Osterreich In den Beinen und Im Kopf: Fußball

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Wolfgang Maderthaner

Osterreich         In   den Beinen und Im Kopf: Fußball

Ende Februar 1981 ging ein aufsehener­       medial vermittelten Massenspektakel wie
regendes Photo durch die Weltpresse. An      dem Fußballsport als gleichsam univer­
die zweihundert Angehörige der Guardia       seller Tendenz dieses Jahrhunderts, auf
Civil hatten - als Auftakt eines präzise     den zentralen Stellenwert "des Spiels" in
geplanten, in der Folge jedoch rasch zu­     der Formierung und Konsolidierung na­
sammengebrochenen Putsches von Tei­          tionaler Identität ist immer wieder hin­
len der Armeeführung - das spanische         gewiesen worden. Nicht zuletzt von Nor­
Parlament gestürmt und dieses mit al­        bert Elias, der im Fußball ein "kollekti­
len Regierungsmitgliedern in ihre Gewalt     ves Kunstwerk", in der durch fließende
gebracht. Der rechtsradikale Oberstleut­     Figuration erzeugten Spannungs balance
nant Antonio Tejero Molina war mit mar­      zwischen Konkurrenz und Kooperation
tialischer Geste an das Podium getreten      ein "Symptom einer relativ hohen Zivi­
und richtete von dort aus seine Waffe        lisationsstufe" erblickt. 1954 gewann die
direkt in die Reihen der Parlamenta­         BRD nach sensationellen Siegen über die
rier. Eineinhalb Jahre später erschien das   haushohen Favoriten Österreich (mit 6:1)
deutsche Satire-Magazin Titanic, Forum       und Ungarn (mit 3:2) erstmals die Welt­
der sogenannten "Zweiten Frankfurter         meisterschaft. In einer anregenden und
Schule", mit eben diesem Schnappschuß        kurzweilig zu lesenden Studie hat Ar­
als Coverphoto, wobei es Tejero folgen­      thur Heinrich unlängst den Nachweis zu
den Text unterlegte: "Hiermit erkläre ich    führen versucht, daß dieses Ereignis die
Spanien zum Fußballweltmeister 1982."        eigentliche "Geburt der Bundesrepublik
Titanic reagierte damit in seiner spezifi­   im Wankdorf-Stadion zu Bern" markiere
schen Weise auf jene Welle von Empörung      und bei den Bundesrepublikanern eine
und Wut, die die spanische Öffentlich­       durchgehende Mentalität des" Wir-si nd­
keit an läßlich des frühzeitigen Ausschei­   wieder-wer" sowie eine von den Erfahrun­
dens der Nationalmannschaft bei der im       gen und Ereignissen der Jahre 1933 bis
eigenen Land veranstalteten Fußball- WM      1945 ungetrübte deutsche Identität sti­
erfaßt hatte.                                mulierte.
   Auf die Verknüpfung von nationalem           Silvio Berlusconi hat im Zuge sei­
Prestige mit einem zunehmend multi-          nes rasanten Aufstiegs vom ökonomisch

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schwer angeschlagenen Medienmogul und         rer Kultur in idealer Weise verdichteten.
       prototypischen Repräsentanten eines von      Es war Ausdruck einer zutiefst urbanen
       Verfilzung, Korruption und organisierter     Kultur; geographisch auf die ehemalige
       Kriminalität geprägten politischen Sy­       Habsburgerresidenz beschränkt, fanden
      stems zum "Erneuerer" und Premiermi­          die großen Wiener Clubs ihre Konkur­
       nister Italiens immer wieder auf seine        renten nicht in anderen österreichischen
       Funktion als Präsident der zu dieser         Städten, sondern in Berlin, Bologna, Prag
       Zeit welt besten Vereinsmannschaft, des      und Budapest. Der "österreichische" Fuß­
       AC Milan, rekurriert. Seine eilig aus        ball entwickelte sich zunächst im Rah­
      dem Boden gestampfte Wahlbewegung             men großstädtischen Selbstbewußtseins
      wurde folgerichtig nach dem Schlachtruf       und mitteleuropäischer Interna:tionalität,
       der italienischen Tifosi Forza Italia be­     und es waren tschechische und vor allem
       nannt. Brasilianische Soziologen erklären    ungarische "Legionäre", die auf diese Ent­
      den Wahlsieg des Kandidaten der tra­          wicklung prägend Einfluß nehmen sollten.
      ditionellen Eliten über den charismati­       Etwa die drei Ungarn des von der Aura
      schen Arbeiterführer Lula ebensosehr wie      liberalen jüdischen Bürgertums umgebe­
      aus den zumindest kurzfristig stabilisie­     nen Amateur-Sportvereins (ab 1926 Wie­
      renden Auswirkungen einer Währungsre­         ner Austria): Spezi Schaffer, vazierender
      form (die die Inflation spürbar einbrem­      Vollblutprofi und ungekrönter kontinen­
      ste und die neue Landeswährung höher          taleuropäischer "Fußballkönig" , der bril­
      als den DolJar bewertete) aus dem Sieg        lante Techniker Kaiman Konrad, im Ne­
      bei der Fußballweltmeisterschaft, der eine    benberuf Börsenspekulant, sowie dessen
      enorme Steigerung des nationalen Selbst­      Bruder Jenö, der als Offizier und Kommu­
      wertgefühls nach sich zog. Diese hier         nist am Räteexperiment Bela Kuns teilge­
      eher willkürlich ausgewählten Beispiele       nommen hatte und vor dem einsetzenden
      ließen sich nach Belieben fortsetzen. Hier­   Horthy-Terror nach Wien geflüchtet war.
      zulande liegen die Dinge allerdings et­       Als die jüdisch-nationale Hakoah 1925 die
      was anders, komplizierter; und dies nicht     erste Professional meisterschaft gewinnen
      nur aufgrund einer durch und durch tri­       konnte, gehörten ihrem Kader nicht we­
      sten Gegenwart, in der die Spielstärke        niger als sieben ungarische Internationale
      des Nation alteam s gerade noch jene von      an, unter denen Bela Guttmann der wohl
      Mannschaften aus (sportlichen) Entwick­       prominenteste war. Ihr schnelles, flaches,
      lungsländern erreicht.                        engmaschiges Kurzpaß- und Kombinati­
         Fußball als Spiel und als Zuschauer­       onsspiel, minutiös und mit großer Präzi­
      ereignis war bereits in den Jahren un­        sion in Szene gesetzt, sollte ein knap­
      mittelbar nach dem Ersten Weltkrieg zu        pes Jahrzehnt später - weiterentwickelt
      einem massenkulturellen Phänomen von          von so herausragenden Spielerpersönlich­
      eminenter gesellschaftlicher (und politi­     keiten wie dem legendenumwobenen "Pa­
      scher) Bedeutung geworden, das über           pierenen", Matthias Sindelar, oder dem
      die enge.r gesteckten Grenzen des Para­       hoch talentierten, aber wenig disziplinier­
      digmas Sport hinausreichte und in dem         ten Pepi Bican, und angereichert mit Raf­
      sich die verschiedenen Facetten popula­       finesse, Eleganz, Witz und Leichtigkeit ­

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als" Wiener Schule" international Furore      Bevölkerung ungeliebte Kleinstaat noch
machen.                                       "Weltgeltung" besaß. Insbesondere in
   Doch selbst das "Wunderteam" der           Auseinandersetzungen mit dem "Erzriva­
frühen dreißiger Jahre eignete sich nur       len" Ungarn ließen sich unter den Fans er­
in einem beschränkten Ausmaß als Ob­          ste Ansätze zu einer Österreich-Identität
jekt gesamtösterreichischer Identifikation.   ausmachen. Anläßlich eines Länderspiels
Als Essenz und zugleich dialektische          im April 1927, das die Wiener mit 6:0
Auflösung der beiden Hauptstränge des         für sich entscheiden konnten, sei plötz­
Wiener Fußballs der Zwischenkriegszeit,       lich, w,ie das Illustrierte Sportblatt berich­
jener eigentümlichen Durchmischung von        tet, ein "sonst wenig beachteter Artikel"
vorstädtischen Lebenswelten und spezi­        hoch im Kurs gestanden: österreichisches
fischen Elementen der Boheme und der          National,bewußtsein. Aus dem ursprüng­
Kaffeehauskultur , war es eben ein ex­        lichen "Tem-po Magyarok" der ungari­
plizit wienerisches Phänomen. Der ein­        schen Schlachtenbummler sei ein macht­
zige Grazer im Team, Tormann Rudi             volles und gutgelauntes "Tem-po Öster­
Hiden, war bereits mit 17 Jahren zum          reich" geworden. Als das Resultat in Bu­
WAC gewechselt, unverzichtbare Mann­          dapest bekannt wurde, kam es dort zu
schaftsstützen wie Sindelar, Sesta (ur­       spontanen Demonstrationen und schwe­
sprünglich Szestak), Smistik oder Zischek     ren Auseinandersetzungen, die bis gegen
entstammten dem Milieu der sogenann­          Mitternacht andauerten.
ten "Ziegelbehm".                                Das Wunderteam ist nicht zuletzt auch
   Der "Papierene" führte somit nicht         deswegen eine so typisch wienerische Er­
die Auswahl eines Landes, sondern das         scheinung, als sein größter Triumph eine
repräsentative Team einer einzigen Stadt.     "ehrenvolle" Niederlage war. Man hatte
Einer Stadt, die nach dem Zerfall des·        Anfang Dezember 1932 als spielerisch
Habsburgerreiches für den übriggebliebe­      bessere Mannschaft gegen das auf hei­
nen Rest in jeder Hinsicht zu groß di­        mischem Boden als unschlagbar geltende
mensioniert war und sich mit massiven         englische Team nur knapp verloren und
Anti- Wien-Ressentiments aus den Bun­         damit tatsächlich so etwas wie natio­
desländern konfrontiert sah. Einer Stadt,     nale Begeisterung auslösen können. Tau­
in der eine reformistische Sozialdemokra­     sende lauschten auf dem Wiener Hel­
tie ein umfassendes Programm zur so­          denplatz der Live-Radioübertragung aus
zialistischen Umformung einer gesamten        London, für die überdimensionierte Laut­
metropolitanen Infrastruktur unternahm        sprecher aufgestellt worden waren, und
und die in einen zunehmend unauflösli­        der Finanzausschuß des Parlaments un­
chen politischen und kulturellen Konflikt     terbrach für die Dauer der Übertragung
mit den reaktionär dominierten Ländern        seine Sitzung. In der Generaldebatte zum
geraten war.                                  Budget versagte der Sprecher der So­
   Andererseits, und dies sollte nicht zu     zialdemokraten, Otto Bauer, der Regie­
gering veranschlagt werden, war der Fuß­      rung das Vertrauen, da Rintelen bei den
ball eines jener Gebiete, in denen der neu­   Creditanstalts- Verhandlungen in London
entstandene, von der großen Mehrheit der

Forum.121-149                                                                  ÖZG 6/1995/1    127
weitaus weniger ehrenvoll abgeschnitten         Umständen verstorben. Nicht zufällig
      habe als die Fußballer in deren Metier.         wurde er sofort von der mittlerweile ins
         Trotz aller Erfolge aber konnte dem          Exil getrie benen Wiener Kaffeehausli te­
      "österreichischen" Team der Zwischen­           ratur vereinnahmt und zu einem von den
      kriegszeit im Prozeß der Formierung na­         Nazis in den Tod getriebenen "Künstler",
      tionaler Identität nicht auch nur annä­         der in sich die klassischen Wiener Tu­
      hernd eine ähnliche Rolle zukommen wie          genden von Leichtigkeit und Grazie, des
      den jeweiligen Pendants in der Tschecho­        Humors und der verschlampten Genia­
      slowakei, in Ungarn und in einem be­            lität verkörpert habe, stilisiert. Unzwei­
      stimmten Sinn auch im fascjstischen Ita­        felhaft hat dies zur Legendenbildung bei­
      lien. Nicht zuletzt deshalb, weil es ein        getragen, ebenso unzweifelhaft aber auch
      Bewußtsein von einem Österreich in die­         zu einer gegen den preußischen bürokra­
      ser realen Form und in diesen konkre­           tischen Dirigismus und Zentralismus ge­
      ten Grenzen wenn überhaupt dann erst in         richteten regionalen, im weiteren Sinne
      Ansätzen gab und es dem Austrofaschis­          und auf längere Sicht nationalen Iden­
      mus vorbehalten blieb, seine Konzeption         titätsfindung (ablesbar bereits an verein­
      einer "Österreich-Ideologie" ebenso wi­         zelten, überwiegend von antipreußischen
      dersprüchlich wie erfolglos als Legitima­       Ressentiments getragenen Ausschreitun­
      tionsinstrument des autoritären Stände­         gen und Krawallen an läßlich von Gast­
      staatsexperiments durchsetzen zu wol­           spielen deutscher Mannschaften in Wien
      len. Eine wie auch immer vage Ah­               während der Nazizeit).
      nung von Selbstbehauptung, Identität               Die Jahre unmittelbar nach dem Zwei­
      und "Würde" sollte erst ein Ereignis ver­       ten Weltkrieg knüpften zunächst erstaun­
      mitteln, das, wie dies so oft in der öster­     lich direkt und vordergründig ungebro­
       reichischen Geschichte der Fall ist, zu spät   chen an die Traditionen der klassischen
       kam. Am 3. April 1938 fand als letz­           Wiener Fußballschule der Zwischenkriegs­
       tes Spiel vor der Vereinigung der beiden       zeit an. Obwohl seit der Saison 1949/50
       Verbände ein Treffen der Auswahlmann­          eine gesamtösterreichische Meisterschaft
      schaften der "Ostmark" und des "Altrei­          ausgetragen wird, bleibt die Wiener Hege­
       ches" statt. Der Papierene, vom Team            monie bis Mitte der sechziger Jahre unan­
       längst zurückgetreten, ließ sich noch ein­     gefochten (erstmals wird mit dem Linzer
       mal als Mittelstürmer aufstellen, setzte in     ASK 1965 eine Bundesländermanoschaft
       letzter Minute rot-weiß-rote Dressen für        österreichischer Meister). Die Idole und
       die Österreicher durch und gestaltete das       Größen des Sports - Ocwirk, Zeman, Ha­
       Spiel zu einer einzigen Demütigung der          nappi, Rappel, Stojaspal, später Nemec,
       Reichsdeutschen. Den ersten Treffer er­         Buzek, Fiala etc. - entstammen Wiener
       zielte er selbst, für den zweiten zum End­      Clubs; und es ist eine de facto Wiener
       stand von 2:0 sorgte Schasti Sesta mit          Auswahl, die 1954 in der Schweiz mit
       einem "J ahrhundertgoal".                       einem 3. Rang die beste Plazierung eines
          Etwas mehr als ein halbes Jahr darauf        österreichischen Teams bei Weltmeister­
       war Sindelar unter mysteriösen und              schaften erreicht. Ein Erfolg allerdings,
       vermutlich nicht mehr zu klärenden              der, angesichts des unerwarteten Deba­

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kels gegen die Deutschen im Semifinale,         tion als Antithese zur Wiener Fußballdo­
eher als Niederlage empfunden wurde und         minanz vergangener .Jahrzehnte ableiten
in keiner Weise mit den Ereignissen in          und generell wienfeindliche Grundstim­
Deutschland auch nur vergleichbare na­          mungen ihrer Anhängerschaft mobilisie­
tionale Emotionen auszulösen vermochte.         ren.
     Zudem hatte sich Entscheidendes ver­           Nurim Zusammentreffen außergewöhn­
ändert. An den äußersten Rand des               licher historischer Umstände konnte es
westlichen Europa gedrängt, isoliert und        so dem Nationalteam gelingen, diese
abgeschnitten, die jüdische Bevölkerung         dem modernen österreichischen Fußball
ausgerottet oder vertrieben, hatte die          grundsätzlich unterliegende Dichotomie
Hauptstadt an kultureller Dominanz zu­          aufzulösen. 1978 reüssierte eine junge,
nehmend eingebüßt. Ökonomischer Wie­            diesmal gesamtösterreichische Mannschaft
deraufbau und das Greifen fordistischer         bei der WM in Argentinien mit glänzen­
 Regulationsmodelle hatten insbesondere         den Spielen, verpaßte zwar selbst knapp
großstädtische Lebensweisen nachhaltig          den Einzug ins Finale, eliminierte aber
 verändert, mit entsprechenden Auswir­          die Bundesdeutschen aus dem Bewerb.
kungen auf traditionelle, männlich-pro­          Das oftmals zitierte, auf verschiedenste
 letarisch dominierte Bereiche der popu­        Tonträger gepreßte ,,1 wea narrisch" des
 laren Kultur. Die soziale und produk­           Radioreporters Edi Finger ist mittler­
 tive Basis des Wiener Fußballs verrin­          weile Thema von Seminaren zur österrei­
 gerte sich also permanent, wenn auch            chischen Identität an verschiedenen eu­
 anfänglich langsam und kaum merkbar.            ropäischen Universitäten. Fußball lebt
 Gleichzeitig mit dem spätestens Ende der        von der Identifikation mit popularen Hel­
 sechziger Jahre evident gewordenen Ab­          den wie Uridil, Sindelar oder Happe\. Der
 stieg der Wiener Fußballkultur - dem            vielseitig begabte, hin und wieder ge­
 sich nur die beiden Großclubs Rapid             nial agierende Hans Krankl - laut Ei­
  und Aus/ria tendenziell zu entziehen ver­      gendefinition zugleich "hundertprozenti­
  mochten - vollzog sich ein Prozeß, der,        ger Wiener" und (aufgrund eines überaus
  laut Roman Horak, als "Verästerreiche­         erfolgreichen Engagements beim CF Bar­
  rung" gefaßt werden muß. Austrifizie­           celona) "stolzer Katalane" - wurde mit
  rung in diesem Sinn meint die 'landes­         seinen beiden Toren gegen den übermäch­
  weite Ausbreitung des Fußballsports im         tigen "Erzrivalen" zum nationalen He­
  Rahmen eines komplexen Systems von              ros. "Cordoba" sollte sich im Kontext
  Internationalisierung und Provinzialisie­       der Kreiskyschen Modernisierung, einer
  rung. Eine Kombination von (intendier­          eigenständig formulierten Außenpolitik,
   tem) modernen ökonomischen Manage­             eines international anerkannten österrei­
   ment und (realer) anti-metropolitaner          chischen Weges der Sozialpartnerschaft
   Haltung mit dem Ziel, mehr (Salzburg)          und des Austrokeynesianismus als zen­
   oder weniger (Innsbruck) erfolgreiche, in­     trales Moment im Prozeß der österreich i­
   ternational konkurrenzfähige Großclubs         schen Nationswerdung erweisen.
   in den Bundesländern zu installieren. Ver­         Im internationalen Vergleich halbher­
   eine, die ihre Identität aus ihrer Funk­        zige, versäumte oder schlechterdings ab-

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                                                         surd durchgeführte (Rapid Wien) Moder­
                 Neuerscheinung                          nisierungsschritte haben in der Folge eine
                                                         fatale Wechselwirkung von Erfolglosigkeit
                                                         und fehlender sozialer Basis ausgelöst. Sie
                Riesenfellner / Seiter
                                                         haben auf nicht absehbare Zeit jenen Zu­
                DER KUCKUCK
                                                         stand festgeschrieben, den ein junger AZ­
                Die moderne Bild-Illustrierte des        Redakteur anläßlich der denkwürdigen
                Roten Wien                               Niederlage in der Europameisterschafts­
                                                         qualifikation gegen die Färöer-Inseln am
                 ISBN 3-85115-213-1                      13. September 1990 folgendermaßen um­
                 352 Seiten, 500 Abbildungen             riß: Die bei jeder erdenklichen Gelegen­
                 öS 598,-/DM 85,50,-jsFr 87,50           heit strapazierte Binsenweisheit, daß es
                                                         im internationalen Fußball keine "Jausen­
                 1929 von Julius Braunthai gegründet,    gegner" mehr gäbe, stimme so jedenfalls
                 widmete sich Der Kuckuck bis zu         nicht. Es gibt immer noch Österreich.
                 seiner erzwungenen Einstellung 1934
                 allen Themenbereichen, die für seine
                 sozialdemokratische Leserschaft
                 interessant waren: Innen- und
                 Außenpolitik, Kunst und Kultur,
                 Fragen des täglichen Lebens, Sport,
                 Mode und Unterhaltung. Breiten
                 Raum nahm die fotojournalistische
                 Umsetzung der genannten Themen ein.
                 Neben einer Rückschau auf die
                 Entstehung und die Geschichte dieser
                 wichtigen Bild-Illustrierten enthält
                 das Buch einen umfangreichen
                 Faksimile-Querschnitt der wichtigsten
                 Fotomontagen, Illustrationen und
                 Artikel des Kuckuck. Beides
                 zusammen ergibt ausgezeichnete
                 Einblicke in die Welt der großen
                 Politik und des sozialdemokratischen
                 Alltags im Roten Wien.

                                ~
                   Verlag für Gesellschaftskritik

       130   ÖZG 6/1995/1                                                            F 0 rum, 121-149
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