NEUES SCHWEIZER FINANZMARKTRECHT: ERSTE UMSETZUNGS-ERFAHRUNGEN - KAG /FIDLEG /FINIG - Grant ...
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legal & compliance KAG /FIDLEG /FINIG NEUES SCHWEIZER FINANZMARKTRECHT: ERSTE UMSETZUNGS ERFAHRUNGEN 34 B2B JUNI 2020
legal & compliance Die neue Schweizer Finanzmarktregulierung mit ih- rer Dreifaltigkeit KAG, FIDLEG, FINIG ist seit An- fang 2020 in Kraft. Zeit für einen ersten Austausch von Wissen und praktischen Erfahrungen unter be- troffenen Finanzdienstleistern: Was ändert sich für Anlageberater, Vermögensverwalter, Vertreter und Fondsleitungen? Worin liegen die grossen Herausfor- derungen? Was plagt Finanzintermediäre zurzeit am meisten und wer kämpft mit welchen Sorgen? Inwie- weit sind von der neuen Regulierung auch die auslän- dischen Marktteilnehmer betroffen? Wobei gibt es allenfalls aber auch bereits erste erfreuliche Fort- schritte zu vermelden? Die B2B-Redaktion unterhält sich dazu mit den Fachexper- ten Veronika Britt [Grant Thornton], Diana Imbach Haumüller [SFAMA], Katharina Linhart [UBS Fund Management], Dominik Oberholzer [Kellerhals Carrard] und Jean-Claude Spillmann [PWC Legal]. B2B JUNI 2020 35
legal & compliance Die neue Finanzmarktrechtarchitek- «Wir sind mit Hoch- verschiedenen Gesetze sowie den entspre- tur wirkt sich auf die Regulierung der chenden Verordnungen für teilweise kom- Fonds- und Asset Management-Indus druck daran, die an plexe Abhängigkeiten. trie besonders stark aus. Weshalb? die neue Regulierung Imbach: Das bisherige KAG regelte drei ver- Imbach: Mit dem Finanzdienstleistungs schiedene Bereiche: 1. die Bewilligung und angepassten Richtlinien, gesetz FIDLEG und dem Finanzinstitutsge- Aufsicht von Finanzinstituten, 2. den Ver- setz FINIG wurde die bestehende Finanz- Musterdokumente und trieb von kollektiven Kapitalanlagen und 3. marktrechtarchitektur auf den 1. Januar übrigen Dokumente zu die Genehmigung von kollektiven Kapitalan- 2020 grundlegend umgestaltet. Die bisher lagen sowie weitere produktspezifische As- erarbeiten.» primär sektorielle Regulierung im Kollektiv pekte. Mit der neuen Finanzmarktrechtar- anlagengesetz KAG wurde durch die hori- Diana Imbach Haumüller chitektur wird die Bewilligung und Aufsicht zontale Regulierung im FIDLEG und FINIG über Fondsleitungen und Fondsverwalter aufgebrochen. Die Fonds- und Asset Ma- abschliessend im FINIG geregelt. Die Re- nagement-Industrie ist davon in besonde- gelung des «Vertriebs» von kollektiven Ka- rem Masse betroffen, weil die neuen Rege- pitalanlagen sowie die entsprechenden Ver- lungen auch umfassende Anpassungen im haltenspflichten werden neu bei der Erbrin- Kollektivanlagenrecht zur Folge haben. An- Finanzdienstleistungen und das KAG die gung der Finanzdienstleistungen im FIDLEG ders als andere Zweige der Finanzindustrie Fonds. An diese Aufteilung kann man sich geregelt. Dies bedeutet unter anderem, ist unsere Industrie somit von allen drei Ge- schnell gewöhnen. Ich glaube, dass dies gut dass der bisherige Vertriebsbegriff nach setzen, also von den zwei neuen Gesetzen gelungen ist. Art. 3 KAG zu Gunsten des Angebotsbe- FIDLEG und FINIG sowie dem KAG, glei- Spillmann: Allerdings ist diese Dreiteilung griffs, teilweise auch zu Gunsten des Be- chermassen betroffen. Für unsere Industrie nicht in allen Belangen konsequent umge- griffs der Finanzdienstleistung, aufgege- gilt daher in der Tat «aus 1 mach 3». setzt. So gibt es zahlreiche Ausnahmen, wel- ben wird. Im KAG verbleiben lediglich die che nicht dazu beitragen, dass die neue Ge- produktspezifischen Regelungen, wie jene Aus 1 mach 3: Regulierung im Fondsbe- setzeslandschaft übersichtlicher wird. Zum für SICAV, SICAF, KmGK, die Regelungen reich besteht mit der aktuellen Finanz- Beispiel wurden die Vermögensverwalter zur Genehmigungspflicht oder die Pflicht marktarchitektur namentlich nun aus kollektiver Kapitalanlagen – neu: Verwalter zur Bestellung von Vertretern und Zahlstel- drei verschiedenen Regularien: KAG, von Kollektivvermögen – sowie die Fonds- len. Diese Triage zwischen den drei Regula- FIDLEG und FINIG. Was bedeutet dies leitungen zwar ins FINIG überführt. Die Ver- rien stellt Fondsanbieter, Finanzdienstleis- für Anbieter, Prüfer und Aufsichtsbe- treter ausländischer kollektiver Kapitalanla- ter, Prüfer, die FINMA, aber auch uns als hörde? gen sowie die Depotbanken verbleiben je- Verband vor allem in der Übergangspha- Oberholzer: Man muss sich vorerst in den doch im KAG. Auch finden sich im FIDLEG se vor Herausforderungen. Namentlich der drei neuen Gesetzen zurechtfinden. Aller- durchaus produktspezifische Regelungen Wegfall des Vertriebsbegriffes und dessen dings ist die Aufteilung auf die drei neuen wie zum Beispiel diejenigen zum Basisin- Ersatz durch das Angebot einerseits und Gesetze sinnvoll und logisch: Das FINIG formationsblatt oder zum Prospekt. Zudem die Finanzdienstleistung anderseits, führen regelt die Finanzinstitute, das FIDLEG die sorgen zahlreiche Verweise innerhalb der zu anspruchsvollen konzeptionellen Ände- rungen. Aus diesem Grund hat die S FAMA Ende Dezember 2019 «Frequently Asked Questions» publiziert, mit dem Ziel, ein ein- heitliches Verständnis zu verschiedenen Grundsatzfragen zu etablieren. Britt: Die Institute und Produkte waren frü- her im KAG sowie in diversen Rundschrei- ben und Mitteilungen der FINMA geregelt. Neu ist das FINIG Basis für grundsätzlich alle auf dem Finanzmarkt Schweiz tätigen Teilnehmer. Das KAG verbleibt als Produk- tegesetz bestehen. Mit der neuen Finanz- marktarchitektur fügte der Gesetzgeber die Rundschreiben, die Mitteilungen und die Praxis der FINMA in die Gesetze ein. Für Prüfer und die Aufsichtsbehörde ist die- 36 B2B JUNI 2020
legal & compliance se Integration hilfreich, um möglichen Dis- kussionen mit Finanzmarktteilnehmern vor- zubeugen. Die neue Gesetzgebung schafft so mehr Klarheit. Linhart: Was anfangs für die Fondsleitung eine grosse Herausforderung schien – zu- sätzliche Gesetzestexte erhöhen die Kom- plexität von Aufgabenstellungen – hat sich binnen kurzer Zeit als gut lösbar entpuppt. Wie auch bei der Einführung des KAG wird es aber auch hier noch einige Zeit dauern, bis das Konzept konsistent umgesetzt ist. Ein besonderes Augenmerk haben wir an- gesichts der nun drei relevanten Gesetzes- texte auf die Anpassungen der Verträge und internen Dokumentationen in Bezug auf die neuen Begrifflichkeiten und Gesetzesver- weise gelegt und sind darauf bedacht, unse- re Private Labelling-Kunden frühzeitig über entsprechende Änderungen zu informieren. Worin besteht der Nutzen für die Inves- toren? Britt: Mit der neuen Finanzmarktrechtarchi- tektur und namentlich mit FINIG wurde der Versuch gewagt, die Tätigkeit der auf dem Finanzplatz Schweiz aktiven Finanzinstitu- te den gleichen Bedingungen zu unterstel- len und damit auch das Vermögensverwal- tungsgeschäft gesamthaft zu erfassen. Das FIDLEG wiederum schafft vergleichbare Be- dingungen für das Erbringen dieser Services durch die Finanzdienstleister. Wie auch das KAG haben sie zum Ziel, den Anlegerschutz zu stärken. Der Nutzen für die Anleger ist sicherlich dort einzuordnen, dass die un- abhängigen Vermögensverwalter neu über- wacht und vor allem das Risikomanagement sowie allgemein die Conduct-Themen stär- ker gewichtet werden. Ob sich der Anleger- schutz tatsächlich erhöht und sich dieser für den Anleger lohnt, ist eine andere Frage. Re- gulierung kostet und wird sich auch auf die Rendite der Anleger auswirken. Interessant wird auch sein, ob sich die neu geschaffene Ombudsstelle bewährt. Oberholzer: Sicherlich bieten diese drei Gesetze einen pragmatischen Kunden- schutz, unabhängig vom angebotenen Fi- nanzprodukt. Der wirklich grosse Nutzen dieser drei Gesetze ist meines Erachtens aber, dass sie logisch strukturiert und ver- B2B JUNI 2020 37
legal & compliance ständlich sind. Dasselbe gilt für die Verord- nungen. Führt man sich vor Augen, dass al- lein das Pendant zum FIDLEG in der EU, also MiFID II und die sie erläuternden Bestim- mungen und Ausführungen, mehr als 2800 Seiten umfassen, so muss man dem Schwei- zer Gesetzgeber ein gutes Zeugnis ausstel- len. Der grösste Nutzen dieser Gesetze ist also deren Verständlichkeit. Was plagt Finanzintermediäre im Rah- men der Umsetzungsarbeiten zurzeit am meisten; wo sind Unsicherheiten und wer kämpft mit welchen Sorgen? Spillmann: Gewisse Rechtsunsicherheiten gibt es bei jeder neuen Regulierung. FIDLEG und FINIG bilden hier keine Ausnahme. Mit der Publikation der finalen Fassung der FIDLEV und der FINIV haben sich viele Fra- gen jedoch geklärt. Weitere Fragen werden sich im Herbst mit der Publikation der fina- len Fassung der FINIV-FINMA und mit den zu erwartenden Rundschreiben der FINMA sowie mit den Richtlinien und Musterdoku- menten der SFAMA beantworten Der Um- stand, dass die Bewilligung der Aufsichtsor- ganisation und die Zulassung eines Berater- registers durch die FINMA sowie die Aner- kennung einer Ombudsstelle durch das EFD mehr Zeit in Anspruch nehmen als ursprüng- lich erwartet, führt bei vielen Finanzinter- mediären zu Fragen. Da die Übergangsfris- ten dieser Situation jedoch Rechnung tra- gen, erwächst den Finanzintermediären da- durch grundsätzlich kein Nachteil. Imbach: Die Industrie setzt sich im Zusam- menhang mit der Umsetzung der neuen Re- gulierung mit zahlreichen Fragen auseinan- der. Ein grosser Fokus liegt meines Erach- tens derzeit auf Fragen im Zusammenhang mit der Qualifikation des «reinen Fondsver- triebs» als Finanzdienstleistung im Sinne von Art. 3 Abs. 2 FIDLEV, den Übergangsfristen nach Art. 105 und Art. 106 FIDLEV mit Blick auf das «Phasing out» der alten KAG-Re- gulierung sowie der Kundensegmentierung nach FIDLEG bzw. KAG. Ein weiteres wich- tiges Thema ist die Selbstregulierung. Auch diese muss im Zuge der Anpassung der Re- gulierung komplett überarbeitet werden. Wir sind mit Hochdruck daran, die an die neue Regulierung angepassten Richtlini- 38 B2B JUNI 2020
legal & compliance en, Musterdokumente und übrigen Doku- mente zu erarbeiten. Da die Selbstregulie- rung jedoch in der Normenhierarchie ganz am Ende steht, können die Anpassungen, die teilweise auch noch von der FINMA an- erkannt werden müssen, erst dann verab- schiedet und publiziert werden, wenn die Folgeregulierung der FINMA verabschiedet wurde. Dies wird voraussichtlich erst im letz- ten Quartal 2020 der Fall sein. Britt: Tatsächlich kann vieles noch nicht- abschliessend geklärt werden. So ist die FINIV-FINMA derzeit in der Vernehmlas- sung. Auch gibt es noch keine bewilligte Aufsichtsorganisation oder Ombudsstelle. Viele Finanzintermediäre warten deshalb noch mit der Umsetzung – auch wegen der grosszügigen Übergangsfristen. Ich erwar- Oberholzer: Ich glaube, am meisten Sor- auch genügend erfahrene Berater im Markt, te vor Ablauf der Übergangsfristen einen gen bereitet noch die Unsicherheit der de- die Unterstützung bieten. grossen Andrang an Bewilligungsgesuchen. finitiven Anwendung der Gesetze, Verord- Dies kann dann schliesslich zu Engpässen nungen und dann der Rundschreiben. Vie- Gibt es allenfalls schon erste erfreuliche bei den Bewilligungen führen. le wissen noch nicht, was die neue Regu- Fortschritte zu vermelden? Linhart: Eine grosse Rechtsunsicherheit lierung alles mit sich bringen wird. Viele Linhart: Die UBS Fondsleitung hat be- war die Frage nach der Ablösung des KAG. Vermögensverwalter befürchten, in ein re- reits viele Anforderungen umgesetzt und Mit den nun festgelegten Übergangsfristen gulatorisches Korsett einer Bank gedrückt ist für die weiteren notwendigen Schritte laufen die alten und die neuen Regulierun- zu werden. Auch wenn man anfänglich diese sehr gut vorbereitet. Das regulatorische gen bis auf Weiteres parallel. Und obwohl Befürchtung haben konnte, glaube ich, dass Projekt auf Fondsleitungsebene wurde – grundsätzlich geklärt werden konnte, nach sie mittlerweile unbegründet ist. FIDLEG eng abgestimmt mit dem Programm der welcher Rechtsgrundlage vorzugehen ist, er- und FINIG sehen ein pragmatisches Regel- UBS-Gruppe – bereits im Jahr 2018 aufge- geben sich in der Praxis dennoch regelmäs- werk vor, mit dem ein Vermögensverwalter setzt. Wir hatten somit genügend Zeit, uns sig Fragen zur Umsetzung. Eine Herausfor- leben kann. Somit wird die wirkliche Her- kontinuierlich auf die notwendigen Anpas- derung ist sicher das Thema «Vertrieb» und ausforderung jene sein, die Umsetzung an sungen vorzubereiten. So wurden opera- was sich im Umgang mit den bislang dele- die Hand zu nehmen und effizient durchzu- tiv und IT-seitig bereits früh alle erforder- gierten Dienstleistungen ändert. Auch bei ziehen und die Regelwerke dann auch anzu- lichen Adaptionen in Auftrag gegeben und der Interaktion mit unseren Private Label- wenden und zu leben. Aber dafür gibt es ja auch Vorkehrungen für vertragliche Ände- ling-Kunden erleben wir in diesem Zusam- rungen sowie betriebsinterne Themen wie menhang viele Rückfragen und werden in Policies aufgegleist. Zusammenarbeit mit unseren UBS-Exper- Britt: Vor allem bei Verwaltern von Kollektiv ten, externen Kanzleien, der FINMA und vermögen, welche Vorsorgegelder verwal- natürlich der SFAMA die neuen vertragli- ten, spüren wir einen erhöhten Bedarf, die chen Rahmenbedingungen erarbeiten. Was «Wir sind als Grant neuen Regularien zu verstehen, da diese neu für uns als Gesellschaft in einem internatio der Aufsicht der FINMA unterstehen. Es ist Thornton gut gerüstet, nal tätigen Konzern in gewissen Regelun- diesen Vermögensverwaltern klar, dass eine gen des FIDLEG ungünstig erscheint, ist der um auch kleinere und Bewilligung der FINMA einen gewissen An- so genannte «Swiss Finish». Da auch unse- mittlere Player bei der passungsbedarf in der Organisation bedeu- re Fondsleitung einige Anforderungen nach tet. Der Austausch mit der FINMA bezüg- MiFID II bereits umgesetzt hat, wäre eine Navigation durch diese lich Fragen zu FINIG ist unkompliziert und noch grössere Angleichung an die EU-Vor- nicht ganz einfachen, angenehm. schriften wünschenswert gewesen – wie bei- neuen Gewässer zu Spillmann: Bei der Analyse zahlreicher be- spielsweise bei den Informations- und Doku- reits unter dem KAG regulierter Institute mentationspflichten oder bei der Kunden- unterstützen.» hat sich gezeigt, dass die notwendigen An- klassifizierung. Veronika Britt passungen für die Umsetzung von FIDLEG B2B JUNI 2020 39
legal & compliance und FINIG überschaubar sind. Dennoch sind in der Regel abhängig von der effek- tiven Geschäftstätigkeit punktuelle Anpas- sungen von Organisationsreglement, Wei- sungen und Verträgen nötig. Daher sollten auch bereits bewilligte Institute mit der Ana- lyse und Planung der Umsetzung der neuen Regeln nicht allzu lange zuwarten. Wie geht man die Umsetzung von FIDLEG/ FINIG am besten rein praktisch an? Bis wann ist was zu machen;, wo setzt man mit stets limitierten Ressourcen die richtigen Prioritäten? Spillmann: Sowohl im FIDLEG wie auch im FINIG gibt es verschiedene Übergangsfris- ten. Für das FIDLEG sieht die FIDLEV grund- sätzlich eine Übergangsfrist von zwei Jahren vor. Diese gilt jedoch nicht generell; einzelne Bestimmungen sind bereits seit Anfang die- ses Jahres anwendbar. Etwas anders ist die Situation beim FINIG. Hier kommt für be- reits unter dem KAG oder dem BEHG bewil- ligte Institute eine Übergangsfrist von einem Jahr zur Anwendung. Für Institute, welche unter altem Recht keiner Bewilligung der FINMA bedurft hatten, unter dem FINIG aufgrund ihrer Geschäftstätigkeit jedoch einer Bewilligungspflicht unterliegen, wur- de für die Erlangung der Bewilligung eine komfortable Übergangsfrist von drei Jah- ren vorgesehen. Jedoch müssen sich die- se Institute bis zum 30. Juni 2020 bei der FINMA melden. Die Anwendung der Über- gangsfrist von drei Jahren setzt grundsätz- lich voraus, dass das Finanzinstitut bereits vor dem 1. Januar 2020 zu GwG-Zwecken einer SRO angeschlossen war. Aufgrund der nicht kongruenten Übergangsfristen emp- fiehlt es sich, die Umsetzung von FIDLEG und FINIG sauber zu planen. Zwar ist es legi- tim und je nach Ausgangslage durchaus sinn- voll, von den Übergangsfristen Gebrauch zu machen. Ohne seriöse Analyse und ein Umsetzungsplan läuft man jedoch Gefahr, die rechtzeitige Umsetzung von einzelnen Pflichten zu verpassen. Oberholzer: Die neuen Gesetze schlagen nicht alle Finanzdienstleister und -institute über den gleichen Leisten. Vielmehr gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie man sich in dieser regulierten Zukunft positionieren 40 B2B JUNI 2020
legal & compliance will. Darum schlage ich jedem vor, wie folgt wie dem Umgang mit dem Vertrieb, geben «Wie die Erneuerung vorzugehen: 1. Bestimmung des zukünftigen auch wir uns die nötige Zeit, branchenweite Geschäfts – was will man anbieten? 2. Fest- der Blätter im Früh- Standards abzuwarten. Anders ist dies etwa legung der vorhandenen personellen Res- ling, bringt auch dieser beim BIB, das wir trotz einer Übergangsfrist sourcen – was hat man bereits? 3. Bestim- von zwei Jahren möglichst zeitnah anbieten regulatorische Wandel mung des Deltas – was fehlt noch? 4. Aus- wollen, um unseren Private Labelling-Kun- wahl der erforderlichen, passenden Per- für unsere Kunden den genügend Zeit zu geben, ihre Systeme sonen. 5. Erarbeitung der erforderlichen wie auch für die Fonds- entsprechend anzupassen. Regularien, um die Bewilligung zu erlangen. Bei gewissen Dienstleistern ist dies ein ein- leitung der UBS wieder Was ändert sich für die Anlageberater facher Prozess, bei anderen dauert es län- viele neue Chancen ab Anfang 2020? Geben Sie bitte einen ger. Es besteht zurzeit keine Eile, aber man und Mehrwert.» kurzen Überblick. sollte sich die erforderliche Zeit nehmen. Oberholzer: Neu ist, dass die Anlagebera- Britt: Wir empfehlen klar, sich die notwen- Katharina Linhart ter nicht mehr völlig unreguliert sind, son- dige Unterstützung in der Branche zu ho- dern sich in das Beraterregister eintragen len. Es hilft enorm, wenn die Anpassungen lassen müssen. Auch haben sie die Verhal- strukturiert und zielorientiert vorgenom- tensregeln nach FIDLEG einzuhalten und men werden. So können unnötige Zusatz- sich einer Ombudsstelle anzuschliessen. runden – auch bei der Bewilligung – vermie- Das Beraterregister nimmt zwar keine Auf- den werden. Denn diese kosten nur Geld terial als solches, sind beispielsweise ohne sicht wahr, aber doch muss man ein Mini- und Zeit. Jeder Vermögensverwalter soll- Übergangsbestimmung bereits Anfang die- mum an Erfahrung und eine weisse Weste te sich im Rahmen eines Assessments die ses Jahres in Kraft getreten. Für andere gel- nachweisen, um in das Register aufgenom- Frage stellen, welche Bewilligung er heute ten wiederum Übergangsfristen, die den Ins- men zu werden. Das stellt keine zu hohe Hür- und für die Zukunft benötigt. Macht es al- tituten für eine Implementierung bis zu zwei de dar. Man darf ja auch nicht vergessen, lenfalls Sinn, bestehende Geschäftsmodelle Jahre Zeit einräumen. Gerade bei umset- dass bei der Anlageberatung immer noch zu überdenken und zu ändern – Vermögens- zungstechnisch noch unklaren Punkten der Kunde den Anlageentscheid fällt, nicht verwaltung anstelle von Anlageberatung? Es der Berater. So wird die Anlageberatung auf ist für die Vermögensverwalter auch eine ein qualitativ höheres Niveau gestellt. Nicht Chance, ihre aktuelle Geschäftstätigkeit mehr jeder kann Anlageberatung anbieten auszubauen oder im Rahmen der Anpas- und wenn er sie anbietet, hat er die Verhal- sungen für die Zukunft erfolgsversprechen- tensregeln nach FIDLEG einzuhalten. Das der auszugestalten. Betreffend Prioritäten: gibt dieser Dienstleistung eine Struktur, die Zentral sind das Assessment und die stra- dem Kunden zum Vorteil gereicht. tegische Analyse des Geschäftsmodells so- Spillmann: Anlageberater unterstehen den wie der zukünftig geplanten Tätigkeiten. Es Verhaltensregeln des FIDLEG. Sofern sie ist zu empfehlen, sich hier durch professio- aufgrund weiterer Tätigkeiten nicht einer nelle Berater unterstützen zu lassen, die von Bewilligungspflicht unter dem FINIG oder einem anderen Blickwinkel die Dinge be- einem anderen Finanzmarktgesetz unter- trachten und so die relevanten und richti- liegen, bedürfen sie keiner Bewilligung zur gen Themen adressieren. Die eigentliche Ausübung ihrer Tätigkeit. Sie haben sich Umsetzung kann teilweise auch alleine ge- jedoch ad personam in das neu geschaf- macht werden. fene Kundenberaterregister eintragen zu Linhart: Wie bei jeder neuen Regulierung lassen. Hierzu müssen sie nachweisen, haben wir zunächst den Gesetzestext im dass sie 1. über hinreichende Kenntnisse Detail aufgegliedert, die Anforderungen der FIDLEG-Verhaltensregeln sowie über in Themengebiete unterteilt und mit ent- das für ihre Tätigkeit erforderliche Fach- sprechenden Meilensteinen versehen. Dies wissen verfügen, 2. eine Berufshaftpflicht- gibt auch hinsichtlich der unterschiedlichen versicherung abgeschlossen haben oder Übergangsbestimmungen eine gute Über- gleichwertige finanzielle Sicherheiten be- sicht, bis wann welcher Teilschritt umgesetzt stehen und 3. sich selbst oder über den werden muss. Die ersten Bestimmungen, Finanzdienstleister, für den sie tätig sind, wie die Kennzeichnung von Marketingma- einer Ombudsstelle angeschlossen haben. B2B JUNI 2020 41
legal & compliance Welche Übergangsfristen gelten? verschwinden, zumal sie oft auch auf dem Spillmann: Anlageberater haben sich in- «Führt man sich vor Radar der Aufsichtsbehörde erscheint. Dies nerhalb von sechs Monaten nach Zulas- Augen, dass das Pen- insbesondere, wenn ein unabhängiger Ver- sung in ein Beraterregister eintragen zu las- dant zum FIDLEG in der mögensverwalter ein Gesuch als Vermö- sen und einer Ombudsstelle anzuschlie- gensverwalter stellt und gleichzeitig die Tä- ssen. Für die Eintragung im Beraterregister EU, also die MiFID II tigkeit als Anlageberater für kollektive Ka- müssen sie die entsprechenden Voraus- und die sie erläuternden pitalanlagen ausübt. Dies führt oftmals zu setzungen erfüllen. Aufgrund der in der Ausführungen mehr langwierigen und detaillierten Abklärun- FIDLEV statuierten Übergangsfristen ha- gen von Seiten der FINMA. Zudem lassen ben die Anlageberater jedoch wie die Fi- als 2800 Seiten umfas- sich durch die Vermögensverwaltung auch nanzinstitute zwei Jahre Zeit, um die Infor- sen, so muss man dem höhere Gebühren erzielen – natürlich auch mations-, Prüf-, Dokumentations- und Re- Schweizer Gesetzgeber mit einem höheren Risiko durch die über- chenschaftspflichten sowie die Pflichten zu nommene Verantwortung für den Anlage- Transparenz und Sorgfalt bei Kundenauf- ein sehr gutes Zeugnis entscheid. Aber, um auf die Frage nochmals trägen – soweit anwendbar – einzuhalten. ausstellen.» zurückzukommen: Ja, ich denke, ein Vermö- gensverwalter sollte dies zumindest in Er- Anlageberater, welche mitunter auch Dominik Oberholzer wägung ziehen. Fonds beraten und individuelle Vermö- gensverwaltung machen: Sollen sie «nur» Wie werden Anlageberater neuerdings die Vermögensverwalter-Lizenz bean- kontrolliert und überwacht? tragen oder auch gleich die L izenz für Britt: Die Tätigkeit der Anlageberatung die Verwaltung von Kollektivvermögen? untersteht dem FIDLEG, bedarf aber kei- Spillmann: Bei entsprechenden Konstella sich eine Bewilligung als Verwalter von Kol- ner Bewilligung nach FINIG. Die Anlage- tionen stellt sich einerseits die Frage nach lektivvermögen durchaus anbieten – nicht berater müssen die Verhaltensregeln inkl. der Bewilligungspflicht, anderseits aber zuletzt auch aus reputationellen Gründen. Angemessenheits- und Eignungsprüfung auch diejenige nach der Bewilligungsfä- Britt: Die Antwort auf diese Frage hängt einhalten und ihre Organisation entspre- higkeit. Um eine Bewilligung als Verwalter stark mit der zukünftig geplanten Geschäfts- chend ausgestalten. Eine Überwachung er- von Kollektivvermögen erlangen zu können, tätigkeit und den Ressourcen des jeweili- gibt sich aus der Gesetzgebung nicht. So müssen entweder entsprechende Vermö- gen Vermögensverwalters zusammen. Für sind Anlageberater nur bei einer allfälligen genswerte über der «De minimis»-Schwel- sehr kleine, unabhängige Vermögensver- Geldwäscherei-relevanten Tätigkeit über- le verwaltet werden, eine entsprechende walter mit ein bis drei Personen ist eine Li- wacht. Der Anschluss an die Ombudsstel- Bewilligung muss vom Staat verlangt wer- zenz für die Verwaltung von Kollektivver- le ist für Anlageberater obligatorisch, hat den, in welchem die kollektive Kapitalanla- mögen schwieriger zu erreichen, jedoch mit jedoch keine Überwachung zur Folge. Das- ge gebildet, angeboten oder die Vorsorge- gezieltem Outsourcing von zentralen Tätig- selbe Bild zeigt sich bei den bisherigen «rei- einrichtung geführt wird. Kann die Bewilli- keiten nicht unmöglich. Die reine Anlagebe- nen» Vertriebsträgern, welche für ihre Tä- gungsfähigkeit begründet werden, so kann ratung wird aus meiner Sicht immer mehr tigkeit keine Bewilligung mehr benötigen, jedoch dem FIDLEG unterstehen. Sie müs- sen sich einem Beraterregister anschlies sen. Dabei handelt es sich jedoch um eine rein formale Registrierung und es erfolgt keine Überwachung betreffend Einhaltung der FIDLEG-Regeln. Die fehlende Überwa- chung dieser Tätigkeiten ist meines Erach- tens eine Lücke im Gesetz. Spillmann: Die Anlageberater haben sich zwar in das Kundenberaterregister einzu- tragen. Eine systematische Kontrolle und Überwachung im Sinne einer Aufsicht wird es für Anlageberater jedoch nicht geben – dies im Unterschied zur EU, wo die Anla- geberater identisch wie die Vermögensver- walter eine Bewilligung als Wertpapierfir- 42 B2B JUNI 2020
legal & compliance ma benötigen und prudentiell beaufsich- tigt sind. Wie grenzt sich Anlageberatung von Vermögensverwaltung ab? Spillmann: Gemäss dem Gesetzeswortlaut handelt es sich bei der Anlageberatung um die Erteilung von persönlichen Empfeh- lungen, die sich auf Geschäfte mit Finanz instrumenten beziehen. In der Regel wer- den dies Empfehlungen zum Kauf, zum Hal- ten oder zum Veräussern von Finanzinstru- menten sein. Bei der Vermögensverwaltung handelt es sich nach dem Gesetzeswort- laut um die Tätigkeit des Verwaltens von Finanzinstrumenten. Auch wenn dies aus dem Gesetzeswortlaut nicht so klar hervor- geht, dürfte bei der Abgrenzung nach wie vor entscheidend sein, wer letztlich den An- lageentscheid – zur Investition, zum Halten oder zur Devestition – trifft. Trifft der Finanz intermediär den Anlageentscheid in eigener Diskretion, so liegt eine Vermögensverwal- tung vor; liegt der Anlageentscheid hinge- gen letztlich beim Kunden, so liegt eine An- lageberatung vor. Britt: Die FINMA nimmt eine Einzelfallbe- urteilung vor. Dabei sind neben wirtschaft- lichen Kriterien wie Höhe von Vergütungen auch weitere Kriterien massgeblich. Ist sich ein Institut nicht sicher, so empfiehlt sich eine Anfrage bezüglich Unterstellung an die FINMA. Aber auch dies kann unter Umstän- den nicht alle Unklarheiten ausräumen. Am Schluss muss sich das Institut entscheiden, ob es den Weg der Anlageberatung geht und sicher ist, dass keine bewilligungspflich- tigen Tätigkeiten ausgeübt werden. Kann diese Frage nicht mit einem eindeutigen «Ja» beantwortet werden, so empfiehlt es sich, eine Bewilligung einzuholen. Was ändert sich für die Vermögensver- walter? Geben Sie doch bitte einen kur- zen Überblick. Oberholzer: Das ist wohl die grösste Verän- derung, welche FIDLEG und FINIG mit sich bringen. Während die Vermögensverwalter lediglich, aber immerhin vom GwG erfasst waren, bedürfen sie neu einer Bewilligung der FINMA und werden von einer Aufsichts- organisation beaufsichtigt. Im Tagesgeschäft B2B JUNI 2020 43
legal & compliance ändert sich, dass der Vermögensverwalter «Die Schweizer Finanz- gen sind zudem die Verhaltensregeln des ein organisiertes Institut wird, das entspre- FIDLEG einzuhalten. chend strukturiert sein und über die ent- branche hat mit FINIG sprechenden Prozesse verfügen muss. Da- und FIDLEG eine Regu- Welche Umsetzungsfragen stellen sich mit geht der Vermögensverwalter ein biss- lierung mit Augenmass insbesondere für kleinere, einfache Ver- chen in Richtung einer Bank. mögensverwalter? Britt: Bei den Bewilligungsprüfungen gibt erhalten, welche – Oberholzer: Wie bereits angedeutet ist die es eine Zunahme aufgrund der OAK-Vermö- richtig umgesetzt – so- zentrale Umsetzungsfrage für die kleineren, gensverwalter, welche nun eine Bewilligung wohl von grossen wie einfacheren Vermögensverwalter das Risi- der FINMA benötigen. Wir sind jedoch gut komanagement und die interne Kontrolle. darauf vorbereitet. Wir verfügen über sehr auch kleinen Finanz Diese Funktionen müssen im Prinzip von un- erfahrene und qualifizierte Mitarbeiter und instituten bzw. Finanz- abhängigen Personen wahrgenommen wer- sind breit aufgestellt, um auch eine erhöh- den. Art. 26 FINIV sieht aber vor, dass bei dienstleistern verdaut te Anzahl Bewilligungsprüfungen pro Jahr kleinen Vermögensverwaltern das Risikoma- in der erforderlichen Qualität durchzufüh- werden kann.» nagement nicht unabhängig sein muss. Liegt ren. Bei den unabhängigen Vermögensver- Jean-Claude Spillmann ein Vermögensverwalter unter der Schwel- waltern ist ein Bewilligungsprüfbericht nicht le von Art. 26 FINIV, so kann er das Risiko- notwendig. Dort gilt es abzuwarten, welche management und die interne Kontrolle auch Aufsichtsorganisation gewählt wird. Personen mit ertragsorientierten Tätigkei- ten übertragen, also insbesondere Perso- Was empfehlen Sie den unabhängigen nen aus dem Portfolio Management und Vermögensverwaltern? Erstellung einer Risikostrategie und Risiko- dem Vertrieb. Liegt ein Vermögensverwal- Britt: Sie sollten eine eingeschränkte Re- management etc. beschäftigt. Die wirkungs- ter hingegen über dieser Schwelle, benötigt vision durchführen, da die vorgeschriebe- volle Ausgestaltung des Risikomanagements er ein Risikomanagement, das von den er- ne jährliche Eigenmittelprüfung faktisch wie ist für die Vermögensverwalter zentral. tragsorientierten Tätigkeiten unabhängig ist. eine eingeschränkte Revision ist. Es ist wie Spillmann: Für die so genannten unabhän- Entweder stellt er dazu Leute ein, oder er la- erwähnt zentral, die strategische Ausrich- gigen Vermögensverwalter bringt das FINIG gert diese Dienstleistungen aus. Der Markt tung zu definieren. Wenn der Entscheid ge- einschneidende Neuerungen mit sich. Sie bietet auf jeden Fall verschiedene Möglich- fällt ist, sich als Vermögensverwalter unter- brauchen für die Aufnahme ihrer Tätigkeit keiten, um die passende Lösung zu finden. stellen zu lassen, sind sicherlich die Umset- neu eine Bewilligung als einfacher Vermö- zung der organisatorischen Anforderungen gensverwalter der FINMA und unterstehen Welche Auswirkungen auf die Praxis hat sowie die Erstellung eines zentralen Wei- anschliessend der laufenden «prudentiel- der Umstand, dass Vermögensverwalter sungswesens – insbesondere das Risikoma- len» Aufsicht einer von der FINMA bewil- nicht mehr bewilligungsfrei mit der Ver- nagement – wichtig. Viele Vermögensver- ligten Aufsichtsorganisation. Neben der Er- waltung eines Fonds starten können? walter sind historisch gewachsen und haben füllung und ständigen Einhaltung der für die Spillmann: Dieser Umstand hat zunächst sich bisher nicht eingehend mit Weisungen, Bewilligung erforderlichen Voraussetzun- zur Folge, dass die Hürden zur Übernah- me der Verwaltung einer kollektiven Kapi- talanlage steigen. Neue Finanzintermediäre könnten daher versucht sein, ihr Geschäft zunächst so zu strukturieren, dass sie zu Be- ginn lediglich als Anlageberater für die kol- lektive Kapitalanlage tätig sind und erst mit steigenden Fondsvolumen die Verwaltung übernehmen. Worin unterscheidet sich denn ein einfa- cher Vermögensverwalter vom Verwal- ter von Kollektivvermögen? Britt: Ein «einfacher» Vermögensverwalter verwaltet keine Kollektivvermögen, sondern nur individuelle Portfolios. Er kann zudem Anlageberatung anbieten und kollektive 44 B2B JUNI 2020
legal & compliance Kapitalanlagen vertreiben. Der Verwalter von Kollektivvermögen darf die genannten Dienstleistungen ebenfalls anbieten. Das Kerngeschäft ist jedoch die Verwaltung von Kollektivvermögen in Form von kollektiven Kapitalanlagen und/oder Vorsorgegeldern. Die Unterstellung der Verwalter von Kollek- tivvermögen in Form von Vorsorgegeldern ist eine der Neuerungen des FINIG. Spillmann: In der Regel hat ein Vermögens- verwalter eine beschränkte Vollmacht für ein Depot und Konto des Kunden und trifft diskretionär die Anlageentscheide im Rah- men der Vorgaben eines Vermögensverwal- tungsvertrages. Demgegenüber verwaltet der Verwalter von Kollektivvermögen von mehreren Anlegern gemeinsam aufgebrach- te Vermögen in einheitlicher Weise. Eine Ausnahme besteht in Bezug auf die so ge- nannten «De minimis»-Vermögensverwalter. Diese fallen auch unter die Bewilligungska- tegorie der «einfachen» Vermögensverwal- ter, obschon sie Kollektivvermögen verwal- ten. Auch «De minimis»-Vermögensverwal- ter haben jedoch die spezifischen Bestim- mungen, welche die Tätigkeit als Verwalter von kollektiven Kapitalanlagen regulieren, materiell einzuhalten. Wie sind Fondsleitungen vom FIDLEG betroffen? Sind sie auch Finanzdienst- leister? Imbach: Anders als im bisherigen KAG wer- den mit FIDLEG die Verhaltens- und Orga- nisationspflichten am «Point of Sale» neu direkt bei den Finanzdienstleistern, also dort wo der Kundenkontakt besteht, an- geknüpft. Vor diesem Hintergrund gilt eine Fondsleitung, welche ausschliesslich eigene Fonds verwaltet – einschliesslich Portfolio- Verwaltung – und diese nicht selbst im Rah- men einer Finanzdienstleistung «vertreibt», nicht als Finanzdienstleisterin im Sinne des FIDLEG. Das FIDLEG greift also in solchen Fällen nicht. Die Fondsleitung kann jedoch unter Umständen selbst Kundin einer Fi- nanzdienstleistung sein. Dies gilt nament- lich dann, wenn sie die Portfolio-Verwaltung – eine Finanzdienstleistung – ihres Fonds an einen anderen Vermögensverwalter über- trägt. Aber auch wenn sich eine Fonds- leitung im konkreten Fall nicht als Finanz- B2B JUNI 2020 45
legal & compliance dienstleisterin qualifiziert, ist sie an Verhal- liche Bewilligungsgrundlage mehr. Die rei- Partner aufwändiger. Konnten sie sich bis- tens- und Organisationspflichten gebunden. nen Vertriebsträger, welche keine Vermö- her neben ihrer eigenen Beurteilung auf Für sie gelten weiterhin die im KAG verblei- gensverwaltung und/oder Anlageberatung die Bewilligung der FINMA und die lau- benden produktspezifischen Verhaltens- anbieten, unterstehen keiner Bewilligungs- fende Prüfung der Einhaltung der SFAMA- und Organisationspflichten in Art. 20 KAG. pflicht mehr. Sie müssen sich jedoch in ein Vertriebsrichtlinie durch eine Prüfgesell- Diese gelten für sämtliche Personen, die kol- Beraterregister gemäss FINIG eintragen las- schaft abstützen, so entfallen diese beiden lektive Kapitalanlagen verwalten, aufbewah- sen und sich einer Ombudsstelle anschlies Elemente zukünftig. Die Fondsleitungen und ren oder vertreten sowie für deren Beauf- sen. Aktuell ist weder ein Beraterregister Vertreter haben damit eine ähnliche Situa- tragte. Der guten Ordnung halber sei aber noch eine Ombudsstelle von der FINMA tion, wie sie die Banken bislang mit den un- darauf hingewiesen, dass eine Fondsleitung bewilligt. Zudem müssen die Vertriebsträ- regulierten Vermögensverwaltern hatten. jedoch immer dann als Finanzdienstleiste- ger die Vorschriften zu den Verhaltensre- Fondsleitungen und Vertretern sei daher rin gilt, wenn sie neben dem Fondsgeschäft geln gemäss FIDLEG bzw. FIDLEV umset- empfohlen zu prüfen, ob und gegebenen- im oben erwähnten Sinne für Kunden wei- zen und einhalten. Im alten Regime wurden falls wie der Due Diligence-Prozess anzu- tere Dienstleistungen erbringt, wie insbe- die Vertriebsträger zwar von der FINMA passen ist, um die weggefallene institutio- sondere individuelle Anlageberatung, Ver- bewilligt und mussten Änderungen der Be- nalisierte Prüfung zu kompensieren. mögensverwaltung oder den reinen Fonds- willigungsvoraussetzungen mitteilen, un- vertrieb. Solche Tätigkeiten stellen Finanz- terstanden jedoch nicht der direkten Auf- Grenzüberschreitende Aktivitäten: Wie dienstleistungen dar, womit die Pflichten sicht. Die Überwachung erfolgte zweistufig bediene ich Kunden im Ausland, ändert gemäss F IDLEG zur Anwendung kommen. über die Prüfgesellschaft und den Vertre- sich etwas? ter bzw. die Fondsleitungen. Die Verträge Oberholzer: Der grenzüberschreitende Was passiert mit den ehemaligen «Ver- mit den Vertretern bzw. mit den Fondslei- Vertrieb wird die Knacknuss bleiben. Man triebsträgern»: Wer wacht nun über de- tungen werden weiterhin zentraler Bestand- hat in jedem Fall mehrere Rechtsordnungen ren Qualität und Integrität? Besteht bei teil des Vertriebs von Fonds sein. Somit liegt zu berücksichtigen. Das ist aufwändig, vor der Vermarktung von Fonds im mehrstu- es in der Verantwortung der Vertreter bzw. allem, wenn man sich vor Augen hält, dass figen Vertrieb allenfalls ein Reputations- der Fondsleitungen, die Vertriebsträger ent- sich auch die ausländischen Gesetze rasch risiko für den Finanzplatz Schweiz? sprechend zu überwachen. Ich glaube nicht, ändern können. Es empfiehlt sich, sich auf Linhart: Dies ist ein Thema, mit dem wir dass diese Überwachung in Zukunft weniger einige Märkte zu konzentrieren, diese da- uns in den letzten Monaten intensiv aus- gewissenhaft erfolgt, da die Vertreter wie für richtig zu bearbeiten und mit den regu- einandergesetzt haben. Als renommier- auch die Fondsleitungen sich gegenüber ih- latorischen Anforderungen stets vertraut te Fondsleitung, welche den Vertrieb der rer Prüfgesellschaft und der FINMA recht- zu bleiben. Anlagefonds an UBS Asset Management fertigen müssen. Die Industrie wird entspre- Imbach: Das FIDLEG adressiert lediglich oder dritte Firmen übertragen hat, ist es chende Standards erarbeiten und für ver- das grenzüberschreitende «Inbound»-Ge- aus Gründen einer angemessenen Betriebs bindlich erklären müssen. schäft direkt. So gelten für Finanzdienst- organisation und der Reputation – und so- Oberholzer: Die Vertriebsträgerbewilli- leister und deren Kundenberater aus dem mit unabhängig von der direkten regulatori- gung ist weggefallen, gilt aber während der Ausland grundsätzlich dieselben Regelun- schen Verpflichtung – essenziell, dass unse- Übergangsfrist weiter. Die meisten bisheri- gen wie für Schweizer Finanzdienstleister re Vertragspartner gemäss den Richtlinien gen Vertriebsträger dürften Anlageberater und deren Kundeberater. Auf das «Out- und Vorgaben handeln, unsere Fondspro- werden, ausser sie bieten nur die Finanz- bound»-Geschäft hat das FIDLEG hingegen dukte professionell anbieten und am Markt dienstleistung des «Erwerbs und Veräusse- keine direkten Auswirkungen. Eines der Zie- als verantwortungsbewusste Dienstleister rungen von Finanzinstrumenten» nach Art. le des Gesetzespakets FIDLEG/FINIG war agieren. Selbstverständlich wird die Über- 3 Bst. c Ziff. 1 FIDLEG an, ohne auch Bera- jedoch auch die Stärkung der internationa- wachung angepasst werden müssen, ganz tungsdienstleistungen zu erbringen. Die Ab- len Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer abschaffen werden wir sie aber nicht. Wie grenzung zwischen diesen zwei Dienstleis- Finanzindustrie, namentlich durch die Ver- das neue Kontrollkonzept aussehen wird, tungen ist oftmals heikel. Darum empfeh- besserungen unserer Ausgangslage bei der hängt nun einerseits von den angepassten le ich, im Zweifelsfalle die Vorbereitung für Exportfähigkeit von Finanzdienstleistungen vertraglichen Rahmenbedingungen ab, an- die Erbringung der Beratungsdienstleistung und Finanzinstrumenten. Die politische Aus- derseits vom Dienstleistungsangebot des zu treffen und sich ins Beraterregister ein- gangslage – Rahmenabkommen Schweiz/ Vertragspartners, das sich möglicherweise tragen zu lassen, wenn dann das erste be- EU, Brexit etc. – gestaltet sich zwar nach wie vom heutigen unterscheiden wird. willigt ist. So ist man auf der sicheren Seite. vor schwierig, unsere Behörden und auch Britt: Die bisherigen Vertriebsträger sind Spillmann: Für Fondsleitungen und Vertre- wir engagieren uns jedoch weiterhin dafür, seit dem 1. Januar 2020 nicht mehr bewil- ter, welche mit den Vertriebsträgern zusam- dass die Schweiz ihre Position im interna ligungspflichtig bzw. es gibt keine gesetz- menarbeiten, wird die Due Diligence ihrer tionalen Wettbewerb stärken kann. 46 B2B JUNI 2020
legal & compliance Spillmann: Mit FIDLEG und FINIG wurde mitunter zu erreichen versucht, die Schwei- zer Regulierung an die europäische Regu- lierung (namentlich MiFID II und MiFIR) an- zugleichen, mit der Hoffnung, dereinst un- ter der MiFIR einen erleichterten Marktzu- gang in die EU zu erhalten. Voraussetzung wäre hierfür, dass die Schweizer Regulierung von der EU als mit ihrer eigenen Regulierung äquivalent anerkannt würde. Diesfalls wäre es für Schweizer Finanzdienstleister mög- lich, direkt professionelle europäische Kun- den anzugehen, ohne hierfür über eine Prä- senz in der EU zu verfügen. Ob und gege- benenfalls wann die Schweizer Regulierung als äquivalent anerkannt wird, steht vor dem Hintergrund der heutigen politischen Situa- Welche konkreten Problemstellungen Zum Vertretergeschäft in der Schweiz: tion allerdings in den Sternen. Insofern erge- ergeben sich hieraus in der Praxis? Was hat sich seit anfangs Jahr geändert? ben sich für Schweizer Finanzdienstleister Britt: Das Hauptproblem besteht darin,, Geben Sie den Lesern doch einen kur- für ihre grenzüberschreitenden Aktivitäten dass die meisten Akteure mit den Gesu- zen Überblick. aus heutiger Sicht kaum Erleichterungen. chen abwarten, bis diesen Stellen die ent- Imbach: Mit der Einführung von FIDLEG/ Linhart: Lange hat sich die Hoffnung breit sprechenden Bewilligungen erteilt sind. Hin- FINIG bzw. den entsprechenden Anpas- gemacht, dass durch eine MiFID II-Äquiva- zu kommen die grosszügigen Übergangsfris- sungen im KAG wurde die Pflicht, für aus- lenz der Vertrieb in die EU erleichtert wird. ten. Aus meiner Sicht wird dies zu einem ländische kollektive Kapitalanlagen einen Da wir als Gesellschaft eines international «Bewilligungsstau» führen. Vertreter und eine Zahlstelle zu bezeich- agierenden Finanzinstitutes bereits seit län- Linhart: Wir sehen eine Schwierigkeit in nen, auf das Angebot für nicht-qualifizier- gerem einige Teilbereiche von MiFID II um- der Beratung insbesondere derjenigen te Anleger sowie Investoren, die erst durch gesetzt haben, hätten auch wir sicher da- unserer Kunden, die derzeit Vertreter- ein «Opting up» zu qualifizierten Anlegern von profitiert. So sehen wir allerdings allein dienstleistungen beanspruchen, jedoch wurden, eingeschränkt, so Art. 120 Abs. 4 aufgrund von FIDLEG keinen Anpassungs- ausschliesslich per se professionelle An- KAG. Für alle übrigen Angebote ausländi- bedarf. leger bedienen und sich deshalb überle- scher kollektiver Kapitalanlagen an qualifi- Spillmann: Noch ein Wort zu den Vermö- gen, künftig auf die Vertreter- bzw. Zahl- zierte Anleger, einschliesslich Vermögens- gensverwaltern: Weder die Einhaltung von stellendienstleistung zu verzichten sowie verwaltungs- und Anlageberatungskunden FIDLEG noch die Einhaltung der MiFID II die entsprechenden Vertriebsverträge zu von prudentiell beaufsichtigten Finanz bringt ihnen einen vereinfachten Zugang kündigen. Dies ist zwar grundsätzlich mög- intermediären nach BankG, FINIG oder zum europäischen Markt. Insofern ergibt lich, sobald die Verhaltens- und Organisa- nach ausländischem Recht, wurde diese sich unter dem neuen Recht in Bezug auf die tionspflichten nach F IDLEG am «Point of Pflicht aufgehoben. Darüber hinaus ist der Kundenakquisition keine Erleichterung. Für Sale» umgesetzt sind. Es besteht aber das Vertreter auf Grund des Wegfalls des Ver- die neu regulierten Vermögensverwalter er- Problem, dass nach einer einmal erfolgten triebsbegriffs, einschliesslich Vertriebsträ- gibt sich jedoch insofern eine Verschärfung, Beendigung der Vertreterverträge oft kei- ger und dessen Pflicht einen Vertriebsver- als die Einhaltung ausländischen Rechts bei ne Gelegenheit mehr besteht, die ehema- trag abzuschliessen, künftig auch nicht mehr der Beurteilung der Reputationsrisiken auch ligen Kunden bei der Umsetzung der er- zwingend in die «Vertriebskette» eingebun- unter der lokalen Regulierung von Bedeu- forderlichen Massnahmen gegenüber ih- den. Ist der Vertreter zu dem nicht selbst am tung sein wird. Allzu «pragmatische» und «ri- ren «Vertriebsträgern» zu unterstützen. Ins- «Point of Sale» tätig, ist er auch kein Finanz- sikobasierte» Ansätze bei der Kundenak- besondere geht es darum, dass diese sich dienstleister. Trotz dieser «Deregulierung» quisition und beim Vertrieb werden daher zur gegebenen Zeit einer Ombudsstelle ist jedoch zu beachten, dass sich derzeit in kaum mehr möglich sein. Es gilt daher die anschliessen und gegebenenfalls im Bera- den meisten Fällen noch nichts am bishe- grenzüberschreitende Tätigkeit gegebenen- terregister eintragen. Ausländischen Fonds rigen «Setup» ändern wird. Denn: Mit den falls neu zu prüfen und zu regeln. bzw. deren Verwaltungsgesellschaften wird Übergangsfristen betreffend die neuen Ver- es in der Praxis schwer fallen, diesem Erfor- haltens- und Organisationspflichten nach Es fehlen derzeit Beraterregister, Auf- dernis ohne konkrete Unterstützung Rech- FIDLEG – Art. 105 f. FIDLEV – geht auch sichtsorganisation, Ombudsstelle etc.: nung zu tragen. ein «Phasing out» verschiedener, bisheriger B2B JUNI 2020 47
legal & compliance facts Grant Thornton Firmenmeinung zum neuen Schweizer Finanzmarktrecht Kellerhals Carrard PricewaterhouseCoopers Grant Thornton ist ein führendes Wirt- Dominik Oberholzer ist Partner der Das Ziel bei PwC besteht darin, Ver- schaftsprüfungs- und Beratungsunter- Kanzlei Kellerhals Carrard, einer trauen in der Gesellschaft aufzubauen nehmen mit fundierter Erfahrung im Schweizer Wirtschaftskanzlei mit und Probleme zu lösen. Das Unterneh- Bereich Audit Financial Services. Vor Niederlassungen in Zürich, Bern, Ba- men ist ein Netzwerk von Firmen in 157 diesem Hintergrund begrüsst Grant sel, Genf, Lausanne, Lugano und Sion. Ländern mit mehr als 223 000 Mitar- Thornton die neuen Änderungen im Fi- Mit seinem Team betreut er den Be- beitern in den Bereichen Wirtschafts- nanzmarktrecht. Die Regulierung der reich Banking & Finance und zwar mit prüfung, Beratung, Steuer- und Rechts- unabhängigen Vermögensverwalter ist einem Schwerpunkt Asset Manage- beratung sowie digitaler Dienstleistun- ein wichtiger Schritt, um den Anleger- ment und allen verwandten Gebie- gen. Bei PwC Schweiz tragen mehr als schutz und das Vertrauen in den Fi- ten, einschliesslich der Prozessfüh- 3000 Mitarbeitende und Partner an 14 nanzplatz zu stärken. Die Gleichschal- rung. Dominik Oberholzer wird von Standorten und im Fürstentum Liech- tung der Bewilligung für Vermögens- allen grossen internationalen Ran- tenstein dazu bei, den Mehrwert zu verwalter von Vorsorgegeldern mit je- kings für den Bereich Investment schaffen, den Organisationen und Per- nen von kollektiven Kapitalanlagen war Funds empfohlen, so denn auch von sonen suchen. Legal ist der juristische eine notwendige Konsequenz, denn Chambers and Partners. Er publiziert Zweig und Teil des geografisch gröss- beide Vermögensverwalter verwalten und referiert regelmässig in diesen ten juristischen Netzwerks der Welt mit Kollektivvermögen. Fachbereichen. mehr als 4000 Anwälten. SFAMA UBS Fund Management AG Die im Jahr 1992 mit Sitz in Basel ge- UBS Fund Management (Switzerland) gründete Swiss Funds & Asset Ma- AG ist mit mehr als 150 Mitarbeitern nagement Association (SFAMA) ist die das UBS Kompetenzzentrum für Ma- Branchenorganisation der Schweizer nagement Company und Private Label- Fonds- und Asset-Management-Wirt- ling Dienstleistungen. Das Unterneh- schaft. Ihr Mitgliederkreis umfasst alle men ist darauf spezialisiert, für Kun- wichtigen schweizerischen Fondslei- den sowie Partner individuelle und tungen, zahlreiche Asset Manager massgeschneiderte Fonds-Lösungen sowie Vertreter ausländischer kol- zu strukturieren, lancieren und verwal- lektiver Kapitalanlagen. Ihr gehören ten. Die Fachstelle Regulatory Monito- zahlreiche weitere Dienstleister an, ring ist für das Screening und die Um- welche im Asset Management tätig setzung neuer Regulationen zuständig. sind. Die SFAMA ist aktives Mitglied Mit der Broschüre «Regulatory Radar» der europäischen Investmentvereini- wird eine Übersicht über die wichtigs- gung European Fund and Asset Ma- ten fondspezifischen regulatorischen nagement Association (EFAMA) in Änderungen und den jeweiligen Impact Brüssel. auf die Business Partner angeboten. 48 B2B JUNI 2020
legal & compliance KAG-Regelungen einher, einschliesslich der eines Vertreters die Möglichkeit des Anbie- Linhart: Eine fondspezifische Diskussion, Pflicht, bei allen Angeboten an qualifizierte tens ihrer Fonds an vermögende Privatper- die wir sowohl intern als auch mit anderen Anleger einen Vertreter und eine Zahlstel- sonen offenhalten wollen. Erste Erfahrun- Marktteilnehmern klären mussten, war die le zu bestellen. Dies bedeutet im Ergebnis, gen zeigen, dass Anbieter selbst in den Fäl- Frage: «Wer ist eigentlich Kunde der Fonds- dass von den erwähnten Erleichterungen im len, in welchen vermögende Privatpersonen leitung?». Die «Kunden», die wir intern als Zusammenhang mit dem Wegfall der Ver- nicht zur Kernzielgruppe zählen, an der Be- solche bezeichnen – unsere Private Label- treter- und Zahlstellenpflicht nur profitie- stellung eines Vertreters festgehalten wer- ling-Partner, die mit dem Wunsch als Spon- ren kann, wer am «Point of Sale» alle neuen den. Eine andere Frage ist, ob und wie sich sor eines Fonds auf uns zukommen – wer- FIDLEG-Pflichten bereits umsetzt. In der allenfalls die Einschränkung der Pflicht zur den unter FIDLEG nicht als «Kunden» gese- Praxis dürfte das bedeuten, dass bis zum Bestellung eines Vertreters auf die Vertre- hen. Die einzige Finanzdienstleistung nach Ablauf der Übergangsfrist Ende 2021 die ter-Gebühren auswirken wird. FIDLEG, die die Fondsleitung erbringt, ist meisten ausländischen Fonds ihre Vertre- nämlich das Asset Management, welches ter und Zahlstellen sowie die entsprechen- Neu besteht auf Gesetzesstufe die aber delegiert ist. Sprich, der «Kunde» ist den Vertriebsverträge beibehalten müssen, Pflicht zur Kundensegmentierung. Wel- so gesehen der Fonds an sich und muss da verschiedene Finanzdienstleister – ehe- che Herausforderungen ergeben sich somit vom Asset Manager – da delegiert – malige Vertriebsträger – FIDLEG erst dann mitunter auch bezüglich den unter- oder ausnahmsweise von der Fondsleitung, umsetzen werden. schiedlichen Begriffsführungen zwischen zum Beispiel bei SICAV-Strukturen, klassi- Linhart: Auf den ersten Blick scheint es KAG, FIDLEG und MiFID? fiziert werden. Bei der Klassifizierung sel- eine Erleichterung zu sein, dass Anbieter Britt: Mit dem FIDLEG wurde in der Schweiz ber wäre für UBS Asset Management als von ausländischen kollektiven Kapitalanla- – analog zur EU-Regulierung – tatsächlich globaler Portfoliomanager die Angleichung gen, die sich an per se qualifizierte Anleger erstmals eine Pflicht zur Kundensegmen- an MiFID II klar von Vorteil gewesen. Diese richten, nach dem neuen Fondsrecht keine tierung auf Gesetzesstufe eingeführt. Dies nun ganz neue FIDLEG-Klassifizierung hat Vertreter und Zahlstellen mehr benötigen. bedingt interne organisatorische Anpassun- nicht nur systemspezifische Anpassungen Zu bedenken gilt allerdings, dass dies erst gen. International operierende Anbieter ha- mit sich gebracht, sondern birgt ob der zu- zum Tragen kommt, wenn die eingesetzten ben da bereits Erfahrungen wie beispiels- sätzlichen Anhäufung an Daten auch erhöh- Vertriebsträger FIDLEG-konform sind. Bis weise mit der EU MiFID-Kundensegmentie- ten Aufwand in deren Wartung. Zu Beden- dahin sind sie gemäss einschlägigem Über- rung. Für unabhängige Vermögensverwalter ken gilt nämlich, dass es neben dieser Art gangsrecht nach wie vor den Regelungen oder auch unabhängige Kundenberater, die der Kundenkategorisierung auch noch eine nach KAG, wie sie bis Ende 2019 ausschliess- bisher als Vertriebsträger operierten, kann Vielzahl weiterer gibt, so etwa steuerspe- lich galten, unterstellt. Wem als ausländi- dies hingegen Neuland mit entsprechendem zifische, und somit wäre ein einheitliches scher Finanzintermediär der Einblick in die Aufwand bedeuten. Die Kundensegmentie- Konzept in Zeiten, in denen die Reduktion Schweizer Rechtslage resp. die Erfahrung rung kennen wir ja bereits aus dem KAG. der Komplexität des Datenmanagements am Schweizer Markt fehlt, dem empfiehlt Die Thematik ist zumindest für die Fonds und die Sicherstellung eines konsistenten sich auch weiterhin eine Schweizer Vertre- industrie nicht neu. Mit der Anlehnung an Datenschutzes besonders hoch priorisiert tung wie beispielsweise durch das Priva- MiFID II erlaubt FIDLEG auch in Bezug auf werden, wünschenswert gewesen. te Labelling-Vertretungsangebot der UBS den Begriff des Qualifizierten Anlegers eine Fondsleitung, die den hiesigen Markt und gewisse Annäherung an den europäischen Was wird sich bezüglich Publikations- dessen Bedingungen gut kennt und wäh- Begriff. Das ist sicher ein Vorteil. Die Umset- formate in der Schweiz durchsetzen – rend der zweijährigen Übergangsphase Un- zung der Segmentierung sehe ich weniger das PRIIP-KID oder das BIB? FIDLEG terstützung bieten kann. problembehaftet. Die wahre Herausforde- überlässt die Wahl zwischen EU und CH Spillmann: Die Einschränkung der Pflicht rung liegt wohl eher in den mit dieser Seg- grundsätzlich den Anbietern. zur Bestellung eines Vertreters kann für ver- mentierung verknüpften Verhaltensregeln, Linhart: Obwohl die Fondsleitung der schiedene Vertreter zum Wegfall eines be- die neu im Gesetz verankert und damit öf- UBS als international orientiertes Unter- deutenden Teils ihres Geschäfts führen. Na- fentlich-rechtlicher Natur sind. Die Verhal- nehmen für UBS-Fonds grundsätzlich das mentlich diejenigen Vertreter, welche sich tensregeln sind zudem in der Optik einer PRIIPs-KID anbietet, planen wir für unse- auf die Vertretung von nicht von der FINMA Endkundenbeziehung ausgestaltet worden. re Schweizer Private Labelling-Kunden zu- zum Vertrieb an nicht-qualifizierte Anle- Damit stellt sich die Frage, wie mit den bis- sätzlich auch das BIB zu offerieren. Es ist in ger genehmigte kollektive Kapitalanlagen her für den doch wichtigen B2B-Bereich einigen Punkten weniger komplex und soll- spezialisiert haben, sehen sich in ihrer Exis- des Fondsgeschäfts relevanten, langjähri- te mit dem «Schweizer Stempel» versehen tenzgrundlage bedroht. Ob diese Angst be- gen und in der Praxis etablierten Verhaltens- auf die Bedürfnisse des hiesigen Marktes rechtigt ist, hängt mitunter davon ab, wie vie- regeln zu verfahren ist. Diese Frage ist mei- ausgerichtet sein. Wir überlassen die Ent- le Fondsanbieter sich durch die Bestellung nes Wissens bisher noch ungelöst. scheidung allerdings unseren Kunden. Wer B2B JUNI 2020 49
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