Magazin3 - Die Instagram-Community der Lehrerinnen Kompetenzorientiert beurteilen - ZLV
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Magazin Magazin des Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverbands / Juni 2021 3 Die Instagram- Community der Lehrerinnen Kompetenzorientiert beurteilen ZKM-Tagung 2021: Viele Workshops
Alles für den Unterricht für die Zyklen 1 bis 3 E-Learning • Projektwoche «Frisch auf den Tisch» für alle Zyklen • interaktive Arbeitsblätter für alle Zyklen • Lehrfilme für alle Zyklen • «Vom Gras ins Glas» für die Zyklen 1 und 2 • «Suisse Quiz» für den Zyklus 2 • Dossier «Food Waste» für den WAH-Unterricht und den Zyklus 3 • «Food Check» für den WAH-Unterricht und den Zyklus 3 Swissmilk ist Ihr Ansprechpartner, wenn es um Milch und Milchprodukte geht. Projektwoche So vielfältig die Milch als Nahrungsmittel «Frisch auf den Tisch» Ihre Schülerinnen und Schüler ist, so vielfältig lässt sie sich thematisch erfahren Spannendes rund um die Produktion, die Verarbeitung auch im Unterricht einsetzen. Swissmilk und den Konsum landwirtschaft- licher Erzeugnisse aller Art. bietet abwechslungsreiches Material für www.swissmilk.ch/schule unterschiedliche Unterrichtsformen an. www.swissmilk.ch/schule Tag der Pausenmilch Nehmen Sie mit Ihrer Klasse oder Znüni: Poster und Broschüren Ihrem Schulhaus teil. Informationen unter Wir bieten Informationsmaterial www.swissmilk.ch/pausenmilch dazu: www.swissmilk.ch/shop Gesunde Znüni schnell & einfach 5 Newsletter Das da rf in die Znünibo -gemü x se Abonnieren Sie unseren Newsletter. obst und rodukte • Saison chp r und Mil Schinken, Eie • Milch , nfleisch brot, • Trocke rot, Knäcke rnb • Vollko Sie erhalten regelmässig neue Arbeits- rnc racker Vollko • Nüsse ungesüsste • Wasse r, r Tee Informationen blätter für alle Schulstufen. Zur Daniela Carrera beantwortet gerne Anmeldung: www.swissmilk.ch/schule Zutate teine lass n-Baus kombiniere en n… 10.01.19 11:18 Ihre Fragen: 031 359 57 52 oder Diese ieden z versch schule@swissmilk.ch sich gan Swissmilk Gesunde Znüni De RZ ..indd 4-5 Agriscuola
Editorial Social Media 5 GL-Kolumne Der ZLV präsentiert sich schon seit längerer Zeit auf Face- book – mit gut 1600 Follower/-innen durchaus erfolgreich. Im Frühling erweiterten wir unser Social-Media-Engagement mit ZLV-Profilen auf Instagram, Twitter und LinkedIn. Das war der Grund, weshalb ich mit Unterstützung von GL-Mitglied Lena Aerni auf die Suche nach erfolgreichen Social-Media-Auftritten von Zürcher Lehrerinnen und Lehrern ging. Insbesondere auf Instagram hat sich in den letzten Jahren eine grosse Lehrerin- nen-Community entwickelt, die intensiv gute Unterrichtsideen 14 austauscht. Kompetenzorientiert beurteilen Ich besuchte die Macherinnen von «a_teachers_lifestyle» und Im Interview erzählen die «Primardiamanten». Beide Profile zählen über 16 000 Followe- rinnen, grösstenteils junge Lehrerinnen. Da steckt viel Stolz 6 drei PH-Dozent/-innen Hanni Lötscher, Marcel Naas über den Lehrberuf drin, viel Engagement und auch etwas Ar- a_teachers_lifestyle und Markus Roos über ihr beit. Das dritte Porträt gehört dann Marion Heidelberger. Viele Das Instagram-Profil der neues Buch zum Thema. kennen sie als langjähriges ZLV-Mitglied, Präsidentin der Sek beiden Primarlehrerinnen tion Primarstufe I und als ehemalige Vizepräsidentin des LCH. Claude Togni und Ariane Sie baute die Facebook-Gruppe «Lehrerinnen und Lehrer Spross zählt 16 800 Followe- Schweiz» auf, mit 5000 Mitgliedern ebenfalls sehr erfolgreich. rinnen. Für einen Social-Media-Muffel wie mich waren die Begegnun- gen wunderbar anregend. Im letzten ZLV-Magazin passierte ein Fehler, den ich ausnahms- weise einmal gerne korrigiere. In der Würdigung der zurückge- tretenen ZAL-Geschäftsleiterin Marion Keller stand geschrie- ben, dass sie sich 20 Jahre lang für die Weiterbildung der Lehrpersonen einsetzte. Falsch! Es waren 25 Jahre – ein tolles Engagement. 22 Aus den Sektionen Sieben Seiten Berichte aus 10 den Sektionen und Mit gliedorganisationen des ZLV, Primardiamanten unter anderem mit Hinwei- Das Instagram-Profil der sen zur ZKM-Tagung und Roland Schaller Primarlehrerin Laura Hess Redaktor ZLV-Magazin einem Interview rund um zählt 16 000 Followerinnen. den Einsatz von SHP im Schulhaus Wolfhausen in Bubikon. Impressum ZLV-Magazin 12 Herausgeber: Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverband (ZLV), Ohmstrasse 14, Und Facebook? Postfach, 8050 Zürich, Tel. 044 317 20 50, Fax 044 317 20 59 Redaktion: Roland Schaller, roland.schaller@zlv.ch ZLV-Mitglied Marion 30 Redaktion MO und Sektionen: Marion Heidelberger (Sektion Primarstufe I), Heidelberger betreut die Veranstaltungshinweise Mark Plüss (MLV), Simon Müller (ZKM), Laila Asmeg (TTG) erfolgreiche Facebook- für Pensionierte Gabi Fink (VKZ), Olivia Rigert (Sektion Sekundarstufe), Eva Karlinger (Sektion SHP), Franziska Kaiser (BBF) Gruppe «Lehrerinnen und Druck und Versand: FO-Fotorotar, 8132 Egg ZH Lehrer Schweiz». Layout: Beaterice Roos, FO-Fotorotar, 8132 Egg ZH Inserate: Zürichsee Werbe AG, 8712 Stäfa, Telefon 044 928 56 09, Fax 044 928 56 00, Anzeigenverkauf: Martin Traber, martin.traber@zs-werbeag.ch Titelbild: Roger Wehrli fotografierte Ariane Spross und Claude Togni, Abonnemente: Jahresabonnement Fr. 50.– die beiden Macherinnen von «a_teachers_lifestyle». Erscheint 5-mal jährlich ZLV-Magazin 3/21 3
Rubrik Der ZLV sucht Verstärkung Ein neues Mitglied der Geschäftsleitung Der Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverband ZLV wird von Politik, Medien und Öffentlichkeit als starke Stim- me der Lehrpersonen wahrgenommen und geschätzt. Bist du offen für Neues, anpackend, flexibel und hast Lust dich be- Der ZLV setzt sich als Dachorganisation kompetent herzt für die Volksschule einzusetzen? Wir bieten dir eine abwechs- und stufenübergreifend für die Interessen seiner rund lungsreiche Tätigkeit, für die du entsprechend vom Unterricht entlas- 4000 Mitglieder ein. Als grösster Lehrpersonenver- tet und entlöhnt wirst. Für diese spannende und vielseitige Aufgabe band im Kanton nutzen wir unsere Ressourcen, unser kannst du auf ein motiviertes Team und verlässliche Verbandsstruk- Know-how und unseren Einfluss in bildungspolitischen turen zählen. Fragen zugunsten einer starken, modernen Schule Damit wir eine ausgewogene Vertretung aller Stufen erreichen, wün- und für einen attraktiven Lehrberuf. schen wir uns idealerweise eine Lehrperson aus dem Kindergarten. Anforderungen Haben wir dein Interesse geweckt? Wir freuen uns auf ein unverbind- • Lehrtätigkeit an der Volksschule des Kantons liches Gespräch. Zürich • Interesse an verbandspolitischer Arbeit und ZLV-Präsident Christian Hugi beantwortet gerne allfällige Fragen: bidungspolitischen Zusammenhängen Tel. 076 580 70 97. • Integrations- und Teamfähigkeit • Zuverlässigkeit Sende die Bewerbung an Geschäftsführerin Jolanda Pongelli, jolanda.pongelli@zlv.ch Medien 2.4.21 Corona: Massnahmen Corona: Impfen Luftmessgeräte ZLV-Präsident Christian Hugi hält weite- Für offene Schulen brauche es in erster Die Geräte seien hilfreich: «Wir brauchen re Massnahmen für nötig, um Schulen Linie gesunde Lehrpersonen, teilten die uns fürs Lüften jetzt nicht einfach nur auf offen halten zu können. Etwa sollen Lehrerverbände am Mittwoch gemeinsam unser Gefühl zu verlassen. Auch die Schü- CO2-Messgeräte zur Überwachung der mit. Sie wollen deshalb möglichst rasch die lerinnen und Schüler sind aufmerksam Raumluftqualität und FFP2-Masken für beiden Spritzen erhalten, am liebsten noch und weisen darauf hin, wenn das Gerät Lehrpersonen kantonal zur Verfügung im Mai, wie dies auch in anderen Kantonen eine zu hohe CO2-Konzentration anzeigt. gestellt werden. Auch sollen Lehrperso- möglich sei. Der Kanton Zürich stehe da Dann lüften wir – oder schliessen, wenn nen nach den Risikogruppen und dem leider noch viel zu stark auf der Bremse. es jemandem zu kalt wird und die Anzeige Pflegepersonal priorisiert Zugang zur Hinter der Kritik und den Forderungen an wieder grün ist.» Hugi wünscht sich, dass Corona-Impfung bekommen. «Unserer den Kanton stehen der Zürcher Lehrerin- die Behörden das Thema ernster nehmen Ansicht nach gehören Lehrpersonen nen- und Lehrerverband ZLV, der Verein würden. Der ZLV fordert schon lange eine zu jenen Berufsgruppen, die im Arbeits Sekundarlehrkräfte des Kantons Zürich Überwachung und Verbesserung der alltag besonders exponiert sind», sagt SekZH, der Mittelschullehrpersonenver- Raumluftqualität. Hugi. band ZH und der Zürcher Verband der 18.5.21 2.4.21 Lehrkräfte in der Berufsbildung ZLB. 21.4.21 ZLV-Magazin 3/21 4
Kolumne Schule der Zukunft «Mues ich jetzt da morn nomal hi gaa?», fragte mich mein Sohn Daher bin ich im ZLV Mitglied, nicht nur weil der Verband sich nach dem ersten Schultag in der 1. Klasse ganz pragmatisch. standespolitisch für gute Arbeitsbedingungen für die Lehrperso- «Ja!», kam meine leicht verzögerte Antwort, und er ging am nen einsetzt, sondern auch, weil der ZLV in Schulentwicklungs- nächsten Tag wieder und noch 1755 Tage weiter zur Schule. Was fragen an vorderster Front mitdiskutiert und die Schule der Zu- wäre wohl geschehen, wenn meine Antwort «Nein» gewesen wä- kunft mitgestaltet. re oder: «Du kannst das selber entscheiden»? Genau wie für viele Schülerinnen und Schüler die Schule ein Auf jeden Fall ging er hin, manchmal motiviert, manchmal weni- Muss ist, sollte die Mitgliedschaft im ZLV ein Muss sein, einfach ger, je nach Tagesverfassung und Fach. Projektwochen, Sport weil es dazugehört, sich in standespolitischen und pädagogi- tage, Ausflüge, Schulreisen oder gar Klassenlager waren die schen Fragen gemeinsam für gute Rahmenbedingungen einzu- Highlights des Schulalltags, und täglich ging er auch hin, um sei- setzen. Also, die nächste Mitgliederwerbung kommt bestimmt … ne Freunde zu treffen. Ganz wichtig in diesen 1755 Schultagen waren seine Bezugsper- sonen, die Lehrpersonen, wichtige Begleiterinnen und Begleiter in seinem Leben neben uns Eltern. Nun steht er in seinem Berufsleben und plant, nochmals die Schulbank zu drücken, nicht weil er muss, sondern weil er will und selbst das Profil seiner weiteren Ausbildungsstätte bestim- men kann. Mich aber beschäftigt nach wie vor die Frage nach der guten Schule, welche die Schülerinnen und Schüler auf ihre Zukunft vorbereitet, sowie die Vision, dass die Lernenden auch in die Schule kommen wollen. Nicht nur wie dies 2020 nach dem Lock- Barbara Schwarz de Groot down der Fall war, sondern jeden Tag. Geschäftsleitung ZLV Klassenlager Lehrermangel Standesregeln verletzt Obwohl die Regierung auch grünes Licht ZLV-Präsident Christian Hugi spricht von Christian Hugi will sich auf Anfrage nicht gibt für Klassenlager, werden diese vor den «Pflästerlipolitik». Das Problem sei die zum konkreten Fall äussern, da er ihn Sommerferien wohl kaum stattfinden. «Ich Überzeit: «Viele Lehrpersonen reduzieren nicht kennt. Der ZLV-Präsident verweist habe das Gefühl, das wird vor den Som- ihr Pensum, um sich vor Überlastung zu aber auf die Standesregeln der Lehrer- merferien sowieso knapp, ich kann mir schützen.» Der Grund für diese struktu- schaft. Die Schule müsse einen Rahmen vorstellen, dass das an den meisten Orten rell bedingte Mehrarbeit liege in den vie- bieten, in welchem sich die Kinder sicher vor den Sommerferien nicht mehr wird», len Absprachen im Team und den hetero- fühlen könnten, sagt er. Lehrpersonen ha- so Hugi weiter. Eine kurzfristige Organisa- genen Klassen. Den Lehrer/-innen müsste ben die Selbstachtung der Kinder zu för- tion sei praktisch nicht umsetzbar. Chris mehr Zeit für solche Tätigkeiten zuge- dern und deren Würde zu wahren. «Das tian Hugi rechnet damit, dass in einzelnen sprochen werden, fordert er. gilt ausnahmslos auch bei disziplinarisch Situationen die Forderungen nach Klassen- 22.5.21 ausgerichteten Massnahmen», sagt Hugi, lagern laut werden: «Ich bitte die Eltern um der selber Primarlehrer ist. Verständnis, dass ein Lager nicht einfach 4.6.21 aus dem Ärmel geschüttelt wird.» 18.5.21 ZLV-Magazin 3/21 5
Thema «Wir investieren relativ viel Zeit in gute Fotos», sagt Claude Togni (stehend), während Ariane Spross die Sachen arrangiert. ZLV-Magazin 3/21 6
Thema Die Instagram-Gemeinschaft der Lehrerinnen Das Instagram-Profil «a_teachers_lifestye» von C laude für diesen Tag bestimmten Hashtag. Allerdings müssen die Ver- Togni und Ariane Spross verfolgen 16 800 Berufs anstalterinnen einer Challenge genug Dampf und Breitenwir- kolleginnen. Die beiden Zürcher Primarlehrerinnen kung entwickeln, damit das richtig funktioniert – a_teachers_ verstehen sich denn auch als Teil einer grossen Lehre- lifestyle schaffte das. rinnen-Instagram-Community. Am 1. Mai 2017 starteten Claude und Ariane ihre erste Challen- ge. Sie dauerte einen Monat lang. «Wir haben das Prinzip nicht «Einmal gingen wir gemeinsam an ein Konzert von Macklemore erfunden», sagt Ariane Spross, «aber vielleicht haben wir es als in die Samsung-Halle in Dübendorf», erinnert sich Claude Togni. Erste in die Lehrerinnen-Community eingebracht.» Und Claude «Die Ticketkontrolleurin – sie war eine PH-Studentin – erkannte Togni erzählt, wie es funktioniert: «Wir haben einen ganzen Mo- uns und flippte aus: Ihr seid a_teachers_lifestyle!» Und Ariane nat lang jeden Tag zu einem Thema mit einem Hashtag etwas Spross ergänzt: «Wir sind ziemlich erschrocken. Eigentlich zei- gepostet. Der erste Hashtag heisst natürlich #hallodasbinich, hier gen wir uns selbst kaum einmal auf unserem Insta-Profil. Wir können sich die Leute zuerst vorstellen. Danach gibt es jeden Tag wollen keine Influencerinnen sein, das wäre uns echt zu anstren- ein Thema, also zum Beispiel #sportspiele: Was sind die Lieb- gend!» lingssportspiele eurer Schülerinnen und Schüler? Den Überblick über den ganzen Monat haben wir schon früher publiziert, so- Das Leben der Lehrerinnen dass sich die Leute darauf vorbereiten konnten. Natürlich haben Claude Togni ist 32 Jahre alt, verheiratet und Mutter eines einjäh- wir uns Themen überlegt, zu denen wir selbst tolle Beiträge lie- rigen Sohns. Sie unterrichtet in Zürich an einer Montessori- fern können. Es gab aber auch Themen, wo wir erfahren wollten, Schule eine altersdurchmischte Mittelstufenklasse. Ariane Spross wie das andere machen, also zum Beispiel Rituale im Unterricht.» ist 30 Jahre alt und ebenfalls verheiratet. Sie unterrichtet eine Un- «Während der ersten Challenge starteten wir jeweils am Morgen terstufenklasse an einer Zürcher Primarschule. Die beiden lern- ten sich während des Studiums an der PH Zürich kennen und sind seither beste Freundinnen. «Ich hatte einen megaschönen Tag mit meiner Klasse», erinnert sich Ariane. «Auf dem Heimweg dachte ich mir: Diese Freude, die wir als Lehrerinnen verspüren, wenn die Klasse weiter- kommt. Wow, ich habe einen grossartigen Beruf!» Diese Freude wollte die junge Lehrerin teilen, der Welt erzählen. Aber wie? Al- so rief sie Claude an und erzählte ihr von ihrer Idee. Sie war so- fort begeistert dabei und so begann das gemeinsame Projekt. Am 23. Mai 2015 starteten die beiden mit ihrem Instagram-Profil «a_teachers_lifestyle». Zu jener Zeit nahm die Social-Media- Plattform im deutschen Sprachraum erst langsam Fahrt auf. Die ersten Beiträge verfassten sie noch in Englisch, schnell wechsel- ten sie dann auf Deutsch, doch der Name blieb. Zu Beginn woll- ten sie nicht ausschliesslich über gute Unterrichtsideen berich- ten. Die Themenpalette war weiter gefasst und sollte das gesamte Leben von Lehrerinnen zeigen, den «teachers lifestyle» eben – eine Idee, auf welche die beiden in Zukunft wieder zurückkom- men wollen, doch davon später. Die erste Challenge Heute zählt a_teachers_lifestyle 16 800 Followerinnen. Das sind hauptsächlich Lehrerinnen, wissen die beiden aus den Kontakten mit ihren Followerinnen, aber auch Leute aus der Betreuung oder interessierte Mütter. Statistisch ablesbar: 65 Prozent sind zwischen 25 und 34 Jahre alt, 96 Prozent sind Frauen. Ihr Profil startete mit der ersten Challenge so richtig durch. Eine Challenge ist eine Aufforderung zum Mitmachen. Alle, die mit- machen wollen, sollen an einem Tag zu einem definierten Thema «Wir posten nach Lust und Laune.» Ariane Spross und Claude Togni starteten einen Beitrag publizieren. Gefunden werden die Posts über den 2015 mit dem Instagram-Profil «a_teachers_lifestyle». ZLV-Magazin 3/21 7
Thema Der damals gerade aktuelle Beitrag bei unserem Besuch: «Schultage zählen», mit 377 Likes und 20 Kommentaren. das Handy und fragten uns: Hoppla, was ist jetzt eigentlich pas- Eine Challenge sei aber auch ziemlich anstrengend, gestehen die siert?», schmunzelt Ariane. Nach einem Monat zählte «a_tea- beiden ein. Während der Challenge investierten sie pro Tag min- chers_lifestyle» gut 5000 Followerinnen mehr. Die Challenge destens eine Stunde. Ausserhalb der Challenges lassen sie sich verbreitete sich in der Community wie ein Lauffeuer. Im Novem- aber nicht stressen: «Wir posten nach Lust und Laune.» Deshalb ber 2017 veranstalteten sie eine zweite Challenge und im Novem- sei der Aufwand auch schwierig zu schätzen. Manchmal arbeiten ber 2019 eine dritte. Und vielleicht, verraten sie, gibt es im Herbst sie mehrere Stunden an einem Beitrag, manchmal posten sie eine eine vierte. Woche lang gar nichts. «Wir investieren relativ viel Zeit in gute Fotos», sagt Claude Togni. Und sie begründet das mit ihrem eige- «enjoy – share – inspire» nen Insta-Verhalten: «Die Fotos müssen mich ansprechen, sonst So lautet das Motto von a_teachers_lifestyle. Als die beiden lese ich den Beitrag nicht.» Junglehrerinnen ihre Stellen antraten, erlebten sie immer wie- Mit dem Thema Werbung gehen sie übrigens recht locker um. der andere Lehrpersonen, die ihre Unterrichtsunterlagen und Ariane Spross beschreibt ihre Einstellung: «Wir bekommen immer Lektionsideen nicht weitergeben wollten. Heute sei das völlig wieder Material, das wir dann testen. Befinden wir es für gut, dann anders. Ariane Spross: «Im Zug der Challenge erstellten viele machen wir einen Beitrag. So fühlt es sich nicht wie Werbung an, Lehrerinnen ein eigenes Insta-Profil. Nun sieht man erst, wie eher wie ein guter Tipp. Bezahlt werden wir dafür nicht.» viel wichtige Arbeit geleistet wird und wie viele tolle Ideen es gibt. Auf diesen Profilen werden wertvolle Beiträge geteilt, zu Die Gemeinschaft Unterrichtsideen, aber auch zu Haltungen von Lehrerinnen, zu Im Lauf des Gesprächs taucht dieser Begriff immer wieder auf: pädagogischen Konzepten oder berufspolitischen Themen. Mit die Community. Mit ihrer ersten Challenge, so Ariane und unserer Challenge fassten viele den Mut, mit einem eigenen Claude, hätten sie die Gemeinschaft der Lehrpersonen auf Insta Profil zu starten.» gram selbst mit aufgebaut. Heute gehe diese Community weit ZLV-Magazin 3/21 8
Thema über ihren eigenen Kreis an Followerinnen hinaus. Und sie selbst Ariane reagiert sofort: «Das stimmt, vielleicht sollten wir öfter verstehen sich ebenfalls als Teil dieser Community. Dafür haben darüber berichten, dass nicht immer alles so super läuft, also sie gemeinsam mit der Community den Hashtag #instalehrer- zum Beispiel: ‹Was für ein Tag heute! Zuerst keinen Parkplatz zimmer erfunden. Heute würden sie ihn übrigens lieber #insta- gefunden und dann auch noch den Kaffee ausgeleert›.» lehrer_innenzimmer nennen. Er zeigt im Moment über 170 000 Claude: «Mich würde interessieren, wie die Community reagiert, Beiträge an. Dahinter stehen Hunderte von Profilen von Lehre- ob sie das überhaupt interessant finden. Vielleicht möchten sie rinnen und Lehrern aus dem deutschsprachigen Raum. das gar nicht hören. Also mich würde das schon interessieren.» Ariane Spross erklärt sich das so: «Das Klassenzimmer ist ver- Ariane: «Mich auch.» schlossen. Nur die Schülerinnen und Schüler bekommen mit, mit welchen coolen Ideen jede Lehrerin und jeder Lehrer das Text: Roland Schaller; Fotos: Roger Wehrli Lernen unterstützt. Das ist doch schade. Instagram bietet die Möglichkeit, mit anderen zu teilen, was man selbst in der Klasse macht und erlebt.» ZLV und Social Media Instagram hat aber auch den Ruf einer Scheinwelt, das ist den Der ZLV möchte den digitalaffinen Lehrerinnen und beiden Lehrerinnen durchaus bewusst. Alles kommt so schön, Lehrern und der zunehmenden Beliebtheit der sozialen perfekt und gestylt daher. Deshalb hätten sie auch schon den Medien gerecht werden und aus diesem Grund vermehrt Hashtag #fürmehrrealitätaufinstagram verwendet. Obwohl, auch auch Social-Media-Kanäle einbinden. Der ZLV ist nun auf sie selbst bleiben dieser schönen Welt über weite Strecken ver- Twitter, LinkedIn, Instagram und Facebook vertreten. pflichtet – und das wissen sie auch. So finden Sie auch hier inspirierende Themen rund um Claude: «Wir berichten eher über das Positive, ‹das war super›, die Anliegen der Lehrpersonen und ausgewählte Bereiche und weniger über das Negative, ‹wir dachten, das wird super, aus dem Schulalltag. aber dann hat es gefloppt›.» ZLV-Magazin 3/21 9
Thema «Good vibes only» Das Instagram-Profil «Primar Rasant gewachsen häufig über 1000 Downloads. «Das war diamanten» von Laura Hess zählt Also machte sie sich auf die Suche nach auch ein bisschen frustrierend, denn die 15 000 Followerinnen. Die junge einem neuen Publikum und erschuf das wenigsten sagten mir Danke», erzählt sie Zürcher Mittelstufenlehrerin zeigt öffentliche Instagram-Profil «Primar heute. Es gab aber auch immer wieder gerne die schönen Seiten ihres Be- diamanten». Sie begann Fotos, Unter- Lehrerinnen, die ihr etwas für das Mate rufs. Auch Firmen werden langsam richtsideen und Geschichten zu posten rial bezahlen wollten. Also setzte sie sich auf sie aufmerksam. und erhielt viele positive Reaktionen von hin und erstellte einen Webshop. Als ers- anderen jungen Lehrerinnen, die ebenfalls tes Produkt bot sie ihr 80 Seiten starkes Zum Beispiel am 2. Oktober 2020 auf auf Instagram unterwegs sind. Die ganze Ozobot-Dossier für 14.90 Franken an. «Primardiamanten»: «Achtung Glücksge- Sache nahm schnell grössere Dimensio- «Ich war gespannt, ob das wirklich je- fühle! Unsere Unterrichtseinheit zu Pablo nen an. Nach zwei Jahren folgten ihr mand kauft – es kam dann aber ziemlich Picasso ist beendet und ich kann selbst fast 8000 vorwiegend junge Lehrerinnen. gut an.» Heute enthält der Shop 42 Pro- nicht glauben, wie toll die Werke geworden «Viele von ihnen fragten mich jeweils, ob dukte, Unterrichtsideen zum Teil mit Er- sind. Irgendwie macht mich das richtig sie die Unterlagen zu den Unterrichtside- klärvideos, die sie zusammen mit einer glücklich und auch ein bisschen stolz.» Fo- en erhalten oder irgendwo herunterladen Kollegin während des Lockdowns reali- to und Post gefallen 543 Followerinnen. könnten», erzählt Laura Hess. Also eröff- sierte. Über Zahlen möchte sie nicht spre- Die Kommentare lauten: «Hammer!», «Das nete sie einen Blog, wo Interessierte die chen, nur so viel: «Der Webshop finan- will ich unbedingt auch machen!», «Wirk- Sachen gratis beziehen konnten. Vielleicht ziert mir mein Masterstudium, ich kann lich wundervoll!» ‒ und dazu natürlich vie- muss man hier erwähnen, dass die Mittel- es mir leisten, nur drei Tage zu arbeiten.» le Smileys, Herzen und Daumen hoch. stufenlehrerin ziemlich informatikaffin Laura Hess ist 29 Jahre alt und arbeitet als ist – «ein Steckenpferd von mir», sagt sie Aus Begeisterung für den Beruf Mittelstufenlehrerin in Knonau. Die Idee selbst. Zurzeit absolviert sie den Master «Good vibes only» lautet das Motto von für das Instagram-Profil «Primardiaman- Fachdidaktik Medien und Informatik an Laura Hess für ihr Instagram-Profil. «Das ten» entstand vor acht Jahren. Sie erinnert der PH Schwyz. Viele ihrer Posts und Un- Ganze entstand aus meiner Begeisterung sich: «Ich war schon damals als frischge- terrichtstipps stammen aus diesem Be- für den Beruf. Ich hatte das Bedürfnis, backene Lehrerin sehr stolz, was ich zu- reich. «Im Unterschied zu den traditionel- diese Begeisterung mit anderen zu teilen.» sammen mit meinen Schülerinnen und len Fächern ist hier das Feld noch ziemlich Konsequenterweise berichtet sie nur über Schülern alles gemacht habe. Ich schickte offen und es entwickelt sich schnell», sagt die schönen Seiten des Lehrberufs. Ihre Fotos davon meinen Nicht-Lehrerinnen- Laura Hess. Tipps und Tricks drehen sich um zwei Kolleginnen. Sie antworteten: Jetzt hör Auf ihrem Blog konnte sie verfolgen, wie Schwerpunkte: zum einen das Class- doch einmal auf, immer von der Schule zu viele Lehrerinnen und Lehrer ihre room-Management, die Einrichtung ihres reden!» Materia lien herunterluden – es waren Schulzimmers, die Organisation der Ar- Instagram-Post zum Ende der Unterrichtseinheit Pablo Picasso: «Achtung Glücksgefühle!». ZLV-Magazin 3/21 10
Thema «Oh mein Gott, ich kenne dieses Schulzimmer!» beitsabläufe und zum anderen originelle Instagram schätzt sie auf eine halbe Stun- Gott, ich kenne dieses Schulzimmer!» An Unterrichtstipps und die entsprechenden de pro Tag. Er ist deshalb eher tief, weil sie der PH Luzern bot sie letzten Sommer ei- Unterlagen dazu. sich im Kontakt mit den Followerinnen nen Workshop an. Sie bekam den grössten «Mein Instagram-Profil ist eigentlich eher zurückhält. «Ich beantworte nicht je- Hörsaal, weil so viele Leute sie einmal per- nichts anderes als mein Klassenzimmer, den Kommentar, ich poste manchmal drei sönlich sehen wollten. «Es ist schon span- das ich für andere Lehrerinnen öffne», Wochen lang nichts, ich mache nur etwas, nend, welche Kreise das zieht», schmun- sagt die erfahrene Instagrammerin. Vor wenn ich auch etwas zu sagen habe», so zelt die Lehrerin nicht ohne Stolz. allem die jungen Lehrerinnen und Lehrer lautet ihr Instagram-Arbeitsmotto. seien konstant auf der Suche nach neuen Doch vielleicht ist gerade dieser authenti- Text: Roland Schaller; Fotos: Daniela Walser und Laura Hess Ideen, ja sie würden diese geradezu auf sche Auftritt das Geheimnis ihres Erfolgs. saugen, so ihr Eindruck. Wenn sie selbst Natürlich ist sie kreativ und hat gute Ide- einmal einen schlechten Tag in der Schule en, auf die andere nicht kommen. Aber die habe, Ärger mit den Kindern oder viel- Freude an der Sache steht über allem. «Ich leicht auch mit den Eltern, behält sie das mache das nicht, weil ich damit Geld ver- lieber für sich. dienen will. Ich mache das, weil es mir «Primardiamanten» ist eine Schatzkiste Spass macht.» für Lehrpersonen. Sie können darin stö- Nun werden langsam auch erste Firmen bern und das herausnehmen, was für den auf sie aufmerksam. Dazu eine kleine Ge- eigenen Unterricht passt. So sieht das schichte: In ihrem Schulzimmer steht ein Laura Hess. Und so funktioniert auch die Luftreiniger der Marke Dyson. Die Firma Instagram-Community, zu der sie sich verschenkte 150 Geräte an Personen aus zählt. Inzwischen gebe es viele andere dem Bildungsbereich, darunter eben auch Lehrerinnen und auch einige Lehrer, die an Laura Hess. Als Gegenleistung wies sie auf Instagram ihre Unterrichtsideen prä- in einem Post auf den Luftreiniger hin. sentieren. «Von überall her prasseln Ideen «Ich würde aber niemals für etwas Wer- auf einen ein. Das kann auch überfordern, bung machen, das ich nicht selbst brauche wenn man dauernd sieht, was für tolle Sa- oder hinter dem ich nicht stehen kann», chen alle anderen machen. Deshalb muss betont die junge Lehrerin. Absolut gese- man das auch relativieren können und hen sind 15 000 Followerinnen nicht un- herauspicken, was man selbst umsetzen bedingt viel, aber es handelt sich um eine kann», rät Laura Hess. eng begrenzte Klientel, die für Firmen aus Ein Wort zu ihrer eigenen Community: dem Bildungsbereich durchaus interes- 90 Prozent der Follower/-innen sind Frau- sant sein kann. en. Die Mehrheit ist zwischen 20 und 35 Und auch Laura Hess wird langsam selbst Jahren alt und viele unterrichten wie sie zu einem Promi. So kriegt sie etliche An- auf der Mittelstufe. fragen von jungen Lehrerinnen mit der Bitte, sie bei Fragen im ersten Unterrichts- Auf dem Weg zur Influencerin jahr zu unterstützen. Nebenbei: Das Die Unterrichtsmaterialien von Laura macht sie nicht, es wäre zu viel Aufwand. Hess entstehen für den eigenen Unter- Zwei Praktikantinnen an der Schule in richt. Deshalb sei auch alles in der Praxis Knonau betraten kürzlich ohne Vorwissen Vor acht Jahren startete die Mittelstufenlehrerin erprobt, wie sie betont. Den Aufwand für ihr Schulzimmer und riefen: «Oh mein Laura Hess ihr Instagram-Profil «Primardiamanten». ZLV-Magazin 3/21 11
Thema Seit 30 Jahren engagiert für eine innovative Schule: Administratorin Marion Heidelberger in ihrem Schulzimmer. «Alles, was allen Lehrpersonen nützt» Die Facebook-Gruppe «Lehrerinnen und Lehrer 2015 die Facebook-Gruppe «Lehrerinnen und Lehrer Schweiz». Schweiz» gibt es seit sechs Jahren. Die Gruppe zählt «Zu Beginn war das eine ziemlich einseitige Angelegenheit», er- mittlerweile über 5000 Mitglieder. Seit einiger Zeit zählt Marion Heidelberger. «Ich las sehr viel und postete alles, melden sich vermehrt Studierende und junge Lehr- was ich an schulpolitischen Beiträgen in den Medien gelesen und personen, beobachtet Administratorin Marion Heidel- gesehen hatte.» Die Gruppe wuchs kontinuierlich auf 2500 Mit- berger. glieder an. Und dann kamen Corona und der Lockdown. Gerade zu dieser Marion Heidelberger kennt die Schule und die Schule kennt Ma- Zeit erholte sie sich von einer Operation. «Ich lag zuhause im rion Heidelberger. Die Zürcher Primarlehrerin ist 53 Jahre alt Bett und machte nichts anderes als Social Media», schmunzelt sie und unterrichtet eine erste Klasse. Sie arbeitet seit über dreissig heute. Es herrschte eine grosse Unsicherheit bei den Lehrerinnen Jahren als Lehrerin und betreibt ebenso lange Schulpolitik in ver- und Lehrern und es gab ein starkes Bedürfnis nach Information. schiedenen Funktionen. Im ZLV leitet sie die Sektion Primar Da in der Facebook-Gruppe Lehrpersonen aus der gesamten stufe I. Zwölf Jahre war sie im Dachverband LCH aktiv, acht Jah- Deutschschweiz vertreten sind, wurden bald einmal Fragen ge- re als dessen Vizepräsidentin. Social Media ist ihr Ding. Sie stellt: «Wie macht ihr dies oder das im Aargau, in St. Gallen, in bewegt sich auf Facebook, LinkedIn, Twitter, Pinterest («hier gibt Schaffhausen?» Marion Heidelberger trat immer mehr in den es die besten Basteltipps») und TikTok («nur aus Neugier»). «Es Hintergrund und gleichzeitig wuchs die Gruppe sehr schnell. Ein geht mir nie darum, mich zu präsentieren, ich möchte Wissen Jahr später zählte sie fast doppelt so viele Mitglieder. «Die Face- abholen und Diskussionen über die Schule führen», sagt Marion book-Gruppe wurde zu einem Diskussionsforum, wo Mitglieder Heidelberger zu ihrem Engagement. Einzig ihr Instagram-Profil selbst Sachen posten und sich gegenseitig kommentieren – das ist privat und hat nichts mit Schule zu tun. freut mich sehr», beurteilt sie den Wandel. «Ich verfolgte nie ein definiertes Ziel, hatte nie ein Konzept, alles Von der One-Woman-Show zum Diskussionsforum entstand spontan und auch ein bisschen zufällig», sagt die Lehre- Seit 2010 ist sie auf Facebook mit einem persönlichen Profil prä- rin und Bildungspolitikerin heute. Und dennoch: In ihrer Funk- sent. «Ich postete damals vieles, was in den Medien zu Bildung tion als Geschäftsleitungsmitglied des LCH machte sie sich Ge- und Schule publiziert wurde», erinnert sie sich. Nach fünf Jahren danken, wie der Verband und seine Sektionen insbesondere wollte sie Schulpolitik und Privates trennen und so gründete sie junge Lehrerinnen und Lehrer ansprechen und dadurch zu mehr ZLV-Magazin 3/21 12
Thema Mitgliedern kommen könnte. Als Social-Media-Fan war sie da- «normalen» Beiträgen. Aber das lässt sie nicht zu: «Hier bin ich von überzeugt, dass es am erfolgreichsten über diese modernen rigoros.» Und es gibt keine Beiträge über Unterrichtsideen oder Kommunikationskanäle gelingen müsste – eine Idee, hinter der Bastelanleitungen. Nicht weil sie das langweilig findet, sondern sie auch heute noch voll steht. weil es auch dafür andere Facebook-Gruppen gibt. Gern gesehen sind Weiterbildungsangebote. Ein grosser Teil der Inhalte speist Viel Aufwand sich aber noch immer aus ihren eigenen Posts aus der Tages «Lehrerinnen und Lehrer Schweiz» ist eine private Facebook- presse. Gruppe – privat deshalb, weil das den Lehrpersonen einen gewis- sen Schutz bietet, gerade wenn heikle Themen diskutiert werden. Wie weiter? Das bedeutet, dass sie als Administratorin bestimmt, wer mitma- Ab nächstem Schuljahr übernimmt Marion Heidelberger zusätz- chen darf und wer nicht. Von potenziellen Mitgliedern möchte sie lich zum Unterricht ein halbes Pensum als Schulleiterin. Ausser- wissen, auf welcher Stufe und welche Fächer sie unterrichten. Ein- dem investiert sie mittlerweile mehr Zeit in ihr LinkedIn-Profil, treten dürfen aber nicht nur Volksschullehrpersonen, sondern wo ein schulpolitischer Fachdiskurs mit Leuten aus allen Berei- auch Leute aus dem Therapiebereich oder aus den Mittel- und Be- chen der Bildung stattfindet. Deshalb stellt sich für sie wohl dem- rufsschulen. In jüngerer Zeit beobachtet sie, dass Anfragen von nächst einmal die Frage, wie es mit der Facebook-Gruppe weiter- PH-Studierenden und jungen Lehrpersonen wieder zunehmen, gehen soll. obwohl Facebook in dieser Altersgruppe als out gilt. Im Schnitt Dazu sagt die Allein-Administratorin: «Darüber habe ich mir klopfen sieben Personen pro Tag an, die aufgenommen werden noch keine Gedanken gemacht. Die Gruppe läuft, es wird disku- möchten. tiert, die Schule bewegt sich, das ist mein Ziel. Ich geniesse den Flow. Aber es stimmt schon: Wenn ich morgen überfahren wer- de, dann gibt es diese Gruppe nicht mehr.» «Ich verfolgte nie ein definiertes Ziel, hatte nie ein Konzept, alles Text und Foto: Roland Schaller entstand spontan und auch ein bisschen zufällig.» Vor einem Jahr führte sie eine zweite Barriere ein: Posts müssen von ihr freigeschaltet werden. Das hatte mit Corona zu tun. Sel- ten zwar, aber es kam vor, dass Beiträge mit verschwörungstheo- retischen Inhalten gepostet wurden. «Das wollte ich auf keinen WEITERBILDUNG UND BERATUNG Fall!» Im Schnitt kommen fünf Posts pro Tag herein, die sie alle lesen und überprüfen muss. Marion Heidelberger schätzt, dass sie eine Stunde pro Tag für die Administration aufwendet – sie- ben Tage die Woche. Modul Schule in Bewegung Das Motto von Marion Heidelberger für die Facebook-Gruppe Tangram – lautet: «Alles, was allen Lehrpersonen nützt.» Der Groove der Kompetenzorientiert Gruppe, so sagt sie selbst, sei innovativ und nicht bewahrend oder rückwärtsgewandt. Das habe sicher auch mit ihr selbst und beurteilen ihrer Leidenschaft für eine Schule in Bewegung zu tun. «Natür- Beginn: Mittwoch, 1. September 2021 lich gibt es auch hin und wieder Kommentare, die mir nicht ge- fallen, aber damit habe ich kein Problem. Es soll ein offener Dis- Fördern und beurteilen von fachlichen und kurs stattfinden.» Meistens liest sie nur still mit. Selbst solche überfachlichen Kompetenzen. Diskussionen zu befeuern, indem sie beispielsweise eine provo- phzh.ch/beurteilen kative Aussage platziert, möchte sie nicht. Dafür fehle ihr schlicht und einfach die Zeit. Auch wenn kein Kriterienkatalog existiert, so ist für Marion Hei- delberger doch klar, welche Posts sie ablehnt. Zuerst einmal gel- ten die üblichen Kriterien, also keine diskriminierenden und be- leidigende Äusserungen. Das komme aber ganz selten vor, bis jetzt habe sie vielleicht fünf Personen blockieren müssen. Die Gruppe ist dezidiert kein Stellenportal, dafür gibt es andere Orte. Auch gibt es keine Werbung. Immer wieder versuchen Verlage, sie zu überlisten, beispielsweise mit Verweisen auf Produkte in ZLV-Magazin 3/21 13
News und Politik Illustration von Donat Bräm aus dem schön gemachten neuen Buch «Kompetenzorient beurteilen» von Hanni Lötscher, Markus Roos und Marcel Naas. «Aus vielfältigen Beurteilungsanlässen ein Gesamtbild erarbeiten» Der Lehrplan 21 fordert einen kompetenzorientierten Unterricht. Dazu gehört zwingend auch das kompetenz orientierte Beurteilen. Wie das funktionieren könnte, zeigen die drei PH-Dozent/-innen Hanni Lötscher, Marcel Naas und Markus Roos in ihrem neuen Buch. ZLV-Magazin 3/21 14
News und Politik Weshalb habt ihr dieses Buch geschrieben? auch andere Prüfungsformen. Die Beurteilung dient vorwiegend Hanni Lötscher: Wird die Kompetenzorientierung ernst ge- der adaptiven Lernunterstützung. Dazu braucht es zuerst eine nommen, dann muss auch die Beurteilungskultur kompetenz Diagnose. Erst danach kann man die nächsten Schritte planen. orientiert sein. Die Art und Weise, wie geprüft wird, wirkt sich darauf aus, wie gelernt wird. In eurem Buch sprecht ihr von «Daten erheben». Marcel Naas: Der hep-Verlag wünschte sich eine Ergänzung Wie grenzt ihr euch davon ab, dass es sich zum Buch «Kompetenzorientierter Unterricht». Dort klammer- beim Beurteilen um eine wissenschaftliche ten wir das kompetenzorientierte Beurteilen aus Platzgründen Forschungsarbeit handelt? aus, obwohl das eine ohne das andere nicht geht. Mit dem LP 21 Roos: Beim wissenschaftlichen Vorgehen geht es darum, wie ich muss sich nicht nur der Unterricht, sondern auch die Beurtei- zu einer Erkenntnis komme. Beim Beurteilen steht die Lehrper- lungspraxis ändern. son zwar auf einer anderen Ebene, ein Stück weit aber vor einem Markus Roos: Als wir vor drei Jahren mit dem Buchprojekt star- ähnlichen Problem – vor allem wenn die Eltern kritisch nachfra- teten, gab es auf diesem Gebiet nur wenige Publikationen für die gen: Wie ist diese Note zustande gekommen? Jetzt müssen die Volksschule, entweder ganz praktische Sachen oder sehr theore- Lehrerin und der Lehrer darüber Auskunft geben, wie sie zu die- tische Literatur. Unser Buch bewegt sich auf einer mittleren Flug- ser Erkenntnis gekommen sind. Was gilt als Beleg? Reicht es, höhe, verständlich geschrieben und theoretisch fundiert. wenn das Kind die vier Feinde des Marders benennen kann? Oder zählen auch meine Beobachtungen, die ich verdichtet und Und für wen habt ihr es geschrieben? mit dem Kind besprochen habe? Wie kann ich das erstellte Pos- Naas: Für die Ausbildung, aber auch für gestandene Lehrperso- ter ebenfalls in die Beurteilung einbeziehen? Wir haben natürlich nen, die sich inspirieren lassen oder ganz allgemein ins Thema versucht, das so herunterzubrechen, dass es im Unterrichtsalltag vertiefen möchten. Es ist ein theoriegestütztes Buch für die Praxis. handhabbar wird. Das Grundlagenkapitel von Hanni Lötscher und Markus Roos dient zudem sicher auch Dozierenden als Nachschlagewerk für «Die Art und Weise, wie geprüft Begriffe, die rund ums Thema Beurteilen oft verwendet werden. Roos: Ich kann mir vorstellen, dass ganze Schulhausteams ein- wird, wirkt sich darauf aus, wie zelne Kapitel daraus lesen und sich überlegen: Wie läuft das bei gelernt wird.» uns? Machen wir es auch so? Oder anders? Und weshalb? Hanni Lötscher Lötscher: Das Buch kann als Verständigungsmittel dienen. Wie das Unterrichtshandeln, so ist auch das Beurteilungs- und Dia Lötscher: Ich würde nicht von Abgrenzung, sondern von An gnosehandeln der Lehrpersonen sehr komplex. Es läuft vieles in- lehnung sprechen: Ja, Beurteilen hat etwas mit einem For- einander und passiert manchmal innerhalb von wenigen Sekun- schungsprozess zu tun, nämlich im Sinne von «Kinder wahrneh- den. Im Buch liefern wir Modelle, welche diese Komplexität men oder entdecken». Die Kinder merken das übrigens: Ah, strukturieren. Das hilft den Lehrerinnen und Lehrern, zu klären, diese Lehrperson interessiert sich dafür, was ich denke und was wovon sie genau sprechen. ich kann. Dieses Wahrnehmen ist die höchste pädagogische Aufgabe. Kompetenzorientiert beurteilen: Worum geht es Naas: Es stimmt, wir sprechen von Daten erheben. Das kann den dabei im Kern? Eindruck einer Forschungsarbeit hervorrufen. Wir verstehen das Roos: Früher wurde noch sehr stofforientiert unterrichtet. Dann aber durchaus niederschwellig. Schon wenn eine Lehrerin sich lautete eine Prüfungsfrage zum Beispiel: Nenne die vier Feinde anschaut, was das Kind gemacht hat, hat sie «Daten» erhoben. des Marders. Die Schülerinnen und Schüler konnten zwei, drei, Wir suchten einen allgemeinen Begriff für so unterschiedliche vielleicht sogar alle vier Feinde aufzählen. Daraus wurde die N ote Dinge wie Texte, Handlungen und Produkte und kamen so auf berechnet. Wenn man den LP 21 und die Kompetenzorientie- den Begriff «Daten». rung ernst nimmt, dann braucht es heute gezwungenermassen andere Formen von Beurteilung. Wie das aussehen könnte, zei- Wie sollen die Lehrerinnen und Lehrer konkret gen wir in unserem Buch. vorgehen? Naas: Wenn man kompetenzorientiert beurteilen möchte, dann Roos: Sie sollen möglichst vielfältig «Daten» erheben, wie wir es muss man aus möglichst vielfältigen Beurteilungsanlässen ein vorhin besprochen haben. Das Vorgehen soll dem entsprechen- Gesamtbild erarbeiten. Wir möchten weg davon, dass alles mit den Lernziel, Lerngegenstand oder Unterrichtssetting angemes- summativen Tests bis auf Kommastellen arithmetisch genau be- sen sein. Manchmal ist ein Gespräch sinnvoll, manchmal eine urteilt und am Schluss auf- oder abgerundet zu einer Schulnote Beobachtung oder das Herstellen eines Produkts. Die Lehrper- wird. Unser Anliegen: Kompetenzorientierung geht darüber hin- son muss im Unterricht für die Kinder da sein und sie eng beglei- aus. Der Prozess, die Handlung und verschiedene Formen von ten, danach die Resultate anschauen und daraus Rückschlüsse Performanz sollen zu einer Note führen, nicht nur ein summati- auf den Lernprozess ziehen. ver Abschlusstest. Lötscher: Lehrerinnen und Lehrer dürfen sich nicht von einer Lötscher: Beim Kompetenzbegriff geht es darum, das Wissen und Verwaltungsmentalität einschüchtern lassen: Ich muss alles auf- Können in Anwendungssituationen zu realisieren. Das verlangt schreiben und dann ins Lehreroffice eintragen. Das ist nicht nö- ZLV-Magazin 3/21 15
News und Politik tig. Wenn Lehrpersonen dem Kind eine differenzierte Rückmel- kompetenzorientierte Beurteilen ist viel befriedigender als das dung geben, vielleicht in Form von Notizen auf einem Produkt, Beurteilen in meinem Lieblingsbeispiel der vier Feinde des Mar- dann steht das ja da und kann wieder hervorgeholt werden. Ich ders. Deshalb wählten die Lehrerinnen und Lehrer diesen Beruf. bin auch gegen administrative Vorgaben, wie einmal pro Woche Sie möchten die Kinder eng begleiten und zu einem Ziel führen. ein Gespräch führen. Es hängt von der spezifischen Situation Dafür schlägt das Herz der Lehrerinnen und Lehrer. und Thematik ab, wie zeitnah eine Diagnose gemacht und kom- muniziert werden soll. Eure Einschätzung: Wie sieht die Realität beim kompetenzorientierten Beurteilen in den Schulen aus? «Mein Ratschlag lautet: Mut haben Roos: Total heterogen. Es gibt Schulen, die sind schon sehr weit, und es gibt Schulen, die eben gerade gemerkt haben, dass etwas zur Vielfalt und wegkommen vom passieren muss. Auch innerhalb der Schulen sind die einzelnen schriftlichen Abschlusstest.» Lehrpersonen unterschiedlich weit. Seit einigen Jahren kennen die Marcel Naas Absolventinnen und Absolventen der Pädagogischen Hochschu- len nichts anderes als den LP 21. Für sie kann es eher ein Problem Naas: Mein Ratschlag lautet: Mut haben zur Vielfalt und weg- sein, in eine Praxis zu kommen, die möglicherweise anders funk kommen vom schriftlichen Abschlusstest. Oder zumindest: zu- tioniert. Es braucht dann Mut, dass sie nicht zurückfallen. In mei- sätzlich zum schriftlichen Abschlusstest weitere Situationen mit- nem Beispiel: Die vier Feinde des Marders, das ist doch viel einfa- einbeziehen, die zu einer Einschätzung der Kompetenz führen. cher zu fragen und mein Kollege nebenan macht das auch so. Naas: Es hat viel mit der Haltung zu tun, die in einem Team, auch Ist das nicht mit einem viel höheren Aufwand in einem Jahrgangsteam herrscht. Möglicherweise gibt es dort verbunden? Personen, die Angst vor Rekursen haben, wenn eine Note nicht Lötscher: Es ist wichtig, dass man den Begriff «Daten» nicht zu arithmetisch bewiesen werden kann. Wer als junge Lehrerin, hoch hängt. Daten sind das, was beobachtbar ist. Daten sind noch junger Lehrer in ein solches Team kommt, hat wenig Chancen, keine Informationen. Was uns wichtig ist: Es gibt einen Schritt, etwas Neues zu initiieren. Es gibt aber auch Teams, die von Be- wo Lehrpersonen hinschauen und «Daten» erheben. Und dann ginn weg anders funktionieren, auch mit Unterstützung der gibt es einen weiteren Schritt, wo sie aus den erhobenen Daten Schulleitungen. Dort findet diese Auseinandersetzung statt. Informationen und Erkenntnisse gewinnen. Das passiert im Un- Lötscher: Es gibt Traditionen, das hat kürzlich der Film «Mein Le- terricht manchmal sehr spontan und das ist auch gut so. ben mit dem Notendurchschnitt» im Schweizer Fernsehen gezeigt. Roos: Der Aufwand für das Sammeln von Daten, wie wir es be- Wenn eine 5,2 fürs Weiterkommen reicht, eine 5,1 aber nicht, und schreiben, ist schon etwas höher als die simple Frage nach den wenn man zusätzlich weiss, wie nichtssagend dieser Unterschied vier Feinden des Marders. Wer bisher so beurteilte, muss für das ist, dann ist das schon bedenklich. Es ist deshalb wichtig, dass kompetenzorientierte Beurteilen umstellen. Man kann aber an Lehrpersonen die Kompetenzen ihrer Schülerinnen und Schüler einem Ort beginnen, kann einzelne Elemente ausprobieren. Ich beschreiben und beurteilen können. Das ist viel genauer als das plädiere dafür, dass stark im Team gearbeitet wird. Nicht jede Zusammenzählen von Prüfungsnoten. Unser Buch soll den Lehr- Lehrperson muss alles selbst neu erfinden. Ich bin überzeugt, das personen helfen, ihr Handeln selbstbewusst zu vertreten. Kompetenzorientiert beurteilen Im Buch werden neue Konzepte und Vorgehensweisen vorgestellt, die Lehrpersonen der Volksschule als Orientierungshilfe bei der kompetenzorientierten Beurteilung dienen können. Auf den didaktischen und lernpsychologischen Grundlagentext von Hanni Lötscher und Markus Roos folgen neun fachdidaktische Beiträge mit anschaulichen Unterrichtsbeispielen aus allen drei Zyklen. hep-Verlag 2021, 396 Seiten, 41 Franken Hanni Lötscher Er ist ursprünglich Primarlehrer und studierte Pädagogik, arbeitet als Studienbereichsleiterin Bildungs- und Sozial Didaktik des Mittelschulunterrichts und Publizistik. wissenschaften und als Dozentin an der PH Luzern. Zuvor war sie Mitglied der Projektleitung «Ganzheitlich Beurteilen und Marcel Naas Fördern» im Kanton Luzern. Sie ist ursprünglich Primarlehre- arbeitet als Bereichsleiter für Bildung & Erziehung an der PH rin und studierte Pädagogik, Didaktik des Mittelschulunter- Zürich. Er ist ursprünglich Sekundarlehrer und studierte an- richts sowie Sonderpädagogik. schliessend Pädagogik, Publizistik und Philosophie. ZLV-Ma- gazin-Leser/-innen kennen ihn bereits als Autor des Buchs Markus Roos «Praxisschock». arbeitet als Co-Fachschaftsleiter und Dozent für Bildungs- und Sozialwissenschaften an der PH Zug. ZLV-Magazin 3/21 16
News und Politik Zum Schluss: Welchen Wunsch richtet ihr an die Schülerinnen und Schüler an, einander differenzierte Rückmel- Lehrerinnen und Lehrer? dungen zu geben. Dann ist man nahe bei den Kindern, bei den Roos: Ich wünsche mir, dass die Lehrpersonen sich von unserem Jugendlichen und bei den Lernprozessen. Darum geht es im Buch anregen lassen, wo auch immer sie im Buch einsteigen. Sie LP 21: Lernprozesse verstehen und unterstützen. sollen sich überlegen, was sie anspricht, was sie gerne umsetzen Naas: Ich wünsche mir von den Lehrerinnen und Lehrern, möchten – auch als Team. Ich empfehle den Lehrerinnen und dass sie wegkommen von der Verwaltungsmentalität, vom Lehrern, einen ersten Schritt zu tun, ins Handeln zu kommen Arithmetik-Glauben und der angeblichen Wahrheit der errech- und Erfahrungen mit den neuen Instrumenten zu sammeln. Und neten Ziffern. Ich wünsche mir auch als Vater, dass Lehrpersonen ich wünsche mir, dass sie einen langen Atem haben und dran- die Noten meiner Kinder anders begründen als mit einem bleiben. Ihr Hauptfokus soll auf die Kinder und ihre Lernprozes- Notendurchschnitt, der dann nach den üblichen Regeln auf- se gerichtet sein. oder abgerundet wird. Das erreicht man mit einer vielfältigen Beurteilungspraxis und mit dem Mut zu einer ganzheitlichen «Die Lehrperson muss im Beurteilung. Unterricht für die Kinder da Interview: Roland Schaller; Illustration: Donat Bräm / hep-Verlag sein und sie eng begleiten, danach die Resultate anschauen und daraus Rückschlüsse auf den ZLV und SekZH zu Noten Die beiden Verbände haben eine gemeinsame Stellung Lernprozess ziehen.» nahme zur Parlamentarischen Initiative «Kein Verzicht auf Markus Roos Schulnoten» im Zürcher Kantonsrat erarbeitet. Darin legen die beiden Verbände auch allgemein ihre Haltung zu Fragen Lötscher: Ich wünsche mir, dass Lehrpersonen etwas heraus der Beurteilung dar. picken, mit den Schülerinnen und Schülern zusammen umset- zen und schauen, was passiert – zum Beispiel eine der fünf for- www.zlv.ch > Politik > Vernehmlassungen mativen Strategien. Sie lancieren das Peerfeedback und leiten die Archäologiekoffer als mobiles Museum im Schulzimmer Didaktische Archäologiekoffer ermöglichen eine «begreifbare» Vermittlung der Geschichte und ein Lernen durch Handeln. Inhalt: Palette von archäologischen Objekten, Leitfaden für Lehrpersonen, Spiel- und Werkanleitungen, audiovisuelle Unterlagen Vier Koffertypen: Steinzeit, Kelten, Römer, Mittelalter Ausleihe: gratis Reservationen: Kantonsarchäologie Zürich, Stettbachstr. 7, 8600 Dübendorf, 043 259 69 00 www.archaeologiekoffer.ch Stiftung für Archäologie und Kulturgeschichte im Kanton Zürich ZLV-Magazin 3/21 17
News und Politik Circolino Pipistrello – mehr als ein Mitspielzirkus Seit 40 Jahren ist der Circolino Pipistrello unterwegs. wie heute, den Teilnehmenden während einer Woche den Traum In seiner Grösse gewachsen, ist er seiner Idee treu ge- vom Zirkus zu ermöglichen. Die Pipistrelli, die Teammitglieder blieben: Zirkus machen können alle Menschen. im Betrieb, sind die Traumfängerinnen und Traumfänger. Sie lei- ten die Proben mit den Mitspielenden. Der Circolino Pipistrello wurde 1981 als Mitspielzirkus mit eige- Der Circolino Pipistrello bietet ein Erlebnis für Kinder, bei dem nem Zirkusprogramm gegründet. Was damals ein Sommerpro- man tatkräftig mit anpackt, seiner Fantasie freien Lauf lässt, in jekt war, ist zum grössten Mitspielzirkus der Schweiz mit Winter- der Gruppe Erfolge feiert und als Einzelner über sich hinaus- quartier in Rikon im Tösstal herangewachsen. Die Idee ist damals wachsen kann. ZLV-Magazin 3/21 18
News und Politik Teilnehmende Die Stars der Pipistrello-Manege sind keine weltberühmten Ar- tist/-innen. Das Zelt ist voll von Kindern, Jugendlichen, Erwach- senen und Senior/-innen, Menschen mit und ohne Behinderung, die ihre ersten Schritte übers Seil wagen oder auf Fässern laufen. Aus stillen Schüler/-innen werden auf einmal freche Clowns, Se- nior/-innen wagen den Rollstuhltanz und Gehörlose werden zu brüllenden Löwen. Die Teilnehmenden können während einer Woche aus der eigenen Haut schlüpfen, die eigenen Grenzen überwinden und sich ein neues Kostüm überziehen. Wichtig ist das kreative Arbeiten in der Gruppe, Einzelleistungen stehen im Hintergrund. Das Ziel der Woche ist eine Galavorstel- lung oder gar ein Zirkusfest, welche die Teilnehmenden selbst erarbeitet haben. Sie machen die selbst kreierten Direktionsan sagen, sie präsentieren ihre Nummern und sie begleiten das Pro- gramm mit ihrer eigenen Livemusik. Von den Pipistrelli können Wenn der Circolino Pipistrello bei Institutionen gastiert, ge- maximal 100 Teilnehmende betreut werden. In Heim-, Integra- schieht Erstaunliches. Im Zirkus kommen andere Stärken zum tiv- oder Sonderschulwochen ist die Teilnehmerzahl auf 80 be- Zug als in der Schule. So wird vielleicht aus dem scheuen Erst- grenzt. klässler ein witziger Clown und aus der vorlauten Fünftklässlerin eine Pantomime. Sie können aus ihrer alten Rolle in ein neues Pipistrelli Kostüm schlüpfen. Ein Ergebnis des klassenübergreifenden Die bunte Zirkusfamilie besteht aus 16 tatkräftigen Menschen aus Schaffens könnte sein, dass die Sechstklässler/-innen nicht mehr unterschiedlichsten Berufswelten. Von Schauspieler/-innen und die unbekannten Grossen, sondern die sympathischen Starken Artist/-innen über Lehrerinnen, Psychologen, Sozialarbeitern, sind, die einem aufs Trapez helfen. Kleinkinderzieherinnen, soziokulturellen Animatoren bis zu Hier werden Grenzen des Schulsystems auf natürliche Weise Schreinerinnen, Mechanikern und Elektromonteurinnen sind al- durchbrochen. Es öffnet sich ein Horizont voller Möglichkeiten, le mit dabei auf der Zirkusreise quer durch die Schweiz und erfolgreich seine Fantasien lebendig werden zu lassen. In einer Liechtenstein. Allen gemeinsam ist die Faszination für den Zirkus Zirkusprojektwoche erleben die Kinder ihre Schule von einer an- und die Freude, diese wunderbare Welt mit anderen zu teilen. deren Seite. Beim Einstudieren der Zirkusnummer stehen Team- work, Fantasie und Respekt voreinander im Vordergrund. Oft Zirkuswochen organisieren trägt die Zirkusprojektwoche zum Wir-Gefühl bei und beein- Mitmachen können alle Menschen, ob jung oder alt, mit oder flusst das Klima positiv. ohne Behinderung. Wenn Veranstalter/-innen eigene Projekt Für das Organisieren eigener Zirkuswochen finden sich ideen haben, dürfen sie gerne mit dem Circolino Pipistrello Kon- mehr Informationen und Kontaktdaten auf der Website takt aufnehmen. Hand in Hand können Projektwochen entste- www.pipistrello.ch hen, die über den klassischen Zirkus hinauswachsen. Text und Fotos: Circolino Pipistrello ZLV-Magazin 3/21 19
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