Oho 06 26 - Das Oldenburger Münsterland

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Oho 06 26 - Das Oldenburger Münsterland
Oho
                                            NIEDERSACHSENS SCHÖNSTE SEITEN.
                                            GESCHICHTEN AUS DEM OLDENBURGER MÜNSTERLAND

                                              06                                          26   32

                                                06    Flussidyll Mein Name ist Hase
                                                14    OM 2030 So wird die Zukunft
                                                26    Champion Der Speedway-König
                                                32    Pandemie Lehren aus der Krise
AUSGABE 1/2021 — IHR KOSTENLOSES EXEMPLAR

                                               14
Oho 06 26 - Das Oldenburger Münsterland
Inhalt
                                                                     10
06                                                                   HAUSSTETTE:
                                                                     PROSA UND LYRIK

ESSEN: MEIN
                                        LANDKREIS
NAME IST HASE                           CLOPPENBURG

                                                      40                               26
   40
   CLOPPENBURG: DER
                                   44      06
                                                                10
                                                                                       BROCKDORF: CHAMPION
                                                                                       AUF 2 RÄDERN

   HERR DER RILLEN
                                                                46

                                                                                                46
                                                           26
                                                       LANDKREIS

                44
                                                       VECHTA

                                                                                                LOHNE: MUT ZUM
                                                                                                NEUEN LOOK

                LÖNINGEN: FRISCH
                AUF DEN TISCH

04 Die bunten Seiten                                  32 Die Lehren aus der Krise
	 Zahlen, Daten, Fakten und die schönsten            	So überstehen Unternehmen aus dem
   Fotos aus dem Oldenburger Münsterland.                ­Oldenburger Münsterland die Pandemie.
   06 Mein Name ist Hase
   08 Das Arbeitspferd                                38	Bei uns zu Gast
   10 Jung und kreativ                                	  Menschen aus aller Welt zieht es ins
                                                          ­Oldenburger Münsterland.
14 OM 2030
	Kurs Zukunft: Wie die Region die                    40 Schätze aus Vinyl
   ­kommenden Jahre meistern will.                    	 Wolfgang Stephan handelt seit über
                                                         40 Jahren mit Schallplatten.
20 Geben und Nehmen
   Kulturschaffende aus der Region.                   44 Immer gut gewürzt
                                                         Klaus Kulgemeyer und Pascal Hinrichs
22 Ausgezeichnet klimafreundlich                          ­stehen in der Löninger „Pfeffermühle“ am
	Sechs Gärten aus dem Oldenburger                         Herd.
   ­Münsterland sind Wettbewerbssieger.
                                                      46 Mut zum neuen Look
26 Erfolgsstorys                                      	Outfit-Experte Bernd Schmitz aus Lohne
   26 Reif für die Ekstra-Liga                           über den 1. Januar 2020
   28 Gutes Rad vom Chef
   30 Integration made in Lohne                       47 Lieblingslokale
                                                      	Drei Ausgehtipps für das Oldenburger
                                                         Münsterland.
Oho 06 26 - Das Oldenburger Münsterland
Impressum Oho

                                                        Ausgabe 1/2021, 4. Jahrgang

                                                        Herausgeber
                                                        Verbund Oldenburger Münsterland e.V.,
                                                        ­Oldenburger Straße 246, 49377 Vechta,
                                                         Telefon 04441 9565-0, Fax 04441 9565-15,
                                                         info@oldenburger-muensterland.de

                                                        Redaktion
                                                        Mediavanti GmbH, Oldenburg:
                                                        Claus ­Spitzer-Ewersmann (Ltg.), Lisa Knoll,
                                                        Alke zur Mühlen

                                                        Autoren
                                                        Detlef Herwig, Hannah Lindemann, Peter
                                                        ­Ringel, Theresa Wunderlich

 Wir stellen
                                                        Gestaltung und Realisierung, Bildredaktion
                                                        Stockwerk2 – Agentur für Kommunikation,
                                                        Oldenburg

                                                        Druck
                                                        Druckerei Rießelmann GmbH, Lohne

die Weichen
                                                        Verantwortlich im Sinne des Presserechts
                                                        Jan Kreienborg (Anschrift s. o.)

                                                        Fotos
                                                        Titel: Markus Löchte (u.), Markus Löchte (o.l.),
                                                        Holger Bornschein (o.M.), Gerald Lampe (o.r.);
                                                        S. 3: nph/kokenge; S. 4 Willi Rolfes (l.), Toni
                                                        Stache (r.); S. 5: Maz and More (l.), JMichl,
Liebe Leserinnen und Leser,                             istockphoto.com (r.); S. 6/7: Markus Löchte; S.
                                                        8/9: Esther Horvath, Markus Löchte; S. 10/11:
                                                        Markus Löchte; S. 12: Henk Wolf (l.), Pixabay (r.);
                                                        S. 14: Tempura, istockphoto.com; S. 15: Markus
  sich unterkriegen lassen? Diese Eigenschaft kennen    Löchte; S. 16: Markus Löchte; S. 17: Universität
  wir hier im Oldenburger Münsterland nicht. Je         Vechta; S. 18: v.d.Heide (o.), FredFroese, istock-
                                                        photo.com (u.); S. 19: Universität Vechta; S. 21:
  größer die Herausforderung, desto mehr legen          Michael Meister (l.), Foto Schmidt (M.), Katja
                                                        Pagel (r.); S. 22: altmodern, istockphoto.com; S.
  wir uns ins Zeug. Das war schon immer so. Und         23: Ostermann; S. 24: Behnen (o.l.), Maas (o.r.),
                                                        Meinen (M.), Reiners (u.l.), Rothkegel-Hartke
  das wird sich so bald auch nicht ändern. Den          (u.M.), Ostermann (u.r.); S. 25: filmfoto, is-
                                                        tockphoto.com (l.), Tobias Meyer (r.); S. 26/27:
Beweis treten etwa die fünf Unternehmen aus der         Holger Bornschein; S. 28/29: Werder Bremen; S.
                                                        30/31: David Maupilé; S. 33: BOGE; S. 34: Gerald
­Region an, die in dieser Ausgabe unseres Magazins      Lampe; S.35: Wernsing; S. 36: Vogelsang; S. 37:
                                                        Markus Löchte; S. 40: filonmar, istockphoto.
  ihre Konzepte vorstellen, mit denen sie aus der       com; S. 41-43: Markus Löchte; S. 44/45: Gerald
 ­Pandemie kommen wollen.                               Lampe; S. 46: Bernd Schmitz; S. 47: Matthias
                                                        Niehues (l.), Sina Rose (M.), DTB / Claudio
                                                        Gärtner (r.).

Uns allen ist klar, dass wir für unsere Zukunft etwas   Die Ratschläge und Empfehlungen in diesem
                                                        Magazin wurden von der Redaktion sorgfältig
tun müssen. Im Kleinen wie im Großen. Sechs             erwogen und geprüft, dennoch kann eine
                                                        Garantie nicht übernommen werden. Eine
Hobbygärtner aus dem Oldenburger Münsterland            Haftung für Personen-, Sach- und Vermögens-
                                                        schäden ist ausgeschlossen.
gehen mit gutem Beispiel voran – ihre Anlagen
                                                        Alle Rechte der Verbreitung in deutscher
wurden als besonders klimafreundlich aus­­              Sprache, auch durch Film, Funk, Fernsehen,
                                                        foto­mechanische Wiedergabe, Tonträger
gezeichnet. Und es sollen nicht die letzten bleiben.    jeder Art, auszugsweisen Nachdruck oder
                                                        ­Ein­speicherung und Rückgewinnung in
                                                         Datenverarbeitungsanlagen aller Art, sind
Die vergangenen Monate boten viel Gelegenheit,           vorbehalten.

innezuhalten und nachzudenken, wie es weiter-           © 2021 Verbund Oldenburger Münsterland e.V.

geht. Auch bei uns zwischen Barßel im Norden und        Besuchen Sie uns auch im Internet:
                                                        www.oldenburger-muensterland.de
Neuenkirchen-Vörden im Süden der Region. Wir
selbst sind es, die die Weichen stellen müssen. Ich
würde mich freuen, wenn dieses Heft dazu Impulse
geben könnte.

Herzlichst
Herbert Winkel,
Präsident Verbund O
                  ­ ldenburger Münsterland

                                                                   ID-Nr. 21101195
Oho 06 26 - Das Oldenburger Münsterland
Konzepte für die Zukunft
                              DIE UNNÜTZESTE                         Wie können Wissenschaft und Wirtschaft voneinander profi­
                             INFORMATION DES                          tieren? Ein gutes Beispiel liefert die Private Hoch­  schule
                                   HEFTES                             für Wirtschaft und Technik (PHWT) in Vechta: Für die in
                                                                      Bad ­Berleburg ansässige Stüve Straßenbau GmbH e­ rarbeiteten
                                Der Hof in Mühlen                     Studierende unter der Leitung von Prof. Dr. Maik Büssing ein
                           (­Gemeinde Steinfeld), auf                Zukunftskonzept. Gemeinsam mit der Unternehmens­führung
                              dem seit vielen Jahren                  wurden Planungsszenarien entwickelt und diskutiert, um die
                           das Gestüt Schocke­möhle                   strategische Grundausrichtung zu ­definieren. ­Ergebnis: ein
                              angesiedelt ist, ­wurde                 Gesamtpaket für die Stüve Straßenbau Gruppe, das es ihr –
                              bereits 1359 erstmals                   so der geschäftsführende Gesellschafter ­   Burkhard ­ Stüve
                           urkundlich erwähnt. Olym-                 – e­ rmöglicht, erste Punkte direkt umzusetzen und „gleich-
                            piasieger Alwin Schocke-                 zeitig in den neu definierten vier Geschäftsfeldern des
                            möhle ist eine deutsche                  ­Unter­nehmens nachhaltig zu wachsen“.
                                Reitsportlegende.
                                                                      Mehr Infos: www.phwt.de

                                      Willis Welten
DIE BUNTEN SEITEN

                      Dank jahrzehntelanger, intensiver Naturschutzbemühungen
                      zählt der Dümmer heute zu den bedeutendsten Vogelschutz-
                       gebieten Deutschlands. Er ist Lebensraum für zahlreiche
                      Tier- und Pflanzenarten und steht auch bei Tages­ausflüglern
                       hoch im Kurs. Das Buch DÜMMER zeigt den zweitgrößten
                      ­Binnensee Niedersachsens nun in all seinen Facetten. Die
                       eindrucksvollen Aufnahmen des Naturfotografen Willi ­Rolfes
                       werden ergänzt durch informative Texte von Andreas Kathe.
                       Der Journalist wandelt dabei auf den Spuren von Walter                    Pop-up-Koch
                      von Sanden-Guja, der den Dümmer bis in die 1970er-Jahre
                       erforschte.
                                                                                                Für ihn selbst ist es die Rückkehr an
                      Mehr Infos: www.bildperlen.de                                              seine alte Wirkungsstätte, für ­seine
                                                                                                 Gäste eine neue Erfahrung. Sven
                                                                                                Lehnhoff kocht im Münsterländer Hof
                                                                                                in Cloppenburg „frei Schnauze“. In
                                                                                                 der „Underground Kitchen“ geht es
                                                                                                 dem 41-Jährigen vor allem um Spaß.
                                                                                                Und den schmeckt man. Sein z­ weites
                                                                                                Thema: Nachhaltigkeit. „Bleibt was
                                                                                                ­
                                                                                                übrig, verlosen wir es abends auf
                                                                                                Instagram. Hier kommt nichts weg.“
                                                                                                ­
                                                                                                Daran, dass er wieder am Herd steht,
                                                                                                 sind übrigens Kollegen aus ganz
                                                                                                Deutschland schuld. Mit ihnen unter­
                                                                                                 hält er sich regelmäßig in seinem
                                                                                                ­Podcast. „Das hat mich inspiriert.“

                                                                                                Mehr Infos: www.svenkocht.com

  4                 Oho!   DAS MAGAZIN IM OM
Oho 06 26 - Das Oldenburger Münsterland
HEIMAT: HIER!

        Der Gegenentwurf
                       Jürgen Meschede aus Bösel ging
                       1980 zum Studium nach Berlin. Auf
                       den Abschluss als Diplom-Poli­tologe
                       folgten fünf Jahre als freier Mitarbei-
                       ter bei TV- und Radiosendern. ­Heute
                       ist der 60-Jährige Chefredakteur
                       beim Frühstücksfernsehen von SAT.1.        Megatrend Stand-
Wie groß war der Kulturschock Bösel – Berlin?                       Up-Paddling
Jürgen Meschede: Man musste zwei Grenzübergänge über-
winden, geheizt wurde mit Kachelöfen, Toiletten waren auf        Bretter, die die Welt bedeuten. Stand-Up-
halber Treppe für mehrere Mieter, die Hausfassaden waren         Paddling (SUP) gilt als coolste Wassersportart
verfallen und hatten vereinzelt noch Einschusslöcher aus         unserer Tage. Lässig auf dem Wasser stehen,
dem Krieg. Plötzlich war man vom Einkaufen bis zum Imma-         nur ein Brett zwischen sich und den Wellen, das
trikulationsbüro von sehr vielen Menschen umgeben, die           Paddel locker in der Hand – das begeistert v­ iele
Winter fühlten sich kälter und grauer an, im Radio gab es im     Hobbysportler. Und Fitnessexperten sind voll
Anschluss an die Nachrichten regelmäßig Smogwarnungen,           des Lobes ob des Ganzkörper-Workouts.
statt Fahrrad und Auto gab es nur noch die U-Bahn, Wasch-
salon und Mensa wurden zentrale Ankerpunkte im Alltag.           Auch im Oldenburger Münsterland sieht man
Kreuzberg war der Gegenentwurf zum bisherigen Leben.             die SUP-Fans immer öfter. Hier gibt es tat­
                                                                 sächlich eine Vielzahl an Möglichkeiten, dem
Und, wie fühlte sich das an?                                     Hobby nachzugehen. Gute Spots sind etwa
                                                                 der Heidesee Holdorf und der Dümmer, der
Meschede: Mit 20 super! Viele Jahre später wusste ich, dass      ­Hartensbergsee und der Hollener See. Auch be-
trotz aller soziokulturellen Unterschiede die Menschen            stimmte Abschnitte der Hase, der Sagter Ems,
weitgehend gleich ticken – egal ob aus Bösel, Berlin oder         der Soeste (im Bereich der Gemeinde Barßel)
Esslingen. Und noch viele Jahre später kam die Erkennt-
­                                                                 sowie des Elisabethfehnkanals (Ausnahme: die
nis hinzu, dass viele Menschen auf relativ engem Raum die         Schleusenbereiche) sind für Paddler freigege-
Wahrscheinlichkeit erhöhen, auf Gleichgesinnte oder auch          ben. An einigen Adressen werden mittlerweile
auf sympathische Exoten zu treffen.                               sogar Kurse für Ein- bzw. Aufsteiger angeboten.

Gibt es noch Kontakte in die alte Heimat?
                                                                                WAHRE WORTE
  Meschede: Einige, aber die Zahl der Berlin-Besucher in
­meiner Wohnung ist überschaubar geworden. Regel­mäßig
 habe ich Kontakt zu einer alten Schulfreundin in Garrel,              „Das Olden­burger
 ­einem Gastwirt in Bösel, einigen Journalisten in Cloppenburg
und Oldenburg, einem Gefängnisdirektor in Petersfehn und                  Münsterland
  einer Weggefährtin in Bösel.
                                                                           ist ein Kraft­
Was aus dem Oldenburger Münsterland vermissen Sie in
der Hauptstadt?
                                                                       zentrum für ganz
 Meschede: Den Stadtpark in Friesoythe, eine Garage für m
                                                        ­ eine
                                                                        ­Niedersachsen.“
Vespa, den 1. Weihnachtstag und 1. Mai bei Sieger in ­Thüle,
 die Zusammengehörigkeit aller Gäste in der Dorf­kneipe, die            Stephan Weil, Niedersächsischer
Hilfsbereitschaft von Nachbarn, wenn es ernst wird (inklu-                      Ministerpräsident
 diert auch Hochzeiten). Nieselregen und die gelegentlich
­anzutreffende Schwermut fehlen mir hingegen nicht so sehr.

                                                                                  DAS MAGAZIN IM OM     Oho!     5
Oho 06 26 - Das Oldenburger Münsterland
DIE BUNTEN SEITEN
Oho 06 26 - Das Oldenburger Münsterland
MEIN NAME IST HASE

Nein, mit dem flotten Vier­
beiner hat sie nichts zu tun, die
Hase. Das Tempo, mit dem sie
sich über knapp 170 Kilometer
durch das nordwestdeutsche
Flachland schlängelt, ist
durchweg gemächlich. Genau
das macht ihren Reiz aus und
das Hasetal zu einem belieb-
ten Ausflugsziel für Kanufahrer,
Wasserwanderer und Radler.
Für sie heißt es bei ihrer Tour
durch die Natur schlicht
„­immer der Hase nach“.
Oho 06 26 - Das Oldenburger Münsterland
DIE BUNTEN SEITEN

                    DAS ARBEITSPFERD

                    Die Polarstern gilt als das
                    Arbeitspferd der Arktis- und
                    Antarktisforscher. Um den
                    dortigen ­Extrembedingungen
                    standhalten zu können,
                    müssen alle Gerätschaften
                    an Bord besonders robust
                    sein. Nach ihrer Rückkehr aus
                    dem Südpolarmeer erhält
                    die Polarstern in diesem
                    Frühjahr in Bremerhaven
                    einen neuen leistungsfähigen
                    Kran. Die ­Hydraulik dafür
                    stammt aus dem Oldenburger
                    ­Münsterland, von der Firma
                     Eska in Vechta.
Oho 06 26 - Das Oldenburger Münsterland
Oho 06 26 - Das Oldenburger Münsterland
JUNG UND KREATIV

                    Gerade 19 Jahre und schon
                    Schriftstellerin: Das ist Julia
                    Meisinger aus Hausstette bei
                    Bakum. Begonnen hat sie
                    mit der Schreibwerkstatt am
                    ­Gymnasium Antonianum in
                     Vechta. Jetzt ist im Geest-­
                     Verlag ihr Erstling „Sturm­
                     gewidmet“ mit Prosa und
                     Lyrik erschienen. Inspiration
                     findet die junge Autorin auch
                     in der Natur des Oldenburger
                     ­Münsterlands, zum Beispiel
                      beim Spazieren in den vielen
                      Parks im Landkreis Vechta.
DIE BUNTEN SEITEN
Hier blüht‘s
                                                                                                   so schön
                                                                                               „Ein Blühstreifen ist ein mit ­Saatgut
                                                                                               meist bunt blühender Pflanzen­
                                                                                               arten eingesäter Streifen Land, meist
                                                                                               am Rande eines Ackers, der zur För-
                                                                                               derung der lokalen ­     Biodiversität
                                                                                               dienen soll.“ So steht es in der
                                                                                               ­Online-Enzyklopädie Wikipedia. Da-
                                                                                                bei sind B
                                                                                                         ­ lühstreifen sowohl schön
                                                                                                anzuschauen als auch nützlich für
                                                                                                die N­atur. I­nsekten und a ­nderen
                                                                                                Wildtieren dienen sie als Nahrungs­
                                               3-FRAGEN-TALK MIT
                                                                                                quelle sowie als Lebens- und
                                                                                              ­Rückzugsraum.
                                              Henk Wolf
                                                                                              Wer mit wachem Auge durchs Olden­
                                                                                              burger Münsterland fährt, wird an
                             Sie sind neuer Beauftragter für die saterfriesische Sprache in   vielen Stellen Blühstreifen ent­decken.
                             der Gemeinde Saterland. Was sind denn Ihre Aufgaben?             So hat etwa der Zweck­         verband
                           Vor allem die Forschung und Sprachpflege. Dazu gehört etwa         Erholungs­ gebiet Hasetal in seiner
DIE BUNTEN SEITEN

                             die Sichtbarmachung des Saterfriesischen. Wir sammeln            Region ein Blühstreifen­management
                           ­wissenschaftliche Arbeiten über das Saterfriesische und ver­      ein­gerichtet. In den Tourist-Informa-
                             öffentlichen sie im Internet, wir bereiten Hochschul­seminare    tionen ­können ­Tütchen mit Saatgut
                           über die Geschichte der friesischen Sprachen vor, sind             abgeholt ­ werden. Ein Blühstreifen-
                            ­Mitveranstalter einer Ausstellung über Minderheitensprachen      projekt der Stiftung Kulturlandpflege
                           in Deutschland. Es gibt genug zu tun.                              im Landkreis Vechta wurde sogar von
                                                                                              der UNO ausgezeichnet.
                            Was befähigt Sie zu diesem Job?
                           Ich kenne mich durch meine Aktivitäten für das West­friesische     Auf Initiative der Arbeitsgemein-
                            (Frysk) mit Sprachpflege und -förderung aus und habe ­lange       schaft Biodiversität des Stadtrats
                           in internationalen Minderheitenforen gearbeitet. Durch             soll auch in Damme ein Blühstreifen­
                           ­persönliche Erfahrungen habe ich auch gute Beziehungen ins        programm umgesetzt werden – ins-
                           Saterland. Dass ich nicht aus der Sprachgemeinschaft kom-          besondere auf Ackerflächen, die
                            me, hat einige Nach-, aber auch Vorteile. Außerdem verleiht es    ­zeitweise brachliegen. Zuletzt ­haben
                            der saterfriesischen Sprache Status, wenn ein Ausländer – ich      bereits Schülerinnen und S    ­chüler
                           stamme aus den Niederlanden – sich die Mühe macht, diese zu         des Gymnasiums Damme am
                            erlernen und sich für sie einzusetzen.                             ­Schulteich ein Areal angelegt.

                           Wie lässt sich das Aussterben der saterfriesischen Sprache
                           verhindern?
                           Sprachen kann man nur retten, wenn sie als Muttersprache an
                           künftige Generationen weitergegeben oder als Zweitsprache
                           gelernt werden. Für beides ist es nötig, dass sie einen hohen
                           Status haben oder stark mit Gefühlen verbunden sind. Wie in
                           vielen Ländern haben Eltern im Saterland im 20. Jahrhundert
                           die falsche Beratung bekommen, um des Kindes Willen Hoch-
                           deutsch statt der Regionalsprache zu sprechen. Gefühlsmäßig
                           ist damit die sprachliche Verbindung zwischen Generationen
                           zerbrochen. Man kann versuchen, diese durch Unterricht wie-
                           derherzustellen. Dafür braucht es gute Unterrichtsmaterialien
                           sowie Lehrer, die sich für die Sprache engagieren.

   12               Oho!    DAS MAGAZIN IM OM
Aufgepasst!
        Von der Einschulung bis zur Abschlussfeier – an den
        zahlreichen Schulen im Oldenburger Münsterland ist
             der Nachwuchs besonders gut aufgehoben.

                                    1731
                                    wurde die heutige Grundschule
                                    Mittelsten-Thüle gegründet. Nach
                                    ­zahlreichen An- und Umbaumaßnah-
                                     men haben hier inzwischen mehr als
                                     50 Kinder in vier Klassen Platz.

1                                                                            64
Schüler machte 2020 am                                                       Schulen gibt es im
Gymnasium Lohne sein                                                         ­Landkreis Vechta. Knapp
Abitur – im zweiten Anlauf,                                                   die Hälfte davon sind
denn durch die landes-                                                        Grundschulen.
weite Rückkehr zum Abitur
nach 13 Jahren gab es
keinen regulären
­Abschlussjahrgang.

                                                                             9.124
                                                                             Kilometer legten die
                                                                             ­Schüler und Lehrkräfte der
                                                                              St.-Johannes-­Schule ­Bakum
50                                                                            im vergangenen Winter ge-
Fische, Insekten und                                                          meinsam ­zurück, um einen
­Reptilien betreuen die                                                       Ansporn für mehr Bewe-
 ­Schülerinnen und Schüler                                                    gung zu schaffen. Zu Fuß,
  der Haupt- und Realschule         26.220                                    mit dem Rad und sogar auf
  Saterland in ihrem schul-         Kinder besuchten im Schuljahr             Inline-Skates machten sie
  eigenen Vivarium. Eine            2019/20 eine Schule im Landkreis          sich in der A
                                                                                          ­ ktion „Bakum
  Arbeitsgemeinschaft               Cloppenburg.                              goes to Tokyo“ auf den Weg
  ­kümmert sich regelmäßig                                                    nach Japan – zumindest
   um die Versorgung der T­ iere.                                             symbolisch.
                                                                          DAS MAGAZIN IM OM    Oho!     13
OM
                                                        2030
                                     Kurs Zukunft: Wie die Region die
                                     kommenden Jahre meistern will.
                                   SOLL MAN SICH AN VISIONEN ODER AN WIRKLICHKEITEN ORIENTIEREN?
                                         DIESER FRAGE GEHT CLAUS SPITZER-EWERSMANN NACH.

                             J
DER GROẞE OM-REPORT

                                               edes Jahr, wenn die               Beide Kreise haben sich in den l­etzten
                                               Geburtsstatistiken ver-     Jahren intensiv mit den daraus ­entstehenden
                                               öffentlicht     werden,     Herausforderungen beschäftigt und K  ­ onzepte
                                               rückt das Oldenbur-         vorgelegt – das eine unter dem Titel
                                               ger Münsterland in          „Zukunft Landkreis Vechta 2030“, das a  ­ ndere
                                               die Schlagzeilen. Von       „Demografie­s trategie Landkreis Cloppen-
                                               „Deutschlands jüngs-        burg“ benannt. Zwar wird darin eine leichte
                         ten Landkreisen“ und vom „Babyboom im             Alterung der Gesellschaft beschrieben, doch
                         Nordwesten“ ist dann euphorisch die Rede.
                         Tatsächlich behauptet die Region zwischen
                         Barßel im Norden und Neuenkirchen-­Vörden
                         im Süden seit langem ihre Spitzen­    position
                         hinsichtlich des Durchschnittsalters ihrer             HERAUSFORDERUNG Wie wird die Bevölkerung
                         Bewohner. Es liegt bei knapp 41 Jahren. Und                 in der Region in Zukunft aussehen?
                         die Entwicklung hält an. So wurden allein im
                         Landkreis Cloppenburg 2019 erstmals mehr
                         als 2.000 Geburten registriert.
                               Konsequenz: Die Einwohnerzahl steigt.
                         „Die Stufe von 150.000 ist in Sichtweite“, sagt
                         etwa für den Landkreis Vechta der Erste Kreis-
                         rat Hartmut Heinen. Letzten Angaben ­zufolge
                         sind in den zehn Städten und G     ­ emeinden
                         zurzeit rund 143.000 Menschen zuhause.
                         Ähnlich fallen die Prognosen für den Kreis
                         Cloppenburg aus: Hier wird eine Zunahme um
                         rund 5.000 auf 176.000 im Jahr 2030 erwartet.
                         „Man muss mit diesen Zahlen vorsichtig sein“,
                         schränkt Yasmin Afzal von der S    ­tabsstelle
                         Gleichstellung, Integration und D  ­ emografie
                         beim Landkreis allerdings ein. „Meistens
                         waren wir den Prognosen ein Stück voraus.“

   14                 Oho!   DAS MAGAZIN IM OM
JUNGE REGION Das Durchschnittsalter im Oldenburger Münsterland bleibt weiter niedrig.

           Über 120 Unternehmen                      und Technik und nimmt dabei vor allem
                                                     Unternehmen aus den Schlüsselbranchen
           machen bei einer                          Agrar- und Ernährungswirtschaft, Kunststoff-
           Studie zur Nachhaltig­                    technik und Bauwirtschaft in den Fokus. Über
                                                     120 von ihnen haben sich zu Beginn des Jahres
           keit mit.                                 an einer Studie zur Frage „Wie ökonomisch
                                                     nachhaltig ist das Oldenburger Münster-
                                                     land?“ beteiligt, „vom Kleinstbetrieb bis zum
                                                     Hidden Champion“, wie Meiners unterstreicht.
      sollen die Veränderungen im Unterschied        „Das zeigt, welchen Stellenwert dieses Thema
      zu vielen anderen Regionen weniger gravie-     inzwischen auch in unserer Region hat.“ Die
      rend ausfallen. Im Fazit des Cloppenburger     Ergebnisse werden im Sommer veröffent-
      Berichts heißt es deshalb sogar: „Auch 2030    licht und dürften als Leitfaden für die weitere
      wird das Cloppenburger Land aller Wahr-        Entwicklung dienen.
      scheinlichkeit nach zu den jüngsten Land-            Nachhaltigkeit – dieses Stichwort wird
      kreisen in Deutschland gehören!“               immer wieder genannt, wenn es um die
            Papier ist geduldig, aber wie ist die    Zukunft geht. Mittlerweile scheint es gesell-
      Region tatsächlich auf das Jahr 2030 vor­­
      ­                                              schaftlicher Konsens zu sein, dass wir alle
      bereitet? Mit dieser Frage befasst sich eine   so wie bisher nicht weiterleben können.
      Studiengruppe um Professor Norbert Meiners     Der Wirtschaftsethiker Prof. Dr. Lin-Hi von
      von der Privaten Hochschule für Wirtschaft     der ­Universität Vechta versteht die

                                                                     DAS MAGAZIN IM OM   Oho!    15
Einwohnerentwicklung

Jahr      Landkreis     Landkreis
       Cloppenburg        Vechta

1950           94.800       79.100
1960           89.500      74.200
1970         104.000       86.600
1980         109.800       98.500
1990         120.400      105.400
2000         149.600      126.400
2010         158.200      135.400
2020          172.800     142.000*
		                              * 2019

            IDYLL Ländliche Regionen wie das Oldenburger Münsterland werden auch in den kommenden
                    Jahrzehnten eine Doppelrolle als Lebens- und Wirtschaftsraum einnehmen.

16   Oho!   DAS MAGAZIN IM OM
Existenzgründer
sollen für neue
Impulse und Ideen in
der Region sorgen.
            Coronakrise in diesem Zusammenhang als
            „Lackmustest für Unternehmen“ und nimmt
            diese direkt in die Pflicht. Sie könnten jetzt
            beweisen, wie ernst sie es mit ihren Verspre-
            chen meinten, Verantwortung zu übernehmen.
            Veränderungen seien häufig schmerzhaft, aber          LACKMUSTEST Prof. Dr. Nick Lin-Hi sieht
            sie müssten sein. Und man dürfe sich nicht zu           die Unternehmen in der Coronakrise
            viel Zeit damit lassen, sondern müsse selbst             und danach besonders gefordert.
            zum Motor werden. „Transformation geht nicht
            behutsam. Das hat zuletzt die Autoindustrie
            gedacht – und dann kam Tesla.“
                  „Wir müssen die Chancen der ­Prozesse
            sehen und die notwendigen Schritte ganz            entwickelt. Dies sei die Voraussetzung für
            bewusst gehen“, sagt Stefan Wagner. Gemein-        nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit. Wagner:
            sam mit seiner Frau Barbara ist er ­Inhaber der    „Die Wahrnehmung von Unternehmen und
            Mühlener Agentur Wagner CSR und auf Nach-          die Frage, ob Gewinne auf Kosten der Gesell-
            haltigkeits- und Kommunikations­     s trategien   schaft erzielt werden oder im Einklang mit
            für Unternehmen, Verbände, ­     Vereine und       den I­nteressen von Mitarbeitern, Kunden,
            Organisationen spezialisiert. Die entschei-        Lieferanten und der Natur, wird künftig noch
            dende Frage sei, wie man über den Einklang         essentieller sein“, betont Wagner. Vor seinem
            von Ökonomie, Ökologie und sozialen                Umzug ins Oldenburger Münsterland war der
            Aspekten zukunftsfähige ­   G eschäftsmodelle      Agenturchef unter anderem Leiter Marke
                                                               und Corporate Social Responsibility beim
                                                               Hamburger SV sowie Geschäftsführer und
                                                               Vorstand der HSV-Stiftung.
 STARTHELFER Das EXIST-Team unterstützt                                Prof.in Dr. Jantje Halberstadt und Maik
      Existenzgründer in der Region.                           Fischer setzen auf die verändernde Kraft des
                                                               Neuen. Beide leiten mit Prof. Dr. Christoph
                                                               Schank den Start-up-Service der Universität
                                                               Vechta, der sich im Rahmen des vom Bundes-
                                                               ministerium für Wirtschaft und Energie
                                                               i nitiierten EXIST-Programms um die Förde-
                                                               ­
                                                               rung von Existenzgründern kümmert. Sie
                                                               gehen davon aus, dass diese die Wirtschaft in
                                                               den kommenden Jahren mit ihren inno­vativen
                                                               Ideen und frischen Ansätzen mit prägen
                                                               werden. „Die Region ist unternehmerisch
                                                               bekanntlich sehr gut aufgestellt, es mangelt
                                                               nicht an Vorbildern“, unterstreicht Prof.in
                                                               Dr. Jantje Halberstadt. Es gebe hier deshalb
                                                               schon heute überdurchschnittlich viele Grün-
                                                               der, ergänzt Fischer. Und verspricht, in zehn
                                                               Jahren „noch viel weiter zu sein“. Das

                                                                               DAS MAGAZIN IM OM   Oho!     17
Die Kirche wird
                                                                              die Lebenswelten
                                                                              der Menschen neu
                                                                              entdecken müssen.

                                                                            „Können wir mit weniger Geld noch alle
                                                                            ­sozialen und karitativen Angebote aufrecht-
                                                                             erhalten? Ich bezweifle das. Also müssen wir
                                                                             umdenken.“ Kirchliches Leben werde sich
                                                                             künftig weniger in Pfarrheimen abspielen,
                                GLAUBENSFRAGE Wie kann die Kirche            sondern „die Lebenswelten der Menschen
                                ihre Aufgaben in der Zukunft erfüllen,       neu entdecken müssen“. Am Ende gehe es
                                 fragt sich Pfarrer Heiner Zumdohme.         darum, vielleicht „mehr Gast als Gastgeber“
                                                                            zu sein. Anlass zu wirklichem Pessimismus
                                                                             sieht Zumdohme trotz vieler offener Fragen
                                                                             indes nicht. „Religion ist immer dynamisch
                                                                             und entwickelt sich weiter. Zudem habe die
                          heißt: neue Netzwerke, neue Impulse, neue Kirche „eine wahnsinnig gute Botschaft, die
DER GROẞE OM-REPORT

                          Perspektiven fürs Oldenburger Münsterland.        für die Welt weiterhin sehr bedeutsam bleibt“.
                                  Beide erwarten ferner, dass die fort-            Wenn man sich mit der Zukunfts­
                          schreitende Digitalisierung der Gründer­ fähigkeit einer Region beschäftigt, kommt
                          szene einen kräftigen Schub geben wird man am Thema Wohnen nicht vorbei. Klare
                         – und das nicht nur in den Metropolen. „Das Sache: Wo mehr Menschen leben wollen,
                          ­Community-Denken ist im ländlichen Raum wird mehr Wohnraum benötigt – und zwar in
                           ausgeprägter, Vertrauen und Offenheit sind den verschiedensten Varianten. Grundsätz-
                           groß.“ Das eröffne Chancen, die es in mancher lich gilt, dass es in den Landkreisen Cloppen-
                           Großstadt nicht gebe. Maik Fischer wünscht burg und Vechta auch in den nächsten Jahren
                          sich darüber hinaus mehr Rückendeckung für
                           eine Kultur des Scheiterns. „Nicht jede Idee
                          wird sofort erfolgreich sein. Aber der Mut, es
                          überhaupt probiert zu haben, sollte immer
                           gewürdigt werden.“                                       WOHNEN Dort, wo mehr Menschen leben
                                  Das Thema Scheitern treibt auch                 wollen, werden weitere Wohnungen benötigt.
                          Heiner Zumdohme um, seit fünf Jahren
                          l eitender P
                          ­             ­farrer in St. Viktor Damme.
                         Welche Rolle kommt der Kirche in einer sich
                          wandelnden Welt zu? Wie wird sie sich den
                          Gläubigen weiterhin zuwenden und insbeson-
                           dere den Schwachen zur Seite stehen können?
                         Z umdohme spricht von großen Heraus­
                         ­
                          forderungen. Vor allem der Priestermangel
                          werde der Region zu schaffen machen: „Wir
                          müssen uns fragen, ob wir in Zukunft wirk-
                          lich noch jede Pfarrei besetzen und jeden
                         ­Sonntag Eucharistiefeiern in der g­ ewohnten
                          Form abhalten können.“ Möglicher­          w eise
                          müssten Laien noch mehr in den kirchlichen
                          Dienst eingebunden werden.
                                  Auch die zunehmende Zahl an Kirchen-
                          austritten werde nicht folgenlos bleiben.

   18                 Oho!   DAS MAGAZIN IM OM
AUFBRUCH Das Oldenburger Münsterland wird von den Ideen und Impulsen junger
Menschen profitieren. Der Universität Vechta kommt dabei eine ganz wichtige Rolle zu.

     noch genügend bebaubare Grund­        s tücke   Wachstum“ aus und fügt hinzu: „Etwas ande-
     geben wird. Die Preise steigen zwar, fallen     res können wir hier auch gar nicht.“ Spricht
     aber in der Gesamtbetrachtung der Lebens­       man ihn zusätzlich auf das Dauerthema
     haltungskosten nach wie vor ­  moderat aus.     Nach­haltigkeit an, hat er eine klare Meinung:
     „Man kommt hier mit etwa 40 Prozent w­ eniger   „Daran kommen wir doch schon lange nicht
     Geld aus als beispielsweise in Hamburg“,        mehr vorbei. Man muss dafür aber nicht stän-
     bestätigt Clemens Schwerdt­  feger. Seine zu    dig mit neuen Angeboten kommen, sondern
     Beginn des Jahres gegründete Immobilien­        manchmal einfach nur die bereits vorhande-
     beratung hat die Lage im Oldenburger            nen miteinander verknüpfen.“
     Münster­land untersucht und in einer Studie           So pragmatisch wie Johannes Knuck
     aufbereitet.                                    geht die ganze Region die Zukunft an. Für
           Und wer nur zu Besuch in die Region       2030 und den Sprung ins nächste Jahrzehnt
     kommt? Ein paar Tage Urlaub machen möch-        braucht es hier keine großen Visionen. Eher
     te? „Wir freuen uns über jeden Gast – so wie    Ideen, wie sich das, was schon da ist, noch
     bisher“, erklärt Johannes Knuck. Der beim       besser miteinander kombinieren und offen-
     Verbund Oldenburger Münsterland verant-         siv darstellen lässt. Über diese Ideen nach-
     wortliche Mann für den Tourismus geht           zudenken, das ist eine Zukunftsaufgabe, die
     von einem weiterhin „stetigen und soliden       sich lohnt.

                                                                     DAS MAGAZIN IM OM   Oho!   19
Geben und
                                  Nehmen
KULTURKÖPFE

                                                    Kultur bedeutet
                                                   Zusammenarbeit
                                LISA KNOLL UND THERESA WUNDERLICH ÜBER DREI EINZIGARTIGE
                                            KULTURSCHAFFENDE AUS DER REGION

                     K
                                            ultur geht nicht a­ lleine.   zusammen: „Zu jeder Kunst gehören zwei: einer,
                                            Das wusste auch der           der sie macht, und einer, der sie braucht“.
                                            schwedische Schriftstel-            Hier erzählen ein Comiczeichner von
                                            ler Johan August Strind-      der Kraft der Gemeinschaft, eine Fotografin
                                            berg, als er sagte: „Die      vom Aufeinandertreffen von Kulturen und ein
                                            ganze Kultur ist eine         Theater­betreiberpaar von der Freude, Raum
                                            große, endlose Zusam-         für Kunst zu geben. Ihre Arbeit zeigt uns, dass
                     menarbeit“. So braucht es nicht nur Maler­           Kunst und Kultur aus Zusammenarbeit ent­
                     innen, Schauspieler, Bildhauerinnen oder             stehen und uns zusammenbringen. Die drei
                     Sänger, sondern auch Betrachter, Zuschauer­
                     ­                                                    Kulturschaffenden aus der Region stehen als
                     innen, Museumsgänger und Zuhörerinnen. Nur           Vertreter der Kulturlandschaft für die erste
                     im Zusammenspiel ist die Kunst am Leben. Der         Hälfte des Zitats von Ernst Barlach. Wir sind die
                     deutsche Bildhauer Ernst Barlach fasst das ideal     zweite Hälfte: diejenigen, die sie brauchen.

  20          Oho!    DAS MAGAZIN IM OM
Doris                               Barbara und
                                               Waskönig                             Rainer Pagel
                                               LEBEN DURCH                            NAHRUNG UND
                                                 DIE LINSE                              BALSAM

                                       Die erste Kamera bekam Doris            Die Kultur-Scheune Barßel gibt
                                       Waskönig von ihrem Mann. „Damit         Künstlern seit 20 Jahren Raum: Am
                                       öffnete er mir eine ganz neue Welt“,    1. Mai 2000 begann alles mit einem
                                       erzählt sie. 90 Jahre ist die Sater­    Konzert        der    amerikanischen
                                       länderin inzwischen alt, einen           Celtic-Folk-Band „Golden Bough“.
                                                                                ­
                                       großen Teil ihres Lebens fotografier-   Seitdem waren Barbara und Rainer
                                       te sie überall auf der Welt. Einmal     Pagel Gastgeber von 30 Konzerten,
         Stephan                       im Jahr ging sie auf Fotoreise,
                                       erkundete Sibirien, Indien, Peru und
                                                                               117 Theater­  aufführungen und fünf
                                                                               Kabarettveranstaltungen. Die Karten
          Kuhn                         Nigeria. Immer mit dem Schlafsack,      für ihre drei Theatergruppen
         MALERISCH                     denn so war sie stets nah an den        „­Startisten“, „Text-Fest“ und “Kultur-­
                                       Menschen. Ihre Fotografien zeigen       Scheunen-Kids“ sind stets schnell
          ERZÄHLT
                                       Gesichter und erzählen Geschich-         ausverkauft. Für 2021 hat Rainer­
                                       ten von anderen Kulturen. Doris         Pagel bereits das Theaterstück
                                                                               ­
Eine gezeichnete Geschichte ohne       Waskönig war und ist fasziniert von     „­Decido“ geschrieben, doch die
viele Worte – das ist der Grund­       fremden Welten. Aus dieser Begeis-      Proben mussten coronabedingt
                                                                               ­
gedanke des Comics. Für Stephan                                                 mehrfach abgebrochen werden. Die
Kuhn liegt genau darin der Reiz. Der                                           Pagels ­setzen sich trotzdem für den
freie Grafikdesigner und Illustrator                                           Fort­bestand der Kultur ein: „Kultur ist
hat bereits mehrere Comics veröf-                                               bedeutsam für die Lebensqualität
                                                                                ­
fentlicht und zeichnet u.a. den                                                 der Menschen und, wie andere
Steampunk-Krimi „Hildesia“, den er                                             ­Lebensbereiche, systemrelevant. Sie
auf seiner Website Woche für Woche                                              muss wieder dauerhaft möglich sein.“
um neue Seiten erweitert. „Noch                                                Um das Bewusstsein für Kultur auf-
betreibe ich das Ganze als sehr                                                 recht zu erhalten, werden sie über
ernsthaftes Hobby“, erzählt der                                                 ihre Website T-Shirts und Tassen mit
Steinfelder. „Aber es wäre toll,                                                der Aufschrift „Kultur ist Nahrung
irgendwann einmal davon leben zu                                                und Balsam für die Seele“ verkaufen.
können.“ Bleistift und Papier sind                                              Darüber hinaus können Firmen und
inzwischen digitalen Zeichen­                                                   Einzelpersonen als „Kulturförderer”
programmen auf dem Tablet                                                       die Rückseite eines Stuhls der Kul-
gewichen. Geblieben ist ein ganz                                                tur-Scheune als Werbefläche nutzen.
eigener, malerisch anmutender Stil.
Um die Druckkosten seines neuesten     terung heraus sind zahlreiche
Werks „Geister der Rauhnacht“          Fotobücher, Kinder­bücher und Aus­­
stemmen zu können, setzte Kuhn          stellungen entstanden. Von ihrem
übrigens erstmals auf Crowdfunding      liebsten Reiseziel Bali erzählt sie
– und das mit beachtlichem Erfolg:      immer noch voller Freude: „Blen-
„Nach gerade einmal 20 Stunden war      dend weiße Strände, harmonisch
mein Finanzierungsziel schon            in die Landschaft eingewobene
erreicht! Am Ende kam sogar das        ­Reisplantagen, Früchte, und Blumen
Vierfache meines Wunschbetrags          über Blumen: So und nicht anders
zusammen.“ Seine Arbeiten kommen        muss der Garten Eden ausgesehen
unter Comicfans offensichtlich gut      haben.“
an. Grund genug also, weiterzu­
machen. Ideen hat Stephan Kuhn
jedenfalls noch immer reichlich.

                                                                                     DAS MAGAZIN IM OM    Oho!     21
Ausgezeichnet
                        klimafreundlich
                                   Sechs Gärten aus dem Oldenburger
                                   Münsterland sind Wettbewerbssieger.
                                           WIE DAS TERRIFICA-PROJEKT KLIMASCHUTZ IN DER REGION
                                                   ANTREIBT, WEISS THERESA WUNDERLICH.
DAS THEMA VON NEBENAN

                               E
                                                  gal ob einpflanzen, um-     Zeit ist. TeRRIFICA („Territorial Responsible
                                                  graben, oder einfach        ­Research and Innovation fostering Inno­vative
                                                  nur Füße und S    ­eele      Climate Change Action“) soll Menschen und
                                                  baumeln lassen: Der          Behörden anregen, auf lokaler Ebene Lösungen
                                                  Garten ist die Wohl-        für Klimaprobleme zu suchen. Pilotregion in
                                                  fühloase der Deut-           Deutschland ist das Oldenburger Münsterland.
                                                  schen. Von März bis         Workshops, Schulungen und Aktivitäten ermög-
                           O ktober verbringen wir dort durchschnitt-
                           ­                                                   lichen, das eigene Klimawissen zu erweitern.
                           lich elf Stunden pro Woche. Und greifen d ­ afür
                           gern tief in die Tasche: Sage und schreibe
                           15,4 Milliarden Euro im Jahr geben p   ­ rivate
                           Garten- und Balkonbesitzer in Deutschland
                           für Pflanzen, Gartengeräte und Grills aus.                 ZWITSCHERND Auch für die tierischen
                                  Auch im Oldenburger Münsterland gibt                  Gartenbewohner will gesorgt sein.
                           es jede Menge Gartenliebhaber. Zum ­Beispiel
                           Maria und Johannes Reiners aus ­Neuscharrel.
                           Heimische Pflanzen und viele Sorten an
                           Bodendeckern machen aus ihrem rund
                           ­
                           6.000 Quadratmeter großen Grundstück ein
                           echtes Insektenparadies. Fast das ganze Jahr
                           über blüht es. In den Ecken wachsen Brenn-
                           nesseln. Schmetterlinge vermehren sich hier
                           besonders gern.
                                  Familie Reiners hat am Wettbewerb
                           „Klima­ freundliche Gärten und Balkone im
                           Oldenburger Münsterland“ teilgenommen. Er
                           ­
                           gehört zum TeRRIFICA-Projekt der Forschungs-
                           initiative „Horizon Europe“ der Europäischen
                           Union. Die EU hat erkannt, dass der Klima­
                           wandel die größte Herausforderung ­    unserer

   22                   Oho!   DAS MAGAZIN IM OM
PLÄTSCHERND Am Gartenteich entsteht ein vielfältiges Ökosystem – mit Hilfe von naturnahen
                       Materialien und einheimischen Ziergehölzen.

                                                         Garten mit Fotos ergänzt.“ Das gefiel der Jury,
           „Ein gesundes                                 die den Garten in Neuscharrel als einen von
           Ökosystem im Garten                           sechs Gewinnern auszeichnete.
                                                               Genauso erging es Dagmar und Klaus-­
           ist das Wichtigste fürs                       Peter Maas aus Goldenstedt. Den Anstoß zur
           Klima!“                                       Bewerbung gab ihre Tochter. Für sie und die
                                                         Enkel ist der Garten ein „echtes Paradies“. Lieb-
                                                         lingsplatz ist der Strandkorb am Gartenteich,
                                                         in dem Hortensien-Liebhaberin Dagmar Maas
              Auf einem der Workshops wurde das dem plätschernden Springbrunnen lauscht und
       ­Thema Garten- und Balkongestaltung als rele- die Aussicht auf das farbenfroh leuchtende
        vant für die Region identifiziert und zur Grund- Blütenmeer aus selten gewordenen Feld- und
        lage eines Wettbewerbs gemacht. Die pensio- Wiesenpflanzen genießt. Kornblumen, Marge-
        nierte Lehrerin Maria Reiners hatte gleich eine riten, Ringelblumen und Mohnblumen dürfen
        Idee für ihre Bewerbung: „In unserem Garten sich frei und naturnah vermehren, ganz nach
        steht eine kleine Hummel-Keramikfigur. Ich dem Motto „Lass‘ man blühen“. An die Tierwelt
        habe eine Geschichte aus der Perspektive der denkt das Ehepaar zudem mit vielen Nistkäs-
        Hummel geschrieben und ihren Flug durch den ten und Trink- und Badestellen.

                                                                         DAS MAGAZIN IM OM    Oho!    23
KLIMATISCHE HOTSPOTS
DIE GEWINNER DER AUSGEZEICHNETEN
KLIMAFREUNDLICHEN GÄRTEN
                                                                               Die Bevölkerung im
                                                                               ­Oldenburger Münsterland
                                                                                nimmt weiter zu, ganz im
                                                                                Gegensatz zu vielen anderen
                                                                                ländlichen Regionen. Schon
                                                                                heute werden fast 70 Prozent
                                                                                der Fläche für die Produktion,
                                                                                die Verarbeitung und den
                        1                               2                       Vertrieb von Lebensmitteln
                                                                                und landwirtschaftlichen
                                       Dagmar und                               Produkten genutzt. T     ­ eRRIFICA
      Christian Behnen                 Klaus-Peter Maas                         beobachtet die dadurch
      aus Bakum: „Fangen Sie           aus Goldenstedt: „Lassen
      mit einem kleinen Bereich                                                 ­entstehenden klimatischen
                                       Sie Unordnung zu und
      im Garten an!”                   ­vermeiden Sie Mono­
                                                                                 Veränderungen. Dafür
                                        kulturen.”                               braucht das Projekt die
                                                                                 ­Unterstützung der Menschen
                                                                                  vor Ort: Auf einem inter­
                                                                                  aktiven Crowd­mapping-Tool
                                                                                  kann jeder und jede seine
                                                                                  und ihre Erfahrungen mit
                                                                                  ­Extremwetterereignissen in
                                                                                   eine Karte eintragen und
                                                                                   ­helfen, klimatische Hotspots
                                       4   3                                        zu identifizieren. Das geht
                                                                                    ­unter klimakarte.terrifica.eu.
                    3

      Frau Meinsen
      aus Friesoythe:
      „Im Obstgarten hilft die
      Anschaffung von fein-                                               2
      maschigen Schutznet-
                                                                     1
      zen.”
                                                                                                       Sebastian Ostermann
                                                                5                                      aus Steinfeld rät:
                                                                                                       „­Kaufen Sie viele
                                                                                                       verschiedene und
                                                                                                       vor allem ­­­­­­einheimische
                                                                                                      ­Pflanzen!”
                                                            6

                                                                                            6
                        4

           Maria und
          ­Johannes ­Reiners
           aus Neuscharrel raten:                                   Frau und Herr
           „Bepflanzen Sie den Boden                                Rothkegel-Hartke
           gut und arbeiten Sie mit                                 aus Lohne ermuntern alle
           vielen Bodendeckern.”                                    Gartenbesitzer: „Erhalten
                                                                    Sie Mischgehölze auf
                                                         5          Ihrem Grundstück oder
                                                                    pflanzen Sie diese neu!”

24   Oho!   DAS MAGAZIN IM OM
17 Millionen Gärten:
Deutschland ist
Spitzenreiter in
Europa.

                    Der Wettbewerb möchte anhand von
             ­Beispielen aufzeigen, was Gartenfreunde auch
              im Kleinen tun können, um den Klimaschutz
             voranzubringen. „So wollen wir andere motivie-           PLANERIN Hannah Hoff koordiniert das
              ren, sich ebenfalls zu engagieren“, sagt Hannah           Projekt in der deutschen Pilotregion.
              Hoff, die Koordinatorin des TeRRIFICA-Projekts
              an der Universität Vechta. „Der Wettbewerb
             zeigt, dass jede und jeder direkt vor der eige-
              nen Haustür für das Klima aktiv werden kann.“
              Manche Bereiche seien aber noch ausbau­fähig:       schnell Information und Inspiration. Preis-
             „In den eingereichten Beiträgen wurde zum            träger Christian Behnen aus Bakum gibt zu-
              Beispiel wenig Bezug auf erneuerbare E  ­ nergien     dem den Hinweis, nichts zu überstürzen. „Man
              genommen. Da besteht auf jeden Fall noch             muss nicht sofort den gesamten Garten umkr-
              Entwicklungspotenzial.“                               empeln.“ Es reiche, erstmal mit einem kleinen
                    Intensiv Gedanken gemacht hat sich auch       Bereich anzufangen. Zehn leere Quadratmeter
             Sebastian Ostermann aus Steinfeld. Er rät dazu,      sind mit heimischer Blütensaat schnell in eine
             für die Gartengestaltung „möglichst viele ver-        wilde Wiese verwandelt.
              schiedene und vor allem einheimische Pflan-                 Hannah Hoffs Wettbewerbsbilanz fällt
             zen zu kaufen“. Wer sich da noch nicht gut             alles in allem positiv aus. „Wir haben ­
                                                                    ­                                          viele
              genug auskennt, findet im Internet mit Such-         ­positive Rückmeldungen zu der Aktion bekom-
              begriffen wie „Naturgarten“ oder „Wildgarten“         men, oft mit dem Hinweis, dass man schon
                                                                    länger auf eine solche Möglichkeit gewartet
                                                                    hat. Das zeigt das große Interesse, die eigenen
                                                                  Ideen und Erfahrungen mit anderen zu teilen.“
                                                                  Im Frühjahr 2021 geht deshalb die Aktions-
  SUMMEND Heimische Blütensaat sorgt für                            reihe „Klimafreundliche Gartengestaltung im
         Insektenvielfalt im Garten.                                Olden­burger Münsterland“ in die zweite Runde.
                                                                    Alle Einwohnerinnen und Einwohner sind auf-
                                                                    gerufen, ihre Gärten biodivers, naturnah und
                                                                  ­klimafreundlich umzugestalten.
                                                                          Dazu wünschen Dagmar und Klaus-Peter
                                                                    Maas Gartenfans im Oldenburger Münsterland
                                                                  vor allem eines: Mut zur Unordnung. Man ­solle
                                                                  sich von geraden Linien verabschieden und
                                                                    auch unerwünschte Pflanzen, wie Klee oder
                                                                  Löwenzahn, zulassen. „Es sieht vielleicht nicht
                                                                  so ordentlich aus, wenn da gelbe, weiße und
                                                                    rosa Flecken auf dem Grün schimmern, das ist
                                                                    aber vor allem für Hummeln und Bienen wich-
                                                                  tig“, sagt das Ehepaar. „An den vielen Insekten
                                                                  sieht man aber, dass der Garten ein gesundes
                                                                    Ökosystem darstellt. Das ist unserer Meinung
                                                                    nach das Wichtigste für das Klima.“
                                                                          

                                                                                   DAS MAGAZIN IM OM     Oho!    25
Reif für die
                       Ekstra-Liga
                Lukas Fienhage aus Brockdorf ist Weltmeister.
                     TROTZ STOTTERSTART AUFS SIEGERTREPPCHEN: DETLEF HERWIG ERFUHR VOM
                                      ­SPEEDWAY-CHAMPION, WIE DAS GEHT.
ERFOLGSSTORYS

                                    AN DER SPITZE Wenn Lukas Fienhage auf seiner Maschine sitzt,
                                               haben die Gegner kaum eine Chance.

                DAS MAGAZIN IM OM
B
                         eim Speedway ist ein
                         guter Start die hal-
                         be Miete. Ärgerlich also,
                         wenn man ausgerech-
                         net beim Rennen des
                         Lebens nicht vom Fleck
                         kommt. So passierte
 es Lukas Fienhage im Finale um die Langbahn-­
Weltmeisterschaft im polnischen Rzeszów.
­Mindestens Zweiter musste der 21-Jährige werden,             Mit fünf Jahren saß Lukas zum ersten Mal
um sich den Titel zu sichern. Aber der Brockdorfer      auf einem kleinen Motorrad, mit sechs fuhr er
war zu Rennbeginn Letzter. Es begann eine wilde         sein erstes Rennen, mit zehn war er deutscher
 Aufholjagd, die den Fahrer schließlich auf Platz 2   Schülermeister. Kein Wunder, wenn man in die
führte. Nun ist er Weltmeister.                         Familienchronik schaut: „Mein Papa hat das
                                                        schon gemacht, mein Onkel ebenfalls.“ B      ­ eide
                                                        gehören auch zum Team Fienhage, ­        einer Art
                                                       ­Familienbetrieb. In der ab März laufenden ­Saison
                                                        ist der Tross von Rennen zu Rennen unterwegs.
                                                      Bevorzugte Ziele: Schweden, Dänemark und
                                                      ­Polen. Die dortige Ekstra-Liga gilt als ­beste Euro-
                                                        pas. 2021 stellt sich Lukas der Heraus­forderung
                                                       und startet für einen Verein in Danzig.

                                                           „Speedway ist das, was
                                                           ich am besten kann.
                                                           Etwas anderes will ich
                                                           gar nicht machen.“

                                                                Der gelernte Werkzeugmechaniker wagt
                                                         den Schritt zum Vollprofi, wegen Corona mit
                                                        ­einjähriger Verspätung. „Speedway ist das, was
                                                       ich am besten kann. Etwas anderes will ich gar
                                                       nicht machen.“ Sein Manager – natürlich ein
                                                       Freund der Familie – muss also noch ein paar
                                                       mehr Sponsoren heranholen als bisher schon.
                                                       Die Maschinen, die Motoren, das Reisen: All
                                                         das kostet eine Menge Geld. Und auch der fest­
                                                        angestellte und mitreisende Mechaniker will
                                                       ­bezahlt werden. Bleibt da noch Zeit fürs Priva-
                                                       te? Lukas lacht: „Ich habe Beruf und Privates
                                                         doch perfekt miteinander kombiniert.“ Immerhin,
                                                      zwei Wochen Auszeit hat er sich rund um den
                                                      Jahreswechsel gegönnt. „Mehr war aber nicht
                                                         drin.“ D
                                                                ­ anach ging das Training wieder los. Und
                                                       so muss auch der langgehegte Traum noch war-
                                                      ten: einmal für ein halbes Jahr nach Australien.
                                                      ­Natürlich mit der Rennmaschine im Gepäck.

                                                                        DAS MAGAZIN IM OM      Oho!     27
Gutes Rad
                             vom Chef
         Eine Cloppenburger Firma bietet Dienstrad-Leasing.
                           WAS DAS ANGEBOT ARBEITGEBERN UND ARBEITNEHMERN BRINGT,
                             HAT SICH CLAUS SPITZER-EWERSMANN ERKLÄREN LASSEN.
ERFOLGSSTORYS

                              KOOPERATION Christian Wölbern (Lease a Bike) nimmt von Werder-Direktor
                          Tarek Brauer (rechts) ein Trikot entgegen. Beide sind eine Kooperation eingegangen.

                DAS MAGAZIN IM OM
M
                       it dem Fahrrad zur
                       ­Arbeit? Für immer mehr
                       Beschäftigte wird das
                       zu einer Alter­  native.
                       Firmen können das
                       Umwelt- und Gesund-         an Wölbern, Geschäftsführer der Cloppenburger
                       heitsbewusstsein ihrer     Bike ­Mobility Service GmbH.
Mitarbeiter unterstützen, etwa durch betrieb­            Rückblick: 2012 geben die Finanz­behörden
liches Rad-Leasing. Allein in Deutschland nut-     grünes Licht, zukünftig nicht nur bei der
zen schon über eine halbe Million Arbeit­         ­Nutzung von Dienstwagen steuerliche Vorteile
nehmer die Angebote. „Und das Potenzial ist        geltend machen zu können, sondern auch bei
bei weitem noch nicht erschöpft“, sagt Christi-    Dienstfahrrädern. Die Regelung bietet Arbeit­
                                                   gebern, so Wölbern, vor allem zwei Chancen:
                                                  „Sie steigern die Mitarbeiterzufriedenheit und
                                                   tun ­etwas für das Image des Unternehmens.“
                                                   Nicht zu vergessen: Wer täglich mit dem Rad un-
                                                   terwegs ist, wird seltener krank. Darüber hinaus
                                                   profitieren Arbeitnehmer in mehr­     facher Hin-
                                                   sicht. So dürfen Diensträder auch u   ­ nbegrenzt
                                                   privat genutzt werden. Und die R   ­ aten werden

                                                       Über eine halbe Million
                                                       Arbeitnehmer ist auf
                                                       geleaste Diensträder
                                                       umgestiegen.

                                                  mithilfe der Entgeltumwandlung vom Brutto­
                                                  gehalt der Arbeitnehmer abgezogen. Dadurch
                                                  ergibt sich eine Steuerersparnis.
                                                        Beim Emsteker Fahrradproduzenten Der-
                                                  by Cycle befasst man sich seit 2015 mit dem
                                                  Fahrrad-Leasing. Heute gehört das Angebot
                                                  „Lease a Bike“ zur Bike Mobility Service GmbH.
                                                  Sie betreut zurzeit in Deutschland, Belgien und
                                                  den Niederlanden rund 100.000 Nutzer, mit
                                                  etwa 7.000 Unternehmen bestehen Verträge.
                                                  Tendenz steigend. „Das Konzept ist ein wichtiger
                                                  Bestandteil unserer Mobilitätszukunft“, betont
                                                  Christian Wölbern. „Wir sind überzeugt, dass die
                                                  Idee sich langfristig durchsetzen wird.“ Bei der
                                                  Auswahl der Räder gibt es übrigens keine Vor-
                                                  gaben, auch E-Mountainbikes, Renn- oder sogar
                                                  Lastenräder sind möglich. Und wer will, kann
                                                  bei Vertragsabschluss zwischen drei Rundum-
                                                  schutzpaketen wählen, die zusätzlich wichtige
                                                  Versicherungen enthalten. 

                                                                   DAS MAGAZIN IM OM     Oho!    29
Integration
                  made in Lohne
                Die Nordluft gibt Geflüchteten eine faire Chance.
                           ULLA KAMPERS ENGAGIERT SICH ÜBER DIE REGION HINAUS. UNSERE
                                     AUTORIN LISA KNOLL HAT SIE GETROFFEN.
ERFOLGSSTORYS

                                      INTEGRATION: CHECK! Tamer Suleiman war der erste Geflüchtete,
                                                 für den Ulla Kampers sich 2015 einsetzte.

                  DAS MAGAZIN IM OM
A
                        ls die ­ Flüchtlingskrise
                        2015 ganz Europa in
                        Atem hielt, sagte Ulla
                        Kampers zu ihrem
                        Mann: „Wir als Unter-
                        nehmen haben eine
                        soziale Verantwortung.
Ich möchte, dass wir ihr nachkommen.“ So kam        „Am Anfang sprach er kaum Deutsch, aber er hat
ein Projekt ins Rollen, das heute als Parade­       sich rasant entwickelt“, erinnert sich Ulla Kam-
beispiel für Integration gilt. Sechs Geflüchtete    pers. Zwei Jahre später kehrte der junge Syrer
haben bei der Nordluft GmbH & Co. KG in Lohne       für ­seine Ausbildung zurück. Heute ist Tamer
bereits den Einstieg ins Berufsleben ­geschafft.    als Fachkraft für Metalltechnik fester Bestand-
Der erste war Tamer Suleiman. Für ein drei­         teil des Teams. Kampers ist sicher: „Wenn man
monatiges Praktikum kam er 2015 zu Nordluft.        an diese jungen Menschen glaubt, schaffen sie
                                                    viel mehr als unsere Gesellschaft ihnen zutraut.“
                                                           Auch als bürokratische Hürden ihr und
                                                    ihren Schützlingen das Leben schwer mach-
                                                    ten, ließ Ulla Kampers nicht locker. Sie nahm
                                                    an ­ Podiumsdiskussionen teil, saß mit dem
                                                    ­damaligen Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel
                                                    am Runden Tisch und startete eine Petition, die
                                                     die Bewilligung ausbildungsbegleitender H ­ ilfen
                                                    auch für Menschen aus sicheren Herkunftslän-
                                                    dern forderte. Am 1. August 2019 trat die Ge-
                                                    setzesänderung in Kraft. „Natürlich hat ­unsere
                                                    Petition allein nicht den Ausschlag gegeben“,
                                                    sagt die 57-Jährige bescheiden. „Aber wir haben
                                                    dazu beigetragen.“

                                                         Ihr nächstes Ziel:
                                                         Bewerbungstrainings
                                                         für geflüchtete Frauen.

                                                          Seit Juni 2020 vertritt Kampers das Netz-
                                                    werk „Unternehmen integrieren Flüchtlinge“
                                                    des Deutschen Industrie- und Handelskammer-
                                                    tages als Regionalbotschafterin für Niedersach-
                                                    sen. Sie plant mehrtägige Bewerbungstrainings
                                                    für weibliche Geflüchtete und findet: „Wenn
                                                    nur eine dadurch den Einstieg ins Berufs­leben
                                                    schafft, hat sich meine Arbeit gelohnt.“ Das Pro-
                                                    jekt soll zunächst im Landkreis Vechta, ­später
                                                    in ganz Niedersachsen umgesetzt werden. Im
                                                    Kleinen denken kam für Ulla Kampers eben
                                                    noch nie in Frage. Deshalb appelliert sie an die
                                                    Unternehmen in der Region, den Frauen eine
                                                    Chance zu geben. Denn aus eigener Erfahrung
                                                    weiß sie: Schon ein einfaches Praktikum kann
                                                    die Weichen für einen Neuanfang stellen.
                                                          
                                                                     DAS MAGAZIN IM OM     Oho!    31
Die Lehren
                                     aus der Krise
                                    So überstehen Unternehmen aus dem
                                   Oldenburger Münsterland die Pandemie.
                                                      DETLEF HERWIG FÖRDERT IN SEINEM RUNDRUF
                                                      NACHDENKLICHES UND ERMUTIGENDES ZUTAGE.
DAS AKTUELLE TRENDTHEMA

                                 A
                                                         ls Steuermann l­enkte              Torsten Bremer erlebte 2020 als stetes
                                                         Torsten Bremer 1980          Auf und Ab. „Um den ersten Lockdown herum
                                                         den Deutschland-Ach-        sind die Umsätze ins Bodenlose gefallen“, sagt
                                                         ter zu den Olympischen        der gebürtige Osnabrücker. „Der Optimismus
                                                         Spielen nach Moskau.         kehrte im letzten Quartal zurück, als sich die
                                                         Dass das Flaggschiff der     monat­liche Auslastung wieder auf das Niveau
                                                         Ruderflotte daran nicht       des Vorjahres hinbewegte. Seit Mitte Januar des
                                                         teilnehmen konnte, lag       laufenden Jahres ziehen wieder dunkle W     ­ olken
                                 am von der Politik beschlossenen Boykott des         auf.“ Der Grund liegt darin, dass die Versor-
                                 Ereignisses. 40 Jahre später sind Bremers Füh-       gung mit elektronischen Bauteilen nicht glatt
                                 rungsqualitäten erneut gefragt. Seit 2004 leitet     läuft und die Produktion vielfach erneut her-
                                 der promovierte Physiker eines der renommier-       untergefahren werden musste. Dennoch bleibt
                                 testen Unternehmen im Oldenburger Münster-           der Boge-Chef hoffnungsvoll: „Wenn es keine
                                 land: „Boge Rubber & Plastics“. Als langjähriger   ­Lieferengpässe mehr gibt, und wir die Pande-
                                 Partner international agierender Auto­hersteller    mie in den Griff bekommen, bin ich zuversicht-
                                 zählt es zu den wichtigsten Zulieferern der          lich, dass die Automobilindustrie sich wieder
                                 Branche – die durch die Coronakrise in unruhi-      nachhaltig erholt.“
                                 ges Fahrwasser geraten ist.                                Für sein Unternehmen deutet er Konse­
                                       „2020 war ein Automobiljahr zum Verges-         quenzen an. Man werde verstärkt v­ersuchen
                                 sen“, resümiert Bremer. Zwar ist die weltweite      müssen, die Lieferketten wieder r­ egionaler auf-
                                 Nachfrage nach Fahrzeugen bereits seit Mitte       zustellen und „in den wesentlichen M     ­ ärkten mit
                                 2018 rückläufig, doch mit Beginn der Pandemie        eigenen Produktionsstätten präsent zu sein“.
                                 ging es steil bergab. So sank in Deutschland         Auch einen „weiteren dezentralen Kompeten­
                                 die Zahl der Neuzulassungen im April 2020 um       zaufbau“ hält er für notwendig. „Wir h         ­aben
                                 61 Prozent. Insgesamt wurden im letzten Jahr        schmerzhaft erfahren, dass wir urplötzlich
                                 hierzulande laut Kraftfahrt-Bundesamt 2,9 Milli-    ­keine Experten aus Deutschland mehr in die
                                 onen Neuwagen weniger zugelassen als im Vor-       Welt schicken konnten.“ Zudem müsse man sich
                                 jahr. Der Rückgang spiegelt sich eindeutig auch      ­darauf einstellen, „dass auch künftig ähnliche
                                 in den Zahlen der Zulieferer wider. Steuermän-       globale virale Risiken auftreten ­können“. Dann
                                 ner sind gefragt.                                    gelte es besser vorbereitet zu sein. ­Bremer sieht

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TORSTEN BREMER: „Insbesondere im medizinischen Bereich um den Infektionsschutz haben wir in
                        kürzester Zeit viel dazugelernt und umgesetzt.“

              „2020 war ein Automo­                          die Belegschaft noch besser schützen lasse,
                                                            sagt Christine Grimme. „Bei Bedarf werden wir
              biljahr zum Vergessen“,                       sicherlich wieder die Maßnahmenpakete aus
                                                            ­
              sagt Boge-Chef Torsten                         der Schublade holen.“ Sie erwartet ferner, dass
                                                            „digitale Schulungen für unsere Kunden und
              Bremer.                                        externen Mitarbeiter einen deutlich h    ­ öheren
                                                            Stellen­wert einnehmen als in der Vergangen-
                                                            heit“.
          die Gesellschaft auf einem guten Weg: „Insbe-            Darüber hinaus habe sich bei dem Un-
          sondere im medizinischen Bereich um den In-       ternehmen von Weltrang die zügige Umstel-
          fektionsschutz haben wir in kürzester Zeit viel   lung auf Homeoffice sehr positiv ausgewirkt:
          dazugelernt und umgesetzt.“ Auch von den          „Wir können noch individueller auf die Arbeits­
          Fortschritten in puncto digitaler Kommunika-      bedingungen und persönlichen Bedürfnisse
          tion und mobilem Arbeiten werde man ­künftig      von Mitarbeitern eingehen.“ Die neuen Arbeits-
          profitieren.                                      modelle hätten zukunftsweisenden Charakter
                Nebenan, bei der ebenfalls in Damme an-     und würden auch helfen, die Attraktivität des
          sässigen Landmaschinenfabrik Grimme, sieht        Unternehmens als Arbeitgeber zu steigern. Ein
          man das ähnlich. Die Bedeutung des Gesund-        angenehmer Nebeneffekt.
          heitsschutzes werde hoch bleiben. Man wis-               Raus aus der Routine, Veränderungen
          se jetzt, wie sich etwa bei einer Grippe­welle    ­akzeptieren, Gewohntes infrage s­ tellen

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