ORIENTIERUNGSRAHMEN GLOBALE ENTWICKLUNG - DOKUMENTATION DER 11. KMK / BMZ-FACHTAGUNG
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
ORIENTIERUNGSRAHMEN GLOBALE ENTWICKLUNG DOKUMENTATION DER 11. KMK / BMZ-FACHTAGUNG 24./25. November 2020
ORIENTIERUNGSRAHMEN GLOBALE ENTWICKLUNG INHALT EINLEITUNG 3 2 BEGRÜSSUNG 4 Erweiterung auf gynmasiale Oberstufe ist logische Konsequenz 5 BNE ist eine dauerhafte Bildungsaufgabe 6 Bildung ist ein Schlüssel zur Beantwortung vieler Fragen 7 IMPULSE 8 Umgang mit Komplexität und Unsicherheit im globalen Lernen 9 Erweiterung des Orientierungsrahmens auf die gymnasiale Oberstufe (OR GOS) 11 OPEN SPACE 13 Open Space: Teilnehmende setzen die Themen selbst 14 WORKSHOPS 15 Workshop 1: Lehre: Lehrkräfte auf Herausforderungen vorbereiten 16 Workshop 2: Orte des Lernens: Lernräume für Nachhaltige Entwicklung 18 Workshop 3: Fächer und Unterricht – BNE gemeinsam planen 20 Workshop 4: Netzwerke und Partnerschaften – lokal und global 22 Workshop 5: Lernen: Zugänge und Methoden für fachbezogenes Lernen in globalen Zusammenhängen 24 Workshop 6: Beteiligung und Teilhabe: Schule gemeinsam gestalten 26 Workshop 7: Freiräume: Lernen über den Unterricht hinaus 28 Workshop 8: Diversität in der Schule – machtkritische Perspektiven aus der Zivilgesellschaft 30 CHATROOM 32 Stimmen und Stimmung im Chatroom 34 ANHANG 35 IMPRESSUM 41
DOKUMENTATION DER 11. KMK / BMZ-FACHTAGUNG — 24./25. NOVEMBER 2020 EINLEITUNG 3 Foto: André Wagenzik Aktuelle Herausforderungen wie die Coro- In Fachvorträgen, Diskussionen, Workshops na-Pandemie, Digitalisierungsprozesse oder Kli- und „Open Spaces“, in denen die Teilnehmen- maveränderungen fordern einen kompetenten den selbst die Themen setzten und moderier- Umgang mit Komplexität und Unsicherheit und ten, wurde der Umsetzungsprozess des OR zeigen, wie wichtig diese Kompetenzen für eine facettenreich vorgestellt und diskutiert. Die global verantwortungsvolle Lebensgestaltung beiden Tagungsschwerpunkte lagen auf dem sind . Die zunehmende Bedeutung einer hoch- Umgang mit Komplexität und Unsicherheit wertigen Bildung, insbesondere die Bildung für sowie auf der Erweiterung des OR auf die gym- Nachhaltige Entwicklung (BNE), wird so deut- nasiale Oberstufe (OR GOS). In dieser Doku- lich. Der Orientierungsrahmen für den Lern- mentation sind die Vorträge, Präsentationen, bereich Globale Entwicklung (OR) unterstützt Ergebnisse der acht Workshops zusammenge- die Verankerung einer BNE in Schule. Er ist fasst und sie verweist auf die 16 Open Spaces. das Ergebnis einer gemeinsamen Initiative der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder der Bundesrepublik Deutschland (KMK) und des Bundesministeriums für wirtschaftli- che Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Im Auftrag des BMZ und der KMK lädt Engage- ment Global jährlich zur Fachtagung zur Um- setzung und Weiterentwicklung des Orientie- rungsrahmens Globale Entwicklung (OR-Fach- tagung) ein. Die OR-Fachtagung beteiligt die Zivilgesellschaft und die interessierte Fachöf- fentlichkeit an der Umsetzung und Weiterent- wicklung des OR. Am 23. und 24. November 2020 fand die 11. OR-Fachtagung statt. Rund 200 Fachleute aus Ministerien, Wissenschaft, Lehrkräftebildung, Schulen und Zivilgesell- schaft sowie Schülerinnen und Schüler nah- men daran teil. Erstmals wurde die OR-Fach- tagung vollständig virtuell durchgeführt. Foto: André Wagenzik
DOKUMENTATION DER 11. KMK / BMZ-FACHTAGUNG — 24./25. NOVEMBER 2020 ERWEITERUNG AUF GYMNASIALE OBERSTUFE IST LOGISCHE KONSEQUENZ weiter gestärkt werden, indem junge Men- schen befähigt würden, sich in der modernen 5 Gesellschaft zu orientieren. Es werde zu oft zu stark vereinfacht, schlimmstenfalls schürten Verschwörungstheoretiker Angst. Aus der Aktu- alität der Pandemie, so Weidenbach-Mattar, er- gebe sich der erste Schwerpunkt der OR-Fach- tagung, der adäquate Umgang mit Komplexität und Unsicherheit – dies sei eine der zentralen Herausforderungen für schulischen Unterricht. Die Referentin unterstrich, es sei eine logische Konsequenz, dass der OR nun auf die gymna- siale Oberstufe an allgemein- und berufsbil- denden Schulen erweitert werde, was die KMK 2019 beschlossen habe und was der zweite Heidi Weidenbach-Mattar. Foto: Atelier Ralf Bauer Tagungsschwerpunkt sei. „BNE wird so noch breiter in der Schule verankert, und die Kom- petenz von Schülerinnen und Schülern, syste- HEIDI WEIDENBACH-MATTAR, die ständi- matisch und vernetzt zu denken und globale ge Vertreterin des Generalsekretärs der Kultus- Perspektiven einzunehmen, wird gestärkt“, ministerkonferenz, sagte bei der Eröffnung, sagte Weidenbach-Mattar. BNE als Teil des Un- die gute Resonanz auf die Fachtagung zeige, terrichts in der Oberstufe biete die Möglichkeit, welch hohen Stellenwert das Thema globale auf das wissenschaftliche Arbeiten vorzuberei- Entwicklung inzwischen einnehme – auch bei ten, da es besondere Impulse für den Umgang Schülerinnen und Schülern. Auch von ihnen mit Unsicherheit und Komplexität setze und könnten Erwachsene lernen, denn sie mahnten da es das Lernen in einer vernetzten Welt ganz besonders dazu, im Klima- und Umwelt- fördere, „in der es für uns eine Rolle spielt, schutz nicht nachzulassen. Die Corona-Pan- was auf einem Markt in Wuhan passiert“. demie, die auch darauf zurückzuführen sei, dass wir zu stark in die Natur eingriffen, führe Gleichzeitig fordere die Pandemie das Bil- noch einmal besonders deutlich vor Augen, dungswesen hinsichtlich des digitalen Ler- wie wichtig es sei, junge Menschen an global nens heraus – auch dies sei Thema im OR und nachhaltiges Denken heranzuführen. Sie stellte auf der Fachtagung. Heidi Weidenbach-Mat- fest, dass der Ideenreichtum und das Engage- tar bilanzierte: „Wir sind auf einem guten ment der Lernenden ausgeprägt seien, aber Weg, BNE in allen Bereichen der Schule zu auch, wie sehr die Lehrkräfte diesen wertvol- verankern.“ Abschließend dankte sie allen len Lernprozess initiierten und begleiteten. an der Entstehung und Weiterentwicklung des OR Beteiligten im BMZ und in der Pro- Der reflektierte Umgang mit Themen der glo- jektgruppe und allen Teilnehmenden an der balen und nachhaltigen Entwicklung müsse OR-Fachtagung, die sich aktiv einbringen.
ORIENTIERUNGSRAHMEN GLOBALE ENTWICKLUNG BNE IST EINE DAUERHAFTE BILDUNGSAUFGABE Praktisches werden. Neben dem OR unterstützt 6 das BMZ daher auch Programme zu seiner Umsetzung.“ Beispielhaft hob sie die Landes- koordinationen BNE sowie die Länderinitiati- ven hervor, die maßgeblich dazu beitrügen, die entwicklungspolitische Bildungsarbeit struktu- rell fachbezogen und fächerübergreifend in den Schulen zu verankern. Ein weiteres Programm – der Schulwettbewerb zur Entwicklungspoli- tik „Alle für Eine Welt – Eine Welt für alle“ mit dem Song-Contest „Dein Song für Eine Welt“ – habe viele praktische Beispiele zur Umset- zung globalen Lernens in den Schulen hervor- gebracht. Das „Entwicklungspolitische Schul- austauschprogramm“ ENSA gebe Schülerinnen Dr. Doris Witteler-Stiepelmann. Foto: privat und Schülern Gelegenheit, in Partnerländern mit dortigen Schulen Erfahrungen zu sammeln. DR. DORIS WITTELER-STIEPELMANN, „Der Orientierungsrahmen und diese Pro- Kommissarische Unterabteilungsleiterin im gramme leisten gemeinsam einen wichtigen Bundesministerium für wirtschaftliche Zusam- Beitrag zur Umsetzung von BNE und damit menarbeit und Entwicklung, betonte, KMK und auch zu weltbürgerlicher Bildung, der Global BMZ hätten 2019 gemeinsam entschieden, Citizenship Education, wie das in der Agenda den Prozess der Erweiterung des Orientie- 2030 genannt wird“, sagte Witteler-Stiepel- rungsrahmens auf die gymnasiale Oberstu- mann. Sie dienten der Stärkung des demo- fe anzugehen. Wichtig sei, dass Schülerin- kratischen Wertekanons des Einzelnen und nen und Schüler in ihrer gesamten Schulzeit dessen Einübung. Toleranz und Akzeptanz des immer wieder Gelegenheit erhielten, global anderen im Sinne eines Perspektivenwechsels zu lernen und Bildung für nachhaltige Ent- sind ein wesentliches Element von globalem wicklung in den Blick zu nehmen. Sie sollten Lernen und nachhaltiger Entwicklung sowie permanent zu entwicklungspolitischem En- eine Voraussetzung für die Gestaltung der gagement motiviert und zu zukunftsgerichte- Einen Welt. Sie leisten damit einen direkten tem, nachhaltigem Handeln befähigt werden. Beitrag zur Umsetzung des Unterziels 4.7 der BNE sei eine dauerhafte Bildungsaufgabe. Agenda 2030 und sind als sogenannte Com- mitments Bestandteil des Nationalen Aktions- „Der Orientierungsrahmen ist ein zentraler plans (NAP) BNE. Abschließend dankte die Referenzrahmen für die Schule“, sagte Witte- Referentin den Teilnehmerinnen und Teilneh- ler-Stiepelmann. Die darin verfassten klugen mern der Fachtagung für ihr Engagement. Gedanken und Lernstrategien müssten breiten- wirksam in den Schulalltag eingebracht werden. „Das, was Sie hier mit erarbeiten, soll etwas 1. Weitere Informationen zur Umsetzung des Orientierungs rahmens finden Sie unter: ges.engagement-global.de (Stand 30.03.2021) 2. Der Schulwettbewerb zur Entwicklungspolitik: www.eineweltfueralle.de (Stand 30.03.2021) 3. Der Song-Contest „Dein Song für Eine Welt“: www.eineweltsong.de (Stand 30.03.2021) 4. ENSA: ensa.engagement-global.de (Stand 30.03.2021)
DOKUMENTATION DER 11. KMK / BMZ-FACHTAGUNG — 24./25. NOVEMBER 2020 BILDUNG IST EIN SCHLÜSSEL ZUR BEANTWORTUNG VIELER FRAGEN Wandel. BNE widmet sich auch diesen The- men. Bildung ist ein Schlüssel zur Beantwor- 7 tung vieler Fragen. Aber Wissen allein bewirkt noch keinen Wandel.“ Es gehe auch darum, dieses Wissen in nachhaltiges Handeln zu übersetzen. BNE vermittele – verfasst im OR – die benötigten Kompetenzen und Fähig- keiten und steigere die Motivation zum Han- deln und dazu, sich als aktiv gestaltender Teil der Gesellschaft zu sehen und nachhaltigen Wandel hier und weltweit voranzutreiben. Komplexität befördere den Wunsch nach ein- fachen Antworten, ob zu Corona oder zum Kli- mawandel. Digitale Medien können durch Fil- Anita Reddy. Foto: Engagement Global terblasen suggerieren, dass es diese einfachen Antworten gebe. Digitale Bildung als Teil der BNE müsse dem entgegenwirken, die bestehen- ANITA REDDY, Leiterin des Bereichs Bil- de Komplexität unserer Realität analysieren, dungsprogramme, Förderung Inlandsprojekte verständlich machen und sich ihr stellen, ohne bei Engagement Global, beleuchtete die aktu- alles unmittelbar beantworten zu können. Red- ellen gesellschaftspolitischen Herausforderun- dy betrachtete, welchen Fragen sich Bildung gen und Chancen, die die Pandemie verstärke stellen muss angesichts der Herausforderungen und beschleunige. Eine Hoffnung sei, dass sie der Pandemie: „Wie wirkt sich die Situation auf „im besten Fall dazu führen, dass wir unsere die Lernenden und Lehrenden aus? Wie gestal- Lebensziele überdenken und in Zukunft be- ten wir Bildung mit Kontakteinschränkungen? wusster in Richtung Nachhaltigkeit gestalten“. Wie gelingt es uns, den breiten globalen Kon- Auch entstünden digitale Veranstaltungsforma- text der Auswirkungen von Corona trotz der te, mit denen ohne Reisen viele Menschen an unmittelbaren Betroffenheit vor Ort im Auge zu verschiedenen Orten der Welt erreicht werden behalten? Welche Ursachen für den Ausbruch könnten und die wir in Zukunft ergänzend nut- der Pandemie sind erkennbar, die verändert zen könnten. Auf der anderen Seite addierten werden können? Wie wollen wir z. B. das Zu- sich die neuen Herausforderungen zu den zu- rückdrängen des Lebensraums von Wildtieren, nehmend spürbaren Folgen des Klimawandels, das Pandemien auslösen kann, verhindern?“ zu wachsenden sozialen und ökonomischen Ungleichheiten, zu wachsendem Populismus Anita Reddy dankte allen an der Fachta- und der Diskriminierung vermeintlich anderer. gung Teilnehmenden. Das gemeinschaft- liche Arbeiten erziele den besten Er- „Gleichzeitig stehen wir vor gesellschaftlichen folg. Sie dankte auch der KMK und dem Änderungen, die viele Chancen enthalten. BMZ für die gute Zusammenarbeit Dazu zählen Migration und auch der digitale
DOKUMENTATION DER 11. KMK / BMZ-FACHTAGUNG — 24./25. NOVEMBER 2020 UMGANG MIT KOMPLEXITÄT UND UNSICHERHEIT IM GLOBALEN LERNEN den, die helfen, Komplexität in der Anschau- ung so zu reduzieren, dass sie gleichzeitig 9 dazu beitragen, die Verarbeitungskomplexi- tät, also das, was man an einem Sachverhalt versteht, zu erhöhen. Das gehe über theo- riebezogenes Wissen und Wissen über die Generierung von Wissen. Zudem müsse man mit ethischen Prinzipien agieren, methodisch mit Herausforderungen umgehen, die eigene Emotionalität reflektieren und mit Unsicher- heit auf emotionaler Ebene umgehen können. Im Forschungsprojekt „Lehren im Kontext welt- gesellschaftlicher Bildung“ stellte Scheunpflugs wissenschaftliche Mitarbeiterin Dorothea Prof. Annette Scheunpflug. Foto: Universität Bamberg Taube dreierlei fest: Erstens könnten Lehren- de am ehesten mit Komplexität in Bereichen umgehen, die mit ihren eigenen Werten zu Der Umgang mit Komplexität und Unsicherheit tun hätten. Zweitens seien viele Lehrkräfte im globalen Lernen war Thema des Vortrags motiviert, sich mit globalem Lernen und der von PROF. ANNETTE SCHEUNPFLUG von Komplexitätsproblematik zu beschäftigen. der Universität Bamberg. Sie skizzierte Her- Drittens schlügen sich in der unterrichtlichen ausforderungen, erklärte die Notwendigkeit Bearbeitung globaler Lernherausforderungen der sogenannten „Komplexitätsabsorptions- Orientierungen und Haltungen der Lehrenden kompetenz“ und stellte Forschungsansätze nieder. Scheunpflug und Taube haben, basie- zur Stärkung der Handlungskompetenz von rend auf 17 narrativen Interviews mit Lehr- Lehrkräften vor. Der Umgang mit Komplexität kräften, die im globalen Lernen engagiert und im sozialen Bereich und im globalen Lernen sei erfahren sind, untersucht, welche handlungs- noch wenig erforscht und müsse noch erarbei- leitenden Orientierungen ihr Handeln struk- tet werden, sagte Prof. Scheunpflug. Aufgrund turieren. Daraus abgeleitet unterscheiden die der Vieldimensionalität und Interdependenzen Forscherinnen vier Idealtypen von handlungs- im sozialen Bereich sei es jedoch schwierig, leitenden Orientierungen von Lehrkräften. hier Ursachen, Wirkungen und Zusammen- hänge zu beschreiben (Niklas Luhmann). Für die Typen 1 und 2 zeigt sich eine Ori- „Menschen sind ‚Nahbereichswesen‘, merken entierung an Eindeutigkeit und einer damit sich am ehesten das, was sie selbst erfah- verbundenen Vereinfachung von Komplexität ren haben.“ Zum anderen lägen in sozialen als handlungsleitend. Die Lehrkraft wird als au- Zusammenhängen oft Simultanverursachun- thentische Wissensautorität und Vermittlungs- gen vor, soll heißen, Dinge passieren gleich- instanz konstruiert, die den Schülerinnen und zeitig. Erschwerend komme hinzu, dass viele Schülern klare Handlungsperspektiven an die Entwicklungen im sozialen Raum nicht mehr Hand gibt, basierend auf einer Beschreibung sinnlich wahrgenommen werden könnten. weltgesellschaftlicher Zusammenhänge in line- aren Interdependenzen zwischen globaler und Globales Lernen müsse somit als abstrakte lokaler Welt. Für Typ 2 zeigt sich eine Orientie- Sozialität verstanden werden. Für Lehrkräfte rung an stärker empathiebezogenen Zugängen hieße dies, didaktische Reduktionen anzuwen- als handlungsleitend. Auch hier wird die Lehr-
ORIENTIERUNGSRAHMEN GLOBALE ENTWICKLUNG kraft in der Rolle als Wissensautorität mit klarer Das Fazit der Wissenschaftlerin: Allein das 10 moralisierender Deutungsinstanz konstruiert. Die Brennen für globales Lernen führt noch nicht Entwicklungsnotwendigkeit wird klar gekenn- dazu, dass dem Umgang mit Komplexität zeichnet. Die Lernenden werden in der idealty- genügend Aufmerksamkeit gewidmet wird. pischen Verdichtung der Typen 1 und 2 als Rezi- Sie appellierte, auf der OR-Fachtagung der pienten und Ausführende beschrieben. Die Typen Frage nachzugehen, wie man erreicht, dass 3 und 4 konstruieren soziale Komplexität durch sich mehr Lehrkräfte an den idealtypisch vielschichtige Beschreibungen und ermöglichen herausgearbeiteten Zugängen und Heran- Zugänge zur Komplexität weltgesellschaftlicher gehensweisen im Sinne des Typ 3 und vor Zusammenhänge. Die Lehrkraft wird insbeson- allem Typ 4 orientieren. Das Lernen abstrak- dere bei Typ 4 so konstruiert, dass er oder sie ter Sozialität sei die herausragende Aufgabe Unterricht begleitet. Lernende werden als aktiv im Umgang mit Weltgesellschaft, mit ihrer Mitpartizipierende und Mitgestaltende beschrie- Multidimensionalität und Komplexität – auf ben. Beiden Typen (Typ 3 und Typ 4) gelingt eine sachlicher sowie auf didaktischer Ebene und „vielperspektivenbezogene Komplexitätsreduk- auch für die Bildung von Werten. Dies erfor- tion“. Typ 3 ist stärker inhaltsfokussiert als Typ dere Reflexionskompetenz, die man mit der 4 und klassischer im Modus des Unterrichtens. Lösung komplexer Aufgaben erwerbe, etwa Typ 4 arbeitet eher „reflexiv priorisierend“, er- von Dilemmata. Scheunpflug: „Indem sie [die möglicht multidimensionales unterschiedliches Schülerinnen und Schüler] gemeinsam re- Handeln und Bewerten, einen subjektorientier- flektieren, welcher Entscheidungsweg besser ten, konstruktiven Zugang und Kontroversität. ist, mit welchem sie besser zurechtkommen, Typ 4 beschreibt die Entwicklung der Weltgesell- lernen sie, mit Komplexität umzugehen.“ schaft als ergebnisoffen und ermöglicht Ler- nenden so eine partizipative Entwicklungsper- spektive. Scheunpflug sagte, Typ 4 sei erstre- benswert, aber keineswegs selbstverständlich. Foto: André Wagenzik Den vollständigen Vortrag finden Sie als Video unter: youtu.be/GZgBdkqRJxA
DOKUMENTATION DER 11. KMK / BMZ-FACHTAGUNG — 24./25. NOVEMBER 2020 ERWEITERUNG DES ORIENTIERUNGS- RAHMENS AUF DIE GYMNASIALE OBERSTUFE (OR GOS) Über die Erweiterung des Orientierungsrah- in der Vertreterinnen und Vertreter der Länder, mens auf die gymnasiale Oberstufe (OR GOS), aus NROs und der Wissenschaft zusammen- 11 die die KMK 2019 beschlossen hat, berichte- arbeiten, begleitet den Prozess. Die KMK-Be- ten WULF BÖDEKER, KMK-Berichterstatter richterstatter BNE sowie Engagement Global BNE im Ministerium für Schule und Weiterbil- steuern den Prozess inhaltlich, die Gesamtkoor- dung Nordrhein-Westfalen, und RENÉ DANZ, dination verantwortet Engagement Global. Gruppenleiter Globale Entwicklung in der Schule Im Rahmen des Prozesses OR GOS wird es bei Engagement Global. René Danz blickte zu- zahlreiche Möglichkeiten zur Mitgestaltung und nächst auf die Entwicklung des vorliegenden Partizipation geben, so Danz. So könnten un- OR zurück: 2007 wurde die erste Auflage ver- terschiedliche Perspektiven in die Zwischener- abschiedet, seit 2015 liegt der aktuelle OR vor, gebnisse und Ergebnisse der Facharbeitskrei- der inzwischen fast alle Schulfächer für die Se- se einfließen, zum Beispiel auf der jährlichen kundarstufe I umfasst. Eine durch Engagement Fachtagung zum Orientierungsrahmen, die in Global in Auftrag gegebene Erhebung der Jahre den nächsten Jahren verstärkt den Erweite- 2015 bis 2018 zeige, so Danz, dass die Nutzung rungsprozess zum Thema machen wird. Die und Verbreitung des OR inzwischen so ausge- Beteiligung Lernender im Prozess war zudem prägt seien, dass der Orientierungsrahmen ei- eine Frage, der sich ein Workshop auf der nen beträchtlichen Einfluss auf die Entwicklung OR-Fachtagung widmete. Die Ergebnisse die- und Praxis des globalen Lernens und somit auf ses Workshops fließen auch in die Arbeit ein. die Verankerung von BNE in der Schule habe. Dies sei maßgeblich den zahlreichen Akteurin- KMK-Berichterstatter Wulf Bödeker skizzier- nen und Akteuren, Partnerinnen und Partnern te zunächst BNE im Verständnis des OR: Der aus Schule, Zivilgesellschaft, Wissenschaft, OR orientiere sich am fachlichen Lernen, aber Bildungsverwaltung und interessierter Fachöf- auch und eng damit in Verbindung stehend fentlichkeit in unterschiedlichen Bereichen an der Entwicklung grundlegender Kompe- in den Ländern zu verdanken; u.a. befördert tenzen zur verantwortlichen Zukunftsgestal- durch die Länderinitiativen und Landeskoor- tung. Dabei seien globale Zusammenhänge dinationen. Auch die internationale Nachfrage zu berücksichtigen, sowohl des privaten als sei groß; dies zeige sich auch durch die Über- auch des beruflichen und gesellschaftlichen setzungen des OR ins Englische, Spanische Lebens. Diese Kompetenzentwicklung voll- und Französische. Ungebrochen stark sei auch ziehe sich im Dreischritt Erkennen – Bewer- das Interesse an der OR-Fachtagung und am ten – Handeln. Voraussetzung dafür sei die Prozess der Erweiterung des OR auf die GOS. Vermittlung der Einsicht in die Notwendig- keit einer nachhaltigen Entwicklung, basie- Der Prozess OR GOS startete 2020. Facharbeits- rend auf Werten und mündend in die Kom- kreise werden aktuell aus Fachleuten aus der petenz zu selbstwirksamem Handeln. Schuldidaktik, Schulpraxis, Zivilgesellschaft, Lehrkräftebildung und Lehrplanentwicklung zu- sammengestellt. Diese verfassen die Fachbeiträ- 5 Auswertungsbericht der zweiten und erweiterten Auflage ge zum OR GOS. Die KMK/BMZ-Projektgruppe, des Orientierungsrahmens (2019) ges.engagement-global.de/publikationen.html? file=files/2_Mediathek/Mediathek_Microsites/ OR-Schulprogramm/Downloads/Veroeffentlichungen_ Orientierungsrahmen/Auswertung_OR_2019_bf_final. pdf&cid=132008 (Stand: 29.03.2021) 6 Übersetzungen des Orientierungsrahmens finden Sie unter: ges.engagement-global.de/publikationen.html (Stand: 29.03.2021)
ORIENTIERUNGSRAHMEN GLOBALE ENTWICKLUNG Bödeker erklärte, nachhaltige Entwicklung René Danz fasste abschließend zusammen, 12 im Verständnis des OR erstrecke sich auf die dass mit dem Prozess der Erweiterung auf vier Dimensionen Soziales, Ökonomie, Poli- die GOS ein Wissenschaftsverständnis bei tik und Ökologie. Zwischen ihnen und auch Lernenden geschaffen oder gefördert wer- innerhalb der Dimensionen gebe es viele den solle, das auf Rezeption sowie aktive und Zielkonflikte und Widersprüche. Um unter- vorbereitende Teilhabe an wissenschaftlichen schiedliche Interessenlagen zu erkennen, zu und öffentlichen Diskursen über nachhalti- bewerten und auszuhandeln, sollten Lernende ge Entwicklung abziele. Der Erweiterungs- Einblicke in systemisches Denken und ver- prozess soll 2023 abgeschlossen sein. netztes Wissen gewinnen und lernen, es zu praktizieren. Das gelte gerade in der GOS, in der Allgemeinbildung vertieft, Studierfähig- keit erreicht und wissenschaftspropädeuti- sche7 Bildung vorangetrieben werden sollten. Die Erweiterung des OR auf die Sekundar- stufe II mit ihrem höheren Spezialisierungs-, Komplexitäts- und Abstraktionsgrad bringe also spezielle Herausforderungen mit sich und biete insbesondere Chancen für BNE. Böde- ker erklärte, im Erweiterungsprozess müs- se beantwortet werden, welche akuten und herausfordernden Themen der nachhaltigen Entwicklung, beispielsweise Klimagerechtig- keit und soziale Ungleichheit, in welcher Form und wann in welchen Fächern sowie fachüber- greifend integriert werden sollten. Auch solle thematisiert werden, wie Lernende Organisa- tions- und Lernprozesse mitgestalten könnten. Zudem müsse der OR für die GOS thematisie- ren, wie Digitalisierung stärker genutzt werden könne und welche digitalen Kompetenzen die BNE-Kompetenzen ergänzen und fördern könn- ten. Dabei sollten die ökologischen, wirtschaft- lichen, sozialen und politischen Implikationen Foto: André Wagenzik der Digitalisierung kritisch reflektiert werden. 7 Wissenschaftspropädeutik ist die Hinführung zu wissen- schaftlichen Denk- und Arbeitsweisen, zu Methoden des Erkenntnisgewinns und allgemein zu Erkenntnistheorie und Wissenschaftstheorien. Informationen zum Erweiterungsprozess sowie die Möglichkeit, Fragen zu stellen und Anregungen zu geben, finden sich auf der Internetseite ges.engagement-global.de/umsetzung-und-weiterentwicklung.html
DOKUMENTATION DER 11. KMK / BMZ-FACHTAGUNG — 24./25. NOVEMBER 2020 13 OPEN SPACE
ORIENTIERUNGSRAHMEN GLOBALE ENTWICKLUNG OPEN SPACE: TEILNEHMENDE SETZEN DIE THEMEN SELBST 14 Foto: André Wagenzik Open Space ist ein offenes Format mit Work- Aus diesen zehn Open Spaces konn- shop-Charakter. Die Initiative geht von den ten die Teilnehmenden wählen: Teilnehmenden aus. Sie setzen die Themen selbst, sie entscheiden, an welchen Open → Digitale Angebote globales Lernen/BNE Spaces sie teilnehmen und arbeiten in Klein- gruppen eigenverantwortlich. Sie moderieren → Komplexität und Unsicherheit im Unterricht und protokollieren live online in Eigenregie. didaktisch begegnen –Reflexionen im Nach der Premiere auf der Tagung 2019 lief Anschluss an den Vortrag die Open-Space-Runde bei der 11. Fachta- gung zum zweiten Mal, dieses Mal unter dem → BNE und Jugend-Partizipation Oberthema: „Aktuelle schulische Herausfor- derungen hinsichtlich Komplexität und Un- → Wie hängen Diskriminierung und sicherheit im Sinne einer nachhaltigen Ent- Bildungspolitik zusammen? wicklung“. Das Themenspektrum der Open Spaces reichte von Reflexionen über den → Ein Wort sagt mehr als 1.000 Worte – Vortrag von Professorin Scheunpflug über Framing /Deutungsrahmen Jugendpartizipation bis hin zu Methoden und Beispielen der Auseinandersetzung mit Kom- → Selbst aktiv werden: plexität und Unsicherheit. Technische Aspek- Bottom up Top down te, wie Zukunftsenergietechnologien in ihrer Komplexität in Schule zu behandeln, wurden → Emotion und Empathie als weiteren Zugang ebenso diskutiert wie didaktische Erwägun- zur Lösung komplexer Herausforderungen in gen im Open Space „Emotion und Empathie Schule eröffnen als weiteren Zugang zur Lösung komplexer Herausforderungen in Schule eröffnen“. → Methodische Umsetzung und Ideen → Erlass zu BNE in Niedersachsen – Pros und Cons? → Zukunftsenergietechnologien (Photovoltaik, Smart Grids, ...) in Theorie und Praxis in ihrer Komplexität in Schule behandeln
DOKUMENTATION DER 11. KMK / BMZ-FACHTAGUNG — 24./25. NOVEMBER 2020 15 WORKSHOPS
ORIENTIERUNGSRAHMEN GLOBALE ENTWICKLUNG WORKSHOP 1: LEHRE: LEHRKRÄFTE AUF HERAUSFORDERUNGEN VORBEREITEN Impuls: Dr. Lydia Kater-Wettstädt, Unsicherheiten handlungsfähig zu bleiben. Die 16 Leuphana Universität Lüneburg aktuelle Krise zeige einmal mehr die Bedeu- Experte: Michael Knittel, tung von BNE als ergebnisoffenen Prozess, der Landeskoordination BNE Hessen gemeinsam vorangetrieben werden müsse. Moderation: Katrin Schmitz-Parting, Engagement Global Die Teilnehmenden trugen zusammen, wie die Pandemie den Lehrkräftealltag verändert hat: Digitales Lernen werde zwar beschleunigt Der Workshop thematisierte, wie BNE vor und digitale Kompetenzen nähmen zu. Aber dem Hintergrund der zunehmenden Heraus- Präsenzunterricht, außerschulische Lernorte forderungen umgesetzt werden kann. Welche und Projekte fehlten. Das erschwere die Be- Implikationen bringen die komplexen globalen ziehungsarbeit mit den Lernenden, die zudem Dynamiken der nachhaltigen Entwicklung und häufiger verunsichert und ängstlich seien sowie auch neuer Entwicklungen, zum Beispiel der mehr häusliche Probleme hätten. Andere Wege Digitalisierung, für die Aus- und Fortbildung? müssten gefunden werden. Neue Unterricht- Welche Fähigkeiten benötigen Lehrkräfte? sideen entstünden zwar. Allerdings bestehe Planungsunsicherheit, und Unterricht müsse Dr. Lydia Kater-Wettstädt von der Leuphana immer wieder neu an die Gegebenheiten ange- Universität Lüneburg betonte die tragende passt werden, was viel Flexibilität erfordere und Rolle von BNE bei der Bewältigung von Kri- Organisationsaufwand mit sich bringe. Gleich- sen. In einer Krise gelernte Herangehenswei- zeitig seien viele Lernende und Eltern mit dem sen, z. B. Kreativität, Solidarität, Engagement, Homeschooling überfordert. Chancenungleich- Sensibilität und Verantwortungsbewusstsein, heit und Bildungsungerechtigkeit nähmen zu. könnten auf die Bewältigung anderer Krisen übertragen werden. Sie warf die Frage auf, ob Als weitere Chancen aus der Pandemie für es dann noch um eine Bildung für nachhalti- den Schulalltag und BNE wurden folgende ge Entwicklung geht oder um Bildung für eine Erfahrungen genannt: Bestehende Strukturen unbekannte Zukunft, die der Nicht-Nachhal- und Praktiken, z. B. die 45-Minuten-Taktung tigkeit der bestehenden Strukturen ernstlich und die Fachbezogenheit, würden hinterfragt. Rechnung trägt. Michael Knittel, Landeskoor- Es entstehe mehr Raum für individualisier- dination BNE Hessen, appellierte, mit BNE-An- tes und selbstständiges Lernen. Es entstehe sätzen angesichts globaler Krisen wie Hunger, ein stärkerer Zusammenhalt innerhalb der Klimawandel, Kriege und wachsende soziale Klassen und der Gesellschaft, weil Solidari- Ungleichheit eine verantwortungsvolle Neuori- tät und Empathie in Zeiten der Krise zunäh- entierung in der Gesellschaft mitzugestalten. men. Die räumliche Unabhängigkeit durch die zunehmende Digitalisierung könne das In der anschließenden Diskussion wurde bei- globale Bewusstsein stärken und zum Bei- spielsweise das Konzept Critical Hope (Prob- spiel den internationalen Austausch erleich- leme werden möglichst realistisch dargestellt, tern. Kompetenzorientierung werde gegen- um realistische und konkrete Lösungsmöglich- über der reinen Wissensvermittlung gestärkt, keiten aufzeigen zu können) als Möglichkeit beispielsweise in Bezug auf die Medienerzie- dargestellt, um angesichts von Herausforde- hung, die Selbstwirksamkeit, Projektarbei- rungen und damit verbundenen Ängsten und ten und den Umgang mit Unsicherheiten.
DOKUMENTATION DER 11. KMK / BMZ-FACHTAGUNG — 24./25. NOVEMBER 2020 Der Workshop erarbeitete, wie Lehr- Schließlich arbeiteten die Teilnehmenden kräfte darüber hinaus die Kri- heraus, welche Implikationen speziell für die 17 se als Chance nutzen könnten: Erweiterung des OR auf die GOS gelten sollten: → Im Sinne des Whole School Approachs → mehr internationaler Austausch, sollten alle an Unterrichtsentwicklung beteiligten Gruppen gestärkt und mit → die emotionale Basis und die psychischen Ressourcen ausgestattet werden, die Ressourcen für nachhaltiges Handeln ihre Resilienz, Offenheit, Innovations- thematisieren, freudigkeit, Kommunikation und Zusammenarbeit fördern, um als Schule → besondere Bildungsangebote und Freiräume gemeinsam „umzulernen“. für Kooperation mit außerschulischen Akteuren, → Lehrkräfte sollten für den Umgang mit Emotionen bei Krisenthemen geschult → bereits in der Lehrkräfteausbildung den werden, um psychische Ressourcen der OR noch stärker einsetzen und besondere Lernenden wie Selbstwirksamkeit, Lernangebote mit praxisnahen Lern- Achtsamkeit, Solidarität und Critical Hope beispielen, offeneren und innovativeren (Entwicklung von Hoffnung) zu stärken. Lernprojekten schaffen, → Auch sollten Freiräume für Lehrkräfte und → transformative Bildung sollte wichtiger Lehramtsstudierende geschaffen werden, Schwerpunkt in der Lehrkräftebildung der damit sie sich selbst erproben können, auch 3. Phase sein, als „Lernbegleitende“, und ihre Selbstkompetenz stärken. → mehr Reflexions- und Erfahrungsräume in der Lehrkräftebildung, um sich von → Sie sollten bestehende Bewertungslogiken Kolleginnen und Kollegen inspirieren zu aufbrechen, lassen, die bereits Freiräume nutzen. → in den Veränderungsprozessen hoffnungsvoll und motiviert bleiben, → mehr Raum für Austausch und mehr gegenseitige Wertschätzung schaffen und sich als Lernende und Gestaltende verstehen und gemeinsam mit den Lernenden zum Ausprobieren neuer Wege ermutigt werden, inklusive Fehlertoleranz.
ORIENTIERUNGSRAHMEN GLOBALE ENTWICKLUNG WORKSHOP 2: ORTE DES LERNENS: LERN- RÄUME FÜR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG Impulse: Ulrike Kegler, ehemalige Leiterin bei Lehrenden und Lernenden. Einschränken- 18 der Montessori-Oberschule, Potsdam / de Rahmenbedingungen wie die Aufsichts- Micha Pallesche, Leiter der Ernst-Reuter- pflicht müssen bei Umgestaltungen mitgedacht Gemeinschaftsschule Karlsruhe werden und erfordern kreative Lösungen. Experte: Reiner Mathar, Mitautor des Micha Pallesche zeigte, wie an seiner Schule OR 2016, BNE-Koordinator im Hessischen Lernorte gestaltet sind und wie z.B. das digi- Kultusministerium tale Lernen integriert wird: Lernende nutzten Moderation: Birte Strebel und Lejla Bubic, Tablets eigenverantwortlich zur Bearbeitung Engagement Global von Aufgaben, auch in Gruppenarbeit außer- halb der Klassenräume. Digitalisierung in der Schule könne neue Unterrichtsformen Orte des Lernens haben großen Einfluss auf die mit sich bringen: aktives Lernen, oft in Grup- Art des Lehrens und Lernens. Der Workshop pen, statt Frontalunterricht und Vereinzelung, ging den Fragen nach, wie Lernorte und die Lehrkräfte werden zu Lernbegleitenden. Gestaltung von Lernumgebungen die Umset- zung von BNE im Sinne des OR beeinflussen? In der anschließenden Diskussion stellten die Teilnehmenden des Workshops fest, dass die Ulrike Kegler betrachtete es als dauerhaftes An- abrupte und unvorbereitete Umstellung auf liegen der gesamten Schulentwicklung, Innen-, digitales Lernen im ersten Lockdown dazu ge- Außen- und Zeiträume umzugestalten sowie führt habe, dass versucht worden sei, Inhalte neue Unterrichtskonzepte zu etablieren. Die und Methoden des traditionellen Frontalun- Lehrkraft steht dabei nicht wie beim traditio- terrichts in digitale Formate zu packen. Eine nellen (Frontal-)Unterricht als Experte oder Ex- veränderte Lehr- und Lernkultur sei jedoch pertin vor der Klasse, sondern die Schülerinnen und Schüler erarbeiten die Inhalte individuell, wobei die Lehrkraft ihnen begleitend zur Seite steht. Die Umgestaltung der Lernräume soll damit vor allem individuelles und freies Arbei- ten sowie Praxis- und Handlungsorientierung im Unterricht ermöglichen. So gibt es bspw. keine feste Sitzordnung und verstellbare Möbel, sodass die Schülerinnen und Schüler selbst ent- scheiden können, wo und mit wem sie was ler- nen.8 In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass ein verändertes Rollenverständ- nis der Lehrkräfte Voraussetzung dafür ist, die Lernortumgebung so zu verändern, dass sie die Lernerfolge positiv beeinflussen kann. Andererseits führen aber auch die Lernorte zu einem veränderten Denken und Handeln 8 Einen Eindruck von Ulrike Keglers Schule und wie dort Workshop 2: Lernräume für Nachhaltige Entwicklung. Lernräume gestaltet sind, erhält man in diesem Video: Foto: André Wagenzik www.youtube.com/watch?v=JM70ANgF4h8
DOKUMENTATION DER 11. KMK / BMZ-FACHTAGUNG — 24./25. NOVEMBER 2020 erforderlich: die Ausgestaltung des digitalen Reiner Mathar, Verfasser von Kapitel 5 des Lernens und Lehrens mit mehr Austausch, OR, „Der Lernbereich Globale Entwicklung 19 Mitgestaltung und kritischer Auseinanderset- als Aufgabe der ganzen Schule“, bestärkte in zung der Lernenden sowie mit mehr Beglei- seinem Vortrag die genannten Elemente und tung als Bestimmung seitens der Lehrkräfte. ihre Bedeutung für BNE. Die Gestaltung der Lernräume stelle dabei aber nur einen Aspekt Die Teilnehmenden arbeiteten anschlie- dar, der die Umsetzung von BNE unterstützen ßend heraus, welche Elemente eines Ler- könne. Es bedürfe eines nachhaltigen gesam- norts insbesondere BNE befördern. Un- tinstitutionellen Ansatzes, einer Unterrichts- ter anderem wurden dabei genannt: und Schulentwicklung im Sinne einer BNE. Den Ansatz eines solchen Whole School Approach → vielfältige Material- und (WSA) erläuterte er anhand von Beispielen Informationsangebote unterschiedlicher internationaler Projekte. Wei- terhin betonte er die Bedeutung der Digitalisie- → erschiedene Zugänge zum Lernen, etwa rung von Schule und Unterricht, um Lernende zum Austausch sowie zu Einzel-, Partner- auf die nachhaltige Gestaltung der Zukunft und Gruppenarbeiten. Räume müssen hierfür vorzubereiten – im Sinne von digital citizens.9 entsprechend gestaltet sein. Die Teilnehmenden zogen das Fazit, dass die → Barrierearmut, veränderte Gestaltung von Lernorten nicht automatisch zu einer Veränderung des Lehrens → Integration verschiedener medialer Formate, und Lernens führt. Sie gibt aber Anstoß und ist ein wichtiges Element für die Umsetzung von → Raum für Kreativität und Inspiration BNE im Unterricht. Die Gestaltung von Lernor- schaffen, Offenheit und Flexibilität ten – im realen und im digitalen Raum – sollte bezüglich der Methoden und daher auch im OR für die GOS berücksichtigt werden, indem positive Beispiele, auch inter- → Einbindung außerschulischer Partner und nationale, aufgenommen werden könnten. Bildungsangebote. 9 Digitale Bürger und Bürgerinnen nutzen regelmäßig auf sichere und verantwortungsvolle Weise die neuen Techno- logien, um an Gesellschaft und Politik teilzuhaben.
ORIENTIERUNGSRAHMEN GLOBALE ENTWICKLUNG WORKSHOP 3: FÄCHER UND UNTERRICHT – BNE GEMEINSAM PLANEN Impuls: Klaus Schilling, Deutsche UNESCO- Klaus Schilling betonte, dass BNE als Quer- 20 Kommission e.V. / Rainer Maehl, schnittsaufgabe in einer offenen Schulkultur un- Hamburger Institut für Berufliche Bildung ter Berücksichtigung des Whole School Approach Experte: Jörg-Robert Schreiber, (WSA) umgesetzt und verankert werden könne, Mitautor des OR 2016 wenn sie auf folgenden Eckpfeilern basiere: Moderation: Marcus Römer, Engagement Global → Steuerung (Selbstverpflichtung, Zuständigkeiten, Kontinuität, Partizipation, In dem Workshop wurde – insbesondere vor Teamentwicklung), dem Hintergrund aktueller Herausforderungen – erarbeitet, wie eine zielgerichtete kollegiale → Qualitätsentwicklung, Abstimmung und gemeinsame Planung des Un- terrichts die Verankerung von BNE in Schulen → Einbindung der Jugend in Prozesse und unterstützen kann. Wie kann Schule sich hin- Gestaltungsmöglichkeiten, sichtlich Stundenplänen, Teamentwicklung und Themenplanung aufstellen und organisieren, → ganzheitliche und dauerhafte Lehr- und auch um BNE-Themen parallel fachübergrei- Lernangebote für Lernende und das ganze fend zu behandeln? Welche besonderen Ansät- Schulpersonal, ze und Rahmenbedingungen sind hilfreich? 10 → nachhaltiger Schulbetrieb (Verpflegung, Beschaffung, Ressourcenmanagement, Lernumfeld), → BNE als Motor für Innovation, Wandel, Vernetzung (Öffnung für Partnerschaften) und → interne und externe Kommunikation des BNE-Profils der Schule. Die Teilnehmenden tauschten sich über ihre vielfältigen Erfahrungen mit konkreten Maß- nahmen und Projekten an ganz unterschied- Workshop 3: Fächer und Unterricht – BNE gemeinsam plane. lichen Schulen aus, die der strukturellen Foto: André Wagenzik Verankerung von BNE im Unterricht dienen. 10 Ansätze hierfür gibt es unter anderem im OR. Beispiele für die Umsetzung finden sich im „Orientierungs- und Hand- lungsrahmen für das übergreifende Thema Nachhaltige Entwicklung / Lernen in globalen Zusammenhängen“ für Berlin und Brandenburg.
DOKUMENTATION DER 11. KMK / BMZ-FACHTAGUNG — 24./25. NOVEMBER 2020 Zur besseren Verankerung von BNE in Un- Rainer Maehl ergänzte, zur erfolgreichen terricht und Schule sahen die Teilnehmen- Verankerung von BNE in Fächern und Unter- 21 den unter anderem folgendes Potenzial: richt seien ein Umdenken und die bewusste Entscheidung von Schulleitungen zur dauer- → Es sollte mehr und stärkere Bezüge zur BNE haften Umsetzung von BNE in der eigenen in den Schulbüchern geben, um auch in Schule nötig sowie die Überzeugung bei den weniger naheliegenden Fächern eine Routine Lehrkräften, BNE in den Unterricht einzubin- bei der Behandlung von Querschnittsthemen den und in den Lehrplan zu integrieren. Da zu erlangen. dies stets mit Mehrarbeit verbunden sei, sei es wichtig, Anreize zu schaffen und dieses → Ländlicher Raum: mehr Unterstützung für Engagement zu fördern. Ein Problem seien die Schulen und Erweiterung ihrer Möglichkeiten begrenzten Ressourcen für Schulleitungen, zur Kooperation mit außerschulischen weshalb BNE und globales Lernen oft keine Partnern mit internationalem Bezug. hohe Priorität besäßen. Die aktuellen Her- In Materialien zum globalen Lernen werden ausforderungen inklusive der Konzentration oft Handlungsoptionen (Aktionen, Projekte auf ständig abzuändernde Hygienekonzepte etc.) vorgeschlagen, die sich auf dem Land erschweren die Verankerung von BNE massiv. schwer umsetzen lassen. Hier braucht es größeres Know-how. Die Diskussion der Teilnehmenden mit Jörg-Ro- bert Schreiber über den Erweiterungsprozess → Ganzheitliche Schulentwicklungsprozesse des OR auf die GOS brachte folgende Impulse: auf allen Ebenen sollten von den Schul- leitungen getragen werden. Dabei sollten → Die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft Kollegien, Lernende und Eltern zusam- und Lernenden sowie ihre Beteiligung an men-wirken, ergänzt um Fortbildungen und Forschungsprojekten sollten ausgebaut ggf. ein Projektmanagement, das von weite- werden. ren Bildungsinstitutionen begleitet wird. → BNE-Aspekte sollten insbesondere im → Lehrkräfte brauchen mehr Zeitressourcen, Politik- und Sozialkundeunterricht, aber auch um die Unterrichtsmaterialien zu BNE in anderen Fächern, wissenschaftlicher vollumfänglich zu verwenden. betrachtet werden. → BNE sollte in lokalen Bildungslandschaften → Lernende sollten für die (selbständige) stärker verankert werden, indem Schulen Entwicklung der eigenen Kompetenzen, auch Kooperationen als selbstverständlich über Unterricht und Schule hinaus, begreifen, z.B. Schulnetzwerke wie die sensibilisiert werden. UNESCO-Projektschulen, die in mehreren Bundesländern bereits geknüpft werden. → Möglichkeiten der Demokratisierung der Schulgemeinschaft sollten aufgezeigt werden.
ORIENTIERUNGSRAHMEN GLOBALE ENTWICKLUNG WORKSHOP 4: NETZWERKE UND PART- NERSCHAFTEN – LOKAL UND GLOBAL Impuls: Dr. Marie Bludau, rahmens Globale Entwicklung beobachtet, 22 Niedersächsisches Kultusministerium dass das Verständnis für komplexe Sachver- Expertin: Eva-Maria Kohlmann, halte steigt, wenn komplexe Fragestellun- Universität Kassel gen in interdisziplinären Gruppen gemein- Moderation: Sabine Seiffert, sam bearbeitet und reflektiert und außer- Engagement Global schulische Partner einbezogen werden. In den Diskussionen im Workshop wurde Wie können Netzwerke und Partnerschaf- deutlich, dass der Umgang mit Komplexität, ten Schule und Lehrkräfte im Umgang mit ein reflektierter Umgang mit eigenen Unsi- Komplexität und Unsicherheit stärken, ins- cherheiten wie auch der Umgang mit und in besondere mit Blick auf aktuelle Herausfor- BNE-Netzwerken samt fachlicher und päda- derungen und im Sinne der globalen Ent- gogischer Orientierung in die Lehrkraftaus- wicklungsziele? Dieser Leitfrage wurde im bildung eingebunden sein sollten. Dabei Workshop nachgegangen. Sie ist besonders sollten Fachwissenschaften, Bildungswissen- wichtig, da Netzwerke und Partnerschaften schaften unterschiedlicher Disziplinen und den Raum bieten, unterschiedliche Pers- Schulpraxis zusammengebracht werden. pektiven einzunehmen, Komplexität besser zu verstehen und praktisch einzuüben. Begleitete internationale Bildungspartnerschaf- ten und Austausch sollten frühzeitig in die Dr. Marie Bludau vom Niedersächsischen Lehrkraftausbildung implementiert werden. Kultusministerium referierte zu Gelingensbe- Solche Begegnungen erforderten eine sehr gute dingungen, die Kultusministerien zur Ausge- Vorbereitung hinsichtlich einer klaren Zielfor- staltung von Netzwerken in und um Schule mulierung und auch bezüglich gesellschaftli- zur Verfügung stellen können. Am Beispiel cher, politischer, kultureller und ökonomischer Niedersachsens präsentierte sie, wie Netzwer- Hintergründe im Partnerland bzw. in der ke und Kooperationen Selbstwirksamkeitser- Partnergruppe. Als höchst relevant scheint in fahrungen von Lernenden durch den Peer-to- diesem Kontext die Reflexion für angehende Peer-Ansatz stärken können.11 Da Lehrkräfte Lehrkräfte. Die eigene Situation mit anderen die steuernde Instanz in der Vermittlung von gesellschaftlichen Voraussetzungen, anderen komplexen Sachverhalten und auch beim Bildungssystemen und Lernkulturen verglei- Erlernen des Umgangs mit Komplexität sind, chen zu können, erleichtere den Perspektiven- sind deren gut geschultes Kompetenzprofil, wechsel und stärke die Haltung im Umgang deren Haltung und deren Handlungsfähigkeit essentiell. Ein angemessener Umgang mit Komplexität und ein reflektierter Umgang mit 11 Die im Workshop vorgetragenen Gelingensbedingungen eigenen Unsicherheiten in komplexen Sach- basieren auf Studienergebnissen von Dr. Marie Bludau verhalten sollte daher routiniert und in die (2016).Die Ergebnisse der Studie wurden in einer Zusam- menstellung von Engagement Global (2019) veröffentlicht. Lehrkräfteausbildung eingebunden sein. Marie Bludau (2016): Globale Entwicklung als Lernbereich Wie Netzwerke in der universitären Lehr- an Schulen? Kooperationen zwischen Lehrkräften und Nichtregierungsorganisationen. kraftausbildung die Handlungskompeten- Opladen, Berlin, Toronto: Budrich UniPress. zen von angehenden Lehrkräften stärken, berichtete Eva-Maria Kohlmann von der Marie Bludau (2019): Gemeinsam für Zukunftsfähigkeit. Formen und Bedingungen von Kooperationen zwischen Universität Kassel. Sie hat bei den Länderin- Schulen und dem gesellschaftlichen Umfeld im Sinne des itiativen zur Umsetzung des Orientierungs- Whole School Approach. Bonn: Engagement Global.
DOKUMENTATION DER 11. KMK / BMZ-FACHTAGUNG — 24./25. NOVEMBER 2020 23 Workshop 4: Netzwerke und Partnerschaften – lokal und global. Foto:André Wagenzik mit komplexen Fragestellungen. Die Beob- Den kompetenten Umgang mit Komplexität achtung zeige, dass Erfahrungen mit außer- könnten angehende Lehrkräfte fundiert er- schulischen Partnerschaften mit dem globalen werben, wenn auch ihre Dozierenden entspre- Süden und mit komplexen Fragestellungen in chend in der BNE geschult seien. Der Umgang einem BNE-relevanten Bereich den beruflichen mit Netzwerken und Komplexität sollte in Werdegang junger Lehrender nach- die Lehrkraftausbildung eingebunden wer- haltig festigen können. den, so der Tenor im Workshop. Im Zuge des OR-Erweiterungsprozesses sollten hier beglei- Die Mehrperspektivität sollte daher in allen tende Maßnahmen und entsprechende anre- Kontexten der universitären und schulprak- gende Lehrmaterialien entwickelt werden. tischen Ausbildung integriert sein. Beispiels- weise bietet das Entwicklungspolitische Schulaustauschprogramm von Engagement Global (ENSA) mit seinen Aus- und Fortbil- dungsangeboten sowie Angeboten zur inhalt- lichen Begleitung von Begegnungsreisen eine anregende Grundlage für Studienseminare. Um Mehrperspektivität zu praktizieren, seien BNE-konforme Lehrmaterialien für die Lehr- kraftausbildung und für den Unterricht nötig.
ORIENTIERUNGSRAHMEN GLOBALE ENTWICKLUNG WORKSHOP 5: LERNEN: ZUGÄNGE UND METHODEN FÜR FACHBEZOGENES LERNEN IN GLOBALEN ZUSAMMENHÄNGEN Impuls: Prof. em. Dr. Kersten Reich, Dr. Andreas Eberth nannte miteinan- 24 Universität zu Köln der verwobene Aspekte des Lernens: Experte: Dr. Andreas Eberth, Didaktik der Geografie (Leibnitz Universität Hannover), → Wie kann eine technische Ausstattung Länderinitiative „Sustainable Development entsprechend den Bedürfnissen von Goals mit digitalen Medien vermitteln“ Lehrenden und Lernenden zur Verfügung Moderation: Lorenz Denks, gestellt werden? Engagement Global → Wie kann man bewirken, dass auch weniger privilegierte Gruppen nachhaltige Im Workshop wurde unter besonderer Be- Entwicklung diskutieren und die rücksichtigung der aktuellen Entwicklungen Digitalisierung den Gap nicht vertieft? erarbeitet, wie Lernangebote besser im Sinne einer BNE gestaltet werden können, auch hin- → Gute und innovative Erfahrungen und sichtlich der Ausweitung des OR auf die GOS. Ansätze sollten in der Pandemie nicht in Einig waren sich die Teilnehmenden, dass die Vergessenheit geraten und nachher wieder Kombination aus Pandemie, beschleunigter aufgegriffen und vertieft werden. Digitalisierung und zunehmenden globalen He- rausforderungen eine Chance für innovatives → Beim digitalen Lernen stellen Kompetenz- globales Lernen im Sinne einer BNE ist, aber orientierung, Handlung und Reflexion auch viele Unsicherheiten mit sich bringt. Eine besondere Herausforderungen dar. Es gilt, besondere Herausforderung bilde das soziale reflexive Methoden einzuplanen und die Gefälle, vor allem bezüglich der Ausstattung Chancen der Digitalisierung zu nutzen, die es mit Endgeräten. Dies könne Bildungsgerechtig- z. B. erleichtere, Partner aus dem globalen keit weiter verringern. Lernende müssten somit Süden einzubinden. pädagogisch und technisch eng begleitet und wo nötig mit entsprechenden Geräten unter- stützt werden. Auch könnten sozial schwäche- re Lernende in der Pandemie früher wieder in Präsenz unterrichtet werden als andere. Die hohe Belastung der Lehrenden müsse bedacht werden.
DOKUMENTATION DER 11. KMK / BMZ-FACHTAGUNG — 24./25. NOVEMBER 2020 Prof. Kersten Reich warb für das beteiligungs- greifende Querschnittsaufgabe verstanden, orientierte, das heißt das selbstständige, for- damit alle Lehrenden sich beteiligen. Kolle- 25 schende und digital-aktive Lernen, auch in der gien sollten übergreifende Themen gemein- Pandemie. Um Interesse für globales Lernen sam planen und sich absprechen, um den zu fördern, müssten Themenkomplexe wie überfachlichen Anspruch der BNE zu fördern, Klimawandel, Demokratisierung und Nach- ihn in den einzelnen Fächern umzusetzen haltigkeit auf die Lebenswelt der Lernenden und Redundanzen zu vermeiden. Hier biete heruntergebrochen werden und auf für sie der Orientierungsrahmen gute Ansätze, die relevante Aspekte abzielen. Reich stellte ein jede Schule individuell anpassen könne. fünfstufiges Handlungs- und Lernmodell vor: Um Interesse und Engagement der Lernenden → Emotionale Reaktionen: Sie entstehen zu stärken, müsse Partizipation, beispielswei- und wecken Interesse am ehesten bei se in der Schülerselbstverwaltung, gefördert aktuellen Themen nah an der Lebenswelt werden. Die Schülerinnen und Schüler beton- der Lernenden. ten im Workshop dabei, dass es für sie wichtig ist, dass der Unterricht von ihren persönlichen → Anschlussfähigkeit: Die Lernenden sollen an Interessen ausgeht. Genauso wichtig sei eine ihr vorhandenes Wissen anknüpfen können. Umgebung, in der Lernende ihre Persönlich- keit entwickeln könnten, also eine gelungene → Zum forschenden Lernen und selbst- Feedback-Kultur und Empathie sowie Möglich- ständigen Arbeiten gehören das Entwickeln keiten, im schulischen Lernen auch zu handeln von Hypothesen, Untersuchungen und und an persönliche Interessen anzuknüpfen. Experimenten. Die Erweiterung des OR auf die GOS könne → So entwickeln die Lernenden eigene von der Rückkehr zu G13 in vielen Bundeslän- Lösungsansätze und lernen, sie zu dern profitieren. Jede Schule solle erarbeiten, präsentieren und Wissen weiterzugeben. wie BNE speziell in der Oberstufe umgesetzt werden solle. Lernende könnten z. B. für → Das Ziel ist mehr als Prüfungen zu bestehen. andere Lernende ein „Wiki“ zum Abi-Wissen Vor allem sollte das erworbene Wissen in erstellen und so zugleich ihre Noten verbes- anderen Bereichen und im persönlichen sern und anderen helfen. Eine andere Idee Leben angewandt werden. war es, dass Lernende der Oberstufe BNE-In- halte in der Mittelstufe unterrichten und dabei von Lehrenden begleitet werden. Bei Themen Die Teilnehmenden diskutierten darüber, wie des globalen Südens sei es zielführend, viel- es gelingen kann, die Ansätze von Prof. Reich fältige Akteure auf Augenhöhe einzubinden. im Alltag, auch in der Pandemie, umzuset- Schließlich sei der gute Umgang mit Komple- zen. Eine zentrale Herausforderung sei die xität (Scheunpflug) gerade in der Vorbereitung Institutionalisierung der BNE, oft als fachüber- auf das wissenschaftliche Arbeiten wichtig.
Sie können auch lesen