NEUES SCHWEIZER FINANZMARKTRECHT: ERSTE UMSETZUNGS-ERFAHRUNGEN - KAG /FIDLEG /FINIG - Grant ...

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NEUES SCHWEIZER FINANZMARKTRECHT: ERSTE UMSETZUNGS-ERFAHRUNGEN - KAG /FIDLEG /FINIG - Grant ...
legal & compliance

KAG /FIDLEG /FINIG

NEUES SCHWEIZER
FINANZMARKTRECHT:
ERSTE UMSETZUNGS­
ERFAHRUNGEN

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NEUES SCHWEIZER FINANZMARKTRECHT: ERSTE UMSETZUNGS-ERFAHRUNGEN - KAG /FIDLEG /FINIG - Grant ...
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                  Die neue Schweizer Finanzmarktregulierung mit ih-
                  rer Dreifaltigkeit KAG, FIDLEG, FINIG ist seit An-
                  fang 2020 in Kraft. Zeit für einen ersten Austausch
                  von Wissen und praktischen Erfahrungen unter be-
                  troffenen Finanzdienstleistern: Was ändert sich für
                  Anlageberater, Vermögensverwalter, Vertreter und
                  Fondsleitungen? Worin liegen die grossen Herausfor-
                  derungen? Was plagt Finanzintermediäre zurzeit am
                  meisten und wer kämpft mit welchen Sorgen? Inwie-
                  weit sind von der neuen Regulierung auch die auslän-
                  dischen Marktteilnehmer betroffen? Wobei gibt es
                  allenfalls aber auch bereits erste erfreuliche Fort-
                  schritte zu vermelden?

                  Die B2B-Redaktion unterhält sich dazu mit den Fachexper-
                  ten Veronika Britt [Grant Thornton], Diana Imbach ­Haumüller
                  [SFAMA], Katharina Linhart [UBS Fund Management],
                  Dominik Oberholzer [Kellerhals Carrard] und Jean-Claude
                  Spillmann [PWC Legal].

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Die neue Finanzmarktrechtarchitek-
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tur wirkt sich auf die Regulierung der                                                          chenden Verordnungen für teilweise kom-
Fonds- und Asset Management-Indus­                    druck daran, die an                       plexe Abhängigkeiten.
trie besonders stark aus. Weshalb?                   die neue Regulierung                       Imbach: Das bisherige KAG regelte drei ver-
Imbach: Mit dem Finanzdienstleistungs­                                                          schiedene Bereiche: 1. die Bewilligung und
                                                   angepassten Richtlinien,
gesetz FIDLEG und dem Finanzinstitutsge-                                                        Aufsicht von Finanzinstituten, 2. den Ver-
setz FINIG wurde die bestehende Finanz-             Musterdokumente und                         trieb von kollektiven Kapitalanlagen und 3.
marktrechtarchitektur auf den 1. Januar             übrigen Dokumente zu                        die Genehmigung von kollektiven Kapitalan-
2020 grundlegend umgestaltet. Die bisher                                                        lagen sowie weitere produktspezifische As-
                                                              erarbeiten.»
primär sektorielle Regulierung im Kollektiv­                                                    pekte. Mit der neuen Finanzmarktrechtar-
anlagengesetz KAG wurde durch die hori-                        Diana Imbach Haumüller           chitektur wird die Bewilligung und Aufsicht
zontale Regulierung im FIDLEG und FINIG                                                         über Fondsleitungen und Fondsverwalter
aufgebrochen. Die Fonds- und Asset Ma-                                                          abschliessend im FINIG geregelt. Die Re-
nagement-Industrie ist davon in besonde-                                                        gelung des «Vertriebs» von kollektiven Ka-
rem Masse betroffen, weil die neuen Rege-                                                       pitalanlagen sowie die entsprechenden Ver-
lungen auch umfassende Anpassungen im                                                           haltenspflichten werden neu bei der Erbrin-
Kollektivanlagenrecht zur Folge haben. An-      Finanzdienstleistungen und das KAG die          gung der Finanzdienstleistungen im ­FIDLEG
ders als andere Zweige der Finanzindustrie      Fonds. An diese Aufteilung kann man sich        geregelt. Dies bedeutet unter anderem,
ist unsere Industrie somit von allen drei Ge-   schnell gewöhnen. Ich glaube, dass dies gut     dass der bisherige Vertriebsbegriff nach
setzen, also von den zwei neuen Gesetzen        gelungen ist.                                   Art. 3 KAG zu Gunsten des Angebotsbe-
FIDLEG und FINIG sowie dem KAG, glei-           Spillmann: Allerdings ist diese Dreiteilung     griffs, teilweise auch zu Gunsten des Be-
chermassen betroffen. Für unsere Industrie      nicht in allen Belangen konsequent umge-        griffs der Finanzdienstleistung, aufgege-
gilt daher in der Tat «aus 1 mach 3».           setzt. So gibt es zahlreiche Ausnahmen, wel-    ben wird. Im KAG verbleiben lediglich die
                                                che nicht dazu beitragen, dass die neue Ge-     produktspezifischen Regelungen, wie jene
Aus 1 mach 3: Regulierung im Fondsbe-           setzeslandschaft übersichtlicher wird. Zum      für SICAV, SICAF, KmGK, die Regelungen
reich besteht mit der aktuellen Finanz-         Beispiel wurden die Vermögensverwalter          zur Genehmigungspflicht oder die Pflicht
marktarchitektur namentlich nun aus             kollektiver Kapitalanlagen – neu: Verwalter     zur Bestellung von Vertretern und Zahlstel-
drei verschiedenen Regularien: KAG,             von Kollektivvermögen – sowie die Fonds-        len. Diese Triage zwischen den drei Regula-
FIDLEG und FINIG. Was bedeutet dies             leitungen zwar ins FINIG überführt. Die Ver-    rien stellt Fondsanbieter, Finanzdienstleis-
für Anbieter, Prüfer und Aufsichtsbe-           treter ausländischer kollektiver Kapitalanla-   ter, Prüfer, die FINMA, aber auch uns als
hörde?                                          gen sowie die Depotbanken verbleiben je-        Verband vor allem in der Übergangspha-
Oberholzer: Man muss sich vorerst in den        doch im KAG. Auch finden sich im ­FIDLEG        se vor Herausforderungen. Namentlich der
drei neuen Gesetzen zurechtfinden. Aller-       durchaus produktspezifische Regelungen          Wegfall des Vertriebsbegriffes und dessen
dings ist die Aufteilung auf die drei neuen     wie zum Beispiel diejenigen zum Basisin-        Ersatz durch das Angebot einerseits und
Gesetze sinnvoll und logisch: Das FINIG         formationsblatt oder zum Prospekt. Zudem        die Finanzdienstleistung anderseits, führen
regelt die Finanzinstitute, das FIDLEG die      sorgen zahlreiche Verweise innerhalb der        zu anspruchsvollen konzeptionellen Ände-
                                                                                                rungen. Aus diesem Grund hat die S  ­ FAMA
                                                                                                Ende Dezember 2019 «Frequently Asked
                                                                                                Questions» publiziert, mit dem Ziel, ein ein-
                                                                                                heitliches Verständnis zu verschiedenen
                                                                                                Grundsatzfragen zu etablieren.
                                                                                                Britt: Die Institute und Produkte waren frü-
                                                                                                her im KAG sowie in diversen Rundschrei-
                                                                                                ben und Mitteilungen der FINMA geregelt.
                                                                                                Neu ist das FINIG Basis für grundsätzlich
                                                                                                alle auf dem Finanzmarkt Schweiz tätigen
                                                                                                Teilnehmer. Das KAG verbleibt als Produk-
                                                                                                tegesetz bestehen. Mit der neuen Finanz-
                                                                                                marktarchitektur fügte der Gesetzgeber
                                                                                                die Rundschreiben, die Mitteilungen und
                                                                                                die Praxis der FINMA in die Gesetze ein.
                                                                                                Für Prüfer und die Aufsichtsbehörde ist die-

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se Integration hilfreich, um möglichen Dis-
kussionen mit Finanzmarktteilnehmern vor-
zubeugen. Die neue Gesetzgebung schafft
so mehr Klarheit.
Linhart: Was anfangs für die Fondsleitung
eine grosse Herausforderung schien – zu-
sätzliche Gesetzestexte erhöhen die Kom-
plexität von Aufgabenstellungen – hat sich
binnen kurzer Zeit als gut lösbar entpuppt.
Wie auch bei der Einführung des KAG wird
es aber auch hier noch einige Zeit dauern,
bis das Konzept konsistent umgesetzt ist.
Ein besonderes Augenmerk haben wir an-
gesichts der nun drei relevanten Gesetzes-
texte auf die Anpassungen der Verträge und
internen Dokumentationen in Bezug auf die
neuen Begrifflichkeiten und Gesetzesver-
weise gelegt und sind darauf bedacht, unse-
re Private Labelling-Kunden frühzeitig über
entsprechende Änderungen zu informieren.

Worin besteht der Nutzen für die Inves-
toren?
Britt: Mit der neuen Finanzmarktrechtarchi-
tektur und namentlich mit FINIG wurde der
Versuch gewagt, die Tätigkeit der auf dem
Finanzplatz Schweiz aktiven Finanzinstitu-
te den gleichen Bedingungen zu unterstel-
len und damit auch das Vermögensverwal-
tungsgeschäft gesamthaft zu erfassen. Das
FIDLEG wiederum schafft vergleichbare Be-
dingungen für das Erbringen dieser Services
durch die Finanzdienstleister. Wie auch das
KAG haben sie zum Ziel, den Anlegerschutz
zu stärken. Der Nutzen für die Anleger ist
sicherlich dort einzuordnen, dass die un-
abhängigen Vermögensverwalter neu über-
wacht und vor allem das Risikomanagement
sowie allgemein die Conduct-Themen stär-
ker gewichtet werden. Ob sich der Anleger-
schutz tatsächlich erhöht und sich dieser für
den Anleger lohnt, ist eine andere Frage. Re-
gulierung kostet und wird sich auch auf die
Rendite der Anleger auswirken. Interessant
wird auch sein, ob sich die neu geschaffene
Ombudsstelle bewährt.
Oberholzer: Sicherlich bieten diese drei
Gesetze einen pragmatischen Kunden-
schutz, unabhängig vom angebotenen Fi-
nanzprodukt. Der wirklich grosse Nutzen
dieser drei Gesetze ist meines Erachtens
aber, dass sie logisch strukturiert und ver-

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                     ständlich sind. Dasselbe gilt für die Verord-
                     nungen. Führt man sich vor Augen, dass al-
                     lein das Pendant zum FIDLEG in der EU, also
                     MiFID II und die sie erläuternden Bestim-
                     mungen und Ausführungen, mehr als 2800
                     Seiten umfassen, so muss man dem Schwei-
                     zer Gesetzgeber ein gutes Zeugnis ausstel-
                     len. Der grösste Nutzen dieser Gesetze ist
                     also deren Verständlichkeit.

                     Was plagt Finanzintermediäre im Rah-
                     men der Umsetzungsarbeiten zurzeit
                     am meisten; wo sind Unsicherheiten und
                     wer kämpft mit welchen Sorgen?
                     Spillmann: Gewisse Rechtsunsicherheiten
                     gibt es bei jeder neuen Regulierung. ­FIDLEG
                     und FINIG bilden hier keine Ausnahme. Mit
                     der Publikation der finalen Fassung der
                     ­FIDLEV und der FINIV haben sich viele Fra-
                      gen jedoch geklärt. Weitere Fragen werden
                      sich im Herbst mit der Publikation der fina-
                      len Fassung der FINIV-­FINMA und mit den
                      zu erwartenden Rundschreiben der FINMA
                      sowie mit den Richtlinien und Musterdoku-
                      menten der SFAMA beantworten Der Um-
                      stand, dass die Bewilligung der Aufsichtsor-
                      ganisation und die Zulassung eines Berater-
                      registers durch die FINMA sowie die Aner-
                      kennung einer Ombudsstelle durch das EFD
                      mehr Zeit in Anspruch nehmen als ursprüng-
                      lich erwartet, führt bei vielen Finanzinter-
                      mediären zu Fragen. Da die Übergangsfris-
                      ten dieser Situation jedoch Rechnung tra-
                      gen, erwächst den Finanzintermediären da-
                      durch grundsätzlich kein Nachteil.
                      Imbach: Die Industrie setzt sich im Zusam-
                      menhang mit der Umsetzung der neuen Re-
                      gulierung mit zahlreichen Fragen auseinan-
                      der. Ein grosser Fokus liegt meines Erach-
                      tens derzeit auf Fragen im Zusammenhang
                      mit der Qualifikation des «reinen Fondsver-
                      triebs» als Finanzdienstleistung im Sinne von
                      Art. 3 Abs. 2 FIDLEV, den Übergangsfristen
                      nach Art. 105 und Art. 106 FIDLEV mit Blick
                      auf das «Phasing out» der alten KAG-Re-
                      gulierung sowie der Kundensegmentierung
                      nach FIDLEG bzw. KAG. Ein weiteres wich-
                      tiges Thema ist die Selbstregulierung. Auch
                      diese muss im Zuge der Anpassung der Re-
                      gulierung komplett überarbeitet werden.
                      Wir sind mit Hochdruck daran, die an die
                      neue Regulierung angepassten Richtlini-

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en, Musterdokumente und übrigen Doku-
mente zu erarbeiten. Da die Selbstregulie-
rung jedoch in der Normenhierarchie ganz
am Ende steht, können die Anpassungen,
die teilweise auch noch von der FINMA an-
erkannt werden müssen, erst dann verab-
schiedet und publiziert werden, wenn die
Folgeregulierung der FINMA verabschiedet
wurde. Dies wird voraussichtlich erst im letz-
ten Quartal 2020 der Fall sein.
Britt: Tatsächlich kann vieles noch nicht-
abschliessend geklärt werden. So ist die
FINIV-FINMA derzeit in der Vernehmlas-
sung. Auch gibt es noch keine bewilligte
Aufsichtsorganisation oder Ombudsstelle.
Viele Finanzintermediäre warten deshalb
noch mit der Umsetzung – auch wegen der
grosszügigen Übergangsfristen. Ich erwar-        Oberholzer: Ich glaube, am meisten Sor-      auch genügend erfahrene Berater im Markt,
te vor Ablauf der Übergangsfristen einen         gen bereitet noch die Unsicherheit der de-   die Unterstützung bieten.
grossen Andrang an Bewilligungsgesuchen.         finitiven Anwendung der Gesetze, Verord-
Dies kann dann schliesslich zu Engpässen         nungen und dann der Rundschreiben. Vie-      Gibt es allenfalls schon erste erfreuliche
bei den Bewilligungen führen.                    le wissen noch nicht, was die neue Regu-     Fortschritte zu vermelden?
Linhart: Eine grosse Rechtsunsicherheit          lierung alles mit sich bringen wird. Viele   Linhart: Die UBS Fondsleitung hat be-
war die Frage nach der Ablösung des KAG.         Vermögensverwalter befürchten, in ein re-    reits viele Anforderungen umgesetzt und
Mit den nun festgelegten Übergangsfristen        gulatorisches Korsett einer Bank gedrückt    ist für die weiteren notwendigen Schritte
laufen die alten und die neuen Regulierun-       zu werden. Auch wenn man anfänglich diese    sehr gut vorbereitet. Das regulatorische
gen bis auf Weiteres parallel. Und obwohl        Befürchtung haben konnte, glaube ich, dass   Projekt auf Fondsleitungsebene wurde –
grundsätzlich geklärt werden konnte, nach        sie mittlerweile unbegründet ist. ­FIDLEG    eng abgestimmt mit dem Programm der
welcher Rechtsgrundlage vorzugehen ist, er-      und FINIG sehen ein pragmatisches Regel-     UBS-Gruppe – bereits im Jahr 2018 aufge-
geben sich in der Praxis dennoch regelmäs-       werk vor, mit dem ein Vermögensverwalter     setzt. Wir hatten somit genügend Zeit, uns
sig Fragen zur Umsetzung. Eine Herausfor-        leben kann. Somit wird die wirkliche Her-    kontinuierlich auf die notwendigen Anpas-
derung ist sicher das Thema «Vertrieb» und       ausforderung jene sein, die Umsetzung an     sungen vorzubereiten. So wurden opera-
was sich im Umgang mit den bislang dele-         die Hand zu nehmen und effizient durchzu-    tiv und IT-seitig bereits früh alle erforder-
gierten Dienstleistungen ändert. Auch bei        ziehen und die Regelwerke dann auch anzu-    lichen Adaptionen in Auftrag gegeben und
der Interaktion mit unseren Private Label-       wenden und zu leben. Aber dafür gibt es ja   auch Vorkehrungen für vertragliche Ände-
ling-Kunden erleben wir in diesem Zusam-                                                      rungen sowie betriebs­interne Themen wie
menhang viele Rückfragen und werden in                                                        Policies aufgegleist.
Zusammenarbeit mit unseren UBS-Exper-                                                         Britt: Vor allem bei Verwaltern von Kollektiv­
ten, externen Kanzleien, der FINMA und                                                        vermögen, welche Vorsorgegelder verwal-
natürlich der SFAMA die neuen vertragli-                                                      ten, spüren wir einen erhöhten Bedarf, die
chen Rahmenbedingungen erarbeiten. Was                   «Wir sind als Grant                  neuen Regularien zu verstehen, da diese neu
für uns als Gesellschaft in einem internatio­                                                 der Aufsicht der FINMA unterstehen. Es ist
                                                       Thornton gut gerüstet,
nal tätigen Konzern in gewissen Regelun-                                                      diesen Vermögensverwaltern klar, dass eine
gen des FIDLEG ungünstig erscheint, ist der            um auch kleinere und                   Bewilligung der FINMA einen gewissen An-
so genannte «Swiss Finish». Da auch unse-              mittlere Player bei der                passungsbedarf in der Organisation bedeu-
re Fondsleitung einige Anforderungen nach                                                     tet. Der Austausch mit der FINMA bezüg-
MiFID II bereits umgesetzt hat, wäre eine
                                                      Navigation durch ­diese                 lich Fragen zu FINIG ist unkompliziert und
noch grössere Angleichung an die EU-Vor-               nicht ganz einfachen,                  angenehm.
schriften wünschenswert gewesen – wie bei-               neuen Gewässer zu                    Spillmann: Bei der Analyse zahlreicher be-
spielsweise bei den Informations- und Doku-                                                   reits unter dem KAG regulierter Institute
mentationspflichten oder bei der Kunden-
                                                                unterstützen.»                hat sich gezeigt, dass die notwendigen An-
klassifizierung.                                                          Veronika Britt      passungen für die Umsetzung von FIDLEG

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NEUES SCHWEIZER FINANZMARKTRECHT: ERSTE UMSETZUNGS-ERFAHRUNGEN - KAG /FIDLEG /FINIG - Grant ...
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                     und FINIG überschaubar sind. Dennoch
                     sind in der Regel abhängig von der effek-
                     tiven Geschäftstätigkeit punktuelle Anpas-
                     sungen von Organisationsreglement, Wei-
                     sungen und Verträgen nötig. Daher sollten
                     auch bereits bewilligte Institute mit der Ana-
                     lyse und Planung der Umsetzung der neuen
                     Regeln nicht allzu lange zuwarten.

                     Wie geht man die Umsetzung von FIDLEG/
                     FINIG am besten rein praktisch an? Bis
                     wann ist was zu machen;, wo setzt man
                     mit stets limitierten Ressourcen die
                     richtigen Prioritäten?
                     Spillmann: Sowohl im FIDLEG wie auch im
                     FINIG gibt es verschiedene Übergangsfris-
                     ten. Für das FIDLEG sieht die FIDLEV grund-
                     sätzlich eine Übergangsfrist von zwei Jahren
                     vor. Diese gilt jedoch nicht generell; einzelne
                     Bestimmungen sind bereits seit Anfang die-
                     ses Jahres anwendbar. Etwas anders ist die
                     Situation beim FINIG. Hier kommt für be-
                     reits unter dem KAG oder dem BEHG bewil-
                     ligte Institute eine Übergangsfrist von einem
                     Jahr zur Anwendung. Für Institute, welche
                     unter altem Recht keiner Bewilligung der
                     FINMA bedurft hatten, unter dem ­FINIG
                     aufgrund ihrer Geschäftstätigkeit jedoch
                     einer Bewilligungspflicht unterliegen, wur-
                     de für die Erlangung der Bewilligung eine
                     komfortable Übergangsfrist von drei Jah-
                     ren vorgesehen. Jedoch müssen sich die-
                     se Institute bis zum 30. Juni 2020 bei der
                     FINMA melden. Die Anwendung der Über-
                     gangsfrist von drei Jahren setzt grundsätz-
                     lich voraus, dass das Finanzinstitut bereits
                     vor dem 1. Januar 2020 zu GwG-Zwecken
                     einer SRO angeschlossen war. Aufgrund der
                     nicht kongruenten Übergangsfristen emp-
                     fiehlt es sich, die Umsetzung von FIDLEG
                     und FINIG sauber zu planen. Zwar ist es legi-
                     tim und je nach Ausgangslage durchaus sinn-
                     voll, von den Übergangsfristen Gebrauch
                     zu machen. Ohne seriöse Analyse und ein
                     Umsetzungsplan läuft man jedoch Gefahr,
                     die rechtzeitige Umsetzung von einzelnen
                     Pflichten zu verpassen.
                     Oberholzer: Die neuen Gesetze schlagen
                     nicht alle Finanzdienstleister und -institute
                     über den gleichen Leisten. Vielmehr gibt es
                     verschiedene Möglichkeiten, wie man sich
                     in dieser regulierten Zukunft positionieren

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NEUES SCHWEIZER FINANZMARKTRECHT: ERSTE UMSETZUNGS-ERFAHRUNGEN - KAG /FIDLEG /FINIG - Grant ...
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will. Darum schlage ich jedem vor, wie folgt                                                    wie dem Umgang mit dem Vertrieb, geben
                                                      «Wie die Erneuerung
vorzugehen: 1. Bestimmung des zukünftigen                                                       auch wir uns die nötige Zeit, branchenweite
Geschäfts – was will man anbieten? 2. Fest-             der Blätter im Früh-                    Standards abzuwarten. Anders ist dies etwa
legung der vorhandenen personellen Res-            ling, bringt auch dieser                     beim BIB, das wir trotz einer Übergangsfrist
sourcen – was hat man bereits? 3. Bestim-                                                       von zwei Jahren möglichst zeitnah anbieten
                                                    regulatorische Wandel
mung des Deltas – was fehlt noch? 4. Aus-                                                       wollen, um unseren Private Labelling-Kun-
wahl der erforderlichen, passenden Per-                  für unsere Kunden                      den genügend Zeit zu geben, ihre Systeme
sonen. 5. Erarbeitung der erforderlichen           wie auch für die Fonds-                      entsprechend anzupassen.
Regularien, um die Bewilligung zu erlangen.
Bei gewissen Dienstleistern ist dies ein ein-
                                                   leitung der UBS wieder                       Was ändert sich für die Anlageberater
facher Prozess, bei anderen dauert es län-             viele neue Chancen                       ab Anfang 2020? Geben Sie bitte einen
ger. Es besteht zurzeit keine Eile, aber man               und Mehrwert.»                       kurzen Überblick.
sollte sich die erforderliche Zeit nehmen.                                                      Oberholzer: Neu ist, dass die Anlagebera-
Britt: Wir empfehlen klar, sich die notwen-                            Katharina Linhart        ter nicht mehr völlig unreguliert sind, son-
dige Unterstützung in der Branche zu ho-                                                        dern sich in das Beraterregister eintragen
len. Es hilft enorm, wenn die Anpassungen                                                       lassen müssen. Auch haben sie die Verhal-
strukturiert und zielorientiert vorgenom-                                                       tensregeln nach FIDLEG einzuhalten und
men werden. So können unnötige Zusatz-                                                          sich einer Ombudsstelle anzuschliessen.
runden – auch bei der Bewilligung – vermie-                                                     Das Beraterregister nimmt zwar keine Auf-
den werden. Denn diese kosten nur Geld          terial als solches, sind beispielsweise ohne    sicht wahr, aber doch muss man ein Mini-
und Zeit. Jeder Vermögensverwalter soll-        Übergangsbestimmung bereits Anfang die-         mum an Erfahrung und eine weisse Weste
te sich im Rahmen eines Assessments die         ses Jahres in Kraft getreten. Für andere gel-   nachweisen, um in das Register aufgenom-
Frage stellen, welche Bewilligung er heute      ten wiederum Übergangsfristen, die den Ins-     men zu werden. Das stellt keine zu hohe Hür-
und für die Zukunft benötigt. Macht es al-      tituten für eine Implementierung bis zu zwei    de dar. Man darf ja auch nicht vergessen,
lenfalls Sinn, bestehende Geschäftsmodelle      Jahre Zeit einräumen. Gerade bei umset-         dass bei der Anlageberatung immer noch
zu überdenken und zu ändern – Vermögens-        zungstechnisch noch unklaren Punkten            der Kunde den Anlageentscheid fällt, nicht
verwaltung anstelle von Anlageberatung? Es                                                      der Berater. So wird die Anlageberatung auf
ist für die Vermögensverwalter auch eine                                                        ein qualitativ höheres Niveau gestellt. Nicht
Chance, ihre aktuelle Geschäftstätigkeit                                                        mehr jeder kann Anlageberatung anbieten
auszubauen oder im Rahmen der Anpas-                                                            und wenn er sie anbietet, hat er die Verhal-
sungen für die Zukunft erfolgsversprechen-                                                      tensregeln nach FIDLEG einzuhalten. Das
der auszugestalten. Betreffend Prioritäten:                                                     gibt dieser Dienstleistung eine Struktur, die
Zentral sind das Assessment und die stra-                                                       dem Kunden zum Vorteil gereicht.
tegische Analyse des Geschäftsmodells so-                                                       Spillmann: Anlageberater unterstehen den
wie der zukünftig geplanten Tätigkeiten. Es                                                     Verhaltensregeln des FIDLEG. Sofern sie
ist zu empfehlen, sich hier durch professio­-                                                   aufgrund weiterer Tätigkeiten nicht einer
nelle Berater unterstützen zu lassen, die von                                                   Bewilligungspflicht unter dem FINIG oder
einem anderen Blickwinkel die Dinge be-                                                         einem anderen Finanzmarktgesetz unter-
trachten und so die relevanten und richti-                                                      liegen, bedürfen sie keiner Bewilligung zur
gen Themen adressieren. Die eigentliche                                                         Ausübung ihrer Tätigkeit. Sie haben sich
Umsetzung kann teilweise auch alleine ge-                                                       jedoch ad personam in das neu geschaf-
macht werden.                                                                                   fene Kundenberaterregister eintragen zu
Linhart: Wie bei jeder neuen Regulierung                                                        lassen. Hierzu müssen sie nachweisen,
haben wir zunächst den Gesetzestext im                                                          dass sie 1. über hinreichende Kenntnisse
Detail aufgegliedert, die Anforderungen                                                         der ­FIDLEG-Verhaltensregeln sowie über
in Themengebiete unterteilt und mit ent-                                                        das für ihre Tätigkeit erforderliche Fach-
sprechenden Meilensteinen versehen. Dies                                                        wissen verfügen, 2. eine Berufshaftpflicht-
gibt auch hinsichtlich der unterschiedlichen                                                    versicherung abgeschlossen haben oder
Übergangsbestimmungen eine gute Über-                                                           gleichwertige finanzielle Sicherheiten be-
sicht, bis wann welcher Teilschritt umgesetzt                                                   stehen und 3. sich selbst oder über den
werden muss. Die ersten Bestimmungen,                                                           Finanzdienstleister, für den sie tätig sind,
wie die Kennzeichnung von Marketingma-                                                          einer Ombudsstelle angeschlossen haben.

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NEUES SCHWEIZER FINANZMARKTRECHT: ERSTE UMSETZUNGS-ERFAHRUNGEN - KAG /FIDLEG /FINIG - Grant ...
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Welche Übergangsfristen gelten?                                                                 verschwinden, zumal sie oft auch auf dem
Spillmann: Anlageberater haben sich in-                «Führt man sich vor                      Radar der Aufsichtsbehörde erscheint. Dies
nerhalb von sechs Monaten nach Zulas-                Augen, dass das Pen-                       insbesondere, wenn ein unabhängiger Ver-
sung in ein Beraterregister eintragen zu las-     dant zum FIDLEG in der                        mögensverwalter ein Gesuch als Vermö-
sen und einer Ombudsstelle anzuschlie-                                                          gensverwalter stellt und gleichzeitig die Tä-
ssen. Für die Eintragung im Beraterregister           EU, also die MiFID II                     tigkeit als Anlageberater für kollektive Ka-
müssen sie die entsprechenden Voraus-             und die sie erläuternden                      pitalanlagen ausübt. Dies führt oftmals zu
setzungen erfüllen. Aufgrund der in der                Ausführungen mehr                        langwierigen und detaillierten Abklärun-
FIDLEV statuierten Übergangsfristen ha-                                                         gen von Seiten der FINMA. Zudem lassen
ben die Anlageberater jedoch wie die Fi-           als 2800 Seiten umfas-                       sich durch die Vermögensverwaltung auch
nanzinstitute zwei Jahre Zeit, um die Infor-        sen, so muss man dem                        höhere Gebühren erzielen – natürlich auch
mations-, Prüf-, Dokumentations- und Re-
                                                   Schweizer Gesetzgeber                        mit einem höheren Risiko durch die über-
chenschaftspflichten sowie die Pflichten zu                                                     nommene Verantwortung für den Anlage-
Transparenz und Sorgfalt bei Kundenauf-             ein sehr gutes Zeugnis                      entscheid. Aber, um auf die Frage nochmals
trägen – soweit anwendbar – einzuhalten.                       ausstellen.»                     zurückzukommen: Ja, ich denke, ein Vermö-
                                                                                                gensverwalter sollte dies zumindest in Er-
Anlageberater, welche mitunter auch                                Dominik Oberholzer           wägung ziehen.
Fonds beraten und individuelle Vermö­-
gensverwaltung machen: Sollen sie «nur»                                                         Wie werden Anlageberater neuerdings
die Vermögensverwalter-Lizenz bean-                                                             kontrolliert und überwacht?
tragen oder auch gleich die L  ­ izenz für                                                      Britt: Die Tätigkeit der Anlageberatung
die Verwaltung von Kollektivver­mögen?                                                          untersteht dem FIDLEG, bedarf aber kei-
Spillmann: Bei entsprechenden Konstella­        sich eine Bewilligung als Verwalter von Kol-    ner Bewilligung nach FINIG. Die Anlage-
tionen stellt sich einerseits die Frage nach    lektivvermögen durchaus anbieten – nicht        berater müssen die Verhaltensregeln inkl.
der Bewilligungspflicht, anderseits aber        zuletzt auch aus reputationellen Gründen.       Angemessenheits- und Eignungsprüfung
auch diejenige nach der Bewilligungsfä-         Britt: Die Antwort auf diese Frage hängt        einhalten und ihre Organisation entspre-
higkeit. Um eine Bewilligung als Verwalter      stark mit der zukünftig geplanten Geschäfts-    chend ausgestalten. Eine Überwachung er-
von Kollektivvermögen erlangen zu können,       tätigkeit und den Ressourcen des jeweili-       gibt sich aus der Gesetzgebung nicht. So
müssen entweder entsprechende Vermö-            gen Vermögensverwalters zusammen. Für           sind Anlageberater nur bei einer allfälligen
genswerte über der «De minimis»-Schwel-         sehr kleine, unabhängige Vermögensver-          Geldwäscherei-relevanten Tätigkeit über-
le verwaltet werden, eine entsprechende         walter mit ein bis drei Personen ist eine Li-   wacht. Der Anschluss an die Ombudsstel-
Bewilligung muss vom Staat verlangt wer-        zenz für die Verwaltung von Kollektivver-       le ist für Anlageberater obligatorisch, hat
den, in welchem die kollektive Kapitalanla-     mögen schwieriger zu erreichen, jedoch mit      jedoch keine Überwachung zur Folge. Das-
ge gebildet, angeboten oder die Vorsorge-       gezieltem Outsourcing von zentralen Tätig-      selbe Bild zeigt sich bei den bisherigen «rei-
einrichtung geführt wird. Kann die Bewilli-     keiten nicht unmöglich. Die reine Anlagebe-     nen» Vertriebsträgern, welche für ihre Tä-
gungsfähigkeit begründet werden, so kann        ratung wird aus meiner Sicht immer mehr         tigkeit keine Bewilligung mehr benötigen,
                                                                                                jedoch dem FIDLEG unterstehen. Sie müs-
                                                                                                sen sich einem Beraterregister anschlies­
                                                                                                sen. Dabei handelt es sich jedoch um eine
                                                                                                rein formale Registrierung und es erfolgt
                                                                                                keine Überwachung betreffend Einhaltung
                                                                                                der FIDLEG-Regeln. Die fehlende Überwa-
                                                                                                chung dieser Tätigkeiten ist meines Erach-
                                                                                                tens eine Lücke im Gesetz.
                                                                                                Spillmann: Die Anlageberater haben sich
                                                                                                zwar in das Kundenberaterregister einzu-
                                                                                                tragen. Eine systematische Kontrolle und
                                                                                                Überwachung im Sinne einer Aufsicht wird
                                                                                                es für Anlageberater jedoch nicht geben –
                                                                                                dies im Unterschied zur EU, wo die Anla-
                                                                                                geberater identisch wie die Vermögensver-
                                                                                                walter eine Bewilligung als Wertpapierfir-

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NEUES SCHWEIZER FINANZMARKTRECHT: ERSTE UMSETZUNGS-ERFAHRUNGEN - KAG /FIDLEG /FINIG - Grant ...
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ma benötigen und prudentiell beaufsich-
tigt sind.

Wie grenzt sich Anlageberatung von
Vermögensverwaltung ab?
Spillmann: Gemäss dem Gesetzeswortlaut
handelt es sich bei der Anlageberatung um
die Erteilung von persönlichen Empfeh-
lungen, die sich auf Geschäfte mit Finanz­
instrumenten beziehen. In der Regel wer-
den dies Empfehlungen zum Kauf, zum Hal-
ten oder zum Veräussern von Finanzinstru-
menten sein. Bei der Vermögensverwaltung
handelt es sich nach dem Gesetzeswort-
laut um die Tätigkeit des Verwaltens von
Finanz­instrumenten. Auch wenn dies aus
dem Gesetzeswortlaut nicht so klar hervor-
geht, dürfte bei der Abgrenzung nach wie
vor entscheidend sein, wer letztlich den An-
lageentscheid – zur Investition, zum Halten
oder zur Devestition – trifft. Trifft der Finanz­
intermediär den Anlageentscheid in eigener
Diskretion, so liegt eine Vermögensverwal-
tung vor; liegt der Anlageentscheid hinge-
gen letztlich beim Kunden, so liegt eine An-
lageberatung vor.
Britt: Die FINMA nimmt eine Einzelfallbe-
urteilung vor. Dabei sind neben wirtschaft-
lichen Kriterien wie Höhe von Vergütungen
auch weitere Kriterien massgeblich. Ist sich
ein Institut nicht sicher, so empfiehlt sich
eine Anfrage bezüglich Unterstellung an die
FINMA. Aber auch dies kann unter Umstän-
den nicht alle Unklarheiten ausräumen. Am
Schluss muss sich das Institut entscheiden,
ob es den Weg der Anlageberatung geht
und sicher ist, dass keine bewilligungspflich-
tigen Tätigkeiten ausgeübt werden. Kann
diese Frage nicht mit einem eindeutigen
«Ja» beantwortet werden, so empfiehlt es
sich, eine Bewilligung einzuholen.

Was ändert sich für die Vermögensver-
walter? Geben Sie doch bitte einen kur-
zen Überblick.
Oberholzer: Das ist wohl die grösste Verän-
derung, welche FIDLEG und FINIG mit sich
bringen. Während die Vermögensverwalter
lediglich, aber immerhin vom GwG erfasst
waren, bedürfen sie neu einer Bewilligung
der FINMA und werden von einer Aufsichts-
organisation beaufsichtigt. Im Tagesgeschäft

B2B     JUNI 2020                                                  43
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ändert sich, dass der Vermögensverwalter           «Die Schweizer Finanz-                      gen sind zudem die Verhaltensregeln des
ein organisiertes Institut wird, das entspre-                                                  FIDLEG einzuhalten.
chend strukturiert sein und über die ent-            branche hat mit FINIG
sprechenden Prozesse verfügen muss. Da-             und FIDLEG eine Regu-                      Welche Umsetzungsfragen stellen sich
mit geht der Vermögensverwalter ein biss-           lierung mit Augenmass                      insbesondere für kleinere, einfache Ver-
chen in Richtung einer Bank.                                                                   mögensverwalter?
Britt: Bei den Bewilligungsprüfungen gibt                 erhalten, welche –                   Oberholzer: Wie bereits angedeutet ist die
es eine Zunahme aufgrund der OAK-Vermö-              richtig umgesetzt – so-                   zentrale Umsetzungsfrage für die kleineren,
gensverwalter, welche nun eine Bewilligung
                                                      wohl von grossen wie                     einfacheren Vermögensverwalter das Risi-
der FINMA benötigen. Wir sind jedoch gut                                                       komanagement und die interne Kontrolle.
darauf vorbereitet. Wir verfügen über sehr             auch kleinen Finanz­                    Diese Funktionen müssen im Prinzip von un-
erfahrene und qualifizierte Mitarbeiter und          instituten bzw. Finanz-                   abhängigen Personen wahrgenommen wer-
sind breit aufgestellt, um auch eine erhöh-                                                    den. Art. 26 FINIV sieht aber vor, dass bei
                                                       dienstleistern verdaut
te Anzahl Bewilligungsprüfungen pro Jahr                                                       kleinen Vermögensverwaltern das Risikoma-
in der erforderlichen Qualität durchzufüh-                    werden kann.»                    nagement nicht unabhängig sein muss. Liegt
ren. Bei den unabhängigen Vermögensver-                         Jean-Claude Spillmann          ein Vermögensverwalter unter der Schwel-
waltern ist ein Bewilligungsprüfbericht nicht                                                  le von Art. 26 FINIV, so kann er das Risiko-
notwendig. Dort gilt es abzuwarten, welche                                                     management und die interne Kontrolle auch
Aufsichtsorganisation gewählt wird.                                                            Personen mit ertragsorientierten Tätigkei-
                                                                                               ten übertragen, also insbesondere Perso-
Was empfehlen Sie den unabhängigen                                                             nen aus dem Portfolio Management und
Vermögensverwaltern?                            Erstellung einer Risikostrategie und Risiko-   dem Vertrieb. Liegt ein Vermögensverwal-
Britt: Sie sollten eine eingeschränkte Re-      management etc. beschäftigt. Die wirkungs-     ter hingegen über dieser Schwelle, benötigt
vision durchführen, da die vorgeschriebe-       volle Ausgestaltung des Risikomanagements      er ein Risikomanagement, das von den er-
ne jährliche Eigenmittelprüfung faktisch wie    ist für die Vermögensverwalter zentral.        tragsorientierten Tätigkeiten unabhängig ist.
eine eingeschränkte Revision ist. Es ist wie    Spillmann: Für die so genannten unabhän-       Entweder stellt er dazu Leute ein, oder er la-
erwähnt zentral, die strategische Ausrich-      gigen Vermögensverwalter bringt das ­FINIG     gert diese Dienstleistungen aus. Der Markt
tung zu definieren. Wenn der Entscheid ge-      einschneidende Neuerungen mit sich. Sie        bietet auf jeden Fall verschiedene Möglich-
fällt ist, sich als Vermögensverwalter unter-   brauchen für die Aufnahme ihrer Tätigkeit      keiten, um die passende Lösung zu finden.
stellen zu lassen, sind sicherlich die Umset-   neu eine Bewilligung als einfacher Vermö-
zung der organisatorischen Anforderungen        gensverwalter der FINMA und unterstehen        Welche Auswirkungen auf die Praxis hat
sowie die Erstellung eines zentralen Wei-       anschliessend der laufenden «prudentiel-       der Umstand, dass Vermögensverwalter
sungswesens – insbesondere das Risikoma-        len» Aufsicht einer von der FINMA bewil-       nicht mehr bewilligungsfrei mit der Ver-
nagement – wichtig. Viele Vermögensver-         ligten Aufsichtsorganisation. Neben der Er-    waltung eines Fonds starten können?
walter sind historisch gewachsen und haben      füllung und ständigen Einhaltung der für die   Spillmann: Dieser Umstand hat zunächst
sich bisher nicht eingehend mit Weisungen,      Bewilligung erforderlichen Voraussetzun-       zur Folge, dass die Hürden zur Übernah-
                                                                                               me der Verwaltung einer kollektiven Kapi-
                                                                                               talanlage steigen. Neue Finanzintermediäre
                                                                                               könnten daher versucht sein, ihr Geschäft
                                                                                               zunächst so zu strukturieren, dass sie zu Be-
                                                                                               ginn lediglich als Anlageberater für die kol-
                                                                                               lektive Kapitalanlage tätig sind und erst mit
                                                                                               steigenden Fondsvolumen die Verwaltung
                                                                                               übernehmen.

                                                                                               Worin unterscheidet sich denn ein einfa-
                                                                                               cher Vermögensverwalter vom Verwal-
                                                                                               ter von Kollektivvermögen?
                                                                                               Britt: Ein «einfacher» Vermögensverwalter
                                                                                               verwaltet keine Kollektivvermögen, sondern
                                                                                               nur individuelle Portfolios. Er kann zudem
                                                                                               Anlageberatung anbieten und kollektive

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                  Kapitalanlagen vertreiben. Der Verwalter
                  von Kollektivvermögen darf die genannten
                  Dienstleistungen ebenfalls anbieten. Das
                  Kerngeschäft ist jedoch die Verwaltung von
                  Kollektivvermögen in Form von kollektiven
                  Kapitalanlagen und/oder Vorsorgegeldern.
                  Die Unterstellung der Verwalter von Kollek-
                  tivvermögen in Form von Vorsorgegeldern
                  ist eine der Neuerungen des FINIG.
                  Spillmann: In der Regel hat ein Vermögens-
                  verwalter eine beschränkte Vollmacht für
                  ein Depot und Konto des Kunden und trifft
                  diskretionär die Anlageentscheide im Rah-
                  men der Vorgaben eines Vermögensverwal-
                  tungsvertrages. Demgegenüber verwaltet
                  der Verwalter von Kollektivvermögen von
                  mehreren Anlegern gemeinsam aufgebrach-
                  te Vermögen in einheitlicher Weise. Eine
                  Ausnahme besteht in Bezug auf die so ge-
                  nannten «De minimis»-Vermögensverwalter.
                  Diese fallen auch unter die Bewilligungska-
                  tegorie der «einfachen» Vermögensverwal-
                  ter, obschon sie Kollektivvermögen verwal-
                  ten. Auch «De minimis»-Vermögensverwal-
                  ter haben jedoch die spezifischen Bestim-
                  mungen, welche die Tätigkeit als Verwalter
                  von kollektiven Kapitalanlagen regulieren,
                  materiell einzuhalten.

                  Wie sind Fondsleitungen vom FIDLEG
                  betroffen? Sind sie auch Finanzdienst-
                  leister?
                  Imbach: Anders als im bisherigen KAG wer-
                  den mit FIDLEG die Verhaltens- und Orga-
                  nisationspflichten am «Point of Sale» neu
                  ­direkt bei den Finanzdienstleistern, also
                   dort wo der Kundenkontakt besteht, an-
                   geknüpft. Vor diesem Hintergrund gilt eine
                   Fondsleitung, welche ausschliesslich eigene
                   Fonds verwaltet – einschliesslich Portfolio-
                   Verwaltung – und diese nicht selbst im Rah-
                   men einer Finanzdienstleistung «vertreibt»,
                   nicht als Finanzdienstleisterin im Sinne des
                   ­FIDLEG. Das FIDLEG greift also in solchen
                    Fällen nicht. Die Fondsleitung kann jedoch
                    unter Umständen selbst Kundin einer Fi-
                    nanzdienstleistung sein. Dies gilt nament-
                    lich dann, wenn sie die Portfolio-Verwaltung
                    – eine Finanzdienstleistung – ihres Fonds an
                    einen anderen Vermögensverwalter über-
                    trägt. Aber auch wenn sich eine Fonds-
                    leitung im konkreten Fall nicht als Finanz-

B2B   JUNI 2020                                             45
legal & compliance

dienstleisterin qualifiziert, ist sie an Verhal-   liche Bewilligungsgrundlage mehr. Die rei-        Partner aufwändiger. Konnten sie sich bis-
tens- und Organisationspflichten gebunden.         nen Vertriebsträger, welche keine Vermö-          her neben ihrer eigenen Beurteilung auf
Für sie gelten weiterhin die im KAG verblei-       gensverwaltung und/oder Anlageberatung            die Bewilligung der FINMA und die lau-
benden produktspezifischen Verhaltens-             anbieten, unterstehen keiner Bewilligungs-        fende Prüfung der Einhaltung der SFAMA-
und Organisationspflichten in Art. 20 KAG.         pflicht mehr. Sie müssen sich jedoch in ein       Vertriebsricht­linie durch eine Prüfgesell-
Diese gelten für sämtliche Personen, die kol-      Beraterregister gemäss FINIG eintragen las-       schaft abstützen, so entfallen diese beiden
lektive Kapitalanlagen verwalten, aufbewah-        sen und sich einer Ombudsstelle anschlies­        Elemente zukünftig. Die Fondsleitungen und
ren oder vertreten sowie für deren Beauf-          sen. Aktuell ist weder ein Beraterregister        Vertreter haben damit eine ähnliche Situa-
tragte. Der guten Ordnung halber sei aber          noch eine Ombudsstelle von der FINMA              tion, wie sie die Banken bislang mit den un-
darauf hingewiesen, dass eine Fondsleitung         bewilligt. Zudem müssen die Vertriebsträ-         regulierten Vermögensverwaltern hatten.
jedoch immer dann als Finanzdienstleiste-          ger die Vorschriften zu den Verhaltensre-         Fondsleitungen und Vertretern sei daher
rin gilt, wenn sie neben dem Fondsgeschäft         geln gemäss FIDLEG bzw. FIDLEV umset-             empfohlen zu prüfen, ob und gegebenen-
im oben erwähnten Sinne für Kunden wei-            zen und einhalten. Im alten Regime wurden         falls wie der Due Diligence-Prozess anzu-
tere Dienstleistungen erbringt, wie insbe-         die Vertriebsträger zwar von der ­FINMA           passen ist, um die weggefallene institutio-
sondere individuelle Anlageberatung, Ver-          bewilligt und mussten Änderungen der Be-          nalisierte Prüfung zu kompensieren.
mögensverwaltung oder den reinen Fonds-            willigungsvoraussetzungen mitteilen, un-
vertrieb. Solche Tätigkeiten stellen Finanz-       terstanden jedoch nicht der direkten Auf-         Grenzüberschreitende Aktivitäten: Wie
dienstleistungen dar, womit die Pflichten          sicht. Die Überwachung erfolgte zweistufig        bediene ich Kunden im Ausland, ändert
gemäss F   ­ IDLEG zur Anwendung kommen.           über die Prüfgesellschaft und den Vertre-         sich etwas?
                                                   ter bzw. die Fondsleitungen. Die Verträge         Oberholzer: Der grenzüberschreitende
Was passiert mit den ehemaligen «Ver-              mit den Vertretern bzw. mit den Fondslei-         Vertrieb wird die Knacknuss bleiben. Man
triebsträgern»: Wer wacht nun über de-             tungen werden weiterhin zentraler Bestand-        hat in jedem Fall mehrere Rechtsordnungen
ren Qualität und Integrität? Besteht bei           teil des Vertriebs von Fonds sein. Somit liegt    zu berücksichtigen. Das ist aufwändig, vor
der Vermarktung von Fonds im mehrstu-              es in der Verantwortung der Vertreter bzw.        allem, wenn man sich vor Augen hält, dass
figen Vertrieb allenfalls ein Reputations-         der Fondsleitungen, die Vertriebsträger ent-      sich auch die ausländischen Gesetze rasch
risiko für den Finanzplatz Schweiz?                sprechend zu überwachen. Ich glaube nicht,        ändern können. Es empfiehlt sich, sich auf
Linhart: Dies ist ein Thema, mit dem wir           dass diese Überwachung in Zukunft weniger         einige Märkte zu konzentrieren, diese da-
uns in den letzten Monaten intensiv aus-           gewissenhaft erfolgt, da die Vertreter wie        für richtig zu bearbeiten und mit den regu-
einandergesetzt haben. Als renommier-              auch die Fondsleitungen sich gegenüber ih-        latorischen Anforderungen stets vertraut
te Fondsleitung, welche den Vertrieb der           rer Prüfgesellschaft und der FINMA recht-         zu bleiben.
Anlagefonds an UBS Asset Management                fertigen müssen. Die Industrie wird entspre-      Imbach: Das FIDLEG adressiert lediglich
oder dritte Firmen übertragen hat, ist es          chende Standards erarbeiten und für ver-          das grenzüberschreitende «Inbound»-Ge-
aus Gründen einer angemessenen Betriebs­           bindlich erklären müssen.                         schäft direkt. So gelten für Finanzdienst-
organisation und der Reputation – und so-          Oberholzer: Die Vertriebsträgerbewilli-           leister und deren Kundenberater aus dem
mit unabhängig von der direkten regulatori-        gung ist weggefallen, gilt aber während der       Ausland grundsätzlich dieselben Regelun-
schen Verpflichtung – essenziell, dass unse-       Übergangsfrist weiter. Die meisten bisheri-       gen wie für Schweizer Finanzdienstleister
re Vertragspartner gemäss den Richtlinien          gen Vertriebsträger dürften Anlageberater         und deren Kundeberater. Auf das «Out-
und Vorgaben handeln, unsere Fondspro-             werden, ausser sie bieten nur die Finanz-         bound»-Geschäft hat das FIDLEG hingegen
dukte professionell anbieten und am Markt          dienstleistung des «Erwerbs und Veräusse-         keine direkten Auswirkungen. Eines der Zie-
als verantwortungsbewusste Dienstleister           rungen von Finanzinstrumenten» nach Art.          le des Gesetzespakets FIDLEG/FINIG war
agieren. Selbstverständlich wird die Über-         3 Bst. c Ziff. 1 FIDLEG an, ohne auch Bera-       jedoch auch die Stärkung der internationa-
wachung angepasst werden müssen, ganz              tungsdienstleistungen zu erbringen. Die Ab-       len Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer
abschaffen werden wir sie aber nicht. Wie          grenzung zwischen diesen zwei Dienstleis-         Finanzindustrie, namentlich durch die Ver-
das neue Kontrollkonzept aussehen wird,            tungen ist oftmals heikel. Darum empfeh-          besserungen unserer Ausgangslage bei der
hängt nun einerseits von den angepassten           le ich, im Zweifelsfalle die Vorbereitung für     Exportfähigkeit von Finanzdienstleistungen
vertraglichen Rahmenbedingungen ab, an-            die Erbringung der Beratungsdienstleistung        und Finanzinstrumenten. Die politische Aus-
derseits vom Dienstleistungsangebot des            zu treffen und sich ins Beraterregister ein-      gangslage – Rahmenabkommen Schweiz/
Vertragspartners, das sich möglicherweise          tragen zu lassen, wenn dann das erste be-         EU, Brexit etc. – gestaltet sich zwar nach wie
vom heutigen unterscheiden wird.                   willigt ist. So ist man auf der sicheren Seite.   vor schwierig, unsere Behörden und auch
Britt: Die bisherigen Vertriebsträger sind         Spillmann: Für Fondsleitungen und Vertre-         wir engagieren uns jedoch weiterhin dafür,
seit dem 1. Januar 2020 nicht mehr bewil-          ter, welche mit den Vertriebsträgern zusam-       dass die Schweiz ihre Position im interna­
ligungspflichtig bzw. es gibt keine gesetz-        menarbeiten, wird die Due Diligence ihrer         tionalen Wettbewerb stärken kann.

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legal & compliance

Spillmann: Mit FIDLEG und FINIG wurde
mitunter zu erreichen versucht, die Schwei-
zer Regulierung an die europäische Regu-
lierung (namentlich MiFID II und MiFIR) an-
zugleichen, mit der Hoffnung, dereinst un-
ter der MiFIR einen erleichterten Marktzu-
gang in die EU zu erhalten. Voraussetzung
wäre hierfür, dass die Schweizer Regulierung
von der EU als mit ihrer eigenen Regulierung
äquivalent anerkannt würde. Diesfalls wäre
es für Schweizer Finanzdienstleister mög-
lich, direkt professionelle europäische Kun-
den anzugehen, ohne hierfür über eine Prä-
senz in der EU zu verfügen. Ob und gege-
benenfalls wann die Schweizer Regulierung
als äquivalent anerkannt wird, steht vor dem
Hintergrund der heutigen politischen Situa-      Welche konkreten Problemstellungen               Zum Vertretergeschäft in der Schweiz:
tion allerdings in den Sternen. Insofern erge-   ergeben sich hieraus in der Praxis?              Was hat sich seit anfangs Jahr geändert?
ben sich für Schweizer Finanzdienstleister       Britt: Das Hauptproblem besteht darin,,          Geben Sie den Lesern doch einen kur-
für ihre grenzüberschreitenden Aktivitäten       dass die meisten Akteure mit den Gesu-           zen Überblick.
aus heutiger Sicht kaum Erleichterungen.         chen abwarten, bis diesen Stellen die ent-       Imbach: Mit der Einführung von FIDLEG/
Linhart: Lange hat sich die Hoffnung breit       sprechenden Bewilligungen erteilt sind. Hin-    FINIG bzw. den entsprechenden Anpas-
gemacht, dass durch eine MiFID II-Äquiva-        zu kommen die grosszügigen Übergangsfris-       sungen im KAG wurde die Pflicht, für aus-
lenz der Vertrieb in die EU erleichtert wird.    ten. Aus meiner Sicht wird dies zu einem        ländische kollektive Kapitalanlagen einen
Da wir als Gesellschaft eines international      «Bewilligungsstau» führen.                      Vertreter und eine Zahlstelle zu bezeich-
agierenden Finanzinstitutes bereits seit län-    Linhart: Wir sehen eine Schwierigkeit in        nen, auf das Angebot für nicht-qualifizier-
gerem einige Teilbereiche von MiFID II um-       der Beratung insbesondere derjenigen            te Anleger sowie Investoren, die erst durch
gesetzt haben, hätten auch wir sicher da-        unserer Kunden, die derzeit Vertreter-          ein «Opting up» zu qualifizierten Anlegern
von profitiert. So sehen wir allerdings allein   dienstleistungen beanspruchen, jedoch           wurden, eingeschränkt, so Art. 120 Abs. 4
aufgrund von FIDLEG keinen Anpassungs-           ausschliesslich per se professionelle An-       KAG. Für alle übrigen Angebote ausländi-
bedarf.                                          leger bedienen und sich deshalb überle-         scher kollektiver Kapitalanlagen an qualifi-
Spillmann: Noch ein Wort zu den Vermö-           gen, künftig auf die Vertreter- bzw. Zahl-      zierte Anleger, einschliesslich Vermögens-
gensverwaltern: Weder die Einhaltung von         stellendienstleistung zu verzichten sowie       verwaltungs- und Anlageberatungskunden
FIDLEG noch die Einhaltung der MiFID II          die entsprechenden Vertriebsverträge zu         von prudentiell beaufsichtigten Finanz­
bringt ihnen einen vereinfachten Zugang          kündigen. Dies ist zwar grundsätzlich mög-      intermediären nach BankG, FINIG oder
zum europäischen Markt. Insofern ergibt          lich, sobald die Verhaltens- und Organisa-      nach ausländischem Recht, wurde diese
sich unter dem neuen Recht in Bezug auf die      tionspflichten nach F­ IDLEG am «Point of       Pflicht aufgehoben. Darüber hinaus ist der
Kundenakquisition keine Erleichterung. Für       Sale» umgesetzt sind. Es besteht aber das       Vertreter auf Grund des Wegfalls des Ver-
die neu regulierten Vermögensverwalter er-       Problem, dass nach einer einmal erfolgten       triebsbegriffs, einschliesslich Vertriebsträ-
gibt sich jedoch insofern eine Verschärfung,     Beendigung der Vertreterverträge oft kei-       ger und dessen Pflicht einen Vertriebsver-
als die Einhaltung ausländischen Rechts bei      ne Gelegenheit mehr besteht, die ehema-         trag abzuschlies­sen, künftig auch nicht mehr
der Beurteilung der Reputationsrisiken auch      ligen Kunden bei der Umsetzung der er-          zwingend in die «Vertriebskette» eingebun-
unter der lokalen Regulierung von Bedeu-         forderlichen Massnahmen gegenüber ih-           den. Ist der Vertreter zu dem nicht selbst am
tung sein wird. Allzu «pragmatische» und «ri-    ren «Vertriebsträgern» zu unterstützen. Ins-    «Point of Sale» tätig, ist er auch kein Finanz-
sikobasierte» Ansätze bei der Kundenak-          besondere geht es darum, dass diese sich        dienstleister. Trotz dieser «Deregulierung»
quisition und beim Vertrieb werden daher         zur gegebenen Zeit einer Ombudsstelle           ist jedoch zu beachten, dass sich derzeit in
kaum mehr möglich sein. Es gilt daher die        anschliessen und gegebenenfalls im Bera-        den meisten Fällen noch nichts am bishe-
grenzüberschreitende Tätigkeit gegebenen-        terregister eintragen. Ausländischen Fonds      rigen «­Setup» ändern wird. Denn: Mit den
falls neu zu prüfen und zu regeln.               bzw. deren Verwaltungsgesellschaften wird       Übergangsfristen betreffend die neuen Ver-
                                                 es in der Praxis schwer fallen, diesem Erfor-   haltens- und Organisationspflichten nach
Es fehlen derzeit Beraterregister, Auf-          dernis ohne konkrete Unterstützung Rech-        ­FIDLEG – Art. 105 f. FIDLEV – geht auch
sichtsorganisation, Ombudsstelle etc.:           nung zu tragen.                                  ein «Phasing out» verschiedener, bisheriger

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legal & compliance

facts             Grant Thornton
                                                                   Firmenmeinung zum neuen Schweizer Finanzmarktrecht

                                                       Kellerhals Carrard                   PricewaterhouseCoopers
 Grant Thornton ist ein führendes Wirt-   Dominik Oberholzer ist Partner der         Das Ziel bei PwC besteht darin, Ver-
 schaftsprüfungs- und Beratungsunter-     Kanzlei Kellerhals Carrard, einer          trauen in der Gesellschaft aufzubauen
 nehmen mit fundierter Erfahrung im       Schweizer Wirtschaftskanzlei mit           und Probleme zu lösen. Das Unterneh-
 Bereich Audit Financial Services. Vor    Niederlassungen in Zürich, Bern, Ba-       men ist ein Netzwerk von Firmen in 157
 diesem Hintergrund begrüsst Grant        sel, Genf, Lausanne, Lugano und Sion.      Ländern mit mehr als 223 000 Mitar-
 Thornton die neuen Änderungen im Fi-     Mit seinem Team betreut er den Be-         beitern in den Bereichen Wirtschafts-
 nanzmarktrecht. Die Regulierung der      reich Banking & Finance und zwar mit       prüfung, Beratung, Steuer- und Rechts-
 unabhängigen Vermögensverwalter ist      einem Schwerpunkt Asset Manage-            beratung sowie digitaler Dienstleistun-
 ein wichtiger Schritt, um den Anleger-   ment und allen verwandten Gebie-           gen. Bei PwC Schweiz tragen mehr als
 schutz und das Vertrauen in den Fi-      ten, einschliesslich der Prozessfüh-       3000 Mitarbeitende und Partner an 14
 nanzplatz zu stärken. Die Gleichschal-   rung. Dominik Oberholzer wird von          Standorten und im Fürstentum Liech-
 tung der Bewilligung für Vermögens-      allen grossen internationalen Ran-         tenstein dazu bei, den Mehrwert zu
 verwalter von Vorsorgegeldern mit je-    kings für den Bereich Investment           schaffen, den Organisationen und Per-
 nen von kollektiven Kapitalanlagen war   Funds empfohlen, so denn auch von          sonen suchen. Legal ist der juristische
 eine notwendige Konsequenz, denn         Chambers and Partners. Er publiziert       Zweig und Teil des geografisch gröss-
 beide Vermögensverwalter verwalten       und referiert regelmässig in diesen        ten juristischen Netzwerks der Welt mit
 Kollektivvermögen.                       Fachbereichen.                             mehr als 4000 Anwälten.

                                                                         SFAMA                  UBS Fund Management AG
                                          Die im Jahr 1992 mit Sitz in Basel ge-     UBS Fund Management (Switzerland)
                                          gründete Swiss Funds & Asset Ma-           AG ist mit mehr als 150 Mitarbeitern
                                          nagement Association (SFAMA) ist die       das UBS Kompetenzzentrum für Ma-
                                          Branchenorganisation der Schweizer         nagement Company und Private Label-
                                          Fonds- und Asset-Management-Wirt-          ling Dienstleistungen. Das Unterneh-
                                          schaft. Ihr Mitgliederkreis umfasst alle   men ist darauf spezialisiert, für Kun-
                                          wichtigen schweizerischen Fondslei-        den sowie Partner individuelle und
                                          tungen, zahlreiche Asset Manager           massgeschneiderte Fonds-Lösungen
                                          sowie Vertreter ausländischer kol-         zu strukturieren, lancieren und verwal-
                                          lektiver Kapitalanlagen. Ihr gehören       ten. Die Fachstelle Regulatory Monito-
                                          zahlreiche weitere Dienstleister an,       ring ist für das Screening und die Um-
                                          welche im Asset Management tätig           setzung neuer Regulationen zuständig.
                                          sind. Die SFAMA ist aktives Mitglied       Mit der Broschüre «Regulatory Radar»
                                          der europäischen Investmentvereini-        wird eine Übersicht über die wichtigs-
                                          gung European Fund and Asset Ma-           ten fondspezifischen regulatorischen
                                          nagement Association (EFAMA) in            Änderungen und den jeweiligen Impact
                                          Brüssel.                                   auf die Business Partner angeboten.

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legal & compliance

KAG-Regelungen einher, einschliesslich der         eines Vertreters die Möglichkeit des Anbie-       Linhart: Eine fondspezifische Diskussion,
Pflicht, bei allen Angeboten an qualifizierte      tens ihrer Fonds an vermögende Privatper-         die wir sowohl intern als auch mit anderen
Anleger einen Vertreter und eine Zahlstel-         sonen offenhalten wollen. Erste Erfahrun-         Marktteilnehmern klären mussten, war die
le zu bestellen. Dies bedeutet im Ergebnis,        gen zeigen, dass Anbieter selbst in den Fäl-      Frage: «Wer ist eigentlich Kunde der Fonds-
dass von den erwähnten Erleichterungen im          len, in welchen vermögende Privatpersonen         leitung?». Die «Kunden», die wir intern als
Zusammenhang mit dem Wegfall der Ver-              nicht zur Kernzielgruppe zählen, an der Be-       solche bezeichnen – unsere Private Label-
treter- und Zahlstellenpflicht nur profitie-       stellung eines Vertreters festgehalten wer-       ling-Partner, die mit dem Wunsch als Spon-
ren kann, wer am «Point of Sale» alle neuen        den. Eine andere Frage ist, ob und wie sich       sor eines Fonds auf uns zukommen – wer-
­FIDLEG-Pflichten bereits umsetzt. In der          allenfalls die Einschränkung der Pflicht zur      den unter FIDLEG nicht als «Kunden» gese-
 Praxis dürfte das bedeuten, dass bis zum          Bestellung eines Vertreters auf die Vertre-       hen. Die einzige Finanzdienstleistung nach
 Ablauf der Übergangsfrist Ende 2021 die           ter-Gebühren auswirken wird.                      FIDLEG, die die Fondsleitung erbringt, ist
 meisten ausländischen Fonds ihre Vertre-                                                            nämlich das Asset Management, welches
 ter und Zahlstellen sowie die entsprechen-        Neu besteht auf Gesetzesstufe die                 aber delegiert ist. Sprich, der «Kunde» ist
 den Vertriebsverträge beibehalten müssen,         Pflicht zur Kundensegmentierung. Wel-             so gesehen der Fonds an sich und muss
 da verschiedene Finanzdienstleister – ehe-        che Herausforderungen ergeben sich                somit vom Asset Manager – da delegiert –
 malige Vertriebsträger – FIDLEG erst dann         mitunter auch bezüglich den unter-                oder ausnahmsweise von der Fondsleitung,
 umsetzen werden.                                  schiedlichen Begriffsführungen zwischen           zum Beispiel bei SICAV-Strukturen, klassi-
 Linhart: Auf den ersten Blick scheint es          KAG, FIDLEG und MiFID?                            fiziert werden. Bei der Klassifizierung sel-
 eine Erleichterung zu sein, dass Anbieter         Britt: Mit dem FIDLEG wurde in der Schweiz        ber wäre für UBS Asset Management als
 von ausländischen kollektiven Kapitalanla-        – analog zur EU-Regulierung – tatsächlich         globaler Portfoliomanager die Angleichung
 gen, die sich an per se qualifizierte Anleger     erstmals eine Pflicht zur Kundensegmen-           an MiFID II klar von Vorteil gewesen. Diese
 richten, nach dem neuen Fondsrecht keine          tierung auf Gesetzesstufe eingeführt. Dies        nun ganz neue FIDLEG-Klassifizierung hat
 Vertreter und Zahlstellen mehr benötigen.         bedingt interne organisatorische Anpassun-        nicht nur systemspezifische Anpassungen
 Zu bedenken gilt allerdings, dass dies erst       gen. International operierende Anbieter ha-       mit sich gebracht, sondern birgt ob der zu-
 zum Tragen kommt, wenn die eingesetzten           ben da bereits Erfahrungen wie beispiels-         sätzlichen Anhäufung an Daten auch erhöh-
 Vertriebsträger FIDLEG-konform sind. Bis          weise mit der EU MiFID-Kundensegmentie-           ten Aufwand in deren Wartung. Zu Beden-
 dahin sind sie gemäss einschlägigem Über-         rung. Für unabhängige Vermögensverwalter          ken gilt nämlich, dass es neben dieser Art
 gangsrecht nach wie vor den Regelungen            oder auch unabhängige Kundenberater, die          der Kundenkategorisierung auch noch eine
 nach KAG, wie sie bis Ende 2019 ausschliess-      bisher als Vertriebsträger operierten, kann       Vielzahl weiterer gibt, so etwa steuerspe-
 lich galten, unterstellt. Wem als ausländi-       dies hingegen Neuland mit entsprechendem          zifische, und somit wäre ein einheitliches
 scher Finanzintermediär der Einblick in die       Aufwand bedeuten. Die Kundensegmentie-            Konzept in Zeiten, in denen die Reduktion
 Schweizer Rechtslage resp. die Erfahrung          rung kennen wir ja bereits aus dem KAG.           der Komplexität des Datenmanagements
 am Schweizer Markt fehlt, dem empfiehlt           Die Thematik ist zumindest für die Fonds­         und die Sicherstellung eines konsistenten
 sich auch weiterhin eine Schweizer Vertre-        industrie nicht neu. Mit der Anlehnung an         Datenschutzes besonders hoch priorisiert
 tung wie beispielsweise durch das Priva-          MiFID II erlaubt FIDLEG auch in Bezug auf         werden, wünschenswert gewesen.
 te Labelling-Vertretungsangebot der UBS           den Begriff des Qualifizierten Anlegers eine
 Fondsleitung, die den hiesigen Markt und          gewisse Annäherung an den europäischen            Was wird sich bezüglich Publikations-
 dessen Bedingungen gut kennt und wäh-             Begriff. Das ist sicher ein Vorteil. Die Umset-   formate in der Schweiz durchsetzen –
 rend der zweijährigen Übergangsphase Un-          zung der Segmentierung sehe ich weniger           das PRIIP-KID oder das BIB? FIDLEG
 terstützung bieten kann.                          problembehaftet. Die wahre Herausforde-           überlässt die Wahl zwischen EU und CH
 Spillmann: Die Einschränkung der Pflicht          rung liegt wohl eher in den mit dieser Seg-       grundsätzlich den Anbietern.
 zur Bestellung eines Vertreters kann für ver-     mentierung verknüpften Verhaltensregeln,          Linhart: Obwohl die Fondsleitung der
 schiedene Vertreter zum Wegfall eines be-         die neu im Gesetz verankert und damit öf-         UBS als international orientiertes Unter-
 deutenden Teils ihres Geschäfts führen. Na-       fentlich-rechtlicher Natur sind. Die Verhal-      nehmen für UBS-Fonds grundsätzlich das
 mentlich diejenigen Vertreter, welche sich        tensregeln sind zudem in der Optik einer          PRIIPs-KID anbietet, planen wir für unse-
 auf die Vertretung von nicht von der ­FINMA       Endkundenbeziehung ausgestaltet worden.           re Schweizer Private Labelling-Kunden zu-
 zum Vertrieb an nicht-qualifizierte Anle-         Damit stellt sich die Frage, wie mit den bis-     sätzlich auch das BIB zu offerieren. Es ist in
 ger genehmigte kollektive Kapitalanlagen          her für den doch wichtigen B2B-Bereich            einigen Punkten weniger komplex und soll-
 spezia­lisiert haben, sehen sich in ihrer Exis-   des Fondsgeschäfts relevanten, langjähri-         te mit dem «Schweizer Stempel» versehen
 tenzgrundlage bedroht. Ob diese Angst be-         gen und in der Praxis etablierten Verhaltens-     auf die Bedürfnisse des hiesigen Marktes
 rechtigt ist, hängt mitunter davon ab, wie vie-   regeln zu verfahren ist. Diese Frage ist mei-     ausgerichtet sein. Wir überlassen die Ent-
 le Fondsanbieter sich durch die Bestellung        nes Wissens bisher noch ungelöst.                 scheidung allerdings unseren Kunden. Wer

B2B     JUNI 2020                                                                                                                              49
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