Wegenetz wird wiederbelebt Corona-Krise trifft Betriebe - Klima-Energie-Portal

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Wegenetz wird wiederbelebt Corona-Krise trifft Betriebe - Klima-Energie-Portal
Magazin der Hessischen Apfelwein- und Obstwiesenroute

                                                   FRÜHJAHR / SOMMER 2021

   OBSTWIESENROUTE

   Wegenetz wird
   wiederbelebt
   APFELWEIN

   Corona-Krise
   trifft Betriebe
   STREUOBSTWIESEN

   Geförderter
   Naturschutz
Wegenetz wird wiederbelebt Corona-Krise trifft Betriebe - Klima-Energie-Portal
www.walther-kelterei.de
Wegenetz wird wiederbelebt Corona-Krise trifft Betriebe - Klima-Energie-Portal
EDITORIAL                                   SEITE 3

                                                                                                    Schutz- und Pflegebedürftigkeit be-

      Bei der Route                                                                                 wusst. Bereits in diesem Jahr werden
                                                                                                    wir deshalb die ersten Wege neu be-
                                                                                                    schildern, viele weitere werden in den

       geht es um                                                                                   kommenden drei Jahren mit einheitli-
                                                                                                    chen, verlässlichen Standards folgen.

      Naturschutz.
                                                                                                         Wie wichtig solche Maßnahmen
                                                                                                    sind, zeigt sich gerade in der Corona-
                                                                                                    Krise. Hinaus in die Natur zu gehen, ist

      Aber genauso                                                                                  während des Lockdowns noch wichtiger
                                                                                                    für die körperliche und psychische Ge-
                                                                                                    sundheit geworden. Die Menschen zieht

      um regionale                                                                                  es an die frische Luft, und das ist auch
                                                                                                    gut so. Gleichzeitig sind viele unserer

      Wirtschafts-
                                                                                                    Vereinsmitglieder von der Pandemie be-
                                                                                                    sonders betroffen, zum Beispiel Kelter-
                                                                                                    eien, Gastwirtschaften, Hofläden. Daher

        förderung.                                  Liebe Leserin,
                                                                                                    verstehe ich unser Engagement auch als
                                                                                                    regionale Wirtschaftsförderung, die mir
                                                                                                    – neben all den anderen Aspekten –
                                                                                                    ganz besonders am Herzen liegt. Unsere
                                                    lieber Leser,                                   regionalen Betriebe brauchen unsere
                                                                                                    Unterstützung mehr denn je, als treue
                                                    auch in dieser Ausgabe des „Apfelboten“         Kunden und verlässliche Partner.
                                                    haben wir wieder viel zu berichten. Vor              Ich wünsche Ihnen einen schönen,
                                                    allem freue ich mich, dass es mit der           naturnahen und erfolgreichen Frühling
                                                    Überarbeitung des Rad- und Wander-              und Sommer. Genießen Sie unsere tolle
                                                    wegenetzes vorangeht. Schließlich wa-           Region, unterstützen Sie unsere lokalen
                                                    ren diese Wege die Ausgangsidee für             Unternehmen und bleiben Sie gesund!
                                                    die Gründung der Hessischen Apfel-
                                                    wein- und Obstwiesenroute vor mehr
                                                    als 25 Jahren: Spaziergänger, Wanderer
                                                    und Radfahrer sollten durch unsere
                                                    herrlichen Obstwiesenlandschaften ge-
                                                    führt werden. Denn nur wenn diese in            Rouven Kötter
                                                    ihrer ganzen Schönheit erlebbar wer-            Erster Beigeordneter
                                                    den, wird den Menschen auch deren               Regionalverband FrankfurtRheinMain

INHALT

04   Meldungen
08   Streuobstförderung
10   Folgen der Corona-Krise                                        Im Zeichen des Apfels
12   Rad- und                                                       Von Gießen im Norden bis Rödermark im Süden: In fünf Regionen
     Wanderwegenetz                                                 Hessens haben Keltereien, Gastro-Betriebe, Direktvermarkter,
16   Aktiv für Naturschutz                                          Obst- und Gartenbauvereine, Naturschutzinitiativen, Baumschulen,
20   Kolumne „Sauers Sicht“                                         Obsthöfe, Museen sowie Städte und Gemeinden ihre Aktivitäten
21   Rezept:                                                        und Attraktionen zu „Regionalschleifen“ verbunden. Gemein-
     Hessisch-Gazpacho                                              sam bilden sie die hessische Apfelwein- und Obstwiesenroute.
22   Natur-Ausstellungen                            Unter diesem Label setzen sich rund 700 Partner für Naherholung, Naturschutz
24   Terminübersicht                                und die Förderung der regionalen Wirtschaft ein. Ziel ist es, ein typisches Stück
28   Neues aus den Schleifen                        Hessen zu schützen und erlebbar zu machen: die Natur und Kultur des Apfels.
30   Das besondere Bild
     Impressum                                      Gießen, Main-Kinzig, Stadt und Kreis Offenbach, Wetterau sowie Main/Taunus

Fotos: Stephan Jockel (Titelbild); Regionalverband, Peter Jülich
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SEITE 4                       MELDUNGEN

PLATTFORM                                                                   STREUOBSTKOMMUNE 2021

Gesucht? Gefunden!                                                          Jetzt bewerben
                                                                            Der Regionalverband FrankfurtRhein-
                                                                            Main möchte seinen Kommunen einen
Ob Wiese, Früchte oder Mäher: Die neue Streuobstbörse des                   Anreiz bieten, sich noch mehr und
Regionalverbandes vermittelt Suchende und Bietende.                         gezielter für die Förderung der öko-
                                                                            logisch wertvollen Streuobstwiesen
Die vor drei Jahren verabschiedete „Lohrberger Erklärung“ benennt           einzusetzen. Deshalb lobt er einen
Ziele, für die sich der Regionalverband FrankfurtRheinMain als              Wettbewerb aus, bei dem sich Kom-
zentraler Akteur für die Streuobstwiesen in der Region einsetzen            munen um den Titel „Streuobstkom-
soll. Drei davon – ein einheitliches Marketing, mehr Aufklärung und         mune 2021“ bewerben können. Eine
Fortbildung sowie Schaffung eines Infoportals – sind schon länger           solche Auszeichnung gibt einer Kom-
umgesetzt. Nun löst der Verband eine weitere Zusage ein: Er hat eine        mune die Möglichkeit, öffentlichkeits-
Streuobstbörse für die Region entwickelt und damit einen wichti-            wirksam ihr Engagement für einen
gen Service zur Vernetzung geschaffen. Auf der Online-Plattform             Lebensraum darzustellen, der für die
können kostenlos Inserate eingestellt und eingesehen werden – von           Identität unserer Region eine große
„Streuobstwiese zu verpachten oder verkaufen“ über „Möchte                  Rolle spielt. Senden Sie eine formlose
einen Balkenmäher leihen“ bis zu „Biete Hilfe bei der Ernte an“ und         Bewerbung an den Regionalen Streu-
vieles mehr. Man kann auch Bilder hochladen und gefiltert suchen.           obstbeauftragten Bastian Sauer
Auf Schnickschnack wurde hingegen bewusst verzichtet, schließlich           (Email: sauer@region-frankfurt.de).
soll die Vermittlungsplattform übersichtlich und leicht zu nutzen sein.     Schreiben Sie bis zum 30. Juni 2021
Damit findet, wer sucht, und los wird, wer bietet.                          darin kurz und knackig, warum es Ihre
                                                                            Kommune verdient hat, „Streuobst-
Die Börse findet sich auf dem Streuobstportal unter www.streuobst-frm.de.   kommune 2021“ zu werden.

Fotos: Pixabay
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MELDUNGEN                                      SEITE 5

                                                                              OFFIZIELL ANERKANNT

                  Cider virtuell                                              Streuobst ist
                                                                              Kulturerbe
                   3 Fragen an
                        ..                                                    Im Herbst 2020 berichtete der „Apfel-
    Michael Stöckl, Initiator und Organisator der internationalen             bote“ an dieser Stelle von den Bestre-
               Apfelweinmesse CiderWorld Frankfurt                            bungen, die hessische Apfelweinkultur
                                                                              samt ihrer Streuobstwiesen als „Imma-
                                                                              terielles Kulturerbe“ anerken­nen zu
                                                                              lassen. Genau das ist jetzt – kurz vor
                                                                              Redaktionsschluss – mit dem gesamten
                                                                              Streuobstanbau in Deutschland gesche-
                                                                              hen: Die Kultusministerkonferenz hat
                                                                              seiner Aufnahme in das Bundesweite
                                                                              Verzeichnis Immaterielles Kulturerbe
                                                                              zugestimmt. Den Antrag hatte das
                                                                              Netzwerk Hochstamm Deutschland e.V.
                                                                              bereits 2019 gestellt. Die Aufnahme
                                                                              stellt eine sichtbare Anerkennung der
                                                                              Kultur­form und all jener, die die Streu-
   Die diesjährige CiderWorld wird coronabedingt erst im Sommer               obstkultur mit ihrem Engagement
   und wieder als Online-Veranstaltung stattfinden. Ist Ihnen die             am Leben halten, dar. Die Entscheidung
   Entscheidung schwer gefallen?                                              über die hessische Apfelweinkultur
   Eine virtuelle Messe ist natürlich nicht das Gleiche wie eine ech-         steht noch aus. Fortsetzung folgt.
   te CiderWorld mit 2.000 Teilnehmenden im Gesellschaftshaus
   Palmengarten. In Pandemiezeiten geht das aber nicht, zumal
                                                                              VOGELSCHUTZ
   ein Großteil der Aussteller und des Publikums aus dem Ausland
   anreisen. 2020 haben wir aber erlebt, dass das Online-Format               Artberater helfen
   eine gangbare Alternative ist. Und diesmal wollen wir den Mes-
   secharakter noch stärken.                                                  Im Rahmen der Hessischen Biodiversi-
                                                                              tätsstrategie erstellt die Staatliche
   Wie das?                                                                   Vogelschutzwarte für Hessen, Rhein-
   Man kann Termine für digitale Treffen mit Ausstellern aus aller            land-Pfalz und Saarland für bedrohte
   Welt buchen; als würde man sich zum persönlichen Gespräch                  Vogelarten sogenannte „Artenhilfs-
   am Messestand verabreden. Daneben wird es wieder On-                       konzepte“ (AHK). Um diese möglichst
   line-Verkostungen geben, für die man sich im Vorfeld Probier-              wirksam umzusetzen, können sich
   pakete nach Hause schicken lassen kann. Und natürlich werden               Behörden, Landschaftspflegeverbände,
   die CiderWorld’21-Awards vergeben.                                         Flächeneigentümer und -bewirtschaf-
                                                                              ter sowie Verbände über die Warte von
   Der Wettbewerb verbinde wissenschaftliche Analyse und interna-             kundigen „Artberatern“ kostenlos
   tionale Expertise auf einzigartige Weise. Was meint das genau?             unterstützen lassen. Für typische Streu-
   Ob Apfelwein, Cider, Cidre oder Sidra, ob Brand-, Schaum- oder             obst-Vögel wie Gartenrotschwanz,
   Perlwein aus Apfel: Jedes eingereichte Produkt wird zunächst               Wendehals und Steinkauz ist dies im
   im Institut für Getränkeforschung der Hochschule Geisenheim                Regierungsbezirk Darmstadt auf jeden
   untersucht. Danach muss es sich vor einer internationalen fach-            Fall und im Regierungsbezirk Gießen
   kundigen Jury bewähren. Ich freue mich sehr darauf. Und doch               nach Absprache möglich.
   hoffe ich, dass wir uns im April 2022 wieder „in echt“ treffen
   können, dann vielleicht sogar zu einer ganzen CiderWeek.                   Anfragen sind nur zentral an die Staatliche
                                                                              Vogelschutzwarte zu richten, per Email an
   Mehr Infos und die genauen Daten unter www.cider-world.de                  info@vswffm.de oder Tel. 0641 20009530.
                                                                              Mehr Infos unter https://vswffm.de

Foto: Apfelwein International UG, Fotograf Armin Ritter
Wegenetz wird wiederbelebt Corona-Krise trifft Betriebe - Klima-Energie-Portal
SEITE 6                         MELDUNGEN

BUCHTIPP

Früchte
mit Geschichte
Ein Buch stellt alte Obstsorten vor –
anekdotenhaft, kurzweilig und lehrreich.

Seidenhemdchen und Schweizerhose, Forellenbirne
und Venusbrust, Blutapfel und Schmalzbirne: Die
Namen alter Obstsorten sind nicht nur so vielfältig
wie ihr Aussehen und ihr Geschmack. Viele sind auch
so poetisch wie die Geschichten, die sich um sie
ranken. Die Autorin und Übersetzerin Sofia Blind
stellt in diesem Band fünfzig heimische alte Obst-
sorten ausführlich vor – mit Texten, die ebenso infor-
mieren wie unterhalten, und anhand von wunder-
schönen historischen Illustrationen. Hinzu kommen
Infos zu mehr als hundert weiteren Sorten von Apfel
und Birne, Kirsche und Pflaume, Aprikose und
Pfirsich, Beere und Nuss. Außerdem gibt die Autorin,
die in ihrem „historischen Garten“ im Lahntal selbst
Obstbäume pflegt, Tipps zu Anbau und Sortenaus-
wahl sowie Rezepte regionaler Spezialitäten. All das
fügt sich zu einem starken Plädoyer für den Erhalt
von Artenvielfalt.

                 Sofia Blind: Die alten Obstsorten –                                                            Eine Riesin unter den Kirschen,
                 von Ananasrenette bis Zitronenbirne.                                                           mit Fleisch, so fest, dass man
                 192 Seiten, 60 Farbabb.,                                                                       es in Scheiben schneiden
                 DuMont Buchverlag,                                                                             kann: die Holländische Große
                 Okt. 2020, 25 Euro                                                                             Prinzessinkirsche

SCHUTZ- UND PFLEGEKONZEPT                            Umwelt, Energie und Naturschutz             ihren dauerhaften Erhalt in den Blick zu
                                                     herausgegebenes „Handlungskonzept           nehmen. Der Leitfaden richtet sich an
Zukunft für Wiesen                                   Streuobst“. Von der Auswahl geeigne-        Naturschutzbehörden sowie Landschafts-
                                                     ter Obstsorten und -arten bis zur           pflege- und Naturschutzverbände. Aber
Auch Hessens Nachbarland Thüringen                   Begleitung des Baumes durch seine           auch interessierte Laien und Hobby-
ist reich an Streuobstwiesen. Und wie                gesamte Biografie: Auf 100 Seiten gibt      Baumwirte – jenseits und diesseits der
hier sind die Bestände bedroht: Viele                der Leitfaden Tipps und Empfehlungen        hessisch-thüringischen Grenze – finden
Flächen sind aufgegeben, aber auch                   zur fachlichen Pflege von hochstämmi-       wertvolle Informationen.
falsche Pflege- und Schnittmaßnahmen                 gen Streuobstbäumen und zum Um-
setzen den schützenswerten Naturräu-                 gang mit den Biotopen. Neu und wichtig      Das Handlungskonzept kann unter
men zu. Zur Abhilfe beitragen soll jetzt             ist die Perspektive, den gesamten Lebens-   www.umwelt.thueringen.de im Bereich
ein vom Thüringer Ministerium für                    zyklus einer Streuobstwiese und damit       Publikationen heruntergeladen werden.

Illustration: Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
Wegenetz wird wiederbelebt Corona-Krise trifft Betriebe - Klima-Energie-Portal
MELDUNGEN                                     SEITE 7

                                                                                   OBSTSORTE DES JAHRES

                                                                                   Die Wiederentdeckte
                                                                                   Auch für das Jahr 2021 hat die hessi-
                                                                                   sche Landesgruppe des Pomologen-
                                                                                   Vereins eine Apfelsorte zur Lokalsorte
                                                                                   des Jahres gekürt: die Hofheimer Glanz-
                                                                                   renette, eine lange verschollene Apfel-
                                                                                   sorte aus Hofheim am Taunus. Der
                                                                                   Überlieferung nach handelt es sich um
                                                                                   einen Zufallssämling der Goldparmäne.
                                                                                   Der Mutterbaum am Elektrizitätswerk
                                                                                   in Hofheim ist durch seine glänzende
                                                                                   Rinde aufgefallen und soll, in den Vor-
                                                                                   garten eines städtischen Landhauses
                                                                                   verpflanzt, um 1930 herum mehrere
                                                                                   ansehnliche Ernten gebracht haben.
                                                                                   Richard Zorn, legendärer Obstzüchter
                                                                                   und Pomologe aus Hofheim, beschrieb
                                                                                   die Sorte in seinen Sorten-Werken.
                                                                                   Die mittelgroßen, (flach)runden Früchte
                                                                                   sind weiß- bis hellgelb, auf der Sonnen-
                                                                                   seite zart rot. Das leicht schaumige
                                                                                   Fruchtfleisch ist süß und renettenartig
                                                                                   gewürzt. Zorn bezeichnete die Hof-
                                                                                   heimer Glanzrenette damals als neue
                                                                                   edle Apfelsorte, die sich bald in den
GASTRONOMIE                                                                        deutschen Obstgärten verbreiten wird.
                                                                                   Doch es kam anders, die Sorte geriet

Solidaritätsbembel                                                                 nahezu in Vergessenheit. An zwei Stand-
                                                                                   orten in Hofheim wurde sie jedoch
                                                                                   in jüngerer Zeit mit fünf Altbäumen
Der Corona-Krise trotzen: Eine kreative Aktion unterstützt                         wiederentdeckt. Dank ihrer Edelreiser
Frankfurter Apfelweinwirtschaften.                                                 konnte die Hofheimer Glanzrenette
                                                                                   im Sortengarten Medenbach und auf
Nach langen Monaten mit geschlossenen Türen bangen viele                           der Richard-Zorn-Wiese gepflanzt und
Apfelweinwirte um ihre Existenz. Dagegen haben die Frankfurter                     so erhalten werden.
Felix Leichum und Paul Groetzki mit einem Herzensprojekt mitten
im zweiten Lockdown Zeichen der praktischen Hilfe gesetzt: In ihrer                Mehr Infos zur Lokalsorte des Jahres unter
Corona-bedingt freien Zeit haben die beiden Kreativen die Initiative               www.pomologen-verein.de/landes-und-
„Support-your-local-Ebbelwoikneipe“ gestartet. Für 22 Frankfurter                  regionalgruppen/lg-hessen
Apfelweinkneipen ließen sie in einer Töpferei im Westerwald wasch-
echte Solidaritätsbembel herstellen, für jede Kneipe eine limitierte
Serie von 50 Stück. Diese konnte man beim Hessen-Shop für 49,99
Euro bestellen und über die Erlöse seine Lieblingskneipe unterstützen.
Die Aktion zündete, schnell waren über 30.000 Euro „eingebem-
belt“. „Wir hätten nie erwartet, dass das so einschlägt“, erzählt
Felix Leichum. Und die Käuferinnen und Käufer der Bembel haben
einen Grund mehr, sich auf die Wiederöffnung der Wirtschaften
zu freuen. Denn als Dankeschön der Wirtinnen und Wirte können
sie ihren Bembel einmal kostenfrei füllen lassen.

Schöne Fotos von der Aktion und der Herstellung der Bembel in der Töpferei
unter www.instagram.com/supportyourloca­lebbelwoikneipe

Fotos: Felix Leichum (links); Steffen Kahl (rechts)
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SEITE 8                      THEMA

Mit vereinten Kräften. Diese Devise kann auch bei Förderanträgen für Streuobstprojekte helfen.

FÖRDERUNG                                                                                        tiger, auch von Martin Wörner beschrit-
                                                                                                 tener, führt über die 2013 gestartete

Wie Wiesenwünsche                                                                                Hessische Biodiversitätsstrategie (HBS)
                                                                                                 des Landes. Diese benennt Streuobst-
                                                                                                 wiesen als besonders förderwürdige

wahr werden                                                                                      Biotope. Maßnahmen wie eine Sanie-
                                                                                                 rung lange nicht gepflegter Bestände,
                                                                                                 die Bekämpfung von Misteln oder
Streuobstwiesen pflegen, Hochstämme nachpflanzen, Mistelbefall eindämmen,                        Nachpflanzungen, aber auch die Ent-
den Steinkauz schützen: All das ist wichtig – und kostet Mühe und Geld. Doch das                 buschung oder die Aufwertung der
Engagement kann finanziell gefördert werden. Ein Überblick.                                      Streuobstwiesen durch das Aufhängen
                                                                                                 von Nisthilfen können bis zu 100 Pro-
Wenn Martin Wörner erzählt, wie im               kostet einige Tausend Euro. Doch Wör-           zent finanziert werden.
Spätherbst auf seinen Streuobstwiesen            ner hat die Summe erstattet bekom-                   „Wichtig ist eine anschließende
in der Frankfurter Gemarkung Harheim             men. Denn er wusste, was nur wenige             nachhaltige Pflege, die allerdings nicht
auf der Steinritze plötzlich alles Schlag        wissen: dass und wie die öffentliche            Gegenstand der Förderung sein kann“,
auf Schlag ging, schwingt auch etwas             Hand Projekte, die zur Erhaltung der            erläutert Jutta Schmitz, zuständige An-
Stolz mit. Der Hobby-Wiesenbewirt-               Streuobstlandschaft beitragen, finanzi-         sprechpartnerin im Regierungspräsidi-
schafter und einige Gleichgesinnte ha-           ell fördert. Er erinnert sich: „Die Recher-     um Darmstadt. Und sie erklärt den Weg:
ben 36 Hochstämme alter Sorten ge-               che hat Zeit gekostet. Aber als ich an          „Erste Anlaufstelle für solche HBS-
pflanzt, Apfel, aber auch Quitte, Kirsche,       der richtigen Stelle nachgefragt habe,          Projekte sind die Unteren Naturschutz-
Zwetschge, Birne und eine Walnuss. Die           ging es einfach und schnell.“                   behörden der Kreise. Diese leiten Anträ-
Bäume samt Verbissschutz, Pfahl und                    Ob für Kommunen, Vereine, Land-           ge nach einer ersten fachlichen Einschät-
Wühlmauskorb kamen von der Baum-                 wirte oder Privatpersonen: Tatsächlich          zung an die bei den Regierungspräsidien
schule Köhler. Ein Team vom MainÄppel-           gibt es verschiedene Fördertöpfe und            angesiedelten Oberen Naturschutzbe-
Haus hatte Pflanzlöcher gebohrt. All das         damit auch Wege zu Geldern. Ein wich-           hörden zur Entscheidung weiter. Über

Foto: Felix Russ
Wegenetz wird wiederbelebt Corona-Krise trifft Betriebe - Klima-Energie-Portal
THEMA                                       SEITE 9

diese wird die Maßnahme dann finan-         55 Euro. Viele Kommunen bieten eine
ziert.“ Diesen Weg hat 2020 zum Bei-        ähnliche Art der Unterstützung an, die-       MEHR INFORMATIONEN ZUR
spiel ein Antrag des Landschaftspflege-     se richtet sich allerdings an nicht-kom-      FÖRDERUNG IM VERBANDSGEBIET
verbandes „Main-Taunus Naturland-           merzielle Nutzer.
schaft und Streuobst e.V.“ zur Eindäm-           5.000 Euro auf einen Schlag für ein      Hessisches Ministerium für Umwelt,
mung des Mistelbefalls genommen: Mit        Streuobstwiesen-Projekt winken an an-         Klimaschutz, Landwirtschaft und
den bewilligten 10.000 Euro wurden vor      derer Stelle, erfordern allerdings etwas      Verbraucherschutz
allem Misteln von Apfelbäumen in Kelk-      Glück. Vor fünf Jahren hat das Hessische      Unter https://umwelt.hessen.de/
heim-Fischbach fachgerecht entfernt.        Umweltministerium die Umweltlotterie          klima-und-naturschutz finden sich
Auch 2021 stehen wieder Fördergelder        GENAU ins Lebens gerufen: Bei dieser          direkte Links zur Hessischen Biodiversi-
zur Verfügung, private Streuobstwie-        wird die Fördersumme an ein Umwelt-           tätsstrategie, zur Umweltlotterie GENAU
senbesitzer können sich an den Land-        projekt aus eben jenem Landkreis aus-         und zum Thema Naturschutzförderung.
schaftspflegeverband wenden.                geschüttet, aus dem auch der Hauptge-
      Für größere Streuobstprojekte ab      winner der Wochenziehung stammt.              Regierungspräsidium Darmstadt
einem Volumen von 25.000 Euro können        Anträge, sei es von Schulen, Vereinen         https://rp-darmstadt.hessen.de/umwelt/
in Hessen seit vier Jahren auch Gelder      oder Kommunen, können recht unkom-            naturschutz/förderung
für investive Naturschutzmaßnahmen          pliziert an LOTTO Hessen gestellt wer-
im Rahmen der „Gemeinschaftsaufgabe         den. Auf diese Weise sind in den letzten      Regierungspräsidium Gießen
zur Verbesserung der Agrarstruktur und      Jahren ebenfalls zahlreiche Streuobst-        https://rp-giessen.hessen.de/umwelt-
des Küstenschutzes (GAK)“ in Anspruch       wiesenprojekte gefördert geworden,            natur/forsten-naturschutz/förderung
genommen werden. In bestimmten Fäl-         zuletzt etwa eine Erhaltungsmaßnahme
len ist dabei ein Eigenanteil von 10 Pro-   in Wehrheim-Pfaffenwiesbach im Hoch-          Umweltlotterie GENAU
zent aufzubringen. Anträge sind mittels     taunuskreis. Und der Naturschutzverein        https://www.genau-lotto.de
Formular direkt an das zuständige Re-       Birklar bei Lich im Raum Gießen hat
gierungspräsidium zu richten. Antrags-      Unterstützung für sein Artenschutz-           Hessische Biodiversitätsstrategie (HBS)
berechtigt sind Gemeinden und Ge-           programm für den auch in Mittelhessen         https://biologischevielfalt.hessen.de/
meindeverbände sowie gemeinnützige          stark bedrohten „Streuobstvogel“ Stein-       biodiversitaetsstrategie.html
Organisationen, aber auch landwirt-         kauz erhalten.
schaftliche Betriebe oder Landbewirt-            Was kaum jemand weiß, woran              Eine Übersicht über diese Fördermöglich-
schafter. Auch weil das Antragsverfah-      aber Amelie Hübner vom Regierungsprä-         keiten und weitere, zum Beispiel durch
ren hier recht aufwändig ist, rät Jutta     sidium Gießen erinnert: Unabhängig von        Stiftungen, findet sich auch unter
Schmitz vom Darmstädter Regierungs-         dem Zusatzgewinn stehen auch Über-            https://biologischevielfalt.hessen.de/
präsidium: „Vor einer etwaigen Antrag-      schussmittel der Lotterie zur Förderung       uebersicht_foerdermoeglichkeiten.html
stellung sollte man mit den zuständigen     von Umwelt-und Naturschutzprojekten
Behörden klären, ob Aussicht auf eine       zur Verfügung. „Gefördert werden auch         Landschaftspflegeverbände
Förderung besteht.“                         Maßnahmen zur Verbesserung und Neu-           Gute erste Ansprechpartner sind stets
      Ihre Kollegin vom Regierungspräsi-    schaffung von Streuobst“, Projekte mit        auch die Landschaftspflegeverbände im
dium Gießen, Amelie Hübner, die dort        einem Volumen zwischen 2.500 und              Verbandsgebiet: der LPV Main-Kinzig-
für die HBS-Projekte zuständig ist, ver-    25.000 Euro können eingereicht werden.        Kreis, der LPV Hochtaunus, der LPV
weist zudem auf das Hessische Pro-          Informationen finden sich auf der Web-        Main-Taunus Naturland und Streuobst,
gramm für Agrarumwelt- und Land-            site des Hessischen Umweltministeriums        die Landschaftspflegevereinigung
schaftspflegemaßnahmen (HALM). Das          unter der Rubrik „Klima & Naturschutz“.       Gießen und der Naturschutzfonds
Programm richtet sich an landwirt-               Zurück nach Harheim. Mit großer          Wetterau.
schaftliche Betriebsinhaber und soll An-    Zuversicht beobachten Martin Wörner
reize für eine besonders nachhaltige        und seine Freunde, ob die 36 neuen Bäu-       Die Kontakte findet man unter
Landbewirtschaftung in Hessen schaf-        me in ihrem ersten Winter gut ange-           www.dvl.org/
fen und damit auch zum Erhalt von           wachsen sind. Neben der Pflege seiner         landschaftspflegeverbaende/lpv-vor-ort
Streuobstwiesen beitragen. „Gefördert       Schützlinge hat er die Wiesen mit Nist-
werden können Nachpflanzungen, Er-          kästen und einem Insektenhotel ausge-
haltungsschnitte und auch die Pflege        stattet. Und auch sein nächster Plan steht:
der Fläche“, so Hübner. Die für HALM        Er möchte eine reine Graswiese in eine
zuständigen Bewilligungsstellen sind in     typische Blühwiese umwandeln. Nach
den Landratsämtern angesiedelt. Pro         Rücksprache mit der Unteren Natur-
gepflegtem Baum und Jahr gibt es            schutzbehörde im Umweltamt Frankfurt
6 Euro, für einen Baum im Pflanzjahr        wird er den Förderantrag bald stellen.
Wegenetz wird wiederbelebt Corona-Krise trifft Betriebe - Klima-Energie-Portal
SEITE 10               INTERVIEW

                              COVID-19         Herr Kimmel, die Gastronomie wird von den Ein-
                                               schränkungen besonders gebeutelt. Wie ist die

            „Es geht an
                                               aktuelle Lage bei den Apfelweinwirtschaften?
                                               Andreas Kimmel Es ist schwer, noch die richtigen
                                               Worte zu finden. Ich habe lange gedacht, dass
                                               wir mit Beginn des Frühlings wieder loslegen
                                               können. Nun geht die Ungewissheit weiter. Seit

           die Substanz“
                                               Monaten hat man als Apfelweinwirt drei Mög-
                                               lichkeiten: Man lässt den Laden zu, bietet einen
                                               Abholservice an oder kombiniert diesen noch mit
                                               einem Lieferservice. Viele nutzen den ausgesetz-
                                               ten Betrieb auch, um um- oder auszubauen. Bei
                                               fast allen aber sind die Reserven aufgebraucht
                                               und manchen droht die Puste auszugehen.

       Wie sehr setzt die Corona-Krise den     Sie bieten Ihren selbstgekelterten Apfelwein im
                                               Corona-Quarantäne-Kanister zum Mitnehmen
    Apfelweinwirtschaften und Keltereien zu?   an und haben sich für einen Abhol-Service ent-
     Fragen an Gastronom Andreas Kimmel        schieden. Hilft das?
                                               Kimmel Man kann zumindest ein bisschen Um-
         und Kelterei-Chef Martin Heil.        satz generieren. Im ersten Lockdown gab es so-
                                               gar eine kleine Euphorie: Die Leute haben gerne

Fotos: Felix Leichum
INTERVIEW                                      SEITE 11

und oft Essen bestellt. Wir waren damals aber        durch einiges abfedern können. Und auch Kel-
auch einer der ersten Wirtschaften, die das an-      tereien, die sich auf Besonderheiten spezialisiert
geboten haben. Inzwischen ist die Konkurrenz         haben, kommen besser durch die Krise.
groß und die Euphorie ist verflogen. Die Men-
schen wollen wieder bei uns sitzen, nicht nur mal    Das gilt auch für manche Winzer. Fällt Ihnen auf
eben etwas abholen.                                  die Füße, dass Apfelwein ein eher preisgünstiges
                                                     und geselliges Getränk ist?
Herr Heil, wie geht es den Keltereien? Lautes öf-    Heil Auf jeden Fall. Uns trifft es sehr, wenn Stra-
fentliches Klagen war bislang kaum zu vernehmen.     ßenfeste, Sportveranstaltungen oder Musikfesti-
Martin Heil Wir haben lange unter einer schlei-      vals nicht stattfinden. Bei solchen Anlässen trin-
chenden Krise gelitten, deren Höhepunkt in den       ken die Leute eben keinen Wein, sondern Bier          Andreas Kimmel betreibt
1990er-Jahren lag: Mit der Nachfrage sind die        und Apfelwein. Hierfür haben viele Kelterei in-       den Homburger Hof im
Abfüllmengen stetig gesunken, von einst 60 Mil-      zwischen Apfelwein in Longneck-Flaschen und           Frankfurter Stadtteil
lionen Liter Apfelwein in Hessen auf nur noch 40     Dosen im Sortiment. Davon sind 2020 fast keine        Eckenheim und ist einer
Millionen Liter. Diese Krise konnten wir stoppen,    verkauft worden – ebenso wie Apfelwein im             der Sprecher der Ver-
seit Jahren ist die Menge konstant, zuletzt sogar    Fass. Der Unterschied zwischen Wein und Apfel-        einigung der Äpfelwein-
leicht ansteigend. Da können zum Beispiel Brau-      wein zeigt sich auch beim Online-Handel: Mag          wirte Frankfurt am Main
ereien nur von träumen. Die Corona-Krise ist an-     der bei Wein funktionieren, ist er bei Apfelwein      und Umgebung e.V.
ders, sie ist schlagartig gekommen und hält sich     marginal. Im Grunde ist er für den Online-Han-
hartnäckig. Warum wir weniger jammern als an-        del ein zu günstiges Produkt.
dere Branchen? Ein Kollege hat es kürzlich so
gesagt: Als Familienbetrieb hatten wir es nicht      Gibt es solche Unterschiede auch zwischen Apfel-
leicht, wir sind es gewohnt, nach Wegen zu su-       weinwirtschaften und anderen Gastronomien?
chen, um den Betrieb durchzubringen.                 Kimmel Apfelweinwirte bieten keine hochpreisi-
                                                     ge Gastronomie, deswegen lohnt ein Lieferser-
Trifft die Krise denn alle gleich?                   vice nur selten. Ein Schnitzel, ein Handkäs und
Kimmel Sie trifft alle Apfelweinwirtschaften         Apfelwein zu liefern – da bleibt nichts hängen.
hart, manche aber härter als andere. Zum Bei-        Einen Vorteil haben wir aber gegenüber manch
spiel ist eine attraktive Außenfläche noch wich-     anderem Gastronomen: Die wenigsten von uns
tiger geworden. Wer die hat, konnte im Som-          leben von Laufkundschaft. Wir leben von Men-
mer 2020 Einbußen aus dem ersten Lockdown            schen, die einen Bezug und eine emotionale Bin-
einigermaßen kompensieren. Ein anderer Fak-          dung zu uns haben. Apfelweinkneipen sind sozi-        Martin Heil ist Geschäfts-
tor ist der Standort: Eine Wirtschaft in A-Lage in   ale Treffpunkte für Jung und Alt. Viele holen bei     führer und Inhaber der
der Innenstadt von Frankfurt ist plötzlich in        uns Essen, weil sie wollen, dass es uns weiterhin     Kelterei Heil in Laubus-
eine C-Lage abgerutscht – mit den Mieten der         gibt. Auch so etwas trägt durch diese Zeiten.         Eschbach und Vorstandsvor-
A-Lage. Und wenn eine Wirtschaft weit außer-                                                               sitzender des Verbands der
halb im Grünen liegt, braucht man es mit einem       Wie schauen Sie in die Zukunft?                       Hessischen Apfelwein- und
Take-away-Service gar nicht zu versuchen. Nie-       Heil Jenseits von Corona haben wir Keltereien         Fruchtsaft-Keltereien e.V.
mand fährt den halben Weg zum Feldberg               das Gefühl, dass die Bürokratie immer mehr wird
hoch, um ein Schnitzel abzuholen. Am besten          und uns nun weitere komplizierte Vorschriften
sind momentan Mikrolagen wie Dörfer und              drohen. Insgesamt werden wir wohl erst in eini-
Stadtteile, bei denen die Wirtschaft nah bei ih-     gen Jahren wissen, welche Auswirkungen die
rem Stammpublikum ist.                               aktuelle Krise auf die Keltereien haben wird.
                                                     Im Moment werden Mittel nicht dafür einge-
Ist die Situation bei Keltereien ähnlich divers?     setzt, um in die Zukunft zu investieren, es wer-
Heil Corona lässt keinen Betrieb unbeeindruckt.      den Löcher gestopft. Corona geht an die Subs-
Aber während bei manchen der Umsatz um 5             tanz und es raubt Unternehmen Kraft.
Prozent gesunken ist, ist er bei anderen um 50       Kimmel Die Frage, die alle Gastronomen interes-
Prozent eingebrochen. Das hat weniger mit der        siert, lautet: Wann können wir wieder öffnen –
Größe des Betriebs als mehr mit den Vertriebs-       wann draußen, wann auch wieder drinnen? Und
strukturen zu tun: Unternehmen, die viel über        wenn wir öffnen können: Können wir dann dau-
den stationären Handel verkaufen, leiden weni-       erhaft geöffnet bleiben? Planbarkeit ist extrem
ger als solche, die in der Gastronomie stark ver-    wichtig. Aber klar ist auch: Unsere hessische
treten sind. Es gibt auch kleine Keltereien, die     Bembelkultur ist stärker als der Virus und wird
noch einen Getränkehandel betreiben und da-          ihn überstehen.
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                                RAD- UND WANDERWEGENETZ

                                Immer
                              dem Apfel
                                 nach

Foto: Cornelia Dörr
STORY                                          SEITE 13

Attraktive Ziele für Naherholung und Tourismus ausweisen.
Die regionale Wirtschaft unterstützen. Das Bewusstsein für die
ökologische Bedeutung der Streuobstwiese stärken: All das
soll die Reaktivierung des Wegenetzes der Hessi­schen Apfel-
wein- und Obstwiesenroute erreichen.

Die Vereine der Hessischen Apfelwein- und Obst-      zeugt. Was ist also zu tun, um die alte Route wie-
wiesenroute sind seit mehr als 25 Jahren aktiv.      der zu reaktivieren bzw. begeh-, befahr,- und
Vielerorts setzen sich Gastleute, Keltereien, Na-    erlebbar zu machen?
turschützer und viele mehr im Namen dieser                In einem ersten Schritt werden drei Streu-
Route für die hiesige Apfelwein- und Streuobst-      obstrouten durch des Regionalpark RheinMain
kultur ein. Allein: Die namensgebende Route          ausgewiesen. Die Planung beginnt in diesem
selbst – ein großes, die ganze Rhein-Main-Region     Jahr, sogenannte Suchkorridore für die Wege
umfassendes Rad- und Wanderwegenetz – ist            sind bereits in der Wetterau, am Taunushang so-
dabei etwas in die Jahre gekommen. Einst wurde       wie im Kreis Offenbach festgelegt worden. Die
sie angelegt, um die Menschen entlang beson-         genaue Streckenführung wird in den nächsten
ders schöner Wege durch die Streuobstland-           Monaten mit den betroffenen Kommunen er-
schaften zu leiten und sie auf ihren Radausflü-      arbeitet. Um das Wegesystem der Regional-
gen, Wanderungen und Spaziergängen auch zu           park-Routen mit dem der Apfelwein- und Obst-
lokalen Gaststätten oder Regionalläden zu füh-       wiesenroute zu verknüpfen und auch das Thema
ren. Zu ihren besten Zeiten waren rund 1.000 Ki-     Streuobst gemeinsam zu bewerben, werden die-
lometer ausgewiesen, alle gekennzeichnet mit         se Wege mit dem Apfelsymbol und einem golde-
dem einheitlichen Logo,                                                      nen Pfeil markiert.
einem roten Apfel im                                                              „Es ist sehr erfreu-
grünen Pfeil. Doch diese                                                     lich, dass der Regional-
Markierungen am Weges-
rand sind inzwischen
                              Los gehen wird es mit                          verband zusammen mit
                                                                             dem Regionalpark das
                                                                                                            WEGE IN DREI KATEGORIEN

häufig geklaut – als be-
liebtes Souvenir – oder der
                              Wegen in der Wetterau,                         Thema aufgegriffen hat",
                                                                             freut sich Claudia Jäger,
                                                                                                                Die Farbe Gold weist
                                                                                                                künftig besonders
Zahn der Zeit hat so sehr
genagt, dass man oft das
                                 im Taunus und im                            Erste Kreisbeigeordnete
                                                                             im Kreis Offenbach.
                                                                                                                attraktive Routen aus.
                                                                                                            Deren Standards für die
Logo kaum noch erken-
nen kann. Und auch die
                                  Kreis Offenbach.                           Schließlich würden die
                                                                             Streuobstwiesen die Ge-
                                                                                                            Ausschilderung und die
                                                                                                            begleitenden Ausstattungs-
einst liebevoll erstellten                                                   gend bereits seit Jahr-        elemente orientieren sich
Rad- und Wanderkarten                                                        hunderten prägen. „In          an den Regionalparkrouten.
sind heutzutage kaum noch eine Hilfe, denn sie       den vergangenen Jahrzehnten gingen jedoch
sind längst vergriffen und seit Jahren nicht mehr    viele Flächen verloren oder Bestände sind über-            Der rote Pfeil wird
überarbeitet worden.                                 altert“, so Jäger. Umso wichtiger sei es jetzt, dass       überwiegend be-
     Es gibt also viel zu tun für den Regionalver-   die Hessische Apfelwein- und Obstwiesenroute               festigte Wege kenn-
band FrankfurtRheinMain, der die Marke „Hes-         den Lebensraum Streuobstwiese wieder mehr ins          zeichnen, die sich zum
sische Apfelwein- und Obstwiesenroute“ zum           Bewusstsein der Menschen rückt.                        Radfahren eignen oder
1. Januar 2020 übernommen hat, um die ehren-              Doch diese ersten drei Routen sind nur der        auch für Touren mit Roll-
amtliche Arbeit der Vereine besser unterstützen      Anfang. Weitere „Gold“-Routen sollen folgen.           stuhl oder Kinderwagen.
zu können. „Ein solches Rad- und Wanderwege-         Daneben wird jedoch bald eine Vielzahl weiterer
netz ist bestens geeignet, um den Blick für die      Wege ausgewiesen. Diese müssen dann nicht un-              Der grüne Pfeil steht
Vielfalt und die Schönheit der Natur in unserer      bedingt dem hohen Gold-Standard des Regional-              für naturnahe Wege
Region zu schärfen und damit auch für den Er-        parks genügen. „Wir wollen den Leuten nicht                mit unbefestigten
halt der Streuobstbestände zu sensibilisieren        mit jedem Weg ein Landschaftskunstwerk oder            Abschnitten, je nach Länge
und zu werben“, zeigt sich Rouven Kötter, der        einen Lehrpfad bieten“, erklärt der Streuobstbe-       ideal zum Spazierengehen
Erste Beigeordnete des Regionalverbands, über-       auftragte des Regionalverbands Bastian Sauer.          oder Wandern.
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                           „Manchmal reicht es auch, wenn wir mit unseren       und gute Möglichkeiten zur kulinarischen Ein-
                           Wegen einfach nur die Streuobstwiese als Lebens-     kehr oder zum Einkauf von regionalen Produk-
                           raum für Mensch und Tier erlebbar machen.“           ten. Dafür wurden neben den Streckenschildern
                           Diese Wege der Kategorie „Rot“ (für Radfahrer,       noch spezielle Hinweisschilder entworfen, die
                           Kinderwägen, Fußgänger; bestehend aus über-          den Weg zu Gaststätten oder Hofläden weisen.
                           wiegend befestigten Wegen) und „Grün“ (primär        Zusammen mit einheitlich gestalteten Infota-
                           zum Spazierengehen und Wandern geeignet, da          feln, Ruhebänken, Fahrradständern und vielem
                           auch über unbefestigte und naturnahe Wege            mehr soll der Wiedererkennungswert erhöht
                           führend) werden in den nächsten drei Jahren          und die Marke „Hessische Apfelwein- und Obst-
                           festgelegt und beschildert werden. Dafür wird        wiesenroute“ gestärkt werden.
                           der Regionalpark zusammen mit dem Regional-                Profitieren werden hiervon nicht zuletzt die
                           verband eigens eine auf drei Jahre befristete Pro-   örtliche Gastronomie und Anbieter lokaler Pro-
                           jektstelle ausschreiben (siehe Kasten).              dukte. „Als wir gehört haben, dass wir mit unse-
                                Natürlich müssen sich Erholungssuchende         rem Brunnenwärterhaus an der Route liegen
                           aus der Region ebenso wie Urlaubsgäste, die die      werden, haben wir uns natürlich sehr gefreut,“
Hinweisschilder entlang    Region entdecken wollen, auch bei der Nutzung        sagt zum Beispiel Nicola Hallmann, Inhaberin
der Routen weisen auf      dieser Routen auf verlässliche Qualitätsstan-        des Traditionsgasthauses im Herzen der Wet-
gastronomische Betriebe,   dards verlassen können. Dazu zählen eine lü-         terau. Gerade weil das Haus von großen Bäumen
Direktvermarkter und       ckenlose Ausschilderung, attraktive Rundrou-         umgeben sei und deshalb von Wanderern und
Sehenswürdigkeiten hin.    ten, interessante Highlights entlang der Wege        Radfahrern oft übersehen werde, sind die neuen

                                                                                Ob zu Fuß oder zu Rad, ob lange Tour oder flotter
                                                                                Spaziergang: Die Apfelwein- und Obstwiesenroute macht
                                                                                die Schönheit der Kulturlandschaft erlebbar.

Fotos: Cornelia Dörr
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Hinweisschilder nach Ansicht von Hallmann sinn-
voll und hilfreich. „Alles, was den Betrieb ankur-
beln könnte, ist gerade nach dieser langen Corona-
Durststrecke herzlich willkommen.“
     Bis alles fertig ist, wird es freilich noch eine
Weile brauchen. Zumal es neben der Wegefüh-
rung vor Ort dann ja auch wieder nutzbare
Wander- und Radkarten geben soll – als Klassi-
ker zum Auffalten, aber heutzutage natürlich
auch zum Download mit entsprechenden
GPS-Dateien. „Wir freuen uns aber, dass wir zu-
sammen mit den beteiligten Kommunen und
den Ehrenamtlichen der Regionalschleifen die-
ses Thema jetzt mit frischer Energie und viel
Tempo angehen können“, sagt Rouven Kötter
vom Regionalverband FrankfurtRheinMain,
„damit die Hessische Apfelwein- und Obstwie-
senroute mit ihrem einzigartigen Rad- und
Wanderwegenetz bald wieder im neuen Glanz
erstrahlen kann.“

STELLENAUSSCHREIBUNG

Die Hessische Apfelwein-
und Obstwiesenroute braucht Sie!
Der Regionalverband FrankfurtRheinMain will
in Kooperation mit dem Regionalpark Rhein-
Main das Routensystem der Apfelwein- und
Obstwiesenrouten überarbeiten. Dies geschieht
in Abstimmung mit den jeweiligen Regional-
schleifen der Hessischen Apfelwein- und Obst-
wiesenroute in. Wesentliche Ziele des Projektes
sind die Modernisierung und Qualifizierung der
bestehenden Wege sowie die Neuausweisung
von Wegen. Dabei sollen stabile Strukturen zur
Pflege des Routensystems und der Beschilderung
geschaffen sowie Ideen zur Vermarktung und
Bewerbung der Apfel- und Obstwiesenrouten im
Kontext der Nutzung und Pflege von Streuobst-
beständen entwickelt werden.

Weitere Informationen sowie die Stellenaus-
schreibung zu der auf drei Jahre befristeten Pro-
jekt-Stelle erhalten Sie ab Frühsommer 2021 auf
der Website www.streuobst-frm.de oder direkt
bei dem Streuobstbeauftragten des Regional-
verbands, Bastian Sauer unter Tel. 069 2577-1578
bzw. per Email an sauer@region-frankfurt.de
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                   NATUR- UND ARTENSCHUTZ

                   Die Aktiven
                   Streuobstwiesen sind „Hotspots der Bio-
                   diversität“. Ein guter Grund, sich für ihren
                   Erhalt einzusetzen. Der Apfelbote stellt
                   drei Menschen vor, die dies auf ganz unter-
                   schiedliche Weise tun.
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Streuobstwiesen stehen vor allem für das na-           So hat eigentlich alles angefangen. Für seinen
mensgebende Streuobst. Von A wie Apfel bis Z           Großvater musste nämlich der kleine Gerhard
wie Zwetschge liefern die Wiesen ebenso gesun-         immer eine Wiese mähen. „Damals schwor ich,
de wie leckere Produkte, aus denen ganz wun-           dass ich mir Schafe besorgen würde, wenn ich
derbar Saft, Wein, Marmelade und vieles mehr           groß bin“, lacht Bauschmann. Und genau so kam
gemacht werden kann. Kein Wunder also, dass            es: Seit 1988 beweidet er Obstwiesen mit Scha-
sich viele Menschen für Streuobstwiesen enga-          fen. Derzeit sind es 40 Tiere und sechs Hektar
gieren – und sich jeden Spätsommer und Herbst          Wiese. Ausgehend von seiner Devise „Wenn ich
aufs Neue auf die Ernte freuen, als Lohn für all       etwas mache, mache ich es auch richtig“ hält
die Arbeit, die mit der Bewirtschaftung einer sol-     Bauschmann die Schafe nicht nur, sondern er-
chen Wiese eben auch verbunden ist.                    forscht auch ihren Einfluss auf Flora und Fauna.       Gerd Bausch­mann war
      Es gibt allerdings auch Menschen, die sich       Das macht er zusammen mit anderen Mitglie-             lange bei der Vogelschutz-
für Streuobstwiesen einsetzen, für die das Obst        dern von Weidewelt, einem Verein für natur-            warte tätig. Als Ruhe-
selbst aber gar nicht so wichtig ist. Klar, sie ern-   schutzkonforme Landnutzung durch Bewei-                ständler kümmert er sich
ten auch, weil das dazugehört und all die Äpfel,       dung, dessen Vorsitzender er ebenfalls ist.            heute – neben vielem
Birnen und Pflaumen ja wirklich gesund und le-              Doch damit nicht genug. So betreut Bausch-        anderen – um die natur­-
cker sind. Aber vor allem geht es ihnen in ihrem       mann – der übrigens auch geprüfter Obstbaum-           schutzkonforme Bewei-
Engagement um den Baum und um das Ökosys-              Fachwart und Mitglied im Pomologenverein ist –         dung von Obstwiesen
tem Wiese, auf dem dieser Baum steht. Denn es          rund 300 Hochstämme, darunter auch einige              durch Schafe.
gibt wohl keine andere landwirtschaftlich ge-          alte Obstsorten. Vom Schnitt über die Nachpflan-
nutzte Fläche, die so wertvoll für den Erhalt und      zung bis hin zur Bewässerung, für all das ist Bau-
den Schutz von Arten ist wie diese traditionelle       schmann zuständig. „Da gibt es immer etwas zu
Form des Obstbaus.                                     tun“, lacht er, „langweilig ist mir eigentlich nie.“
      Einer dieser Menschen ist Gerd Bauschmann.       Genau so hört es sich auch an.
Der 66-Jährige ist im hiesigen Naturschutz das,             Doch man muss kein Biologe sein, um sich
was man einen „alten Hasen“ nennt: 17 Jahre hat        für den Naturschutz auf und durch Streuobst-
der Diplom-Biologe im Naturschutzzentrum Hes-          wiesen zu engagieren. Gabriele Rauch ist Versi-
sen (heute: Naturschutz-Akademie) gearbeitet           cherungskauffrau. Vor 30 Jahren gründete sie
und dort unter anderem die Aktion „Rettet die          zusammen mit anderen Aktiven den BUND-Orts-
Obstwiese“ vorangetrieben. Weitere 15 Jahre war        verband Frankfurt-West, dessen Vorsitzende sie
er bei der Vogelschutzwarte in Frankfurt beschäf-      heute ist. Schon drei Jahre später pachtete die
tigt, zuständig für die Streuobstarten. Seit einem     Gruppe eine Streuobstwiese im Sossenheimer
guten Jahr ist Bauschmann im Ruhestand, wenn-          Unterfeld mit derzeit rund zwei Dutzend Bäu-
gleich bei ihm wohl tatsächlich eher von „Unruhe-      men. Neben Äpfeln gibt’s hier auch Quitte, Spei-
stand“ gesprochen werden muss. Denn sein En-           erling, Pflaume, Reneklode und Birne, erzählt
gagement für die Streuobstwiese ist ungebrochen.       die 56-Jährige. „Unsere Süßkirsche hat leider der
„Diese Wiesen bieten eine enorme Artenvielfalt“,       Sturm zerstört“.
schwärmt der Experte, „sie sind Hotspots der Bio-           Der Streuobst-Anbau im Sossenheimer Un-
diversität“. Besonders spannend sei für ihn als Bio-   terfeld hat Tradition. Bis Ende des 19. Jahrhun-
logen, dass dieser Lebensraum für Tiere und Pflan-     derts war das Areal noch Teil einer sumpfigen
zen quasi zwei Etagen hat: Während oben in den         Nidda-Aue, dann wurde es trockengelegt und
Baumkronen die Vögel leben, bietet die Wiese           flurbereinigt. So entstand eine große Streuobst-
unter den Bäumen ein Biotop für eine Vielzahl          wiesenlandschaft, die vor allem zur Selbstversor-
weiterer Tiere und Pflanzen – zumindest, wenn          gung der Dorfbewohner des benachbarten Sos-
man sie nicht ständig mäht oder gar mulcht.            senheim genutzt wurde. Heute ist das Dorf
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                               längst eingemeindet und die Gegend Teil des
                               Landschaftsschutzgebiets GrünGürtel der Stadt
                               Frankfurt. Dieser ist jedoch bedroht, berichtet
                               Rauch, sei es durch irgendwelche Siedlungsplä-
                               ne, gegen die die Gruppe kämpft, oder aktuell
                               durch Nachbarn, die ihre Bäume nicht pflegten
                               und die Wiesen verbuschen ließen. In die Politik
                               wollte die engagierte Frau jedoch trotzdem nie.
                               „Für mich hat der praktische Naturschutz einen
                               hohen Stellenwert“, sagt sie. „Wir wollten auch       und Leidenschaft für das Thema mitbringen kann,
Gabriele Rauch gründete        als Gruppe zeigen, was gerade in einer Stadt wie      denn Schmitt hat mit der Wetterau Großes vor:
vor 30 Jahren zusammen         Frankfurt möglich und wichtig ist.“                   „Ich arbeite gerade an einem Antrag für ein För-
mit anderen Aktiven den             Ohnehin, betont Rauch, sei nicht ihr eige-       derprogramm des Bundesamtes für Naturschutz“,
BUND-Ortsverband               nes, sondern das Engagement der Gruppe ent-           berichtet Schmitt. Dabei geht es um nichts Gerin-
Frankfurt-West, dessen         scheidend. Etwa, wenn gemeinsam die Bäume             geres als um ein sogenanntes Naturschutz-
Vorsitzende sie heute ist.     gepflegt und die Früchte geerntet, zu Saft und        großprojekt. Ziel des seit 1979 bestehenden För-
Im Sossenheimer Unterfeld      Apfelwein verarbeitet und auf dem Höchster            derprogramms sind der Schutz und die langfristige
kümmert sie sich um eine       Weihnachtsmarkt verkauft werden, oder wenn            Sicherung national bedeutsamer und repräsenta-
Streuobstwiese.                Insektennisthilfen aufgestellt werden. All das ist    tiver Naturräume mit gesamtstaatlicher Bedeu-
                               gut für die Natur, schafft aber auch ein gutes        tung. Es werden dabei Gebiete gefördert, die für
                               Gruppengefühl in dem auffällig generationenge-        den Naturschutz außerordentlich wertvoll und
                               mischten Ortsverband. „Unser ältestes Mitglied        für den betreffenden Lebensraumtyp in Deutsch-
                               wird jetzt 90 Jahre“, berichtet Rauch. Bis vor zwei   land besonders charakteristisch und repräsentativ
                               Jahren habe er noch Sensenkurse auf der Wiese         sind. Insgesamt wurden in Deutschland bislang 83
                               angeboten. „Und unsere Kindergruppe ,Die Viel-        Naturschutzgroßprojekte gefördert, in Hessen ist
                               falter‘ sind unsere Jüngsten.“ Sie könnten auf        der Vogelsberg mit seinen Bergwiesen und Bu-
                               dem Grundstück wunderbar beobachten, wie              chenmischwäldern dabei. Allerdings läuft das
                               sich die Wiese über den Jahresverlauf verändert       dortige Programm 2024 aus, sodass sich die
                               und welche Tiere es dort gibt – denn Umweltbil-       Streuobstwiesen der Wetterau als hessisches
                               dung sei eben auch Teil der Naturschutzarbeit, so     Nachfolgeprojekt geradezu aufdrängen.
                               die Vorsitzende des BUND-Ortsvereins.                      Doch so schnell geht es dann doch nicht, er-
                                    Eine solche frühkindliche Sozialisation mit      klärt Schmitt. Zunächst müssten Partner gefun-
Dominik Schmitt hat sich       dem Thema Streuobstwiese hat Dominik Schmitt          den und überzeugt werden. All dies sei eher ein
ein Ziel gesetzt. Er möchte,   nicht erfahren. Im Gegenteil: Der 27-Jährige hatte    Marathon als ein Kurzstreckenlauf. Zwar wür-
dass die Wetterau mit          mit dem Thema eigentlich bis zu seinem Studium        den zweistellige Millionenbeträge als Förder-
ihren Streuobstwiesen ein      der Nutzpflanzenwissenschaften in Bonn nichts         summe winken, allerdings müsste die antragstel-
Naturschutzgroßprojekt         zu tun gehabt. Und auch zum Rhein-Main-Gebiet         lende Institution dafür auch selbst einiges
wird. Und „Großprojekt“        hatte er keinerlei Bezug – bis ihn die Liebe dort-    mitbringen – von Know-how über Manpower bis
ist dabei durchaus wörtlich    hin führte und dazu zwang, sich hier eine Be-         hin zu Eigenkapital. „Der NABU wird dieses Pro-
zu verstehen.                  schäftigung zu suchen. Gefunden hat Schmitt die-      jekt sicher nicht alleine stemmen können, dafür
                               se in der NABU-Kreisverbandsstelle Wetterau, wo       braucht es starke Projektpartner und politische
                               er seit vergangenem November „Bufdi“ ist, also        Rückendeckung“, so Schmitt. „Aber ich bin mir
                               seinen Bundesfreiwilligendienst (BFD) leistet.        sicher, dass sich das Engagement für die Wet-
                               Dort beweist er seither, dass man auch als Quer-      terau und ihre besonderen Streuobstwiesen-
                               einsteiger eine gehörige Portion Engagement           landschaften lohnen würde.“

Fotos: Privat
STORY                           SEITE 19

      Der Garten als
      Lebensraum                                                                          Erzeugnisse aus ökologischer Landwirtschaft
      für Menschen
      & Insekten!                                                                                   n Sie
                                                                                        G enieß eo dukte
                                                                                                  r
                                                                                       uns ere P is chen
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                                                                                               am 19. September von 11-18 Uhr
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                  www.rinnbaumschule.de

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                                                                                             auf unserem Bio-Bauernhof mit
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                                                                                              Führungen • Kinderprogramm

                                                                                       Hofgut Marjoß •36396 Steinau • www.bwmk.de
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SEITE 20                   KOLUMNE

                                       Sauers Sicht
                     Diesmal: Was passieren muss, damit Fördergelder für
                         Streuobst auch auf „die Wiesen kommen“.

Auch für die Obstbäume auf unseren            Je höher die Transparenz ist und je un-    soll. Es ist zu hoffen, dass das zur Über-
Streuobstwiesen sind es harte Zeiten.         bürokratischer die Verfahren sind, umso    windung einiger Schwierigkeiten bei-
Die zurückliegenden Dürre-Jahre haben         besser werden sie in Anspruch genom-       trägt. Manchmal hilft auch der Blick
die ohnehin überalterten Bestände wei-        men – zum Wohle unserer Wiesen. Üb-        über die Verbands- und Landesgrenzen
ter geschwächt. Die Lücken auf den Wie-       rigens: Auch durch einen Dschungel         hinaus. So hat das Thüringische Um-
sen werden in den nächsten Jahren un-         kommt man gut hindurch, sofern man         weltministerium mit seinem „Hand-
ausweichlich wachsen. Unerlässlich ist        gekonnt geleitet wird. Das ist Aufgabe     lungskonzept Streuobst Thüringen“
daher die Revitalisierung, also die Erhal-    der Zuständigen in Ämtern und Behör-       (siehe Seite 6) eine zukunftsweisende
tungspflege vorhandener Bestände und          den. Viele tun das nach bestem Wissen      Strategie vorgelegt. Und sehr erfolg-
Nachpflanzungen in möglichst großem           und Gewissen – sofern sie Zeit dafür ha-   reich in der praktischen Umsetzung ist
Stil. Es ist viel zu tun. Das kann auch ge-   ben. Viele Behörden sind jedoch perso-     das mehrfach mit dem Titel „UN-Deka-
schehen, weil sich wieder mehr Men-           nell ausgedünnt, und Stellen wurden        de Biologische Vielfalt“ ausgezeichnete
schen für unsere Streuobstlandschaft                                                     Schlaraffenburger Streuobstprojekt, ein
interessieren und engagieren. Doch die-                                                  Gemeinschaftsprojekt des Landesbun-
se Arbeit – der überwiegende Teil wird                                                   des für Vogelschutz (LBV), der Stadt und
in der Freizeit und ehrenamtlich geleis-           Zuständigkeiten                       dem Landkreis Aschaffenburg sowie der
tet – braucht öffentliche Unterstützung.
Das meint fachliche Beratung, Fortbil-
dung und Vernetzung. Es meint aber
                                                     müssen klar            ,            Stadt Alzenau.
                                                                                               Wer sich aktuell für eine Förderung
                                                                                         interessiert, sollte immer mal beim
genauso finanzielle Förderung.
      Tatsächlich gibt es diverse Förder-
                                                  Verfahren unbüro-                      zuständigen Landschaftspflegeverband,
                                                                                         einer Streuobstinitiative oder dem örtli-
möglichkeiten für Streuobstprojekte
(eine Übersicht gibt der Beitrag auf den
                                                    kratisch sein.                       chen Obst- und Gartenbauverein nach-
                                                                                         fragen – oft gibt es da wichtige Tipps
Seiten 8 und 9). So hat das Land Hessen                                                  und Hinweise. Vor allem aber sollte
in den letzten Jahren neue Programme                                                     man dranbleiben, selbst wenn der erste
geschaffen, daneben unterstützen viele        nicht besetzt. Das führt immer wieder      Anruf bei einer Behörde nicht gleich
Kommunen und auch Stiftungen Streu-           dazu, dass diese die dringend nötigen      den Durchbruch bringt. Denn wo ein
obstaktivitäten. Das Angebot ist also         Beratungs- und Unterstützungsleistun-      Wille ist, sind auch Wege, um Unterstüt-
groß. Die Fülle kann aber zu einem            gen zur Streuobstförderung nicht oder      zung für Streuobstprojekte zu finden.
schwer zu durchschauenden Förder-             nicht in dem wünschenswerten Maße
dschungel werden. Herauszufinden, an          und Tempo erbringen können. Hier ist       Bastian Sauer ist ausgebildeter Landschafts-
wen man am besten wofür genau wann            die Politik ebenfalls gefordert.           gärtner und studierter Biologe. Beim Regional-
und wie einen Antrag auf Förderung in              Das Hessische Umweltministerium       verband FrankfurtRheinMain ist er als Regio-
welcher Höhe stellt: Ich weiß von einigen,    arbeitet nach eigener Aussage an einer     naler Streuobstbeauftragter tätig.
die angesichts der Unübersichtlichkeit        Streuobststrategie, die auch umfassend     Ihre Meinung zum Thema? Schreiben Sie an
der Förderlandschaft verzweifelt sind.        über Fördermöglichkeiten berichten         sauer@region-frankfurt.de
REZEPT                                       SEITE 21

                   Von
                der Wiese
                 auf den
                   Teller                                                                               Das Gasthaus zum Taunus
                                                                                                        ist in der Hornauer Straße
                                                                                                        in Kelkheim. Die Strauß-
                                                                                                        wirtschaft „Schäfer-Jakobs
                                                                                                        Apfelland“ befindet sich
                                                                                                        etwas außerhalb, rund
                                                                                                        300 Meter vom Friedhof
                                                                                                        entfernt. Eine Wegbeschrei-
                                                                                                        bung findet man unter
                                                                                                        www.zumtaunus.de

REZEPT                                               Äpfel, das ist unschwer zu erkennen, sind die      ZUTATEN
                                                     Passion der Familie Bender. Das zeigt sich auch    FÜR RUND 4 PORTIONEN
Hessisch-Gazpacho                                    im „Vordertaunus Kochbuch: Champagnerluft
                                                     und Streuobstwiesen“, das der gelernte Gastro-     4 Äpfel (nicht zu süß)
mit sauren Äpfeln                                    nom Wolfgang Bender vor zehn Jahren heraus-        2 Paprikaschoten
                                                     brachte. Darin hat er rund 160 Rezepte aus der     ½ Salatgurke
Ob kalt oder warm: Die pikante Apfelsuppe von        Region sowie eigene Rezepte zusammengetra-         40 g Butter
Wolfgang Bender schmeckt immer vorzüglich.           gen. Ziel war ein Kochbuch mit traditionellen,     750 ml Gemüsebrühe
                                                     zeitgenössischen und regionaltypischen Rezep-      Salz und schwarzer Pfeffer
Wenn das Gasthaus zum Taunus in drei Jahren          ten – wie folgendes Apfelsuppen-Rezept, das man    1 EL Zucker
sein 250-jähriges Jubiläum feiert, könnte es sein,   unbedingt ausschneiden und aufheben sollte.        100 ml Sahne
dass Elisabeth Bender die Geschäftsführerin          Denn: Das Kochbuch ist längst vergriffen!          1 kl. Bund Schnittlauch
sein wird. Sie würde dann in achter Generation            Zunächst die Äpfel schälen und das Kernge-
das Familienunternehmen in Kelkheim führen –         häuse entfernen. Es empfehlen sich eher saure
sicher ziemlich einzigartig hier in der Region!      Äpfel; dies nicht, weil die Suppe ansonsten zu
     Noch haben aber ihr Onkel Heinz und ihr         süß werden würde, aber sauer Äpfel sind in der
Vater Wolfgang das Ruder fest in der Hand, um        Suppe einfach schmackhafter. Dann auch die
die Gaststätte durch die derzeit unruhige See zu     Paprika und die Gurke schälen bzw. waschen
steuern. Denn im Restaurant war im vergange-         und alle drei Zutaten kleinschneiden. Zusam-
nen Jahr Corona-bedingt natürlich nicht beson-       men mit dem feingehackten Knoblauch und der
ders viel los. „Gerettet hat uns das Apfelland“,     Butter in einem Topf anschwitzen, mit Gemüse-
erzählt Wolfgang Bender. Gemeint ist damit ein       brühe auffüllen und alles rund 20 Minuten kö-
etwa drei Hektar großes Areal mit rund 1.300         cheln lassen. Mit Salz, Pfeffer und Zucker ab-
Apfelbäumen, das Hermann Bender (Vater von           schmecken, noch einmal aufkochen lassen und
Heinz und Wolfgang, Opa von Elisabeth) in den        dann mit einem Passierstab fein mixen. Danach
1980er-Jahren angelegt hatte. Dort kann man          durch einen Sieb gießen und – garniert mit klei-
heute – mit viel Abstand – Feste feiern oder seit    nen Schnittlauchröllchen – warm oder im Som-
2009 auch eine Straußwirtschaft besuchen.            mer gerne auch kalt servieren.

Fotos: Privat
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