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Nr. 78   März - Juni 2021

Pfarrbrief der katholischen
Pfarrei St. Marien
mit St. Martin und Don Bosco

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                            Das Wort „Forum“
                            nicht vergessen!!!

          Anreißer
           Verzicht I                        Anreißer
                                              Ostern II
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VORWORT
               INHALT

                3    Vorwort
                                                                                             Liebe Leserinnen, liebe Leser,
                4    Ein neuer Kreuzweg für St. Marien
                8    Verzicht in der österlichen Bußzeit                                     eine NEUE DRUCKAUSGABE DES FORUMS! Die in der letzten Ausgabe angestoßene
               12    Verzicht – ein persönlicher Rückblick auf 100 Jahre                     Umfrage ergab, dass offenbar doch viele auf einen Pfarrbrief in gedruckter Form und
               14    Verzicht – und das nicht nur zur Fastenzeit                             die Art der Kontaktaufnahme und Kommunikation, die er darstellt, nicht verzichten
               17    Gottesdienste und Veranstaltungen                                       möchten.
               20    Aus der Gemeinde
               24    Warum der erzwungene Verzicht auf Kultur so notwendig und               „VERZICHT“ ist ausgerechnet das Thema dieser Ausgabe…
                                                                                             Das Redaktionsteam hatte bei seinen Überlegungen natürlich vor allem die vor uns
                     zugleich so problematisch ist
                                                                                             liegende österliche Bußzeit, die Fastenzeit, im Blick. Jedes Jahr fordert sie uns ja in
               28    Worauf verzichten wir und was macht das mit uns?
                                                                                             besonderer Weise zum Verzicht, zu einer bewussteren und auch einfacheren Lebens-
               32    Müssen wir mehr haben als wir brauchen - oder können wir uns
                                                                                             gestaltung auf.
                     keinen Verzicht leisten?
               36    Das FORUM soll bleiben – Ergebnis der Umfrage zur Zukunft               In diesem Jahr bekommt dieses Thema allerdings ein ganz eigenes Gewicht: Viele sind
                     des Pfarrbriefes                                                        durch die Corona-Maßnahmen in vielen Bereichen zu einem Verzicht gezwungen, den
               38    Blitzlichter                                                            sie sich nicht aussuchen konnten. Der Verzicht auf kulturelle Veranstaltungen, der
               40    Kontakt                                                                 „Verzicht“ auf Schule und KiTa, der Verzicht auf ein schönes Essen in einem gemütli-
                                                                                             chen Restaurant – das und vieles mehr sind zurzeit unfreiwillige Verluste. Und sie brin-
                                                                                             gen Menschen, die etwa im Bereich Kultur oder Gastronomie tätig sind, an den Rand
                                                                                             ihrer Existenzgrundlage oder treiben sie schlimmstenfalls in den Konkurs.

                                                                                             Im Pfarrgemeinderat haben wir uns Ende Januar lange und ernsthaft überlegt, ob wir in
                                                                                             dieser Situation nicht auch auf die Feier der Gottesdienste verzichten sollten – um das
                                                                                             Infektionsrisiko zu vermeiden und auch als Ausdruck der Solidarität. Aber wir haben uns
                                                                                             doch dafür entschieden, unter den Auflagen eines strengen und konsequenten Hygie-
Impressum                                                                                    nekonzeptes weiterhin Gottesdienste zu feiern. Für Viele ist ein Präsenzgottesdienst
                                                                                             doch ein wichtiges Gemeinschaftserlebnis und vor allem auch ein Ort, an dem sie Kraft
V.i.S.d.P.:      Pfarrer Bernward Mnich                                                      tanken können.
Redaktion:       Stefan Hain, Gisela Noske, Gisela Siebner, Jürgen Thiel, Annegred Thomas,
                 Katharina Weiß, Willfried Weiß                                              So hoffen wir, dass wir – anders als im vergangenen Jahr – auch die Gottesdienste in
Design:          Bernward Medien                                                             der Karwoche und zu Ostern feiern können, wenn auch nach wie vor mit begrenzter
Titelbild:       „Löwenzahn“ von „katermikesch“ auf pixabay.de                               Teilnehmerzahl.
Druck:           Druckhaus Harms
Auflage:         3700                                                                        Wir wünschen Ihnen, dass Sie trotz aller Einschränkungen und manchem unfreiwilligen
Im Internet:     st-marien-braunschweig.de                                                   Verzicht doch etwas von einer stärkenden und tragenden Osterfreude erfahren.

Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.                           Ihr Pfarrer
Die Redaktion behält sich vor, Beiträge sinngemäß zu kürzen.
Die nächste Ausgabe des FORUMs erscheint Ende Juni 2021.
Ihre Beiträge und Termine erbitten wir bis zum 15. Mai 2021.

                                                                                                                                                                                        3
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GEMEINDE                                                                                                                    Rainer Mordmüller und Gerd Winner vor den neu verglasten
                                                                                                                            und gerahmten Kreuzwegbildern in St. Marien
                                                                                                                                                    (Foto: Manfred Zimmermann, Hannover)

Ein neuer Kreuzweg für St. Marien
Von Pfarrer Bernward Mnich                   schauten in einen Dialog zu treten.
                                             Durch die Reduktion auf wenige Linien
Im Februar 2020 – noch vor dem ers-          und auch durch die freien Flächen
ten Corona-Lockdown – fand in der            wird er herausgefordert, sich selbst zu
St.-Marien-Kirche eine Vernissage            positionieren, seinen eigenen Standort
statt, zu der ca. 70 interessierte Gäste     einzunehmen.
gekommen waren. Es wurden 14 Bil-
der eines zeitgenössischen Kreuzwegs         Pastor Schmalstieg hatte schon vorab
des in Braunschweig geborenen und in         zu den Bildern geschrieben: „Rainer
Bremen und Paris lebenden Künstlers          Mordmüller ist es vortrefflich gelun-     Eigentlich sollten die Bilder im Rah-      ich möchte Ihnen nur das Zeichen ge-
Prof. Rainer G. Mordmüller gezeigt.          gen, das farbenprächtige Frühwerk         men einer Wanderausstellung bis vor-       ben, dass ich mit dem Vorschlag sehr
Anwesend waren neben dem Künstler            des talentierten Barockmalers Tiepolo     aussichtlich Ende April 2020 hier aus-     einverstanden bin.“
selbst auch Prof. Gerd Winner, von           wie ein fernes in der Luft liegendes      gestellt sein. Doch dann kam der erste
dem die Kreuzfiguration in der St.-          Echo mit federleichten, skizzenartig zu   Lockdown und ein weiterer Ausstel-         Aus einer Idee wurden konkrete Über-
Marien-Kirche stammt und der ein             Papier gebrachten Konturen und in         lungsort war noch nicht angemeldet.        legungen, ein längeres Abwägen und
langjähriger Freund und Weggefährte          neuer Bildgestaltung einzufangen. Die     So blieben die Bilder bei uns. Und es      viele Gespräche. Schließlich entschie-
von Rainer Mordmüller ist, und der           mit dem Kohlestift gekonnte zeichne-      blieb und festigte sich der Eindruck:      den sich sowohl der Pfarrgemeinderat
Künstlerseelsorger des Bistums Hil-          rische und farbliche Reduktion der        Sie passen in ihrer Schlichtheit und       als auch der Kirchenvorstand mit
desheim, Pastor Ulrich Schmalstieg.          fließenden Formen […] ermöglicht es       Unaufdringlichkeit erstaunlich gut in      deutlicher Mehrheit dafür, die Kreuz-
                                             dem Betrachter, sich in freier Weise      den hellen, neu gestalteten Raum der       wegbilder von Rainer Mordmüller zu
Rainer Mordmüller wurde durch die            den einzelnen Figuren anzunähern          Kirche. Und es blieb und konkretisier-     erwerben. Noch im Dezember wurden
Bilder des barocken Malers Giovanni          und damit den biblisch geprägten Rol-     te sich die Idee: Könnten wir sie nicht    diese dann mit neuen Rahmen und
Domenico Tiepolo in der Kirche San           len von anteilnehmenden, gewalttäti-      wirklich auf Dauer für uns überneh-        entspiegeltem Glas endgültig in der
Polo in Venedig zu diesem Werk inspi-        gen oder auch mit agierenden Men-         men?                                       Kirche aufgehängt.
riert. Seit 2005 hat er – z. T. mit größe-   schen wie Simon, der gezwungen wird,
ren Unterbrechungen – daran gearbei-         das Kreuz mit dem geschwächten Hei-       Auch Rainer Mordmüller hörte von           Der neue Kreuzweg in der St.-Marien-
tet. In einem kurzen Vortrag stellte er      land zu tragen.“                          diesem Gedanken. Kurz nach Ostern          Kirche ist sicher ungewöhnlich. Denn
den Anwesenden seine Arbeit vor.                                                       schrieb er mir in einem Brief: „Von        man sieht keine „Momentaufnahmen“
                                             Die Besucherinnen und Besucher be-        Gerd [Winner] habe ich gehört, dass        des mit den einzelnen Kreuzwegstati-
Die skizzenartigen Zeichnungen sind          trachteten die Bilder mit großem Inte-    Sie weiterhin daran denken, den            onen fokussierten Geschehens auf
keine eigentlichen Abbildungen bzw.          resse und schon am Abend der Vernis-      Kreuzweg für die St. Marien Kirche zu      dem Leidensweg Jesu. Die Bilder sind
bildlichen Darstellungen der Kreuz-          sage konnte man erste Stimmen hö-         bewahren. Damit wäre auch ich sehr         eine Herausforderung – im guten Sinn.
wegstationen. Sie stellen vielmehr in        ren: „Können wir den (Kreuzweg) hier      glücklich, denn mir scheint, die Bilder    Sie fordern heraus, sich durch den
ihrer besonderen Art eine Einladung          nicht behalten?“                          sind wie für die Kirche gemacht. Im        kraftvollen Ausdruck weniger Linien,
an den Betrachter dar, mit dem Ge-                                                     Moment ist zwar alles still gelegt, aber   die das Sehen und die Wahrnehmung

4                                                                                                                                                                             5
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»Durch die Reduktion auf wenige Linien und auch durch die
                                                                                                                                     freien Flächen wird man herausgefordert, sich selbst zu
                                                                                                                                     positionieren, einen eigenen Standort einzunehmen«

                                                                                         Meine Kehle ist trocken wie eine          der Prophet Jesaja über den leidenden
                                                                                         Scherbe, die Zunge klebt mir am Gau-      Gottesknecht gesagt hat:
                                                                                         men, du legst mich in den Staub des
                                                                                         Todes. (Ps 22, 2. 7. 15–16)               „Er hat unsere Krankheiten getragen
                                                                                                                                   und unsere Schmerzen auf sich gela-
                                                                                         Diesen Psalm hat Jesus möglicher-         den.“ (Jes 52, 4)
                                                                                         weise selber am Kreuz gebetet. Je-
                                                                                         denfalls erzählen sowohl Markus als       Der neue Kreuzweg in der St.-Marien-
                                                                                         auch Matthäus in ihrer Leidensge-         Kirche will uns in seiner besonderen
                                                                                         schichte, dass Jesus unmittelbar vor      Art immer wieder daran erinnern,
                                                                                         seinem Tod die ersten Worte dieses        dass wir auf einen Gott vertrauen dür-
                                                                                         Psalms laut ausruft: „Mein Gott, mein     fen, der sich in Jesus Christus auf die
                                                                                         Gott, warum hast du mich verlassen?“      Seite der Leidenden stellt.

                                                                                         Alle Evangelien wollen mit der Passi-     Vielleicht ist es irgendwie auch be-
                   7. Jesus fällt zum zweiten Mal unter dem Kreuz
                                                                                         on, der Leidensgeschichte Jesu, deut-     zeichnend, dass dieser Kreuzweg aus-
nicht gleich festlegen, zur eigenen        Ein Kreuz ist gar nicht zu sehen. Und         lich machen: Jesus ist der, der selber    gerechnet im Jahr 2020 zu uns kam.
Betrachtung und Meditation bewegen         doch ahnt man, dass eine schier uner-         das Leid der Menschen, ihre Schmer-       Die Corona-Pandemie hat so viele Sor-
zu lassen. So können sie sicher auch       trägliche Last die Gestalt zu Boden           zen, ihre Ängste und ihre Verzweiflung    gen und Ängste und auch so viel Leid
zur gemeinsamen betenden Betrach-          drückt. Eine Gestalt, die eigenartig          getragen hat. Er ist unter dieser Last    mit sich gebracht und fordert uns in
tung des Kreuzwegs in den Andachten        gestaltlos – formlos ist. Ohne erkenn-        zusammengebrochen. Aber er ist wie-       allen Bereichen unseres Lebens –
der österlichen Bußzeit dienen.            bare individuelle Gesichtszüge. Wie           der aufgestanden und den Weg bis          auch in unserem Glauben – nach wie
                                           aufgelöst …                                   zum Ende gegangen, bis zum Kreuz.         vor heraus.
Eine der Kreuzwegstationen möchte
ich Ihnen exemplarisch vorstellen:         Ich werde erinnert an Verse aus dem           Das ist die unerhörte aber auch tröst-    Mögen die neuen Kreuzwegbilder
7. Jesus fällt zum zweiten Mal unter       Psalm 22:                                     liche Botschaft unseres Glaubens: Je-     Wegweiser für unseren Glauben sein,
dem Kreuz.                                                                               sus steht auf der Seite der Leidenden.    die uns hinführen zu dem, der durch
                                           Mein Gott, mein Gott, warum hast du           Sein Mitleid ist unendlich mehr als ein   seine unbegreifliche Liebe letztlich
Nur ganz wenige Linien. Und doch ist       mich verlassen, bist fern meinem              Gefühl der Betroffenheit aus der Dis-     Leid und Tod überwunden und uns die
eine Gestalt erkennbar, die zu Boden       Schreien, den Worten meiner Klage?            tanz. Sein Mitleid ist Mit-leiden. Dar-   Hoffnung auf die Auferstehung ge-
gestürzt ist. Mit den Knien und viel-      Ich aber bin ein Wurm und kein                um treffen auf ihn die Worte zu, die      schenkt hat.
leicht sogar mit dem Gesicht schmerz-      Mensch, der Leute Spott, vom Volk
haft aufgeschlagen. Die nach vorn ge-      verachtet.                               In eigener Sache
streckten Arme haben den Sturz wohl        Ich bin hingeschüttet wie Wasser, ge-
                                                                                    Die Neugestaltung des Innenraumes der St.-Marien-Kirche ist in großartiger Weise durch
nicht abfangen können. Zu groß die         löst haben sich all meine Glieder.
                                                                                    viele Spenden aus der Gemeinde unterstützt worden. Wenn Sie auch zum Erwerb des neuen
Erschöpfung und die Schwäche.              Mein Herz ist in meinem Leib wie
                                                                                    Kreuzweges einen finanziellen Beitrag leisten möchten, wären wir Ihnen sehr dankbar.
                                           Wachs zerflossen.
                                                                                    Spenden können Sie überweisen auf das Konto der Katholischen Pfarrgemeinde
                                                                                    St. Marien bei der Nord/LB :  IBAN: DE38 2505 0000 0002 5526 44
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VERZICHT                                                                                                                                                   OSTERN

Verzicht in der österlichen Bußzeit
Von Pfarrer Bernward Mnich                    Es ging sehr einfach – und es ging      Mittlerweile haben wir auch in unserer   ser Speisen bei der Segnung in der
                                              sehr gut. Ich erinnere mich noch an     Pfarrei St. Marien in den vergangen      Kirche gibt eine Vorahnung auf den
Vor Jahren, als Pfarrer in Goslar, kam        meine große Überraschung als am         Jahren die Osterspeisensegnung am        Geschmack und den Genuss, den man
ich zum ersten Mal mit dem schönen            Vormittag des Karsamstags weit über     Karsamstag angeboten. Und dieses         dann am Ostermorgen wieder erleben
Brauch der Osterspeisensegnung in             100 Personen in der Kirche waren,       Angebot wird immer wieder gern an-       kann.
Berührung. Diese alte Tradition hatte         darunter viele Familien mit Kindern.    genommen.
ich noch nicht gekannt. Dann fragte           Über die ganze Breite der Altarstufen                                            Verzicht hilft, achtsamer zu genießen
mich ein Mann aus der Gemeinde, der           standen liebevoll geschmückte Körb-     Nun ist es mit solchen Bräuchen aller-
aus Schlesien stammte, ob wir vor             chen mit den Speisen für das Oster-     dings manchmal so, dass sie zwar als     Auf seine Weise zeigt auch dieser
Ostern nicht eine solche Segnung an-          frühstück. Und statt nach Kerzen oder   Tradition aufrecht erhalten werden,      Brauch, dass ein zeitweiser Verzicht
bieten könnten. Spontan habe ich da-          Weihrauch duftete es verführerisch      dass aber der eigentliche Zusammen-      auf bestimmt Speisen oder Genuss-
mals geantwortet: „Wenn Sie mir sa-           nach kräftig geräuchertem Schinken      hang, aus dem sie stammen, und da-       mittel eine Übung sein kann die dazu
gen, wie das geht, mache ich das              und Krakauern …                         mit ihre ursprüngliche Bedeutung         hilft, diese dann wieder bewusster,
gern.“                                                                                nicht mehr bewusst sind. So hat sich     achtsamer und auch dankbarer zu ge-
                  Segnung der Osterspeisen - eine alte Tradition
                                                                                      ja z. B. auch der Karneval längst ver-   nießen. Das hat gerade in unserer Zeit
                                                                                      selbständigt. Vielen ist sicher nicht    seinen Sinn, in der uns normalerweise
                                                                                      mehr bekannt, dass das Wort Karneval     – immer noch – das ganze Jahr über
                                                                                      vom lateinischen „carne vale“ =          alles in Hülle und Fülle zur Verfügung
                                                                                      „Fleisch, lebe wohl“ stammt, und dass    steht und wir z. B. auch im Winter fri-
                                                                                      damit ein letztes ausgelassenen Fei-     sche Erdbeeren oder exotische Früch-
                                                                                      ern mit entsprechendem Essen und         te kaufen können, weil diese von weit-
                                                                                      Trinken vor dem Beginn der Österli-      her zu uns transportiert werden. Ver-
                                                                                      chen Bußzeit, der Fastenzeit, gemeint    zicht kann helfen, aufmerksamer und
                                                                                      war. Nach dem „carne vale“ folgten in    verantwortungsvoller zu leben und
                                                                                      früheren Zeiten die 40 Tage, in denen    wieder einmal bewusster wahrzuneh-
                                                                                      der Genuss von Fleisch, Milchproduk-     men, was wirklich Lebens-Mittel und
                                                                                      ten und auch Eiern verboten war.         was – eben auch einmal verzichtbare –
                                                                                                                               Genussmittel sind.
                                                                                      Nach Ablauf der Fastenzeit war das
                                                                                      Frühstück am Morgen des Osterfestes      Verzicht kommt anderen zugute
                                                                                      die erste Mahlzeit, bei der sozusagen
                                                                                      wieder alles erlaubt war. Darum gehö-    In der österlichen Bußzeit oder Fas-
                                                                                      ren in die Körbchen zur Osterspeisen-    tenzeit, die ja auch eine Einladung und
                                                                                      segnung auch auf jeden Fall Schinken,    Chance ist, den eigenen Lebensstil zu
                                                                                      Wurst, Butter und Eier. Der Duft die-    überprüfen, längst eingespielte Ge-

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wohnheiten, Haltungen und Verhal-         net … – jeder und jede weiß, wofür sie
tensweisen eventuell auch zu korrigie-    da manchmal mehr Zeit investieren,
ren, hat der Verzicht noch eine andere    als sie eigentlich wollen. Verzicht kann
Bedeutung: Es geht ja nicht darum,        hier heißen, einmal wieder einen
dass ich nicht dauernd um mich selber     (Zeit-)Raum zu schaffen, in dem ich
(und meinen Verzicht) kreise. Es geht     wirklich zur Ruhe komme, in dem ich
vielmehr auch darum, dass ich dafür       mit dem in Berührung komme, was
frei werde, den/die Anderen in den        mich wirklich bewegt, indem ich dabei
Blick zu nehmen: Wenn ich durch Ver-      auch Gott wieder neu auf die Spur
zicht auf bestimmte Nahrungs- oder        komme. Und wenn aus diesem (Zeit-)
Genussmittel auch buchstäblich etwas      Raum eine Zeit des Gebetes wird, dann
einspare – und hier ist nicht in erster   ist es manchmal auch gut, dabei zu-
Linie das Gewicht gemeint … – bietet      nächst auf die eigenen Worte zu ver-
sich die Möglichkeit, ganz konkret mit    zichten: Nicht gleich – was wir viel-
denen zu teilen, die viel weniger haben   leicht am häufigsten tun – um etwas
als ich. Ich kann das eingesparte Geld    zu bitten, zu danken oder etwas von        Dort, wo sonst viele Pilger die
als Spende für eines der großen Hilfs-    mit mitzuteilen; sondern einmal die        Hoffnungsorte der Heiligen
werke oder auch für konkrete Hilfs-       Stille und das Schweigen aushalten,        Stätten in Israel und Palästina
projekte, die ich kenne, zur Hilfe für    um so aufmerksamer für Gottes Ge-          besuchen, ist es zur Zeit wegen
Andere werden lassen. So wird Ver-        genwart in meinem Leben zu werden.         der Corona-Pandemie leer.
zicht zur Übung der Solidarität.
                                          Welche Formen auch immer der Ver-          Christliche Pflegeeinrichtungen
Verzicht hilft, aufmerksam zu werden      zicht in der österlichen Bußzeit hat –     und Schulen, die auch für Ju-
für Gott                                  wichtig scheint mir, dass er nicht mit     den und Muslime offen sind,
                                          dem Gefühl des „Verbotenen“ behaftet       geraten in wirtschaftliche Not.
Schließlich geht es beim Verzicht in      ist, sondern zu einer freiwilligen
der österlichen Bußzeit nicht nur um      Übung wird, die dem Leben dient.           Der Deutsche Verein vom Heili-
Essen und Trinken und um materielle                                                  gen Land und die Franziskaner
Dinge.                                                                               wollen diese Friedensarbeit im
                                                                                     Nahen Osten unterstützen. Wir
Es kann durchaus sinnvoll sein, ein-                                                 danken Ihnen, wenn Sie uns
mal ganz bewusst auch manches zu                                                     durch ihre Spende am Palm-
verzichten, womit ich mich normaler-                                                 sonntag dabei helfen, Hoffnung
weise häufig beschäftige oder ablen-                                                 ins Heilige Land zu bringen.
ken kann: Fernsehen, Surfen im Inter-

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VERZICHT

Verzicht - ein persönlicher Rückblick                                                                                         Warum hast du nur ein Jahr das Lui-
                                                                                                                              sengymnasium in Marienburg be-
auf 100 Jahre                                                                                                                 sucht?
                                                                                                                              Für meinen Schulbesuch mussten
Willfried Weiß im Gespräch mit seiner     sind Reisebeschränkungen, 14-tägige                                                 meine Eltern Schulgeld bezahlen, die
Mutter Freya, Jahrgang 1920               Quarantäne oder Schließungen von                                                    Eisenbahnkarte kaufen und ich hatte
                                          Geschäften deutlich leichter zu ertra-                                              auch weniger Zeit, um in der Gärtnerei
Als ich meiner Mutter am 9. Dezember      gen.                                                                                zu helfen, da ich mehr Hausaufgaben
erzählte, dass wir uns am Abend in der                                                                                        zu erledigen hatte. Als ich sah wie
Redaktionssitzung des FORUMs für          Musstest du als Kind noch aufgrund                                                  schwer ihnen das fiel habe ich ange-
das Thema der nächsten Ausgabe ent-       der Folgen des 1. Weltkrieges auf                                                   boten, zurück auf die Volksschule zu
scheiden wollen meinte sie, wir sollten   etwas verzichten?                            Freya Weiß bei ihrem 100. Geburtstag   gehen, obwohl ich von der Sexta in die
doch „Verzicht“ nehmen. In der Zei-       Mein Vater, geboren 1876, hat mit sei-   sieben Kindern von früh morgens bis        Quinta versetzt war. Da waren meine
tung und im Fernsehen würde doch          ner Gärtnerei in einem Dorf in der Nä-   spät abends viel zu tun, und danach        Eltern erleichtert und haben mich um-
viel darüber berichtet, auf was die       he von Marienburg/Westpreußen ins-       waren sie müde.                            gemeldet.
Menschen angesichts von Corona alles      besondere Rosen an Hotels in Zoppot
verzichten müssten. Und so ging ich       und Danzig und auch das Spielcasino      Was war das erste in deinem Leben,         Wie war das mit dem Verzicht nach
mit dieser Idee in unseren Videotreff     geliefert. Mit dem Versailler Vertrag    worauf du verzichtet hast?                 dem 2. Weltkrieg?
hinein und kam mit dem Auftrag her-       1920 wurden wir durch den polnischen     Ich konnte in den ersten 30 Jahren         Das waren Hungerjahre. Verzichten
aus, meine Mutter zu diesem Thema         Korridor von diesen Städten abge-        meines Lebens auf nichts verzichten,       musste ich vor allem auf meinen
zu befragen – hier das Interview:         trennt und mein Vater hat notgedrun-     denn wir hatten ja nur das Notwen-         Mann. Wir haben im März 1944 gehei-
                                          gen auf Gemüseanbau und Verkauf auf      digste zum Leben. Als Kind hatte ich       ratet und danach musste er gleich in
Was denkst du, wenn du hörst worauf       dem Markt im benachbarten Marien-        als Spielzeug einen Ball und einen         den Krieg und wir später auf die
die Menschen wegen Corona in dieser       burg umgestellt. Das war wie ein Neu-    Teddy, mit dem aber meistens meine         Flucht. 1946 habe ich das erste Le-
Zeit verzichten müssen?                   anfang und wir hatten viel Arbeit und    größeren Brüder spielten. Eine Figur       benszeichen bekommen, eine Post-
Ich kann es teils gut verstehen, dass     wenig Geld. Und ich habe natürlich       zum Aufziehen hatten wir, die meine        karte aus russischer Gefangenschaft.
die Leute traurig oder enttäuscht sind.   geholfen. Mein Vater sagte immer, ich    Mutter aufbewahrt hat, und uns             Im Oktober 1948, 4 ½ Jahre nach der
Die Leute sollten aber bedenken, wie      könnte mit meinen kleinen Fingern so     manchmal vorführte. Sechs Geschwis-        Hochzeit, haben wir uns erst wieder-
gut es ihnen trotzdem noch geht. Sie      gut das Unkraut in den Aussaaten zup-    ter hatte ich.                             gesehen. Das war eine schwere Zeit.
haben doch noch soviel in ihrem Le-       fen. So konnte ich schon mit 8 Jahren                                               Drei meiner Brüder wurden im Krieg
ben. Vor diesem Hintergrund sind die      meine Eltern unterstützen.               Musstest du wegen der vielen Ge-           getötet und ich musste meine Heimat
Einschränkungen eigentlich nicht so                                                schwister auf etwas verzichten?            verlassen.
schlimm. Und sie sind ja notwendig für    Worauf mussten deine Eltern in dei-      Da ich die jüngste war, musste ich die
das Wohl der Gemeinschaft. Vielleicht     ner Kinder- und Jugendzeit verzich-      Sachen der älteren Geschwister auf-        Worauf möchtest du heute auf keinen
sagen die Jüngeren ja, dass ich klug      ten?                                     tragen, wenn sie noch brauchbar wa-        Fall verzichten?
reden kann, weil ich mein Leben fast      Freizeit und Urlaub, das hatten sie      ren. Und natürlich wurde alles aufge-      Den Kontakt zu meiner Familie und ein
hinter mir habe. Aber im Vergleich zu     nicht, denn mein Vater hatte mit der     teilt.                                     warmes Zuhause.
Krieg, Flucht, Todesangst und Hunger      Gärtnerei und meine Mutter mit uns

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VERZICHT

Verzicht – und das nicht nur zur Fastenzeit
Von Jürgen Thiel                          sich die Insassen (Konventuale) – es       des Braunschweiger Bürgers Hacken-            nicht ihr volles Eigentum, sondern
                                          waren überwiegend alleinstehende           dal wenig, der sich dauerhaft ver-            standen ihnen lediglich als Unterei-
Der liturgische Kalender wies bis zur     Frauen – einer strengen, der klösterli-    pflichtet hatte, einem jeden Insassen         gentum zur Verfügung. Grundherren
Zeit der Reformation neben den je-        chen Hausordnung angenäherten Le-          zwei Laib Brot während des Jahres             des Meierlandes waren der Adel, die
weils vierzig Fastentagen vor Weih-       bensform. Sofern es ihr Gesundheits-       zukommen zu lassen. Grundsätzlich             Geistlichen, weltliche Institutionen, die
nachten und Ostern auch solche wäh-       zustand zuließ, waren sie zur Mitarbeit    waren die Hospizzuwendungen auf das           ihren Besitz gegen Entgelt in Form von
rend des Jahres, insgesamt rd. 200,       verpflichtet.                              Existenzminimum beschränkt.                   Naturalien (Zehntabgaben) und Grund-
aus. Die in dieser Zeit geltenden                                                                                                  zins (Geldleistungen) als kleine land-
Fastenregeln sahen vor allem bei der      Erschreckend gleichförmige Speisen         Nicht viel besser war es um die Ernäh-        wirtschaftliche Betriebe an die Bauern
Ernährung für die Gläubigen empfind-                                                 rung außerhalb der Stadt, im restli-          überließen. Grundherren waren auch
liche Verzichte vor.                      Die Ernährung muss als kärglich be-        chen Herzogtum Braunschweig, be-              die Zisterzienser-Mönche aus Rid-
                                          zeichnete werden. Diese konnte, so es      stellt. Mehr als drei Viertel der Ein-        dagshausen. Zu deren Grundbesitz
Das „tägliche Brot“ verdiente sich die    die persönliche Vermögenslage zuließ,      wohner bezogen ihr Einkommen aus              zählten zeitweise ganze Ortschaften,
Braunschweiger Stadtbevölkerung im        durch vertraglich geregelte Gegenleis-     den Erträgen der Landwirtschaft. Auch         u.a. auch Querum und Hondelage.
späten Mittelalter und im Übergang        tung verbessert werden. Überliefert        hier zählte die Mehrzahl der in der
zur Neuzeit vorwiegend bei den Tuch-      ist die Zusatzvereinbarung von Metke       Landwirtschaft Tätigen zur bäuerli-           Kein Wunder, dass im traditionellen
machern, Lakenmachern, Gewand-            Frederiks, die diese bei Eintritt in das   chen Unterschicht, einer Gruppe von           Landhaushalt fast ausschließlich die
schneidern. Beckenwerkern, Kannen-        St. Thomae-Hospital getroffen hat.         Menschen, deren Einkommen aus der             Selbstversorgung bei der Zubereitung
gießern, Kupfer- und Messingtreibern.     Danach wurde ihre Kostration im Ver-       Landwirtschaft keinen hinreichenden           der Alltagsspeisen vorherrschte. Das
Dennoch vermerkt die Geschichts-          gleich mit der „gemeinen Pfrund“ die       Lebensunterhalt bot. Ihre Höfe waren          Essen war auch hier gekennzeichnet
schreibung, dass 50 % der Stadtbevöl-     ihr zustand, erhöht, sodass sie auf
kerung am Rande der Armutsgrenze          täglich „dre halff Stoueken beers“ An-
lebte. Bei diesen ließ sich in der Fas-   spruch hatte, dazu wöchentlich ein
tenzeit der Gürtel mit großer Wahr-       Pfund „sterkes“ (mitteldeutsch: junge
scheinlichkeit kaum enger schnallen.      Kuh), jeden Freitag je ein Viertel Käse
Hinweise auf die Quantität und Qualität   und Butter zusätzlich zu dem Hering,
der täglichen Ernährung finden sich in    der bereits zu ihrem Versorgungsplan
den Aufzeichnungen der ehemals gut        gehört hatte. Auf ein solches Zubrot
20 Hospize und Beginenhäuser. Diese       konnten jedoch nur wenige Insassen
Institutionen waren soziale Stiftungen    zurückgreifen. Die Speisepläne für die
vorwiegend wohlhabender Bürger.           normierte Konventualenversorgung
Wer hier Aufnahme fand, genoss ein        sind von einer für heutiges Verständ-
Wohnrecht, die Versorgung mit Nah-        nis erschreckenden Gleichförmigkeit
rungsmitteln und im Bedarfsfalle eine     gewesen. Daran änderten auch die
Krankenpflege. Dafür unterwarfen          Legate mildtätiger Spender wie die

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GOTTESDIENSTE

                                                                                                                                                         St. Marien, Querum
durch eine große Eintönigkeit, nicht        immer wieder zu einem absoluten
zuletzt aufgrund der verhältnismäßig        Versorgungstief.                             Samstag vor dem 1. und 3. Sonntag im Monat
geringen Auswahl von Zutaten. Nach                                                       18:00 hl. Messe
den     Aufzeichnungen      in    der       Vor diesem Hintergrund dürfte sich
                                                                                         1. und 3. Sonntag im Monat
„Braunschweigischen       Landesge-         der Speiseplan der Mehrzahl der Men-
                                                                                         9:00 hl. Messe
schichte“ aß man bis weit in die Neu-       schen im Jahresverlauf kaum von dem
zeit hinein „morgens und abends Brei,       in der Fastenzeit unterschieden ha-          2. Sonntag im Monat
Grütze und Suppen mit Brot, abends          ben.                                         10:45 hl. Messe und Kinderkirche (Kirchbus: 10.30 Volkmarode)
oft Bier- und Brotsuppen, im Übrigen                                                     4. Sonntag im Monat
Milch- oder Wassersuppen, die mit           Geradezu als eine verordnete Locke-          10:45 Familiengottesdienst (Kirchbus: 10.30 Volkmarode)
Mehl oder Grütze zubereitet und teils       rung der Fastenordnung mutet eine
                                                                                         Mittwoch
durch ‚Klümpe‘ angereichert waren.“         Nachricht an, wonach Herzog Fried-
                                                                                         9:00 hl. Messe / am 1. Mittwoch im Monat „Laudes“
Gewürzt wurde nur mit einer Prise           rich von Braunschweig den Mönchen
                                                                                               mitgestaltet von der Frauenschola
Salz. Honig und später Zucker galten        in Riddagshausen im Jahre 1392 das
als zu wertvoll für die Alltagskost.        Privileg erteilte: „... gutes Bier zur Ad-   2. Dienstag im Monat
Fleischkonsum galt als „Luxus“ und          vents- und Fastenzeit zu brauen, ver-        19:00 Jugendgottesdienst
war auf dem Küchenzettel so gut wie         mutlich aus der löblichen Absicht, da-       1. Donnerstag im Monat
nicht auffindbar.                           mit die guten alten Klosterbrüder die        19:00 „AusZeit“ – ökumenischer Abendgottesdienst in der Alten Kirche in Querum
                                            magere Fastenzeit desto besser über-
Pestepidemien und Versorgungstief           stehen, und sich an der Schüddekappe
                                                                                                                                                   St. Martin, Wendhausen
                                            erholen möchten.“
Großen Einfluss auf die Versorgung                                                       1. Sonntag im Monat
hatten im Mittelalter zeitweise extre-      In der Stadt Braunschweig gab es um          10:45 Familiengottesdienst
me Witterungsverhältnisse. So sind In       das Jahr 1500 etwa 60 Kirchen, Klös-
den Jahren zwischen 1310 und 1320           ter und Kapellen. Keinen Grund zur           3. Sonntag im Monat
sieben Jahre mit schlimmen Missern-         Klage hatte offensichtlich der hiesige       10:45 hl. Messe
ten belegt. In dieser Zeit verpflegte die   Klerus bezüglich des Zuspruchs der           2. und 4. Sonntag im Monat
Pforte des Klosters Riddagshausen           Gläubigen zu Gottesdiensten und dem          9:00 hl. Messe
täglich bis zu 400 Arme.                    Empfang des Bußsakramentes wäh-              Freitag
                                            rend der Fastenzeit. Auf eine ange-
                                                                                         8:30 hl. Messe
Auch verschonten die europäischen           messene Verehrung nicht zu verzich-
Pestwellen das Braunschweiger Land          ten brauchte in jener Zeit der Stadt-
nicht. Diese erreichten unsere Gegend       patron St. Auctor: Jeweils am vierten                                                                  Don-Bosco, Hondelage
nachweislich in den Jahren 1350, 1358       Fastensontag vor Ostern (Laetare)
                                                                                         Samstag vor dem 2. und 4. Sonntag im Monat
und 1365/66. Und auch während des           wurden seine Reliquien in einem 1457
                                                                                         18:00 hl. Messe
Dreißigjährigen Krieges gab es dann         gestifteten silbernen Sarg unter gro-
noch einmal zwei große Pestepide-           ßer Beteiligung der Bevölkerung feier-       2. Donnerstag im Monat
mien. Alle diese Ereignisse führten         lich um die Stadt getragen.                  18:00 hl. Messe

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GOTTESDIENSTE

                                                                                  wegstation als Video-Beitrag auf unse-   Teilen … – wir werden gemeinsam he-
                                                                                  rer Internetseite.                       rausfinden, was davon gelingen kann
                                                                                                                           und was vielleicht auch nur ein Ver-
                                                                                  Jeweils mittwochs wird es – ebenfalls    such bleibt.
                                                                                  als Video – einen Impuls zum diesjäh-
                                                                                  rigen Hungertuch geben, das von der      Herzliche Einladung!
                                                                                  Künstlerin Lilian Moreno Sánchez un-     Über Aushänge und unsere Internet-
                                                                                  ter dem Gedanken „DU STELLST MEI-        seite werden wir die konkreten Termi-
                                                                                  NE FÜßE AUF WEITEN RAUM - DIE            ne und alle detaillierten Informationen
                                                                                  KRAFT DES WANDELS“ gestaltet wur-        weitergeben.
                                                                                  de.
                                                                                                                           Gleichzeitig eine Möglichkeit, sich
                                                                                  Montags erscheint ein Beitrag mit Im-    einzubringen und Gutes zu tun:
Osterplanungen                                                                    pulsen aus den diesjährigen Misereor-    Auf der Internetseite soll ein Stück
                                                                                  Frühschichten.                           Hoffnung, Frühling, Ermutigung und
Die Corona-Einschränkungen ermöglichen uns nach wie vor keine sicheren Pla-                                                Auferstehung sichtbar werden! Wir
nungen. Wir hoffen natürlich Ostern mit Präsenzgottesdiensten feiern zu kön-      Sonntags (oder am Vorabend) wird es      laden ein, uns selbst gemalte Bilder,
nen – vielleicht sind dann ja sogar wieder mehr Gottesdienstbesucherinnen und     den Gottesdienst aus St. Marien als      Texte, Fotos oder Gedanken zukom-
-besucher erlaubt!?                                                               Livestream zu sehen geben, der dann      men zu lassen, die wir auf unserer
Anders als an Heiligabend, wo wir viele kleine Gottesdienste angeboten haben,     für einige Tage abrufbar bleibt.         Internetseite veröffentlichen möchten.
lässt sich die Feier der Auferstehung natürlich nicht mehrfach wiederholen. Wir                                            Von Kindern gemalte Bilder würden
gehen deshalb für die Ostertage zunächst von den üblichen Gottesdienstzeiten      Damit es aber wenigsten ab und zu        wir zudem gern auf die Rückseite von
der vergangenen Jahre aus.                                                        auch interaktiv und kommunikativ         Ostergrüßen drucken, die wir großflä-
                                                                                  werden kann, wird es einige Angebote     chig verteilen möchten.
Über alle Gottesdienste und ggf. weitere Termine der Fastenzeit, der Karwoche
                                                                                  im Rahmen einer Video-Konferenz
und Ostern werden wir immer kurzfristig, aber rechtzeitig, über die ausliegende
                                                                                  geben. Gemeinsam beten, nachden-         Wir freuen uns über viele Eingaben!
Gottesdienstordnung, mit Aushängen in den Schaukästen und über unsere In-
                                                                                  ken, Gedanken austauschen, Bibel-
ternetseite informieren.

Fastenkalender
Der Pfarrgemeinderat hat sich Gedan-     sein, aber es soll versucht werden,
ken gemacht, wie in der vorösterlichen   einige Ideen umzusetzen:
Zeit über die Gottesdienste hinaus ein
wenig Verbindung entstehen oder          Es wird freitags nicht nur das Kreuz-
gehalten werden kann – ähnlich dem       weggebet in der Kirche geben, son-
Adventskalender im Dezember. Es          dern auch Gedanken zu einer Kreuz-
wird nicht jeden Tag etwas möglich

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AUS DER GEMEINDE

Abschied von Katharina Weiß als Pfarrsekretärin                                      In all den Jahren ihrer Tätigkeit wurde   mit großem Engagement wahrgenom-
                                                                                     sie mehr und mehr der ruhende Pol         men.
                                                                                     im oft hektischen Betrieb des Pfarrbü-
Von Pfarrer Bernward Mnich                                                           ros und behielt stets den Überblick in    „Sie sind ja doch noch da …?!“ – war
und Stefan Hain                                                                      allen Aufgaben und Herausforderun-        Frau Weiß während des vergangenen
                                                                                     gen. In ihrer klaren und direkten nord-   Jahres immer wieder einmal gefragt
Schon im Osterpfarrbrief des vergan-                                                 deutschen Art war sie stets zugänglich    worden, weil manch eine/r nicht ver-
genen Jahres hatten wir über perso-                                                  für Andere und fand ihrerseits auch       standen hatte, dass die Reduktion der
nelle Veränderungen in unseren                                                       immer einen Zugang zu den Men-            Arbeitszeit noch nicht der Eintritt in
Pfarrbüros informiert.                                                               schen. Mit großem Einfühlungsvermö-       den Ruhestand war.
                                                                                     gen und menschlicher Zuwendung
Nachdem Susanne Dierig zum 1. Feb-                                                   hatte sie stets ein offenes Ohr für die   „Sie ist nun nicht mehr da…“ – daran
ruar 2020 ihren Dienst als neue Pfarr-                                               Fragen, Anliegen und Sorgen der Men-      werden wir uns von jetzt an aber ge-
sekretärin begonnen hatte, hatte Ka-                                                 schen, für die eine Pfarrsekretärin       wöhnen müssen. Und wir werden nicht
tharina Weiß ihre Arbeitszeit auf                                                    heutzutage ja oft die erste Ansprech-     nur das fröhliche, mit dem typisch
8 Stunden reduziert und war im ver-                                                  partnerin ist.                            norddeutschen      Klang   gerufene
gangenen Jahr in den Pfarrbüros von                                                                                            „MOIN!“ am Morgen vermissen…
St. Martin und St. Marien tätig. In die-                                             Diese Eigenschaften und die Tatsache,
ser Zeit konnte sie der neue Kollegin                                                dass sie sich mit den Jahren eine gro-    Wir danken Frau Weiß von ganzem
während der Einarbeitungsphase mit                                                   ße berufliche Kompetenz angeeignet        Herzen für ihre langjährige Mitarbeit
Rat und Tat zur Seite stehen.                                                        hatte, wurden auch von „höherer Stel-     in der Pfarrei St. Marien und wün-
                                                                                     le“ gesehen, so dass sie vor einigen      schen ihr zusammen mit ihrem Mann
Ende Februar geht Frau Weiß nach                                                     Jahren von den Verantwortlichen im        für die kommenden Jahre eine inte-
dieser Übergangszeit nun in den Ru-                                                  Bistum Hildesheim gebeten wurde, als      ressante und lebendige Zeit. Allzu ru-
hestand. Sie war mit zuletzt fast                                                    Mentorin für ihre Kolleginnen in den      hig wird es bestimmt nicht werden –
24 Dienstjahren uneinholbar die                                                      Pfarreien tätig zu sein. Auch diese       dafür gibt es genug Interessen und
Dienstälteste – und in so manchen          Rendantin, d. h. die gesamte Buchfüh-     Aufgabe hat Frau Weiß bis vor Kurzem      Freude am Leben …
Punkten auch die Erfahrenste in unse-      rung der Pfarrei übertrug! Nur gut,
rem Pfarrteam.                             dass Frau Weiß als ausgebildete           Veränderte Sprechzeiten der Pfarrbüros
                                           Rechtsanwalts- und Notarfachange-
                                                                                     Die Tatsache, dass es nun mit Susanne Dierig nur noch eine Sekretärin in der
Am 1. Juli 1997 hat sie ihren Dienst als   stellte nach Jahren der Arbeit in einer
                                                                                     Pfarrei gibt, hat natürlich Auswirkungen auf die Bürozeiten. Die leicht verän-
Pfarrsekretärin der Pfarrei St. Marien     Anwaltskanzlei und bei der Polizei        derten Sprechzeiten in St. Marien und St. Martin sind auf der Rückseite dieses
begonnen. Bei all den Besonderheiten,      schon eine solide Berufserfahrung         FORUMs zu finden.
die die Aufgaben in einem Pfarrbüro        mitbrachte, die ihr bei der Organisati-
                                                                                     Nur noch eine Telefonnummer
mit sich bringen, war es wahrschein-       on und Durchführung der anfallenden
lich schon ein Sprung ins (kalte?) Was-    Arbeiten und im Umgang mit den Men-       Wer das Pfarrbüro erreichen möchte, wählt in Zukunft einfach die 0531
ser – zumal ihr der Kirchenvorstand        schen zugute kam.                         2141928. Freitags wird diese Nummer für die Sprechzeit nach Wendhausen
damals auch gleich die Aufgaben einer                                                ins Pfarrbüro umgeleitet.

20                                                                                                                                                                21
AUS DER GEMEINDE

                                              Getauft wurde

                                             Verstorben sind

Am 25. Januar 2021 verstarb
                              Pfarrer Pal Rastovac
Er stand seit 1991 als Geistlicher vielen ungarischen Gemeinden in den nord-
deutschen Bistümern zur Verfügung und feierte auch in St.Martin, Wendhausen,
viele Jahre regelmäßig „Ungarische Messe“. Die Beisetzung erfolgte in seiner
Heimatdiözese in Subotica (Serbien).

Hilfe für Satu Mare
In der vergangenen Ausgabe berichteten wir über die Arbeit des „Freundeskreis
Satu Mare“ aus Wolfenbüttel und darüber, dass auch der Mittwochskreis in
Wendhausen die Hilfslieferungen nach Rumänien mit Spenden unterstützt. Die
Caritas in Satu Mare schrieb dem Freundeskreis in ei-
nem Dankschreiben folgendes:
Liebe Freunde und Partner vom Freundeskreis Wolfen-
büttel, trotz schwieriger Zeiten sind auch heuer viele
sorgfältig zusammengestellte Weihnachtspakete und
Sachspenden, darunter viele haltbare Lebensmittel und
insbesondere Winterbekleidung bei uns angekommen.
[…] mit Ihrer Hilfe ist es uns möglich geworden, unzähli-
ge arme Menschen – Kinder, Familien, alte Menschen –
zu beschenken und ihnen so ein schönes Weihnachtsfest
zu ermöglichen.
                  Übergabe von Weihnachtspäckchen im Reha-
22                bilitationszentrum Hl. Joseph – Satu Mare
VERZICHT

Warum der erzwungene Verzicht auf Kultur so
notwendig und zugleich so problematisch ist

Von Johannes Mnich

Kultur und Musik sind Freizeitbeschäf-
tigungen. So stellte es der Bund-
Länder-Beschluss zum Erstaunen vie-
ler zunächst zum „Lockdown Light“
Ende Oktober dar, der den Konzert-
häusern, Opern, Theatern und sonsti-
gen Kulturbetrieben nach der länge-
ren Schließung im Frühjahr 2020 er-
neut den Betrieb untersagte.              Johannes Mnich ist Kulturmanager und Intendant der
                                                        Tauber Philharmonie
Eine ganze Branche nebst Zulieferern            in Weikersheim, Baden-Württemberg.
– von Servicekräften, Catering, Tech-
nik und natürlich vor allem die Künst-    lenkung, sondern können Prozesse
lerinnen und Künstler – schaut seit-      freisetzen, zum Nachdenken anregen,                                        Ein Blick in den Saal der Tauber Philharmonie.
dem voller Ungewissheit in die Zu-        versöhnen und spalten, aufrütteln und
kunft: Ab wann werden Konzerte wie-       beglücken wie kaum etwas anderes.
der möglich sein? Und ab wann zumin-      Was bei so viel akuter sozialer Distanz              wegen der funktionierenden Hygiene-           gezwungen werden, stehen Diskursor-
dest annähernd so, wie das vor der        und dem Wegfall persönlicher Begeg-                  konzepte die Situation dann doch auch         te wie Theater, Konzerthäuser und
Pandemie möglich war, mit Begeg-          nungen noch viel wichtiger ist als wirt-             anders bewertet werden könnte.                Opern leer. Und wo auf künstlerische
nungen vor, im und nach dem Konzert,      schaftliche Aspekte.                                                                               Art Fragen gestellt, behandelt und
dichter Gemeinschaft und vollen Sä-                                                            Hier aber geht es um den Verzicht auf         diskutiert werden; in großen, hohen
len?                                      Denn natürlich sind Kontakteinschrän-                Kultur, Musik und die Folgen. Die Fol-        Räumen mit penibel ausgearbeiteten
                                          kungen angesichts der aktuellen In-                  gen für die Gesellschaft und insbeson-        Hygienekonzepten, da herrscht Stille.
Es geht hier natürlich auch wie so oft    fektionszahlen unumgänglich und es                   dere für die Teile derselben, die in die-     Bei aller Verordnungsmüdigkeit der
um die wirtschaftliche Komponente,        ist sicher auch schwierig, eine private              ser außergewöhnlichen Zeit ohnehin            Bevölkerung, bei immer neuen Stell-
immerhin hat die Kultur- und Kreativ-     Beschränkung auf maximal 5 Perso-                    außergewöhnlichen Belastungen aus-            schrauben seitens der Politik, bei im-
wirtschaft im Jahr 2019 über 106 Milli-   nen zu fordern, während im Konzert-                  gesetzt sind. Es fehlt nämlich nicht          mer mehr (notwendigen) Einschrän-
arden Euro Umsatz gemacht. Aber           saal je nach Größe trotz Abstand auch                nur die Musik, die Oper, das Theater;         kungen: wäre es nicht sinnvoll, ja ge-
Kunst und Kultur sind im besten, ja       500 möglich wären. Trotzdem wäre im                  es fehlt vor allem: die Gemeinschaft          radezu fördernd, in sicheren und er-
normalen Fall, vor allem viel mehr als    größeren Kontext eine notwendige                     und ein Ort der Auseinandersetzung.           probten Räumen die Art von Geistes-
pure Freizeitbeschäftigung oder Ab-       Diskussion darüber zu führen, dass                   Während die Menschen ins Private              nahrung zu bieten, die Fernsehen und

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Internet eben nicht oder nur begrenzt     zu Kultur. Weil gerade in diesen Zeiten
ermöglichen?                              Zusammenhalten und Vertrauen in die
                                          Politik wichtig sind. Weil, wie der
Die Digitalisierung lässt zwar heute      Schlagzeuger Martin Grubinger in ei-
eine Teilhabe an Konzerten und Auf-       nem Zeitungsartikel so treffend for-
führungen auch über Streaming zu,         mulierte, „alle kulturellen Einschrän-
aber das Besondere geht dabei fast        kungen gerechtfertigt sind, wenn da-
immer verloren und die nachhallende,      durch auch nur ein einziges Men-
nachwirkende und dadurch inspirie-        schenleben gerettet würde“.
rende Kraft entfaltet sich eben nur im
Vor-Ort-Sein. Im unabgelenkten Da-        Und trotzdem ersehne ich den Mo-
Sein. Kultur und Musik könnten so         ment, an dem die Kultur- und Veran-
zum Auftanken der verunsicherten,         staltungshäuser – vielleicht auch vor
ängstlichen und vielleicht zunehmend      vielen anderen – wieder öffnen und die
resignierten Seele dienen und damit       Rolle einnehmen dürfen, die sie so
einen nachhaltigen Beitrag für das        unverzichtbar für unsere Gesellschaft
Wohl unserer Gesellschaft leisten, der    machen: als Orte der Gemeinschaft
im Zuge der Corona-Verordnungen           und der Auseinandersetzung. Auf ei-
mehr und mehr verloren geht. Wenn         ner anderen, unvergleichlichen Ebene
Diskussion, Gemeinschaft und Aus-         und ganz im Geiste des abgedrosche-
tausch erlischt, gerät ein wesentlicher   nen, aber dadurch nicht minder wah-
Teil des Mensch-Seins ins Ungleichge-     ren Satzes von Victor Hugo: „Musik
wicht.                                    drückt aus, was mit Worten nicht ge-
                                          sagt werden kann und worüber zu
Und so verzichte ich auf Live-            schweigen unmöglich ist.“
Konzerte, weil der Schutz des Lebens
höher zu bewerten ist als der Zugang      Ich hoffe auf ein Ende der Stille.

26
VERZICHT

Worauf verzichten wir und was macht das
mit uns? Eine Umfrage in der Gemeinde                                                    Freundinnen, was mir allmählich                  „Der allgemeine gezwungene Umgang
                                                                                         wirklich schwer fällt, da mir diese              beim Gottesdienstbesuch stört inzwi-
Von Gisela Noske                               „Auf Kontakt verzichte ich, um andere     Kontakte wirklich fehlen. Einfach mal            schen doch erheblich, da auch eine
                                               und mich vor Ansteckung zu schützen.      so sich auf nen Kaffee treffen oder              online Anmeldung gefordert wird.
Verzicht = Abstinenz, die Enthaltung                                                     zum Brunchen gehen ist nicht möglich
gewisser Aktivitäten. (Wikipedia)              Die Beschränkungen sind schon hart.       und allmählich schon sehr einschnei-             Der Verzicht, die Kinder und Enkel
                                               Kein Treffen mit der Familie, kein Got-   dend. Darüber hinaus wurden bereits              nicht besuchen zu können, fällt uns
Wir alle enthalten uns in diesen Wo-           tesdienstbesuch, keine Feier, kein        zwei Fortbildungen, an denen ich sehr            etwas schwer. Einzelne Familien ha-
chen und Monaten gewisser Aktivitä-            Sport in der Gemeinschaft, kein Chor,     gerne teilgenommen hätte, abgesagt.              ben wir bisher besuchen können, aber
ten. Und langsam kommen wir an un-             keine Reise und vieles mehr. Es macht     Der fachliche Austausch fehlt dadurch            das ist jetzt auch untersagt. Die ge-
sere Grenzen. Während wir uns nach             mich traurig, dass ich im Augenblick      ein Stück weit.                                  meinsamen, liebgewonnen Treffen mit
Gesellschaft, nach Kontakten und Be-           keinen Kontakt habe zu meiner Fami-                                                        unserer „Großfamilie“, sei es Ge-
gegnungen sehnen, sagt uns unser               lie, zu den sechs Enkeln nur über Te-     Was durch den Lockdown wegfällt,                 burtstagfeiern, Ostern, Weihnachten,
Verstand, dass wir genau darauf wohl           lefon und Handy oder Skype. Alles,        sind viele Termine, die sonst stattfin-          Tagestouren, fehlen uns sehr. Dabei
noch einige Zeit verzichten müssen.            was nicht notwendig ist, kann ich ent-    den würden und damit geht es mir                 können wir uns noch glücklich schät-
                                               behren. Langeweile habe ich nicht,        teilweise gut, da dies das Leben auch            zen, dass wir noch zu zweit unsere Zeit
Für das FORUM haben wir gefragt,               aber ich fühle mich doch oft ein-         entschleunigt. Der Sportverein hat               verbringen können.“ (Kathrin und
worauf Gemeindemitglieder verzichten           sam.“ (Gisela Siebner)                    geschlossen, dafür ist jetzt mehr Zeit           Siegfried Geiger)
und wie es ihnen damit geht. Dies sind                                                   für Spaziergänge, was den Kopf gut
einige Antworten:                              „Ich verzichte gezwungenermaßen           frei werden lässt.“ (ein Gemeindemit-            „Der Verzicht ist aus Vernunft, ist vom
                                               gerade auf Präsenzkontakte mit            glied, das anonym bleiben möchte)                Kopf glasklar, aber im Herzen ein

           So kennen es alle: das letzte Abendmahl. Jesus mit all seinen Jüngern.        So sieht es wohl in Corona-Zeiten aus. Jesus allein am Tisch. Keine Jünger. Keine Kontakte.

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schweres, unschönes Aushalten.           den nicht statt, insbesondere keine       „Gezwungenermaßen verzichte ich auf       mählich auf´s Gemüt schlagen, zumal
Manchmal führt es zu regelrechten        Chorwochenenden und -freizeiten und       so einiges: Chorproben und -auftritte –   im Moment eine baldige wirkliche
Beklemmungen. Mit Verzicht meine         eben auch keine Aufführungen/             das hat mir in der Adventszeit doppelt    Besserung nicht in Sicht ist. Wenigs-
ich das Treffen mit meinen Kindern.      Konzerte. Keine Reisen oder Kurztrips     gefehlt, aber auch sonst fehlen mir die   tens kann ich regelmäßig Gottesdiens-
Weihnachtstage wurden draußen ver-       mit Übernachtungen. Keine Restau-         Musik und die sozialen Kontakte in der    te besuchen – noch so ein Ostern wie
bracht, natürlich mit Abstand und ir-    rant-, Kneipen- oder Café-Besuche.        Chorgemeinschaft; spontane Treffen        das Letzte möchte ich nicht erle-
gendwann wurde es fürchterlich kalt.     Die Stadtbibliothek ist geschlossen.      mit Freunden, Besuch von Theater und      ben!“ (Ursula Pfennig)
                                         Schmökern in Buch- oder CD-Läden          Kino, Essen gehen, regelmäßiger
Keine Umarmungen, auch nicht mit         entfällt. Stadt- und Einkaufsbummel       Sport im Fitnessstudio, mal ein ent-      Das nennt man Ambiguitätstoleranz.
meinen Eltern. Es fehlt einfach etwas    unmöglich, da praktisch alle Geschäfte    spannter Stadtbummel, auch, dass          Ein Begriff, den ich erst im Zuge der
im Leben. Im Freundeskreis wird tele-    geschlossen sind.                         man keinen Urlaub planen kann ...         Pandemie gelernt habe. Ambigui-
foniert, Adventskaffee per Zoom. Spa-                                                                                        tätstoleranz (v. lat.       ambiguitas
ziergänge und das wieder entdeckte       Leichter fällt der Verzicht auf Kinobe-   Am meisten schmerzt mich die Ein-         „Mehrdeutigkeit“, „Doppelsinn“ und
Hobby ‚Stricken‘ lässt mich entspann-    suche. Vorteile durch Lockdown: Viel      schränkung der sozialen Kontakte und      tolerare „erdulden“, „ertragen“) ist die
ter sein. Respekt vor dem Virus hält     Zeit zu Hause, zum Lesen, aber auch       auch, dass ich Freunde, wenn ich sie      Fähigkeit, mehrdeutige Situationen
mich mit unnötigen Begegnungen zu-       zum Aufräumen. Viele Telefonate, E-       denn treffe, nicht mehr in den Arm        und widersprüchliche Handlungswei-
rück.“ (Manuela Sehrt-Oppermann)         Mails oder Briefe. ‚Sichtbare‘ Kontakte   nehmen darf.                              sen zu ertragen. Ambiguitätstolerante
                                         durch     Video-WhatsApp,        Zoom-                                              Personen sind in der Lage, Ambiguitä-
„Wir verzichten auf Besuche, weder       Konferenzen.                              Den Sport vermisst mein ‚innerer          ten, also Widersprüchlichkeiten, kul-
Freunde, Bekannte, Nachbarn noch                                                   Schweinehund‘ nicht wirklich, aber ich    turell bedingte Unterschiede oder
Kinder oder Enkel. Keine Konzerte,       Wir können den Verzicht relativ gelas-    merke, dass es meinem Körper auf die      mehrdeutige      Informationen,      die
Theater, Museen. Keine Reisen in die     sen ertragen, wegen der ‚Ersatz-          Dauer nicht gut tut.                      schwer verständlich oder sogar inak-
alte Heimat, in deutsche oder gar eu-    möglichkeiten‘ und weil wir noch wis-                                               zeptabel erscheinen, wahrzunehmen,
ropäische Feriengebiete. Keine Mucki-    sen, wie schlimm die Zeit vor der         Dass so einige Abendtermine wegfal-       ohne darauf aggressiv zu reagieren
bude, kein Tanzen. Aber: tägliche Spa-   ‚Währung‘ war. Auch aus den Erzäh-        len, empfand ich anfangs sogar als        oder diese einseitig negativ oder –
ziergänge oder Radtouren.                lungen der Großeltern und Eltern, wie     Entlastung, und in der kalten und         häufig bei kulturell bedingten Unter-
                                         schrecklich die Hungersnot nach dem       dunklen Jahreszeit vermisse ich die       schieden – vorbehaltlos positiv zu be-
Wir halten beide die Restriktionen       1. Weltkrieg war und die Hungers- und     meisten auch nicht wirklich; aber es      werten. Sagt das allwissende Wikipe-
strenger ein als vorgeschrieben, um      Wohnungsnot nach dem 2. Weltkrieg.        wird ja auch wieder heller und wär-       dia.
die Kontakte und auch die kontaktierte   Wie groß war die Freude, als nach         mer, wenn der Frühling naht. Zoom-
Personenanzahl insgesamt niedrig zu      dem 1. Shutdown im vergangenen            Konferenzen sind für mich kein Ersatz     In diesem Sinne halte ich es mit Ingo
halten. Wir haben die Kirchenbesuche     Jahr die Gaststätten wieder geöffnet      für persönliche Kontakte, nur ein Mit-    Zamperoni, der am Ende einer Tages-
reduziert, vor allem an den großen       hatten, und man ohne großartige Vor-      tel, um anstehende Themen abzuar-         themen-Sendung den Wunsch äußert:
Festtagen (wegen vieler Menschen).       anmeldung wieder Pizza oder Bier etc.     beiten.                                   Bleiben Sie zuversichtlich!
                                         bestellen konnte. Größter Vorteil: Wir
Was besonders schwerfällt? Kontakte      sind zu zweit!!“ (Adolf und Margot        Ich weiß, dass es bei mir ‚Jammern
zu Enkeln reduzieren, nur im Freien,     Klauke)                                   auf hohem Niveau‘ ist, aber ich merke
und ohne ‚Knuddeln‘. Chorproben fin-                                               doch, dass mir die Umstände so all-

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VERZICHT

Müssen wir mehr haben als wir brauchen –
oder können wir uns keinen Verzicht leisten?

Von Willfried Weiß                        In Deutschland wurde aber jahrelang
                                          weniger verdient und man setzte dar-
Natürlich haben Sie und ich nur das       auf, dass Menschen in anderen Län-
was wir brauchen! Sonst hätten wir        dern mehr ausgeben als sie produzie-
das ja nicht. Und mehr brauchen wir       ren. So wurden z. B. 2019 in Deutsch-
nicht, na ja, aber ein E-Bike oder der    land von den produzierten Gütern –
neue Terrassen-Fernseher von Sam-         Wert ca. 3.400 Milliarden Euro – Pro-
sung, resistent gegen Sonne, Regen        dukte für ca. 1.300 Milliarden Euro
und Minusgrade, wären praktisch. Al-      exportiert, ca. 200 Milliarden mehr als
so die könnte ich schon gebrauchen.       importiert. Daher müssen wir die an-
Aber brauche ich die dann auch? Oder      deren bei Kauflaune und Finanzkraft
kann ich drauf verzichten?                halten oder selber mehr kaufen.

Solche Fragen haben sich die Men-         Verzicht wäre nur eine Lösungsvarian-
schen in der Kriegs- und Nachkriegs-      te, wenn wir selber weniger produzie-
zeit nicht gestellt, denn den meisten     ren. Ich verzichte z. B. auf das regel-   Natürlich ist das Weltwirtschaftssys-    Grundbedürfnisse stillt ist ökonomisch
fehlte es sogar am Nötigsten. Sie         mäßig neue Auto und fahre meins, bis      tem komplexer, aber für mich ist klar,   egal. Und das „Nötigste“ ist deutlich
mussten unfreiwillig auf so vieles ver-   eine Reparatur absolut nicht mehr         dass es eine Veränderung in Richtung     weniger als das, was wir unter
zichten und vermutlich daher ist der      vertretbar ist, also mindestens 20 Jah-   Verzicht geben muss. Denken wir an       „brauchen“ verstehen.
Begriff „Verzicht“ bei uns negativ be-    re. Wenn wir das alle machten, dann       eine gerechte Verteilung der Güter auf
legt. Als Wirtschaftsminister Ludwig      könnte z. B. VW sehr viel weniger pro-    der Erde. Wenn alle Menschen so leb-     „Relevant“ sind die Menschen, die
Erhard den „Wohlstand für alle“ pro-      duzieren, bräuchte in Deutschland         ten wie wir Europäer jetzt, dann         „Überflüssiges“ konsumieren, und von
pagierte traf er den Wunsch der Men-      keine 120.000 Mitarbeiter und seine       bräuchten wir die Ressourcen dreier      denen regelmäßig eine repräsentative
schen nach materieller Sicherheit im      Zulieferer keine 300.000 Arbeitskräfte.   Erdplaneten (Global Footprint Net-       Probe von 2.000 Personen von der
Nachkriegsdeutschland und legte da-       Aber alle Freizustellenden wären wohl     work). Haben wir aber nicht.             Nürnberger Gesellschaft für Konsum-
mit den Grundstein für unsere Kon-        kaum in den zusätzlich erforderlich                                                forschung (GfK) befragt wird. U.a. wird
sumgesellschaft. Damit die Wirtschaft     Kfz-Werkstätten und in der Ersatzteil-    Und vergessen wir nicht, dass wir hier   monatlich der Konsumklimaindex aus
wachsen kann, muss das reale Ein-         produktion unterzubringen. Und au-        nur über den möglichen Verzicht bei      Konjunkturerwartung, Einkommens-
kommen so hoch sein, dass wir die         ßerdem: Bei uns brauchen viele Men-       denjenigen sprechen, die mehr Geld       erwartung und Anschaffungsneigung
selbst produzierten Güter auch kaufen     schen ein neues Auto – aus unter-         haben als sie für das Nötigste brau-     berechnet. Letztere war noch im Feb-
können, also Lohnsteigerung gleich        schiedlichen Motiven.                     chen, denn nur für sie kann Verzicht     ruar 2020 dreimal so hoch wie 10 Jah-
Produktivität minus Zielinflationsrate.                                             eine Alternative sein. Wer nur seine     re zuvor, hatte im Mai 2020 aber ein

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historisches Tief und geht nun seit      1. Kann ich die Kaufgründe Ersatzbe-
Oktober wieder nach unten.                  friedigung und „Kauf des Kaufs we-
                                            gen“ ausschließen ?
In einer Umfrage im Juli 2020 gaben
34 % an, dass sie mehr darauf achten,    2. Kaufe ich aus Prestigegründen oder
wofür sie ihr Geld ausgeben und 22 %,       um andere zu beeindrucken? Wenn
dass sie günstigere Produkte kaufen,        ja, ist es das wert?
um zu sparen. So haben wir Deut-
schen im letzten Jahr coronabedingt      3. Habe ich ausreichend Kenntnis über
etwa 100 Milliarden Euro (6 %) zurück-      meine eigenen Bedürfnisse, die
behalten, was die Bundesregierung           Preissituation, die Qualitäten und
mit drei Rettungspaketen über insge-        die Marktlage?
samt 86 Milliarden Euro direkt an die
Wirtschaft auszugleichen versucht.       4. Kenne ich die finanziellen, zeitli-
Wir müssen konsumieren, aber mög-           chen, gesundheitlichen, sozialen
lichst das, was wir auch brauchen.          und ökologischen Folgen? Bin ich
                                            damit einverstanden?
Aber was brauchen wir? Werbung ver-
sucht auf allen Ebenen auf unseren       5. Was passiert im ungünstigsten Fall,
Entscheidungsprozess Einfluss zu            wenn ich auf den Kauf verzichte?
nehmen. Ob pauschal mit „Besser ha-
ben als brauchen“ oder über digitale     6. Wäre die eigene Herstellung des
Drückerkolonnen, die uns täglich            Produktes möglich und sinnvoller?
zehntausenden von Werbebotschaften
aussetzen, uns geradezu verfolgen        Krise und Shutdown bringen uns eine
und nerven. Was können wir dagegen       fundamentale Erkenntnis: Viele Dinge,
setzen? Sechs Fragen habe ich aus        die wir für normal hielten, vermissen
der „Typologie von Fehlentwicklungen     wir, andere dagegen kein bisschen.
bei Kaufentscheidungen“ (Haushalts-      Auch hier merken wir, was wir wirk-
ökonom Udo Beier) abgeleitet, mit de-    lich brauchen, haben die Chance, um
ren Beantwortung wir die Notwendig-      den Fokus von der Liebe zu leblosen
keit des Kaufs besser bewerten kön-      Objekten zu nehmen, und von Zielen,
nen:                                     die wir kaufen können. Nutzen wir sie!

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