Nationale Strategie zu Impfungen - Januar 2017 - Netzwerk Kinderbetreuung
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Vorwort Impfen rettet Leben, auch heute noch. Weltweit werden dank Impfungen jährlich zwei bis drei Millionen Todes- fälle vermieden. In der Schweiz sterben alleine an der saisonalen Grippe jährlich mehrere hundert Menschen und noch immer sterben Säuglinge an Keuchhusten. Die Schweiz hat ein grosses Interesse, dass möglichst viele Menschen gegen bestimmte Krankheiten geimpft sind. Impfungen gehören zu den wirksamsten und kos- tengünstigsten Massnahmen zum Schutz der Menschen und der Gesellschaft vor Krankheiten wie Masern, Menin- gitis oder Hepatitis B. Zudem leistet Impfen einen wich- tigen Beitrag im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen, eine der grossen globalen Herausforderungen unserer Zeit. Impfen hilft nämlich, Infektionen durch Bakterien wie Pneumokokken zu verhindern und damit den Einsatz von Antibiotika zu vermeiden. Nicht zuletzt profitieren das Gesundheitswesen und die Wirtschaft, wenn weniger Menschen krank werden. In seinen gesundheitspolitischen Prioritäten «Gesund- heit2020» hat der Bundesrat festgehalten, dass die Gesundheitsförderung und die Krankheitsvorbeugung intensiviert werden sollen. Die vorliegende Strategie zu Impfungen trägt entscheidend dazu bei. Die Menschen sollen gut informiert sein, Nutzen und Risiken kennen und einen einfachen Zugang zur Impfung haben. Ob sich jemand impfen lässt, ist am Schluss ein persönlicher Entscheid. Damit dies gelingt, braucht es alle Beteiligten. Nur mit dem gemeinsamen Engagement ist es möglich, bei uns den Impfschutz zu verbessern. Alain Berset Bundesrat Vorsteher des Eidgenössischen Departements des Innern Nationale Strategie zu Impfungen (NSI) 3
Inhaltsverzeichnis Einleitung.......................................................................................................................................... 6 Zentrale Herausforderungen............................................................................................................ 7 Nationale Strategie zu Impfungen..................................................................................... 9 1. Vision, Ziele und Grundsätze............................................................................................................. 9 1.1 Vision................................................................................................................................................. 9 1.2 Allgemeines Ziel................................................................................................................................. 9 1.3 Strategische Ziele.............................................................................................................................. 9 1.4 Grundsätze........................................................................................................................................ 9 2. Überblick über die Hauptelemente der Strategie ......................................................................11 3. Interventionsachsen.......................................................................................................................... 12 3.1 Stärkung des Verantwortungsbewusstseins und Unterstützung der Akteure........................... 12 Handlungsbereich 1a: Schweizerischer Impfplan: Erarbeitung transparent gestalten ........................... und Umsetzung erleichtern............................................................................................................... 12 Handlungsbereich 1b: Beratung und Impfung fördern....................................................................... 14 Handlungsbereich 1c: Beratung und Impfung transparent abgelten.................................................. 17 Handlungsbereich 1d: Impfstoffversorgung verbessern.................................................................... 19 Handlungsbereich 1e: Kommunikation mit und zwischen den Akteuren stärken............................... 21 3.2 Kommunikation und Angebote für die Bevölkerung.................................................................... 23 Handlungsbereich 2a: Die Bevölkerung wirksam, kohärent, umfassend................................................ und differenziert informieren.............................................................................................................. 23 Handlungsbereich 2b: Zugang zu Impfinformationen und Impfungen in Schulen................................... und Kindertagesstätten fördern......................................................................................................... 24 Handlungsbereich 2c: Zugang zur Impfung für Erwachsene verbessern........................................... 27 Handlungsbereich 2d: Verwendung elektronischer Impfausweise fördern, ........................................... die das anerkannte Expertensystem nutzen..................................................................................... 29 Handlungsbereich 2e: Entschädigung und Genugtuung bei Schäden ................................................... aus Impffolgen sicherstellen.............................................................................................................. 32 4 Nationale Strategie zu Impfungen (NSI)
3.3 Ausbildung und Koordination........................................................................................................ 34 Handlungsbereich 3a: Ausbildung der Gesundheitsfachpersonen verbessern.................................. 34 Handlungsbereich 3b: Erfahrungsaustausch über erfolgreiche Lösungen zwischen ............................. den Kantonen organisieren und erleichtern....................................................................................... 36 3.4 Überwachung, Forschung und Evaluation.................................................................................... 37 Handlungsbereich 4a: Durchimpfung überwachen............................................................................ 37 Handlungsbereich 4b: Wirkungsanalysen von Impfempfehlungen durchführen ................................... und Massnahmen zur Impfförderung evaluieren............................................................................... 39 3.5 Spezifische Strategien.................................................................................................................... 41 Handlungsbereich 5: Strategien zur Verhütung und Bekämpfung von Krankheiten, .............................. die durch eine Impfung vermieden werden können, entwickeln und umsetzen................................. 41 Aspekte der Umsetzung......................................................................................................................... 43 Zeitplan und Einbezug der Akteure...................................................................................................... 43 Ressourcen und Finanzierung.............................................................................................................. 43 Evaluation............................................................................................................................................... 44 Rollen und Verantwortlichkeiten der Akteure...................................................................................... 46 Dank ............................................................................................................................................................. 48 Referenzen.................................................................................................................................................. 49 Anhänge....................................................................................................................................................... 50 1. Für die Erarbeitung der NSI in Auftrag gegebene Studien................................................................... 50 2. Abkürzungen........................................................................................................................................ 51 Nationale Strategie zu Impfungen (NSI) 5
Einleitung Das Epidemiengesetz vom 28. September 2012 (EpG; (StAR) vom 18. November 2015 sowie die Nationale SR 818.101, seit 1. Januar 2016 in Kraft) beauftragt den Strategie zur Überwachung, Verhütung und Bekämp- Bundesrat ausdrücklich, unter Einbezug der Kantone fung von healthcare-assoziierten Infektionen (Strategie und bei Bedarf anderer betroffener Kreise die Ziele und NOSO) vom 23. März 2016 beziehen die Förderung von Strategien der Erkennung, Überwachung, Verhütung Impfungen ein. Impfstoffe können dank ihrer präventiven und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten festzulegen Wirkung auf virale und bakterielle Infektionen die Ver- (Art. 4 Abs. 1 EpG). Der Bund ist u. a. für die Information wendung von Antibiotika sowie healthcare-assoziierte und die Veröffentlichung von Empfehlungen zuständig Infektionen reduzieren. Das Nationale Programm HIV (Art. 9), während es Sache der Kantone ist, Impfungen und andere sexuell übertragbare Infektionen (NPHS) mittels geeigneter Strukturen und Massnahmen zu för- schliesst die Förderung von Impfungen gegen Hepatitis dern, was auch die Information der betroffenen Personen B und humane Papillomaviren (HPV) ein. Auch die Stra- einschliesst (Art. 21). tegie eHealth unterstützt die Impfstrategie, insbesondere bezüglich Ermutigung zur Erstellung eines elektronischen Auf der Grundlage des EpG schafft die Nationale Stra- Impfausweises. Darüber hinaus überschneidet sich die tegie zu Impfungen (NSI) die Voraussetzungen zur ko- NSI auch mit dem Influenza-Pandemieplan Schweiz und ordinierten, wirksamen und effizienten Verbreitung und dessen Ergänzung, dem Handbuch Impfung, indem sie Umsetzung der Impfempfehlungen, damit diese der öf- günstige Rahmenbedingungen für eine etwaige breit an- fentlichen Gesundheit einen optimalen Nutzen bringen. gelegte Impfung im Pandemiefall schafft. Als Rahmenstrategie definiert die NSI die Strukturen und Prozesse, welche die Erreichung der Ziele aller In der Vorbereitungsphase zur Ausarbeitung der NSI empfohlenen Impfungen fördert und die Leitplanken für konnten die Stärken des schweizerischen Impfsystems, Strategien setzt, die wo nötig auf spezifische impfver- wie die Sicherheit der Impfstoffe und die Klarheit des hütbare Krankheiten ausgerichtet sind, wie die Natio- nationalen Impfplans, aufgezeigt werden. Das System nale Strategie zur Masernelimination 2011-2015 oder weist jedoch auch Schwachpunkte auf. So sind beispiels- die nationale Strategie zur Prävention der saisonalen weise die Rollen und Kompetenzen der verschiedenen Grippe 2015-2018. Die NSI ermöglicht somit, mit Hilfe all- Akteure nicht klar genug definiert. Zudem ist der Zugang fälliger spezifischer Strategien die Häufigkeit bestimmter zu den Impfungen manchmal erschwert, und gewisse Krankheiten und die damit verbundenen Komplikationen Bevölkerungsgruppen bleiben skeptisch gegenüber der und Todesfälle zu verringern sowie die Erreger gewisser Berechtigung und Wirkung bestimmter Impfungen. Krankheiten zu eliminieren oder auszurotten. An drei Workshops zur strategischen Planung haben Die Schweiz schliesst sich bezüglich der zu erreichenden über 30 Fachleute sowie Vertreterinnen und Vertreter Wirkung auf die öffentliche Gesundheit den internationa- der Hauptakteure (s. S. 48 Liste Kapitel Dank) Bedarf, len Zielen an. Sie folgt den internationalen Bemühungen, Ziele, vorrangige Massnahmen sowie Rollen und Ver- wie sie im Globalen Impfaktionsplan 2011-2020 (WHO, antwortlichkeiten der Akteure bestimmt. Gleichzeitig hat 2013) und im Europäischen Impfaktionsplan 2015-2020 das Bundesamt für Gesundheit (BAG) vier Studien über (WHO Europa, 2014) beschrieben sind. Bestimmte Ziele die zu lösenden Probleme und die Interventionen mit dieses Plans widerspiegeln sich in den strategischen Zie- starkem Potenzial zur Verbesserung der Durchimpfung len der vorliegenden Nationalen Strategie zu Impfungen in Auftrag gegeben (s. Anhang 1). Eine Studie zu den (NSI), insbesondere die Einbindung eines leistungsfähi- impfbezogenen Herausforderungen in der Schweiz hat gen Impfsystems ins Gesundheitssystem, die Förderung die Probleme nach einem funktionalen Schema mit fünf des Verständnisses aller für den Wert von Impfangeboten Bereichen erfasst: Verfügbarkeit, Erreichbarkeit, Akzep- und Impfstoffen sowie die Sicherstellung eines gerechten tanz, Nutzung und Effektivität (Bosch-Capblanch, 2013a). Zugangs zu den Nutzen von Impfungen. Eine systematische Durchsicht der internationalen Fach- literatur ermöglichte eine Einteilung der Massnahmen, Die Nationale Strategie zu Impfungen weist Schnittstellen die eine positive Wirkung auf die Durchimpfung gezeigt mit anderen nationalen Strategien auf. Nicht nur die be- haben (Bosch-Capblanch, 2013b). Es folgte ein Work- reits erwähnte Nationale Strategie zur Prävention der sai- shop zur Auswahl der im Schweizer Kontext machbaren sonalen Grippe (GRIPS) vom 19. Dezember 2014, son- und annehmbaren Massnahmen. Eine explorative qua- dern auch die Strategie Antibiotikaresistenzen Schweiz litative Studie bei etwa vierzig impfkritischen Personen 6 Nationale Strategie zu Impfungen (NSI)
ermöglichte die Hauptfaktoren, die den Impfentscheid Das vorliegende Dokument fasst zunächst die zentralen erschweren, besser zu verstehen und Vorschläge zur Herausforderungen zusammen, die sich in der Schweiz Abhilfe zu erarbeiten (Salis Gross, 2014). Schliesslich im Impfbereich stellen. Danach wird die Strategie selbst ermöglichte eine Telefonumfrage bei 1200 für die Schwei- mit ihrer Vision, ihrem allgemeinen Ziel, den drei strate- zer Wohnbevölkerung repräsentativen Personen im Alter gischen Zielen und den fünfzehn Handlungsbereichen von 15 bis 74 Jahren, deren Meinung zu den wichtigsten beschrieben. Ein Überblick über die Hauptelemente der Massnahmen zur Förderung eines aktualisierten Impf- Strategie zeigt auf, wie sich die fünfzehn Handlungsbe- status zu erfassen. Durch die Umfrage konnte zudem in reiche auf fünf Interventionsachsen verteilen. Für jeden Erfahrung gebracht werden, welchen Institutionen die Handlungsbereich werden Hintergrund und Handlungs- Bevölkerung bezüglich Impfinformationen am meisten bedarf beschrieben, die spezifischen Ziele definiert sowie vertraut und wie gross ihr Vertrauen in die offiziellen Impf die zu deren Erreichung erforderlichen Interventionen, empfehlungen ist (LINK Institut, 2014). Hauptakteure und finanziellen Auswirkungen dargelegt. Am Schluss geht das Dokument auf einige Aspekte der Die drei Workshops zur strategischen Planung sowie Umsetzung ein und fasst die Verantwortlichkeiten der die verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse bo- Akteure zusammen. Ein detaillierter Umsetzungsplan ten die Grundlagen für die Ausarbeitung eines ersten mit Prioritäten, Zeitplan, messbaren operativen Zielen Strategieentwurfs, der 2015 an einem vierten Workshop sowie mit einer genaueren Einschätzung der finanziellen besprochen wurde. Eine öffentliche Anhörung fand 2016 Auswirkungen und der Finanzierungswege wird zu Be- statt. Alle Kantone und weitere betroffene Kreise wurden ginn der Umsetzungsphase erstellt. Eine kurze Version zur Teilnahme eingeladen.1 der Strategie ist in den Sprachen Deutsch, Französisch, Italienisch und Englisch verfügbar. Zentrale Herausforderungen Das Schweizer Gesundheitswesen verfügt über hochwer- Auch wenn die Wirksamkeit der Impfungen als Prä- tige Einrichtungen und eine hohe Versorgungsdichte. Die ventionsmassnahme wissenschaftlich belegt ist und Impfempfehlungen des BAG und der Eidgenössischen die Kinder in der Schweiz in den ersten Lebensjahren Kommission für Impffragen (EKIF) sind umfassend und hohe Durchimpfungsraten erreichen, gibt es bei einzel- berücksichtigen den individuellen und den kollektiven nen Impfungen und bei bestimmten Zielgruppen noch Schutz auf Bevölkerungsebene. Insbesondere im Zu- Lücken und Verbesserungspotenziale. Dabei beruhen sammenhang mit der Frage des Herdenschutzes und des Impflücken bei einzelnen Personen nicht nur auf der Schutzes von Personen, die aus medizinischen Gründen Ablehnung der Impfung oder auf mangelnder Sensibilität nicht geimpft werden können oder weniger gut auf die für das Thema, sondern auch auf fehlenden Kenntnissen, Impfstoffe ansprechen, sind für einzelne empfohlene Mangel an verlässlichen und leicht zugänglichen Infor- Impfungen hohe Durchimpfungsraten notwendig. Trotz mationen oder Schwierigkeiten im Zugang. Oft gehen des hoch entwickelten Gesundheitswesens werden die vorgesehene Impfungen schlichtweg vergessen, weil Impfziele auf Bevölkerungsebene nur teilweise erreicht. sie auf aktive Nachfrage der zu impfenden Personen Zum Beispiel sterben heute immer noch Säuglinge an wahrgenommen werden müssen. Deshalb ist es wichtig, Keuchhusten. Trotz grösster Anstrengungen ist es im- Akzeptanz und Vorbehalte gegenüber Impfungen sowie mer noch nicht gelungen, die Masern zu eliminieren. die relevanten und beeinflussbaren Faktoren der Impf Die Durchimpfungsrate für die Impfung gegen Masern, entscheidungen zu berücksichtigen. Mumps, Röteln (MMR, zwei Dosen im Alter von 2 Jahren) variiert je nach Kanton zwischen 73 und 95% und die In der Schweiz sind viele Partner auf unterschiedlichen Durchimpfungsrate für jene gegen humane Papillomavi- Ebenen am Impfen beteiligt. Das optimale Zusammen- ren (HPV mit mindestens zwei Dosen) variiert zwischen wirken von Bund, Kantonen, Institutionen und anderen 27 und 78%. Akteuren über den gesamten Prozess – von der Zulas- sung von Impfstoffen und das Erarbeiten von Impfemp- fehlungen bis zum Umsetzen des Impfplans durch Bund, 1– Der Anhörungsbericht zur NSI befindet sich auf Kantone und Gesundheitsfachpersonen in unterschied- der Website des BAG: www.bag.admin.ch/NSI lichen Fachgebieten und Sektoren – ist eine zentrale Nationale Strategie zu Impfungen (NSI) 7
Herausforderung für das Erreichen der Impfziele. Der zur Empfehlung von notwendigen Nachhol- und Auffri- Prozess kann dazu nach den Kriterien Verfügbarkeit, schimpfungen. Eine breitere Anwendung und eine verein- Zugang, Akzeptanz, Nutzung und Effektivität überprüft fachte Handhabung von elektronischen Impfausweisen und optimiert werden (Bosch-Capblanch, 2013a, s. An- sind wünschenswert. hang 1). Daraus ergeben sich in den unterschiedlichen Handlungsbereichen ein Handlungsbedarf und spezifi- Interessierte Personen haben neben dem vom BAG ver- sche Zielsetzungen, die in der vorliegenden nationalen öffentlichten Impfplan leicht Zugang zu zahlreichen impf- Strategie zusammengefasst sind. kritischen Informationen aus einer Vielzahl von Quellen. Viele Personen, insbesondere Eltern von Säuglingen, Die öffentliche Hand trägt eine Verantwortung bezüglich fühlen sich dadurch bei ihrem Impfentscheid verunsi- Schutz der Gesundheit der Bevölkerung durch Impfun- chert. Dieses Gefühl wird zudem verstärkt durch ihre gen. Alle relevanten Akteure haben grundsätzlich die Wahrnehmung von der Gefährlichkeit impfverhütbarer Aufgabe, im Rahmen ihrer beruflichen Kompetenzen Krankheiten und vom Nutzen-Risiko-Verhältnis der Imp- dazu beizutragen, dass die Impfempfehlungen und die fung selber. Transparenz hinsichtlich Vorteile von Impfun- notwendigen Informationen zu Nutzen und Risiken der gen, unerwünschter Impferscheinungen und Impfrisiken Impfungen die Bevölkerung erreichen. Damit das Poten- bis hin zu schweren Impfkomplikationen oder bleibenden zial der Impfungen möglichst gut genutzt werden kann, ist Impfschäden sind deshalb Teil einer fachgerechten und es wichtig, dass die involvierten Akteure auf allen Ebenen glaubwürdigen Impfberatung. vom Bund und den Kantonen bis hin zu den Leistungser- bringern ihre Rolle wahrnehmen und das Ziel verfolgen, Epidemiologische Daten, Durchimpfungsraten und Wir- Individuen und die Bevölkerung möglichst umfassend kungsanalysen zu einzelnen Impfempfehlungen oder durch Impfungen zu schützen und dabei möglichst keinen -programmen stehen zwar zur Verfügung, deren Poten- Schaden zu verursachen. Die verschiedenen Fachbe- tial könnten jedoch Bund und Kantone zur Optimierung reiche, insbesondere Gesundheits- und Bildungswe- von Impfempfehlungen und Impfförderungsmassnahmen sen, sollen so zusammenarbeiten, dass der Zugang zu mehr und besser nutzen. Informationen und zu Impfungen für alle einfach wird. Kindertagesstätten sensibilisieren für den Impfschutz Eine der Herausforderungen stellt die zeitgerechte Ver- und Schulgesundheitsdienste bieten Gelegenheit, den sorgung mit Impfstoffen im Allgemeinen und für die not- Impfschutz zu überprüfen und allenfalls zu ergänzen. fallmässige Versorgung im Bedarfsfall (Epidemie oder Pandemie) dar. Sie muss durch die Schaffung entspre- Der Impfplan selber ist komplex und die Impfberatung chender Rahmenbedingungen bezüglich Beschaffung, anspruchsvoll. Für die Akzeptanz der Impfempfehlun- Lagerhaltung und Lieferung von Impfstoffen angegan- gen ist es von grosser Bedeutung, dass die EKIF von gen werden. Der Handlungsbedarf zur Optimierung des der Bevölkerung als eine kompetente und unabhängige Impfsystems und des Zusammenwirkens der verschie- Kommission mit Verantwortung für die Ausarbeitung des denen Akteure in der Vermittlung und Umsetzung des Impfplans wahrgenommen wird. Die Impfempfehlungen Impfplans ist vielfältig und anspruchsvoll. Die Nationale müssen so aufbereitet und vermittelt werden, dass sie Strategie zu Impfungen lässt diese Herausforderungen auf die Bedürfnisse der Zielgruppen eingehen und für gezielt und koordiniert angehen. diese nachvollziehbar und verständlich sind. Damit Fachpersonen ihre Beratungsfunktion gegenüber ihren Patientinnen und Patienten oder ihren Klientin- nen und Klienten optimal wahrnehmen können, müs- sen sie im Rahmen ihrer Aus-, Weiter- und Fortbildung Kenntnisse über die wissenschaftlichen Grundlagen zur Wirksamkeit, Sicherheit und Indikation von einzelnen Impfungen und über die rechtskonforme Aufklärung bezüglich Impfungen erworben haben. Die Abgeltung ihres Beratungsaufwands soll den dafür notwendigen Kompetenzen entsprechen und ihr Engagement fördern. Das Erstellen eines mit einem anerkannten Experten- system verbundenen elektronischen Impfausweises bie- tet Gelegenheit zur Überprüfung des Impfstatus sowie 8 Nationale Strategie zu Impfungen (NSI)
Nationale Strategie zu Impfungen 1. Vision, Ziele und Grundsätze 1.1 Vision 1.4 Grundsätze Die Bevölkerung und alle Akteure des Gesundheitswe- Das Impfsystem soll auf folgenden Grundsätzen beruhen: sens betrachten die empfohlenen Impfungen als einen sehr wichtigen Beitrag zur individuellen und öffentlichen l Individueller und kollektiver Schutz Gesundheit und handeln entsprechend. l Transparenz 1.2 Allgemeines Ziel l Proaktiver und partizipativer Ansatz. Der mit dem Schweizerischen Impfplan sowie den Emp- fehlungen und den krankheitsspezifischen Strategien Das Thema Impfungen hat zwei Dimensionen: den indi- angestrebte Impfschutz der Gesamtbevölkerung und viduellen und den kollektiven Schutz. Sich gegen eine besonders vulnerabler oder gefährdeter Gruppen ist Krankheit zu impfen zum Schutz vor einer Erkrankung erreicht. und/oder deren schweren Komplikationen ist ein persön- licher Entscheid. Impfen ist aber auch eine Investition in die öffentliche Gesundheit und liegt somit im Interesse 1.3 Strategische Ziele der Allgemeinheit. Nicht alle Menschen innerhalb einer Bevölkerung tragen das gleiche Risiko, von einer impf- 1. Die Akteure erachten Impfungen als sehr wich- verhütbaren Krankheit betroffen zu sein. Insbesondere tig für die Gesundheit der Bevölkerung. Sie infor- Personen, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft mieren einheitlich über Impfungen und führen sie werden können oder weniger gut auf die Impfstoffe an- durch. Zudem unterstützen sie innovative Mass- sprechen, sind höheren Risiken ausgesetzt. Neben an- nahmen im Impfbereich. deren Faktoren kann diese ungleiche Risikoverteilung zu Unterschieden führen zwischen dem individuellen 2. Die Bevölkerung hat Vertrauen in die offiziellen Interesse, sich mit einer Impfung zu schützen, und dem Impfempfehlungen und in die Sicherheit der emp- kollektiven Interesse, als Teil der Gesamtbevölkerung fohlenen Impfungen. Sie anerkennt die Bedeutung vor Erkrankungen geschützt zu sein. Es soll deshalb der Impfung zum eigenen Schutz und zum Schutz zwischen den kollektiven und den individuellen Interes- anderer. Sie weiss, wo sie die nötigen Informati- sen an der Impfung ein Ausgleich geschaffen werden. onen für Entscheidungen in voller Kenntnis der Dies ist eine grosse Herausforderung: Je näher die Eli- Sachlage finden kann. mination einer Krankheit rückt, desto weiter gehen die beiden Interessen auseinander und als desto geringer 3. Der Zugang zu sachdienlichen, klaren und trans- wird das persönliche Erkrankungsrisiko eingeschätzt. Die parenten Informationen und zu den Impfungen ist NSI wirkt darauf hin, das kollektive Interesse als weiteres für alle einfach. wichtiges Kriterium für den individuellen Entscheid für oder gegen eine Impfung miteinzubeziehen. Den Behör- den als Vertreterinnen dieses kollektiven Interesses, das heisst der öffentlichen Gesundheit, kommt diesbezüglich eine wichtige Vermittlerrolle zu. Die Impfung bleibt jedoch in jedem Fall ein persönlicher Entscheid, und es besteht kein Impfzwang. Nationale Strategie zu Impfungen (NSI) 9
Das Impfsystem und die Entscheidungsmechanismen ebenfalls ein zentraler Pfeiler der Gesundheitssysteme, der Behörden in Bezug auf Impfempfehlungen sollen der gestärkt werden muss, indem der Impfzugang ge- transparent und verständlich sein. Dies ist eine wichtige fördert wird (Information, Impftage, nationale und kanto- Voraussetzung, um das Vertrauen der Bevölkerung in die nale Impfprogramme, Erlassung oder Ermässigung der Impfung zu wahren oder zu erhöhen. Eine faktenbezo- Impfkosten). Ein partizipativer Ansatz bedingt zum einen, gene und transparente Kommunikation ist insbesondere dass die Zivilgesellschaft in die impfrelevanten Bereiche auch dann zentral, wenn aufgrund neuer Erkenntnisse einbezogen wird. Er verlangt zum anderen, dass die die Impfempfehlung geändert wird. Gesundheitsfachpersonen aufgrund ihres Wissens und ihrer Erfahrung das Individuum dabei aktiv unterstützen, Das Impfsystem soll auf einem proaktiven und par- das notwendige Wissen zu erwerben und die Massnah- tizipativen Ansatz beruhen. Ein proaktiver Ansatz er- men zu treffen, um seine Gesundheit zu schützen oder möglicht es der Bevölkerung, ihre Impfungen auf dem zu verbessern. aktuellen Stand zu halten. Dazu werden rechtzeitig sachdienliche, klare und transparente Informationen vermittelt oder der Impfstatus durch die Gesundheits- fachpersonen regelmässig überprüft. Proaktivität ist 10 Nationale Strategie zu Impfungen (NSI)
2. Überblick über die Hauptelemente der Strategie Allgemeines Der mit dem Schweizerischen Impfplan sowie den Empfehlungen und den krankheits Ziel spezifischen Strategien angestrebte Impfschutz der Gesamtbevölkerung und besonders vulnerabler oder gefährdeter Gruppen ist erreicht. Strategische Die Akteure werden dazu Die Bevölkerung vertraut Der Zugang zu sachdien- Ziele angeregt, über Impfungen auf die Impfempfehlungen lichen, klaren und transpa- einheitlich zu informieren und und die Sicherheit der emp- renten Informationen und sie durchzuführen. fohlenen Impfungen. zu den Impfungen ist für alle einfach. Interventions- 1. Stärkung des Verantwortungsbewusstseins und Unterstützung der Akteure achsen (1 bis 5) 1a. Schweizerischer Impfplan: Erarbeitung transparent gestalten und Umsetzung erleichtern und 1b. Beratung und Impfung fördern Handlungs- bereich 1c. Beratung und Impfung transparent abgelten (a, b, c…) 1d. Impfstoffversorgung verbessern 1e. Kommunikation mit und zwischen den Akteuren verstärken 2. Kommunikation und Angebote für die Bevölkerung 2a. Die Bevölkerung wirksam, kohärent, umfassend und differenziert informieren 2b. Zugang zu Impfinformationen und Impfungen in Schulen und Kindertagesstätten fördern 2c. Zugang zur Impfung für Erwachsene verbessern 2d. Verwendung elektronischer Impfausweise fördern, die das anerkannte Expertensystem nutzen 2e. Entschädigung und Genugtuung bei Schäden aus Impffolgen sicherstellen 3. Ausbildung und Koordination 3a. Ausbildung der Gesundheitsfachpersonen verbessern 3b. Erfahrungsaustausch über erfolgreiche Lösungen zwischen den Kantonen organisieren und erleichtern 4. Überwachung, Forschung und Evaluation 4a. Durchimpfung überwachen 4b. Wirkungsanalysen von Impfempfehlungen durchführen und Massnahmen zur Impfförderung evaluieren 5. Spezifische Strategien 5. Strategien zur Verhütung und Bekämpfung von Krankheiten, die durch eine Impfung vermieden werden können, entwickeln und umsetzen Nationale Strategie zu Impfungen (NSI) 11
3. Interventionsachsen 3.1 Stärkung des Verantwortungsbewusstseins und Unterstützung der Akteure Handlungsbereich 1a: Schweizerischer Impfplan: Erarbeitung transparent gestalten und Umsetzung erleichtern der öffentlichen Gesundheit angepasst (Abs. 3); er wird Hintergrund einmal jährlich als aktualisierte Version publiziert (Abs. 4). Gestützt auf das Epidemiengesetz (Art. 20 EpG) erarbei- tet das BAG in Zusammenarbeit mit der Eidgenössischen Der Impfplan enthält auch Hinweise zur Kostenüber- Kommission für Impffragen (EKIF) Impfempfehlungen, nahme durch die obligatorische Krankenpflegeversiche- die auf einen optimalen Impfschutz der Gesamtbevöl- rung (OKP), die im Zusammenhang mit der Akzeptanz kerung und des Individuums abzielen. Dabei wird das der Impfempfehlung eine wichtige Rolle spielen. Die Verhältnis zwischen Nutzen und Risiken von Impfungen Eidgenössische Kommission für allgemeine Leistungen bestmöglich berücksichtigt. Die EKIF arbeitet nach ei- und Grundsatzfragen (ELGK) ist zuständig für Impfprü- nem detaillierten Analyserahmen, wenn sie eine neue fung gemäss Impfempfehlung der EKIF im Hinblick auf Impfempfehlung evaluiert oder ausarbeitet. Die Zusam- die Erfüllung des Wirtschaftlichkeitskriteriums. Ist das mensetzung der EKIF, die Interessenbindungen ihrer Kriterium erfüllt, so gibt die ELGK eine Empfehlung an Mitglieder, die Regeln betreffend Interessenbindungen, das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) auf Arbeitsverfahren, Analyserahmen und Sitzungsprotokolle Einführung der Leistungspflicht ab. sind öffentlich. Die Empfehlungen von der EKIF und der ELGK sind Diese Empfehlungen werden im Schweizerischen Impf- ihrerseits wichtige Grundlagen für die Beratung in der plan zusammengefasst und auf der Website des BAG Eidgenössischen Arzneimittelkommission (EAK) zur Auf- publiziert. Die Gesundheitsfachpersonen werden im nahme der einzelnen Impfstoffe in die Spezialitätenliste BAG-Bulletin über jede neue Empfehlung informiert. und für die Festsetzung des Preises. Die dort veröffentlichten Informationen umfassen eine Beschreibung der epidemiologischen Daten, der Merk- Zur Unterstützung der Gesundheitsfachpersonen stellt male der entsprechenden Krankheit sowie der möglichen das BAG nebst dem Schweizerischen Impfplan auch Risiken und Komplikationen der Impfung. Ausserdem Informationsblätter und Broschüren zur Verfügung. Sie findet sich dort eine vollständige Dokumentation der enthalten die wichtigsten Informationen zu den Imp- verschiedenen Impfstoffe, deren Wirksamkeit und der fungen in einer auf das Zielpublikum zugeschnittenen unerwünschten Impferscheinungen sowie eine Begrün- Sprache. Eine anerkannte Expertensoftware, die alle dung der Empfehlung und der ihr zugrunde liegenden Empfehlungen des Schweizerischen Impfplans sowie Evidenzen. In Artikel 32 der Epidemienverordnung vom Krankengeschichte, Impfanamnese, verfügbare Impf- 29. April 2015 (EpV; SR 818.101.1, gültig ab 1. Januar stoffe und individuelle Entscheidungen berücksichtigt, 2016) werden die Ziele der Empfehlungen des nationalen wird den Fachpersonen ebenfalls zur Verfügung gestellt. Impfplans (Abs. 1) und die Kategorien von Impfungen Dies erleichtert die Nachholung bei unvollständigen Imp- (Abs. 2) beschrieben. Der Impfplan wird regelmässig an fungen und die Umsetzung der Empfehlungen zum opti- neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Anforderungen malen Schutz von Risikopersonen. 12 Nationale Strategie zu Impfungen (NSI)
Handlungsbedarf Interventionen Das Vertrauen der Bevölkerung und der Gesundheits- Das BAG macht besser bekannt, wie die Impfempfeh- fachpersonen in die Impfempfehlungen des Bundes und lungen erarbeitet werden, und trägt zu einem grösse- damit die Bereitschaft von Fachpersonen, diese Imp- ren Vertrauen der Gesundheitsfachpersonen und der fempfehlungen auch aktiv gegenüber der Bevölkerung Bevölkerung in die Impfempfehlungen sowie zu deren zu vertreten, hängen von der Nachvollziehbarkeit des Umsetzung bei. Dazu: Erarbeitungsprozesses und der einzelnen daraus resul- tierenden Impfempfehlungen ab. Auch die Fachkompe- l sorgt das BAG dafür, dass weite Kreise wissen, tenz und Unabhängigkeit der Mitglieder der EKIF und der dass die Zusammensetzung, das Mandat, die Kri- Zulassungsinstanz Swissmedic sind Grundvorausset- terien für die Unabhängigkeit2 und die Arbeitsweise zungen für eine hohe Akzeptanz der Impfempfehlungen. der Plenarsitzungen der EKIF im Internet veröffent- licht werden. Die EKIF informiert aktiv und transpa- Zudem muss bis hin zur breiten Öffentlichkeit gut nach- rent über ihre Tätigkeit, über einen Newsletter oder vollziehbar sein, dass eine Impfempfehlung auf einem eine Rubrik im BAG-Bulletin; Beurteilungsprozess beruht, welcher sicherstellt, dass l wird die Transparenz bezüglich der Erarbeitung die empfohlenen Impfungen nicht nur wirksam und sicher von Impfempfehlungen zusätzlich erhöht, indem sind, sondern auch notwendig für den optimalen Schutz eine Konsultation bei den betroffenen Akteuren wie von Einzelpersonen und der ganzen Bevölkerung. die medizinischen Fachgesellschaften vor der Be- schlussfassung durchgeführt wird. Damit kann ein Die im Schweizerischen Impfplan publizierten Emp- konstruktiver Austausch ausgelöst werden, der den fehlungen sind komplex, was ihre korrekte Umsetzung Weg zur Umsetzung ebnet; erschweren kann. Die Verständlichkeit der Impfemp- fehlungen und die Beurteilung des Impfstatus müssen l sorgt das BAG im Hinblick auf die Erarbeitung und auch für Fachpersonen ohne tägliche Impfroutine gut und Veröffentlichung von Impfempfehlungen für eine einfach sein. Damit der Einbezug von Fachpersonen in gegenseitige frühzeitige Information, Anhörung und die Umsetzung des Impfplans auch ausserhalb der Arzt- konstruktive Zusammenarbeit zwischen allen invol- praxis verbessert werden kann, sind auf die Zielgruppen vierten Stellen (BAG, Bundesamt für wirtschaftliche ausgerichtete Aus- und Weiterbildungsmaterialien sowie Landesversorgung BWL, EAK, EKIF, ELGK, Swiss- auf deren Bedürfnisse zugeschnittene Versionen des medic und Hersteller) und übernimmt dabei die Impfplans notwendig. Koordination. Das BAG ermittelt die Bedürfnisse der verschiedenen Zudem ist es für die Glaubwürdigkeit, Akzeptanz und Gesundheitsfachpersonen (Ärztinnen und Ärzte, Apothe- Umsetzung der Impfempfehlungen bei Fachleuten und kerinnen und Apotheker, Pflegefachkräfte, Hebammen, der Bevölkerung in der Schweiz wesentlich, dass die medizinische Praxisassistentinnen und -assistenten, Empfehlung, die Kostenübernahme und die Verfügbar- Mitarbeitende von schulärztlichen Diensten und Pflege- keit der Impfstoffe miteinander abgestimmt sind. Über die diensten, Sanitätsdienst der Armee, etc.) und weiterer Zulassung hinausgehende Empfehlungen sollen trans- Zielgruppen (z. B. Lehrpersonen) betreffend die Präsen- parent ausgewiesen und referenziert sein. tation und Verständlichkeit des Schweizerischen Impf- plans. Das BAG klärt ab, inwieweit die Notwendigkeit Spezifische Ziele besteht, einen spezifischen, auf ihre jeweilige berufliche Praxis zugeschnittenen Impfplan bereitzustellen (z. B. für Das Vertrauen der Gesundheitsfachpersonen und der Gynäkologinnen und Gynäkologen). Bevölkerung in die Impfempfehlungen steigt. Das BAG und die Kantone verbreiten moderne Fortbil- Dank der verschiedenen Präsentationsformen bzw. Kom- dungsmaterialien (z. B. Faktenblätter, E-Learning) unter munikationskanäle ist der Schweizerische Impfplan für den Fachpersonen, um die Kenntnisnahme und das die unterschiedlichen Zielgruppen leichter verständlich. Verständnis zu erleichtern und damit zur Akzeptanz der neuen Empfehlungen beizutragen. Vor der Bereitstellung Die Gesundheitsfachpersonen verfügen über Instru- neuer Materialien klärt das BAG die Bedürfnisse der mente, die das Verständnis und die Umsetzung des Impfplans und der Impfempfehlungen erleichtern. 2– www.bag.admin.ch/bag/de/home/das-bag/organisation/ ausserparlamentarische-kommissionen/eidgenoessische- kommission-fuer-impffragen-ekif/kommission/unabhaengigkeit.html Nationale Strategie zu Impfungen (NSI) 13
Fachpersonen ab. Bereits vorhandene Informationspro- Beteiligte Partner dukte werden breiter beworben. BAG, EKIF, ELGK, Nutzerinnen und Nutzer (im Wesent- Die Expertensoftware, in welche die neuen Impfempfeh- lichen die Gesundheitsfachpersonen), Bildungsinstitu- lungen so schnell wie möglich nach ihrer Veröffentlichung tionen, Pflegefachpersonen im schulärztlichen Dienst, integriert werden, wird attraktiver und benutzerfreundli- IT-Fachspezialistinnen und -spezialisten. cher gestaltet (siehe Handlungsbereich 2d). Ein elektroni- scher Impfausweis und das Expertensystem dienen den Finanzielle Auswirkungen Ärztinnen und Ärzten und weiteren Leistungserbringern im Impfbereich folglich dazu, den neuen Impfempfehlun- Das BAG finanziert die Entwicklung von Fortbildungs- gen von Beginn weg Rechnung zu tragen. materialien zur Förderung der Umsetzung des Impfplans und stellt die personellen Ressourcen zur Verfügung, um die Veröffentlichungen des Plans in verschiedenen Formen sowie Publikationen über die Arbeiten der EKIF zu gewährleisten (Art. 9 EpG). Handlungsbereich 1b: Beratung und Impfung fördern informieren (Art. 20 und 21 EpG und Art. 33-36 EpV). Hintergrund Allerdings werden die Ärztinnen und Ärzte durch ihre Heute beraten hauptsächlich die Ärztinnen und Ärzte zu Hauptaufgabe, die Diagnose und Behandlung von Krank- Impfungen. Vor allem in der Pädiatrie ist die Beratung für heiten, oft stark in Anspruch genommen. Andere Gesund- die Impfungen im Kindesalter sehr gut etabliert. Hingegen heitsfachpersonen wären – auch kraft ihrer Erfahrung in gehört sie deutlich weniger zur Routine bei den Hausärz- Prävention und Beratung – bei entsprechender Ausbil- tinnen und Hausärzten und noch weniger bei Fachärz- dung in der Lage, über Impfungen zu informieren. Dieses tinnen und -ärzten, welche die Versorgung bei beson- zusätzliche Potenzial ist derzeit noch nicht ausgeschöpft. deren Risiken sicherstellen (z. B. im Bereich Onkologie, In der Westschweiz gehört es zu den Aufgaben der «infir- Pneumologie, Rheumatologie) oder Gynäkologinnen und miers scolaires» (Pflegefachpersonen im schulärztlichen Gynäkologen, die Frauen im gebärfähigen Alter betreuen. Dienst), die Eltern bzw. die Schülerinnen und Schüler bei Schuleintritt bzw. im Jugendalter zu informieren. Die Die militärische Aushebung ist eine gute und auch bereits Hebammen und die Mütter- und Väterberaterinnen sind recht häufig genutzte Gelegenheit, um den Impfschutz zu besonders geeignet, um bei Kontrollen, insbesondere aktualisieren. Die jungen Erwachsenen zeigen sich emp- bei den Routinekontrollen der Säuglinge in den ersten fänglich für die Argumente und nehmen die angebotenen Lebensmonaten, entsprechende Gespräche mit den El- Auffrisch- und Nachholimpfungen gerne in Anspruch, tern zu führen, ergänzend zum Austausch mit der Kinder- wenn sie sich im Zivilleben nicht aktiv darum kümmern. ärztin oder dem Kinderarzt. Dies ist derzeit jedoch nicht Sie nutzen die Gelegenheit, um die eigene Meinung zu Teil ihrer Aufgaben und wird deshalb nicht transparent überprüfen oder sich eine solche zu bilden. Personen, abgegolten. Es setzt zudem voraus, dass die fraglichen die keinen Militärdienst leisten, sind jedoch von dieser Berufsgruppen über gute Kenntnisse und Fähigkeiten Möglichkeit ausgeschlossen. Ähnlich sind gynäkologi- hinsichtlich der Impfungen verfügen und bereit sind, die sche Konsultationen eine Gelegenheit, den Impfschutz nötigen Informationen an die Eltern weiterzugeben. Apo- bei jungen Frauen zu aktualisieren. Obwohl bereits stark thekerinnen und Apotheker eignen sich ebenfalls gut, um präventiv orientiert, sind diese Konsultationen ungenü- ihre Klientel zu informieren, da Apotheken in grosser Zahl gend auf die Impfprävention ausgerichtet. vorhanden, gut zugänglich und oft stark frequentiert sind. Gemäss Epidemiengesetz müssen die Kantone die Da Impfungen vergessen gehen, wären Terminerinne- Impfungen fördern, während die Ärztinnen und Ärzte rungen sinnvoll. Für die Ärztinnen und Ärzte ist es aber sowie die anderen Gesundheitsfachpersonen zur Um- mit Aufwand verbunden und schwierig, entsprechende setzung des Impfplans beitragen und über den Impfplan Dateien für ihre Patientinnen und Patienten zu erstellen, 14 Nationale Strategie zu Impfungen (NSI)
solange sie nicht über geeignete elektronische Instru- Alternativen entwickelt werden. Denn in der Praxis ist mente verfügen. es für die Ärztinnen und Ärzte schwierig, routinemäs- sig den Impfstatus anzusprechen, wenn eine Patientin oder ein Patient mit einem anderen Anliegen zu ihnen Handlungsbedarf kommt. Zudem sind die Patientinnen und Patienten nicht Die ärztliche Praxis als Ort und Gelegenheit zur Impf- zwangsläufig in der Lage, die zur Kontrolle notwendigen beratung und Durchführung von Impfungen hat für die Informationen zu liefern. Umsetzung des Impfplans zentrale Bedeutung. Pädia- terinnen und Pädiater sowie auch Hausärztinnen und Risiken durch impfverhütbare Krankheiten, welche im Hausärzte, welche Eltern von Säuglingen und Kleinkin- Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehen, dern betreuen, legen mit ihrer Beratung das Fundament werden durch Arbeitgeber nicht konsequent angespro- für eine gute Compliance mit den Impfempfehlungen. chen. Ein entsprechender Impfschutz wird bei der Ein- Insgesamt und besonders in ländlichen Regionen sind stellung und im Verlauf der Anstellung kaum eingefordert. diese Grundversorgerinnen und Grundversorger aber Der Nutzen von Impfungen zum Selbstschutz und zum nicht überall gut verfügbar oder leicht zugänglich. Zudem Schutz von anderen Personen im beruflichen Umfeld wird gestaltet sich die Impfberatung bei Eltern, die möglicher- insbesondere von Fachpersonen im Gesundheitswesen weise impfkritisch oder durch unterschiedliche und sich noch ungenügend wahrgenommen. zum Teil widersprechende Informationen zu den emp- fohlenen Impfungen verunsichert sind, aufwändig. Die Spezifische Ziele beratende Fachperson sollte über genügend Interesse und Engagement verfügen, um Eltern wissenschaftliche Die Gesundheitsfachpersonen informieren und bera- Erkenntnisse und gut abgestützte Argumente zur Ver- ten ihre Klientinnen und Klienten bzw. Patientinnen und fügung zu stellen, die ihnen einen Entscheid in voller Patienten proaktiv über sie betreffende Impfungen und Kenntnis der Sachlage ermöglicht. Impfempfehlungen. Sie tun dies so, dass die betroffenen Personen fundierte Entscheidungen treffen und recht- Weitere Fachpersonen aus dem Gesundheitswesen, zeitig und vollständig geimpft werden können, wenn sie welche vor und nach der Geburt die Eltern begleiten das wollen. und beraten, könnten die Akzeptanz und Compliance hinsichtlich der empfohlenen Impfungen unterstützen. Risikopersonen und Personen, die in Gesundheitsberufen Ihre aktive Beteiligung und ihre Bereitschaft, impfplan- arbeiten, werden auf die empfohlenen zusätzlichen Impf konforme Informationen abzugeben, sollten entwickelt ungen zum besseren Schutz aufgrund ihres Risikos und werden. Es sind gezielte Massnahmen notwendig, wel- zum Schutz von Patientinnen und Patienten hingewiesen. che die Bereitschaft von Spezialärztinnen und ärzten sowie weiteren Fachpersonen erhöhen, die Impfbera- Impfberatung und Impfangebot werden nicht nur in der tung als ihre Aufgabe zu verstehen und den Impfplan mit ärztlichen Grundversorgung, sondern auch bei anderen Engagement und Verbindlichkeit zu vertreten. Die Ein- Gelegenheiten zur Bevölkerung gebracht. bindung nichtmedizinischer Gesundheitsfachpersonen könnte das Rollenbild dieser Berufsgruppen aufwerten und zugleich Ärztinnen und Ärzte wirksam ergänzen. Interventionen Die Kantone und das BAG ermutigen alle Ärztinnen Die OKP finanziert acht Vorsorgeuntersuchungen im und Ärzte, die Jugendliche und Erwachsene betreuen, Vorschulalter. Die Umsetzung des Impfplans ist im Zu- insbesondere Hausärztinnen und Hausärzte sowie Gynä- sammenhang mit diesen Arztterminen gut möglich. Die kologinnen und Gynäkologen, das Thema Impfungen Durchführung von Impfberatungen und Kontrollen des systematisch und proaktiv mit ihren Patientinnen und Pa- Impfstatus bei älteren Kindern, Jugendlichen und jungen tienten anzusprechen und geeignete Impfempfehlungen Erwachsenen ist jedoch abhängig von Gelegenheitskon- abzugeben. Ermutigt werden auch Fachärztinnen und takten mit Ärztinnen und Ärzten oder von der Eigenin- -ärzte, die Immunsuppressiva verschreiben oder Patien- itiative und Nachfrage durch die Zielpersonen selber. tinnen und Patienten mit besonderen Risiken betreuen Impftermine, welche mit unverbindlichen Hinweisen an (z. B. Neurologinnen und Neurologen, Onkologinnen und die Eltern mittelfristig vorgesehen sind, werden nicht Onkologen etc.), ihre Patientinnen und Patienten sys- immer wahrgenommen. Wo kein schulärztlicher Dienst tematisch und proaktiv über spezifische Impfungen zu verfügbar ist, welcher die Impfinformation, die Kontrolle informieren. Dazu stellen ihnen die Kantone und das BAG des Impfstatus und die Durchführung von (Nachhol-) Instrumente wie Merkblätter und technische Datenblätter Impfungen auf breiter Basis sicherstellen könnte, sollten zur Verfügung, mit deren Hilfe sie auf einfache Weise Nationale Strategie zu Impfungen (NSI) 15
feststellen können, welche Impfungen aufgrund des Al- bereits bei der Anmeldung für Impffragen und die mög- ters, des Impfstatus und der Risikofaktoren nötig sind. lichen Folgen des Nichtimpfens. Während der Berufs- Die medizinischen Fachgesellschaften empfehlen ihren ausbildung und vor den klinischen Praktika empfehlen Mitgliedern, den Patientinnen und Patienten regelmässig sie eine Überprüfung des Impfstatus der angehenden die Überprüfung des Impfstatus anzubieten. Gesundheitsfachpersonen, damit sich diese beraten und die gegebenenfalls notwendigen Nachholimpfungen und Der Versand von Einladungen zur Impfung oder von Ter- Titerbestimmungen durchführen lassen. minerinnerungen wird vereinfacht, namentlich durch den elektronischen Impfausweis. Die Ärztinnen und Ärzte Die Arbeitgeber werden auf ihre Pflichten und Ver- werden ermutigt, diesen zu nutzen, umso mehr, als er antwortlichkeiten aufmerksam gemacht. Ihnen kommt ins elektronische Patientendossier integriert werden kann in Bezug auf die Arbeitssicherheit und den Schutz der (vgl. Handlungsbereich 2d). Andere Gesundheitsfachper- Gesundheit der Arbeitnehmenden eine zentrale Rolle sonen werden ermutigt, bei diesem Versand mitzuwirken, zu und sie haben das Arbeitsgesetz und die relevanten insbesondere Apothekerinnen und Apotheker. Verordnungen einzuhalten. Dazu gehört auch, bei Arbeit- nehmenden mit möglicher Gefährdung durch Infektions- Die Kantone stellen sicher, dass die Impfinformationen krankheiten für den notwendigen Impfschutz zu sorgen. systematisch an Schülerschaft und Eltern abgegeben Sie tragen zur Information und zur Impfung bei, indem werden. Das zuständige und geschulte Personal (Ärz- sie den Arbeitnehmenden sachdienliche Informationen tinnen und Ärzte, Pflegefachpersonen im schulärztlichen zukommen lassen über den Schutz vor berufsbedingten Dienst oder andere schulinterne oder -externe Akteure) Expositions- und Übertragungsrisiken von Krankheiten, erhält in seinem Pflichtenheft ausdrücklich die Verantwor- gegen die es Impfungen gibt. Zudem stellen sie ein leicht tung dafür. Es gibt Informationen gemäss den Empfeh- zugängliches Impfberatungsangebot sicher und infor- lungen des Schweizerischen Impfplans ab, führt Impfsta- mieren darüber, inwieweit sie die Kosten für Beratung tusüberprüfungen durch und bietet auch das Impfen an. und Impfung gegen berufsbedingte Risiken überneh- men. Sie sind darüber hinaus für die Umsetzung der Die Einbindung anderer Gesundheitsberufe in die Impf- Schutzmassnahmen technischer, organisatorischer bzw. beratungs- und Impftätigkeit erfolgt differenziert. persönlicher Art zuständig. In diesem Zusammenhang Die Beratung zu Impfungen durch die Mitarbeiterinnen sollen die Arbeitnehmenden auf mögliche Konsequenzen der Mütter- und Väterberatung, durch die medizini- hingewiesen werden, wenn sie nicht gegen Krankheiten schen Praxisassistentinnen und -assistenten, durch geimpft oder nicht immun sind, für die berufsbedingt ein die Pflegefachpersonen und die Hebammen wird durch erhöhtes Expositionsrisiko besteht. die Aufnahme der Impfberatung in ihre Ausbildung und in ihren Stellenbeschrieb gestärkt. Diese Fachpersonen Die Arbeitgeber von Fachkräften im Gesundheitsbereich könnten die Klientinnen und Klienten erinnern, den Imp- mit Kontakt zu besonders schutzbedürftigen Bevölke- fausweis zu jeder ärztlichen Konsultation mitzubringen. rungsgruppen haben eine spezifische Verantwortung, Für sie entstehen Gesprächs- und Beratungsleitfäden. um Patientinnen und Patienten vor gefährlichen Infekti- onskrankheiten zu schützen. Der Impfstatus soll deshalb Die Apothekerinnen und Apotheker werden ermutigt, immer vor Beginn eines Arbeitsverhältnisses auf Voll- sich in Bezug auf die empfohlenen Impfungen fortzubilden ständigkeit überprüft und die Arbeitnehmenden sollen und darüber zu informieren – dies insbesondere, wenn beim Eintrittsgespräch auf die erforderlichen Impfungen es die kantonalen Gesetzesgrundlagen unter bestimm- hingewiesen werden. Zudem können die Medizinalper- ten Voraussetzungen erlauben, dass Apothekerinnen sonen in Fortbildungen zu diesem Thema von der Not- und Apotheker bei gesunden Erwachsenen Impfungen wendigkeit von Impfungen überzeugt werden. vornehmen.3 Die Impfung im Betrieb wird zudem gefördert durch die Die Bildungseinrichtungen sensibilisieren Personen, dauerhafte oder punktuelle Anstellung einer betriebli- die eine Ausbildung im Gesundheitswesen anstreben, chen Gesundheitsfachperson (Ärztin, Arzt oder Pflege- fachkraft), die in ihrem Pflichtenheft mit dem Impfwesen 3– Gemäss dem Bundesgesetz über die universitären Medizinalbe- betraut ist, sofern dies im Hinblick auf Grösse und Typ rufe (Art. 9 Bst. f MedBG) übernehmen Absolventinnen und Absol- des Betriebes möglich und zweckmässig ist. Diese be- venten des Studiums der Pharmazie Aufgaben zur Förderung und triebliche Gesundheitsfachperson würde auch zur Beur- Erhaltung der Gesundheit sowie zur Verhütung von Krankheiten teilung des Expositions- bzw. Übertragungsrisikos und und erwerben die entsprechenden Kompetenzen, insbesondere bei Impfungen. Seit Januar 2016 sind die Impfungen deshalb Pflicht- der Notwendigkeit einer Impfung beitragen. thema in der Ausbildung der Pharmazeutinnen und Pharmazeuten. 16 Nationale Strategie zu Impfungen (NSI)
Ein Engagement der Versicherer im Bereich Impfin- Beteiligte Partner formation und Impfförderung ist in verschiedener Form ebenfalls denkbar. Im oben genannten Fall einer mög- Ein koordiniertes Netzwerk bestehend aus den kanto- lichen berufsbedingten Ansteckung wäre die Unfallver- nalen Gesundheitsbehörden, schulärztlichen Diensten, sicherung leistungspflichtig. Die Suva beaufsichtigt die Gesundheitsfachpersonen, Fachgesellschaften und Be- Anwendung der Vorschriften zur Verhütung von Be- rufsverbänden, einschliesslich Verbindung der Schwei- rufskrankheiten in allen Betrieben in der Schweiz und zer Ärztinnen und Ärzte FMH, H+, BAG, pharmaSuisse, steht deshalb bereits heute in der Verantwortung. Sie Staatssekretariat für Wirtschaft SECO, Versicherern beteiligt sich an Informations- und Präventionsaktivitä- (inkl. Suva), Arbeitgebern, des Schweizerischen Instituts ten, die auch andere Versicherer durchführen können. für ärztliche Weiter- und Fortbildung SIWF und andere Die Versicherer nutzen ihren Handlungsspielraum, um Ausbildungsstätten. die Erstellung elektronischer und mit dem anerkannten System verbundene Impfausweise für ihre Versicher- Finanzielle Auswirkungen ten finanziell zu unterstützen, insbesondere mittels Zusatzversicherungen. Die finanziellen Auswirkungen beziehen sich auf Per- sonalressourcen, welche Gesundheitsfachpersonen, Der Austausch von Ideen und erfolgreichen Methoden Elternberatungsorganisationen, Arbeitgeber und Versi- unter Fachleuten und interprofessionell wird durch die Or- cherer investieren. Eine gute Koordination der Aktivitäten ganisation von interaktiven (virtuellen oder physischen) behält die finanziellen Auswirkungen in einem vernünf- Veranstaltungen gefördert, die attraktiv, wertschätzend tigen Rahmen. und dadurch teilnahmefördernd sind. Handlungsbereich 1c: Beratung und Impfung transparent abgelten Einflussfaktoren möglichst zu vermeiden oder zumin- Hintergrund dest zu minimieren. Zu diesen zählt die Befürchtung, die Die Beratung und die Empfehlungen der Ärztinnen und Anwendung eines unspezifischen Zeittarifs für das Impf- Ärzte, insbesondere der Kinder- und Hausärztinnen und gespräch könne zu Bedenken hinsichtlich Auffälligkeiten -ärzte sowie der Gynäkologinnen und Gynäkologen sind in der Wirtschaftlichkeitsprüfung der Ärztinnen und Ärzte unerlässlich, um die Patientinnen, Patienten und Eltern in führen. Diese Befürchtungen können wiederum zur Folge ihrer Entscheidung zu unterstützen, sich selber oder ihre haben, dass dem Impfgespräch nicht die notwendige Kinder impfen zu lassen (BAG, 2013). Die Impfberatung Beachtung geschenkt wird. bedeutet einen zeitlichen Aufwand, der insbesondere mit der wachsenden Komplexität des Impfplans und im Zu- Es ist notwendig, dass die Tarifpartner Lösungen fin- sammenhang mit speziellen Impfungen sowie bei Fragen den, welche die Leistungserbringer zur Impfberatung von impfskeptischen oder impfkritischen Patientinnen motivieren und möglichst wenige ungünstige Auswirkun- und Patienten oder Eltern gewachsen ist. gen auf die Wirtschaftlichkeitsbeurteilung der einzelnen Ärztinnen und Ärzte haben. In diesem Zusammenhang Die Abgeltung der ärztlichen Impfberatung, welche die geht es auch darum, die qualitativen Anforderungen an Überprüfung des Impfstatus einschliesst, erfolgt über die Leistungserbringer zu definieren. Entscheidend für Tarifpositionen für die Konsultationen oder Vorsorgeun- das Gelingen ist, dass die Abgeltungsmodalitäten klar tersuchung bei Kindern. Die Impfberatung wird in der geregelt und auch administrativ einfach gehalten werden, Abrechnung der Ärzte also nicht ausdrücklich erwähnt. damit die Impfberatung für die Fachpersonen nicht zum Nachteil wird. Handlungsbedarf Andere Gesundheitsfachpersonen können zur Impfbe- Damit Ärztinnen und Ärzte ihre Rolle bei der Impfbe- ratung ausgebildet und mit dieser beauftragt werden ratung optimal wahrnehmen können, sind negative (siehe Handlungsbereich 1b). Auch hier ist es wichtig, Nationale Strategie zu Impfungen (NSI) 17
Sie können auch lesen