Nr. 206 APROPOS - HILFREICH FÜR PFLEGENDE ANGEHÖRIGE - Apropos | Strassenzeitung ...

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Nr. 206 APROPOS - HILFREICH FÜR PFLEGENDE ANGEHÖRIGE - Apropos | Strassenzeitung ...
APROPOS
                                      Nr. 206
Den VerkäuferInnen bleiben EUR 1,50

                                         3,E0ur0o

                                                                                           Ihre äuferin

                                                DIE SALZBURGER STRASSENZEITUNG
                                                                                               rk         :
                                                                                     o p o s-Ve erkä ufer
                                                                                 Ap r o pos-V
                                                                                       p r
                                                                                 Ihr A

                                                                                                              e!
                                                                                                       Dank
                                                                                                sagt

           HILFREICH
           FÜR PFLEGENDE ANGEHÖRIGE
           FÜR DAS LEBEN IM ÖFFENTLICHEN RAUM
           FÜR KINDGERECHTES LERNEN NOVEMBER 2020
Nr. 206 APROPOS - HILFREICH FÜR PFLEGENDE ANGEHÖRIGE - Apropos | Strassenzeitung ...
2     [INHALT]                                                                                                                                                                         [EDITORIAL]
                                                                                                                                                                                                                                                  3

                        6
                                                                         Thema:   HILFREICH                                    SCHREIBWERKSTATT
                                                                                                                               Platz für Menschen und Themen, die sonst nur
                                                                            4     Helfen macht glücklich                       am Rande wahrgenommen werden.

                                                                                  Cartoon                                      15     Luise Slamanig
  Kann ich, soll ich, will ich,                                             5     Antonius                                     16     Georg Aigner
          muss ich pflegen?                                                       Frage des Monats                                    Evelyne Aigner
     Anita Hofmann ist Leiterin
                                                                            6     Pflegen ja – nein?                           17     Monika Fiedler
      der Fachstelle für pflegende
   Angehörige der Caritas Salz-                                                   Interview mit Anita Hofmann
                                                                                                                               18     Hanna S.
   burg. Im Gespräch mit Mag-                                               10 Jedes Kind soll sein Potential entfalten
  dalena Lublasser-Fazal spricht                                               Freie Schule Seenland                           19     Edi Binder
    sie über die Voraussetzungen
                                                                            12 Stille Örtchen im öffentlichen Raum             20     Kurt Mayer
                                                                                                                                                                                           Editorial

                                                                                                                                                                                          HILFREICH
       für gelingende Pflege, den
                                                                               Hilfreiche Infrastruktur
  Fokus auf schöne Augenblicke,                                                                                                21     Andrea Hoschek
       und was wir von alternden                                            14 Miteinander
       Menschen lernen können.                                                 Der Welttag der Armen
                                                                                                                               AKTUELL                                                    Liebe Leserinnen und Leser!

                                                                                                                               22     Schriftsteller trifft Verkäufer                     Vielen Menschen fällt es leichter, Hilfe zu geben,            ihre Persönlichkeit und ihr Potential zu entfalten,
                                                                                                                                      Autor Walter Anichhofer traf Verkäufer              als sie anzunehmen. Wer andere unterstützt, pro-              und ihre natürliche Lust am Lernen unterstützt.
                                                                                                                                      Alusine Abu Bangura                                 fitiert vielfach: Er oder sie fühlt sich erfüllt, freut       Natur, Gemeinschaft und Achtsamkeit sind dabei
                                                                                                                                                                                          sich, dass es dem anderen hilft, und stärkt somit             wichtige Werte für sie (S. 10/11).
                                                                                                                               24     Kultur-Tipps
                                                                                                                                                                                          die Beziehung zueinander (S. 4). Schwierig wird es

                                                                                                10
                                                                                                                                      Was ist los im November
                                                                                                                                                                                          jedoch, wenn die Balance von Geben und Nehmen                 Wer in der Stadt Salzburg lebt, findet viele
                                                                                                                               25     gehört & gelesen                                    auf Dauer nicht möglich ist und die Helfenden                 Möglichkeiten zum Spazieren und Verweilen.
                                                                                                                                      Buch- und CD-Tipps zum                              selbst an ihr Limit kommen.                                   Öffentliche Parks und Spielplätze fördern Be-
                                                                                                                                      Nachhören und Nachlesen                                                                                           wegung und auch den Austausch untereinander,
                                                                                                Freie Schule Seenland          26     Kolumne: Robert Buggler                             Gerade wer Angehörige pflegt, stößt irgendwann                wenn ... ja wenn es sich nur eine Spur länger dort

            12
                                                                                                Elisabeth Wasserbauer und                                                                 an seine Grenzen – unter anderem, weil es bei den             aufhalten ließe – denn öffentliche WC-Anlagen
                                                                                                                                      Leser des Monats
                                                                                                Romy Sigl erzählen von ih-                                                                Eltern zu einer Rollenumkehr kommt oder beim                  sind vielfach rar gesägt. Unsere freie Autorin
                                                                                                rer Vision und dem Projekt     27     Apropos-Rezept                                      Partner zu einem Rollenungleichgewicht führt.                 Eva Daspelgruber hat sich auf einen längeren
                                                                                                der Freien Schule Seenland.           von Michaela Pacuraru                               Unsere freie Mitarbeiterin Magdalena Lublasser-               Spaziergang durch Salzburg begeben und auch
 Stille Örtchen im                                                                                                                                                                        Fazal hat im Gespräch mit Anita Hofmann,                      bei der Stadt nachgefragt (S. 12/13).
öffentlichen Raum                                                                                                                                                                         Leiterin der Fachstelle für pflegende Angehörige
  Salzburg bietet viele
  Plätze zur Naherho-
                                                                                                                               VERMISCHT                                                  der Caritas Salzburg, erfahren, vor welchen He-               Um eine Zeitung attraktiv zu machen, braucht
                                                                                                                                                                                          rausforderungen pflegende Angehörige täglich                  es professionelle und engagierte Menschen. Wir
lung und zum Spielen.                                                                                                          28     Apropos-Kreuzworträtsel                             stehen und was sie tun können, um in ihrer Kraft              können uns glücklich schätzen, dass wir so viele
   Was aber leider oft                                                                                                         29     Redaktion intern                                    zu bleiben (S. 6–9).                                          freie Mitarbeiter*innen haben, die teilweise bereits
fehlt, sind die öffentli-                                                                                                                                                                                                                               seit Jahrzehnten für uns schreiben, fotografieren,

                                                                                                14
  chen Toiletten dazu.
                                                                                                                               30     Kolumne: Mein erstes Mal
                                                                                                                                                                                          Stärke zu entwickeln ist auch ein Anliegen von                zeichnen, rätseln, Korrektur lesen und gestalten.
                                                                                                                                      Anneliese Moser
                                                                                                                                                                                          zwei Pionierinnen im Bildungsbereich. Elisabeth               Seit genau zehn Jahren designt Annette Rollny
                                                                                                                               31     Chefredaktion intern                                Wasserbauer und Romy Sigl tüfteln gerade an                   von fokus design unsere Zeitung. Ein herzliches
                                                                                                Miteinander                           Vertrieb intern                                     einem Schulkonzept, das es Kindern erlaubt,                   Dankeschön allen Apropos-Mitwirkenden an
                                                                                                Sammeln für Menschen, die             Impressum                                                                                                         dieser Stelle! (S. 31)
                                                                                                es am nötigsten brauchen.

              22
                                                                                                                                                                                                                                                        Herzlich, Ihre
                                                                                                                               Grundlegende Richtung                                     Preise & Auszeichnungen
                                                                                                                               Apropos ist ein parteiunabhängiges, soziales Zeitungs-    Im März 2009 erhielt Apropos den René-Marcic-Preis
                                                                                                                               projekt und hilft seit 1997 Menschen in sozialen          für herausragende journalistische Leistungen, 2011
                                                                                                                               Schwierigkeiten, sich selbst zu helfen. Die Straßenzei-   den Salzburger Volkskulturpreis & 2012 die Sozialmarie
              Autor trifft                                                                                                     tung wird von professionellen JournalistInnen gemacht     für das Buch „Denk ich an Heimat“ sowie 2013 den
               Verkäufer                                                                                                       und von Männern und Frauen verkauft, die obdachlos,       internationalen Straßenzeitungs-Award in der Kategorie
                                                                                                                               wohnungslos und/oder langzeitarbeitslos sind.             „Weltbester Verkäufer-Beitrag“ für das Buch „So viele
      Der Autor Walter                                                                                                         In der Rubrik „Schreibwerkstatt“ haben sie die Mög-       Wege“. 2014 gewann Apropos den Radiopreis der Stadt
                                                                                                                                                                                                                                                                                       Michaela Gründler

                                                                                                27
Anichhofer hat Apropos-                                                                                                        lichkeit, ihre Erfahrungen und Anliegen eigenständig      Salzburg und die „Rose für Menschenrechte“. 2015                                                    Chefredakteurin
  Verkäufer Alusine Abu                                                                                                        zu artikulieren. Apropos erscheint monatlich. Die         erreichte das Apropos-Kundalini-Yoga das Finale des                                 michaela.gruendler@apropos.or.at
      Bangura getroffen.                                                                                                       VerkäuferInnen kaufen die Zeitung im Vorfeld um 1,50      internationalen Straßenzeitungs-Awards in der Kate-
                                                                                                                               Euro ein und verkaufen sie um 3 Euro. Apropos ist dem     gorie „Beste Straßenzeitungsprojekte“. 2016 kam das
                                                                                                                               „Internationalen Netz der Straßenzeitungen“ (INSP)        Sondermagazin „Literatur & Ich“ unter die Top-5 des
                                                                                                Apropos-Rezept                 angeschlossen. Die Charta, die 1995 in London unter-      INSP-Awards in der Kategorie „Bester Durchbruch“.
                                                                                                                               zeichnet wurde, legt fest, dass die Straßenzeitungen      2019 gewann Apropos-Chorleiterin Mirjam Bauer den
                                                                                                Michaela Pacuraru verrät ihr
                                                                                                                               alle Gewinne zur Unterstützung ihrer Verkäuferinnen       Hubert-von-Goisern-Preis – u.a. für den Apropos-Chor.
                                                                                                Geburtstagskuchen-Rezept.      und Verkäufer verwenden.

                                     APROPOS · Nr. 206 · November 2020                                                                                                                                              APROPOS · Nr. 206 · November 2020
Nr. 206 APROPOS - HILFREICH FÜR PFLEGENDE ANGEHÖRIGE - Apropos | Strassenzeitung ...
4     [HILFREICH]                                                                                                                                                                                                [HILFREICH]          5
                                    Warum es sich lohnt, ein guter Mensch zu sein

                                                                                                                                                                                           Foto: iStock/pidjoe
                                    HELFEN MACHT
                                    GLÜCKLICH
                                                                                                                                     Was sich gut anfühlt, hilft auch.
                                                                                                                                     Forschungen haben gezeigt, dass
                                                                                                                                     Hilfsbereitschaft dazu beiträgt, ein
                                                                                                                                     erfülltes Leben zu haben.

                                                                                                                                                                            Foto: iStock
von Christine Gnahn

W              ie man in den
               Wald hineinruft,
               so schallt es heraus,
besagt ein Sprichwort. Inhaltlich
gibt es das wieder, was man unter
dem Begriff „Karma“ versteht:
Verhalte dich gut anderen ge-
genüber und auch dir wird Gutes
widerfahren. Manche glauben
daran, dass Karma tatsächlich
über eine ausgleichende Ge-
                                                                                                                                                                                                                 ANTONIUS
rechtigkeit durch das Schicksal                                                                                                                                                                                  von Hans Steininger

                                                                                                                                                                                                                 M
oder eine höhere Instanz in Kraft
gesetzt wird. Doch auch für                                                                                                                                                                                                   eine Oma hielt große Stücke
solche, die sich eher zu „Nicht-                                                                                                                                                                                              auf ihn, er war ihr Heiliger,
gläubigen“ zählen, erschließt                                                                                                                                                                                                 den sie jederzeit anrufen
sich das Konzept. Denn auch                                                                                                                                                                                      konnte. Sie hat ihn mir mit auf meinen
die Wissenschaft belegt längst:                                                                                                                                                                                  Lebensweg gegeben, hat mich seinem
Wer anderen Menschen Gutes                                                                                                                                                                                       Schutz anbefohlen, da sollte also nichts
tut, macht dabei auch sich selbst                                                                                                                                                                                schiefgehen.
glücklicher und zufriedener. So zeigte beispielswei-   konnten das bestätigen und ausweiten: Nicht nur              grundsätzlich Freude bereitet und ihre Lebens-                                               Mein Glaube an ihn begann schon bald
se eine Studie der Universität von Loma Linda in       das materielle Schenken macht glücklich, sondern             qualität steigert. Das Ergebnis war eindeutig: Am                                            zu bröckeln, seine Such- und Findleis-
Kalifornien, dass eine ganze Reihe an Glückshor-       auch, andere zu unterstützen. Eine weitere breit             meisten bescheren gute und tiefe Bindungen zu                                                tungen waren sehr überschaubar, es
monen bei Menschen freigesetzt wird, die planen,       angelegte und über Jahrzehnte geführte Studie der            anderen Menschen, Freundlichkeit und Hilfsbe-                                                gab kleine Erfolge bei Verlegtem, bei
jemandem etwas zu schenken. Dänische Forscher          Universität Harvard untersuchte, was Menschen                reitschaft ein erfülltes Leben.
Nr. 206 APROPOS - HILFREICH FÜR PFLEGENDE ANGEHÖRIGE - Apropos | Strassenzeitung ...
6     [HILFREICH]                                                                                                                                                                              [HILFREICH]          7
                                                                                                                                                                                                                                                            NAME Anita Hofmann

                                                                                                                                                                                                                        STECKBRIEF
                                                                            Titelinterview                                                                                                                                                                  IST begeisterungsfähig und kreativ

                                                                            KANN ICH,
                                                                                                                                                                                                                                                            ARBEITET seit 1992 mit viel Engagement bei der
                                                                                                                                                                                                                                                            Caritas Salzburg in unterschiedlichen Aufgabenfeldern
                                                                                                                                                                                                                                                            HILFT Menschen dabei, ihre Blickrichtung zu verändern

                                                                            SOLL ICH,
                                                                                                                                                                                                                                                            FREUT SICH über die vielen schönen Momente mit
                                                                                                                                                                                                                                                            ihrem Mann und den 2 Söhnen, gute Gesellschaft,
                                                                                                                                                                                                                                                            genussvolles Essen, gemeinsames Spielen mit ihren

                                                                            WILL ICH,
                                                                                                                                                                                                                                                            Improvisations-Kolleginnen, und vieles mehr
                                                                                                                                                                                                                                                            ÄRGERT SICH über gefühlte Ungerechtigkeit,
                                                                                                                                                                                                                                                            Umständlichkeit und Humorlosigkeit

                                                                            MUSS ICH
                                                                                                                             ?
                                                                                                                                                             kann. Diese Unterstützung wird oft von beiden Seiten über län-                        nen. Im Hinblick auf „soll ich“ geht es um moralische Standards

                                                                            PFLEGEN
                                                                                                                                                             gere Zeit als selbstverständlich angesehen. In anderen Situatio-                      und Erwartungen, die unsere Gesellschaft mit sich bringt. Wenn
                                                                                                                                                             nen kommen Angehörige quasi über Nacht in diese Rolle – etwa                          ich mich hauptsächlich aus diesem Grund für eine Pflege zu
                                                                                                                                                             wenn es darum geht, ein Familienmitglied nach einem Unfall                            Hause entscheide, kann es sehr schwierig werden. Und schließ-
                                                                                                                                                             oder einem Schlaganfall zu pflegen.                                                   lich „muss ich“ pflegen – dieser Punkt verliert zwar zunehmend
                                                                                                                                                                                                                                                   an Bedeutung, doch gerade im ländlichen Raum kommt es noch
                                                                                                                                                      Mit welchen Herausforderungen müssen pflegende Angehörige                                    immer vor, dass Kinder die Pflege übernehmen müssen, weil
                                                                            Die Antworten auf diese Fragen können ein Wegweiser sein, um
                                                                                                                                                      zurechtkommen?                                                                               diese vertraglicher Bestandteil der Erbfolge ist.
                                                                            sich als pflegende Angehörige zurechtzufinden. Ein Gespräch
                                                                                                                                                            Anita Hofmann: Einerseits ist da die Mehrfachbelastung,
                                                                            mit Anita Hofmann, Leiterin der Fachstelle für pflegende Ange-                  die zu den anderen Aufgaben im eigenen Leben hinzukommt.                     Sie sprechen eine Rollenumkehr an: Eltern werden von ihren Kindern
                                                                            hörige der Caritas Salzburg, über die Voraussetzungen für gelin-                Pflegende Angehörige sind häufig mit Überforderung, Hilflo-                  gepflegt.
                                                                            gende Pflege, den Fokus auf schöne Augenblicke und darüber,                     sigkeit, Einsamkeit, Wut, Ärger und damit verbunden auch ganz                       Anita Hofmann: Es ist für alle Betroffenen ungewohnt, mit
                                                                            was wir von alternden Menschen lernen können.                                   häufig mit eigenen Schuldgefühlen konfrontiert. Das finanzielle                     dieser Veränderung umzugehen. Denn bisher war es in den
                                                                                                                                                            Thema spielt natürlich auch oft eine Rolle. Wenn man etwa als                       Familien so, dass die Eltern für die Kinder da waren, sie groß-
                                                                            Titelinterview mit Anita Hofmann                                                pflegende Angehörige den Beruf aufgeben muss, steckt man                            gezogen und im Verlauf ihres Lebens unterstützt und begleitet
                                                                            von Magdalena Lublasser-Fazal                                                   schon ziemlich zurück. Immer wieder erlebe ich auch, dass sich                      haben. Wenn es zur Pflege kommt, kehrt sich dieses Verhältnis
                                                                                                                                                            Familienkonflikte, die bereits seit Jahren                                                             um. Kinder übernehmen dann nach und nach
                                                                            Mit der steigenden Lebenserwartung unserer Gesellschaft gewinnt                 bestehen, verstärken. Dazu gehören etwa                                                                mehr die Verantwortung und die Unterstüt-
                                                                            Ihr Berufsfeld zunehmend an Bedeutung. Wie sieht Ihre Arbeit kon-
                                                                            kret aus?
                                                                                                                                                            Geschwisterrivalitäten oder unausge-
                                                                                                                                                            sprochene Themen zwischen Eltern und
                                                                                                                                                                                                              Meist ist eine                                       zung für ihre Eltern. Erst waren die Eltern
                                                                                                                                                                                                                                                                   die Starken, nun benötigen sie zunehmend
                                                                                   Anita Hofmann: Wir versuchen durch verschiedene Projekte
                                                                                   und Angebote, pflegende Angehörige zu unterstützen und zu
                                                                                                                                                            Kindern. Pflege müsste auf verschiedene
                                                                                                                                                            Schultern verteilt werden.
                                                                                                                                                                                                            Frau die pflegende                                     Schutz und Zuwendung.

                                                                                   entlasten. Ein großes Anliegen ist uns auch die Sensibilisierung
                                                                                   der breiten Öffentlichkeit zu Themen, die pflegende Ange-          Wie kann das konkret aussehen?                           Angehörige.“                                            Gibt es einen Unterschied, ob ich meinen
                                                                                                                                                                                                                                                                       Partner oder meine Eltern pflege?
                                                                                   hörige betreffen, etwa auf das Thema Demenz. Da gibt es die              Anita Hofmann: Meist gibt es eine                                                                          Anita Hofmann: Im Hinblick auf die Rollen
                                                                                   „demenzfreundliche Stadt Salzburg“ durch die Initiative von              Hauptpflegeperson. Um diese zu entlasten wäre es sinnvoll,                             gibt es einen gravierenden Unterschied: Wenn Kinder ihre Eltern
                                                                                   Anja Hagenauer, Stadträtin für Soziales, gemeinsam mit dem               andere Familienmitglieder und nahestehende Bekannte mit ein-                           pflegen, kommt es zu einer Rollenumkehr. Da gibt es eben auch
                                                                                   Diakoniewerk und anderen Kooperationspartnern mehrere Pro-               zubeziehen. Es kann sehr hilfreich sein, sich umzusehen und zu                         oft das Gefühl, etwas zurückzugeben, das man selbst zuerst von
                                                                                   jekte für Betroffene und Angehörige umsetzen. Unser Anliegen             überlegen: Wer kann welche Aufgabe übernehmen? Wie können                              den Eltern erhalten hat. Bei Partnern kommt es hingegen zum
                                                                                   ist es, Demenz zu verstehen und einen respektvollen Umgang               wir das koordinieren? Dann wären die Aufgaben besser verteilt                          Verlust der Paarbeziehung und einem Ungleichgewicht der Rol-
                                                                                   mit Betroffenen in der Gesellschaft zu fördern. Wir leisten auch         und die Hauptpflegeperson hätte wieder mehr Raum für sich,                             len – einer kümmert sich um den anderen, ohne Erwartungen
                                                                                   Aufklärungsarbeit an Schulen, wie mit unserem „dement, aber              zum Durchschnaufen und Krafttanken.                                                    haben zu können. Das ist natürlich eine sehr schwerwiegende
                                                                                   nicht deppert“-Workshop-Angebot. In ländlichen Regionen                                                                                                         Veränderung, für beide.
                                                                                   versuchen wir dort, wo Bedarf besteht, das bestehende Angebot      Welche Fragen stellen sich Betroffene?
                                                                                   durch Beratungsstellen zu ergänzen, wie kürzlich in Thalgau mit          Anita Hofmann: Ob ein Angehöriger zu Hause gepflegt wird                     Warum fällt es uns so schwer, uns auf die Welt von pflegebedürfti-
                                                                                   der Eröffnung der Servicestelle Senioren.                                oder nicht ist ein schwieriges Thema in vielen Familien. Da gibt             gen Menschen einzulassen?
                                                                                                                                                            es keine pauschalen Lösungsvorschläge. Zur eigenen Reflexion                       Anita Hofmann: Ein Grund dafür ist bestimmt, dass uns das
                                                                            Wer ist „pflegender Angehöriger“?                                               kann es hilfreich sein, sich selbst zu fragen: „Kann ich, will ich,                Älterwerden vieles widerspiegelt, das so in unserem Alltag kei-
                                                                                   Anita Hofmann: Meist ist eine Frau die pflegende Angehörige.             soll ich, muss ich pflegen?“ „Kann ich“ meint damit, ob ich das                    nen Platz hat. Da muss immer alles so sein, wie wir es gewohnt
                                                                                   Ich selbst bin mit diesem Begriff nicht ganz zufrieden. Wenn             nötige Wissen habe, um etwa adäquat mit der Demenzerkran-                          sind, nach einem Plan verlaufen, Regeln und Normen folgen.
Fotograf und Autor in Salzburg.
Sein Fokus liegt in der People-

                                  Anita Hofmann will pflegende Ange-
Christian Weingartner lebt als

                                                                                   Menschen diese Aufgabe übernehmen, tun sie so viel mehr als              kung des Partners umzugehen, oder die richtige Technik kenne                       Ich denke immer gerne an das Beispiel eines meiner Lehren-
www.christianweingartner.at

                                  hörige unterstützen und entlasten.
                                  Was ihr ebenso ein Anliegen ist, ist             pflegen. Das englische Wort „caring“ trifft es aus meiner Sicht          oder erlernen kann, um die Mutter aus dem Rollstuhl ins Bett zu                    den an der Fachschule für Altenarbeit: Er kam stets mit einem
                                  aufzuklären und zu sensibilisieren.              viel besser, da ist dieses Liebevolle und Begleitende spürbar.           heben. In diesem Punkt können spezielle Ausbildungen wie zum                       falsch zugeknöpften Hemd in die erste Vorlesung und wartete
                                                                                   Die Abgrenzung, wer pflegende Angehörige ist oder nicht, fällt           Beispiel unser Kurs für Angehörige von Menschen mit Demenz                         darauf, auf diesen Fehler hingewiesen zu werden. Er zeigte uns
                                                                                   oft schwer, daher gibt es auch je nach Studie unterschiedliche           nach dem Modell EduKation® sehr hilfreich sein. Bei der Frage                      damit unsere eigenen Muster auf. Wenn ein Mensch sich anders
                                                                                   Zahlen. In vielen Familien verläuft der Übergang zur regelmäßi-          „will ich“ pflegen geht es um die persönliche Haltung: Möchte                      verhält, als wir es erwarten, dann passt das nicht zu unserem
Fotografie.

                                                                                   gen Betreuung schleichend – da unterstützt man die Mama beim             ich etwa meine Eltern pflegen, weil es mir ein Anliegen ist? Viele                 Weltbild. So wie wir uns am falsch zugeknöpften Hemd stören,
                                                                                   Einkauf oder fährt sie zum Arzt. Nach und nach übernimmt                 Pflegende haben das Gefühl, dass sie ihren Eltern durch die Be-                    so zeigt uns das Alter bestimmte Seite auf, denen wir bisher kei-
                                                                                   man dann Aufgaben, die sie selbst nicht mehr alleine erledigen           gleitung im Alter etwas an erlebter Fürsorge zurückgeben kön-                      nen Platz gegeben haben. Ich denke dabei vor allem an die >>

 FOTOS                                      APROPOS · Nr. 206 · November 2020                                                                                                                                                        APROPOS · Nr. 206 · November 2020
Nr. 206 APROPOS - HILFREICH FÜR PFLEGENDE ANGEHÖRIGE - Apropos | Strassenzeitung ...
8     [HILFREICH]                                                                                                                                                                          [HILFREICH]                 9
                                                                                                                                                                                                                                                                        NAME Magdalena Lublasser-Fazal

                                                                                                                                                                                                                                                         STECKBRIEF
                                                                                                                                                                                                                                                                        IST dankbar für all die wertvollen Begegnungen – jeder
                                Als pflegende Angehörige muss man                                                                                                                                                                                                       Mensch ist ein Wunder!
                                                                                                                                                                                                                                                                        ARBEITET nur im Haushalt nicht so gerne

                               sich seiner Grenzen bewusst werden.“                                                                                                                                                                                                     HILFT Menschen dabei, achtsamer mit ihren Gefühlen,
                                                                                                                                                                                                                                                                        Gedanken und Verhaltensweisen umzugehen
                                                                                                                                                                                                                                                                        FREUT SICH über Sonnenstrahlen nach dem Regen
                                                                                                                                                                                                                                                                        ÄRGERT SICH selten

      Gebrechlichkeiten und                                                                                                  Wie ist es für Betroffe-               Unterstützung dienen können. Das neue Entlastungsangebot für                       gerade jetzt ist es wichtig, weiterhin soziale Kontakte zu haben,
      das Angewiesensein auf                                                                                                 ne selbst, an Demenz zu                pflegende Angehörige im Bundesland Salzburg, das auch die Ca-                      die außerhalb der Pflegeaufgabe stattfinden. Dabei ist es für die
      andere.                                                                                                                erkranken?                             ritas seit 1. Oktober anbietet, unterstützt sicherlich viele Familien              pflegenden Angehörigen einerseits wohltuend, über ihre Aufgabe
Wie gelingt die Pflege zu                                                                                                    Anita Hofmann: Wir                     dabei, sich Auszeiten zu nehmen. Pflege- und Betreuungssitua-                      sprechen zu können – also wirklich offen über ihre Situation zu
Hause?                                                                                                                       versuchen in unseren Kursen            tionen sind so unterschiedlich, wie wir als Menschen einzigartig                   reden, sich gehört und verstanden zu fühlen, ohne gleich einen
      Anita Hofmann: Eine                                                                                                    gemeinsam anhand einer                 sind, deswegen ist es wichtig, individuelle Lösungen zu finden.                    Ratschlag zu hören. Häufig dreht sich jedoch alles nur noch um
      wichtige Zutat ist                                                                                                     Übung zu erahnen, wie es                                                                                                  den zu Pflegenden. Dann ist es sinnvoll, auch einmal ein ganz
      bestimmt die Geduld:                                                                                                   ist, wenn eine Demenz-          Wie gelingt es, trotz der Pflege eines Angehörigen auf sich selbst                        anderes, gewöhnliches Thema anzusprechen. Dieses Stück Nor-
      Mit dem zu pflegenden                                                                                                  erkrankung beginnt. Jeder       nicht zu vergessen?                                                                       malität tut gut.
      Angehörigen, mit der                                                                                                   von uns kennt eine Situation,          Anita Hofmann: Sie sprechen die Selbstfürsorge an, ein
      Situation, aber auch                                                                                                   in der wir etwas vergessen,            wichtiger Punkt für das eigene Wohlbefinden. Doch das ist               Wie gehen Sie persönlich mit dem Altern um?
      mit sich selbst. Die                                                                                                   etwa wo wir unser Auto im              viel einfacher gesagt als getan! Viele Menschen tun sich schwer               Anita Hofmann: Mich hat das Thema bereits mit 20 Jahren inte-
      Aufgabe der Pflege im                                                                                                  Parkhaus abgestellt haben.             damit, sich selbst kurze Auszeiten zu nehmen, weil sie schlicht-              ressiert. Damals habe ich erkannt: Wie ich mit 75 Jahren lebe,
      häuslichen Umfeld ist                                                                                                  Diese Situation, in der wir            weg sehr eingeteilt sind und sich für diese Auszeiten eigens                  hat sehr viel damit zu tun, wie ich bereits jetzt lebe. Das eigene
      häufig unbefriedigend,                                                                                                 das Gefühl haben, verrückt             Betreuung durch Dritte organisieren müssen. Außerdem wissen                   Älterwerden zu reflektieren ist eine sehr wertvolle Möglichkeit,
      weil es, anders als etwa                                                                                               zu werden, weil man sich               viele Menschen gar nicht, was ihnen wirklich guttut, schlichtweg              das Leben im Hier und Jetzt schätzen zu lernen. Ob wir es wahr-
      im Berufsleben, wenig                                                                                                  doch ganz sicher war, dass             deshalb, weil die Selbstfürsorge in ihrem Leben bisher keinen                 haben wollen oder nicht: Jeder Zweite von uns kommt im Laufe
                                                                       In den Caritas-Kursen für pflegende Angehörige bleibt
      positive Rückmeldun-                                             auch immer Raum für den persönlichen Austausch        man es an einem bestimmten             Platz gefunden hat. Umso wichtiger ist es, sich kleine Auszeiten              seines Lebens mit dem Thema Pflege in Berührung, entweder
      gen oder offene Wert-                                            auf Augenhöhe.                                        Platz geparkt hat, und dann            im Alltag einzuplanen und herauszufinden, wo man wieder Kraft                 bei uns selbst oder bei einem Angehörigen. Ich empfinde großen
      schätzung gibt. Man                                                                                                    stundenlang durch das Park-            tanken kann.                                                                  Respekt und Wertschätzung dem Alter gegenüber und bin davon
      kümmert sich und gibt, so gut man kann, dennoch kommt es              haus irrt. Durch dieses Hineinfühlen kann es gelingen, eine gewisse                                                                                                   überzeugt, dass wir von älteren Menschen vieles lernen können.
      immer wieder zu frustrierenden Situationen. Da stößt man schon        Milde mit Betroffenen zu entwickeln, für die es auch sehr belastend              Sie sprechen davon, dass diese Aufgabe der Pflege auch sehr berei-
      mal schnell an seine Grenzen. Wichtig ist es auch, auf die eige-      ist, vom Umfeld immer wieder daran erinnert zu werden, dass man                  chernd sein kann. Welche Voraussetzungen braucht es dafür?                     Sie sprechen gerne von Begleitung.
      nen Grenzen zu achten und sie ernst zu nehmen. Man sollte sich        immer mehr und mehr vergisst.                                                           Anita Hofmann: Als pflegende Angehörige muss man sich                          Anita Hofmann: Ja, ich denke, das ist mein Lieblingswort! Die
      ganz bewusst fragen: Wann bitte ich andere oder auch Professio-                                                                                               seiner eigenen Grenzen bewusst werden. Das gelingt nicht                       Begleitung auf Augenhöhe ist so wertvoll für uns Menschen. Es
      nisten um Hilfe und Unterstützung? Wir versuchen durch unser       Viele Menschen vergleichen Demenzerkrankte mit Kindern ...                                 von heute auf morgen, es ist ein Prozess. Dazu gehört auch die                 ist so wohltuend, wenn ich meinem Gegenüber vermitteln kann:
      Angebot, pflegende Angehörige bei ihren Aufgaben zu begleiten.              Anita Hofmann: Dieser Vergleich liegt auf den ersten Blick                        Erkenntnis, wann ich mir professionelle Hilfe hole, in welcher                 Ich höre dir zu, ich verstehe dich, ich weiß es nicht besser als du,
      Konkretes Wissen über die Erkrankungen und Anleitungen zu                   nahe, doch wenn wir genauer hinsehen, erkennen wir, dass er so                    Form auch immer. Wir können versuchen, uns allen Herausfor-                    aber ich nehme dich mit deinen Bedürfnissen ernst und gehe mit
      Pflegehandlungen geben Sicherheit im eigenen Betreuungsalltag.              nicht passt. Kinder sind Kinder, sie benötigen intensive Betreu-                  derungen zum Trotz auf die guten Momente zu fokussieren und                    dir ein Stück des Weges.
      Viele pflegende Angehörige sind sehr erleichtert, wenn sie etwa             ung, doch wir können davon ausgehen, dass diese Intensität                        diese bewusst zu schätzen. Im Hinblick auf die zu Pflegenden
      in unseren Kursen erkennen, dass es anderen auch so geht – jeder            abnimmt und sie sich nach und nach zu autonomen Individuen                        kann es hilfreich sein, die Bedürfnisse hinter dem Verhalten zu         Was ist für Sie hilfreich?
      gibt sein Bestes und trotzdem gibt es Zeiten von Überforderung              entwickeln, die das Leben noch vor sich haben. Im Gegensatz                       verstehen, auch wenn dies oft nicht einfach ist. Ich vertrete den             Anita Hofmann: Für mich ist es hilfreich, zu sehen, dass das
      und Unsicherheit.                                                           dazu blickt ein Mensch, der an Demenz erkrankt, auf viele Jahre                   Ressourcenansatz mit dem Anliegen, möglichst lange zumindest                  Leben schön ist. Ich begegne auf meinem Weg so vielen Men-
                                                                                  seines bereits gelebten Lebens zurück. Ich plädiere daher sehr                    ein Stück weit Selbstbestimmung zu ermöglichen. Allen Defizi-                 schen, die mich mit ihren ganz persönlichen Geschichten, allen
Wie sehen die Caritas-Kurse für pflegende Angehörige konkret aus?                 dafür, Menschen mit Demenz mit Respekt zu begegnen und                            ten zum Trotz kann ich immer noch fragen: Was für ein Mensch                  schwierigen Situationen zum Trotz, begeistern. Ich empfinde
      Anita Hofmann: In diesen Kursen widmen wir uns einem                        nicht wie kleine Kinder zu behandeln.                                             war mein Partner, meine Mutter, mein Vater? Was hat ihm                       tiefe Dankbarkeit für die Art und Weise, wie meine Mutter das
      Themenschwerpunkt, derzeit etwa der Pflege von Menschen mit                                                                                                   Freude bereitet? Was kann er/sie noch selbst tun, selbstbestimmt              Leben sieht, sie sagt immer: Das wird schon wieder. Diese Ein-
      Demenz. Der Kurs ist zehnteilig. In jeder Einheit wird ein an-     Wann ist es Zeit für professionelle Unterstützung?                                         entscheiden? Und: Humor hilft!                                                stellung habe ich mit ins Leben genommen. Hilfreich sind auch
      deres Thema behandelt. Eine Einheit ist z. B. dem theoretischen             Anita Hofmann: Ich denke, wir kennen das alle: Wenn wir vor                                                                                                     all die Menschen, die ich kennenlernen darf und die mir durch
      Wissen über die Erkrankung gewidmet. Dieses Wissen ist sehr                 einer schwierigen Aufgabe stehen oder gerade eine herausfor-               Wie können wir als Außenstehende pflegende Angehörige unter-                         ihre Sichtweisen ganz andere Perspektiven ermöglichen. >                www.caritas-salzburg.at                                                                                                     Quelle: Pflegedienstleistungsstatistik

                                                    APROPOS · Nr. 206 · November 2020                                                                                                                                                   APROPOS · Nr. 206 · November 2020
Nr. 206 APROPOS - HILFREICH FÜR PFLEGENDE ANGEHÖRIGE - Apropos | Strassenzeitung ...
10       [HILFREICH]                                                                                                                                                                                               [HILFREICH]                 11
                                               NAME Ricky Knoll                                                                                                                                                                                                      NAME Elisabeth Wasserbauer                                                         NAME Romy Sigl

                                  STECKBRIEF

                                                                                                                                                                                                                                                        STECKBRIEF

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Foto: FOTO FLAUSEN

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                                                                                                                                                                                                                                                                                                              Foto: Privat
                                               IST in Pension und weiterhin                                                                                                                                                                                          IST ganz schön zufrieden mit                                                       IST auf Happiness-Status 9,5
                                               neugierig auf Menschen und                                                                                                                                                                                            ihrem Leben                                                                        von 10
                                               ihre Geschichten                                                                                                                                                                                                      ARBEITET anders als früher und                                                     ARBEITET an Zukunftsthemen
                                               ARBEITET als freie Journalistin                                                                                                                                                                                       bereut trotzdem nichts                                                             LEBT DO WHAT YOU LOVE
                                               LEBT in Parsch                                                                                                                                                                                                        LEBT und lernt im Grünen am                                                        FREUT SICH über Menschen
                                               FREUT SICH auch im Herbst                                                                      2021 soll der Unterricht in der Freien Schule                                                                          See                                                                                mit strahlenden Augen
                                               über Wildkräuter und was man                                                                   Seenland starten. Für die Initiator*innen des                                                                          FREUT SICH jeden Tag darüber
                                               daraus machen kann                                                                             Projekts liegt die Zukunft des Lernens in der
                                                                                                                                              Entwicklung der Persönlichkeit.

                                                                                                                                                                                                     Fünf Säulen des Unterrichts in der

                                                                                                                                                                                              INFO
                                                                                                                                                                                                     Freien Schule Seenland                        Nach Mutterschutz und Karenz hat sich Elisabeth
              Foto: iStock

                                                                                                                                                                                                        www.freieschuleseenland.at                 Wasserbauer völlig neu orientiert und diverse Aus-                        Hauptsächlich
                                                                                                                                                                                                                                                   bildungen absolviert. Heute arbeitet sie als Men-                         geht es darum,
                                                                                                                                                                                                                                                   taltrainerin, Energetikerin, mit Mediation, TCM                           Stärken zu stärken,
                                                                                                                                                                                                                                                   und anderen Methoden an der „Renaturierung des                            Potenziale zu entdecken
                                                                                                                                                                                                                                                   Menschen“, wie sie es bezeichnet. Im Zuge der                             und zu fördern, auch Dinge
                                                                                                                                                                                                                    1.                             Ausbildungen ist sie mit neuen Ansätzen der Wissen-                       ausprobieren zu lassen. „Der
                                                                                                                                                                                                           Natur als                               schaft, wie Wissensvermittlung anders gehen könnte,                       bekannte Genetiker Markus Hengstschläger sagt
                                                                                                                                                                                                           Lernraum                                in Berührung gekommen. „Prof. Gerald Hüther
                                                                                                                                                                                                                                                   beispielsweise, er spricht von der Begeisterung beim
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             z. B., dass in Österreich die Kultur herrscht, uns ge-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             genseitig zum Durchschnitt zu trimmen. Aber jeder
                                                                                                                                                                                                                                                   Lernen und vom Raus in die Natur, seine Erfolge                           hat sein Talent woanders – und das soll ja entdeckt
                                                                                                                                                                                                                                                   sind inzwischen wissenschaftlich belegt. Zum Teil                         und gefördert werden.“ Insgesamt hat sie jedenfalls
                                                                                                                                                                                                                                                   sind Methoden der Reformpädagogik, wie Waldorf                            enorm viele Übereinstimmungen beim „Lotus“-
                                                                                                                                                                                                                                                   oder Montessori, heute ohnehin bereits in Bereiche                        Konzept entdeckt und war derart begeistert, dass
                                                                                                                                                                                                                                                   der Regelpädagogik eingeflossen. Für mich sollte es                       der Wunsch nach einer Kooperation entstanden ist.
                                                                                                                                                                                                                         2.                        aber mehr sein.“
                                                                                                                                                                                                                Gemein-                                                                                                      Für ihren dreijährigen Sohn Matheo wälzt sie
                                                                                                                                                                                                               schaft als                          Weil es keine freie Schule im Bundesland Salzburg                         seit geraumer Zeit Gedanken, wie seine Schulzeit
                     Neue Lernmodelle                                                                                                                                                                          Lernraum                            gibt, wo neue Ansätze zum Lernen noch vertiefter zur                      aussehen soll. „Da bin ich Elisabeth Wasserbauer

                     JEDES KIND SOLL SEIN
                                                                                                                                                                                                                                                   Anwendung kommen                                                                                       und ihren Vereinsmit-
                                                                                                                                                                                                                                                   können, haben Elisabeth
                                                                                                                                                                                                                                                   Wasserbauer und fünf              Jeder hat sein                                                       gliedern sehr dankbar
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          für die bisherige Arbeit,

                     POTENTIAL ENTFALTEN                                                                                                                                                                                                                                           Talent woanders –
                                                                                                                                                                                                                                                   weitere Gründungsmit-                                                                                  die sie geleistet haben“,
                                                                                                                                                                                                                          3.                       glieder, die ihre Überzeu-                                                                             gesteht die Coworking-
                                                                                                                                                                                                                      Achtsam-
                                                                                                                                                                                                                    keit im Den-
                                                                                                                                                                                                                                                   gungen teilen, den Verein
                                                                                                                                                                                                                                                   „Lotus“ gegründet. Seit        das soll entdeckt und                                                   Gründerin. Sie kann sich
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          nicht vorstellen, dass ihr
                                                                                                                                                                                                                     ken, Reden                    etwa eineinhalb Jahren                                                                                 lebhaftes Kind unbe-
                     Für Elisabeth Wasserbauer liegt die Zukunft des Lernens in der
                     Entwicklung von Persönlichkeit, Stärke und Resilienz. Im beste-                                                                                                                                und Handeln                    arbeiten sie daran, diese       gefördert werden.“                                                     schadet eine Volksschule
                                                                                                                                                                                                                                                   freie Schule zu gründen,                                                                               überstehen werde, wo es
                     henden Schulsystem sieht sie dafür zu wenige Möglichkeiten und
                                                                                                                                                                                                                                                   haben ein Leitbild erstellt, ein pädagogisches Kon-                       vier Stunden lang still sitzen soll. „Diese Energie will
                     will daher mit „Lotus Freie Schule Seenland“ im kommenden
                                                                                                                                                                                                                                                   zept, die Organisationsstatuten und eine Webseite.                        ich ihm aber nicht abtrainieren, sie soll bleiben, auch
                     Schuljahr starten. Mit ähnlichen Gedanken segelt Romy Sigl,                                                                                                                                                                   Derzeit ist der Verein auf der Suche nach einem                           seine Kreativität soll so nicht verloren gehen. Denn
                     Gründerin von Coworking Salzburg, auf dieser Welle mit.                                                                                                                                        4.                             geeigneten Haus mit den passenden Räumen, um                              ich weiß, dass er bestimmte Dinge macht, Aufgaben
                                                                                                                                                                                                            Selbst-                                hoffentlich im Schuljahr 2021/22 mit zehn bis 20                          löst, wenn er selbst dazu bereit ist“, betont Romy Sigl.
                                                                                                                                                                                                           bestimmt                                Kindern von sechs bis 15 Jahren starten zu können.
                                   von Ricky Knoll                                                                                                                                                                                                 „Wir sind sehr zuversichtlich, aber wenn es sich                          Derzeit beraten die beiden Pionierinnen, wie die
                                                                                                                                                                                                            lernen

                                 K
                                                                                                                                                                                                                                                   nicht so rasch realisieren lässt, wollen wir spätesten                    künftige Zusammenarbeit ausschauen könnte. Eine
                                            inder sind perfekt, so wie sie sind,       Heute werde viel Wissen gelehrt, das nicht      Als sich bei der gebürtigen Oberösterrei-                                                                   2022 starten. Es besteht bereits jetzt eine größere                       gute Möglichkeit bietet dazu die Nachmittagsbetreu-
                                            und ich will sie darin belassen“,          mehr relevant ist, Bibliothekswissen vermit-    cherin das erste Kind ankündigte, ist sie                                                                   Nachfrage, als wir geschätzt haben.“                                      ung, die „Lotus“ nicht leisten kann. „Wir haben ja
                                            sagt Elisabeth Wasserbauer. Denn           telt, das in 20 Jahren möglicherweise völlig    mit ihrem Partner in die Nähe von Mattsee                                                                                                                                             auch am Nachmittag einen pädagogischen Auftrag
                                  für sie scheitern zu viele am bestehenden            überholt ist. Sie brauche nur bei sich selbst   gezogen – in ein Haus mit Blick auf den See.                                                                In eine ähnliche Richtung denkt Romy Sigl, die vor                        und hier würde Colearning sehr gut hereinpassen“,
                                        Schulsystem. Alle Opern von Verdi              nachzuschauen, wie viel Gelerntes sie bereits   „Wir haben hier einen tollen Kindergarten                                               5.                  acht Jahren „Coworking Salzburg“ gegründet hat. Ihr                       sagt Elisabeth Wasserbauer. „Wir haben die Vision,
                                          kennen zu müssen, historische Jah-           wieder vergessen hat. „Ich will nicht, dass     in Mattsee, mit Waldorfpädagogik und in                                                                     Leitspruch, den sie täglich umsetzt: „Do what you                         das gemeinsam umzusetzen“, ergänzt Romy Sigl.
                                           reszahlen auswendig zu lernen oder          meine Kinder ins System passen müssen, sie      altersgemischten Gruppen. Meine Über-
                                                                                                                                                                                                                       Potentiale                  love“, frei übersetzt heißt das: Tu, was dich glücklich                   Sie kann sich vorstellen, Lernunterstützung bei
                                            perfekt Rechtscheiben zu können,           sollen die Welt gestalten auf Basis unserer     legungen waren: Was, wenn meine beiden                                          entfalten                   macht. „Ich habe das Arbeiten aus dem tristen Winkel                      diversen Projekten zu erarbeiten, aber auch, dass
                                             sei nicht so wichtig. „Obwohl             Werte. Diese ruhen auf drei Säulen: Natur,      Töchter in die Schule kommen? Ich habe                                                                      herausgeholt, denn Arbeit darf richtig Spaß machen“,                      Coworker eingebunden werden, bei Workshops ihre
                                              natürlich viel Tolles im aktuellen       Gemeinschaft und Achtsamkeit. Dazu              das Gefühl, die Kinder wissen bereits so                                                                    sagt sie und genießt die Freiheiten, die sie sich damit                   Projekte vorstellen, damit Kinder die Arbeitspraxis
                                               Schulsystem steckt, ich habe ja         brauchen sie unser Vorbild – und Liebe,         viel Elementares – sie wollen lernen, sind                                                                  erkämpft hat. Ebenso darf Lernen Spaß machen, was                         erleben. „Bei Coworking sind wir da gerade in der
                                            selbst viel davon profitiert“, gibt die    mehr nicht.“                                    neugierig, wollen die Natur verstehen und                                                                   sie mit der von ihr im Team entwickelten Initiative                       Recherche-Phase, wie das möglich ist. Aber es kann
                                                                                                                                                                                                      Natur, Gemeinschaft und Achtsamkeit,
                                        ehemalige Leiterin des Kuratoriums                                                             wie Verschiedenes funktioniert – und ich                       das sind die Werte, auf denen das
                                                                                                                                                                                                                                                   Colearning umsetzt. „Auch das Lernen haben wir                            ja jetzt durch die mögliche Zusammenarbeit schnell
                                    für Journalistenausbildung zu.                                                                     möchte, dass sie möglichst wenig davon                         Projekt in Mattsee fußt.                     aus der Mühsam-Ecke herausgeholt.“                                        gehen“, freuen sich beide. >
                                                                         APROPOS · Nr. 206 · November 2020                                                                                                                                                                         APROPOS · Nr. 206 · November 2020
Nr. 206 APROPOS - HILFREICH FÜR PFLEGENDE ANGEHÖRIGE - Apropos | Strassenzeitung ...
12     [HILFREICH]                                                                                                                                                                   [HILFREICH]           13
                                                                                                                                                                                                                                                                        NAME Eva Daspelgruber

                                                                                                                                                                                                                            Foto: Privat

                                                                                                                                                                                                                                                           STECKBRIEF
                                    Dringende Bedürfnisse

                                    STILLE ÖRTCHEN
                                                                                                                                                                                                                                                                        HAT immer ihr Notizbuch dabei
                                                                                                                                                                                                                                                                        SAMMELT schöne Momente
                                                                                                                                                                                                                                                                        LIEBT die Farben des Herbstes
                                                                                                                                                                                                                                                                        SPAZIERT gern durch raschelndes Laub
                                                                                                                                                                                                                                                                        BEWEGT SICH am liebsten mit dem Fahrrad fort

                                    IM ÖFFENTLICHEN RAUM
                                    Salzburg bietet seinen Bewohner*innen zahlreiche Plätze zum Spazieren
                                                                                                                                                                                                                Mein Fazit:
                                    und Verweilen. Bänke, Mülleimer und öffentliche Toiletten sollten dort                                                                                                      So schön diese Spielplätze und Parks auch sind – ohne
                                    vorhanden sein, wo Erwachsene mit und ohne Hund spazieren gehen.                                                                                                            öffentliche Toilettenanlagen können nicht alle Menschen
                                    Und dort, wo Kinder ihrem Bewegungsdrang nachgehen. Unsere Autorin                                                                                                          so lange verweilen, wie sie vielleicht möchten, oder sind
                                    hat sich auf einen Spaziergang begeben, um sich ein Bild zu machen.                                                                                                         gezwungen, längere Fußwege, andere Gebäude oder sogar
                                                                                                                                                                                                                die Büsche aufzusuchen. Das finde ich sehr schade, denn
                                                                                                                                                                                                                das Angebot an Naherholungsflächen in Salzburg kann

                                                                                                   Fotos: Eva Daspelgruber
                                                                                                                                                                                                                sich wirklich sehen lassen und sollte so viel und oft wie
von Eva Daspelgruber                                                                                                                                                                                            möglich genutzt werden.

                                                                                                                                                                                      Foto: iStock/somchaisom
Hans-Donnenberg-Park
Gleich nach dem Überqueren der
                                                                                                                                                                                                                                                   Liste aller Spielplätze in den Stadtteilen (mit Hinweisen auf Trink-

                                                                                                                                                                                                                                           INFO
Ampel begleitet mich aus sicherer
                                                                                                                                                                                                                                                   wasser und WC-Anlagen):
Entfernung ein Eichhörnchen ein                                                                                                                                                                                                                       www.stadt-salzburg.at/spielplaetze/
Stück meines Weges durch die
wunderschöne Anlage. Ich spaziere                                                                                                                                                                                                                  Liste der öffentlichen Toiletten (mit Hinweis auf Öffnungszeiten):
durch den Park, sehe vereinzelt                                                                                                                                                                                                                       www.sn.at/wiki/Öffentliche_WC-Anlagen_in_der_Stadt_Salzburg
Bänke stehen, die schon etwas in                                                                                             Itzling
die Jahre gekommen sind. Ab und                                                                                              Von einer Bekannten, die in Itzling arbeitet,
an treffe ich auf einen Mülleimer.                                                                                           erfahre ich, dass dort dringend eine öffentliche
Nicht unweit des Teiches rastet in                                                                                           WC-Anlage gebraucht wird – schon lange. Der
der Idylle ein Radler und streckt                                                                                            öffentliche Spielplatz lockt viele Kinder an,
seinen Kopf der Herbstsonne entgegen.       Existenz. Deshalb frage ich bei der Stadt                                        Schüler*innen und Senior*innen sind dort unter-                                                                      Du weißt doch, dass wir immer wieder mal
Es wird gemäht, von oben erklingen die      nach. Dort teilt man mir sehr freundlich                                         wegs oder verweilen, ein Stadtteilgarten befindet                                                                    Engpässe haben. Finanzieller Natur. Also
Kirchenglocken. Alles in allem ein wun-     mit, dass derzeit nichts in Planung ist. Das                                     sich in unmittelbarer Nähe. Die Menschen suchen                                                                      nicht wir, sondern unsere tüchtigen Apropos-
derschöner Ort zum Spazieren und Ver-       finde ich sehr schade, denn an einem so                                          derzeit bei unaufschiebbaren dringenden Bedürf-
weilen. Auch für Familien mit Kindern,      wunderschönen Platz wie diesem sollte                                            nissen eine Toilette in den umgebenden Gebäuden                                                                      Verkäufer*innen. Mal ist jemand krank, mal
die sich am Spielplatz austoben können.     es meiner Ansicht nach die Möglichkeit                                           auf. Gerade in „Corona-Zeiten“ keine gute Idee.                                                                      müssen Anschaffungen her – unsere Leute haben
Nur eines vermisse ich: den Hinweis         für einen WC-Besuch geben.                                                       Eine mögliche Lösung des Problems wäre die                                                                           ja nichts, was man wirklich ein Budget nennen
auf eine öffentliche Toilette. Und deren                                                                                     Errichtung von WCs am Grundstück der Pfarre,
                                                                                                                                                                                                                                                  könnte.
                                                                                                                             worüber es bereits Gespräche gab. Dieses Projekt
                                                                                                                             liege aber derzeit auf Eis, teilt mir der Pfarrer mit.
                                                                                                                             Ein freundlicher Mitarbeiter der Stadt verweist                                                                      Jedenfalls aber wollen wir unser Team zu
      Müllner Schanze                                                                                                        auf das „All in one“-WC bei der Fußballwiese,                                                                        Weihnachten beschenken.
      Ein wunderschöner Blick über die Stadt          Lulu“, höre ich im Inneren meine Tochter                               eine öffentliche Toilette, die rund einen halben
      erwartet mich, als ich die letzten Stufen zur   bereits rufen. Und Eltern wissen, dass so                              Kilometer entfernt liegt. Für Eltern von kleinen
                                                                                                                                                                                                                                                  Jede Einzelne, jeden Einzelnen.
      Müllner Schanze erklimme. Viele Geräte la-      ein Bedürfnis keinen langen Aufschub                                   Kindern eine halbe Weltreise, wie ich aus eigener
      den zum Klettern ein, Bänke mit Tisch zum       duldet. Also kontaktiere ich die Stadt, wo                             Erfahrung berichten kann.                 >>                                                                         Kannst Du bitte zu unsern Leserinnen und
      Verspeisen meiner mitgebrachten Jause. Ein      man mir mitteilt,
                                                                                                                                                                                                                                                  Lesern einen Froh-Botschaftsengel entsenden,
      schöner und gut besuchter Platz für Familien    dass es dort
      mit Kindern. Nur leider keine Möglichkeit,      keine Pläne für                                                                                                                                                                             damit es hier bei uns Gut- und Geldscheine
      die Notdurft zu verrichten. Während mich        die Errichtung                                                                                                                                                                              schneit?
      eine kühle Herbstbrise umspielt, entdecke       einer öffentli-
      ich einen Spender für „Gackerl-Sackerl“         chen WC-An-
      für Vierbeiner und einen Mülleimer gleich       lage gibt – unter
                                                                                                                                                                                                                                                  Wir wissen, auf Dich ist Verlass ...
      daneben. Ich frage mich aber, wo die jun-       anderem man-                                                                                                                                                                                Danke. Dein Apropos-Team
      gen Zweibeiner ihre Notdurft verrichten         gels Anschluss-
      sollen. Weit und breit kein Hinweis auf eine    möglichkeit an
                                                                                                                                                                                                                                                  IBAN AT74 2040 4000 4149 8817
      öffentliche Toilette. Dabei ist gerade hier     die Kanalisation.
      doch ein Platz für Kinder. „Mama, ich muss                                                                                                                                                                                                  BIC SBGSAT2SXXX
                                                                                                                                                                                                                                                  Betreff: Weihnachten
                                                      APROPOS · Nr. 206 · November 2020                                                                                                                                  APROPOS · Nr. 206 · November 2020
Nr. 206 APROPOS - HILFREICH FÜR PFLEGENDE ANGEHÖRIGE - Apropos | Strassenzeitung ...
[SCHREIBWERKSTATT]
                                             14      [MITEINANDER]                                                                                                                                                                                       15

                   DER WELTTAG DER ARMEN                                                                                                                               Wo kann man Sachspenden abgeben?

                                                                                                                                                                INFO
                                                                                                                                                                                                                       Die Rubrik Schreibwerkstatt spiegelt die Erfah-
                                                                                                                                                                       In jeder Pfarre
                                                                                                                                                                       Logistikzentrum der Caritas: Hallwang, Wiener   rungen, Gedanken und Anliegen unserer Ver-
                   Covid-19 hat die Situation vieler Bedürftigen verschärft und andere                                                                                 Bundesstraße 5/1                                käuferInnen und anderer Menschen in sozialen
                   überhaupt erst zu Bedürftigen gemacht. Am 15. November tut sich                                                                                     Sozialberatung der Stadt
                   die Welt zusammen – und sammelt für die Menschen, die es gerade
                                                                                                                                                                       Haus Elisabeth: Plainstraße 42a                 Grenzsituationen wider.
                                                                                                                                                                       Caritas Zentrum: Bischofshofen, Neumarkt am
                   am nötigsten haben.                                                                                                                                 Wallersee, Tamsweg, Zell am See                 Sie bietet Platz für Menschen und Themen, die
                                                                                                                                                                       Sozialberatung Hallein                          sonst nur am Rande wahrgenommen werden.
                                                                                                                                                                       Im Europark Salzburg (Interspar): 12.-14.11.
                      Foto: iStock/brazzo

                                                                                                                                                                          www.armut-teilen.at.

                                                                                                                                                                   schließend über Unterstützungsmöglichkeiten und
                                                                                                                                                                   übergibt in den folgenden Tagen einen Geldbetrag
                                                                                                                                                                   an die Hilfesuchenden. Wichtig ist aufgrund der
                                                                                                                                                                   Covid-19-Pandemie, dass sich die Teilnehmer des
                                                                                                                                                                   Umverteilungstags vorab anmelden. „15 Prozent
                                                                                                                                                                   der Stadt-Salzburger*innen leben an und unter
                                                                                                                                                                   der Armutsgrenze“, sagt Thomas Neureiter von                           LUISE SLAMANIG
                                                                                                                                                                   der Initiative ArMut teilen, „das sind 23.000                          weiß sich zu helfen
                                                                                                                                                                   Menschen. Ihre Armut ist häufig erst auf den
                                                                                                                                                                   zweiten Blick sichtbar. Besondere Unterstützung                        Verkäuferin und Schreibwerkstatt-
                                                                                                                                                                   benötigen vor allem Alleinerzieher*innen, Er-                          Autorin Luise Slamanig
                                                                                                                                                                   werbslose und Mindestpensionist*innen.“ Wer am

                                                                                                                                                                                                                                          Was für mich
                                                                                                                                                                   Unverteilungstag teilnehmen oder für die Aktion
                                                                                                                                                                   spenden möchte, findet weitere Informationen auf
                                                                                                                                                                   der Homepage www.armut-teilen.at.

                                                                                                          „15 Prozent der Stadt-Salzburger*innen leben
                                                                                                                                                                   Bei einem Festgottesdienst mit Weihbischof
                                                                                                                                                                   Hansjörg Hofer wird es am 15. November um
                                                                                                                                                                                                                                          hilfreich ist
                                                                                                          an und unter der Armutsgrenze“, weiß Thomas
                                                                                                                                                                   10 Uhr ebenfalls um die Hilfe für Bedürftige
                                                                                                          Neureiter von der Initiative ArMut teilen. Das sind      gehen. Nach dem Gottesdienst im Dom sind                               Für mich war es sehr hilfreich, als ich
von Christine Gnahn                                                                                       23.000 Menschen.                                         alle Helfenden zu einem Festessen eingeladen.                          als Obdachlose eine Wohnung bekommen

W
                                                                                                                                                                   Dabei werden gleich drei Jubiläen gefeiert – 20                        habe. Das war ein besonderes Ereignis.
               ie ein Hurricane, der aus dem      der Welttag der Armen am 15. November              Spenden werden in Gottesdiensten an katho-                    Jahre Vinzi-Bus, 15 Jahre ArMut teilen und                             Es ist nämlich schon wichtig, dass man
               Nichts kam, hat Covid-19 die       statt – und nimmt mit der Corona-Krise eine        lischen Kirchen gesammelt, können aber auch                   zehn Jahre Vinzi-Tisch. Auch der Apropos-                              eine Bleibe hat. Da hat mir der Frauen-
               Welt überrannt. Die Krankheit      besondere Bedeutung ein. In Salzburg sammelt       an eine der Ausgabestellen der Caritas gebracht               Chor ist zu der Festlichkeit eingeladen und wird,                      treffpunkt viel geholfen. Apropos hat
selbst sowie die Maßnahmen, die daraufhin         an diesem Tag die Caritas in Zusammenarbeit        werden (auf Seite 15 angeführt).                              wenn es die Covid-19-Situation erlaubt, für die                        mir auch schon oft in Krisenzeiten ge-
ergriffen wurden, treffen sehr viele Menschen     mit der Erzdiözese für Menschen in Not in          Auch der Tag vor dem eigentlichen Welttag                     Menschen und mit den Menschen singen. Eine                             holfen. Wenn ich zum Beispiel an meinen
hart. Denn zahlreiche Branchen waren und sind     Salzburg und im Tiroler Unterland: Geld, un-       der Armen ist in Salzburg bereits einer, der                  weitere Besonderheit des Gottesdienstes: Eine                          Wohnungsbrand denke. Da haben Kunden
plötzlich aus ihrem gewohnten Alltag ausge-       gekühlt haltbare Lebensmittel, Hygieneartikel      bedürftigen Menschen gewidmet ist.                            Gebärdendolmetscherin wird diesen für Gehörlose                        von Apropos gespendet, das war für mich
hebelt, viele Unternehmen mussten zahlreiche      und Lebensmittel-Gutscheine. „Durch die                                                                          übersetzen, ein blinder Mann wiederum wird der                         sehr hilfreich. Auch ist es für mich
ihrer Mitarbeiter*innen entlassen oder ihr        Coronakrise ist Armut in der Mitte unserer         Am sogenannten Umverteilungstag, den die In-                  Lektor sein. „Inklusion ist uns wichtig. Deswegen                      hilfreich, dass ich mit Gesprächen
Geschäft gar ganz schließen. Die Ernährungs-      Gesellschaft angekommen“, erklärt Johannes         itiative „ArMut teilen“ der Erzdiözese Salzburg               schalten wir auch einen Livestream. So können                          über meine Sorgen und Probleme einen
grundlage für viele Menschen und Familien         Dines, Direktor der Caritas Salzburg, „in der      ins Leben gerufen hat, haben hilfesuchende                    alle Menschen auch über die Grenzen Salzburgs                          Austausch habe. Da ist es dann oft so,
fällt dadurch weg. Papst Franziskus führte 2017   Caritas-Sozialberatung stieg die Zahl der An-      Menschen von 9 bis 11.30 Uhr die Möglichkeit,                 hinaus mitfeiern“, erklärt Barbara Schubert vom                        dass sich jemand in der Redaktion Zeit
den Welttag der Armen im November ein als         fragen nach finanzieller Unterstützung massiv      ihre Lebenssituation sowie ihre finanziellen                  Seelsorgeamt der Erzdiözese Salzburg. „Es ist                          für ein Gespräch nimmt. Es ist aber
einen Tag, an dem Menschen am Rande der           und steigt weiter. Menschen melden sich bei        Sorgen und Nöte darzulegen. Mitarbeiter*innen                 uns wichtig, nicht nur über armutsbetroffene                           auch wichtig, dass man Hilfe annimmt,
Gesellschaft in den Fokus rücken sollen. Er       uns, die nie gedacht hätten, dass sie einmal so    der unterschiedlichen Standorte nehmen diese                  Menschen zu reden, sondern mit ihnen zu reden                          was einem oft nicht so leichtfällt.
Nr. 206 APROPOS - HILFREICH FÜR PFLEGENDE ANGEHÖRIGE - Apropos | Strassenzeitung ...
[SCHREIBWERKSTATT]
                                                      16     [SCHREIBWERKSTATT]                                                                                                                                                                           17
                           Verkäufer und Schreibwerkstatt-Autor Georg Aigner
                                                                                                                                                                            Verkäuferin und Schreibwerkstatt-Autorin Monika Fiedler

                           Hilfe nehmen,                                                                                                                                    Die MeToo-Bewegung
                           Hilfe geben                                                                                                                                      hilft Frauen
                           Als ich Ende 2006 nach einer sie-                         weit, dass ich schrieb und die
                           benjährigen Haftstrafe entlassen                          Redakteurinnen halfen mir dabei.                                                       Meine Freundin erzählt von der MeToo-                                Roman Polanski, der unter vielen anderen
                           wurde, war es mit der Arbeitssuche                        Später gab es auch Schreibwerkstät-                                                    Bewegung, bei der sich Frauen melden können,                         den Film „Tanz der Vampire“ drehte, befindet
GEORG AIGNER freut
sich im November auf das   ein großes Problem. Nachdem ich                           ten, wo ich mich richtig entfalten                                                     die beispielsweise in der Arbeit begrabscht                          sich auf der Flucht vor den US-Behörden, weil
                                                                                                                                              MONIKA FIEDLER
Matini Gansl               zwei Monate zu Hause war, wurde mir                       konnte. Die letzten dreizehn Jahre                                                     oder sexuell belästigt wurden. Die MeToo-Be-                         er ein 13-jähriges Mädchen missbraucht hat.
                                                                                                                                              findet "Me-too" wichtig
                           klar, dass man einen schweren Räu-                        habe ich jedes Monat einen Artikel                                                     wegung wurde von der Frauenaktivistin Tarana                         Der Schauspieler Anthony Rapp beschuldigte
                           ber nicht brauchen kann. Meine Frau                       geschrieben und bei vier Büchern                                                       Burke ins Leben gerufen. 2017 drehte die                             Kevin Spacey, er habe ihn 1986 im Alter von
                           sagte zu mir: „Frag bei Apropos,                          habe ich auch mitgewirkt. Ich mach-                                                    Afroamerikanerin einen Dokumentarfilm über                           14 Jahren auf einer Party sexuell belästigt.
                           ob du Zeitungen verkaufen kannst.“                        te bei der Radiofabrik das Straßen-                                                    ein 13-jähriges Mädchen, das missbraucht                             Das Walt Disney Animation Studio trennte sich
                           Das tat ich auch. Zuerst war ich                          magazin Apropos von 2011 bis 2014.                                                     wurde, mit dem Titel MeToo.                                          2018 von seinem künstlerischen Leiter John
                           mir nicht sicher, ob ich verkaufen                        Ab 2017 fing ich an, die Sozialen                                                                                                                           Lasseter, nachdem ihm sexueller Missbrauch
                           kann, und beim Schreiben von den                          Führungen für Apropos zu machen.                                                       Im selben Jahr wurden sexuelle Nötigungen                            vorgeworfen wurde. Im Oktober 2017 beschul-
                           Texten sah ich auch keine Chance,                         Für mich war das alles sehr hilf-                                                      des Filmproduzenten Harvey Weinstein                                 digten 310 Frauen den US-amerikanischen
                           weil ich mit der Rechtschreibung                          reich, weil ich so in meinem Leben                                                     bekannt. Alyssa Milano, deren Castingshow                            Drehbuchautor und Filmregisseur James
                           Probleme hatte. Es kam dann doch so                       einen Sinn sehe.
Nr. 206 APROPOS - HILFREICH FÜR PFLEGENDE ANGEHÖRIGE - Apropos | Strassenzeitung ...
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                                           18     [SCHREIBWERKSTATT]                                                                                                                                                                                                                          19
                         Schreibwerkstatt-Autorin Hanna S.                                                                                                                Verkäufer und Schreibwerkstatt-Autor Edi Binder

                         Schreiben gegen den                                                                                                                              Hilfreich
                         inneren Druck                                                                                                                                    Was mir geholfen hat im Leben, wenn
                                                                                                                                                                          es mir einmal nicht so gut ging,
                                                                                                                                                                          war meine Tätigkeit im Gastgewerbe
                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Das hebt meine Laune gleich wieder.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Ich selbst hab auch immer wieder
                                                                                                                                                                                                                                                                                                   vielen Menschen geholfen, älteren
                         „I hob scho mit mir zig moi drüber gredt, hob Am nächsten Tag:                                                                                   und natürlich meine gute Laune.                                                                                          Personen, wenn sie mich gebraucht
                         a scho gschimpft – oba es nutzt nix …“        Ich wache auf und die Sonne lacht mich an.                                                         Natürlich kann auch ich einmal                                                                                           haben zum Einkaufen oder andere
                                                                       Das wäre der ideale Tag zum Wandern. Ja,                                                           einen Spinner haben, aber der                                                                                            Tätigkeiten. Ich habe zum Beispiel
HANNA S. hat erfahren,                                                                                                                              EDI BINDER ist eine
                         Im Moment ist es nicht möglich, etwas mit     warum nicht? Ich tu es einfach. Die Luise                                                          dauert nicht lange. Im Grunde bin                                                                                        viele Jahre Blumen für jemanden
dass Schreiben sie in                                                                                                                               Frohnatur
Bewegung setzt           mir zu unternehmen. Ich schaffe derzeit nur   anzurufen ist zu früh und so kurz vor knapp                                                        ich ein positiver Mensch. Was mir                                                                                        ausgeliefert. Wenn man Menschen
                         Dinge, die ich tun muss. Wenn das Wetter      funktioniert das sicher nicht. Ich muss                                                            auch ab und zu hilft, wenn ich                                                                                           hilft, kann es natürlich auch pas-
                         schön ist, liege ich im Bett, anstatt rauszu- alleine los. Mache mich fertig und fahre                                                           mich nicht so gut fühle, ist ein                                                                                         sieren, dass man ein paar Mal drauf-
                         gehen. Ich hätte viele Ideen, was ich unter-  zum Mirabellplatz. Dort warte ich auf den                                                          richtig gutes Essen. Zum Beispiel                                                                                        zahlt. Manche Leute nutzen einen
                         nehmen könnte. Es gäbe viele Orte, an denen   Bus Nr. 150. Mit dem fahre ich zum Gasthof                                                         ein gutes Wiener Schnitzel mit                                                                                           einfach aus. Ich bin zum Beispiel
                         ich spazieren oder wandern könnte. Aber ich   „Alte Tanne“ in Hof. Von dort gehe ich los.                                                        Erdäpfel-Gurken-Salat und danach                                                                                         für eine Frau einkaufen gegangen
                         habe keine Lust. Dieses Dilemma setzt mich    Nach ca. einer halben Stunde komme ich zum                                                         einen Kaffee mit einer Mehlspeis.                                                                                        und hab das im Vorhinein ausgelegt,
                         enorm unter Druck. Und von allen Seiten her   Fuschlsee. Im Wald bleibe ich stehen und                                                           Am besten eine mit Creme, Käsesahne                                                                                      das Geld, hab ich aber nie gesehen.
                         höre ich: „Bewegen Sie sich!“                 betrachte das Panorama. Wunderschön! Auf                                                           oder Cremeschnitte.                                                                                                      Auch um manches Geld das ich ver-
                                                                       den Bergen ringsum liegt Schnee, die Sonne                                                                                                                                                                                  liehen habe, bin ich umgefallen.
                         In meinem Kopf gibt es eine „Ich-muss-Liste“, glitzert im blauen Wasser. Ich atme tief                                                                                                                                                                                    Trotzdem helfe ich immer wieder
                         die schier endlos erscheint. Klar hab ich es den Duft des Waldes ein. Ein leichter Wind                                                                                                                                                                                   gern, wenn ich gebraucht werde.
[SCHREIBWERKSTATT]
                                                                                                              20                 [SCHREIBWERKSTATT]                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    21
                                    Verkäufer und Schreibwerkstatt-Autor Kurt Mayer                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     Verkäuferin und Schreibwerkstatt-Autorin Andrea Hoschek

                                    Hilfreich                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           Natur ist immer
                                    Leider war ich oft in meinem Leben auf                                                                                                                                                                       hilfreich. Meine orthopädischen Strümpfe
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        hilfreich
                                    Hilfe angewiesen. Ich lebte oft in einer                                                                                                                                                                     für beide Beine auch, so kann ich zumindest                                                                                                                            Das ist es: am Morgen aufzuwachen     Es ist für ihn ein Geschenk. Wir
                                    anderen Welt. Meine Welt war wie so manche                                                                                                                                                                   ein paar Schritte gehen. Ich bin guter                                                                                                                                 und auf ein sonnenbelichtetes         betrachteten viele Bilder von
                                    schönen Träume. Wie Pippi Langstrumpf, die                                                                                                                                                                   Hoffnung, dass alles wieder so wird, wie es                                                                                                                            Feld zu blicken, das noch voller      ihm. Ich finde, es lohnt sich
                                    sich ihre kunterbunte Welt so macht, wie es                                                                                                                                                                  einmal war. Meine Freizeit ist aber durch                                                                                                                              Tautropfen ist. Ein paar Mücken       einfach, eine Pflanze von Anfang
                                    ihr gefällt. Hilfreich waren immer wieder                                                                                                                                                                    die Erkrankung schon eingeschränkt. Ich                                                                                                                                schweben herum. Eine einsame große    an zu beobachten und die Schönheit
KURT MAYER geht immer                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        ANDREA HOSCHEK
                                    Menschen, die mir in dieser Zeit etwas                                                                                                                                                                       bekomme hoffentlich bald orthopädische                                                                                                                                 Krähe hackt auf die Erde ein. Ein     ihrer Vollendung wachsen zu sehen.
weiter                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       Andrea Hoschek gehen die
                                    zusteckten. Manchmal war das Geld zum Über-                                                                                                                                                                  Schuhe und Hausschuhe und wenn ich Glück                                                                                                    Fragen nicht aus           kleiner Vogel zieht vorbei. Ist es    Wenn eine Sonnenblume sich aus
                                    leben für Essen oder in meiner „Glanzzeit“                                                                                                                                                                   habe, darf ich nach Bad Vigaun auf Kur, wo                                                                                                                             schwierig für ihn, ein Insekt zu      der Schale befreit, dann ist das
                                    für meinen Alkoholkonsum. Ich bin jetzt 14                                                                                                                                                                   Spezialisten sind, die mich durch Therapien                                                                                                                            fangen? Und wie war es vor vielen     wie eine Geburt. Zu den schönen
                                    Jahre trocken und seitdem, ohne Alkohol,                                                                                                                                                                     wieder salonfähig machen.
[PORTRÄT-SERIE]
                                                   22                                                                                                                                                                                                      [PORTRÄT-SERIE]
                                                                                                                                                                                                                                                                                            23
                                                                                                           NAME Alusine Abu Bangura                                                               NAME Walter Anichhofer                                                                           ALS ICH NOCH EIN BERGBAUERNBUB WAR –

                                                                                                                                                                                                                                                       TIPP
                                                                                                                                                                  STECKBRIEFE
                                                                                                                         IST glücklich                                                            IST am liebsten in Bewegung,                                                                     ein Heim(at)abend frei nach Peter Rosegger
                                                                                                        ARBEITET als Apropos-Verkäufer                                                            körperlich und geistig                                                                           Theater Mokrit
                                                                                                                                                                                                  ARBEITET als Drehbuch- und                                                                       Regie Walter Anichhofer & Robert Wimmer
                                                                                                                      LEBT in Salzburg
                                                                                                         STEHT beim Sparmarkt Putz in                                                             Theaterautor und Regisseur
                                                                                                                                                                                                  LEBT gerne in Salzburg
                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Premiere So. 29.11.2020 im Festsaal
                                                                                                                            Eugendorf
                                                                                                                                                                                                  STEHT auf gute Filme
                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Mauterndorf 16.00 Uhr
                                                                                                                                                                                                                                                                                                      www.lungaukultur.at
                                         Autor Walter Anichhofer trifft Verkäufer Alusine Abu Bangura

von Walter Anichhofer
                                    A SIMPLE LIFE
M

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Theater und Kunst gemeinsam an guten Bildern.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Andreas Hauch arbeitet seit über 25 Jahren als
             eistens wissen wir nicht, woher die       macht er noch mehr Sport, geht auch Laufen und         Kontinent noch immer ausbeuten und die dortige

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Fotograf mit Kunden aus Wirtschaft, Politik,
             geflüchteten Menschen zu uns kom-         telefoniert mit seiner Familie.                        Wirtschaft noch immer destabilisieren. (Nur als

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Im Mittelpunkt steht immer der Mensch.
             men und welchen Weg sie hinter sich                                                              ein Beispiel: Viele Landwirte in Afrika leiden
haben. Wenn wir einen Menschen mit dunkler             Alusine, 36 Jahre alt, hat ein sehr freundliches und   unter den billigen Lebensmitteln, die aus der EU
Hautfarbe sehen, beschleichen uns oft Gefühle          offenes Wesen. Er kommt aus Kalangba Wallah,           importiert und von der EU subventioniert werden.)
des Unbehagens und der Irritation. Alusine, der        ein kleines Dorf in der Northern Province in           Alusine musste sein Land verlassen, weil sein
mir gegenübersitzt, bestätigt mir diese Erfahrung.     Sierra Leone. Sierra Leone liegt in Westafrika         Leben in Gefahr war. Das Leben in Sierra Leone

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Mail: fotohauch@gmx.at
Auf den ersten Blick, sagt er, könne man das           am Atlantischen Ozean und ist von Guinea und           wird auch heute noch vom Poro Geheimbund
Gefühl haben, dass es in Salzburg
viele Rassisten gebe. Er kenne diese
Blicke. Und es ist ihm wichtig, diesen
unbehaglichen und irritierten Blicken
mit Freundlichkeit und einem Lächeln
zu begegnen, damit die Menschen die
                                                                                                                                                                                                 Walter Annichhofer findet, dass
Möglichkeit haben, ihre Vorurteile,                                                                                                                                                              es sehr bereichernd ist, die                                                                                                              FOTOS
insbesondere das, alle Menschen mit                                                                                                                                                              Menschen, die zu uns geflüchtet
dunkler Hautfarbe seien kriminell,                                                                                                                                                               sind, bessser kennenzulernen.
überdenken und verändern zu können.
Und er erzählt davon, dass es ihm beim
Verkaufen der Apropos-Zeitung meis-
tens gelinge, die Menschen mit seinem                                                                                                                                           Seit 2018 verkauft er Apropos. Am Nachmittag.         geht er in die Schule. Auch wenn ihm das Lernen              Auf dem Nachhauseweg vom Gespräch mit
Lächeln und seiner Freundlichkeit                                                                                                                                               Am Vormittag geht er zur Schule, er macht in der      nicht so leicht falle, wie er selbst sagt, bin ich davon     Alusine denke ich mir, dass es bereichernd für uns
zu einem Umdenken einzuladen. Ich                                                                                                                                               Volkshochschule seinen Pflichtschulabschluss.         überzeugt, dass er den Pflichtschulabschluss schafft.        alle hier in Österreich wäre, die geflüchteten Men-
denke, dass ihm sogar mehr als das                                                                                                                                              Einige seiner Schulkollegen sind in seinem Alter,     Und ich bin sehr zuversichtlich, dass er noch viel           schen, die zu uns kommen, besser kennenzulernen.
gelingt. Seine Freundlichkeit und sein                                                                                                                                          ein paar sind älter als er, der jüngste ist 17. Ich   mehr schaffen wird. Ich wünsche ihm, dass er                 Wir würden alle miteinander unsere Vorurteile
Lächeln kommen von Herzen.                                                                                                                                                      bewundere seine positive Einstellung und seine        für seinen zweiten Asylantrag einen positiven                überdenken oder sogar abbauen können. Und wir
                                                                                                                                                                                Zielgerichtetheit. Es braucht sehr viel Kraft und     Bescheid bekommt.                                            würden dem freundlichen Wesen von Menschen
Alusine möchte vor allem glücklich                                                                                                                                              Vertrauen nach all den Geschehnissen, vertrauens-                                                                  wie Alusine ebenfalls mit Freundlichkeit begeg-
sein. Er spricht viel von Happiness. Er                                                                                                                                         voll und zuversichtlich in die Zukunft zu gehen.      Was er sich noch wünscht? A simple life, sagt er. Er         nen – und vielleicht sogar mit einem Lächeln.
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