OLIVIER MESSIAEN HENRI DUTILLEUX - Münchner ...
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OLIVIER MESSIAEN »Les offrandes oubliées« HENRI DUTILLEUX Cellokonzert »Tout un monde lointain...« DAVID AFKHAM, Dirigent GAUTIER CAPUÇON, Violoncello JOHANNES BRAHMS Samstag 27_10_2018 19 Uhr 1. Symphonie Sonntag 28_10_2018 11 Uhr Montag 29_10_2018 20 Uhr
DAS PHILHARMONISCHE MUSICAL FÜR DIE GANZE FAMILIE Spitzenklang trit Kinderspaß! Sonntag 19_05_2019 11 und 15 Uhr Montag 20_05_2019 10 Uhr Vorstellung für Kindergärten und Grundschulen Philharmonie im Gasteig MÜNCHNER PHILHARMONIKER LUDWIG WICKI, Dirigent Buch, Musik, Realisation: Infos zum Vorverkauf unter spielfeld-klassik.de und 089 480 98 50 90 München Ticket KlassikLine In freundschatlicher 089 54 81 81 400 Zusammenarbeit mit Kinder 10 €, Erw. 13 – 29 €
OLIVIER MESSIAEN »Les Offrandes oubliées« (Die vergessenen Gaben Gottes) Méditation symphonique pour orchestre 1. »La Croix« (Das Kreuz): Très lent, douloureux, profondément triste 2. »Le Péché« (Die Sünde): Vif, féroce, désespéré, haletant 3. »L’Eucharistie« (Die Eucharistie): Extrêmement lent, avec une grande pitié et un grand amour HENRI DUTILLEUX Konzert für Violoncello und Orchester »Tout un monde lointain...« (Eine ganz entfernte Welt...) 1. »Énigme« (Rätsel): Très libre et flexible 2. »Regard« (Blick): Extrêmement calme 3. »Houles« (Wogen): Large et ample 4. »Miroirs« (Spiegel): Lent et extatique 5. »Hymne« (Hymne): Allegro – Pause – JOHANNES BRAHMS Symphonie Nr. 1 c-Moll op. 68 1. Un poco sostenuto – Allegro 2. Andante sostenuto 3. Un poco allegretto e grazioso 4. Adagio – Più andante – Allegro non troppo, ma con brio – Più allegro DAVID AFKHAM, Dirigent GAUTIER CAPUÇON, Violoncello Konzertdauer: ca. 1 ¾ Stunden 121. Spielzeit seit der Gründung 1893 VALERY GERGIEV, Chefdirigent ZUBIN MEHTA, Ehrendirigent PAUL MÜLLER, Intendant
2 Von religiöser Reinheit und Verklärung OLIVIER MESSIAEN: »LES OFFRANDES OUBLIÉES« GENIALER EINZELGÄNGER »DAS KREUZ« Im Schaffen des 1908 geborenen und 1992 Die 1930 entstandene Partitur von »Les verstorbenen Olivier Messiaen sind es immer Offrandes oubliées« (Die vergessenen Ga- wieder dieselben Motive, die sein Œuvre von ben Gottes) war Messiaens erste vollgültige den Anfängen in den späten zwanziger und Orchesterarbeit und entstand als eine Art frühen dreißiger bis hin zu den letzten Wer- Gesellenstück zum Abschluss seines Studi- ken Anfang der neunziger Jahre durchzie- ums bei Paul Dukas am Pariser Conservatoi- hen: seine feste Verwurzelung im christli- re. Messiaen bezeichnet das Werk im Unter- chen Glauben, seine Liebe zum Gesang der titel als »Symphonische Meditation«. Thema Vögel, die Lust an musikalischen Farben und ist, so Messiaen, das Vergessen Gottes in ein freier, sehr individueller Gebrauch von einer von Sünde zernagten Welt. Die drei musikalischen Techniken. Motive, die seine Abschnitte sind »Das Kreuz«, »Die Sünde« Werke so unverwechselbar machen wie die und »Die Eucharistie« überschrieben. Das Gemälde von Pablo Picasso. Aus diesen Ele- Werk beginnt mit einer langen, sehr ruhigen menten entwickelte Messiaen seinen musi- und geradezu meditativen Kantilene der kalischen Kosmos, der so individuell und Streicher über liegenden, für die Harmonik gleichzeitig vielschichtig, so universal da- Messiaens typischen Akkorden. Die vom herkommt wie bei nur wenigen Komponisten gregorianischen Choral inspirierte Melodik des 20. Jahrhunderts. Messiaen, der über ist nicht mehr tonal gebunden und wechselt Jahrzehnte als Organist an der Kirche Sainte gegen Ende des ersten Abschnitts in die Trinité in Paris wirkte, hat sich nie von Mo- tiefen Register. den oder Strömungen leiten lassen. »Wenn es jemanden gibt, der seinem persönlichen »DIE SÜNDE« Weg unbeirrbar folgte, so Messiaen«, resü- mierte Pierre Boulez in seinem Nachruf auf Der zweite Abschnitt gleicht einem Hexen den verehrten Lehrer am Pariser Conserva- sabbat. Der stürmische, sehr unruhige Satz toire. ist von einer rhythmischen Gewalt, einer Unruhe und Vitalität, die in denkbar schärfstem Kontrast zum ersten Teil stehen.
3 Mächtige Akzente der Blechbläser, Fanfaren dig vorausgeht – erinnert man sich nicht und auffahrende Figuren der Streicher kün- mehr der irdischen Freuden und Leiden. Man den von Messiaens Vorstellung von Sünde. erinnert sich nur mehr an seine guten und »Nach dem Tod – während der Läuterung, bösen Taten. In diesem Augenblick werde die der endgültigen Schau Gottes notwen- ich all’ das bedauern, was ich womöglich an Bösem getan habe. Aber ich werde mich auch über all’ das freuen, was ich womöglich an Gutem getan habe, und die Erinnerung daran wird mir helfen, zu der ersehnten Er- kenntnis des Unsichtbaren zu gelangen«, ZITAT »DAS KREUZ: Klage der Streicher, deren schmerzvolle ›Neumen‹ die Melodie in Gruppierungen ungleicher Dauer unterteilen, von tiefen grauen und malvenfarbigen Seufzern zerschnitten. DIE SÜNDE: Dargestellt hier als eine Art ›Lauf in den Abgrund‹, in einer nahezu ›mechanisierten‹ Geschwindigkeit. Man wird die starken Akzente bemerken (Beu- gungsendungen in der Grammatik vergleichbar), das Pfeifen der Olivier Messiaen (1930) Glissandi, die schneidenden Rufe BLICK INS LEXIKON der Trompeten. DIE EUCHARISTIE: Lange und OLIVIER MESSIAEN langsame Phrase der Violinen, »Les Offrandes oubliées« die sich über einem Teppich aus (Die vergessenen Gaben Gottes) pianissimo-Akkorden erhebt, rot-, Méditation symphonique pour orchestre gold-, blaugetönt (gleich einem Lebensdaten des Komponisten fernen Kirchenfenster), im Lichte geboren am 10. Dezember 1908 in der gedämpften Streichersoli. Die Avignon; gestorben am 27. April 1992 Sünde ist die Gottvergessenheit. in Paris Das Kreuz und die Eucharistie sind die göttlichen Opfer: ›Siehe Entstehung da, mein Leib, der für euch hinge- 1930 geben wird. Siehe da, mein Blut, Uraufführung das für euch vergossen wird.‹« am 19. Februar 1931 in Paris im Théâtre Olivier Messiaens Erläuterungen zu des Champs-Élysées »Les Offrandes oubliées« Olivier Messiaen: »Les Offrandes oubliées«
4 Die Kompositionsklasse von Paul Dukas, Olivier Messiaen ganz rechts hat er einmal notiert. Vor allem in diesem christlichen Glauben. Mit welchen Mitteln er zweiten Abschnitt arbeitet der Komponist die meditativen Ausdrucksqualitäten seiner mit der von Strawinsky bekannten Technik Musik ins Religiöse steigert, beschreibt der Ausdehnung und Kontraktion rhythmi- Messiaen selbst so: »Modi, die motivisch scher Zellen, wodurch ein Gefühl von Ner- wie harmonisch eine Art Allgegenwart ver- vosität und Unruhe entsteht. wirklichen, bringen den Hörer der Ewigkeit in Raum und Unendlichkeit näher. Spezielle »DIE EUCHARISTIE« Rhythmen außerhalb jedes Taktschemas tragen entschieden dazu bei, ihn der irdi- Der dritte und letzte Teil »Die Eucharistie« schen Zeit zu entfremden.« knüpft deutlich hörbar an den Beginn der Komposition an. Mit einer unendlichen Me- Martin Demmler lodie der ersten Violinen über einem Klang- teppich gedämpfter Solo-Geigen und -Brat- schen erzeugt Messiaen eine kunstvoll sti- lisierte Atmosphäre religiöser Reinheit und Verklärung. Geradezu ätherisch und in voll- kommener Harmonie schließt das knapp zwölf Minuten lange Stück. EWIGKEIT IN RAUM UND ZEIT »Les Offrandes oubliées« begründete Mes- siaens Erfolg als Komponist. Es war das ers- te Orchesterwerk, in dem er seinen Perso- nalstil voll entwickelte. Hier klingen alle Leitmotive seiner Ästhetik an. Dazu gehören die in kostbare Klangfarben gehüllte Sinn- lichkeit seiner Harmonik, ungewöhnliche Rhythmen sowie der von weltpolitischen Realitäten unbeeindruckte Hymnus an den Olivier Messiaen: »Les Offrandes oubliées«
5 »Les Offrandes oubliées« DAS GEDICHT ZUR MUSIK »LES OFFRANDES OUBLIÉES« MÉDITATION SYMPHONIQUE Les bras étendus, triste jusqu’à la mort, sur I’arbre de la Croix vous répandez votre sang. Vous nous aimez, doux Jésus, nous l’avions oublié. Poussés par la folie et le dard du serpent, dans une course haletante, effrénée, sans relâche, nous descendions dans le péché comme dans un tombeau. Voici la table pure, la source de la charité, le banquet du pauvre, voici la Pitié adorable offrant le pain de la Vie et de l’Amour. Vous nous aimez, doux Jésus, nous l’avions oublié. Olivier Messiaen
6 »DIE VERGESSENEN GABEN GOTTES« SYMPHONISCHE MEDITATION Die Arme ausgebreitet, zu Tode betrübt, vergießest du auf dem Kreuzesstamm dein Blut. Du liebst uns, süßer Jesus, wir haben es vergessen. Vom Wahnsinn und von der Schlange Zunge getrieben, sind wir in einem atemlosen, hemmungslosen, rastlosem Lauf in die Sünde hinabgestiegen wie in ein Grab. Hier ist der reine Tisch, der Quell der Mildtätigkeit, das Festmahl der Armen, hier das anbetungswürdige Mitleid, das uns das Brot des Lebens und der Liebe darbietet. Du liebst uns, süßer Jesus, wir haben es vergessen. Olivier Messiaen: »Les Offrandes oubliées«
7 Hommage à Charles Baudelaire HENRI DUTILLEUX: VIOLONCELLOKONZERT Immer wieder hat sich der 1916 geborene Er hat sich konsequent allen Schulen und Henri Dutilleux außermusikalischer Vorlagen Dogmen der Nachkriegsavantgarde verwei- für seine Werke bedient. Das konnten Gemäl- gert und seinen ganz eigenen Stil entwi- de van Goghs sein, abstrakte Figuren aus der ckelt; eine Klangwelt, die zwischen Traum- Rhetorik oder auch literarische Arbeiten. Im vision und bewusster Konstruktion chan- Falle von »Tout un monde lointain« (Eine ganz giert. Vorbild war ihm dabei zum einen die entfernte Welt) waren es Verse aus Charles Musik Claude Debussys mit seiner Kunst des Baudelaires (1821–1867) Gedichtband »Die endlos fluktuierenden Augenblicks, zum an- Blumen des Bösen«, die Dutilleux zu seinem deren die Werke von Hector Berlioz, dem Cellokonzert inspirierten. Doch ihm ging es revolutionären Entdecker instrumentaler nie um eine programmatische Abbildung sei- Wirkungen und einer äußerst verfeinerten ner Vorlagen, sondern sie dienen fast immer Klangfarbenpalette. als poetische Hinweise auf den Charakter oder die Stimmung der Musik. Bei diesem LANGER ENTSTEHUNGSPROZESS Stück ist der Zusammenhang allerdings noch vertrackter. Denn Dutilleux erklärte, er habe »Tout un monde lointain« entstand in den die Gedichtpassagen Baudelaires keines- Jahren 1967 bis 1970 als Auftragswerk des wegs im Sinn gehabt, als er mit dem Kompo- Dirigenten Igor Markevich, der es mit sei- nieren begann, sondern erst, als er mit der nem Orchestre Lamoureux und Mstislav Arbeit fast fertig war, habe er nach Korres- Rostropovich als Solisten zur Uraufführung pondenzen in der Lyrik dieses Dichters ge- bringen wollte. Doch als der stets sehr be- sucht. Es sind also weniger Deutungshilfen, dächtig und skrupulös arbeitende Dutilleux sondern eher Entsprechungen in einem an- die Partitur schließlich vollendet hatte, war deren künstlerischen Medium. Markevich bereits nicht mehr im Amt, so dass Serge Baudo die Leitung der Premiere IN DER NACHFOLGE VON DEBUSSY übernahm, die 1970 in Aix-en-Provence UND BERLIOZ stattfand. Dutilleux gehört zu den wichtigsten franzö- sischen Komponisten des 20. Jahrhunderts. Henri Dutilleux: Violoncellokonzert
8 OPULENTE KLANGLICHKEIT Spektrum an Klangfarben interagiert. Vor allem in den kraftvollen Tutti-Passagen fällt Den Titel des knapp halbstündigen Werkes eine opulente Klanglichkeit auf, wie man sie entlehnte Dutilleux Baudelaires ausschwei- auch von anderen französischen Komponis- fend-sinnlichem Gedicht »La chevelure« ten – Claude Debussy, Maurice Ravel oder (Das Haar). Jedem der fünf Sätze hat der Olivier Messiaen – kennt. Komponist ein kurzes Fragment aus ver- schiedenen Gedichten Baudelaires voran- SPIEGEL-BILDER gestellt. Beim ersten Satz, »Énigme« (Rät- sel), sind das die Worte »Und in der ganzen Den zweiten Satz, »Regard« (Blick), eröffnet seltsam gleichnishaften Art«. Wenige Kon- Dutilleux mit den Worten Baudelaires: »Gift, zerte des 20. Jahrhunderts beginnen ähn- das aus deinen Augen träufelt, deinen grü- lich schön: Über einem zarten Schlag- nen Augen, diesen Seen wo meine Seele zeug-Klangteppich steigt eine Melodie im bebt und umgekehrt ihr Bild erblickt«. Er wird Solo-Violoncello auf, nimmt einen zweiten weitgehend durch große melodische Bögen Anlauf, formuliert Fragen. Nach diesem aus- des Soloinstruments im hohen Register be- gedehnten Rezitativ des Soloinstruments stimmt, unterstützt von massiven Akkorden werden fast unbemerkt weitere Orchester- der Streicher. In anderen Passagen verhal- instrumente ins Spiel gebracht, bevor das ten sich Violoncello und Begleitapparat fast Cello mit einem immer größer werdenden spiegelbildlich zueinander, was zu interes- santen harmonischen Effekten führt. Dem dritten Satz »Houles« (Wogen) sind die Worte »In dir, du Ebenholz-Meer, ist blen- dend hell ein Traum verborgen von Segeln, BLICK INS LEXIKON HENRI DUTILLEUX Konzert für Violoncello und Orchester »Tout un monde lointain...« Lebensdaten des Komponisten geboren am 22. Januar 1916 in Angers, gestorben am 22. Mai 2013 in Paris Entstehung 1967–1970 Widmung Mstislav Rostropovich Uraufführung: am 25. Juli 1970 beim Festival d’Aix-en-Provence Henri Dutilleux Henri Dutilleux: Violoncellokonzert
9 ZITAT die die musikalische Textur über weite Stre- cken bestimmen. »Ich installiere Markierungspunk- te, die sich nur im Unbewussten TRAUMSEQUENZEN des Hörers bemerkbar machen. Sie sind wie die Befeuerungslich- »Bewahr dir deine Träume. Die der Weisen ter in der Luftfahrt oder auf dem sind nicht so schön wie die der Narren«, Meer – das ist etwas anderes als steht vor dem Finalsatz »Hymne«, der mit die Leitmotive bei Wagner, mit einer mächtigen Klangeruption eröffnet deren Hilfe man v. a. Personen wird. Das Soloinstrument agiert jetzt gleich- identifizieren kann. Meine Metho- sam motorisch, immer wieder treffen mas- de ist subtiler und erlaubt es mir, sive Klangblöcke aufeinander und überla- ganz unaufdringlich eine gewisse gern sich. Aus ihnen gewinnt Dutilleux neue Stabilität der Form zu erreichen. Strukturen und Muster, die in einem großen Diese Art kaum wahrnehmbarer Spannungsbogen kulminieren. Formgestaltung findet sich schon bei Debussy – und das ist das Martin Demmler große Mysterium seines Den- kens.« Henri Dutilleux über das Komponieren Ruderern, Wimpeln und Masten« vorange- stellt. Die Musik erinnert in diesem Satz an einen stürmischen Wechsel von Ebbe und Flut: nach aggressiven Attacken des Solo instruments folgen wogenartige Gesten des Orchesters, die im Mittelteil des Satzes tanzartige Muster ausbilden, mit pulsieren- den Akkorden und markanten Akzenten des Schlagzeugs, die immer mehr an Bewegung zu gewinnen scheinen. Fast meditativ und äußerst lyrisch präsen- tiert sich der vierte Satz »Miroirs« (Spiegel). Hier sind es die Worte »Unsere beiden Her- zen werden zwei mächtige Fackeln sein, deren Doppel-Licht in unseren beiden Geis- tern, diesen Zwillingsspiegeln, wider- scheint«, die Dutilleux zu Beginn notiert hat. Wie bereits im zweiten Satz sind es Melodi- en im hohen Register des Soloinstruments, Henri Dutilleux: Violoncellokonzert
10 »Läßt er noch keine Pauken und Drommeten erschallen?« JOHANNES BRAHMS: 1. SYMPHONIE C-MOLL TRADITIONSLAST UND einer Symphonie gedacht hatte, war Robert INNOVATION Schumann, sein erklärter Freund und Förde- rer, mit geradezu beängstigenden Vor- »Verzeih, dass ich Dir erst heute Deine Par- schusslorbeeren für den jungen Komponis- titur zurückschicke! Doch ich konnte mich ten an die Öffentlichkeit getreten, und kaum schwer davon trennen! [...] Dass der ganzen stellte Brahms, nun 42 Jahre alt, seine erste Symphonie ein ähnlicher Stimmungsgang Symphonie dem Publikum vor, setzte man zugrunde liegt wie der ›Neunten‹ von Beet sie dem Vergleich mit dem »Gipfelwerk« der hoven, ist mir beim Studium immer mehr Gattung aus, mit Ludwig van Beethovens 9. aufgefallen, und doch tritt gerade Deine Symphonie. künstlerische Individualität in diesem Werke besonders rein hervor. Es ist sonderbar, die »DAS IST EIN BERUFENER« abgebrauchten Ausdrücke ›real‹ und ›ideal‹ von Musik zu brauchen, und doch weiß ich Die Geschichte von Brahms’ 1. Symphonie Dir kein anderes Epitheton beizulegen als begann im Jahr 1853. Im September hatte die ›Idealität‹ Deiner Inventionen und ihrer Brahms das Künstlerehepaar Clara und Ro- künstlerischen Entwicklung.« bert Schumann in Düsseldorf kennen ge- lernt, und kurze Zeit später veröffentlichte Mit diesen Worten gab Theodor Billroth am Robert Schumann in der von ihm herausge- 10. Dezember 1876 in einem Brief an seinen gebenen »Neuen Zeitschrift für Musik« unter Freund Johannes Brahms seiner Begeiste- dem Titel »Neue Bahnen« einen Artikel, in rung über dessen neueste Komposition Aus- dem er Brahms mit prophetischen Worten druck. Wesentliche Charakterisierungen beschrieb: »Er trug, auch im Aeußeren, alle des Werks, die seine Rezeption von Anfang Anzeichen an sich, die uns ankündigen: das an bestimmen sollten, begegnen bereits ist ein Berufener. [...] Wenn er seinen Zau- hier, und sie lassen sich unter dem Stichwort berstab dahin senken wird, wo ihm die der Beethoven-Nachfolge zusammenfas- Mächte der Massen, im Chor und Orchester, sen. Brahms hatte es nicht leicht mit seinem ihre Kräfte leihen, so stehen uns noch wun- symphonischen Erstlingswerk: Noch bevor derbarere Blicke in die Geheimnisse der er als kaum 20-Jähriger an die Komposition Geisterwelt bevor.« Den gerade 20-jährigen
11 Johannes Brahms beflügelten diese Worte er bei Ihnen? Dann grüßen Sie ihn. Fliegt er freilich nicht, sondern lähmten seine schöp- hoch – oder nur unter Blumen? Läßt er noch ferischen Kräfte auf symphonischem Gebiet keine Pauken und Drommeten erschallen? in den nächsten Jahren ganz erheblich. In Er soll sich immer an die Anfänge der Beet seinem Dankesschreiben vom 16. November hoven’schen Sinfonien erinnern; er soll et- 1853 spricht Brahms die zweischneidige was Ähnliches zu machen suchen.« Wirkung von Schumanns Hymne an: »Das öffentliche Lob, das Sie mir spendeten, wird »RIESE BEETHOVEN« die Erwartung des Publikums auf meine Leistungen so außerordentlich gespannt Auch ohne die Kenntnis von Schumanns haben, dass ich nicht weiß, wie ich densel- Hinweis auf Beethoven war Brahms sich der ben einigermaßen gerecht werden kann.« großen Verantwortung bewusst, die es be- deutete, nach Beethovens revolutionären Auch die Entstehungsgeschichte des 1. Kla- und Maßstäbe setzenden Werken mit einer vierkonzerts spiegelt die großen Selbst- Symphonie an die Öffentlichkeit zu treten. zweifel und den ungeheuren Erwartungs- Nicht umsonst war die Gattung seit Beetho- druck, der auf dem Komponisten lastete, vens Tod 1827 in eine Krise geraten, und seit denn erst 1857, vier Jahre nach Schumanns Robert Schumanns 3. Symphonie aus dem Artikel, stellte Brahms das Werk fertig. Zu- Jahr 1851 – die chronologisch die letzte sei- nächst als Sonate für zwei Klaviere konzi- ner vier Symphonien ist – war die Gattung piert, hatte Brahms sie vergeblich zu einer mehr und mehr ins Abseits des komposito- Symphonie umzuarbeiten versucht und rischen Interesses gerückt. Bereits 1859 dann aufgrund von Schwierigkeiten mit der Instrumentation sich für ein leichter zu or- chestrierendes Klavierkonzert entschieden. Robert Schumann freilich verfolgte diese kompositorischen Versuche von Brahms sehr aufmerksam und fragte am 6. Januar 1854 beim gemeinsamen Freund Joseph Joachim nach: »Nun – wo ist Johannes, ist BLICK INS LEXIKON JOHANNES BRAHMS Symphonie Nr. 1 c-Moll op. 68 Lebensdaten des Komponisten geboren am 7. Mai 1833 in Hamburg; ge- storben am 3. April 1897 in Wien Entstehung 1862–1876 Uraufführung am 4. November 1876 in Karlsruhe Johannes Brahms (1874) Johannes Brahms: 1. Symphonie c-Moll
12 hatte Brahms daher seinem Detmolder Freund Carl Bargheer erklärt: »Wenn man wagt, nach Beethoven noch Symphonien zu schreiben, so müssen die ganz anders aus- sehen.« Und mehr als zehn Jahre später, nachdem immerhin schon eine frühe Fas- sung des Kopfsatzes der späteren 1. Sym- phonie vorlag, beichtete er dem Dirigenten Hermann Levi resigniert: »Ich werde nie eine Symphonie komponieren! Du hast keinen Begriff davon, wie es unsereinem zu Mute ist, wenn er immer so einen Riesen hinter sich marschieren hört.« 1862 indes entstanden tatsächlich erste Skizzen zu einer Symphonie. Doch erst nach 14 Jahren hatte der inzwischen 42-Jährige genügend Selbstvertrauen, um das Werk vollenden und es dem Publikum präsentie- ren zu können. Unter der Leitung von Otto Dessoff wurde sein Opus 68 am 4. Novem- ber 1876 in Karlsruhe uraufgeführt und da- nach in Mannheim, München und Wien unter der Leitung des Komponisten nachgespielt. Zwar unterzog Brahms im Mai 1877 nach ei- ner Aufführungsserie in England den 2. Satz noch einer Revision, doch im Oktober des Nach der Karlsruher Uraufführung von 1876: Johannes Brahms zwischen seinen Freunden gleichen Jahres ging die Symphonie end- Julius Allgeyer (links) und Hermann Levi (rechts) gültig in Druck. Bruch-Stücke und dergleichen geworden. »ZEHNTE SYMPHONIE« Ich nenne sie die ›Zehnte‹ nicht, als ob sie nach der ›Neunten‹ zu rangieren wäre; ich Begeisterte Kommentatoren fanden sich würde sie eher zwischen die ›Zweite‹ und rasch, und so wurde Brahms nun als Beetho- die ›Eroica‹ stellen.« vens legitimer »Nachfolger«, der die Krise der Symphonie im 19. Jahrhundert »über- In der Tat erinnern zahlreiche Eigenschaften winden« konnte, inthronisiert. Der Dirigent von Brahms’ 1. Symphonie an Beethoven Hans von Bülow brachte bereits 1877, ein und nicht zuletzt an dessen 9. Symphonie: Jahr nach der Karlsruher Uraufführung, das die dramaturgische Entwicklung »Per aspe- legendäre Wort von der »Zehnten« auf: »Erst ra ad astra« (Durch Nacht zum Licht), die seit meiner Kenntnis der ›zehnten Sympho- Einbeziehung einer pastoralen Alphornwei- nie‹, alias der ersten Symphonie von Johan- se und eines religiösen Blechbläserchorals, nes Brahms, also erst seit sechs Wochen, vor allem aber die unverkennbare Anspie- bin ich so unzugänglich und hart gegen lung auf den Freudenhymnus der 9. Sym- Johannes Brahms: 1. Symphonie c-Moll
13 Wilhelm Nowak: Das Arbeitszimmer des Komponisten am Wiener Karlsplatz, mit der alles beherrschenden Beethoven-Büste von Franz Klein über dem Flügel (1904) phonie im Hauptthema das Finalsatzes. Da- denn mit ihr hatte er die symphonische Hür- mit geriet Brahms nun ins Kreuzfeuer zweier de endlich genommen und sich des ange- rivalisierender Lager: Zwar hatte er mit sei- wachsenen Erwartungsdrucks mit Bravour ner 1. Symphonie ein Meisterwerk geschrie- entledigt. ben, das von einflussreichen Kritikern wie Eduard Hanslick als Pfand für den Fortbe- »DAS IST NUN WOHL ETWAS stand der »Absoluten Musik« gehandelt wur- STARK« de; die sogenannte »Neudeutsche Schule« hingegen sah im Musikdrama Richard Wag- Der 1. Satz beginnt mit einer nachträglich ners die konsequente Fortsetzung von Beet hinzukomponierten langsamen Einleitung in hovens 9. Symphonie und wollte sich diesen c-Moll. Das hochdramatische »Un poco sos- Trumpf durch Brahms’ »Klassizismus« nicht tenuto«, das wesentliche Elemente des Sat- aus der Hand nehmen lassen. Entscheidend zes bereits vorwegnimmt, legt den kühnen aber war die 1. Symphonie für Brahms’ ganz Anspruch des Werks von Beginn an fest: Der persönliche künstlerische Entwicklung, unbeirrbar pochende Achtelpuls der Pauke Johannes Brahms: 1. Symphonie c-Moll
14 ZITAT prägt ist und in der Folge von Klarinette und Horn übernommen wird. Nach der energisch »Dieser enorm lange Entste- voranstürmenden Durchführung, in deren hungsprozess der ersten Sym- Mittelpunkt vor allem die Verarbeitung ein- phonie hat sicher mit Brahms’ zelner kurzer Motive steht, und einer wenig Mentalität zu tun gehabt. Er muss veränderten Reprise wartet die Coda noch als Musiker, als Künstler sehr einmal mit einer hochexpressiven Steige- genau gewesen sein, er muss mit rung auf, die von einer lyrischen Strei- einer fast ›gotischen Genauigkeit‹ cher-Episode im Pizzicato abgefangen wird. gearbeitet haben. Ich denke da Mit der Wiederaufnahme der langsamen ran, dass die Statuen in gotischen Einleitung und insbesondere des nun sehn- Kirchen auch an Stellen bis ins suchtsvoll verklingenden Pochens der Pau- letzte Detail ausgearbeitet sind, ke endet der Satz. die man hundertprozentig sicher nicht sehen kann. Ein Barock- Clara Schumann, der Brahms einen ersten künstler würde das nie machen, Entwurf zur Ansicht vorgelegt hatte, schrieb der nagelt da ein paar Holzleisten am 1. Juli 1862 an den gemeinsamen Freund hin. Ich sehe eine Ähnlichkeit zwi- Joseph Joachim, der »kühne Anfang« des schen dieser gotischen Perfekti- Satzes sei »nun wohl etwas stark, aber ich on und der Arbeitseinstellung von habe mich sehr schnell daran gewöhnt. Der Brahms. Diese Akribie, diese Skru- Satz ist voll wunderbarer Schönheiten, mit pel – ›ist das wirklich das, was ich einer Meisterschaft die Motive behandelt, wollte?‹ – empfinde ich immer als wie sie ihm ja so mehr und mehr eigen wird. das Norddeutsche an ihm.« Alles ist so interessant ineinander verwo- Nikolaus Harnoncourt über ben, dabei so schwungvoll wie ein erster Johannes Brahms Erguß; man genießt so recht in vollen Zügen, ohne an die Arbeit erinnert zu werden. Der Uebergang aus dem 2ten Theil wieder in den und der Kontrabässe und das chromatisch Ersten ist ihm wieder mal herrlich gelungen.« aufsteigende Motiv über der fallenden Bass linie reißen ein spannungsreiches Panorama LYRIK UND LÄNDLER letzter Fragen auf und manifestieren musika- lisch den Willen zur großen Form. »Allegro« Der 2. Satz, »Andante sostenuto«, wird in setzt dann das erste Thema des Sonaten erster Linie von den Streichern dominiert, hauptsatzes mit der auftrumpfenden Gebär- die gleichsam den Boden für die ruhige, weit de eines aufsteigend gebrochenen Drei ausschwingende Kantilene der Oboen be- klangs in c-Moll ein, dessen energischer reiten. In der dreiteilig angelegten Liedform Impetus sich zu leidenschaftlicher Erregung treten vor allem die Holzbläser thematisch steigert. Nach einer allmählichen Beruhi- hervor, und so wird die Melodie von der gung breitet das zweite Thema, ganz auf Oboe an die Klarinetten weitergereicht, be- kammermusikalische Besetzung reduziert, vor die Blechbläser die Idylle kurzzeitig mit ein eher pastorales Ambiente aus: Die Oboe bedrohlichen Klängen trüben. Der Mittelteil intoniert eine flehende Melodie, die von macht sich zunächst durch die triolische chromatisch absteigenden Elementen ge- Weitung der Bewegung bemerkbar, bis ein Johannes Brahms: 1. Symphonie c-Moll
15 »Also blies das Alphorn heut«: Das triumphale Hornthema des letzten Satzes, im Sommer 1868 in der Schweiz notiert und Clara Schumann zum 49. Geburtstag dediziert tröstlicher Gedanke von den Streichern ex- gemäß zum lichten C-Dur hin entwickelt, poniert wird, der dann in der klanglich be- verweist mit seiner umfangreichen Einlei- sonders aparten Kombination von Solovio- tung zunächst auf den Kopfsatz. Auch hier line und Horn erklingt. erklingen im Ansatz bereits Elemente des Folgenden: Nach der pathetischen Geste Als 3. Satz figuriert das ebenfalls dreiteilig eines Paukenschlags und dem expressiven angelegte »Un poco allegretto e grazioso«, Intervall einer aufsteigenden Quinte in den das weniger scherzo- als ländlerartige Züge Violinen erklingt das Kernmotiv des im trägt. Die Klarinette präsentiert zunächst die Hauptteil exponierten zentralen Themas. »dolce« vorzutragende, kantable Melodie, Streicher-Pizzicati und ein Trommelwirbel die von einem charakteristischen 2/4-Takt bereiten dann – immer noch in der Einlei- grundiert und in der Folge von den Strei- tung! – den Eintritt der berühmten Alphorn- chern übernommen wird. Das Trio wartet mit weise vor: »Hoch auf’m Berg, tief im Tal, dramatischem Potential der Blechbläser auf, grüß’ ich dich viel tausendmal!« Bereits am das sich rhythmisch gesteigert entfaltet, 12. September 1868, acht Jahre vor Vollen- bevor der A-Teil leicht variiert wiederkehrt. dung der Komposition, hatte Brahms mit diesem Notengruß Clara Schumann posta- ALPHORNWEISE, CHORAL UND lisch aus der Schweiz zum 49. Geburtstag »FREUDEN«-THEMA gratuliert, und möglicherweise reifte damals schon die Idee, ihn in den Finalsatz seiner Das gewaltige Finale, das in c-Moll beginnt Symphonie mit einzubeziehen. Nach dem und sich dem Motto »Per aspera ad astra« Wechsel der Melodie von den Hörnern zur Johannes Brahms: 1. Symphonie c-Moll
16 Flöte, der gleichzeitig die dramaturgische Wende des Satzes von c-Moll nach C-Dur markiert, schließt sich ein feierlicher drei- stimmiger Posaunenchoral an, der in der Folge mit dem Liedthema kombiniert wird. Erst nach dieser für eine Einleitung extrem dichten Themenfolge setzt nun das »Allegro non troppo, ma con brio« ein, und mit ihm das eigentliche Hauptthema, das aufgrund seines hymnischen Charakters und der un- überhörbaren Anklänge an Beethovens »Ode an die Freude« aus dem Finalsatz sei- ner 9. Symphonie schon in den ersten Be- sprechungen nach der Uraufführung als »Freuden«-Thema betitelt wurde. In Theodor Billroths an Brahms gerichteten Zeilen vom 10. Dezember 1876 heißt es diesbezüglich: »Den letzten Satz habe ich am vollkommens- ten bewältigt; er erscheint mir von herrlichs- ter, großartigster Vollendung und hat mich oft an die architektonische Behandlung des ›Triumphliedes‹ erinnert; das Hauptmotiv erscheint wie ein weihevoller Hymnus, erha- ben, über allem wie verklärt liegend.« Eine gedrängte, kaleidoskopartige Durchfüh- rung, die immer wieder mit episodischen Anklängen an die Alphornweise aufwartet, schließt sich an, bis das »Freuden«-Thema in einer grandiosen C-Dur-Reprise wieder- kehrt, die allerdings weitere Entwicklungen nach sich zieht: Blechbläser-Einwürfe be- gleiten die nun folgende dramatische Stei- gerung, als deren strahlender Höhepunkt die Alphornweise als Hymnus über erhabe- nen Paukenschlägen erklingt, bevor der Bläserchoral der Einleitung – nun im Glanz des vollen Orchesters – die Symphonie be- endet. Regina Back Johannes Brahms: 1. Symphonie c-Moll
17 David Afkham DIRIGENT dungen zum Philharmonisch Orkest Rotter- dam, Orchestre national de France, Gothen- burg Symphony und dem Orchester der Accademia Santa Cecilia. Im Sommer 2014 gelang David Afkham ein viel beachtetes Debüt als Operndirigent mit Verdis »La Travi- ata« beim Glyndebourne Festival, woraufhin er an das Teatro Real Madrid und die Oper Frankfurt eingeladen wurde. Geboren wurde David Afkham 1983 in Frei- burg und erhielt ersten Klavier- und Violin- unterricht im Alter von sechs Jahren. Mit 15 begann er sein Studium an der Musikhoch- schule seiner Heimatstadt in den Fächern Klavier, Musiktheorie und Dirigieren und schloss sein Studium an der Hochschule für Musik in Weimar ab. Er gewann den »Bernard David Afkham ist Chefdirigent des Orquesta Haitink Fund for Young Talent« und assistier- y Choro Nacionales de España. Als Gastdiri- te Bernhard Haitink daraufhin beim Chicago gent wird er regelmäßig von einigen der Symphony Orchestra. Zudem erhielt er ein weltweit renommiertesten Orchestern und Stipendium des Richard Wagner-Verbands Opernhäusern engagiert und hat sich in den Bayreuth sowie das Stipendium »Dirigenten- letzten Jahren als einer der gefragtesten forum des Deutschen Musikrats«. 2008 Dirigenten aus Deutschland etabliert. gewann er den »Donatella Flick Conducting Competition« in London, woraufhin er Höhepunkte der letzten Spielzeiten waren Assistant Conductor beim London Sympho- seine Debüts bei den Symphonieorchestern ny Orchestra wurde. 2010 erhielt er den von Boston und Chicago, beim Koninklijk »Nestlé and Salzburg Festival Young Con- Concertgebouworkest, dem London Sym- ductors Award« und war von 2009 bis 2012 phony Orchestra und dem Deutschen Sym- Assitant Conductor des Gustav Mahler phonie-Orchester Berlin sowie Wiedereinla- Jugendo rchesters. Die Künstler
18 Gautier Capuçon VIOLONCELLO In der vergangenen Saison ging Gautier Ca- puçon als Solist mit mehreren Orchestern auf Tourneen durch Europa, die USA sowie Asien. In Europa trat er mit dem Gewandhaus orchester Leipzig (Herbert Blomstedt), dem Orchestre de Chambre de Paris, den Wiener Symphonikern (Philippe Jordan) und dem Gustav Mahler Jugendorchester auf. Weite- re Highlights waren Konzerte mit den Wiener Philharmonikern (Semyon Bychkov), dem Orchestre de Paris (Yu Long), dem San Fran- cisco Symphony Orchestra (Stéphane Denève), dem City of Birmingham Symphony Orchestra (Mirga Gražinytė-Tyla) und dem London Philharmonia (Paavo Järvi). 1981 in Chambéry geboren, begann Capu çon im Alter von fünf Jahren mit dem Cello- Gautier Capuçon hat sich längst als einer der spiel. Er studierte am Conservatoire National führenden Cellisten seiner Generation eta- Supérieur in Paris bei Philippe Muller und bliert und sorgt kontinuierlich mit seinen Annie Cochet-Zakine und anschließend in Aufnahmen und Konzerten für Aufsehen. der Meisterklasse von Heinrich Schiff in Regelmäßig spielt er mit den großen Orches- Wien. Als Gewinner zahlreicher erster Preise tern und Dirigenten und gibt im Auftrag der bei internationalen Wettbewerben, darunter Louis Vuitton Stiftung Meisterkurse für der Internationale André Navarra Preis, wur- Nachwuchs-Cellisten. Weltweite Anerken- de Gautier Capuçon 2001 bei den Victoires nung erhält er für seine musikalische Aus- de la Musique als Nachwuchskünstler des drucksfähigkeit und große Virtuosität. Gau- Jahres ausgezeichnet und erhielt 2004 den tier Capuçon spielt auf einem Instrument Borletti-Buitoni Trust Award. von Matteo Goffriler aus dem Jahre 1701. Die Künstler
20 Öffentlicher Aufruf an Das von Franz Sängerinnen Kaim gegrün- und Sänger zur dete Orchester Beteiligung am gibt sein erstes neu gegründe- Konzert unter ten Kaim-Chor Der Bruckner- der Leitung Herman von Hans Schüler Uraufführung Zumpe Ihre Gründung verdanken die Münchner Philharmoniker der Privatinitiative von Franz Kaim, Winderstein Ferdinand der 4. Sympho- wird als Löwe wird nie von Gustav Nachfolger Chefdirigent Mahler unter von Hans Winderstein der Leitung des Orchester- Komponisten leiter Sohn eines in Kirchheim/Teck ansässigen Klavierfabrikanten. Sommer Herbst 25.10. 13.10. 25.11. 1893 1895 1895 1897 1901 1894 1895 1897 1898 1902 28. Oktober 29.11. 19.10. 24.03. Herbst 11.03. Der Münchner Erstes Magistrat bewil- Kammer- ligt finanzielle konzert Gustav Mahler Mittel zur Auf- leitet erstmals rechterhaltung Eröffnung des das Orchester der Volkssym- Kaim-Saales phoniekonzerte. (später Tonhal- Damit beginnt le) – nach nur das städtische sechs Monaten Felix von Weingartner Engagement zur Bauzeit übernimmt die Chef Unterstützung position; Einführung der späteren der öffentlichen Ge- Münchner Phil- neralproben und der harmoniker Volkssymphoniekon- zerte mit niedrigen Eintrittspreisen Die Jahre 1893–1915
21 Gustav Mahler leitet die Uraufführung seiner 8. Symphonie; Jubel- stürme im Publikum und einmütige Zustim- mung in der Presse Georg Schnée- voigt wird neuer Der 20-jährige Uraufführung Orchesterchef Wilhelm Furt- von Mahlers wängler leitet ein »Das Lied Erstes Auftreten Konzert mit einer von der Erde« Hans Pfitzners Eigenkomposition durch Bruno als Gastdirigent sowie Bruckners Walter »Neunten« Saison 23.05. 19.02. 12.09. 20.11. 1903 1905 1906 1910 1911 1904 1905 1908 1911 1915 Oktober Winter Sommer Mai 30.12. Erstmalig in der Thomas Mann Musikgeschichte gesteht seiner werden sämtliche späteren Ehefrau Bruckner- Katia Prings- Nach finan- Symphonien heim, dass sie ziellen und in einem Zyklus ihm bei Konzer- personellen präsentiert ten des Kaim-Or- Schwierigkeiten: chesters durch Neubeginn als ihre Schönheit Erstes »Retro Orchester des aufgefallen war spektiven- Konzertvereins; Ferdinand Löwe Stilllegung des Or- Konzert« zur übernimmt zum chesters. Mehr als die Wiedererwe- zweiten Mal die Hälfte der Orchester- ckung älterer Chefposition mitglieder werden zum Orchestermusik Kriegsdienst einberu- in stilgetreuer fen; die Tonhalle dient Besetzung als Soldatenquartier Die Jahre 1893–1915
22 18 »FANFARE« EIN GESCHENK ZUM 125. GEBURTSTAG DER MÜNCHNER PHILHARMONIKER Anlässlich des 125-jährigen Jubiläums der Münchner Phil- harmoniker hat Spielfeld Klassik ein Musikprojekt realisiert, das eine Brücke zwischen traditionellem Repertoire und Neuinterpretation schlägt. Angelehnt an das namensglei- che Projekt des Royal Opera House in London fand in der vergangenen Spielzeit der Kompositionswettbewerb »Fan- fare« statt. Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren waren aufgerufen, eine dreistimmige Fanfare zu komponieren, die ein zentrales Motiv aus dem Kernrepertoire der Münchner Philharmoniker verarbeitet. Aus einer Vielzahl an Einsen- dungen wurden eine Nachwuchskomponistin und drei Nachwuchskomponisten zu einem Workshop eingeladen, bei welchem die eigenen eingereichten Kompositionen zu Werken für großes Symphonieorchester arrangiert wurden. Die Aufnahme der vier Fanfaren mit den Münchner Philhar- monikern unter der Leitung von Krzysztof Urbański vollen- dete unser Projekt. Diese Fanfaren werden nun außerhalb des Konzertsaals zum Klingen gebracht und ersetzen den ursprünglichen Pausengong im Foyer der Philharmonie bei Konzerten der Münchner Philharmoniker. Ganz nach dem Motto des 125-jährigen Jubiläums: »Großes Hören.« »Fanfare«
23 19 Konstantin Egensperger (13) ist der jüngste Robin Stenzl (18) ist mit Soul und Blues groß Gewinner des Kompositionswettberbs »Fan- geworden – daran ist auch seine Fanfare zu fare«. Seine urspünglich eingereichte Kom- erkennen. Sie bezieht sich auf das Motiv der position für Streichensemble bezieht sich auf 7. Symphonie von Beethoven aus dem das Anfangsmotiv der 9. Symphonie von 3. Satz. Robin erhält seit seinem 6. Lebens- Ludwig van Beethoven aus dem 2. Satz. Viel- jahr Schlagzeugunterricht und erlernt seit seitig musikalisch am Violoncello und Klavier, einigen Jahren autodidaktisch E-Gitarre und in der Kammermusik und beim Komponieren Klavier. In der Musikschulband der Musik- aktiv, erhielt er bereits einige Preise und Aus- schule Vaterstetten und weiteren Forma- zeichnungen, u. a. beim Steinway-Klavier- tionen war und ist er als Schlagzeuger und spiel-Wettbewerb und dem Kompositions- E-Gitarrist aktiv. wettberb der Hochschule für Musik und Theater München 2016. Johannes Wiedenhofer (13) wählte als Grund- lage seiner Fanfare das Anfangsmotiv aus der Elisabeth Fußeder (18) überzeugte ebenfalls 8. Symphonie von Gustav Mahler. Dieses von die Jury mit ihrer Fanfare, die sich gleich auf den Münchner Philharmonikern unter der Lei- zwei Anfangsmotive bezieht – den 2. Satz tung des Komponisten 1910 uraufgeführte der 9. Symphonie von Ludwig van Beethoven Werk stellt zusätzlich einen besonderen Be- und den 1. Satz aus der 4. Symphonie von zug zu unserem Orchester her. Neben seiner Anton Bruckner. Neben jahrelangem Klavier- Tätigkeit als Sänger in der Domkantorei Frei- unterricht ist sie als Sängerin in der Domkan- sing spielt Johannes Klavier und entdeckte torei Freising aktiv, woraus sich das Vokalen- vor vier Jahren seine Begeisterung für das semble »Chiave« gründete, dem Elisabeth Komponieren. Als Komponist wurde er be- angehört. Hierfür erhielt sie schon viele Aus- reits mehrfach ausgezeichnet, u. a. bei »Ju- zeichungen, u. a. beim Bundeswettbewerb gend komponiert Bayern 2018«, ausgerichtet »Jugend musiziert«. von »Jeunesse musicales«. v.l.n.r.: Konstantin Egensperger, Elisabeth Fußeder, Robin Stenzl und Johannes Wiedenhofer »Fanfare«
24 Montag CLARA SCHUMANN 05_11_2018 20 Uhr 1. Abo g4 Klaviertrio g-Moll op. 17 Dienstag 06_11_2018 20 Uhr 1. Abo k4 VERDANDI-TRIO: Mittwoch IIONA CUDEK 07_11_2018 20 Uhr 2. Abo a Violine ELKE FUNK-HOEVER BENJAMIN BRITTEN Violoncello »Sinfonia da Requiem« op. 20 MIRJAM VON KIRSCHTEN FELIX MENDELSSOHN BARTHOLDY Klavier Konzert für Violine und Orchester e-Moll op. 64 LUDWIG VAN BEETHOVEN Symphonie Nr. 7 A-Dur op. 92 JAAP VAN ZWEDEN Mittwoch Dirigent 14_11_2018 20 Uhr 2. Abo h4 JAMES EHNES Mittwoch Violine 14_11_2018 10 Uhr 2. Öffentliche Generalprobe JOHANNES BRAHMS Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 B-Dur op. 83 Sonntag GUSTAV MAHLER 11_11_2018 11 Uhr Symphonie Nr. 1 D-Dur »Titan« 2. KAMMERKONZERT Festsaal, Münchner Künstlerhaus VALERY GERGIEV Dirigent »Femmes fatales« YUJA WANG Klavier ELENA TARABANOVA Auftragswerk MÉLANIE BONIS Klaviertrio op. 76 »Soir et Matin« (Abend und Morgen) CHARLOTTE BRAY »Those secret eyes« LILI BOULANGER »Deux pièces en trio« (Zwei Stücke für Trio) Vorschau
25 Donnerstag Sonntag 15_11_2018 20 Uhr 2. Abo b 16_12_2018 11 Uhr 3. KAMMERKONZERT JOHANNES BRAHMS Festsaal, Münchner Künstlerhaus Symphonie Nr. 1 c-Moll op. 68 ANTON BRUCKNER »Meisterwerke« Symphonie Nr. 9 d-Moll ARSEN BABAJANYAN VALERY GERGIEV Auftragswerk Dirigent SERGEJ RACHMANINOW Romanze – Andante espressivo g-Moll aus dem Streichquartett Nr. 1 CLAUDE DEBUSSY Streichquartett g-Moll op. 10 FELIX MENDELSSOHN-BARTHOLDY Freitag Streichquartett Es-Dur op. 12 14_12_2018 20 Uhr 2. Abo c Samstag JULIAN SHEVLIN 15_12_2018 19 Uhr 3. Abo d Violine Sonntag SIMON FORDHAM 16_12_2018 19 Uhr 2. Abo f Violine VALENTIN EICHLER GUSTAV MAHLER Viola Symphonie Nr. 4 G-Dur DAVID HAUSDORF »Das Lied von der Erde« Violoncello VALERY GERGIEV Dirigent ANNA LUCIA RICHTER Sopran TANJA ARIANE BAUMGARTNER Mezzosopran ANDREAS SCHAGER Tenor Vorschau
26 Die Münchner Philharmoniker CHEFDIRIGENT VALERY GERGIEV EHRENDIRIGENT ZUBIN MEHTA 1. VIOLINEN Bernhard Metz Sreten Krstič, Konzertmeister Namiko Fuse Lorenz Nasturica-Herschcowici, Qi Zhou Konzertmeister Clément Courtin Julian Shevlin, Konzertmeister Traudel Reich Odette Couch, stv. Konzertmeisterin Asami Yamada Iason Keramidis, stv. Konzertmeister Johanna Zaunschirm Claudia Sutil Philip Middleman BRATSCHEN Nenad Daleore Jano Lisboa, Solo Peter Becher Burkhard Sigl, stv. Solo Regina Matthes Max Spenger Wolfram Lohschütz Gunter Pretzel Martin Manz Wolfgang Berg Céline Vaudé Beate Springorum Yusi Chen Konstantin Sellheim Florentine Lenz Julio López Vladimir Tolpygo Valentin Eichler Georg Pfirsch Julie Risbet Victoria Margasyuk VIOLONCELLI 2. VIOLINEN Michael Hell, Konzertmeister Simon Fordham, Stimmführer Floris Mijnders, Solo Alexander Möck, Stimmführer Stephan Haack, stv. Solo IIona Cudek, stv. Stimmführerin Thomas Ruge, stv. Solo Matthias Löhlein Herbert Heim Katharina Reichstaller Veit Wenk-Wolff Nils Schad Sissy Schmidhuber Clara Bergius-Bühl Elke Funk-Hoever Esther Merz Manuel von der Nahmer Katharina Schmitz Isolde Hayer Ana Vladanovic-Lebedinski Sven Faulian Das Orchester
27 David Hausdorf Maria Teiwes, stv. Solo Joachim Wohlgemuth Alois Schlemer Hubert Pilstl KONTRABÄSSE Mia Aselmeyer Sławomir Grenda, Solo Tobias Huber Fora Baltacıgil, Solo Alexander Preuß, stv. Solo TROMPETEN Holger Herrmann Guido Segers, Solo Stepan Kratochvil Florian Klingler, Solo Shengni Guo Bernhard Peschl, stv. Solo Emilio Yepes Martinez Markus Rainer Ulrich von Neumann-Cosel Nico Samitz Umur Kocan POSAUNEN FLÖTEN Dany Bonvin, Solo Michael Martin Kofler, Solo Matthias Fischer, stv. Solo Herman van Kogelenberg, Solo Quirin Willert Burkhard Jäckle, stv. Solo Benjamin Appel, Bassposaune Martin Belič Gabriele Krötz, Piccoloflöte TUBA Ricardo Carvalhoso OBOEN Ulrich Becker, Solo PAUKEN Marie-Luise Modersohn, Solo Stefan Gagelmann, Solo Lisa Outred Guido Rückel, Solo Bernhard Berwanger Kai Rapsch, Englischhorn SCHLAGZEUG Sebastian Förschl, 1. Schlagzeuger KLARINETTEN Jörg Hannabach Alexandra Gruber, Solo Michael Leopold László Kuti, Solo Annette Maucher, stv. Solo HARFE Matthias Ambrosius Teresa Zimmermann, Solo Albert Osterhammer, Bassklarinette FAGOTTE Raffaele Giannotti, Solo Jürgen Popp ORCHESTERVORSTAND Johannes Hofbauer Matthias Ambrosius Jörg Urbach, Kontrafagott Konstantin Sellheim Beate Springorum HÖRNER Matias Piñeira, Solo INTENDANT Ulrich Haider, stv. Solo Paul Müller Das Orchester
28 IMPRESSUM TEXTNACHWEISE BILDNACHWEISE Herausgeber: Einführungstexte: Martin Abbildungen zu Henri Dutil- Direktion der Münchner Demmler, Regina Back. Oli- leux: Hans Jörg Jans (Hrsg.), Philharmoniker vier Messiaens Gedicht zu Komponisten des 20. Jahr- Paul Müller, Intendant »Les Offrandes oubliées« hunderts in der Paul Sacher Kellerstraße 4 zitieren wir nach seiner Wie- Stiftung, Basel 1986. Abbil- 81667 München dergabe in der Orchester- dungen zu Olivier Messiaen: Redaktion: partitur des Werks. Nicht wikimedia commons. Abbil- Christine Möller namentlich gekennzeichne- d ungen zu Johannes Corporate Design te Texte und Infoboxen: Brahms: Christian Martin und Titelgestaltung: Christine Möller. Künstler- Schmidt, Johannes Brahms Geviert, Grafik & biographien: nach Agentur- und seine Zeit, Laaber 1998; Typografie vorlagen. Alle Rechte bei Christiane Jacobsen (Hrsg.), München den Autorinnen und Auto- Johannes Brahms – Leben geviert.com ren; jeder Nachdruck ist sei- und Werk, Wiesbaden – Graphik: tens der Urheber genehmi- Hamburg 1983. Künstler- dm druckmedien gmbh gungs- und kostenpflichtig. p h otog ra p h ie n: G ise l a München Schenker (Afkham), Felix Druck: Broede (Capuçon). Preisträ- Gebr. Geiselberger GmbH ger »Fanfare«: Elisabeth Fu- Martin-Moser-Straße 23 ßeder (Elisabeth Fußeder), 84503 Altötting Anna Leisner-Egensperger (Konstantin Egensperger), DREIFILM (Robin Stenzl, Johannes Wiedenhofer). Gedruckt auf holzfreiem und FSC-Mix zertifiziertem Papier der Sorte LuxoArt Samt Impressum
Die MPHIL CD-Box zum Jubiläum mit Aufnahmen aus dem umfangreichen Archiv des Orchesters Ab jetzt im Handel mphil.de/label
’18 ’19
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