Einblicke ins Leben 35 Jahre Integrationsmodell Essen

Die Seite wird erstellt Niels-Arne Albert
 
WEITER LESEN
Einblicke ins Leben 35 Jahre Integrationsmodell Essen
35 Jahre Integrationsmodell Essen

Einblicke ins Leben
Einblicke ins Leben 35 Jahre Integrationsmodell Essen
Einblicke ins Leben 35 Jahre Integrationsmodell Essen
Inhalt
Einblicke ins IM-Leben                             3
Leitbild                                           4

Differenzierte Wohnformen                          6
Selbstbestimmung                                   8
Aus meinem Leben (I)                               9
Ambulant Unterstütztes Einzel- und
Paarwohnen in der Entwicklung                     10
Leben im Rahmfeld                                 12
Individuelles Wohnen ist Trumpf                   13
30 Jahre Integrationsmodell – Ein Gedicht         14
Fußballturnier                                    16
Aus meinem Leben (II)                             17
Teilhabeorientierte Pflege                        18
Aus meinem Leben (III)                            20
Umfassende pädagogische Lebensbegleitung          21
Zu Gast in der WG                                 22
Aus meinem Leben (IV)                             23
Wir sind anders – Die Verwaltung                  24
Mein Im-Wort                                      26
Zu Hause IM Leben                                 28
Ressourcenorientiert arbeiten                     29
Erfahrungen einer Pflegefachkraft                 30
Angewiesen auf Pflege und Assistenz               32
Sozialwirtschaft und Betriebsratsarbeit           35

Ehrenamt im Integrationsmodell                    38
Die Märchenerzählerin                             40
Gärten der Vielfalt für vielfältige Wohngruppen   42
Werkstatt der Talente                             44
Integrative Körperarbeit                          47

Adressen Hausgemeinschaften                       48
Adressen Wohngemeinschaften                       49
Impressum                                         52
Einblicke ins Leben 35 Jahre Integrationsmodell Essen
Einblicke ins Leben 35 Jahre Integrationsmodell Essen
Einblicke ins IM-Leben
„Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an …“     barrierefreien Wohnen in einer Wohn-
Wer kennt ihn nicht, den bekannten           gemeinschaft – dies auch für Menschen
Song von Udo Jürgens?                        mit komplexen Beeinträchtigungen.
   Aber auch vor dieser markanten Jah-          Begegnungen zwischen Menschen
reszahl ist das Leben glücklicherweise       mit und ohne Behinderung zu fördern,
lebenswert und vielfältig – wie ein Blick    beispielsweise durch Alltagsaktivitäten,
und Momentaufnahmen von Akteuren             Feste und jahreszeitliche Feiern, durch
unseres Vereins verraten:                    Freizeitaktivitäten außerhalb des Zu-
   IM Leben steht das Wirken und die         hauses sowie durch kreative und kultu-
Entwicklungsarbeit des Integrationsmo-       relle Aktionen sind ein weiterer wichti-
dells Ortsverband Essen e.V. seit nun-       ger Bestandteil der Alltagsarbeit aller
mehr 35 Jahren und im Leben stehen           Beteiligten. Wir freuen uns nach einer
auch alle Wohnenden und betreuten            gewissen Vorlauf- und Erprobungszeit
Menschen sowie die Mitarbeitenden            seit kurzem nun auch offizieller Träger
unserer vereinseigenen Dienste des           des „Forum Billebrinkhöhe – Inklusive
Betreuten Wohnens und des Pflege-            Kultur“ zu sein und damit einen aufge-
dienstes.                                    schlossenen Ort zu betreiben, der dies
   Buntheit, Vielfalt und der Respekt        alles ermöglicht - uns und allen Interes-
und die Achtung des Andersseins sind         sieren offensteht!
seit jeher Leitlinien und Leitbild des In-      Unsere geschilderten Leitlinien galten
tegrationsmodells. Auch in Zeiten von        unumstößlich bis zur Corona-Pandemie
Inklusion sind diese Begrifflichkeiten       im Frühjahr 2020 und wir wünschen
aktuell wie die Jahre zuvor.                 uns dies auch wieder uneingeschränkt
   Das Miteinander im Alltag, trans-         für die „Zeit danach“. Trotz aller corona-
parente und individuelle Beratung,           bedingten hoffentlich nur temporären
eine größtmögliche selbstständige Le-        Begrenzungen und Herausforderungen
bensführung der Wohnenden und die            wollten wir nicht davon ablassen unser
selbstverständliche Teilhabe im nach-        buntes IM-Leben in seiner Vielfalt mit
barschaftlichen Sozialraum und darüber       dieser Broschüre darzustellen, mit Bei-
hinaus gehören zu den Kernaufgaben           trägen von Wohnenden, Mitarbeiten-
und zum Grundverständnis des „IM“ von        den, Freunden und Förderern.
Anbeginn bis heute. Dazu zählen auch
die Schaffung differenzierter Wohnfor-         Vorstand, Geschäftsführung und alle
men vom Einzelwohnen in der eigenen          Mitwirkenden wünschen Ihnen viel
Wohnung, das Leben im Appartement            Spass beim Lesen und Stöbern und blei-
in einer Hausgemeinschaft bis hin zum        ben Sie gesund!
Einblicke ins Leben 35 Jahre Integrationsmodell Essen
04   Leitbild
     Jeder einzelne Mensch mit seinen je-
     weiligen Besonderheiten hat teil an
     der Vielfalt der Menschen und einen
     selbstverständlichen Anspruch auf eine
     eigenständige Lebensführung. Hieraus
     ergibt sich der Anspruch auf ein „Le-
     ben im Miteinander“ – in Nachbarschaft
     und Stadtteil – als Teil der Gesellschaft.
     Behinderung bezeichnet die Einschrän-
     kungen, die ein Mensch aufgrund seiner
     Besonderheiten in seiner persönlichen
     Lebenswirklichkeit erlebt. Das Integrati-
     onsmodell entwickelt und fördert alter-
     native Wohn- und Unterstützungsmo-
     delle für Menschen mit Behinderungen,
     um gesellschaftliche Teilhabe zu stärken.
Einblicke ins Leben 35 Jahre Integrationsmodell Essen
„Miteinander IM Leben“ heißt für uns

- die Unterschiedlichkeit der Menschen
  berücksichtigen
- die Privatsphäre jedes Menschen wahren
- die eigene Persönlichkeit weiterentwickeln
  können
- sich auf Augenhöhe begegnen
- die persönliche Wohnung gestalten
- Beziehungen eingehen können ohne Grenzen
  zu verletzen
- Pflege ist Bestandteil der individuellen
  Lebensgestaltung
- Pflege ist Beziehungsgestaltung: ein tolerantes
  Miteinander zwischen pflegenden Personen
  und Personen mit Pflegebedarf entwickeln
- Zeit für den Einzelnen haben
- mit Nähe und Distanz arbeiten

Das pädagogische und pflegerische
Angebot ist an den individuellen Be-
dürfnissen, Interessen und Wünschen
des Einzelnen orientiert.
Einblicke ins Leben 35 Jahre Integrationsmodell Essen
Differenzierte
WOHNFORMEN
Das Integrationsmodell unterstützt            Das Wohnen ist Grundlage für die
Menschen mit einer körperlichen und/       persönliche und selbstbestimmte Ge-
oder geistigen Behinderung in ihren        staltung des Alltags. Es ermöglicht die
eigenen Wohnungen oder in Gemein-          Erfahrung von Privatheit, Eigenstän-
schaftswohnformen. Diese entstehen         digkeit, Geborgenheit, Gemeinschaft,
nach den Wünschen und Bedürfnissen         Schutz, Nachbarschaft und den Einbe-
der Betroffenen. Zum Teil finden Grup-     zug in das Lebensumfeld des Stadtteils.
pen durch die Vermittlung des Integrati-      Das Wohnen wird aktiv durch die
onsmodells zusammen, zum Teil werden       Wohnenden und die Unterstützenden
zusammen mit bereits bestehenden Be-       gestaltet.
zugsgruppen passende Wohnangebote
entwickelt.
Einblicke ins Leben 35 Jahre Integrationsmodell Essen
Darum geht es:

- den Alltag gemeinsam bewältigen

- Freizeit gemeinsam gestalten

- durch Gemeinschaft Freiräume für jeden
  Einzelnen schaffen

• In einer Wohngemeinschaft leben         nungen sind Gemeinschaftsräume vor-
Erwachsene, die ständig Unterstützung     handen. Drei bis zehn Personen leben
bei der Lebensführung und in der Pfle-    in einer Hausgemeinschaft beieinander.
ge benötigen. Jede hat ein persönliches   Die Wohnenden entscheiden mit, wer
Zimmer und Bad. Für alle gemeinsam        dazu gehört.
sind Küche und Wohnraum. Fünf bis
zwölf Personen leben zusammen. Die        • Im Einzel- und Paarwohnen leben
Wohnenden entscheiden mit, wer dazu       Personen in ihrer eigenen angemieteten
gehört.                                   Wohnung. Sie können die regelmäßigen
                                          alltäglichen Erfordernisse des Lebens
• In einer Hausgemeinschaft leben         selbstständig bewältigen. Sie benötigen
Personen, die regelmäßige Ansprache,      Beratung und Unterstützung in einzel-
lebensbegleitende Beratung, Unter-        nen Lebensbereichen (z.B. Behördenan-
stützung im Haushalt und ggf. Pflege      gelegenheiten, Haushaltsführung oder
benötigen. Jede hat eine Wohnung und      auch Pflege). Zur Begegnung unterein-
führt den eigenen Haushalt. Für Begeg-    ander gibt es einen Treffpunkt.
Einblicke ins Leben 35 Jahre Integrationsmodell Essen
Selbstbestimmung

Die Sicherung von grundlegenden Be-        persönlichen Lebens. Handlungsleitend
dürfnissen ist Voraussetzung einer         sind ihre Bedürfnisse und Wünsche:
selbstständigen Lebensführung. Die         „Schlafen, aufstehen, essen wann ich
selbstbestimmende Ausführung der Le-       will“ (Aussage eines Wohnenden). Wie
bensaktivitäten hat Einfluss auf Lebens-   sie zu realisieren sind, wird gemeinsam
gefühl und Gesundheit und somit auf        beraten. Durch Beratung und Unter-
die gesamte gefühlte Lebensqualität.       stützung in den eigenen Fähigkeiten
   Menschen mit Behinderungen sind         und Möglichkeiten soll ein Höchstmaß
Experten in eigener Sache. Sie haben       an persönlicher Handlungskompetenz
die Initiative für die Gestaltung ihres    entwickelt werden.

Selbstbestimmung bedeutet:

- in allen Lebensbereichen Wahlmöglichkeiten
  haben
- Verantwortung für eigene Entscheidungen
  übernehmen
- Recht auf den eigenen privaten Bereich haben
- Jeder Mieter verfügt über den eigenen
  Schlüssel

Selbstbestimmung ist abhängig von            Grenzen der Selbstbestimmung sind
sozialen, zeitlichen und räumlichen Be-    Selbst- und Fremdgefährdung oder
dingungen. Es gilt, Barrieren zu über-     wenn Rechte und Entfaltungsmöglich-
winden.                                    keiten anderer beeinträchtigt werden.
Aus meinem Leben

Mein Name ist Vera Milaszewski. Ich      Durch die Behinderten-Assistenten, die
wohne seit 1996 in der Wohngemein-       rund um die Uhr im Einsatz sind, haben
schaft „Obere Fuhr“ des Integrations-    wir ein „integratives Leben“.
modells Essen. Wir haben eine Ge-        Einkäufe und Arztbesuche werden von
meinschaftsküche, wie auch einen         der Assistenz begleitet. Für meine Frei-
Gemeinschaftsraum, den wir zusammen      zeitaktivitäten, wie z.B. Kinobesuche,
nach unserem Geschmack einrichten        Veranstaltungen (viele vom Integra-
durften! Außerdem haben wir einen gro-   tionsmodell) oder einen Stadtbummel,
ßen Garten mit einem Goldfischteich.     habe ich eine Integrationshelferin.
Jede/r hat ein eigenes Zimmer. Meins     Ich bin froh, dass es das Integrationsmo-
befindet sich in der ersten Etage, was   dell gibt! Danke.
aber kein Problem ist, da wir im Haus                              Vera Milaszewski
einen Aufzug haben.
Ambulant Unterstütztes
Einzel- und Paarwohnen
in der Entwicklung
Vor mehr als zwanzig Jahren, während          Beworben habe ich mich dann beim
der Erstellung meiner Diplomarbeit,        IM direkt im Anschluss an die Prüfun-
lernte ich das Integrationsmodell ken-     gen. Es erschien mir damals mit Abstand
nen. Inhalt der Diplomarbeit war, die      das fortschrittlichste Wohnangebot für
Qualität verschiedener Einrichtungen       Menschen mit Handicap.
miteinander zu vergleichen, gemessen          Gelandet bin ich im Einzel- und Paar-
am „Normalisierungsprinzip“. Ich konnte    wohnen, damals bezeichnet als „der
in einer Wohngruppe vom IM hospitie-       ambulante Bereich“. Es gab sieben
ren:                                       Wohnende, kein Büro und keine Infra-
   Das Grillen, an dem ich teilnehmen      struktur. Arbeitstreffen fanden in der
durfte, wurde gemeinsam von Mitarbei-      Privatwohnung der einzigen Kollegin
terInnen und Wohnenden vorbereitet         statt, in Cafés oder am Hauptbahnhof.
und gestaltet, nicht für die Wohnen-       Telefonate wurden von zu Hause ge-
den, sondern miteinander. Freude und       führt. Nach einem halben Jahr konnten
Interesse aneinander wurden deutlich,      wir eine Schreibmaschine erwerben und
Individualität als Qualität gesehen. Die   das Büro in einer Wohngruppe mitnut-
Institution als Rahmen schien vorhan-      zen.
den, aber nicht von Bedeutung für das         Im Laufe der Jahre entwickelte sich
Wohnen „vor Ort“. Menschen mit und         ein Bereich mit derzeit 45 Wohnen-
ohne Behinderung lebten gemeinsam,         den und 16 MitarbeiterInnen: Sozialar-
weil sie die Idee hatten, dass vonein-     beiterInnen,     Krankenpflegfachkräfte,
ander profitiert werden könne. Es gab      HeilpädagogenInnen,       AssistentInnen
im Alltag Gelegenheit, ohne „Profis“ zu    und IntegrationshelferInnen unterstüt-
sein. Kleine Wohneinheiten, in Essener     zen Menschen mit geistigen und/oder
Wohnvierteln, nicht als Einrichtung für    körperlichen Einschränkungen. Es gibt
Menschen mit Handicap erkennbar. Ich       die Möglichkeit, als Single oder Paar in
war beeindruckt und wollte diese Form      einer eigenen Wohnung zu leben, allein
der Behindertenarbeit genauer kennen-      für sich oder in zwei Hausgemeinschaf-
lernen.                                    ten und dabei auch als körperbehinder-
ter Mensch mit Pflegebedarf möglichst        anzupassen zu müssen. Immer wieder
eigenständig zu bleiben.                     bewegt die Fragestellung: Wo sind die
   Mittlerweile gibt es selbstverständ-      Grenzen der Selbstbestimmung – ab
lich Büros, zwei Dienstwagen, regel-         wann müssen wir in die Lebensführung
mäßige Teamsitzungen. Es gibt natür-         eingreifen, weil das Wohl des Menschen
lich auch keine Schreibmaschine mehr         gefährdet scheint?
– Mobiltelefone und Internet sind un-           Beim IM wird viel gesprochen und
erlässliche Hilfsmittel, die unsere Arbeit   viel diskutiert – manchmal befremdlich
erleichtern. Für die Wohnenden gibt          für neue Mitarbeitende, ungewöhnlich
es Gemeinschaftsräume, die offene            für neue Wohnende. Beim IM wird aus-
Sprechstunde, eine Männer- und eine          gehandelt, abgewogen und der Prozess
Frauengruppe. Nach wie vor ist das Leit-     gesehen, an dem wir gemeinsam betei-
bild unserer Arbeit:                         ligt sind.
   Jeder Mensch hat nur einmal die              Das ist manchmal nervenaufreibend
Chance, sein Leben selbst zu gestalten.      und niemals einfach. Aber die langjäh-
Professionelles Handeln soll orientiert      rige Tätigkeit in diesem Arbeitsfeld hat
sein an den Ideen und Vorstellungen,         mich davon überzeugt, dass es die am-
Wünschen und Zielen der Wohnenden            bulanten Wohnformen sind, die es zu
und nicht daran, es als Mitarbeitende        stärken und zu unterstützen gilt, und da-
möglichst leicht zu haben oder als Woh-      ran möchte ich weiterhin beteiligt sein!
nende sich an vorgesehene Struktur                                          Rita Eiken
Leben im Rahmfeld

  Die Arbeit bis 12 Uhr
  Montag habe ich Sport um 13.30 Uhr
  Danach Kochen wir
  Wenn wir selber Kochen schmeckt es am besten
  Einen Kochplan haben wir auch
  Wir haben im Rahmfeld viel zu tun: Einkaufen,
  zusammen in den Zoo gehen und spazieren
  Im Rahmfeld spielen wir gerne Malefiz
  Ich muss natürlich auch die Wohnung putzen.
  Vorher war ich im Heim und habe alles in den
  Schoß gelegt gekriegt
  Im Rahmfeld gefällt es mir jetzt viel besser

                                            Eine Wohnende
Individuelles Wohnen
ist Trumpf

„Na, ich glaube hier piept`s wohl“, denke   ebenso von der Wand an wie der Pin-
ich, wenn ich das Zimmer von Arne be-       Up-Kalender im Zimmer nebenan.
trete.                                        In der gemeinsamen Wohnküche je-
   Und das ist wortwörtlich so gemeint,     doch gelten andere Regeln, denn dort
denn laut Arnes Aussage befinden sich       muss miteinander ausgehandelt werden,
etwa insgesamt 200 Vögel in seinem          welche Anschaffungen notwendig und
Zimmer. Ihr habt sicher schon erraten,      von allen erwünscht sind.
dass diese nicht echt sind, doch es ist       Doch in einem sind sich alle einig: Im
trotzdem eine äußerst farbenfrohe und       nächsten Sommer gibt’s eine tolle Gar-
zwitschernde Gesellschaft, die hier an      tenparty mit Swimmingpool, unserem
der Decke hängt und die Wände ziert.        beliebten Strandkorb und vielen bunten
   Die anderen Zimmer sind ebenfalls        Cocktails.
ganz nach dem Geschmack der Woh-              Ihr seid herzlich dazu eingeladen!
nenden mit unterschiedlichen Wandfar-
ben, individueller Deko und selbst aus-                              Maria Brandt
gewählten Möbelstücken ausgestattet.                                Mitarbeitende
Daher lacht uns täglich die Kelly Family                        WG Auf´m Bögel EG
Mitarbeitergedicht

30 Jahre Integrationsmodell
        30 Jahre waren Assistenten schnell,
        an der Seite der Wohnenden,
        bei Tag und bei Nacht.
        Und wenn man mich fragt,
        was man da so macht,
        dann will ich es kurz mal zusammenfassen
        und versuchen, nichts Wichtiges auszulassen.

        Wir begleiten Menschen in ihrem zuhause
        Und machen dabei auch so manche Pause.
        Sitzen dann zusammen bei Kaffee und Tee,
        und planen den nächsten Urlaub im Schnee.
        Ganz egal, wo immer das Ziel auch sei,
        Berge und Meer gibt’s barrierefrei!

        Wir helfen bei der Pflege um 6 Uhr am Morgen
        Und macht sich so Mancher auch mal Sorgen
        über den Streik bei der deutschen Bundesbahn –
        den Dienst treten wir dann mit dem Fahrrad an!
        10 Minuten zu spät ist einerlei,
        Hauptsache wir haben frische Brötchen dabei.

        Wir dürfen auch die Busflotte fahren,
        Schäden muss schließlich die Haftpflicht bezahlen!
        Wir erledigen bei Aldi den nächsten Großeinkauf
        Und tragen Wasserkästen die Treppe hinauf.
        Und was wir zusammen heute können besorgen,
        das verschieben wir auch nicht auf Morgen.

        Wir pflanzen gemeinsam die Blumen im Garten
        und ernten im Sommer auch mal Tomaten.
        Wir waschen die Wäsche und bügeln nicht gern.
        So manchen Nachbarn sehn wir lieber von fern.
        Alle Bewohner unterstützen uns sowieso,
        wir putzen gemeinsam auch Fenster und Klo.
Wir feiern die Feste, wie sie fallen,
schmücken Tannenbäume, die sehr gefallen.
Wir reichen Medikamente und das Essen an
und fragen, „Wer ist mit dem Spülen dran?“
Wir probieren manch neues Kochrezept,
und haben dabei Interessantes entdeckt.

Wir schieben den Rolli den Berg hinauf,
mitunter auch im Dauerlauf,
damit wir noch schnell ins Kino kommen,
wenn die Vorstellung schon längst begonnen.
Wir lachen zusammen und haben viel Spaß
verlieren aber nicht das Augenmaß.

Wir hören zu und schlichten Streit,
setzen auch Grenzen von Zeit zu Zeit.
Wir schreiben am Computer die Dokumentation
und arbeiten an den Regeln der Kommunikation.
Und wenn uns das auch nicht immer gelingt,
verzeiht, weil wir auch nur Menschen sind.

Wir begleiten zum Doc und zur Therapie,
wir trösten, beraten und verzweifeln nie.
Obwohl wir manch Sorge mit dem Wohnenden
teilen
Auch wenn wir schon längst zuhause verweilen.
Assistenz ist mehr als ein Dienst nach Plan,
Assistenz fängt mit der Liebe am Menschen an.

Durch Assistenz an mehr als 10.000 Tagen
eine Verbindung zwischen Menschen entstand:
Assistenz in allen Lebenslagen –
im Vertrauen reichen wir uns die Hand.
Vertrauen schenkt uns auch der Zusammenhalt,
der beim IM bereits in 30 Jahren galt.
So soll es auch in Zukunft sein;
Wir sind und bleiben ein toller Verein!

                                      Maria Brand
Fußballturnier
Seit mehreren Jahren gibt es Bewohner        und Spass am Fußball hatte. So trafen
und Mitarbeiter beim IM, die sich tref-      sich Frauen und Männer, Bewohner und
fen, um gemeinsam ihren Hobby nach-          Mitarbeiter und Gäste.
zugehen.                                        Zwei Höhepunkte gab es dann noch
   Zunächst nahmen wir vor ein paar          vor der Sommerpause. Zum einen die
Jahren an einem Turnier des Franz Sa-        Teilnahme beim Allbau Jubiläumsfuß-
les teil. Daraus entwickelte sich die Idee   ballturnier, im Stadion von Rot-Weiß Es-
selber ein Turnier zu veranstalten. 2 Tur-   sen an der Hafenstraße. Als einzige in-
niere, zum einen in Altenessen und zum       tegrative Mannschaft haben alle Spieler
anderen 2017 in Kupferdreh, wurden           und Zuschauer das Turnier sehr genos-
ausgerichtet. Zudem gab es 2017 für ein      sen. Geduscht wurde in den Kabine des
halbes Jahr ein regelmäßiges Training in     RWE, worauf einige Spieler sehr stolz
der Halle der Helen-Keller Schule. 2018      waren.
legten wir eine Pause ein, um dann 2019         Zum letzten Training vor der Som-
einen Neustart, vor allem mit regelmä-       merpause hatten wir eine Gastmann-
ßigen Training zu probieren. Im Frühjahr     schaft, Freunde einer Mitarbeiterin, zu
starten wir mit dem 14-tätigen Training      Gast, mit denen wir ein kleines eigenes
auf dem Franz Sales Gelände. Zwischen        Turnier veranstalteten. Im Anschluss
15 und 20 Spieler fanden sich Freitag        ließen wir den Abend im Außenbereich
um 16.30 ein. Und die einzige Voraus-        der HG Thingstraße bei Würstchen und
setzung war das man „Erwachsen“ war          Getränken ausklingen.
Aus meinem Leben

Ich wohne seit vielen Jahren beim Inte-     stand und Integrationshilfe bei der Frei-
grationsmodell in Essen. Das Integrati-     zeitgestaltung, welche ich auch dringend
onsmodell ist ein Verein, der Menschen      benötige. In den „ICH-Stunden“ kann ich
mit Handicap im ambulanten Bereich          mal auf meine Wünsche eingehen.
unterstützt. Bevor jemand in eine              Ich möchte noch einmal die Mög-
Wohngruppe einzieht, wird ein Hilfeplan     lichkeit bekommen, mit Assistenz des
erstellt, nach dem Fachleistungsstunden     Integrationsmodells ins Ausland zu ver-
und Integrationshilfestunden durch den      reisen mit Personen mit denen ich mich
Landschaftsverband Rheinland für die/       gut verstehe. Das war früher schon mal
den Wohnende/n genehmigt werden.            machbar.
Der Hilfeplan wird alle 2 Jahre erneuert.                        Jennifer Saurenhaus,
Das ist wichtig, damit die AssistInnen                             WG Kaupenstrasse,
wissen, wo die Wohnenden die ent-                     langjährige Bewohnersprecherin
sprechende Unterstützung benötigen.
Ich benötige fast in allen Bereichen des
täglichen Lebens die Unterstützung der
Assistenz. Die Wohnenden sollen trotz
ihres Handicaps und nach ihren Mög-
lichkeiten selbstständig leben und Ent-
scheidungen treffen können. Die Wohn-
gruppe ist kein „Hotel“ wo man schnipp
machen kann und die Assistenten sprin-
gen. Sollten wir Hilfe brauchen, ist es
unsere Aufgabe den Hilfebedarf zu äu-
ßern.
   Ich als Mensch mit Handicap habe
auch einen strukturierten Tagesablauf.
Ich gehe arbeiten. Manchmal bin ich ge-
schafft, wenn ich nach Hause komme.
Nach der Arbeit habe ich dann noch
Programm; wie Krankengymnastik für
meinen körperlichen Gesundheitszu-
Teilhabeorientierte
Pflege

Unsere Pflege orientiert sich an der indi-   notwendig ist und wie die dann fest-
viduellen Lebenssituation, der Biografie,    gelegten Pflegeziele konkret umgesetzt
am tatsächlichen Pflegebedarf und den        werden können. Für alle Mit-Pflegenden
persönlichen Ressourcen und Potenzia-        ist die erstellte Pflegeplanung hand-
len. Wir arbeiten präventiv, aktivierend     lungsleitend. Eine Pflegefachkraft hat
und rehabilitativ, darauf ausgerichtet,      dauerhaft die pflegerische Fachverant-
Pflegebedürftigkeit zu vermeiden und         wortung für eine konstante Gruppe von
zu überwinden.                               Wohnenden. Dadurch ist sie für den ge-
   Sauber, Satt und trocken ist nicht das,   samten Pflegeprozess durchgängig zu-
was wir beim IM unter Pflege verste-         ständig und kontinuierlich ansprechbar
hen. Professionelle zeitgemäße Pflege        für Angehörige, gesetzliche Betreuer,
bedeutet vielmehr eine ganzheitliche         Ärzte, Therapeuten, Sanitätshäuser und
Unterstützung. Sie orientiert sich jeden     Beratungsstellen. Durch diese Kontinui-
Tag aufs Neue an den Wünschen und            tät ist eine ausgeprägte, individuelle Be-
Bedürfnissen der Wohnenden. Körper-          darfsorientierung und verlässliche Be-
pflege, Ernährung, Mobilität, Gesund-        ziehungsgestaltung möglich.
heitsvorsorge und ärztlich verordnete           Selbstverständlich ist, dass alle In-
therapeutische Maßnahmen stehen              formationen über einen Menschen mit
im Vordergrund. Damit verbinden sich         Pflegebedarf datengeschützt in einer
Pflege sozialer Kontakte und der Kom-        standardisierten Pflegedokumentation
munikationsfähigkeit und der Aufbau          festgehalten werden.
eines personalen Sicherheitsgefühls.            Die autonome Arbeitsweise stellt an
   Pflegefachkräfte haben die Fachver-       die Pflegefachkräfte des Integrations-
antwortung. Sie steuern den Pflege-          modells besondere Anforderungen.
prozess. Durch eine individuelle Pfle-       Neben grundlegendem Fachwissen
geplanung erfassen sie zusammen mit          ist die Bereitschaft zu selbständigem
dem betroffenen Menschen, in welchen         Arbeiten und zur Übernahme von Fach-
Bereichen pflegerische Unterstützung         verantwortung erforderlich.
Dafür müssen besondere Kompetenzen erworben und weiterentwickelt werden:

- Teamfähigkeit
- Kommunikationsfähigkeit
- Fachdidaktik, um Fachwissen vermitteln zu können
- Organisationsfähigkeit zur Koordination und
  Kooperation
- Konstruktiver Umgang mit Konflikten, Problemen
  und Verhaltensauffälligkeiten

Zum Aufbau und zur Pflege dieser Kompetenzen sind geordnet:

- Reflektions- und Beratungsgespräche mit der
  Pflegedienstleitung
- Kollegiale Pflegefachkonferenzen
- Interdisziplinäre kollegiale Fallberatung
                                                Stimmen aus der Mitarbeiterschaft
Aus meinem Leben

Mein größtes Hobby, schon seit meiner        kommen dem IM zu Gute. Gerne würde
Schulzeit ist das BASTELN und das auf        ich aber auch mal, ein anderes Projekt
unterschiedliche Art und Weise. Früher       kreativ unterstützen, z.B. ein Tierheim,
habe ich mit dem Malen von Windows           eine KITA oder andere soziale Projek-
Color Bildern angefangen, hab mir vie-       te. Wenn jemand eine Idee hat und mir
le Bücher gekauft und auch ein paar          helfen will einen Kontakt herzustellen,
Kurse besucht. Stolz bin ich auf mei-        melde er/sie sich doch einfach mal beim
ne eigenen Grußkarten mit 3D Bildern         nächsten Basteltreff in der Bille.
oder der Serviettentechnik. Einmal im           Ich mache zwar viele Grußkarten.
Jahr besuche ich in Dortmund die Bas-        Aber der Bastelbereich, ist so groß, dass
telmesse CREATIVA. (Ein tolles Erlebnis      ich auch gerne mal was anderes auspro-
für jeden Bastelfan. Viele Infos, neue       bieren würde. Gerne nehme ich neue
Produkte, neue Techniken und auch ein        Vorschläge an. Ich habe z.B. schon mal
paar Workshops gibt es dort zu sehen.)       einen Comic-Kurs besucht. Der hat gro-
Um neue Ideen zu bekommen, gehe ich          ßen Spaß gemacht, aber leider gibt es
entweder ins Internet oder kaufe mir im      ihn nicht mehr, weil zu wenig Interesse
Zeitschriftenladen Kreativ-Zeitschriften.    da war. Wie ihr bei meinem langen Ar-
Leider gibt es davon immer weniger.          tikel merkt, schreibe ich auch sehr ger-
Um neue Ideen umzusetzen, gehe ich           ne. Vielleicht beschäftige ich mich nach
regelmäßig zum Basteltreff in der BIL-       dem Basar mehr mit dem Thema Comic-
LE. Aber was ist dann mit den schönen        Zeichnen, Geschichten schreiben, Stoff
Kunstwerken, die zum Wegwerfen viel          bemalen oder, oder. Als Nächstes will
zu schade sind? Wenn ich zuhause bin,        ich versuchen, Seife selber zu machen.
sehe ich, dass mein Wohnzimmer vor           Diese Idee habe ich z.B. von der Bastel-
lauter Kunstwerken und übrigen Mate-         messe Creativa und ich habe auch etwas
rialien fast überquillt. Die Organisatorin   in einer Zeitschrift darüber gelesen. Mal
und Leiterin des Basteltreffs, Magdale-      sehen, was mir noch alles so einfällt.
ne Merkel, gibt sich immer so viel Mühe      Aber wenn ihr eine Idee habt, erzählt
damit, dass es richtig Spaß macht, ein       mir im nächsten Basteltreff davon. Wir
Teil daran zu sein. Und die Einnahmen        freuen uns über jede/n Besucher/in.
                                                                    Nicole, Thingstrasse
Umfassende pädagogische
Lebensbegleitung

Die Wohnenden werden in allen All-        Wahrnehmung von persönlichen In-
tagsbelangen durch multiprofessionelle    teressen, Benutzung von öffentlichen
Teams begleitet und unterstützt.          Verkehrsmitteln, Organisation von Fahr-
   Die Lebensbegleitung geschieht in      diensten, Begleiten zum Einkaufen, zu
personeller Kontinuität und orientiert    Freizeitaktivitäten, zu kulturellen Veran-
sich an den Wünschen, Bedürfnissen        staltungen, zu Bildungsveranstaltungen,
und der Lebensgeschichte der begleite-    bei Ämtergängen und Arztterminen.
ten Person. Sie unterstützt umfassend
bei der Bewältigung der Alltagsanforde-     Die Entwicklung und Pflege der per-
rungen wie                                sönlichen Beziehung steht im Vorder-
   Körperpflege, Ernährung, hauswirt-     grund, die Begegnung auf Augenhöhe.
schaftliche Tätigkeiten, Pflege eines     Der begleitete Mensch bestimmt das
Haustieres, Ausübung von Hobbys,          Tempo.
Zu Gast in der WG
Als ich mich vor 13 Jahren beruflich neu         Natürlich gibt es hier wie im norma-
orientieren musste, erzählte mir eine         len Leben immer wieder Reibereien und
Freundin, dass beim IM immer wieder           Streitereien untereinander, aber bisher
Krankenschwestern zur Betreuung von           konnten wir das immer wieder – vor al-
Menschen mit Behinderung gesucht              lem mit viel Humor- regeln. Jede/r kennt
würden. Nach 30 Jahren Tätigkeit im           die „Macken“ der Anderen, sowohl von
Krankenhaus war das für mich einerseits       Wohnenden als auch von Mitarbeiten-
Chance der „Maschinerie Krankenhaus“          den und stellt sich darauf ein.
zu entkommen, aber andererseits auch             Letztendlich finde ich meine jetzige
eine große Herausforderung, da Behin-         Tätigkeit wesentlich vielfältiger als mei-
dertenarbeit und ambulante Pflege für         ne Arbeit im Krankenhaus. Natürlich ist
mich zwei ganz neue Beschäftigungsfel-        das Ganze auch mit viel Bürokratie ver-
der waren.                                    bunden: Pflegeprozessplanung, Doku-
   Schnell konnte ich feststellen, dass       mentation, Organisation von Arzttermi-
ich von fast allen Wohnenden der WG           nen und Therapien, Kontakt zu Eltern,
mit Freude aufgenommen wurde. Sie             Betreuern der Werkstatt usw. Aber für
zeigten mir, in wie weit meine Unter-         mich zählt, dass ich zwar zusätzlich zur
stützung gebraucht und erwünschet             Pflege manchmal auch mit den Woh-
war. Ich durfte viele Einblicke ins Privat-   nenden putzen muss, aber dafür auch
leben und in die einzelnen Lebensläu-         mit ihnen kochen darf, sie in ihrer Frei-
fe nehmen und Höhen und Tiefen mit            zeit begleite, mit ihnen Feste feiere und
durchleben. Es ist toll, als Gast in der      mit ihnen in den Urlaub fahre. Ist das
WG am Leben jedes Einzelnen teilhaben         nicht toll?
zu dürfen.                                                      Paula Vogl, Mitarbeiterin
Aus meinem Leben

    Ich lebe seit 1998 in der Wohngemein-
    schaft Kupferdreh, und es gefällt mir sehr
    gut, weil wir auch viel zusammen unter-
    nehmen. Wir waren auch alle zusammen
    in Urlaub, wo es sehr schön war. Kleine
    Ausflüge werden auch unternommen.
    Wir hatten auch eine Hündin namens
    Lea, die auch schon 6 Welpen bekom-
    men hat. Ich werde auch die nächste
    Zeit gerne hier verbringen, wenn nichts
    dazwischen kommt.
                              Melanie Kunsek     23
Wir sind anders

                                             es anders zu sein. Viele der Menschen,
                                             die anrufen, sind Wohnende. Für vie-
In der Welt des Integrationsmodells sind     le stellt die Sprache eine Barriere zur
wir irgendwie anders; eine Gruppe von        Umwelt dar. Aber mit Geduld, Einfüh-
Menschen, die aus dem Rahmen fällt.          lungsvermögen und einem offenen
Wir sind keine Wohngemeinschaft, kei-        Ohr gelingt es, die Wünsche oder auch
ne Hausgemeinschaft und gehören nicht        Probleme zu verstehen, den erhofften
zum Einzel- und Paarwohnen. Aber             Rat zu geben, mit den zuständigen Mit-
manchmal haben wir trotzdem das Ge-          arbeitenden zu verbinden oder einfach
fühl, wir wohnen beim IM, denn viele,        nur zuzuhören. Und genau Zuhören
viele Stunden wöchentlich verbringen         und Unterstützen ist auch dann gefragt,
wir in der Geschäftsstelle. Wir sind kei-    wenn Wohnende persönlich in die Ge-
ne Pädagogen, keine Pfleger oder Assis-      schäftsstelle kommen. Sie sind immer
tenten. Wir sind als Kaufleute tätig mit     herzlich willkommen.
verschiedenen Schwerpunkten. Wie ge-            Genauso geht es den Wohnenden,
sagt, wir sind anders und wir sind doch      die in die Abteilungen „Buchhaltung“
für ALLE da.                                 und „Fakturierung“ kommen. Fragen zu
   Die „Allgemeine Verwaltung“ ist, wie      Betriebs- und Nebenkostenabrechnun-
ihr Name schon sagt, für allgemeine          gen für die Wohnung oder das Zimmer
Aufgaben in der Verwaltung tätig. Hier       und zum Stand der Mietzahlungen wer-
ist die Arbeit anders als sonst in so ge-    den umgehend beantwortet. Und auch
nannten Sekretariaten. Zwar wird auch
hier, wie in jeder Firma, der Postein- und
ausgang bearbeitet, es werden Briefe
geschrieben, Einladungen vorbereitet,
es wird für die Bewirtung von Gästen
gesorgt und es werden viele Telefonat
entgegen genommen. Und hier beginnt
verträgen angestellt und vor allem mit
                                          monatlichen Gehaltszahlungen versorgt
                                          sind, würden doch die Menschen fehlen,
                                          die jeden Tag aufs Neue die Wohnenden
                                          unterstützen.
                                             Die Mitarbeitenden in der Verwaltung
                                          haben Kontakt zu den Wohnenden. Sie
                                          kennen die Menschen, die sich das In-
                                          tegrationsmodell und die dort Arbeiten-
wenn eine offene Rechnung mal nicht       den zur Lebensassistenz ausgesucht ha-
sofort komplett bezahlt werden kann,      ben. Es gibt Gelegenheiten, Wohnende
finden die Mitarbeitenden gemeinsam       zu besuchen: Eine Wohngemeinscheit
mit den Wohnenden eine Lösung.            lädt zum Essen ein. Gemeinsam wird ein
   Die Fakturierung steht mit den Mit-    Garten winterfest gemacht. Feste wer-
arbeitenden in den Wohnprojekten in       den gefeiert. Wo immer man sich trifft:
intensivem Kontakt. Jede einzeln er-      Es ist da ein Verstehen und ein Mitein-
brachte Leistung dort muss in Listen      ander zu erleben, das heutzutage nicht
verzeichnet werden. Die Wohnenden,        mehr selbstverständlich ist.
die die Leistung in Anspruch genommen     Und deswegen sind wir anders, wir in
haben, müssen dies durch ihre Unter-      der Verwaltung und wir im Integrations-
schrift bestätigen. Diese Dokumen-        modell. Wir sind stolz darauf.
te sind die Grundlage, nach denen die
Rechnungen für die Kostenträger er-              Mitarbeitende der Geschäftsstelle
stellt werden.
   Und dann gibt es noch die „Personal-
verwaltung“, ohne die im Integrations-
modell nichts laufen würde. Denn wenn
die Mitarbeitenden nicht mit Arbeits-
Zusammenhalt

Paradies

                                  Gemeinsam
                                                Leidenschaft
       Wohnen

            Selbstbestimmung
Zu Hause

                                              Lachen
                       Party, Party

                                                        Buntes
           Sehr gut!                             Vertrauensvoll
                                                       Kochen

Herzlich
    Miteinander                                Versorgt
                                              Loyal und treu

           Kollegial
sei mutiger
             Zufriedenheit
    Seele und Liebe

                                       Wandel
                        Spaß
                                                      Trauer
           Leben

Improvisationsmodell
             Vielfältigkeit

                                                                Schön

                               Verständnis

  Super
                                    Brunch
                                           Bewegung

                              Die helfen mir!
                               Von Wohnenden und Mitarbeitenden: Mein IM-Wort
Zuhause IM Leben
In meiner früheren Arbeit als Integrati-     lichkeit verspricht, der einen Ruhepol
onshelfer (bei einem anderen Träger) lag     bietet und viele andere positive Emp-
mein Arbeitsfeld hauptsächlich in der        findungen mehr. Ich arbeite in einer
Freizeitbegleitung von Menschen mit          Wohngemeinschaft wo es natürlich Er-
Beeinträchtigung, ab und an bereichert       fahrungen zu genüge gibt, das eben
mit Schulbegleitung. Nach diesen Ein-        gesagte abzuschwächen. Es gibt Streit.
sätzen war am Feierabend mein eindeu-        Wohnende durchleben schwere Zeiten,
tiges Gefühl, dass ich nun ´nach Hause´      Krankheiten. Menschen die einem lieb
fahre.                                       geworden sind, sterben. Dennoch ist
   In meiner jetzt über achtjährigen Tä-     das grundsätzliche Gefühl wie vorhin
tigkeit beim Integrationsmodell hat sich     beschrieben:
dieses Gefühl verlagert, dahingehend,           Ich wechsle zwischen zwei „Zuhause“.
dass mich der Gang zu meinem Arbeits-        Zwischen meinem und dem der Woh-
platz auch in „ein Zuhause“ führt. Und       nenden in der WG. Ich bin dort Gast und
auch wenn dieses Zuhause nicht meines        fühle mich zugleich auch Zuhause.
ist und ich vor Ort ein Gast bin, ist mein      Dies bedeutet einen nicht zu unter-
Gefühl zuhause zu sein weniger davon         schätzenden Anstieg an Qualität in mei-
getrennt. Denn mit einem Zuhause ver-        nem Arbeitsalltag.
binden die meisten Menschen – und               Vielen Dank an die WG Kupferdreh.
so auch ich – einen Platz der Behag-
                                                                     Philipp Ruhland
Ressourcenorientiert
arbeiten
Meine „Karriere“ beim IM begann mit            zurücknehmen, wenn ein/e Wohnen-
meinem Freiwilligen Sozialen Jahr. Ich         de/r eine Aufgabe eigentlich auch allein
kam aus der Schule und hatte bis dato          bewältigen kann. Aber nur so geschieht
noch keine nennenswerte Begegnung              ressourcenorientierte Arbeit, wie ich sie
mit Menschen mit Behinderung. Nun              verstehe und in meiner Funktion auszu-
studiere ich und bin in Teilzeit angestellt.   üben versuche. Schön ist es dann, wenn
Am Anfang war ich mir äußerst un-              man sieht, dass der/die Wohnende/r
schlüssig, ob der Bereich „Pflege“ etwas       seine/ihre Fähigkeiten einsetzt und gar
für mich sein würde. Mit der Erfahrung         noch erweitern konnte. Und wenn mei-
kam aber die Einsicht, dass es bei dieser      ne Arbeit geschätzt wird! Natürlich gibt
Arbeit weiß Gott nicht nur um Pflege           es nicht nur schöne Zeiten. Hier geht es
geht. Ich begleite Menschen mit einem          halt auch normal zu. Nicht alles ist Frie-
Handicap auf ihrem Lebensweg in allen          de-Freude-Eierkuchen. Wenn ich mein
Bereichen. Sei es Begleiten zum Arzt,          Studium beendet habe und damit eine
Unterstützen beim Einkaufen oder im            neue Tätigkeit auf mich wartet, werde
Haushalt oder zusammen Weihnachten             ich die WG Kupferdreh – dann nach
und Ostern feiern. Ein/e jede/r tut das,       über 8 Jahren – aber sicherlich mit ei-
was sie/er kann und wir AssistInnen hel-       nem weinenden Auge verlassen.
fen dabei. Ich selbst musste mich dabei
des Öfteren in Geduld üben und mich                       Laura, ehemalige Mitarbeiterin
Erfahrungen einer
Pflegefachkraft

Seitdem ich seit fast sieben Jahren       Wofür brauchen die denn da Kranken-
als Pflegefachkraft beim IM bin, höre     schwestern?“
ich immer wieder mal von Freunden,           Das hab´ ich mich vorher auch ge-
Bekannten, Ex-Kollegen (aus Kranken-      fragt – im Vorstellungsgespräch hieß es
haus/ Altenheim/ ambulanter Pflege … )    „Wir machen Lebensbegleitung“.
die Frage:                                   Und das trifft es.
   „Hmm … also Wohnen für Menschen           Lebensbegleitung in so gut wie allen
mit Behinderung … kein Heim also … was    Bereichen – wir übernehmen Verant-
machst du denn dann da als Pflegekraft?   wortung für alle pflegerischen/ medi-
zinischen Belange der Wohnenden wie         dass es bei fast allen Wohnenden ein
Medikamentenversorgung, Arzttermine         ganz großes Potential an persönlicher
vereinbaren und begleiten, regelmäßi-       Weiterentwicklung gibt. Auch und gera-
ge Vorsorgeuntersuchungen im Auge           de in Lebensbereichen wie Reflektions-
behalten, beraten zu Gesundheits-,          fähigkeit, Übernahme von Verantwor-
Krankheits-, Ernährungs-, Befindlich-       tung für die eigene soziale, körperliche
keitsfragen, kümmern uns ums Manage-        und psychische Befindlichkeit und die
ment akuter Erkrankungen/ Verletzun-        Gestaltung von Lebensraum und Bezie-
gen, sprechen mit Eltern, Betreuern,        hungen u.v.m.
Therapeuten, unterstützen die Assis-           Diese Potentiale zu sehen und – hof-
tenten-Kollegen bei der Pflege und lei-     fentlich – zur Entwicklung beizutragen,
ten entsprechend an, bilden uns selbst      auch mal was Unbequemes einzufor-
fort, tauschen uns untereinander aus,       dern, ist die gefühlt größte Herausfor-
springen mal bei Notständen in anderen      derung innerhalb der täglichen Arbeit;
WGs ein, …                                  nicht scharf abzugrenzen gegen die
… und waschen, putzen, kaufen ein,          Arbeit der Kollegen aus Assistenz und
kochen mit den Wohnenden, begleiten         Pädagogik.
Ausflüge und Urlaube … mit der „klas-          Eigene und andere Grenzen des Wol-
sischen“ Pflegetätigkeit im Krankenhaus     lens, Könnens und Können - Wollens zu
also gar nicht vergleichbar.                sehen und zu akzeptieren; immer wie-
   Vielleicht mehr andere, vielseitige-     der neue Wege (ver-) suchen, nicht auf-
re, buntere, spannendere, lautere, nicht    geben, wenn es (noch) nicht geht. Nicht
immer planbare Tage. Aber mit deutlich      immer einfach, nicht immer so realisier-
mehr Spaß, mehr persönlichem, enge-         bar, aber möglich.
rem, und viel mehr Bereiche umfassen-          Wir arbeiten jeden Tag intensiv mit
dem Kontakt, als ich das in ca. 30 Jahren   Menschen zusammen, die unglaublich
in herkömmlichen Einrichtungen erlebt       liebenswert, spannend, mitreißend, in-
habe.                                       spirierend sind. Aber genauso wie ab-
   Daß das Konzept und die Möglichkei-      lehnend, unzufrieden, nervtötend, träge
ten, Fähigkeiten, Wünsche und Bedürf-       oder gleichgültig sein können. Jede WG
nisse von Wohnenden und Mitarbei-           ist ein kleiner Mikrokosmos und so bunt
tern nicht immer deckungsgleich sind,       und vielseitig wie der Rest der Welt! Das
ist klar. Und natürlich gibt es Tage und    ist es, was mich zu (fast) jedem Dienst
Situationen, wo nichts und niemand so       gern kommen lässt und mir bei allen De-
funktioniert wie geplant und gewollt,       fiziten und Unzulänglichkeiten das Ge-
wo ein ungeplantes Ereignis alles durch-    fühl gibt, hier gern und richtig zu sein.
einanderbringt und improvisiert wird
(das „Improvisationsmodell“).                        Susanne Zabsky, Pflegefachkraft
   Und es gibt „Dauerbaustellen“. Für
mich immer wieder die Wahrnehmung,
Angewiesen auf Pflege
und Assistenz
Erfahrungen mit der Scham

Meine Situation: ich kann meine Arme            Für Viele ist es das größte Problem,
und Beine nicht bewegen. Folglich brau-      sich im Intimbereich pflegen lassen zu
che ich bei allen körperlichen Funktio-      müssen. Dies verstärkt sich noch bei
nen Unterstützung in jeglicher Hinsicht.     Frauen, wenn die Intimpflege von einem
   Solange ich in meinem Elternhaus          Mann übernommen werden muss.
lebte, habe ich mich nicht für die Hilfe        Was ich damals nicht erfahren habe
geschämt, die ich in Anspruch nehmen         ist, dass Pflege auch Entspannung, Er-
musste, – egal in welcher Form. Mei-         holung und Wohlfühlen sein kann an-
ne Eltern signalisierten mir auch nie,       statt eines technischen Vorgangs.
dass ich mich dafür schämen müsste.             Entscheidend ist für mich, dass meine
Dort war Hilfe nehmen und Hilfe geben        Assistenten konstante und mir vertrau-
nichts Besonderes.                           te Personen sind und diese permanent
   Ich kann mich auch nicht erinnern,        anwesend sind. Jede alltägliche Situa-
ob ich mich geschämt habe, als meine         tion, jedes kleine Bedürfnis erfordert
Mutter den ersten Zivi in meiner Pfle-       dies. Zum Beispiel, wenn mir in einem
ge anlernte. Es war ja alles sauber. Ich     Arbeitsgespräch die Nase läuft und ich
habe Inkontinenzeinlagen getragen, die       ohne meinen Assistenten bin, habe ich
blütenrein sauber und frisch waren. Der      nur die Wahl zwischen „Rotznase“ oder
Anfang des Tages war nicht das Prob-         der Möglichkeit, mir von einem unver-
lem, sondern das Ende des Tages. Und         trauten Menschen ins Gesicht fassen zu
so ist es auch geblieben. Ich schäme         lassen, um mir die Nase zu putzen. Das
mich nicht, wenn ich mich duschen oder       empfinde ich als äußerst unangenehm
waschen lassen möchte, auch im Intim-        und peinlich, da auch das Gesicht ein
bereich. Wie die Hände gehört auch die       sehr persönlicher Bereich ist. Man muss
Scheide zum Körper. Das ist natürlich.       sich nur vorstellen, das wäre die Hand
So habe ich das gelernt. Und das hilft       eines Vorgesetzten oder die des Mit-
mir sehr. Kein Mensch der Inkontinenz-       arbeiters, mit dem ich gerade ein schwie-
einlagen trägt, tut dies zum Spaß. Er/ Sie   riges dienstliches Gespräch führe.
muss diese benutzen. So ist das auch            Als Assistenznehmerin in sozialpäd-
bei mir.                                     agogischer Verantwortung. Meine Er-
fahrungen in der Angewiesenheit auf               Bei meiner Einfühlung in die Woh-
Assistenz prägen und bereichern meine          nenden ist es mir wichtig, situativ zu
berufliche Rolle als Sozialpädagogin. Sie      entscheiden, wie Distanz und Nähe zu
sind Basis meines Verständnisses für           gestalten sind.
die Situation der Wohnenden in ihrer              Dadurch, dass ich mich tagaus tagein
Abhängigkeit. Mein Mitfühlen entsteht          in vielen Situationen mit meinen per-
nicht nur in meinem Kopf, sondern wur-         sönlichen Assistenten auseinander set-
zelt in meinem Erleben.                        ze, um mich und meine Bedürfnisse zu
   Wenn zum Beispiel ein Wohnender,            erklären, kenne ich auch viele Unsicher-
der im Bett liegt, mehrfach hintereinan-       heiten, Fragen und Ängste seitens der
der schellt, das erste Mal um eine Tasse       Assistenten. Diese Erfahrungen helfen
Kaffee bittet, das zweite Mal weil das         mir, mich in die Situation der Assisten-
Handy nicht in für ihn erreichbarer Nähe       ten in der WG einfühlen zu können.
liegt, das dritte Mal, weil die Brille her-
unter gefallen ist; dann muss das häufi-
ge Schellen nicht eine Schikane sein. Es       Sozialpädagogin als
kann einfach eine Situation des Alltags
sein, wie bei jedem anderen Menschen.
                                               Assistenznehmerin –
Wie oft habe ich beobachtet, dass mei-         Selbstständig durch
ne Kollegen oder Freunde sich eine Tas-
se Kaffee holen, sich hinsetzen, wieder
                                               Assistenz
aufstehen, weil der Zucker vergessen
wurde, sich hinsetzen, zur Zeitung grei-       Meine schwere körperliche Behinde-
fen, wiederum aufstehen müssen, weil           rung und das in meiner Kindheit erlernte
die Brille nicht in erreichbarer Nähe liegt.   Umgehen damit, nämlich sie als meine
Der Unterschied zwischen diesen bei-           persönliche „normale“ Befindlichkeit
den Beispielen ist, dass der eine Mensch       anzunehmen, verhilft mir dazu, diese
selbst mobil ist und er andere nicht und       Haltung auch in mein Arbeitsleben zu
also auf Assistenz angewiesen.                 übertragen. Für die Ausübung meiner
   Durch meine eigenen Erfahrungen             sozialpädagogischen Verantwortung ist
gehe ich meistens erstmal davon aus,           meine Körperbehinderung nicht aus-
dass der behinderte Mensch genau-              schlaggebend. Wenn ich Mitarbeitende
so wie der nicht behinderte in einem           anleiten, korrigieren oder gar kritisieren
solchen Moment nicht so sortiert war,          muss, fühle ich mich trotz meiner star-
um alles zu bedenken. Es macht mich            ken Behinderung nicht klein und hilflos.
betroffen und beschämt mich, bei Mit-            Durch die Assistenz, die mich auch
arbeitern und Kollegen hören zu müs-           am Arbeitsplatz begleitet, habe ich das
sen, wie häufig das beschriebene Ver-          notwendige Selbstbewusstsein und die
halten als Schikane oder böswilliges           Möglichkeit, initiativ zu sein. Durch mei-
Verhalten aufgefasst wird.                     ne Assistenten kann ich meine Nicht-
Mobilität fast ausgleichen. Daraus lässt
sich leicht schließen, wie ich mich ohne
meinen Assistenten fühle. Durch sei-
ne Tätigkeit bin ich arbeitsfähig, kann
ich selbstbewusst und uneingeschränkt
arbeiten. Es ist mir möglich, Sitzungen
zu leiten. Ich kann Notizen machen, be-
diene meinen Kalender. Auch außerhäu-
siges Arbeiten ist möglich (Autofahrten).
   Seine Tätigkeiten bewahren mich vor
Peinlichkeiten und Hilflosigkeit. Ohne
ihn fühle ich mich amputiert. Mein As-
sistent gibt mir während meiner Arbeit,
insbesondere bei Gesprächen, durch
seine Anwesenheit Sicherheit. Er ver-
vollständigt mich. Wenn keine Assistenz
bei Arbeitsgesprächen dabei sein kann,
wechsele ich sofort in eine andere Rolle.
Es wird mir meine Selbstsicherheit und
Selbstständigkeit genommen. Ich füh-
le mich in der Situation fremdabhängig
und unvollständig.
   Meine Assistenz habe ich, damit ich
selbstständig bin.
                         Eine Mieterin und
                pädagosische Mitarbeiterin
Betriebsratsarbeit und
Sozialwirtschaft

Gesellschaftliche                           Sozialwirtschaft zunehmend schwie-
                                            riger geworden ist, die wirtschaftliche
und ökonomische                             Leistungserbringung und die erforder-
Rahmenbedingungen                           lichen Personalkosten in ein Gleichge-
                                            wicht zu bringen.
                                               Insbesondere in den letzten beiden
Zu Beginn der 1990er Jahre ist der Sozi-    Jahrzehnten hat sich vor allem die Art
al-und Gesundheitsdienst grundlegend        und Weise der Leistungserbringung, so-
umgestaltet und verändert worden. Aus       wie deren Refinanzierung grundlegend
der „Daseinsvorsorge“, die von gemein-      gewandelt. Das Kostendeckungsprinzip
nützigen und öffentlichen Trägern um-       ist nach und nach vom Leistungsprinzip
gesetzt wurde und deren Kosten erstat-      abgelöst worden (Pro-Kopf-Pauschale,
tet wurden, ist ein Wettbewerbsmodell       Leistungskomplexe, Module). Mit die-
geworden. Die Politik hat eine Konkur-      sem Systemwechsel der Refinanzierung
renz zwischen privaten und öffentli-        von sozialen Dienstleistungen stehen
chen Trägern geschaffen, um die Kosten      sowohl die Finanzierungs- und Vergü-
für den Sozialstaat zu reduzieren.          tungsmodelle als auch die Vergütung
   Einrichtungen aus der Sozialwirt-        der dort Tätigen permanent zur Disposi-
schaft erbringen ihre Leistungen in         tion. Der Druck auf die Personalkosten,
einem speziellen Umfeld aus gesetz-         ausgelöst u.a. durch die staatliche Spar-
lichen Grundlagen, Leistungsvereinba-       politik und die Unterfinanzierung des
rungen mit „Kunden“ und Leistungsträ-       Sozialsektors, führt regelmäßig zu neu-
gern. An die dort Tätigen werden hohe       en Gestaltungsvorschlägen durch deren
Anforderungen in Bezug auf Qualifika-       Träger.
tion und Personalplanung gestellt.             Über viele Jahrzehnte hinweg galt es
   Sozialwirtschaft kann unter verschie-    quasi als Selbstverständlichkeit, sich in
denen Aspekten betrachtet werden.           den gemeinnützigen Unternehmen und
Professionelle soziale Dienstleistungen     Verbänden in ihren Arbeitsverträgen
werden erbracht (erwirtschaftet) und        an denen des öffentlichen Dienstes zu
dann in Geld bewertet. Es ist ein offenes   orientieren. Der TVöD, vormals BAT,
Geheimnis, dass es für viele Träger der     hatte die Wirkung eines Flächentarifes.
Diese Orientierung wurde von vielen          zialwirtschaft aber allein nach Gesichts-
Unternehmen und Vereinen aufgekün-           punkten der Marktwirtschaft, wird sich
digt und damit gravierend verändert.         eine eigenständige Organisations-Kultur
Damit wird die letzte Säule „geschliffen“,   und ein unverwechselbares und sozial
weil damit auch die Diskussion um die        ausgerichtetes Unternehmens-Leitbild
Professionalität derer befördert wird,       nur schwerlich realisieren lassen.
die im Sozial- und Gesundheitsdienst            Soziale und gesellschaftliche Wer-
ansonsten als sogenanntes „Humanka-          te sind nicht nur für das eigene Selbst-
pital“ große Wertschätzung genießen.         verständnis von Bedeutung, sondern
Man muss die berechtigte Sorge for-          durchaus auch ein relevantes Merkmal
mulieren, dass die Grenzen zwischen          für die Wahrnehmung in der Öffent-
freiwilligem Ehrenamt, Mini-Jobs, ge-        lichkeit. Für einen langfristigen und
ring entlohnten Hilfstätigkeiten und der     überzeugenden Erfolg und die werte-
fachlichen Arbeit in der Pflege und der      orientierte Entwicklung einer Unter-
sozialen Arbeit verschwimmen und ten-        nehmenskultur sind Glaubwürdigkeit
denziell aufgelöst werden.                   in der Außendarstellung, Fairness und
                                             Respekt im internen Umgang, die Be-
                                             achtung von gesundheitlichen Faktoren
Unternehmerisches                            und eine angemessene Bezahlung von
                                             entscheidender Bedeutung. Der Spagat
Handeln                                      zwischen einer auf eigenständigen Wer-
                                             ten basierenden und zugleich dem be-
Die Sozialwirtschaft als Leistungserbrin-    triebswirtschaftlichen Erfolg verpflich-
ger muss auf veränderte politische und       teten Unternehmensführung ist Alltag
ökonomische Rahmenbedingungen re-            in der Sozialwirtschaft. Werte sollen der
agieren. Wer als Anbieter von sozialen/
pflegerischen Dienstleistungen in einem
marktwirtschaftlich und damit auf ein
Gewinnstreben hin orientiertem System
die „Spielregeln“ des Marktes nicht be-
rücksichtigen kann, bekommt erhebliche
Schwierigkeiten. Organisiert sich die So-
Orientierung dienen und auch Ziele be-      der Verpflichtung, nicht nur Arbeitsplät-
schreiben.                                  ze zu sichern, sondern auch Strategien
   Der wesentliche Unterschied zwi-         zu entwickeln und zu kommunizieren,
schen Privat- und Sozialwirtschaft ist      wie die inhaltliche Arbeit langfristig und
die Gewinnorientierung- und maximi-         strukturell abgesichert werden kann.
rung. Gutes tun und dabei gutes Geld
verdienen – wer wollte das nicht ? Als         Dies meint insbesondere die Energie,
Anspruch ist es leicht formuliert; In der   welche notwendig ist, um perspekti-
täglichen Arbeit zu entscheiden, was        visch zu den tariflichen Verhältnissen
den Vorrang hat, wenn doch beides           des TVöD zurückzukehren und damit
nicht zusammenpassen will, darin mag        ein deutliches Signal an die Mitarbeiten-
wohl eine der wesentlichsten Heraus-        den zu senden, weil es auch und gera-
forderungen bestehen.                       de um die monetäre Wertschätzung für
   Gerade im Sozial- und Gesundheits-       die geleistete Arbeit (in allen Bereichen!)
sektor sind die Träger, Vereine und ge-     geht.
meinwohlorientierten Verbände gut
beraten, sich auf gemeinsame und trag-                           Uli Wolf, Betriebsrat
fähige Strategien zu verständigen, um             (Auszug aus einem längeren Artikel.)
sich politisch durchsetzungsfähiger zu
machen. Das IM als Mitgliedsverein im
Paritätischen NRW ist permanent auf-
gerufen und für die Mitarbeitenden in
Ehrenamt im
Integrationsmodell

                                               Oft führt der Weg ins Ehrenamt
                                            über die Betätigung eigener Interessen.
Vielseitigkeit ist das Kennzeichen für      Durch das Dabeisein, das Mitmachen
ehrenamtliche Tätigkeit im Integrations-    bei Aktivitäten entstehen Begegnun-
modell.                                     gen. Teilnehmende werden zu Akteu-
   „Was wird denn da gebraucht?“ ist die    ren, Empfänger werden zu Anbietern. Es
häufig gestellte Frage. „Was kann man       ist ein Nehmen und Geben. Man nimmt
da machen?“ – DAS KOMMT DRAUF               teil an einer Aktivität (z.B. beim Malen),
AN! FAST ALLES! Grundsätzlich gilt:         macht mit für sich selbst und man sieht,
Jeder, der an ehrenamtlicher Arbeit in-     wo ein kleiner Handgriff nötig ist, mal
teressiert ist, wird „gebraucht“. Wir su-   hier, mal da – und so wird man „Unter-
chen so lange gemeinsam nach der rich-      stützerIn“.
tigen Aufgabe, dem richtigen „Ort“, bis        Durch einen Besuch des „Basar-
es passt. Manchmal ist das sehr schnell     Cafés“ kommt jemand regelmäßig zu
klar, manchmal dauert es länger. Nur sel-   Veranstaltungen, wirkt beim Flohmarkt
ten finden wir nicht zusammen.              mit, beteiligt sich aktiv an Veranstaltun-
    Besonders gut „passt“ ein Ehrenamt,     gen – ehrenamtlich ebenso wie „passiv“
wenn persönliche Interessen von beiden      teilnehmend.
Seiten sich decken. (Hier ist das Wort         Manche kommen auch durch Vermitt-
„Bedarf“ falsch.)                           lung der Ehrenamtsagentur der Stadt
   Eine Frührentnerin meldete sich. Sie     Essen
hat nur vage Vorstellungen von dem,            EhrenamlerIn werden kann, wer schö-
was sie tun könnte - Gesellschaftsspie-     ne Stimmung liebt, wer gern mit Men-
le? Im Beruf ist sie Kosmetikerin gewe-     schen zusammen ist, gerne Räume ein-
sen. Dem trauert sie nach. Nun also:        ladend macht, gerne Gespräche führt,
kosmetische Beratung – ehrenamtlich:        gerne im Team arbeitet, eigene Talente
Hautpflege, Tipps zum Schminken. Eine       einbringen will, gerne kreativ gestaltet,
schöne Sache für beide Seiten.              gerne anpackt …
Manche schaffen schnell „was weg“.
                                           Andere machen ein Angebot. Andere
                                           sind einfach da, setzen sich dazu, hören
                                           zu. Diese Arbeite schenkt Lebensquali-
So kommt es zum:                           tät und sie ist unbezahlbar.
• Mitwirken bei Gartenarbeit, Veran-          Ehrenamtler kriegen viel, wenn auch
staltungsräume vor und nachbereiten,       kein Geld.
allerlei Küchendienst, Veranstaltungs-        Was bereichert und macht doch nicht
service;                                   reich? DAS EHRENAMT!
• sich Beteiligen beim Kegeln, Sport-         „ … aber bestimmt kannst du was
gruppen (Fußball, Tischtennis, Fitness),   anderes!“ … tröstet eine Frau mit Behin-
verschiedenen Kreativangeboten, bei        derung (!) eine Frau ohne Behinderung (!),
Aktivgruppen;                              als diese die Knüpftechnik nicht sofort
• sich Einbringen beim Inklusiven Poli-    versteht.
tischen Stammtisch, beim Literaturge-
sprächskreis;                              Um es mit dem Motto der Fachtagung
• Begleiten bei individuellen Interes-     2014 zu sagen:
sen, bei Ausflügen, Freizeitaktivitäten,
Spazieren gehen, beim Schwimmen.           Gemeinsamkeit
  Der Vielseitigkeit der ehrenamtlichen
                                           macht alle stark!
Tätigkeiten entspricht der Vielfalt und    Jede ehrenamtliche Tätigkeit ist ein
Verschiedenartigkeit der Menschen, die     ganz großes Geschenk!
dabei zusammen kommen. Männer und
Frauen, Junge Menschen, Studentin-
nen, Berufstätige, Ruheständlerinnen,
Menschen mit und ohne Behinderung.
Sie können auch lesen