestehen-
                      schlechter oder deutlich schlechter. Dabei hat         den Ungleichheiten zwischen den Kommunen in
                      sich bei über einem Drittel der Kommunen sowohl        Deutschland erneut verschärfen werden.

www.difu.de/16336

Christian Raffer
+49 30 39001-198
raffer@difu.de

Dr. Henrik Scheller
+49 30 39001-295
scheller@difu.de

                                                                                                                              7
Das Magazin des Difu 1/2021 - Deutsches Institut für Urbanistik
Forschung & Publikationen
Berichte 1/2021

                          Neue Instrumente für eine nachhaltige
                          Stadtentwicklung
                          Wo stehen die Kommunen auf dem Weg zu den Nachhaltigkeitszielen der UN,
                          insbesondere bei Klimaschutz und Klimaanpassung? Das Difu hat mit der Bertelsmann
                          Stiftung und weiteren Partnern die SDG-Indikatoren für Kommunen weiterentwickelt.

                          Vor zwei Jahren wurden die SDG-Indikatoren für         im Auftrag und gemeinsam mit der Bertelsmann
                          Kommunen – das Kennzahlensystem, mit dem ab-           Stiftung und den kommunalen Spitzenverbänden
                          gebildet werden kann, welche Beiträge eine Kom-        (Deutscher Städtetag, Deutscher Städte-und
                          mune zur Erreichung der Sustainable Develop-           Gemeindebund, Deutscher Landkreistag), dem
                          ment Goals leistet – veröffentlicht. Inzwischen sind   Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumfor-
                          die Indikatoren weiterentwickelt worden. Daher         schung (BBSR), der Servicestelle Kommunen in
                          wurden eine neue Publikation sowie begleitende         der Einen Welt (SKEW) und der deutschen Sektion
                          Angebote für Städte und Gemeinden erarbeitet.          des Rates der Gemeinden und Regionen Europas
                                                                                 bereits 2018 einen ersten Aufschlag für ein um-
                          Insgesamt 120 Indikatoren können nun für das           fassendes Monitoring zum Status quo der SDGs
                          Monitoring der kommunalen Nachhaltigkeitsleis-         auf kommunaler Ebene erarbeitet. Der erste Indi-
                          tung wie mit einem Baukastensystem angezeigt           katorenkatalog „SDG-Indikatoren für Kommunen“
                          und angewendet werden. Jede Kommune kann               beinhaltete 47 Kernindikatoren zur quantitativen
                          daher einzelne Indikatoren verwenden, verändern,       Abbildung jener Ziele und Unterziele der Agenda
                          ergänzen oder auch nicht berücksichtigen – je          2030, die in einem aufwändigen und partizipa-
                          nachdem, wie es zum jeweiligen Ort passt. Das          tiv angelegten Prozess als relevant für deutsche
Oliver Peters, M.Sc.      begleitende SDG-Portal, das 2019 mit dem UN-           Kommunen bewertet wurden. Die seitdem vorge-
+49 30 39001-204          SDG-Action-Award ausgezeichnet wurde, ermög-           nommene Evaluierung, Erprobung und Weiterent-
opeters@difu.de           licht neben der Darstellung von Indikatorendaten       wicklung der Indikatorik resultierte in 120 neuen
                          tausender Kommunen, sich mit weiteren Kommu-           oder aktualisierten Indikatoren. So werden nun
Dr. Jasmin Jossin         nen eines gleichen Typs, d.h. mit ähnlichen Struk-     über 60 Prozent der für Kommunen relevanten
+49 30 39001-200          turmerkmalen, zu vergleichen und von etwa 200          Unterziele messbar. Nicht zuletzt eigens entwi-
jossin@difu.de            dargestellten Praxisbeispielen zu lernen.              ckelte Index-Indikatoren führten insbesondere bei
                                                                                 SDG 3 „Gesundheit“, SDG 11 „Städte“, SDG 12
Dipl.-Umweltwiss.
                          Die Bedeutung der Kommunen für die Erreichung          „Produktion“, SDG 13 „Klimaschutz“ sowie SDG
Anne Roth
                          der globalen Nachhaltigkeitsziele wurde und wird,      15 „Leben an Land“ zu einer Verbesserung des
+49 221 340308-22
roth@difu.de
                          auch vor dem Hintergrund der Pandemie, seitens         Monitorings.
                          der Politik, der Zivilgesellschaft und der Wissen-
Dipl.-Geogr. Jan Walter   schaft immer wieder hervorgehoben. Im Rahmen           Mit dem zum Deutschen Nachhaltigkeitstag veröf-
+49 221 340308-26         der Arbeitsgruppe „SDG-Indikatoren für Kom-            fentlichten Indikatorenkatalog und dem Relaunch
walter@difu.de            munen“ hat das Deutsche Institut für Urbanistik        des SDG-Portals, das die dazugehörigen Daten

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Das Magazin des Difu 1/2021 - Deutsches Institut für Urbanistik
Forschung & Publikationen
                                                                                                                       Berichte 1/2021

                            für alle Landkreise sowie für Städte und Gemein-       bezüglich der Energiesuffizienz setzen, die im Ein-
                            den ab 5.000 Einwohner*innen zur Verfügung             klang mit den im Pariser Klimaschutzabkommen
                            stellt, werden nun umfassende Möglichkeiten            getroffenen Zielen stehen. Dies gilt in ähnlicher
                            für Kommunen bereitgestellt, um die Umset-             Form auch für den Bereich Klimaanpassung, in
                            zung einer nachhaltigen Stadtentwicklung zu            dem es bislang noch weniger gelungen ist, kon-
                            unterstützen. Dabei wird das SDG-Portal ständig        krete Ziele zu formulieren. Nach wie vor werden
                            aktualisiert und erweitert: So werden in Kürze         (auch) auf kommunaler Ebene die beiden Aufga-
                            beispielsweise auch Handlungsempfehlungen für          ben Klimaschutz und Klimaanpassung oft parallel
                            Kommunen mit einem gemeinsamen „SDG-orien-             bearbeitet, ohne dass in hinreichender Weise Syn-
                            tierten Kommunaltyp“ zur Verfügung gestellt.           ergien genutzt werden.

                            Der Klimaschutz und die Anpassung an den Kli-          Seitens der Bürger*innen zeigt sich ein zuneh-
                            mawandel zählen zu den größten Herausforderun-         mendes Bewusstsein, dass angesichts des fort-
                            gen in Kommunen, sodass sie einen besonderen           schreitenden Klimawandels Handlungsbedarf
                            Stellenwert in der Debatte um eine nachhaltige         besteht. Ein Großteil der Bürger*innen spürt die
                            Entwicklung einnehmen – fälschlicherweise wer-         Klimaveränderungen in der eigenen Stadt oder
                            den Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung            Gemeinde und geht davon aus, dass sich der Kli-
                            oftmals gleichgesetzt. Trotz dieser Bedeutung          mawandel auf das eigene Leben insgesamt „eher
                            fehlt es in diesem Bereich an einer breiten Wis-       negativ“ bzw. „negativ“ auswirken wird, wie die
                            sensbasis, die verschiedene Ebenen und Pers-           zugrundeliegende repräsentative Bevölkerungsbe-
                            pektiven betrachtet sowie an Indikatoren, die mit      fragung zeigt. Rund ein Viertel der deutschen Be-
                            kleinräumigen und hochwertigen Daten hinterlegt        völkerung sieht die Risiken, die der Klimawandel
                            werden können. Vor diesem Hintergrund widmete          mit sich bringen wird, jedoch (noch) nicht.
                            sich der projektbegleitende Monitorbericht 2020
                            dem Schwerpunkt Klima und Energie. Drei zent-
                            rale Fragestellungen werden im Bericht adressiert:
                            Wo stehen die Kommunen im Bereich Klima-
                            schutz und -anpassung, welchen Einfluss haben
                            Kommunen auf die nationale Treibhausgas-Bilanz
                            und Zielerreichung im Klimaschutz und wie wird
                            das Engagement der Kommunen im Klimabereich
                            von den Bürger*innen wahrgenommen? Zur Be-
                            antwortung dieser komplexen Forschungsfragen
                            wurde ein umfassender Methodenmix bestehend
                            aus Kommunal- und Bevölkerungsbefragung,
                            Interviews von Gute-Praxis-Kommunen und der
                            Auswertung bestehender Daten angewendet.

                            Im Ergebnis zeigt sich, dass die Umsetzung von
                            Klimaschutz und Klimaanpassung im Sinne der
                            Agenda 2030 viele Kommunen noch immer vor
                            nicht unerhebliche Herausforderungen stellt, in
                            denen Zielkonflikte vermieden und Synergien aus-
                            genutzt werden müssen. Dabei können Treibhaus-
                            gas-Bilanzen den kommunalen Klimaschutz un-
                            terstützen und die Aktivitäten steuern, aber nicht
                            alle kommunalen Klimamaßnahmen abbilden.
                            Der zunehmende Anteil an Kommunen, die kon-
                            tinuierlich Treibhausgas-Bilanzen erstellen, zeigt
zum Weiterlesen             mehrheitlich auf, dass ihre Emissionen über alle
                            Sektoren hinweg über die Jahre gesunken sind.          Insgesamt bestätigt sich der Eindruck, dass sich
                                                                                   immer mehr Kommunen auf den Weg machen
www.difu.de/16324
www.difu.de/16115
                            Mit Blick auf die Energiewende fällt allerdings auf,   und sich systematisch mit den lokalen Herausfor-
www.sdg-portal.de           dass die SDGs insgesamt vergleichsweise un-            derungen des Klimawandels befassen. Dieser sich
                            präzise und ergänzungsbedürftig formuliert sind,       hoffentlich noch beschleunigende Trend leistet
Monitor Nachhaltige         um streitsicher über eine Zielerreichung urteilen      einen entscheidenden Beitrag zur nachhaltigen
Kommune Bericht 2020        zu können. Deshalb empfiehlt es sich, dass Kom-        Entwicklung.
– Schwerpunkt Klima und     munen sich klare Ziele bezüglich des Ausbaus
Energie (wird in Kürze im   erneuerbarer Energieträger, der Verbesserung der
Repository hinterlegt)      Energieeffizienz sowie Handlungsmöglichkeiten

                                                                                                                                    9
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Forschung & Publikationen
Berichte 1/2021

                            Umfrage zu Klimaschutz, erneuerbaren
                            Energien und Klimaanpassung
                            Nach Maßnahmen, Erfolgen, Hemmnissen und Entwicklungen rund um das Thema
                            Klimaschutz und Klimaanpassung befragte das Difu die Kommunen 2020. Im Fokus
                            standen auch Extremwetterereignisse. Die Ergebnisse sind als Difu-Paper veröffentlicht.

                            Die Aufmerksamkeit für Themen rund um Klima-           zurückzuführen vor allem auf Energiesparmaß-
                            schutz und Klimawandel hat seit 2019 zu Recht          nahmen und eine Steigerung der Energieeffizienz.
                            einen deutlichen Aufschwung erfahren. Um die           Im Gegensatz dazu wurde im Verkehrsbereich
                            Entwicklungen und den Bedarf der Kommunen              eine Erhöhung des CO2-Ausstoßes bei 48 Prozent
                            in diesem Themenfeld einschätzen zu können,            der antwortenden Kommunen verzeichnet.
                            befragt das Difu sie seit 2008 alle vier Jahre. Ziel
                            ist es, Informationen über neue Maßnahmen und          Im Schwerpunkt „Klimawandel in Kommunen“
                            Projekte zum kommunalen Klimaschutz, zur Nut-          zeigt sich eine signifikante Zunahme von Ex-
                            zung erneuerbarer Energien und zu kommunalen           tremwetterereignissen: Im Vergleich zu 2008 wird
                            Anpassungsstrategien an den voranschreitenden          deutlich, dass über alle Extremwetterereignisse
                            Klimawandel zu gewinnen. An der Umfrage 2020           hinweg auch die mehrmalige Betroffenheit stark
                            haben sich 200 Kommunen beteiligt.                     angestiegen ist. Neben den Starkniederschlägen
                                                                                   ist für die Kommunen vor allem bei Hitze- und
                            Ausgewählte Umfrageergebnisse wurden als Di-           Dürreperioden eine erhöhte Virulenz zu ver-
                            fu-Paper veröffentlicht – hier ein erster Einblick:    zeichnen. Bedeutsam sind diese Entwicklungen
                            Bei der Erstellung von Klimaschutzkonzepten            nicht nur für die Umsetzung von kommunalen
                            konnten 87 Prozent der antwortenden Kommunen           Maßnahmen und Planungsprozessen sondern
                            bereits Aufschluss über ihre spezifischen Poten-       auch mit Blick auf Gesundheitsprävention und
                            ziale in ihren unterschiedlichen Handlungsfel-         Objektschutz.
                            dern erlangen und zugleich Prioritäten festlegen
                            sowie Synergien zwischen verschiedenen Einzel-         Klimafolgenanpassungen sind ebenso wie Kli-
                            maßnahmen erschließen. Zudem ermöglichen               maschutzmaßnahmen bereits heute zwingend zu
                            kommunale CO2-Bilanzen eine Bewertung und              berücksichtigen, um Spätschäden, Gefahren und
                            Kontrolle von bereits durchgeführten Maßnahmen         Folgekosten zu vermeiden. Die defizitäre Haus-
                            im Klimaschutz und können als Indikator für die        haltslage einiger Kommunen, der Sanierungsstau
                            Entwicklung sowie als Entscheidungsgrundlage           bei vielen Liegenschaften, Personalmangel oder
                            für weitere Maßnahmen herangezogen werden.             fehlendes Fachpersonal erschweren jedoch teil-
                            62 Prozent der teilnehmenden Kommunen mel-             weise Investitionen und damit die Umsetzung
                            den eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes in ihren        von Maßnahmen für mehr Klimaschutz- und
                            kommunalen Einrichtungen. Im Durchschnitt              Klimaanpassung.
                            sanken dort die CO2-Emissionen um 27 Prozent,
Extremwetterereignisse
in Kommunen
Mehrfachnennungen
möglich; 2020, n=169;
2016, n=254; 2012, n=180;
2008, n=98

www.difu.de/16344

Dipl.-Ing.
Cornelia Rösler
+49 221 340308-18
roesler@difu.de

Julius Hagelstange
+49 221 340308-24
hagelstange@difu.de

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Forschung & Publikationen
                                                                                                                   Berichte 1/2021

                          Photovoltaik und solare Wärmenetze
                          für den Klimaschutz in Kommunen
                          Zwei neue Publikationen rücken die Nutzung erneuerbarer Energien in Kommunen in den
                          Fokus. Die in der Online-Serie #Klimahacks erschienenen Ausgaben widmen sich den
                          Themen Photovoltaik auf kommunalen Dächern sowie solaren Wärmenetzen.

                          Für die Erreichung der nationalen Klimaschutz-       Endenergieverbrauch bei, weshalb im Zuge der
                          ziele sind erneuerbare Energien sehr wichtig.        Energiewende vor allem in diesem Bereich sowohl
                          Damit die Energiewende gelingen kann, kommt          auf eine Reduktion als auch auf den Einsatz erneu-
                          es vor allem auf zwei wesentliche Dinge an: die      erbarer Energien gesetzt werden muss. Ziel dieser
                          Reduktion des Energiebedarfs und der Einsatz         #Klimahacks-Ausgabe ist es daher, zunächst über
                          erneuerbarer Energien. Gerade Kommunen über-         die verschiedenen erneuerbaren Wärmequellen
                          nehmen bei der Energiewende eine tragende            zu informieren, aus denen sich ein zentrales Wär-
                          Rolle. Vor diesem Hintergrund befassen sich die      menetz zusammensetzen kann. Im Fokus stehen
                          zwei neuen Ausgaben der #Klimahacks-Reihe mit        solare Wärmenetze, die in den letzten Jahren
                          dem Thema Klimaschutz und erneuerbare Ener-          immer mehr an Bedeutung gewonnen haben, vor
                          gien. Beide Publikationen zeigen auf, wie man sich   allem im Bereich der städtischen Wärmeversor-
                          die Strahlkraft der Sonne zu Nutze machen kann.      gung. Denn gerade in dicht besiedelten urbanen
                                                                               Räumen bieten Wärmenetze eine Möglichkeit,
                          Solare Stromgewinnung: Die Ausgabe No. 6 der         um Stadtquartiere oder Mehrfamilienhäuser mit
                          #Klimahacks-Reihe befasst sich mit dem Potenzial     erneuerbaren Energien zu versorgen. Das verdeut-
                          kommunaler Dachflächen zur Installation von Pho-     lichen auch die zahlreichen Praxisbeispiele, die in
                          tovoltaik-Anlagen. Denn auf dem Weg zu 100 Pro-      dieser Ausgabe vorgestellt werden und als Moti-
                          zent erneuerbarer Energien im Strombereich bil-      vation für interessierte Kommunen dienen sollen.
                          det der Photovoltaik-Ausbau einen wesentlichen
                          Eckpfeiler. Gerade Kommunen können hier mit          Als digitales „Flipbook“ erreichen die #Klimahacks
                          gutem Beispiel vorangehen und geeignete Dach-        durch ihr multimediales Online-Format eine be-
                          flächen ihrer kommunalen Liegenschaften für die      sonders hohe Leserfreundlichkeit. Interaktive Gra-
www.difu.de/16300         Photovoltaik nutzen. Herzstück dieser Ausgabe ist    fikelemente liefern detaillierte Informationen und
www.difu.de/15704         eine detaillierte Kurzanleitung, die Auskunft über   verdeutlichen Arbeitsabläufe. Praxisnahe Video-
                          die wichtigsten Schritte auf dem Weg zur kommu-      clips sind direkt in das Flipbook eingebettet.
                          nalen PV-Dachanlage gibt, angefangen von der         Jede Ausgabe enthält zudem eine Linkliste zu
                          Auswahl geeigneter Dachflächen über Fragen des       kommunalen Praxisbeispielen sowie zu anderen
Paul Ratz, M.Sc.
                          Denkmalschutzes bis hin zum Betrieb der Anlage.      aktuellen Veröffentlichungen zum jeweiligen The-
+49 221 340308-11
                                                                               menschwerpunkt. Die #Klimahacks erscheinen
ratz@difu.de
                          Solare Wärmeerzeugung: In der #Klimahacks-           im Rahmen des Difu-Projekts „Neue Impulse im
Dipl.-Geogr. Jan Walter   Ausgabe No. 7 wird das Thema kommunale               kommunalen Klimaschutz (NIKK)“, das über die
+49 221 340308-26         Wärmenetze genauer unter die Lupe genommen.          Nationale Klimaschutzinitiative des Bundesum-
walter@difu.de            Wärme trägt zu etwa 50 Prozent zum deutschen         weltministeriums gefördert wird.

                                                                                                                               11
Forschung & Publikationen
Berichte 1/2021

                         Mit flexiblen On-Demand-Angeboten
                         ÖPNV-Bedarfsverkehr modernisieren
                         Was bei der Modernisierung flexibler und nachfrageorientierter Angebote im öffentlichen
                         Personennahverkehr zu beachten ist, zeigen aktuelle Erfahrungen aus dem vom Difu für
                         die Region Hannover umgesetzten Forschungsprojekt „On demand besser ans Ziel!“.

                                                                                                                                    Bild: Region Hannover
                         Der bereits seit Jahrzehnten etablierte Bedarfs-     Barrierefreiheit, eine regelmäßige Bestellung, bei-
                         verkehr des öffentlichen Personennahverkehrs         spielsweise durch Berufspendelnde, sowie die zu-
                         (ÖPNV) ergänzt oder ersetzt den Linienverkehr        verlässige Verknüpfung mit im Takt verkehrenden
                         in nachfrageschwachen Zeiten und Gebieten.           Angeboten wie S-Bahn oder Regionalbus. Auch
                         Bedarfsverkehr ermöglicht es, insbesondere in        Fragen der Anpassung des On-Demand-Verkehrs
                         ländlich geprägten Räumen, die Daseinsvorsorge       an die Anforderungen des ÖPNV sind bisher noch
                         zu gewährleisten. Allerdings wird ÖPNV-Bedarfs-      weitgehend unerforscht.
                         verkehr selten zu attraktiven Angeboten weiterent-
                         wickelt und offensiv beworben.                       Diesen Fragen ging das Deutsche Institut für Ur-
                                                                              banistik (Difu) im Auftrag der Region Hannover im
                         Neue flexible Angebote liegen aktuell im Trend.      Forschungsprojekt „On demand besser ans Ziel!“
                         Vielerorts entwickeln sich neue Mobilitätsange-      im Rahmen des BMBF-Förderprogramms „Mobi-
                         bote, die auf Abruf angeboten und als Sammelver-     litätsWerkStadt2025“ nach. Die Region Hannover
                         kehr organisiert werden. Diese On-Demand-Mo-         plant einen Modernisierungsprozess des nach-
                         bilitätsdienste haben auch das Interesse der         frageorientierten ergänzenden ÖPNV-Angebots
                         ÖPNV-Branche geweckt. Den ÖPNV-Aufgaben-             auf der „Verteilungsebene“. Hier geht es um
                         trägern stellen sich in diesem Zusammenhang u.a.     ÖPNV-Angebote bei Verbindungen mit niedriger
                         folgende Fragen:                                     Nachfrage, auf denen sich ein attraktiver Linien-
                                                                              verkehr nicht realisieren lässt. Unter dem Pro-
                         • Bietet sich durch On-Demand-Verkehr die            duktnamen „sprinti“ soll ein wettbewerbsfähiger
                           Möglichkeit, dem ÖPNV-Bedarfsverkehr einen         Last- und First-Mile-Baustein des ÖPNV, der an
                           Modernisierungsschub zu geben?                     das frische Image der neuen On-Demand-Ange-
                         • Könnten attraktive First- und Last-Mile-Ange-      bote anknüpft, zunächst in drei Pilotkommunen
                           bote als Zubringer zu Haltestellen an Haupt-       umgesetzt werden: Wedemark, in Sehnde und in
                           linien des Busverkehrs oder Bahnstationen          Springe. Das Difu unterstützte den Prozessver-
                           geschaffen werden?                                 lauf mit der wissenschaftlichen Begleitung des
                         • Und kann so das Netz enger geknüpft werden?        Vorhabens.
www.difu.de/16282
                         Die Herausforderung für ÖPNV-Aufgabenträger          Eine neue Difu-Veröffentlichung fasst die bisher
                         und Anbieter von On-Demand-Verkehr besteht           gewonnenen Erkenntnisse aus der ersten Projekt-
                         darin, einen Evolutionsprozess für die Angebote      phase zusammen. Die Veröffentlichung hat den
Victoria Langer, M.Sc.
                         zu initiieren, sodass der bisher unter limitierten   Charakter eines Werkstattberichts, der einen aktu-
+49 30 39001-257
langer@difu.de
                         Anforderungen erprobte Verkehr dem komplexen         ellen Diskussionsstand widerspiegelt und der über
                         Anforderungsprofil eines ÖPNV-Angebots gerecht       das konkrete Vorhaben in der Region Hannover
Dr. phil. Jürgen Gies    wird – beispielsweise im Hinblick auf die ange-      hinaus Hinweise zu Aspekten gibt, die für die Um-
+49 30 39001-240         sprochene Zielgruppe oder die Tarifintegration.      setzung von On-Demand-Verkehr mit Integration
gies@difu.de             Zu nennen sind unter anderem die Umsetzung der       in den ÖPNV relevant sind.

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Forschung & Publikationen
Berichte 1/2021

                                Mit intelligenten Stellplatzkonzepten
                                nachhaltige Mobilität voranbringen
                                Wie kann Stellplatzbau in neuen Stadtquartieren umgesetzt werden, sodass Baukosten
                                gesenkt und gleichzeitig nachhaltige Mobilität gefördert werden? Eine neue Difu-
                                Sonderveröffentlichung (englisch und demnächst auch auf deutsch) zeigt Wege auf.

                                Die Regelungen zum Stellplatzbau in verschie-                                      Parken benötigt Platz. Dies reduziert nicht nur die
                                denen europäischen Ländern standen im Fokus                                        bebaubare Fläche, sondern auch Raum für Auf-
                                des Difu-Forschungsprojekts Park4SUMP, das im                                      enthalt und Spiel. Ist das eigene Auto das nächst-
                                Rahmen des europäischen Horizont 2020-Pro-                                         gelegene Verkehrsmittel zur Wohnung, ist es oft
                                gramms umgesetzt wird. Betrachtet werden dabei                                     die erste Wahl. Dadurch erhöht sich der Parkdruck
                                                                                                                   auch am Zielort: am Arbeitsplatz, in Einkaufszen-
                                                                                                                   tren und bei Freizeiteinrichtungen.

                                                                                                                   Es gibt somit eine Reihe guter Gründe über eine
                                                                                                                   Veränderung der Stellplatzschlüssel nachzuden-
                                                                                                                   ken. In einer englischen Sonderveröffentlichung
                                                                                                                   – auch eine deutschsprachige Version ist in Vor-
                                                                                                                   bereitung – werden Vorgehensweisen verschiede-
                                                                                                                   ner europäischer Länder vorgestellt, sowie gute
                                                                                                                   Praxisbeispiele, die zeigen, dass Regelungen zum
                                                                                      Foto: Martina Hertel, Difu

                                                                                                                   Stellplatzbau ein wichtiges Steuerungsinstrument
                                                                                                                   innerhalb der Stadt- und Verkehrsplanung sind.

Raum für Aufenthalt statt für                                                                                      In den meisten europäischen Ländern ist die Park-
parkende Fahrzeuge                                                                                                 raum- und Stellplatzpolitik im Handlungsbereich
                                                                                                                   lokaler Politik. Nationale oder regionale Regierun-
                                vor allem neue Wohngebiete, aber auch Gebiete                                      gen geben hierzu meist Richtlinien vor. Wenn die
                                mit gemischter Nutzung von Wohnen und Ge-                                          kommunale Ebene Regelungen zur Stellplatzbau-
                                werbe sind von Interesse, da diese zunehmend                                       pflicht erlassen kann, so können drei Vorgehens-
                                im Mittelpunkt von Stadterweiterungsprojekten                                      weisen unterschieden werden:
                                stehen.
                                                                                                                   • Aufhebung der Stellplatzbaupflicht, um die
                                Bisher legt der Stellplatzschlüssel fest, wie viele                                  Baukosten zu senken: Beispiele in Deutschland
                                Stellplätze für Pkw und Fahrräder zu errichten                                       sind Berlin und Hamburg,
                                sind. Die Anzahl richtet sich dabei nach Wohnein-                                  • Reduktion der Stellplatzbaupflicht, wenn Alter-
                                heiten oder der Wohnfläche bzw. nach der Fläche                                      nativen existieren, z.B. wenn das Bauvorhaben
                                für Büros, Einzelhandel und Arbeitsplätze sowie                                      in einem Gebiet mit guter Anbindung an den
                                den vorgesehenen Nutzungen. In den meisten                                           öffentlichen Nahverkehr liegt und/oder fun-
                                Ländern existieren „Mindeststandards“ für den                                        dierte Mobilitätskonzepte vorliegen: Beispiele
                                Stellplatzbau. Das heißt, dass Bauträger über                                        sind Freiburg/Br., Darmstadt und Graz,
                                ihren Pflichtteil hinaus mehr bauen können, wenn                                   • Festlegung einer Maximalzahl von Stellplätzen,
                                sie es für notwendig halten. Feste Höchstwerte als                                   d.h. Stellplatzobergrenzen für neue Gebäude:
                                „Maximalstandards“ begrenzen dagegen die zu                                          Beispiele sind Zürich und das Zentrum von
                                bauende Anzahl der Stellplätze, um kein Überan-                                      London.
www.difu.de/16332               gebot an Stellplätzen zu schaffen. Hierdurch sol-
                                len nicht nur Kosten gesenkt, sondern es soll auch                                 Die Erfahrungen mit allen drei Optionen – in ver-
                                dem Anstieg des Pkw-Besitzes und somit langfris-                                   schiedenen Formen – zeigen, dass Vorgaben für
                                tig dem Pkw-Verkehr entgegengewirkt werden.                                        die Errichtung von Stellplätzen ein äußerst wich-
Dr. phil. Jürgen Gies
                                                                                                                   tiges Steuerungsinstrument innerhalb der Stadt-
+49 30 39001-240
                                Etwa 80 Prozent aller Wege beginnen und enden                                      und Verkehrsplanung sind. Die Integration einer
gies@difu.de
                                an der Wohnung, sodass die Verfügbarkeit von                                       veränderten Parkraum- und Stellplatzpolitik in
Dipl.-Geogr.                    Parkmöglichkeiten an der Wohnung besonders                                         den Verkehrsentwicklungsplan (VEP) oder nach-
Martina Hertel                  wichtig für die Wahl des Verkehrsmittels ist. Zu-                                  haltigen Mobilitätsplan (SUMP) ist für Kommunen
+49 30 39001-105                dem ist der Stellplatzbau ein Kostenfaktor im                                      empfehlenswert und grundsätzlich anzustreben.
hertel@difu.de                  Wohnungsbau – Stichwort teure Tiefgarage – und

14
Forschung & Publikationen
                                                                                                              Berichte 1/2021

                       „Moderne Stadtgeschichte“ feiert
                       Jubiläum: 50 Jahre Stadtgeschichte
                       Die neue Ausgabe der Zeitschrift „Moderne Stadtgeschichte“ wirft einen Blick auf die
                       eigene Historie. Das Autorenteam nimmt den runden Geburtstag zum Anlass für eine
                       Rückschau und Bestandsaufnahme zur historischen Stadtgeschichtsforschung.

                       Die neue Ausgabe der „Modernen Stadtgeschich-      Paradigmenwechsel von der Sozial- zur Kultur-
                       te“ (MSG, 2/2020) ist eine ganz besondere          geschichte in den 1980er-Jahren und deren Aus-
                       Veröffentlichung: Sie ist die Jubiläumspublika-    wirkungen auf die historische Stadtforschung
                       tion „50 Jahre Moderne Stadtgeschichte“. Das       zusammen.
                       Gründungsjahr der Zeitschrift 1970 – damals
                       „Informationen zur modernen Stadtgeschichte        Der umfangreiche zweite Abschnitt bietet ver-
                       – IMS“ – ist Anlass für eine Rückschau und Be-     schiedene Texte zur zunehmenden Öffnung der
                       standsaufnahme zur historischen Stadtforschung.    deutschen Forschung für internationale und ins-
                       Die Herausgeber Dieter Schott und Sebastian        besondere europäische Perspektiven. So beleuch-
                       Haumann (Darmstadt) erinnern in ihrer Einleitung   tet Richard Rodger (Edinburgh) die Verbindungen
                       an Gründerpersönlichkeiten des Aufbruchs in der    des maßstabsetzenden Centers for Urban History
                       Forschung um 1970, wie z.B. Hans Herzfeld, Wolf-   an der Universität Leicester zu europäischen For-
                       gang Hofmann und Christian Engeli, und erläutern   scher*innen. Marjanna Niemi (Tampere) skizziert
                       die Zusammenstellung des Heftes aus Berichten      die Entwicklung der wichtigen „European Associa-
                       von Zeitzeugen und themenzentrierten Beiträgen.    tion for Urban History“ (EAUH) mit ihren interna-
                                                                          tionalen Konferenzen. Beiträge von Christoph
                                                                          Bernhardt (Berlin) und Geneviève Massard-
                                                                          Guilbaud (Lyon) sowie Tim Soens (Antwerpen)
                                                                          berichten, gleichfalls in europäischer Perspektive,
                                                                          von der dynamischen Entwicklung der Forschun-
                                                                          gen zur städtischen Umweltgeschichte.

                                                                          In einem dritten Abschnitt thematisieren ver-
                                                                          schiedene Autor*innen wichtige jüngere Entwick-
                                                                          lungen, so Heinz Reif (Berlin) die Gründung der
                                                                          „Gesellschaft für Stadtgeschichte und Urbani-
                                                                          sierungsforschung“ (GSU) im Jahr 2000, Gisela
                                                                          Mettele (Jena) die Bedeutung der Kategorie „Gen-
                                                                          der“ für die historische Forschung, und Clemens
                                                                          Wischermann (Konstanz) die wirtschaftlichen
                                                                          Dimensionen der Stadtgeschichte. Eine Reflek-
                                                                          tion von Martin Knoll (Salzburg) zum Verhältnis
                                                                          von Stadt und Land in der Forschung sowie eine
                                                                          tabellarische Übersicht der Themenschwerpunkte
                                                                          der IMS/MSG seit ihrer Gründung runden das Ju-
                                                                          biläumsheft ab.

                                                                          Im Hinblick auf die besondere Gestaltung dieser
                                                                          Ausgabe beschränken sich die weiteren Beiträge
                                                                          auf einen Tagungsbericht von Andrea Bärnreuther
                                                                          (Berlin) über ein Symposium des Bauhaus-Ar-
                                                                          chivs/Museum für Gestaltung unter dem Titel
                       Mehrere von Clemens Zimmermann (Saarbrü-           „Was heißt hier Haltung?“ zu Deutungsmustern
www.difu.de/16222      cken) zusammengestellte Beiträge zentraler         in der heutigen Debatte um die berühmte Kunst-
                       Akteure der 1970er-Jahre reflektieren die Hin-     und Architekturschule, sowie auf die Zusammen-
                       tergründe und Bedingungen der Entstehung der       stellung von Veranstaltungsterminen. Die Kürze
Prof. Dr.              Zeitschrift. Dieter Schott unterzieht ihre The-    der letztgenannten Rubrik reflektiert schlaglicht-
Christoph Bernhardt    menschwerpunkte in den 1970er-Jahren einer         artig die außergewöhnlichen Bedingungen, mit
christoph.bernhardt@   reflektierenden Auswertung. Martin Baumeister      denen in der Zeit der Covid-19-Pandemie auch
hu-berlin.de           (Rom) fasst eine Round-Table-Diskussion zum        die historische Stadtforschung zu kämpfen hat.

                                                                                                                          15
Was ist eigentlich...?

Bürgerentscheid
Begriffe aus der kommunalen Szene,
einfach erklärt

Der Bürgerentscheid ist ein Instrument der
direkten Demokratie, das auf kommunaler
Ebene die Möglichkeit zur politischen Mitbe-
stimmung bietet. Bürgerentscheide können
von den Bürger*innen per Bürgerbegehren
– also durch Sammlung einer bestimmten
Mindestanzahl von Unterschriften Wahlbe-
rechtigter – herbeigeführt werden. Geht die
Initiative von den gewählten kommunalen Ver-
treter*innen per Mehrheitsbeschluss aus, wird
von einem Ratsbegehren gesprochen.

In einem Bürgerentscheid entscheiden die
Bürger*innen einer Kommune direkt über eine
kommunalpolitische Sachfrage. Mit ihrem
Kreuz bei JA oder NEIN auf die zur Abstim-
mung gestellte Frage kann eine bereits be-
schlossene Maßnahme verhindert, verändert
oder eine neue Maßnahme durchgesetzt wer-
den. Der Bürgerentscheid hat also die gleiche
Wirkung wie der Beschluss des Gemeinde-
bzw. Stadtrates. In einem Bürgerbegehren
dürfen nur diejenigen abstimmen, die zu den
Kommunalwahlen wahlberechtigt sind.

Ein Bürgerentscheid ist dann erfolgreich,
wenn er zwei Hürden überspringt: Die
Mehrheit der Abstimmenden muss ihm zu-
stimmen und diese Mehrheit muss zudem
einen bestimmten Anteil an allen Stimm-
berechtigten ausmachen (Erfolgs- oder
Zustimmungsquorum).
————————————————————————
„Durch Bürgerentscheide haben Bürger*in-
nen die Chance, direkt und verbindlich über
geplante Projekte zu entscheiden.“
————————————————————————

2019 wurden knapp 360 kommunale Bürger-
entscheide eingeleitet, mehr als 40 Prozent
davon in Bayern, während in Bremen und Ber-
lin 2019 kein Verfahren registriert wurde. Das
liegt daran, dass die Kommunalverfassungen
der Länder unterschiedliche Regelungen auf-
weisen. So unterscheiden sich beispielsweise
das notwendige Zustimmungsquorum sowie
die jeweiligen Negativkataloge, in denen
die Themen aufgeführt sind, die von einem
Begehren ausgeschlossen sind, z. B. die
Abstimmung über Haushaltsfragen oder die
Verwaltungsorganisation.

Weitere Begriffe online:
www.difu.de/6189

16
Veröffentlichungen
                                                                                                                                         Berichte 1/2021

Edition Difu –                                      Das Bebauungsplanverfahren nach                     Straßen und Plätze neu entdecken –
Stadt Forschung Praxis                              dem BauGB 2007                                      Verkehrswende gemeinsam gestalten
                                                    Muster, Tipps und Hinweise                          Fachtagungsdokumentation
So geht‘s                                           Von Marie-Luis Wallraven-Lindl u.a.,                M. Hertel, T. Bracher, T. Stein (Hrsg.)
Fußverkehr in Städten neu denken und                2011, 2., aktualisierte Auflage, 224 S., 35 €       Bd. 8/2018, 90 S., 15 €
umsetzen                                            ISBN 978-3-88118-498-4,             29,99 €         ISBN 978-3-88118-625-4,              12,99 €
Uta Bauer (Hrsg.)
2019, Bd. 18, 240 S., vierfarbig, zahlreiche Abb.   Städtebauliche Gebote nach dem                      Junge Flüchtlinge – Perspektivplanung
und Fotos, 39 €                                     Baugesetzbuch                                       und Hilfen zur Verselbstständigung
ISBN 978-3-88118-643-8,              33,99 €        A. Bunzel (Hrsg.), von M.-L. Wallraven-Lindl,       Veranstaltungsdokumentation
                                                    A. Strunz, 2010, 188 S., 30 €                       Dialogforum (Hrsg.), Bd. 7/2018, 188 S., 20 €
Vielfalt gestalten                                  ISBN 978-3-88118-486-1                              ISBN 978-3-88118-626-1,           16,99 €
Integration und Stadtentwicklung in
Klein- und Mittelstädten                            Difu-Impulse                                        Neue Konzepte für Wirtschaftsflächen
Bettina Reimann, Gudrun Kirchhoff, Ricarda                                                              Herausforderungen und Trends am Beispiel des
Pätzold, Wolf-Christian Strauss (Hrsg.)             Vielfalt und Sicherheit im Quartier                 Stadtentwicklungsplanes Wirtschaft in Berlin
2018, Bd. 17, 364 Seiten, kostenlos                 Konflikte, Vertrauen und sozialer Zusammenhalt      Von S. Wagner-Endres u.a.
ISBN 978-3-88118-618-6                              in europäischen Städten                             Bd. 4/2018, 84 S., 15 €
    www.difu.de/12236                               Gabriel Bartl, Niklas Creemers, Holger Floeting     ISBN 978-3-88118-614-8,        12,99 €
                                                    (Hrsg.)
Wasserinfrastruktur: Den Wandel                     Bd. 3/2020, 182 S., 20€                             Lieferkonzepte in Quartieren – die letzte
gestalten                                           ISBN 978-3-88118-667-4,            16,99 €          Meile nachhaltig gestalten
Technische Varianten, räumliche Potenziale,                                                             Lösungen mit Lastenrädern, Cargo Cruisern
institutionelle Spielräume                          Verkehrswende nicht ohne attraktiven                und Mikro-Hubs, W. Arndt und T. Klein (Hrsg.)
Martina Winker und Jan-Hendrik Trapp (Hrsg.),       ÖPNV                                                Bd. 3/2018, 96 S.,     12,99 €
2017, Bd. 16, 272 S., vierfarbig, 39 €              Wie lassen sich große ÖPNV-Projekte
ISBN 978-3-88118-584-4                              erfolgreich umsetzen?                                   Difu-Papers
                                                    Jürgen Gies (Hrsg.)
Kommunaler Umgang                                   Bd. 2/2020, 104 S., 18 €                            Klimaschutz, erneuerbare Energien
mit Gentrifizierung                                 ISBN 978-3-88118-648-3,         15,99 €             und Klimaanpassung in Kommunen
Praxiserfahrungen aus acht Kommunen                                                                     Maßnahmen, Erfolge, Hemmnisse und Entwick-
Von Thomas Franke u.a., 2017, Bd. 15, 316 S.,       Checkpoint Teilhabe                                 lungen – Ergebnisse der Umfrage 2020
vierfarbig, zahlreiche Abb., 39 €                   Kinder- und Jugendhilfe + BTHG –                    Von J. Hagelstange, C. Rösler und K. Runge
ISBN 978-3-88118-579-0                              Neue ganzheitliche Lösungen entwickeln!             2021, 24 S., nur online
                                                    Veranstaltungsdokumentation                             www.difu.de/15789
Sicherheit in der Stadt                             Dialogforum „Bund trifft kommunale Praxis“
Rahmenbedingungen – Praxisbeispiele –               Bd. 1/2020, 160 S., 20 Euro                         Altersarmut in Städten
Internationale Erfahrungen                          ISBN 978-3-88118-653-7,         16,99 €             Kommunale Steuerungs- und Handlungsmög-
Holger Floeting (Hrsg.), 2015, Bd. 14, 392 S.,                                                          lichkeiten. Von Beate Hollbach-Grömig u.a.
zahlreiche Abbildungen, 39 €                        Was gewinnt die Stadtgesellschaft durch             2020, 56 S., 5 €,      3,99 €
ISBN 978-3-88118-534-9,            33,99 €          saubere Luft?                                           www.difu.de/15789
                                                    Die lebenswerte Stadt: Handlungsfelder und
Orientierungen für kommunale Planung                Chancen                                             Kommunale Wirtschaftsförderung 2019
und Steuerung – Ein Handlungsleitfaden              Von Tilman Bracher u.a., Bd. 2/2019, 68 S., 15 €    Strukturen, Aufgaben, Perspektiven: Ergebnisse
Von Jens Libbe unter Mitarbeit von                  ISBN 978-3-88118-642-1,           12,99 €           der Difu-Umfrage
Klaus J. Beckmann, 2014, Bd. 13, 212 S., 29 €                                                           Von Sandra Wagner-Endres
ISBN 978-3-88118-529-5                              Öffentlichkeitsbeteiligung beim                     2020, 42 S., 5 €,      3,99 €
                                                    Netzausbau                                              www.difu.de/15617
Städtebauliche Verträge –                           Evaluation „Planungsdialog Borgholzhausen“
Ein Handbuch                                        Von Stephanie Bock, Jan Abt, Bettina Reimann        Smart Cities in Deutschland –
Vierte, aktualisierte und erweiterte Auflage.       Bd. 1/2019, 98 S., 15 €                             eine Bestandsaufnahme
Mit Berücksichtigung der BauGB-Novelle 2013         ISBN 978-3-88118-640-7,          12,99 €            Von Jens Libbe und Roman Soike
Von A. Bunzel, D. Coulmas und G. Schmidt-                                                               2017, 28 S., 5 €,    3,99 €
Eichstaedt, 2013, Bd. 12, 466 S., 39 €                                                                     www.difu.de/11741
ISBN 978-3-88118-508-0,             33,99 €         ————————————————————————————————————————————
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Die Satzungen nach dem Baugesetzbuch
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A. Bunzel (Hrsg.), von A. Strunz,
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M.-L. Wallraven-Lindl, 2013, 172 S.,
zahlreiche Satzungsmuster, 29 €
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ISBN 978-3-88118-526-4
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