PERS NAL FÜHRUNG - Deutsche Gesellschaft für ...
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PERS NAL FÜHRUNG DAS FACHMAGAZIN FÜR PERSONALVERANTWORTLICHE AUSGABE 9.2016 / € 9,80 www.dgfp.de „Von Anfang an dabei sein“ Joachim Deppe über die strategische Rolle von HR Interkulturalität als Modell der Zukunft Themenschwerpunkt Diverse Belegschaften und Fachkräftesicherung
EDITORIAL 1 Diverse Belegschaften und Fachkräftesicherung Kein Unternehmen kommt an Megatrends wie der globalen lich brauchten Unternehmen „für morgen“ Migration vorbei. Deren Chancen und Risiken zu antizipie- Fach- und Führungskräfte aller Nationalitä- ren, wird vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels über- ten, um die Absatzmärkte zu verstehen und lebensnotwendig. Diversity ist dabei gleichermaßen Treiber um Innovation zu beschleunigen (S. 34). des gesellschaftlichen Wandels wie auch eine Antwort auf die Herausforderungen der Arbeitswelt von morgen. Auf betrieb- Joachim Deppe kennt die praktische und licher Ebene muss ein konsequentes Diversity Management die theoretische Seite von HR: Als Personal gerade auch die Situation der Flüchtlinge in den Fokus rücken, leiter von Hydro Aluminium Rolled Products fordern Jutta Rump und Silke Eilers (S. 16). ist er verantwortlich unter anderem für die KATHARINA HEUER ▶ deutschen Mitarbeiter des norwegischen Mit der Diversität der Belegschaften wachsen die Ansprüche an DGFP-Geschäftsführerin Konzerns, als Honorarprofessor unterrichtet die Integrationsfähigkeit der Unternehmen. Der Personalbereich und Herausgeberin der er die BWL-Studenten der Technischen PERSONALFÜHRUNG muss lernen, aus einer Vielzahl von kulturellen, sozialen und in- Hochschule Köln. Im Herausgeber-Inter- dividuellen Dispositionen Talente zu gewinnen – und langfristig zu view spricht Deppe über die strategische Bedeutung von HR im binden. Professionelles Integrationsmanagement wird so zu einem Unternehmen, über die Besonderheiten einer skandinavisch ge- zentralen Baustein der Fachkräftesicherung. Die Hochschule der prägten Konzernkultur und über Win-win-Chancen in der Zu- Wirtschaft für Management (HdWM) in Mannheim hat diesen Be- sammenarbeit zwischen Praxis und Lehre (S. 46). darf frühzeitig erkannt und eine Qualifizierungslinie „Integrations- management“ aufgebaut, so HdWM-Präsident Michael Nagy (S. 22). Das Internet verbindet nicht nur Menschen, sondern zunehmend auch Menschen mit Maschinen sowie Maschinen untereinander. Die meisten Konzerne verfügen über ausreichende personelle und Für das Personalmanagement folgt daraus, dass die Steuerungs- finanzielle Ressourcen, um ambitionierte Personalkonzepte umzu- und Problemlösungskompetenzen der Mitarbeiter und Führungs- setzen – auch im Diversity Management. Das heißt aber nicht, dass kräfte gestärkt werden müssen. Dies kann nur gelingen, wenn alle Mittelständler in dieser Hinsicht automatisch eine Liga tiefer spie- Beteiligten den Mut zur Veränderung aufbringen, sagen Markus len. Der Outdoor-Ausrüster Vaude befasst sich intensiv mit den Dahm und Eva Walther (S. 52). Themen Familien- und Frauenförderung, Altersdiversität, Inklu- sion von Menschen mit Behinderung und Flüchtlingsintegration. Die Mehrheitsverhältnisse in Sachen mobiles Arbeiten haben sich Personalleiterin Miriam Schilling macht im Gespräch mit Chris- umgekehrt: Schon mehr als die Hälfte der Beschäftigten arbeitet toph Stehr klar, dass innovative Personalarbeit nicht immer kenn- heute mobil, während rein stationäre Arbeitsplätze langsam von zahlengetrieben sein muss – und dass es auch so etwas wie „Karriere der Bildfläche verschwinden. Das hat Vor- und Nachteile – für diversität“ gibt (S. 28). Arbeitgeber und Beschäftigte, schreiben Jochen Prümper, Mat- thias Becker und Stefanie Hornung (S. 60). Für DHL Express arbeiten 90 000 Menschen in 220 Ländern. Seit vielen Jahren spielt Diversity in den Strategien des Unternehmens Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre und bedanke mich ganz eine wichtige Rolle – wie auch beim Mutterkonzern Deutsche Post herzlich bei allen, die an der aktuellen Ausgabe mitgewirkt haben. • ● DHL Group. Regine Büttner, HR-Chefin von DHL Express, sieht Diversity als DNA der Organisation und als riesige Chance. Gera- de HR sollte hier die Vorreiterrolle übernehmen, so Büttner. Schließ- PERSONALFÜHRUNG 9/2016
2 INHALT AUSGABE 9/2016 16 Vorfahrt für Interkulturalität Die globale Migration ist ein Trend, dem sich Unternehmen nicht verschließen können. Diversity Manage- ment sollte des- halb gerade die Situation von Flüchtlingen in den Fokus rücken. Eine neue Studie 22 Hohe Schule der Integration Je vielfältiger die Belegschaften werden, desto mehr muss des Instituts für sich das Personalmanagement bemühen, aus Beschäftigung einer Vielzahl von kulturellen, sozialen und indi- und Employability viduellen Dispositionen Talente zu sichten und IBE an der Hoch- zu binden. Professionelles Integrationsmanage- schule Ludwigs ment kann so die Fachkräftesicherung wirkungs hafen zeigt, wel- voll unterstützen. che Erfahrungen Unternehmen dabei machen. Diverse Belegschaften und Fachkräftesicherung Der Schwerpunkt im Überblick 14 AKTUELLES THEMENSCHWERPUNKT 04 EVIDENZ TO GO 16 VORTEILE DER INTER Wie funktionieren Algorithmen? KULTURALITÄT Jutta Rump / Silke Eilers, Ludwigshafen 06 HR VOR ORT ElterngeldPlus, HR Innovation Roadshow 22 INTEGRATION MEISTERN Michael Nagy, Mannheim 08 KURZ GESAGT DGFP-Ausbildung für Personalentwickler, 28 VIELFALT BEI VAUDE Neuer kaufmännischer DGFP-Geschäftsfüh- Christoph Stehr, Hilden rer, HR Doppelpass, Betriebliches Gesund- heitsmanagement 3.0 34 DHL EXPRESS GEGEN INTOLERANZ 10 HR PERSÖNLICH Werner Kipp, Berlin Mark Langer, Melanie Kreis, Stefan Grötecke, Jakob Leufgens, Angelika Kambeck, Peter Schmidt, Sybille Reiß 40 DISKUSSIONSIMPULS DGFP Katharina Heuer, Frankfurt/M. / Annalena Bolsinger, Berlin 42 DIVERSE BELEGSCHAFTEN UND FACHKRÄFTESICHERUNG Materialien für die Personalarbeit PERSONALFÜHRUNG 9/2016
28 Divers heißt innovativ Der Outdoor-Ausrüster Vaude beweist, dass 3 Diversity Management keine Frage großer Budgets ist, sondern sich auch in mittelständischen Strukturen erfolgreich umsetzen lässt. Im Interview spannt Personalchefin Miriam Schilling einen Bogen von Familien- und Frauenför- derung, Altersdiversität, Inklusion bis hin zur Flüchtlingsintegration. 40 DGFP-Standpunkt: Bewegung durch Druck Das Beispiel Frauenförderung zeigt, dass es nicht im- mer die Politik sein muss, die Vielfalt in Unternehmen erzwingt. Der Druck des Arbeitsmarktes, dem die Fach- kräfte ausgehen, sorgt für mehr Geschlechtergerechtig- keit – auch ohne Quote. In diesem Sinne sind Lösungen auch für andere Diversity-Themen wie die Flüchtlings integration denkbar. 34 „Kein Platz für Intoleranz“ Im Leitbild der Deutsche Post DHL Group ist die Ablehnung jedweder Form von Diskriminierung verankert. Verschiedene Programme sollen das Verständnis der Mitarbeiter für Vielfalt stärken. Ein Gespräch mit Regine Büttner, die das globale und europäische HR-Management der Division DHL Express leitet. HERAUSGEBER-INTERVIEW FACHBEITRÄGE SERVICE 46 „KULTUR KONTINUIERLICH 52 MENSCH UND MASCHINE 74 AKTUELLE RECHTSPRECHUNG VERBESSERN“ Damit Mitarbeiter sich sicher im Internet 70 ARBEITSRECHT Der norwegische Norsk-Hydro-Konzern der Dinge bewegen können, muss das Per- 78 BILDNACHWEISE setzt auf die zentralen Werte Zusammen- sonalmanagement ihre Steuerungs- und 66 BÜCHER arbeit, Entschlossenheit, Weitblick, Res- Moderationskompetenzen stärken. pekt und Mut. Was das für den betriebli- Markus H. Dahm, Hamburg / Eva Walther, 68 ARBEITSZEIT ANDERS GESTALTEN Ein chen Alltag und das Miteinander der Be- Frankfurt/M. kompetenter und sorgsamer Umgang mit schäftigten bedeutet, erläutert Joachim der Zeit wird zum erfolgskritischen Faktor Deppe, Personalchef der deutschen Kon- zerngesellschaft Hydro Aluminium Rolled 60 MOBILES ARBEITEN für Unternehmen. Sie benötigen nicht nur Eine Folge der Digitalisierung ist, dass innovative Modelle der Arbeitszeitgestal- Products, im Gespräch mit DGFP-Ge- orts- und zeitunabhängiges Arbeiten er- tung, sondern müssen auch ihre Kultur ent- schäftsführerin Katharina Heuer. leichtert wird. Doch sind Unternehmen sprechend anpassen, sagt Martin Seiler, He- Katharina Heuer, Frankfurt/M. und ihre Beschäftigten fit für „Mobile rausgeber des neuen Sammelbands „Wem Work“? Eine aktuelle Studie liefert Ant- gehört die Zeit?“. worten. Jochen Prümper / Matthias Becker, Berlin / 01 EDITORIAL Stefanie Hornung, Mannheim 78 INSERENTEN 76 LOHNSTEUERRECHT 07 TERMINE 80 VORSCHAU / IMPRESSUM PERSONALFÜHRUNG 9/2016
DISKUSSIONSIMPULS DGFP Diversity: Ohne Druck keine Bewegung? Für mehr Vielfalt in den Unternehmen wird schrieben. Auch für Vorstände gelten neue Quotenregelungen. seit Jahren getrommelt: kaum ein Unterneh‑ Bei näherer Betrachtung ist der vonseiten der Politik aufgebau‑ men, das sich das Thema nicht auf die Fah‑ te Druck jedoch gering. Unternehmen können sich die Quote nen geschrieben hätte, kaum ein Unterneh‑ im Fall der Vorstände selber setzen, bei Nichterreichen drohen men, das nicht die Vorteile einer diversen Be‑ keinerlei Konsequenzen. Insgesamt ist die deutsche Wirtschaft legschaft für sich beschreiben würde. Der Fo‑ an dieser Stelle noch einmal mit einem „blauen Regulierungsau‑ kus des Diversity Management liegt häufig ge“ davongekommen. auf der Förderung von Frauen. Auch wenn es hier noch viel Luft nach oben gibt, steigt die DIE MITARBEITER ALS TREIBER Anzahl der Frauen in Führungspositionen kontinuierlich an. Betrachtet man weitere Di‑ Also, kein politischer Druck, keine Bewegung? Die Rechnung versity-Aspekte wie die Integration von Flücht‑ geht nicht ganz auf, denn Druck kommt von anderer Stelle. Ge‑ lingen oder die Inklusion von Menschen mit rade bei jüngeren Mitarbeitern wächst der Wunsch nach einer Behinderung, gehen die Dinge jedoch nur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Dieser Wunsch sehr langsam voran. Wie lässt sich diese Dis‑ hat jedoch wenig gesellschaftspolitischen, geschweige denn eman‑ krepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit zipatorischen Charakter. Vielmehr sind es die persönlichen Um‑ erklären? Unterschiedliche Ansichten prägen stände und Lebensmodelle, die Mitarbeiter dazu veranlassen, ih‑ die Diskussion: Was brauchen wir, damit Viel‑ ren Arbeitgebern entsprechend mehr abzuverlangen. Diese wie‑ fältigkeit in den Unternehmen zur Selbstver‑ derum zeigen sich im Rennen um die besten Köpfe verhand‑ ständlichkeit wird? Zwei Beispiele. lungsbereit. Die Konsequenz ist eine Flexibilisierung der Arbeits‑ welt, die vor allem Frauen zugutekommt beziehungsweise zugu‑ DIE POLITIK IN DER PFLICHT tekommen wird. Arbeitgeber, Personaler und Betriebsräte diskutieren aktuell vermehrt über die Frage, wie sie flexible Ar‑ Die Suche nach der Antwort auf diese Frage beitszeitsysteme einführen, Teilzeitmodelle aufsetzen und die führt unweigerlich zur Debatte, welchen Ein‑ Mütter (wie Väter) durch ein intelligentes Elternzeitmanagement fluss die Politik hier geltend machen sollte. zurück an den Arbeitsplatz bringen können. Im Ringen um eine Muss die Politik Unternehmen stärker in die familiengerechte Personalpolitik besteht die berechtigte Hoff‑ Pflicht nehmen? Das Beispiel Frauenquote: nung, dass sich so eine Arbeitswelt entwickelt, die die struktu‑ Die Forderung nach einer Frauenquote stand rellen Probleme für Geschlechtergerechtigkeit zumindest in Tei‑ schon lange vor deren Einführung im Raum. len beseitigt: Präsenzkultur, Karrierekiller Auszeiten und die Befürworter sind der Meinung, dass politi‑ Nichtvereinbarkeit von Familie und Karriere. Praktisch durch scher Druck notwendig ist, um mehr Frauen die Hintertür steigen die Chancen für den Aufstieg von Frauen. in die Führungsetagen der Unternehmen ein‑ Die Rechnung scheint aufzugehen: Die Zahl der weiblichen Füh‑ ziehen zu lassen. Gegner beharren darauf, dass rungskräfte steigt – auch in Unternehmen, die nicht von der ge‑ eine Quote falsche Auswahlkriterien für Neu‑ setzlichen Quote betroffen sind. besetzungen erzeuge und ein Eingriff in die unternehmerische Freiheit sei. VERÄNDERUNGEN BRAUCHEN ZEIT UND GEDULD – UND INSBESONDERE AUSDAUER Mit der gesetzlich festgeschriebenen Geschlech‑ terquote hat die Große Koalition zwar nun Wenig politischen wie auch gesellschaftlichen Druck verspüren erstmals verbindliche Zahlen für Aufsichtsrä‑ die Unternehmen bei der Integration von Flüchtlingen. Kurz vor te vollmitbestimmter Unternehmen festge‑ der Sommerpause sorgte eine in der FAZ zusammengefasste Stu‑ PERSONALFÜHRUNG 9/2016
41 die zum Stand der Integration geflüchteter Menschen in den deut‑ der Unternehmen spürbar. Initiativen zur Arbeitsmarktintegrati‑ schen Arbeitsmarkt, genauer gesagt in deutsche DAX-Unterneh‑ on von Flüchtlingen haben einen stetigen Zuwachs. Entgegen der Erwartungen, die der FAZ-Bericht von An‑ fang Juli erzeugt, vermelden diese Initiativen eine steigende Anzahl von Praktikums- und Ausbildungsplätzen, aber auch Festanstellun‑ gen von Flüchtlingen. Erfahrungsberichte von Unternehmen zeigen jedoch, dass es einige Hürden gibt, die über‑ wunden werden müssen. Dies fängt bei der Einstellung von Flüchtlingen mit Fragen nach Aufenthaltstitel und arbeitsrechtlichen Aspek‑ ten an, geht über kulturelle Hürden bei der Integrationsarbeit weiter und mündet häufig im Problem der mangelnden Sprachkompe‑ tenzen. Die Unternehmen befinden sich hier in einem Lernprozess, der sicherlich erst be‑ gonnen hat. DAS PRINZIP DAMPFMASCHINE: DRUCK SORGT FÜR BEWEGUNG! Es ist wie so häufig im Leben: Die Dinge kom‑ men in Bewegung, wenn der Druck steigt. Dass dieser nicht zwangsläufig vonseiten der Politik kommen muss, zeigt das Beispiel Frau‑ Wenn alle Beteiligten ihre Kräfte bündeln, lässt sich das Thema Diversity enförderung. Der Druck in Sachen Geschlech‑ erfolgreich auf die große Bühne der Unternehmensstrategie ziehen. tergerechtigkeit ist der Wunsch vieler Arbeit‑ nehmer nach familienfreundlicheren Arbeits‑ men, für Aufmerksamkeit. Lediglich ein paar Dutzend Flücht‑ zeitmodellen in Kombination mit einem zunehmenden Arbeit‑ linge hätten in den letzten Monaten trotz anderslautender An‑ nehmermarkt. Dies bringt die Dinge schneller in Bewegung als kündigungen aus dem Herbst vergangenen Jahres einen Arbeits‑ alle Förderprogramme für Frauen zusammen. platz bei den 30 Großen gefunden. Muss die Politik auch hier den Druck auf die Unternehmen erhöhen? Ob es ähnliche Entwicklungen in Sachen Flüchtlingsintegration geben wird, bleibt abzuwarten. Die Unternehmen – und auch die Das Beispiel Flüchtlingsintegration zeigt, dass es Zeit und vor al‑ Gesellschaft – stehen hier noch ganz am Anfang. Bevor hier richtig lem Geduld braucht, um Veränderungen in Gang zu setzen. Vie‑ Fahrt aufgenommen werden kann, braucht es Zeit für den Lernpro le Unternehmen haben bisher keinerlei Erfahrungen gemacht mit zess. Andernfalls sorgt Druck nur für kurzfristige Bewegungen. • der Einstellung von Menschen, die teilweise über nur geringe Sprachkenntnisse und keine dokumentierten oder nachweisbaren Katharina Heuer, Geschäftsführerin der DGFP e.V. Fachkompetenzen verfügen. Dennoch ist eine langsame Öffnung Annalena Bolsinger, Referentin Hauptstadtbüro der DGFP e.V. PERSONALFÜHRUNG 9/2016
42 SCHWERPUNKT D I V E R S E B E L E G S C H A F T E N U N D F A C H K R Ä F T E S I C H E R U N G Diverse Belegschaften und Fachkräftesicherung GEFLÜCHTETE MEN SPRACHBARRIEREN UND BÜROKRATIE sind die SCHEN bringen oft eine größten Stolpersteine auf dem Weg der Flüchtlinge in überdurchschnittliche den deutschen Arbeitsmarkt, wie die Deloitte-Studie „Glo‑ Motivation, Eigeninitia bal Human Capital Trends 2016“ zeigt. Danach vermis‑ tive sowie eine hohe Lern- sen HR-Abteilungen auf Bewerberseite vor allem ausrei‑ und Leistungsbereitschaft chende Sprachkenntnisse (69 %). Als weiteres Hindernis mit, betont die Bundes‑ werden kulturelle Unterschiede genannt (40 %). 18 Pro‑ agentur für Arbeit in ih‑ zent der Befragten sehen Nachholbedarf beim Führungs‑ rer Broschüre „Potenzi‑ verständnis. Auch die Anerkennung von Bildungsab‑ ale nutzen – geflüchte‑ schlüssen bereitet Probleme (41 %). 47 Prozent der Un‑ te Menschen beschäfti‑ ternehmen sind noch nicht mit den gesetzlichen und re‑ gen“, die als kostenloser gulatorischen Anforderungen zur Migrantenintegration Download erhältlich ist vertraut. Nur ein Viertel fühlt sich in diesem Punkt ei‑ (www.arbeitsagentur.de nigermaßen sicher. Die Studie macht aber auch deutlich, Suchfunktion). Arbeit dass HR-Abteilungen trotz aller Schwierigkeiten bestrebt geber erfahren, welche sind, Talente aus vielfältigen Hintergründen anzuwerben rechtlichen Rahmenbe‑ und zu binden. „Für eine gelungene Flüchtlingsintegra‑ dingungen für die drei Fokusgruppen Asylbewerber, anerkann‑ tion müssen Unternehmen ihre Mitarbeiter sowohl kul‑ te Flüchtlinge und Geduldete gelten. Zentrale Themen sind Be‑ turell sensibilisieren als auch juristisch schulen. Dabei rufsausbildung, Praktikum, Maßnahmen zur Aktivierung und spielt unter anderem die Entwicklung von Führungskräf‑ beruflichen Eingliederung, Kandidatensuche und Unterstüt‑ ten eine wichtige Rolle“, sagt Udo Bohdal-Spiegelhoff, zungsmöglichkeiten durch die Bundesagentur. Die Broschüre Partner Human Capital Advisory Services bei Deloitte. versteht sich als kompakte Erstinformation und dient als Brücke Die Studie steht zum kostenlosen Download bereit (www. zu weiteren Informationsangeboten. • deloitte.de Suchfunktion). • ● ALLE ALTERSKLASSEN IM BLICK nis? Die Erfahrungen von Personalverant‑ müssen Unternehmen haben, wenn sie wortlichen und Wissenschaftlern machen ihren Fachkräftebedarf langfristig decken den schmalen Band zu einer Fundgrube für wollen. Dies empfehlen die Organisato‑ die Praxis. Es zeigt sich, dass die Förderung ren und Teilnehmer eines Arbeitskrei‑ altersgemischter Teams mehr leistet als nur ses, den die DGFP e.V. und Das Demo‑ einen Beitrag zur Sicherung der personellen graphie Netzwerk e.V. zu den Heraus‑ Ressourcen: Unternehmen verbessern ihr forderungen des demografischen Wan‑ Image und werden als Arbeitgeber attrakti dels gegründet haben. Die Ergebnisse ver; die Entwicklung altersgruppenspezifi‑ der Arbeitstreffen schlagen sich im Praxis scher Produkte und Leistungen eröffnet papier „Altersgemischte Teams managen“ neue Marktchancen; Erfahrungswissen bleibt nieder. Wie organisieren sich altersge‑ länger in der Organisation erhalten. In die‑ mischte Teams? Unter welchen Bedingun sem Sinne ist der demografische Wandel gen können sie erfolgreich wirken? Was kein Schreckgespenst mehr, sondern ein folgt daraus für das Führungsverständ‑ Anstoß zu Innovation und Flexibilität. • PERSONALFÜHRUNG 9/2016
43 kompakt Materialien für die Personalarbeit ERFOLGREICHE TALENT-MANAGEMENT-STRATEGIEN ver‑ DIE ROLLE VON DIVERSITY MANAGEMENT in Unter‑ langen Unternehmen die Fähigkeit ab, Mitarbeiter unabhängig von nehmen hat sich spürbar weiterentwickelt. Ursprüngliches Geschlecht, Alter oder Herkunft zu gewinnen und zu binden. Dies Ziel war es, Chancengleichheit am Arbeitsmarkt zu ermögli‑ betont die Beratungsgesellschaft Mercer, die für ihre weltweite „2016 chen. Da Vielfalt inzwischen aber Global Talent Trends Study“ mehr als 1 730 Personalverantwort‑ als wertvolle Ressource verstan‑ liche sowie mehr als 4 500 Mitarbeiter aller Branchen in 17 Ländern den wird, gilt Diversity Manage‑ befragt hat . Zwar gaben durchschnittlich 73 Prozent der Unterneh ment heute auch als ein Instru‑ men an, heterogene Führungskräfte-Teams zu fördern, aber ledig‑ ment zur Produktivitätssteigerung. lich 54 Prozent der Arbeitnehmer bestätigten, dass ihre Arbeitge‑ Diese historische Linie in der Ma ber entsprechende Programme etabliert hatten. Deutsche Arbeitneh nagementtheorie zeichnet der mer bezeichneten Autonomie und flexible Arbeitszeiten als beson‑ IAB-Forschungsbericht „Diversi‑ ders wichtige Faktoren für Arbeitsplatzzufriedenheit. Knapp zwei ty Management und soziale Schlie‑ Drittel der Befragten fanden, dass eine flexible Arbeitsgestaltung sie ßung in Betrieben in Deutsch‑ in ihrer Produktivität unterstütze (weltweit: 52 %). Arbeitgeber in land“ nach. Auf Basis von Exper Deutschland scheinen dabei besonders fortschrittlich zu sein: 73 Pro‑ teninterviews wird der Frage nachgegangen, wie und warum zent der deutschen Arbeitnehmer sagten, dass sie flexible Arbeits‑ Unternehmen Diversity Management praktizieren. Den the‑ zeitmodelle nutzen könnten – weltweit waren es 56 Prozent. „Um oretischen Hintergrund bildet der Zusammenhang zwischen Talentloyalität und ‑engagement nicht zu riskieren, sollten Arbeit‑ Diversität und sozialer Schließung im Betrieb. Der Autor geber sicht- und erlebbare Entwicklungsmöglichkeiten anbieten, Jörg Szameitat beschreibt verschiedene Typen von Betrieben, ordentlich vergüten und an der Managementqualität arbeiten“, sagt die sich hinsichtlich ihrer Haltung gegenüber Diversity Ma‑ Dieter Kern, Partner und verantwortlich für die HR-Management- nagement, ihres Umgangs mit sozialer Vielfalt sowie ihres und Organisationsberatung bei Mercer in Central Europe. „Wer Grades an sozialer Schließung unterscheiden. Das IAB bietet heute nichts tut, schaut morgen wahrscheinlich seinen besten Mit‑ einen kostenlosen Download der Studie an (www.iab.de arbeitern hinterher.“ (www.mercer.com) • Publikationen IAB-Forschungsbericht). •● Anzeige » Alles bleibt Anzeige 6 Mit SD Worx und fidelis HR vereinen sich zwei führende fidelisHR GmbH europäische und deutsche HR-Spezialisten unter einem Dach. 1/3 Seite quer Das bedeutet für Sie: ein noch breiteres Leistungsportfolio, besser!« nationales und internationales Know-how gepaart mit unserer gewohnt hohen Servicequalität. Mit effizienten Payroll- und HR-Services, hochspezialisier- ten HR-Tools und wertvollem Expertenwissen verschaffen wir Ihnen mehr Raum für strategisches HR-Management. Sie werden sehen: Mit SD Worx bleibt alles besser! Mit der geballten Expertise von SD Worx und fidelis HR Informieren Sie sich unter www.sdworx.de/allesbleibtbesser PERSONALFÜHRUNG 9/2016
44 SCHWERPUNKT D I V E R S E B E L E G S C H A F T E N U N D F A C H K R Ä F T E S I C H E R U N G DIE CHARTA DER VIELFALT, eine Unternehmensinitiati‑ zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass sie ein Diver‑ ve zur Förderung von Vielfalt in Unternehmen und Institutio sity Management als Unternehmensfunktion fest verankert nen, feiert in diesem Jahr ihr zehnjähriges Bestehen. Mittler‑ haben. Lanxess koordiniert im Rahmen der Vorstandsinitia‑ weile haben mehr als 2 250 Unternehmen und öffentliche tive „Diversity & Inclusion“ weltweit 30 Projekte. Beispiele Einrichtungen die Charta unterzeichnet. Auf Basis einer Selbst‑sind die Erhöhung des Frauenanteils im mittleren und obe‑ verpflichtung soll so ein Arbeitsumfeld geschaffen werden, ren Management auf 20 Prozent bis 2020, das „Senior Trai‑ nee Programm“ für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nach einer mehrjährigen Fa‑ milienphase in den Beruf zurückkehren, so‑ wie ein Pflegezeit-Konzept für die Betreuung kranker oder pflegebedürftiger Angehöriger. OTTO macht gute Erfahrungen mit Diver‑ sity-Konferenzen, Entwicklungsprogrammen www.charta-der-vielfalt.de, www.diversity-konferenz.de für weibliche Talente, Beschäftigungskonzep ten für Ruheständler sowie mit einem syste‑ matischen Diversity-Controlling. Eine „Best- das frei von Vorurteilen ist und in dem alle Mitarbeiterinnen Practice-Toolbox“ hilft den Konzerngesellschaften, in Sachen und Mitarbeiter Wertschätzung erfahren – unabhängig von Diversity voneinander zu lernen. Die Charta der Vielfalt steht Geschlecht, Nationalität, ethnischer Herkunft, Religion oder weiteren Unternehmen offen, die auch die Netzwerkaktivitä‑ Weltanschauung, Behinderung, Alter, sexueller Orientierung ten der Initiative – etwa den Deutschen Diversity-Tag – sowie und Identität. Exemplarisch seien zwei Unternehmen heraus‑ inhaltliche Dossiers nutzen können. Am 10. / 11. November gegriffen: der Spezialchemie-Konzern Lanxess in Köln und 2016 veranstaltet die Charta gemeinsam mit dem „Tagesspie‑ das E-Commerce-Unternehmen OTTO in Hamburg. Beide gel“ die 5. Diversity-Konferenz. • NICHT NUR KONZERNE, sondern auch klei‑ Der gesamte Grundlagenteil enthält viele konkrete Vorgehens‑ ne und mittlere Unternehmen können von weisen mit praxisbezogenen Einführungsinstrumenten wie Check einem demografieorientierten Personalma‑ listen, Tools, Planungstabellen, Softwarehinweisen, Workshop- nagement profitieren. Der von Professor Dr. Konzeptionen. Die Best-Practice-Lösungen wurden im Rahmen Uwe Schirmer, dem Leiter des Stu‑ des Demografie Exzellenz Awards diengangs BWL-Personalmanage‑ ausgezeichnet. Das Buch fasst außer ment / Personaldienstleistung an der dem die Ergebnisse der Studie „De‑ Dualen Hochschule Lörrach, heraus‑ mografie Exzellenz – Herausforde‑ gegebene Sammelband „Demografie rungen im Personalmanagement“ Exzellenz“ vermittelt das dazu erforder zusammen. •● liche Theorie- und Erfahrungswissen und bietet Best-Practice-Beispiele. In sechs Beiträgen spannen die Autoren UWE SCHIRMER (HG.) ▶ Demografie einen Bogen von der demografischen Exzellenz. Handlungsmaßnahmen und Entwicklung über Gestaltungshin‑ Best Practices zum demografieorien- weise für ein demografieorientiertes tierten Personalmanagement. Personalmanagement bis hin zu prak‑ Springer Gabler, 2016, 275 S., tischem Input aus Unternehmen. € 39,99 ISBN 978-3-658-11909-6 PERSONALFÜHRUNG 9/2016
45 2016 DIE HR INNOVATION ROADSHOW Lernen Sie HR Innovationen aus IST 2016 DER ORT, AN DEM AM erster Hand kennen und testen MEISTEN ÜBER HR INNOVATION Sie diese direkt vor Ort. GESPROCHEN UND DISKUTIERT WIRD: Treten Sie mit innovativen Nur die HR Innovation Roadshow Experten und erfahrenen liefert diesen tiefen Einblick in HR Personalern in einen intensiven Innovationen und in die HR Startup Szene. Austausch. Nur die HR Innovation Roadshow bringt Denken Sie HR neu und lassen etablierte Unternehmen und HR Startups Sie Arbeit 4.0 und New Work in dieser Dichte und Qualität zusammen. Wirklichkeit werden. Zahlreiche Stationen von Juni bis November 2016 in ganz Deutschland: FRANKFURT 20. September KÖLN 11. Oktober STUTTGART 25.Oktober BERLIN 15. November HANNOVER 24. November Veranstalter: LEIPZIG (TBA.) Weitere Informationen und Anmeldung: www.hr-roadshow.de PERSONALFÜHRUNG 9/2016
46 HERAUSGEBER-INTERVIEW Das Gespräch führte Katharina Heuer Anfang August in Grevenbroich. PERSONALFÜHRUNG 9/2016
47 VON „ ANFANG AN DABEI SEIN“ JOACHIM DEPPE, PERSONALLEITER BEI HYDRO ALUMINIUM ROLLED PRODUCTS, ÜBER DIE STRATEGISCHE ROLLE VON HR UND DAS ZUSAMMENSPIEL VON THEORIE UND PRAXIS Joachim Deppe kennt die praktische und die theoretische Seite von HR: Als Personalleiter von Hydro Aluminium Rolled Products ist er unter anderem verantwortlich für die deutschen Mitarbeiter des norwegischen Konzerns, als Honorarprofessor unterrichtet er die BWL-Studenten der Technischen Hochschule Köln. Im Herausgeber-Interview spricht Deppe über die strategische Bedeutung von HR im Unternehmen, über die Besonderheiten einer skandinavisch geprägten Konzernkultur und über Win-win-Chancen in der Zusammenarbeit zwischen Praxis und Lehre. PERSONALFÜHRUNG 9/2016
48 HERAUSGEBER-INTERVIEW Herr Deppe, Hydro in Deutschland ist Teil des norwegischen KONTINUIERLICHE Norsk-Hydro-Konzerns mit Hauptsitz in Oslo. Es gibt eine VERBESSERUNG VON KULTUR lange Tradition der deutsch-norwegischen Beziehungen. PROF. DR. JOACHIM DEPPE Es gab bereits eine langjährige Ver Wir suchen die kontinuierliche Verbes bindung zwischen der früheren VAW Aluminium und Nor serung aber nicht nur bei unseren Prozes wegen. 2002 hat Hydro dann VAW von Eon übernommen. sen, wir wollen sie auch bei unserer Kultur Hydro in Deutschland ist etwa so groß wie unsere Geschäfts und beim Umgang miteinander. Aktuell bereiche in Brasilien und in Norwegen. Wir sind international lasse ich zum Beispiel unsere Trainees eine in 50 Ländern unterwegs. Derzeit beschäftigt Hydro weltweit Untersuchung durchführen, wie effizient 13 000 Mitarbeiter weltweit und arbeitet in sämtlichen Schrit die Mail-Kommunikation im Unternehmen ten entlang der Aluminium-Wertschöpfungskette, von der ist und was wir anders machen sollten: Muss Bauxitförderung über die Weiterverarbeitung bis zur Herstel es tatsächlich sein, dass jemand in vielen Vorgängen in „cc“ gesetzt wird, ohne tat PROF. DR. JOACHIM DEPPE ist Vice President HR & Or- sächlich in ein Projekt involviert zu sein? ganisation der Hydro Aluminium Rolled Products GmbH, Grevenbroich. Neben seiner Tätigkeit im Unternehmen Was braucht es nach Ihrer Erfahrung, betreut Joachim Deppe seit vielen Jahren als Lehrbeauf- damit Veränderung von Kultur erlebbar tragter Studentinnen und Studenten der Fakultät für wird? Wirtschaftswissenschaften der Technischen Hochschule DEPPE Es braucht vor allem einen lan Köln; anlässlich seiner Ernennung zum Honorarprofessor gen Atem. Änderungen in der Unterneh 2009 hat er den Deppe-Preis für Personalmanagement menskultur sind ein Langfristprojekt. Nie gestiftet. mand verlässt gerne seine Komfortzone. Und wichtig ist auch, den Mitarbeitern lung von gewalztem Aluminium. Als Personalleiter bin ich zustän klarzumachen, dass die Dinge in der Ver dig für unsere Business Area Rolled Products in Deutschland, gangenheit nicht falsch gemacht wurden, aber auch für zwei Walzwerke in Norwegen. sondern dass das Umfeld und der massive Wettbewerb Änderungen erfordern. Um Wie unterscheidet sich Führung in einem skandinavisch ge- das zuzulassen, braucht es gelebtes Vertrau prägten Konzern von der Führungskultur in anderen Unter- en. Und das ist etwas, das gerade wir im nehmen? Management beweisen müssen. DEPPE Unsere Arbeit bei Hydro basiert zunächst einmal auf dem Führungsprinzip des „Hydro Way“ mit den zentralen Wer Wie viele andere Konzerne wird Hydro ten Zusammenarbeit, Entschlossenheit, Weitblick, Respekt und über Business Areas und eine Matrixor- Mut. Durch die skandinavische Prägung sind wir sehr konsens ganisation geführt. Das Modell hat viele orientiert und bei Themen wie besserer Vereinbarung von Beruf Vorteile, aber sicher auch Nachteile. und Familie auf einem guten Weg. Unser Werk Grevenbroich DEPPE Wir sind dadurch sehr stark auf ist seit 2012 mit dem Siegel „berufundfamilie“ auditiert und stellt das Geschäft fokussiert. Für die Arbeitneh den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seit 2014 Plätze in der mervertreter liegt die Schwierigkeit darin, Kindergroßtagespflege „Walzwichtel“ zur Verfügung, die gut an dass sich die gemeinsamen Gremien vor al genommen werden. Mit unserem Programm „Renew“ wollen wir lem an der Legalstruktur orientieren. Wir unsere Kultur weiterentwickeln, noch stärker weg vom klassischen sind in Deutschland aber mit mehreren Busi Command & Control-Ansatz im Management hin zu einer ver ness Areas vertreten, die sich zum Beispiel trauensbasierten Führung, in der wir Entscheidungen dort tref bei der Ausgestaltung ihrer Bonussysteme un fen lassen, wo der Job tatsächlich gemacht wird. Im Rahmen von terscheiden. Das führt dann auch schon mal Renew fragen wir in Workshops mit den Mitarbeitern, ob und zu Friktionen mit den Betriebsräten. wie wir die Dinge anders machen können. Dass zum Beispiel ein gewerblicher Mitarbeiter eine lose Schraube an einer Maschine Und was bedeutet dies für Ihre Perso- nicht selber festziehen durfte, sondern dafür die Instandsetzung nalorganisation? rufen musste, war in der Vergangenheit ein Punkt, den wir ver DEPPE Die orientiert sich ebenfalls an den ändert haben. Business Areas. Global HR unter anderem PERSONALFÜHRUNG 9/2016
49 mit Compensation & Benefits oder Leader plomarbeit zum Thema schreiben lassen und DEPPE Wir setzen ein für unsere Bedürf ship sitzt in Norwegen, ebenso wie die Kol den Absolvent bei uns eingestellt. Unsere He nisse modifiziertes Business-Partner-Modell legen, die den Euro-Betriebsrat betreuen. Die rausforderung dabei war und ist immer noch: nach Dave Ulrich ein. Die Welt hat sich dra ses System findet sich heruntergebrochen in Wir sind ein Halbzeuglieferant und haben, matisch verändert, auch HR muss sich ver den Business Areas wieder und darunter auch anders als unsere Kunden zum Beispiel aus ändern. Für mich die entscheidende Frage auf der Werksebene. Die Personalleiter dort der Automobilindustrie, keine Kontakte zum dabei ist: Wann wird HR in Prozesse und berichten fachlich an mich. Ich wiederum Endkunden. Und Aluminium – unser Pro Entscheidungen eingebunden? In vielen Un berichte an den Chef der Business Area Rolled dukt – weckt ja zunächst keine Emotionen. ternehmen muss die Personalabteilung ja das Products und habe eine fachliche Linie zum Aber es ist ein fantastisches Material, sehr span umsetzen, was vorher bereits von anderen Personalvorstand nach Oslo. nend für Ingenieure. Also haben wir gezielt entschieden wurde. Das ist bei uns anders. Der Hydro-Konzern ist ein internationa- les Unternehmen. Wie divers sind Sie in der deutschen Organisation? DEPPE Wir brauchen mehr Frauen im Un ternehmen – auf den Führungspositionen, aber auch im gewerblichen Bereich. In unse ren norwegischen Werken begegnen Sie ganz selbstverständlich Produktionsmitarbeiterin nen oder Staplerfahrerinnen. Für diese Posi tionen habe ich hier in Deutschland in 25 Jah ren keine einzige Bewerbung von Frauen ge sehen. Die Förderung von Frauen ist kein Selbstzweck. Wir haben es in diesem Jahr ge schafft, von den neun Traineestellen für die kaufmännischen und Ingenieurberufe sechs mit Frauen zu besetzen. An der Quote ändert das natürlich nur etwas im Nachkommabe reich. Selbst wenn Sie bei Neubesetzungen eine Quote von 30 Prozent vorgeben, dauert es lange, bis Sie tatsächlich eine signifikante Zahl von Frauen ins Unternehmen bringen. Aber wir sollten Diversity nicht nur auf die Hydro walzt im Werk Grevenbroich Aluminiumfolie in Autobahngeschwindigkeit bis fünf Mikrometer dick; Menschenhaar ist acht- bis zehnmal dicker. Solche Folie hilft mit geringstem Materialeinsatz, Geschlechterthematik reduzieren. Sie betrifft dass Säfte und H-Milch im luftdichten Verbundkarton monatelang frisch bleiben, ohne gekühlt genauso Alter, Kultur und Kompetenzen. werden zu müssen. Sie betreiben bereits seit vielen Jahren die Hochschulen identifiziert, die für uns ge WIE PHÖNIX AUS DER ASCHE sehr konsequent Employer Branding. eignete Ingenieure ausbilden. Dort kooperie Was sind Ihre Lessons learned? ren wir mit den Lehrstühlen und den Studen In der Krise von 2008/09 hatten wir DEPPE Allein die Tatsache, dass wir ein tenvertretungen. Oder wir sind Sponsor beim einen massiven Umsatzeinbruch von 25 Pro Employer Branding haben, differenziert uns „International Students‘ Day of Metallurgy“. zent und im Unternehmen die Diskussion, bereits von vielen anderen mittelständischen Und wenn wir bei einer Veranstaltung prä wie wir damit umgehen sollen. Ich habe mich Unternehmen. Ich bin ja seit vielen Jahren als sent sind, treten wir nicht als HR alleine auf, damals massiv gegen Massenentlassungen ge Honorarprofessor an der Fachhochschule Köln sondern immer mit Ingenieuren. So können sträubt. Aluminium walzen ist ein Erfahrungs tätig. Und dort habe ich in einer Projektar wir im Gespräch mit den Studenten die fach beruf. Mitarbeiter brauchen fünf bis sechs beit die Frage an die Studenten gestellt: Wie liche Ebene nutzen. Jahre, bis sie das können. Dieses Know-how kann Employer Branding Hydro nutzen? Die abzuschneiden, wäre ein Fehler gewesen. Studenten sind dabei wie eine Beratungsfir Derzeit reorganisieren Sie Ihre HR-Orga- Also haben wir damals mit der IG Metall ma vorgegangen und haben hervorragende nisation. Was unterscheidet Ihr Modell und dem Betriebsrat ein Maßnahmenpaket Vorschläge geliefert. Dann habe ich eine Di vom klassischen Dave-Ulrich-Modell? ausgearbeitet – ohne Entlassungen. Wir ha PERSONALFÜHRUNG 9/2016
50 HERAUSGEBER-INTERVIEW ben Arbeitszeitkonten reduziert, haben be DEPPE Genau. Feedback ist aus meiner SPRACHE ENORM WICHTIG fristete Verträge nicht verlängert und Kurzar Sicht essenziell, ohne Feedback keine Ver beit eingeführt. Gleiches galt für unsere aus besserung. Wir führen mit jedem Mitar Sie engagieren sich seit vergangenem ländischen Werke. 2009 kam der Markt wie beiter zwei Gespräche im Jahr. Im ersten Jahr auch für die Integration von Flücht- lingen in die Arbeitswelt. Welche Erfah- rungen haben Sie dabei gemacht? Deutsche Tochter DEPPE Zunächst einmal haben wir si cher unterschätzt, wie viel Arbeit der Kampf mit skandinavischer Mutter mit den Windmühlen der Bürokratie macht. Mit einem externen Partner haben wir be Hydro ist ein globales Aluminiumunternehmen mit Produktionsstätten sowie Ver- gonnen, Menschen auf eine Ausbildung triebs- und Handelsaktivitäten entlang der gesamten Wertschöpfungskette, von vorzubereiten. Um die Sicherheit der Ar der Bauxitgewinnung über die Erzeugung von Tonerde und Energie bis zur Her- beit bei uns im Unternehmen zu gewähr stellung von Primäraluminium und von Aluminiumwalzprodukten sowie Recycling. leisten, ist Sprache enorm wichtig. Wir ha 13 000 Beschäftigte sind in über 50 Ländern auf allen Kontinenten tätig, Hauptsitz ben also Anfang 2016 mit 15 Flüchtlingen ist Norwegen. In Deutschland ist Hydro unter anderem mit seinem Geschäftsbe- in einem Sprachkurs begonnen. Und heu reich Rolled Products vertreten. Das Unternehmen betreibt in Deutschland drei te sind wir froh und stolz, dass hier am Walzwerke sowie eine Aluminiumhütte – in Grevenbroich, Neuss und Hamburg. • Standort Grevenbroich der erste Flüchtling eine reguläre Ausbildung beginnen kann. Ein zweiter konnte dank seines Vorwissens eine Stelle im Lagerwesen übernehmen. Sie sprachen es bereits an: Neben Ihrer Tätigkeit für Hydro sind Sie auch Hono- rarprofessor und haben einen eigenen Preis initiiert. Was hat Sie dazu motiviert? DEPPE Ich habe seit 25 Jahren Lehraufträ ge und bin davon begeistert. Während ich äl ter werde, bleiben meine Studenten Anfang 20 Jahre alt. Es ist eine großartige Herausfor derung, neue Strömungen, den unterschiedli chen Umgang mit Themen und die Nutzung neuer Medien kennenzulernen. 2009 wurde Phönix aus der Asche zurück. Hätte ich in Gespräch im ersten Quartal geht es um die ich zum Honorarprofessor ernannt. In meinen dieser Situation nach neuen Mitarbeitern su Ziele für Performance und die persönliche Veranstaltungen bekommen die Studierenden chen müssen, die dann auch erst noch hät Entwicklung, im zweiten Gespräch gibt es ein konkretes „Projekt im Personalmanage ten eingearbeitet werden müssen, wäre unse Feedback. Jeder einzelne Mitarbeiter ist für ment“ zur Bearbeitung. Dabei geht es um ver re Hochlaufkurve eine ganz andere gewesen. seine Entwicklung mitverantwortlich. Bei schiedene Themen, für die ich im Unterneh unseren Trainings im Walzbereich haben men keine Ressourcen habe. Beispiele sind ne Wie genau wird Ihr Business-Partner- wir seit Jahren das Ziel, am Bedürfnis des ben Employer Branding zum Beispiel auch der Modell aussehen? Business ausgerichtete Schulungen zu kon Wert von Unternehmersiegeln oder die Nut DEPPE Unser Kompetenzcenter für Deutsch zipieren. So haben wir zum Beispiel zur zung von Social Media. Wenn die Studenten land geht im Dezember live. Wir arbeiten mit Qualitätssteigerung für unseren Vertrieb das erarbeiten, nutzt dies uns und den Studen vier Feldern: Employee Services, Payroll, Re ein dreistufiges Verhandlungstraining ent ten. Zudem macht es einen deutlichen Unter cruiting und Performance & Development. wickelt. Zum besseren Verständnis der Ge schied, ob Sie Projektmanagement in der The Die Business Partner sind benannt und wer schäftsvorgänge gibt es Business Intelligence orie lehren oder ob die Studenten selbst durch den zurzeit geschult. Skills, die wir gemeinsam mit unserem das Tal der Tränen gehen und zum Beispiel Controlling entwickelt haben und die als auf die termingerechte Zuarbeit durch andere Performance & Development ersetzt die interaktives Spiel die Auswirkungen von Ma angewiesen sind. Das Feedback der Studenten Personalentwicklung? nagemententscheidungen deutlich machen. bestätigt den Ansatz. PERSONALFÜHRUNG 9/2016
51 Haben Sie den Eindruck, dass wir in der dament und die Offenheit für Verände Aufgabe mit einem Spektrum von Arbeits HR-Hochschulausbildung gut aufgestellt rung. Ein Studium sollte die Vorbereitung sicherheit bis Mitarbeitermotivation. Gera sind? sein, sich mit dem Change auch bei HR de im Bereich Arbeitssicherheit ist der Ein DEPPE Der Bachelor und der Master auseinandersetzen zu können. Den Dep satz von HR unverzichtbar. Denn auch hier sollten die Ausbildung ja eigentlich erleich pe-Preis habe ich gestiftet, weil ich junge geht es um Leadership. Aber HR braucht tern. Vor 25 Jahren hatte ich den Eindruck, Studenten fördern möchte, die in ihrem auch Bodenständigkeit und erheblichen dass wir mit der ganzheitlichen Ausbildung Studium einen Beitrag zum Theorie-Pra Pragmatismus. Wer sein Business nicht ver gut aufgestellt sind. Heute ist das Angebot xis-Transfer geleistet haben, zum Beispiel steht, ist definitiv fehl am Platz. Hier im der Hochschulen und Fachhochschulen durch Abschlussarbeiten oder Praxispro Unternehmen gibt es diese enge Verbin stark diversifiziert und sehr spezialisiert. Ich jekte. dung zum Business. Wir haben vor kurzem finde es in der Ausbildung aber wichtig, eine Investitionsentscheidung in eine neue dass wir das Gesamtbild von HR vermit Ich erlebe es immer wieder, dass wissen- Produktionsanlage getroffen, in der es um teln und nicht nur Teilaspekte. Ein HR schaftliche Erkenntnisse im HR-Alltag 130 Millionen Euro ging. Für die Qualifi ler, der sich auf Personalentwicklung spe leider eine eher geringe Rolle spielen. zierung der Mitarbeiter werden wir natür zialisiert, sollte auch wissen, was zum Bei DEPPE Ich erwarte von den Studenten lich intensive Personalentwicklungsmaß spiel ein geldwerter Vorteil ist. Früher er und auch von meinen Mitarbeitern Neu nahmen brauchen. Da ist es für HR wich folgte eine Spezialisierung ja erst im Haupt gier und die Bereitschaft, sich um Themen tig, von Anfang an dabei zu sein. studium. Wir sollten uns wirklich fragen: zu kümmern. Es ist wichtig, sich fortzubil Welche Qualifikationen brauchen wir? Für den, Fachzeitschriften zu lesen und offen Vielen Dank für das Gespräch! • 40 Jahre Arbeit und Veränderung im Un zu sein für Entwicklungen in der eigenen ternehmensalltag braucht es ein breites Fun Profession. HR ist eine interdisziplinäre Anzeige Anzeige 2 Persofaktum GmbH 1/2 Seite quer ... weilrichtichwichtichis! persofaktum liefert Ihnen die bestmögliche Entscheidungsgrundlage für die Beauftragung von Personaldienstleistern! Kooperationspartner Ihr Recherche-Service für Dienstleistungen rund um das Personalmanagement PERSONALFÜHRUNG 9/2016
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66 R E S S O U R C E N F Ü R D I E P E R S O N A L A R B E I T B Ü C H E R BUCHTIPPS AUS DER REDAKTION FLÄCHENBRAND IM UNTERNEHMEN Frustration sowie Rache und Vergeltungsgedanken sind sowohl in der Mensch- heitsgeschichte als auch im Lebensalltag tief verwurzelt, auch wenn sie nicht immer gleich erkennbar sind. Und auch am Arbeitsplatz können sie unseren zwischenmenschlichen Umgang bestimmen, obwohl sie von Unternehmens- seite her nur allzu gern verdeckt werden. „Konfliktkultur ist eine gute Sache, aber im eigenen Unternehmen nicht nötig, mit solchen Problemen hat man nichts zu tun“, so die verbreitete Meinung. Dabei führt Konfliktvermeidung paradoxerweise eher zu einer Häufung von Konflikten bis hin zur Eskalation: Rache und Vergeltungsgedanken können im schlimmsten Fall einen wahren Flächenbrand unter den Mitarbeitern auslösen. Trotzdem gibt es erstaunlich wenig Literatur zum Umgang mit Rache am Arbeitsplatz. Philipp Schneider stellt juristische und organisationale Aspekte gegenüber und schafft einen Überblick, wie Widerständen im Unternehmen aus organisationssoziologi- scher Sicht begegnet und vorgebeugt werden kann. Er beschreibt Erschei- nungsformen, Ursachen und Maßnahmen gegen Frustration, Rache und Ver- geltung aus dem Blickwinkel eines Juristen, Organisationssoziologen und sys- temischen Business Coach. PHILIPP SCHNEIDER ▶ Frustration, Rache und Vergeltung am Arbeitsplatz. Tectum Verlag, 2016, 143 S., 24,95 € ISBN 978-3-8288-3759-1 WENDE IM GLOBALEN SPIEL DER MÄCHTE Der Westen wird nach Meinung der Autoren nicht weiterhin Motor der Weltwirtschaft und des Fortschritts sein. Es sind nicht länger Ein- zelstrukturen, um die es geht, sondern die Zusammenhänge im Welt- geschehen: neue Allianzen und Handelsströme, eine Neuverteilung der Rollen der Länder, die Entstehung einer globalen Mittelklasse, ein radikales Umdenken in der Bildung, eine Welt der Städte. Ob Politik, Wirtschaft, Wissenschaft oder Kultur, der Einfluss der zent- ralen Mächte des Westens, allen voran Europas und der USA, brei- tete sich über Jahrhunderte auf alle Kontinente aus. Die Führungs- rolle wird jedoch aus verschiedenen Richtungen infrage gestellt: durch die Krise der westlichen Demokratie, mangelnde Reformbereitschaft JOHN NAISBITT / DORIS sowie den Aufstieg Chinas und der Staaten des globalen Südgürtels. NAISBITT ▶ Machtwende. Der Ruf nach einem Ende der westlichen Bevormundung und nach Wie die Länder des Globalen Südgürtels unsere Welt Verbesserungen und Reformen wird lauter: China, die treibende Kraft verändern werden. des Aufstiegs, hat sich nicht nur zu einem bedeutenden Akteur der Goldegg Verlag, 2016, 376 S., Weltwirtschaft entwickelt, es ist auch dabei, die USA aus seiner wis- 24,90 € ISBN 978-3-903090-12-5 senschaftlichen Führungsposition zu verdrängen. PERSONALFÜHRUNG 9/2016
67 WIE IM FUSSBALL, SO IM UNTER NEHMEN: DAS GEHEIMNIS EINER ERFOLGREICHEN MANNSCHAFT KLIMA FÜR FREIES DENKEN SCHAFFEN Auch wenn das Ausscheiden der deutschen Fußballnati- onalmannschaft im Halbfinale der EM 2016 gegen Frank- Führung rockt – wenn es gelingt, die Kreativität der Mit- reich bei vielen Fans zunächst für Enttäuschung gesorgt arbeiter und deren Lust am eigenen Wirken zu wecken hat, gibt es Gründe genug, sich wieder mit dem Thema und ihnen Freiräume zum Wachsen zu geben. Das Buch Fußball zu beschäftigen: Den Autoren gelingt es, tragfä- befasst sich mit den Chancen und Herausforderungen hige Parallelen zwischen betriebswirtschaftlichen Prozes- des Leadership im Industriezeitalter 4.0. Der Schwer- sen und den Abläufen im Profifußball herzustellen, da punkt des Buchs von Lutz W. Eichler ist die Erschlie- sie selbst Experten für Wirtschaftspsychologie beziehungs- ßung des kreativen Potenzials der Mitarbeiter und Teams weise Führung sind und auch mit Bundesligavereinen zu- durch exzellente Führung. Führungskräfte müssen ihre sammenarbeiten. Im vorliegenden Buch werden zunächst Rolle heute neu definieren und sich klar werden, dass die einzelnen Spieler und deren Persönlichkeiten betrach- Führung vor allem von den Geführten abhängig ist. Sie tet, das Zusammenspiel der Mannschaft, der Trainer als müssen anders kom- Führungskraft sowie der Verein als gestaltendes Umfeld. munizieren und mit Komplettiert wird dies von zahlreichen Selbsttests, die Fehlern umgehen, ih- bei der Übertragung auf den eigenen Unternehmenskon- ren Mitarbeitern die text helfen. Das Buch ist fachlich ausgesprochen solide Möglichkeiten geben, und macht großen Spaß beim Lesen. Hinzu kommen die auch scheinbar verrück- konkreten Handlungsempfehlungen, sodass es jedem Le- te oder abwegige Din- ser guten Gewissens empfohlen werden kann. ge zu tun, und damit ein echtes Klima für Für Sie gelesen von Julia Roth, Portfoliomanagerin Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V. freies Denken und In- novationen schaffen. RALF LANWEHR, Große und neue Wert- HENNING STAAR, schöpfung findet mehr SVEN C. VOELPEL ▶ und mehr außerhalb Spielfeld Arbeitsplatz: Managementwissen standardisierter Nor- mit Kick. Für Führungs- LUTZ W. EICHLER ▶ Führung men und Regeln statt. rockt! Wie Sie bei Ihren Mitarbei- kräfte und engagierte Das ist Chance und tern ein Klima für freies Denken Mitarbeiter. Herausforderung, zu- und Innovationen schaffen. Publicis Publishing, gleich aber auch Risiko, Wiley-VCH, 2016, 181 S., 19,99 € 2016, 270 S., 27,90 € ISBN 978-3-89578-462-0 wenn wir es falsch ma- ISBN 978-3-527-50893-8 chen. In seinem Buch verbindet Lutz W. Eichler seine jahrzehntelange Erfah- rung als Psychologe, Trainer, Berater und Führungskraft mit den Anforderungen, die eine sich schnell wandeln- de Business-Welt unter den Bedingungen des Internets und der Industrialisierung 4.0 an moderne Führung stellt – mit Impulsen zum Aufstehen, Anfangen und An- packen. PERSONALFÜHRUNG 9/2016
68 R E S S O U R C E N F Ü R D I E P E R S O N A L A R B E I T B Ü C H E R AUTORENGESPRÄCH „WEM GEHÖRT DIE ZEIT?“ Beginn einer neuen Zeitrechnung Der Tag hat nur 24 Stunden, aber die Komplexität im Privat- und Arbeitsleben nimmt stetig zu, sodass ein kompetenter und sorgsamer Umgang mit der Zeit immer wichtiger, ja auch zum erfolgskritischen Faktor für Unternehmen wird. Herausgeber Martin Seiler hat verschiedene Perspektiven gesammelt, um eine Antwort auf eine für ihn zentrale Frage der Zukunft zu finden: Wem gehört eigentlich die Zeit? Herr Seiler, Ihr Buch beschäftigt sich mit der Zeit, genauer gesagt mit die Zeiger der Uhr sagen, was die Stunde der Frage, wie künftig das steigende Bedürfnis von Mitarbeitern nach geschlagen hat, fließt die Zeit nicht mehr, frei verfügbarer Zeit mit dem Druck, dem Unternehmen ausgesetzt sind, wie sie das zuvor noch in den Sand- und auf immer mehr Zeit der Mitarbeiter angewiesen zu sein, zu vereinbaren Wasseruhren tat. Seit es die mechanische ist. Welche Lösungsansätze bietet Ihr Buch für dieses Dilemma? Uhr gibt, tickt die Zeit und muss es ertra- MARTIN SEILER Es ist quasi die Quadratur des Kreises, und es gibt natür gen, in gleich große Teile zerhackt und lich kein One-size-fits-all. Aber das Dilemma ist lösbar. Wir stellen in un- wie die Wäsche auf einer Leine aufgereiht serem Buch zahlreiche Modelle vor und auch ganz praktische Beispiele aus zu werden. Und mit der Zeit ticken dann Unternehmen. Die Leitprinzipien einer innovativen Arbeitszeitgestaltung auch die Menschen, manchmal richtig, sind in einem gesonderten Ka- manchmal falsch.“ Haben wir heute das pitel sehr greifbar zusammen Gefühl für die Zeit verloren? gefasst. Im Übrigen haben wir SEILER Das Bewusstsein für die Zeit ist die Zeitproblematik auch in sogar gestiegen, und eben damit fühlen sich einen gesellschaftlichen Kon- die Menschen zunehmend getrieben. Es text gestellt. erfordert eine Menge Eigenverantwortung, in der heutigen Gesellschaft sorgsam mit Und damit in ein Wespen- unserer Zeit umzugehen und sie einzutei- nest gestochen? len. Arbeitszeit ist auch Lebenszeit und um- SEILER Die große Reso- gekehrt. nanz aus den Unternehmen auf unser Buch in sehr kur- Der Titel Ihres Buchs impliziert es ja schon, zer Zeit zeigt, dass wir in der das Gezerre um die Zeit, die nun mal be- Tat einen Nerv getroffen ha- grenzt ist. Martin Spilker von der Bertels- ben. Es werden sicher diverse mann Stiftung zieht im Buch das Fazit, Workshops folgen. dass der Begriff der Work-Life-Balance nicht nur ausgedient habe – er habe ver- Sie haben namhafte Autorin- mutlich auch über Jahrzehnte ein falsches nen und Autoren gewinnen Paradigma suggeriert: Denn er setze Ar- können, unter anderem Professor Karlheinz Geiß- MARTIN SEILER beit mit Mühsal, Qual und Unzufrieden- ler, der zum Thema Zeit forscht und die Leser in (HG.) ▶ Wem gehört heit gleich, während nach dieser Unter- die Zeit? Innovative unerwarteter, fast philosophischer Weise auf das Arbeitszeitgestaltung scheidung das Privatleben eine Form von Thema einstimmt, indem er von Rhythmus und Takt in der Praxis. Glückseligkeit, Lebensfreude und Selbst- spricht. Er beschreibt die Umstellung von Rhythmus Schäffer Poeschel, verwirklichung verheiße. Die strikte Tren- auf Takt und die damit einhergehende zunehmen- 2016, 200 S., 39,95 € nung von Arbeit und Leben sei als Relikt de Trennung der Zeitansage von der Zeiterfahrung ISBN 978-3-7910- des Industriezeitalters nicht mehr haltbar, 3648-9 und vom Zeiterleben. Wörtlich sagt er: „Seitdem meint er. Stehen wir also am Beginn einer PERSONALFÜHRUNG 9/2016
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