Perspektive Landwirtschaft - Agrarpolitische Standortbestimmung

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Perspektive Landwirtschaft - Agrarpolitische Standortbestimmung
Perspektive Landwirtschaft
Agrarpolitische Standortbestimmung
INHALT

1                              5
Attraktive ländliche Räume     Wälder nachhaltig pflegen
gestalten                      und nutzen
SEITE 11                       SEITE 25

2                              6
Agrarstandort Deutschland      Gewässer bewahren
wettbewerbsfähig halten        SEITE 28
SEITE 14

                               7
3                              Innovationen und
Verantwortung für natürliche   Digitalisierung stärken
Lebensgrundlagen übernehmen    SEITE 30
SEITE 19

                               8
4                              Ernten sichern,
Mehr Tierwohl fördern          Hunger weltweit beenden
SEITE 22                       SEITE 32

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„Landwirtschaft ist Lebenswirtschaft.
     Ohne sie verlieren wir unsere
     Grundlagen und die länd­lichen
     Regionen. Das verdient mehr
     Wertschätzung !“

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VORWORT

Liebe Leserinnen
und Leser,
unsere deutsche Landwirtschaft ist vielfältig und breit     Wo erforderlich, fördert das BMEL den Wandel und die
aufgestellt. Ihre Hauptaufgabe ist und bleibt, unsere       Anpassung in der Landwirtschaft, um Anreize zu bieten
Mittel zum Leben zu erzeugen. Dabei ist die moderne         und Ziele schneller zu erreichen. Denn zum Beispiel
Landwirtschaft ökonomisch rentabel, ökologisch sinn-        Tierwohl, Umwelt- und Klimaschutz sind gesamtgesell-
voll und sozial stabilisierend.                             schaftliche Aufgaben, mit denen wir die Landwirtschaft
                                                            nicht alleine lassen dürfen. Sonst ist ihre Zukunftsfähig­
Unsere Bäuerinnen und Bauern stehen täglich im Wett-        keit gefährdet. Unter anderem mit Forschung und der
bewerb mit ihren europäischen und internationalen           Anwendung moderner Techniken wie der Digitalisie­
Kolleginnen und Kollegen. Unter diesen Bedingungen          rung können wir viele der Zielkonflikte zumindest
müssen sie ein angemessenes Einkommen für sich,             ab­mildern. Und gleichzeitig ressourcenschonender
ihre Familien und Beschäftigten sowie für Investitionen     arbeiten.
in die Zukunftsfähigkeit ihrer Betriebe erwirtschaften.
Die Landwirtschaft leistet ihren Beitrag zu Umwelt-         Das ist umso wichtiger, da die Weltbevölkerung weiter
und Klimaschutz, sie soll ihn noch erhöhen sowie            wächst. Alle wollen satt werden und haben ein Recht
unsere Kulturlandschaft pflegen. Sie soll die gestiegenen   darauf. Bei steigender Beanspruchung von Agrar­flächen
gesellschaftlichen An­forderungen an den Umgang mit         für andere Zwecke wie Siedlungen und Verkehr sowie
unseren Nutztieren erfüllen und das Tierwohl ver­           bei der Konkurrenz um Ressourcen wie Wasser müssen
bessern. Gleichzeitig ist die Landwirtschaft einer der      wir dafür Sorge tragen, dass ausreichend Lebensmittel
vom Klimawandel am stärksten betroffenen Bereiche.          produziert werden und alle Menschen Zugang zu diesen
                                                            haben. Es gilt, das Menschenrecht auf Nahrung umzu-
Große Anpassungsleistungen werden aktuell von der           setzen. Denn Hunger kann ein Auslöser für politische
Land­wirtschaft gefordert. Die Bauern sind zur Ver-         Instabilität sein. Auch bei der Krisenpräven­tion spielt
änderung bereit und das ist nichts Neues: Sie haben         deshalb die Landwirtschaft eine Schlüsselrolle.
sich schon immer verändert, zum Beispiel in ihren
Produktionsweisen und Strukturen. Auch die Qualität         Diese Broschüre soll Ihnen, liebe Leserinnen und Leser,
unserer Lebensmittel hat sich nachweislich enorm ver-       zeigen, woran ich meine Agrarpolitik ausrichte und was
bessert, und das, obwohl wir viel weniger dafür ausgeben    unsere Landwirte täglich leisten. Ich wünsche Ihnen eine
müssen als früher. Gleichzeitig brauchen wir auch bei       interessante Lektüre!
den Verbraucherinnen und Verbrauchern Offenheit für
eine moderne, innovative und digitalisierte Landwirt-       Herzlichst
schaft. Wir brauchen einen rea­lis­tischen statt roman­
tisierten Blick auf die Bauern von heute und den            Ihre
Dialog miteinander.

Die zum Teil sehr unterschiedlichen Erwartungen
und Herausforderungen lösen Zielkonflikte aus. Durch        Julia Klöckner
die Erfüllung eines Ziels kann mitunter ein anderes Ziel    Bundesministerin für Ernährung
weniger erreicht werden. Diese Zielkonflikte ehrlich zu     und Landwirtschaft
benennen und sie dann entschieden zu lösen, ist eine
der Hauptaufgaben meiner Politik. Dafür setze ich die
erforderlichen Rahmenbedingungen etwa im Bereich
des Tierschutzes und des Insektenschutzes, der Dün-
gung, des Pflanzenschutzes und bei der Gestaltung der
Gemeinsamen Agrarpolitik der EU.

                                                                                                                         5


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AGRARPOLITISCHE THESEN

Unsere Agrarpolitik
… steht für eine bäuerliche Landwirtschaft,
die ökologisch, ökonomisch und sozial aus­
gerichtet und regional verwurzelt ist.

… steht für eine Aussöhnung zwischen land­
wirtschaftlicher Praxis und gesellschaftlichen
Ansprüchen.

… steht für Verlässlichkeit, Verantwortungs­
bewusstsein und Innovation.

… belebt ländliche Räume und hat die regio­
nalen Bedürfnisse und Stärken im Blick.

Wir stellen die Weichen für eine Landwirt­
schaft im Wandel, die eine wachsende Welt­
bevölkerung ernähren muss, sich an den
Klimawandel anpasst und zum Klimaschutz
beiträgt, das Tierwohl verbessert, die Arten­
vielfalt erhält und fruchtbare Böden sowie
saubere Luft und Gewässer für nach­-
kom­mende Generationen bewahrt.

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A GRARPOLITISCHE THESEN

Agrarpolitische Thesen

             1. Wir gestalten attraktive und zukunftsfähige ländliche Räume

    Wir wollen die ländlichen Räume und unsere de­zen­trale    Akteuren an ge­sicherter Grundversorgung, modernen
    Siedlungs- und Wirtschaftsstruktur weiter stärken und      Infrastrukturen und einer besseren Förderung von
    gleichwertige Lebensverhältnisse auf dem Land und in       Engagement und Ehrenamt. Mit der Bevölkerung,
    der Stadt herstellen. Die Vielfältig­keit der ländlichen   Kommu­nen und Unternehmen vor Ort entwickeln wir
    Räume wollen wir bewahren. Wir wollen sie als eigen­       Ideen, um die besondere Lebensqualität der Dörfer,
    ständige und attraktive Lebens- und Wirtschaftsräume       Städte und ländlichen Regionen besser zur Geltung
    zukunftsfest aufstellen. Dafür arbeiten wir mit anderen    zu bringen.
    Bundes­ressorts, den Ländern, Kommunen und vielen

             2. Wir sichern den wettbewerbsfähigen Agrarstandort Deutschland

    Wir wollen die vielfältige Agrarstruktur im Land erhal­    Schutz der Umwelt, der Biodiversität, des Klimas,
    ten und mit den Bäuerinnen und Bauern einen gemein­        des Tierwohls und der natürlichen Ressourcen stär­
    samen Weg in die Zukunft einer erfolg­reichen Landwirt­    ker honoriert und einen wichtigen Beitrag zum Erhalt
    schaft gehen. Wir setzen dabei auf die familiengeführte    attraktiver und vitaler ländlicher Räume leistet. Damit
    Landwirtschaft, auf Waldbauern, Winzer, Gartenbaube­       die kleine­ren und mittleren Betriebe weiterhin wett­
    triebe und eine Fischerei, die von Familienunternehmen     bewerbsfähig bleiben, wollen wir die Einkommens­
    getragen wird, die in den Regionen verwurzelt sind.        sicherung über das bewährte Zwei-Säulen-System der
    Mit unserer Agrarpolitik gestalten wir den Rahmen so,      GAP der Europä­ischen Union (EU) beibehalten. Bei den
    dass notwendige Veränderungen von den Landwirt­            Direktzahlungen wollen wir die kleineren Betriebe
    innen und Landwirten leistbar sind, um eine vielfältige,   noch stärker unterstützen. Für eine gute Zukunft der
    nachhaltige, wettbewerbsfähige und bodengebunde­           Landwirtschaft und damit für eine gute Zukunft der
    ne Landwirtschaft in bäuerlicher Hand zu bewahren.         Bäuerinnen und Bauern in Deutschland und Europa ist
    Die Wertschätzung für die Arbeit unserer Landwirte         es weiterhin erforderlich, dass für die GAP angemessene
    müssen wir zurückgewinnen und in Zukunft erhalten.         Haushaltsmittel zur Verfügung stehen. Daher treten wir
    Wir wollen eine Landwirtschaft, die gesehen wird –         für eine Beibehaltung des EU-Agrarbudgets in bisheri­
    und sich sehen lassen kann.                                ger Höhe ein. Zudem setzen wir uns für eine deutliche,
    Bei der Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrar­           spürbare Verein­fach­ung für unsere landwirtschaftlichen
    politik (GAP) nach 2020 setzen wir uns dafür ein, dass     Betriebe und die Verwaltungen ein.
    diese die Mehrleistungen der Landwirtschaft zum

             3. Wir tragen die Verantwortung für unsere natürlichen Lebensgrundlagen

    Wir machen gemeinsam mit den Bauernfamilien die            bessern. Landwirtinnen und Landwirte, die wertvolle
    Landwirtschaft noch nachhaltiger und ressourcen­           Ökosystemleistungen für die Gesellschaft erbringen,
    schonender und erreichen so die Klima­ziele für 2050.      müssen deshalb für ihre Arbeit einen Ausgleich erhal­
    Wir wollen den Boden, das Wasser und die Luft              ten. Landwirtschaft und Umweltschutz betrachten wir
    schützen. Hinzu kommen der Erhalt und die ver­ant­         nicht als Gegensätze, sondern als Partner. Darum setzen
    wortungsvolle Nutzung der vielfältigen Tier- und           wir neben dem Ordnungsrecht vor allem auf Koopera­
    Pflanzenwelt in der Agrarlandschaft. Wir wollen die        tion und Anreize.
    Umwelt­wirkungen des Agrarsektors noch weiter ver­

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AGRARPOLITISCHE THESEN

         4. Wir fördern das Tierwohl

Wir wollen die Tierschutzstandards in der Tier­haltung     und Verbraucher nach mehr Tierwohl nach. Mit dem
in Deutschland und in Europa weiter ver­bessern.           positiven Tierwohlkenn­zeichen bieten wir beim Fleisch­
Wir wollen, dass die wirtschaftlich bedeutende Nutz­       einkauf eine klare Orientierung. Denn wir wollen, dass
tierhaltung in Deutschland weiterhin eine Perspektive      sich das Mehr an Tierwohl für die Land­wirtinnen und
hat. Wir kommen dem Wunsch der Verbraucherinnen            Land­wirte auszahlt.

         5. Wir schützen den Wald durch nachhaltige Nutzung

Wir stärken eine nachhaltige, verantwortungs­volle         Ziel der deutschen Waldpolitik: Durch den Schutz der
Waldbewirtschaftung, um unsere natürlichen Res­            Wälder, ihre Aufforstung und nach­haltigen Nutzung
sourcen auch künftig nutzen zu können. Dabei ist das       werden wir die Folgen des Klimawandels eindämmen
Leitbild einer naturnahen Waldwirtschaft ein erklärtes     und die biologische Vielfalt schützen.

         6. Wir bewahren die Gewässer

Wir müssen die natürlichen Ressourcen der Gewässer         Meeresumwelt. Dazu setzen wir uns auch künftig für
erhalten. Besonderen Wert legen wir auf die nachhaltige    wissenschaftlich fundierte Fangquoten ein.
Bewirtschaftung der Fischbestände und den Schutz der

         7. Wir stärken Innovationen und Digitalisierung im Dienste der Landwirtschaft

Wir unterstützen Innovationen im Bereich der Land­         Präzisionslandwirtschaft können dazu beitragen, viele
wirtschaft und schaffen gute Rahmenbedingungen             Zielkonflikte zu entschärfen und gleichzeitig die Wett­
für den verantwortlichen Einsatz neuer Technologien.       bewerbsfähigkeit unserer Landwirtschaft zu sichern.
Wir wollen, dass die deutsche Landwirtschaft ihren Sta­    Wir begreifen den digitalen Wandel deshalb als Chance,
tus als Pionier der angewandten Digitalisierung ausbaut.   wollen ihn gestalten und klammern auch sensible The­
Denn durch die Digitalisierung wird die Landwirtschaft     men wie die Hoheit der Landwirtinnen und Landwirte
noch stärker ihrem Anspruch gerecht, effizient und         über ihre Daten nicht aus.
ressourcenschonend zu arbeiten. Digitalisierung und

         8. Wir tragen dazu bei, dem weltweiten Hunger ein Ende zu setzen

Das Recht auf Nahrung ist ein Menschenrecht.               mittelproduktion auf der Welt unterschiedlich verteilt.
Wir wollen dazu beitragen, die Ernährung weltweit          Deshalb unterstützen wir einen freien und fairen Handel
zu sichern, und unterstützen deshalb die nachhaltige       als wichtige Voraussetzung zur globalen Ernährungs­
Landwirtschaft in Entwicklungsländern. Wir wollen          sicherung. Wir setzen uns für mehr Transparenz auf den
eine leistungsfähige, nachhaltige und lokal angepasste     Agrarmärkten ein, für den gesicherten Zugang zu Land
Landwirtschaft. Als globale Gunstregion kommt uns          und anderen natürlichen Ressourcen sowie für mehr
dabei eine besondere Verantwortung zu. Denn auf­           Investitionen im Agrarbereich und auf Wissensvermitt­
grund unterschiedlicher klimatischer und natürlicher       lung.
Voraussetzungen sind die Möglichkeiten zur Nahrungs­

                                                                                                                     9
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ATTRAKTIVE LÄNDLICHE RÄUME GESTALTEN

 1                    Attraktive ländliche Räume gestalten

          Etwa 90 %                           Rund 47 Mio.                                  Circa 46 %
         der Fläche Deutschlands             Menschen leben auf dem Land.                 der Bruttowertschöpfung
          sind ländlich geprägt.            Das ist mehr als die Hälfte unserer        Deutschlands wird im ländlichen
                                                      Bevölkerung.                          Raum erwirtschaftet.

Quelle: BMEL, 2019

In unserem Land leben über 50 Prozent der Bevölkerung            stellung der Mobilität der Menschen vor Ort und
in ländlichen Orten und Regionen. So vielfältig wie die          deren Daseinsvorsorge. Lebendige Ortsgemeinschaften
Menschen und Landschaften, so unterschiedlich sind               müssen erhalten und das ehrenamtliche Engagement
Wirtschaftskraft, Alters- und Infrastruktur sowie Kultur         gefördert werden.
der ländlichen Regionen. Für alle gilt: Auch in Zukunft
wollen Menschen dort leben und arbeiten. Es ist deshalb          Eine wichtige Aufgabe unserer Politik ist es deshalb,
ein Ziel unseres Ministeriums, die Dörfer, Kleinstädte und       die gleichwertigen Lebensverhältnisse sicherzu­
ländlichen Räume mit ihren vielfältigen Potenzialen als          stellen. Denn ob in der Großstadt oder auf dem Land:
eigenständige und attraktive Lebens- und Wirtschafts­            So unter­schiedlich das Leben in Deutschland ist,
räume weiter zu stärken.                                         keiner soll wegziehen müssen, weil in seinem Wohn-
                                                                 ort grundlegende Infrastrukturen oder Einrichtungen
Ländliche Orte sind wichtige Kraftzentren unseres                nicht vorhanden oder von dort nicht erreichbar sind.
Landes, sie sind die Heimat unserer mittelständischen            Die Bundesregierung hat ein Maßnahmenpaket für
Wirtschaft, in ihnen wird gesellschaftlicher Zusam-              gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land
menhalt gelebt und gelernt. Um dies auch in der                  beschlossen. Durch gezielte Maßnahmen wollen wir als
Zukunft zu gewährleisten, brauchen die ländlichen                BMEL wieder mehr Leben in die Dörfer bringen. Damit
Räume künftig entsprechende Unterstützung und eine               regionale Unterschiede nicht zu Nachteilen werden,
umfassende Infrastruktur. Dabei sind der Breitband-              wird die Struktur- und Regionalförderung künftig
ausbau und die Versorgung mit schnellem, flächen­                noch stärker eine Frage des Bedarfs sein. Wir wollen
deckendem Mobilfunk genauso wichtig wie die Sicher­              die Förder­systeme künftig breiter aufstellen, damit die

                                                                                                                         11
Attraktive ländliche Räume gestalten

Entwicklung und Unterstützung der ländlichen Räume          sind durchschnittlich 1,35 Milliarden Euro pro Jahr).
als gemeinschaftliche Aufgabe von Bund und Ländern          Diese EU-Mittel müssen mit natio­nalen Mitteln von
aktiver und bedarfsgerecht gestaltet werden kann.           Bund, Ländern oder Kommunen kofinanziert werden
                                                            und entfalten dadurch eine erhebliche Hebelwirkung.
Zentrales Förderinstrument der Europäischen Union           Die Förderschwerpunkte reichen dabei von nachhalti-
(EU) zur Entwicklung ländlicher Regionen ist der            ger Landwirtschaft über Dorf­erneuerung bis hin zum
Euro­päische Landwirtschaftsfonds für die Entwick-          Hochwasserschutz. Wir setzen uns in den Beratungen
lung des ländlichen Raums (ELER). Im Zeitraum 2014          zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) 2020 für gute,
bis 2020 stehen Deutschland aus dem ELER rund               nachhaltige Rahmenbedingungen für die Landwirt-
9,44 Milliar­den Euro an EU-Mitteln zur Verfügung (das      schaft und die ländlichen Räume ein.

Einsatz der ELER-Fördermittel und nationalen Kofinanzierungsmittel 2014–2020
nach Maßnahmen in Deutschland

                                              8%
                                              Sonstige

                                                                                 21%
                                                                                 Agrarumwelt- und
                                                                                 Klimaschutzmaßnahmen
                              12 %
                          LEADER
               Regionalentwicklung

                       4%
              Hochwasser- /
              Küstenschutz
                                                                                              11%
                                                                                              Ökolandbau

                     15 %
        Basisdienstleistungen
       und Dorferneuerung in
         ländlichen Gebieten
                                                                                   12 %
                                                                                   Ausgleichszulage in natürlich
                                                                                   benachteiligten Gebieten

                                                17 %
                                                Investitionen

Quelle: BMEL, 2019

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Attraktive ländliche Räume gestalten

Bereits jetzt haben wir die Gemeinschaftsaufgabe zur      Durch das Bundesprogramm Ländliche Entwicklung
Verbesserung der Agrarstruktur und des Küsten­schutzes    (BULE) können wir innovative Lösungen mit ländlichen
(GAK) auf die verstärkte Förderung der ländlichen         Initiativen und Akteuren entwickeln und erproben.
Ent­­wicklung durch den Sonderrahmenplan Ländliche        Im Jahr 2019 stehen dafür 70 Millionen Euro bereit.
Entwicklung ausgerichtet. Insgesamt stehen vom Bund       Viele dieser Initiativen und Aktivitäten in Feldern
im Jahr 2019 900 Millionen Euro für alle Förderbereiche   wie Sport, Kultur, Pflege und Gesundheit wären ohne
der GAK bereit, für den Sonderrahmenplan Ländliche        ehrenamt­liches Engagement nicht denkbar. Die Bereit-
Entwicklung sind davon allein 150 Millionen Euro vor-     schaft, sich ehrenamtlich zu engagieren, ist gerade in
gesehen. Bundes- und Landesmittel betragen zusammen       den länd­lichen Regionen besonders hoch. Mit dem im
rund 1,5 Milliarden Euro, die über die GAK verausgabt     Rahmen des BULE geförderten Aktionsbündnis „Leben
werden können und den ländlichen Räumen zugute-           auf dem Land“ werden ehrenamtliche Tätigkeiten durch
kommen. Die Investitionsförderung zur ländlichen          die Stärkung hauptamtlicher Begleitstrukturen weiter
Entwicklung wollen wir stärker auf eine erreichbare       gefördert.
Grundversorgung, attraktive und lebendige Ortskerne
und die Behebung von Gebäudeleerständen fokussieren.

Unser Ministerium unterstützt die Dörfer und länd­
lichen Regionen schon jetzt durch vielfältige Förder­
programme, Initiativen, Modellvorhaben und Wettbe-
werbe. Darüber hinaus werden wir über die bestehenden
Aktivitäten hinaus neue Modelle entwickeln, um den
Herausforderungen auch in Zukunft gerecht zu werden.
So sollen eigene Potenziale der ländlichen Räume akti-
viert und die Regionen zukunfts- und wettbewerbsfähig
gemacht werden.

                                                                                                              13
Agrarstandort Deutschland wettbewerbsfähig halten

2                   Agrarstandort Deutschland
                    wettbewerbsfähig halten

Landwirtschaft produziert unsere Lebensmittel und ist –
zusammen mit der Ernährungswirtschaft – ein wichtiger
Wirtschaftsmotor in Deutschland. Sie muss heute aber
mehr können, als nur zu ernähren: Moderne Landwirt-
schaft ist nachhaltig und wirtschaftlich tragfähig.

Etwa die Hälfte der Fläche unseres Landes wird land-
wirtschaftlich genutzt.

Flächennutzung
Nach dem Amtlichen Liegenschaftskataster-                        Sonstige Flächen (7,8 %)
Informationssystem (ALKIS, Nutzungsartenkatalog)
                                                                                        Erholungsfläche (1,4 %)
                                                                                            Industrie- und Gewerbefläche (1,7 %)
                                                                                              Wasserfläche (2,3 %)

                                                                                                   Verkehrsfläche (5 %)

                                                    Bodenfläche nach
     Landwirtschaftsfläche (51,1 %)                Nutzungs­arten 2016                             Waldfläche und Gehölze (30,7 %)
                                                         (in %)

Quelle: Statistisches Bundesamt/
BMEL, 2017

Unsere landwirtschaftlichen Betriebe leisten einen        versorgung. Immer wichtiger wird es deshalb, die Ver-
Beitrag dazu, dass die Verbraucherinnen und Verbrau-      luste an wertvollen Agrarflächen zu begrenzen. Und die
cher gut gefüllte Regale in Supermärkten vorfinden.       Landwirtinnen und Landwirte gestalten und pflegen das
Sie leisten auch einen wichtigen Beitrag zur weltweiten   Gesicht unseres Landes. Damit sind sie ein Anker in den
Ernährungssicherung und zur Energie- und Rohstoff-        ländlichen Regionen.

14
Agrarstandort Deutschland wettbewerbsfähig halten

Wirtschaftliche Entwicklung der Lebensmittelversorgungskette

   Vorgelagerte                                                        Nachgelagerte
   Wirtschaftsbereiche¹                                                Wirtschaftsbereiche²

         21,8   21,7    21,6             208    212    216

   Landwirtschaft
   (einschließlich Fischerei)

                                                                       135,1 142,4 150,2      3.751       3.813         3.875
         16,3   17,5    22,0             599    581    578

   Insgesamt

                            173,2 181,6 193,8                                              4.558 4.606 4.669

      Bruttowertschöpfung             Erwerbstätige                                              ¹ Unter anderem Herstellung von
                                                              2015        2016      2017
      Mrd. €                          1.000 Personen                                                Landmaschinen, Agrarhandel
                                                                                                 ² Unter anderem Ernährungsgewerbe,
                                                                                                    Groß- und Einzelhandel mit
                                                                                                    Nahrungsmitteln
Quelle: Statistisches Bundesamt/Fachhochschule Südwestfalen

Die Landwirtschaft hat im Jahr 2018 Waren und Dienst-              zen­trieren uns mit hochwertigen Produkten auf kauf­
leistungen von über 53 Milliarden Euro bereitgestellt.             kräftige, wachstumsstarke Märkte. Für unser Land be-
Rund 275.000 Betriebe erzeugten 2016 hierzulande                   deutet der Agrarexport Wertschöpfung, Wohlstand und
unsere landwirtschaftlichen Produkte. Und etwa                     Arbeits­plätze – insbesondere in den ländlichen Räumen.
940.000 Menschen arbeiteten 2016 haupt- oder neben-                Deshalb wollen wir den Agrar­­export verantwortungs­
beruflich in der Landwirtschaft – das entspricht fast              bewusst nutzen.
der Einwohner­zahl der Stadt Köln. Die deutsche Land-
wirtschaft zählt zu den vier größten Erzeugern in der              Die Einkommen der Landwirtinnen und der Landwirte
Europäischen Union (EU).                                           sind starken Schwankungen unterworfen. Schon jetzt
                                                                   zeichnet sich ab, dass ihre Einkommen für das Wirt-
Die deutschen Unternehmen der Ernährungswirtschaft –               schaftsjahr 2018/19 insgesamt unterhalb des Durch-
viele von ihnen Mittelständler – erlösen jeden dritten             schnitts der sehr guten beiden Vorjahre liegen werden.
Euro im Export. Wir unterstützen sie dabei und kon­

                                                                                                                                    15
Agrarstandort Deutschland wettbewerbsfähig halten

Gewinn plus Personalaufwand je Arbeitskraft der Haupterwerbsbetriebe (in €)
Euro

60.000

50.000

40.000

30.000

20.000
                  2013/14              2014/15               2015/16               2016/17            2017/18

     Ackerbau           Milch       Veredlung      Gemischt (Verbund) insg.        Insgesamt
     Ackerbau        Milch      Veredlung     Gemischt (Verbund) insgesamt      Insgesamt

Quelle: BMEL, 2019

Der Strukturwandel macht sich bemerkbar: Sowohl die                    Dafür brauchen die Betriebe verlässliche Rahmen­
landwirtschaftliche Fläche als auch die Zahl der Betriebe              bedingungen und Planungssicherheit, damit sie weiter
gehen weiter zurück.                                                   in die Entwicklung und Modernisierung ihrer Betriebe
                                                                       investieren können. Und sie brauchen vor allem Zu-
Wir als BMEL wollen eine flächendeckende, bäuerliche,                  gang zu ihrem wichtigsten Produktionsfaktor Boden.
familiengeführte Landwirtschaft erhalten, die nach­haltig              Deshalb unterstützen wir die Länder dabei, großteilige
wirtschaftet und regionale Produkte erzeugt. Wir brau-                 Flächenaufkäufe außerlandwirtschaftlicher Investoren
chen dazu sowohl die konventionelle als auch die öko-                  zu beschränken. Gemeinsam mit den Ländern wollen
logische Bewirtschaftung. Beide leisten einen wichtigen                wir den ständigen Verbrauch an Agrarflächen für andere
Beitrag dazu, die ländlichen Regionen attraktiv und                    Nutzungen reduzieren.
lebenswert zu erhalten, indem sie mit Landwirtschaft
einen Beitrag zu regionalen Wirtschaftskreis­läufen
leisten und Landschaftspflege betreiben. Ein Wechsel
zu Konzernstrukturen auf der Erzeugerstufe wäre unter
agrarpolitischen Gesichtspunkten von Nachteil. Um die
bäuerlichen Betriebe auch für kommende Generationen
zu erhalten, ist es erforderlich, dass die bäuerlichen
Familien von dem Erwirtschafteten leben und ihr
Beschäftigten bezahlen können.

16
Agrarstandort Deutschland wettbewerbsfähig halten

Landwirtschaftliche Sozialpolitik 2019 (in Mio. €)

     4.032
     Landwirtschaftliche Sozialpolitik, davon:

                                                 2.350
                                                 Alterssicherung

                                                                   1.456
                                                                   Krankenversicherung

                                                                                  177                  49
                                                                                  Unfallversicherung   Sonstiges

Quelle: BMEL, 2019

Unser Ziel ist es, die Land- und Ernährungswirtschaft                 Unser Ministerium unterstützt die Idee der Kommis­
wettbewerbsfähig und nachhaltig zu erhalten. Dabei                    sion, die Direktzahlungen stärker an die Einhaltung von
spielt die Gemeinsame europäische Agrarpolitik (GAP)                  Umwelt- und Klimavorgaben zu binden, weil dies für die
eine zentrale Rolle. Die Verhandlungen auf EU-Ebene                   Zukunftsfähigkeit der Landwirtschaft entscheidend ist.
zur GAP nach 2020 sowie zum künftigen mehrjährigen                    Wir arbeiten zurzeit daran, wie die konkrete Ausgestal-
Finanzrahmen sind in vollem Gange. Viele Fragen zur                   tung der neuen Förderung von Umweltleistungen, die
Ausgestaltung des Regelungsrahmens der GAP sowie                      „Grüne Architektur“, aussehen könnte. Dabei gelten für
zu deren Finanzierung sind derzeit noch offen.                        alle die neuen Öko-Regelungen („eco-schemes“) in der
                                                                      ersten Säule sowie die Maßnahmen und Mittel für den
Wir brauchen eine flexiblere und einfachere Agrar­                    Agrarumwelt- und Klimaschutz. Auf europäischer Ebene
politik. Die Marktausrichtung der GAP bleibt eine                     brauchen wir verbindliche Leitplanken für Umwelt- und
wesent­liche Richtschnur im Rahmen der GAP 2020.                      Klimaregelungen bei der vorgesehenen Konditionalität
Die Instrumente der GAP müssen mit Blick auf ihre                     der Direktzahlungen, damit aus „Flexibilität“ kein „Um-
Funktion der Einkommenssicherung und der Stärkung                     welt-Standard-Dumping“ wird.
der Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen
Betriebe weiterentwickelt werden. Dazu zählt unter                    Kappung und Degression dürfen wir nicht standort­
anderem die zielorientierte Ausgestaltung der Direkt-                 gefährdend umsetzen. Wir befürworten ein fakultatives
zahlungen, um eine stärkere Förderung kleinerer und                   Vorgehen, damit die Mitgliedstaaten selbst über eine
mittlerer Betriebe – und damit viehhaltender Betriebe –               eventuelle nationale Kappung oder Degression ent-
zu erreichen. Wir stehen zum Zwei-Säulen-­Modell:                     scheiden können. Es ist zu berücksichtigen, dass größere
Die Direktzahlungen brauchen wir zur Absicherung und                  Betriebe deutliche Kostenvorteile gegenüber kleineren
Zukunftssicherung der Landwirtinnen und Landwirte.                    Betrieben haben. Mit steigender Hektarzahl ergeben sich
Wir treten dafür ein, dass die GAP die Leistungen der                 zum Beispiel Größenvorteile beim Einkauf und bei den
Landwirtschaft zum Schutz der Umwelt, der Biodiversi­                 Maschinenkosten. Deshalb ist es richtig, dass die ersten
tät, des Klimas, des Tierwohls und der natür­lichen                   Hektare stärker gefördert werden und somit kleinere
Res­sourcen stärker honoriert. Dies ist erforderlich, um              und mittlere Betriebe davon auch profitieren. Wir möch-
die Nachhaltigkeit der landwirtschaftlichen Produktion                ten auch keine Nachteile für den klassischen Mehr­
zu fördern. Im Hinblick auf die Wettbewerbs­fähigkeit                 familienbetrieb, der sich bewusst für ein kooperatives
unserer Betriebe erteilen wir Forderungen nach einer                  Wirtschaften entschieden hat. Für nicht landwirtschaft-
Ausweitung gekoppelter Direktzahlungen eine klare                     liche Investoren gilt es hingegen, Begrenzungsmöglich-
Absage. Zudem muss die GAP zukünftig einfacher,                       keiten bei den Direktzahlungen zu formulieren.
aber zeitgleich in ihrer Zielerreichung konkreter und
effektiver werden.

                                                                                                                            17
Agrarstandort Deutschland wettbewerbsfähig halten

Um die Ziele der GAP zu erreichen, brauchen wir eine
ausreichende Finanzierung. Es dürfen nicht immer mehr
öffentliche Leistungen von den Bäuerinnen und Bauern
gefordert werden bei gleichzeitiger Kürzung der öffent­
lichen Mittel.

     Landwirtschaftliche Betriebe nach Größenklassen

          80.000

          70.000

           60.000

           50.000

          40.000

          30.000

          20.000

          10.000

                     unter 5¹     5 – 10    10 – 20   20 – 50    50 – 100 100 – 200 200 – 500 500 – 1.000 1.000 und mehr
                      Betriebsgröße in ha landwirtschaftlicher Fläche

                         2010        2016
                                                                             Durchschnittsgröße Betrieb
                      Anzahl Betriebe (in Tausend)                           (in ha landwirtschaftlicher Fläche)

                      299,1                           275,4                  55,8                             60,5
                      ¹ Landwirtschaftliche Betriebe mit Tierbeständen oder Spezialkulturen, die für sich eine
                         Auskunftspflicht begründen (einschließlich Betrieben ohne landwirtschaftliche Fläche).

Quelle: Statistisches Bundesamt

18
Verantwortung für natürliche Lebensgrundlagen übernehmen

3               Verantwortung für natürliche
                Lebensgrundlagen übernehmen

Landwirtschaft hat eine Verantwortung gegenüber den        Die Fördermöglichkeiten für klimafreundliche Maß-
nachfolgenden Generationen. Dazu gehört, dass Land­        nahmen in der Landwirtschaft sollen auch im Rahmen
wirtinnen und Landwirte unsere natürlichen Lebens-         der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen
grundlagen wie Wasser, Boden und Luft schonend nutzen      Union (EU) ausgeweitet werden. Dünger wird immer
und die vielfältigen Pflanzen- und Tierarten schützen.     effizien­ter und bedarfsgerechter eingesetzt, Emissionen
Das BMEL wird seine Agrarpolitik noch stärker an den       von Ammoniak werden durch technische Lösungen re-
nationalen und internationalen Nachhaltigkeitszielen       duziert und der Energie­verbrauch wird durch moderne
ausrichten.                                                Technik gesenkt – unter anderem unterstützt durch die
                                                           Digitalisierung und die Präzisionslandwirtschaft. Das ist
Die moderne Landwirtschaft steht vor der Heraus­           technischer Fortschritt, der die Landwirtschaft effizien-
forde­rung, gleichermaßen ökonomisch wie ökologisch        ter macht – auch im Umgang mit unseren natürlichen
nachhaltig zu wirtschaften. Unser Ministerium wird der     Ressourcen. Dauer­grünland und humusreiche Böden
Landwirtschaft dazu langfristige Fahrpläne mit unseren     sollen besonders geschützt werden. Denn landwirt-
Strategien für Nutztiere, Ackerbau, Grünland und öko­      schaftliche Böden sind ein voluminöser und weltweit
logischen Landbau an die Hand geben. Bereits heute         der wichtigste Kohlenstoffspeicher.
fördern wir an vielen Stellen, etwa mit dem Agrarinves­
titionsförderungsprogramm (AFP), moderne Lösungen          Wir wollen die Emissionen aus der Tierhaltung, redu-
für Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit.               zieren. So sollen beispielsweise Wirtschaftsdünger wie
                                                           Gülle und andere Reststoffe aus der Landwirtschaft auch
Die Land- und Forstwirtschaft ist stark vom Klima­         energetisch genutzt werden. Wir fördern hierzu die Ver-
wandel betroffen. Gleichzeitig ist sie Teil der Lösung.    wertung in Biogasanlagen. Das ist ein bedeutender
Zwischen dem Schutz des Klimas und der Produktion          Bei­­trag zur Erreichung unserer Klimaziele. Denn allein
von Nahrungs­mitteln gibt es enge Wechselwirkun­gen        durch eine Steigerung der Güllevergärung von 30 auf
die nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen.         60 Prozent kann die Emission des Klimagases Methan
Es sollte jedem klar sein: Eine emissionsfreie Nahrungs­   um mehr als 4 Millionen Tonnen CO -Äquivalente re­
                                                                                                 ²
mittel­produktion ist nicht möglich. Ziel ist aber, den    duziert werden.
Ausstoß zu reduzieren, wo immer es möglich ist.
Die Klimaschutzziele der Bundes­regierung sind im
Klimaschutzplan 2050 und in den Eckpunkten für das
Klima­schutzprogramm 2030 festgeschrieben. Der Klima-
schutzplan sieht vor, die jährlichen Emissionen aus der
Landwirtschaft bis 2030 gegen­über 2014 um 11 bis
14 Millionen Tonnen CO -Äquivalente zu reduzieren.
                           ²
Wir haben ein Maßnahmenpaket entwickelt, das sicher­
stellen soll, diese Klimaziele zu erreichen. Die Schwer-
punkte der Klimaschutzanstrengungen in der Land-
wirtschaft liegen darin, Emissionen zu mindern und
Ressourcen effizienter ein­zusetzen und damit nach­­­-
hal­tiger zu produzieren.

                                                                                                                   19
Verantwortung für natürliche Lebensgrundlagen übernehmen

Die zehn Maßnahmen zum Klimaschutz

 Maßnahme                                                        Minderungspotenzial (CO -Äquivalente)
                                                                                        ²
     1. Senkung der Stickstoffüberschüsse                       3,5 bis 7,5 Mio. t

     2. Energetische Nutzung von Wirtschafts­düngern           2,0 bis 2,4 Mio. t

     3. Ausbau des Ökolandbaus                                  0,4 bis 1,2 Mio. t

     4. Emissionsminderungen in der Tierhaltung                 0,3 bis 1,0 Mio. t (jährlich)

     5. Erhöhung der Energieeffizienz                           0,9 bis 1,5 Mio. t (jährlich)

     6. Humusaufbau im Ackerland                                1,0 bis 2,0 Mio. t (jährlich)

     7. Erhalt von Dauergrünland                                –

     8. Schutz von Moorböden/Reduktion von Torfeinsatz          3,0 bis 8,5 Mio. t (jährlich)
         in Kultursubstraten

     9. Erhalt und nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder und   Laut Wissenschaftlichem Beirat für Waldpolitik haben Wald,
         Holzverwendung                                          nachhaltige Forstwirtschaft und die damit verbundene Holz­
                                                                 nutzung im Jahr 2014 rund 127 Mio. t CO gebunden bzw.
                                                                                                         ²
                                                                 durch Substitutionseffekte reduziert.

 10. Vermeidung von Lebensmittelabfällen                        3,0 bis 6,0 Mio. t (jährlich)

Pflanzenschutz ist wichtig. Er schützt unsere Nutzpflan-         Nährstoffverteilung fördern. Unter anderem soll durch
zen vor Krankheiten und Schädlingen und sichert somit            die Förderung der Verarbeitung von Gülle die Transport-
die Ernten. Unser Nationaler Aktionsplan zur nachhalti-          würdigkeit in die Ackerbauregionen verbessert werden.
gen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln trägt dazu               Ein weiteres wichtiges Gut ist die reine Luft. Auch hier
bei, Risiken für Umwelt und Gesundheit, die mit der              sollen unter anderem die geplanten Änderungen der
Anwendung von Pflanzenschutzmitteln verbunden sein               Düngeverordnung wirken. Sie trägt dazu bei, dass zum
können, zu reduzieren. Wir begrüßen die Überlegungen             Beispiel durch die direkte Einarbeitung von Dünge­
aus der Agrarwirtschaft, im integrierten Pflanzenschutz          mitteln weniger Ammoniak in die Luft gelangt.
von der bislang üblichen wirtschaftlichen Schadens-
schwelle zu einer ökologischen Schadensschwelle                  Zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen trägt
überzugehen. Wir werden die Glyphosat-Minderungs-                auch der besonders ressourcenschonende Ökolandbau
strategie verfolgen, die einerseits die Anwendung von            bei. Die Zukunftsstrategie ökologischer Landbau (ZöL)
glyphosathaltigen und wirkungsgleichen Pflanzen-                 beschreibt, mit welchen politischen Aktivitäten und
schutzmitteln drastisch reduziert, andererseits weitere          Instrumenten wir der Biobranche in Deutschland
Ziele wie den Schutz erosionsgefährdeter Böden nicht             Wachstumsimpulse geben. Bis zum Jahr 2030 streben
aus den Augen lässt. Eine grundsätzliche Beendigung der          wir an, dass 20 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche
Anwendung ist ab 2022 möglich. So lange ist Glyphosat            ökologisch bewirtschaftet werden. Dazu haben wir unter
in der EU zugelassen.                                            anderem die Fördermittel für das Bundesprogramm
                                                                 Ökologischer Landbau und andere Formen nachhalti-
Wir wollen das Wasser schützen. Dazu haben wir das               ger Landwirtschaft (BÖLN) deutlich aufgestockt: zum
Düngerecht angepasst, werden es weiterentwickeln und             Beispiel in den Jahren 2018 und 2019 von 20 auf jähr-
noch strenger an den Umweltschutz anpassen. Das ver-             lich 30 Millionen Euro. Damit unterstützen wir unter
langt auch die EU. In besonders mit Nitrat belasteten            anderem die Forschung für den Ökolandbau, den Aufbau
Regionen ist die Düngung weiter einzuschränken, um               regionaler Wertschöpfungsketten und kompetente
Nitrateinträge in die Gewässer zu vermindern. Als Be-            Beratungs-, Weiterbildungs- und Informationsangebote.
gleitmaßnahme zu den Änderungen bereitet unser                   Hierzu gehören Aktivitäten zum Wissenstransfer von der
Ministerium ein Bundesprogramm Nährstoffmanage-                  Forschung zur Praxis, Fachveranstaltungen für land-
ment vor. Damit wollen wir Verfahren und Vorhaben zur            wirtschaftliche und verarbeitende Betriebe, Bera­tung
weiteren Steigerung der Düngeeffizienz und besseren              von Unternehmen der Außer-Haus-Verpflegung (zum

20
Verantwortung für natürliche Lebensgrundlagen übernehmen

Beispiel Kantinenbetreiber, Caterer), die Bioprodukte in     Eine stärkere Biobasierung unserer Wirtschaft kommt
ihr Verpflegungsangebot aufnehmen möchten, sowie             dem Klima zugute und ist ein starkes Werkzeug zum Er-
Informa­tionen für Verbraucherinnen und Verbraucher          reichen der nachhaltigen Entwicklungsziele. Im Rahmen
über Bioproduktion.                                          der Bioökonomiepolitik setzen wir uns für die Nutzung
                                                             nachhaltig erzeugter Rohstoffe ein. Richtschnur für un-
Uns ist der Schutz der biologischen Vielfalt ein wichtiges   sere Aktivitäten wird hierbei die Bioökonomiestrategie
Anliegen. Das Vorkommen vieler Tier- und Pflanzen­           der Bundesregierung sein.
arten ist eng mit der Landwirtschaft verknüpft. Ein Ende
der landwirtschaftlichen Nutzung bedeutet auch das Aus       Die Herstellung von Lebensmitteln beansprucht wert-
für diese Arten. Mit dem Aktionsprogramm Insekten-           volle Ressourcen wie Boden, Wasser und Energie und ist
schutz (API) möchten wir das Insektensterben stoppen         mit Emissionen von Treibhausgasen verbunden. Daher
und die Artenvielfalt schützen, denn die Landwirtschaft      sollten Lebensmittel nicht unnötig verloren gehen oder
ist auf die Ökosystemdienstleistungen der Insekten           verschwendet werden. Die Reduzierung der Lebens­
angewiesen. Die Umsetzung des Programms wird der             mittelverschwendung ist eine große Herausforderung,
Land- und Forstwirtschaft einiges abverlangen. Bei der       der wir uns stellen. Deshalb haben wir unter anderem
konkreten Umsetzung des Insektenschutzprogramms              die Nationale Strategie zur Reduzierung der Lebens­
werden wir vor allem die Verhältnismäßigkeit jeder           mittelverschwendung vorgelegt, die vom Bundes­
einzelnen Maßnahme sorgfältig prüfen. Aus diesem             kabinett verabschiedet wurde.
Grund setzen wir uns dafür ein, dass das API mit gestärk-
ten Fördermaßnahmen begleitet wird – zum Beispiel im         Ziel ist es, bis 2030 die Lebensmittelverschwendung auf
Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung             Einzelhandels- und Verbraucherebene in Deutschland
der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK). Hier         pro Kopf zu halbieren und die entlang der Produktions-
beabsichtigen wir, 50 Millionen Euro im Jahr durch           und Lieferkette entstehenden Lebensmittelabfälle
Umschichtung und Erhöhung der Mittel für einen               ein­schließlich Nachernteverlusten zu verringern.
Sonderrahmenplan zur Verfügung zu stellen, mit dem           Die Reduzierung der Lebensmittelverschwendung ist
wir Landwirtinnen und Landwirte unterstützen, neue           eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Daher werden alle
Anforderungen umzusetzen und gegebenenfalls not-             Akteure der Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Forschung
wendige Einschränkungen abzumildern.                         in den Prozess zur Entwicklung von Maßnahmen und
                                                             Zielmarken gegen Lebensmittelverschwendung einbe­
Die Vielfalt auf dem Acker und in der umgebenden             zogen. In Dialogforen pro Sektor sollen konkrete Maß-
Landschaft soll wachsen. Dazu wird die neue Ackerbau­        nahmen zur Reduzierung der Lebensmittelverschwen-
strategie beitragen. Sie wird unter anderem Vorschläge       dung erarbeitet, Zielmarken definiert und geeignete
für erweiterte Fruchtfolgen, die Züchtung von wider-         Formate zur Umsetzungs- und Erfolgskontrolle ver­
standsfähigen Kulturpflanzen und die Forschung an            einbart werden.
nicht chemischen Pflanzenschutzverfahren beinhalten.

                                                                                                                  21
Mehr Tierwohl fördern

4                  Mehr Tierwohl fördern

Fragen des Tierschutzes und der Tierhaltung werden                    Für die deutsche Landwirtschaft sind Tierzucht und
kontrovers und emotional diskutiert. Uns interessiert und             Tierhaltung wichtige Standbeine. 67 Prozent der land-
bewegt der Umgang mit und das Verhältnis zu unseren                   wirtschaftlichen Betriebe halten Tiere. Auf tierische Pro-
Tieren. Auch für das BMEL hat eine tiergerechte Nutzung               dukte entfielen 2017 in Deutschland rund 63 Prozent der
und Haltung von Tieren, die von der Gesellschaft akzep-               Verkaufserlöse und fast 50 Prozent des gesamten Produk-
tiert und mitgetragen wird, hohe Priorität. Der Schutz von            tionswertes der Landwirtschaft.
Nutztieren, Versuchstieren und Heimtieren ist ein zen­
trales Anliegen des BMEL. Wir möchten auf dem gesetz-                 Unser agrarpolitisches Ziel lautet: eine besonders am
lichen Tierschutzstandard aufbauen und den Tierschutz                 Tierwohl orientierte Nutztierhaltung zu ermöglichen,
weiterentwickeln. Wir wollen die Nutztierhaltung als                  die sowohl wirtschaftlich als auch gesellschaftlich trag­
hoch entwickelten Sektor weiter verbessern. Gleichzeitig              fähig ist. Wir wollen, dass die Tierhaltung in der Hand
möchten wir den tierhaltenden Betrieben in Deutschland                und im Eigentum bäuerlicher Familienbetriebe bleibt.
eine stabile Zukunftsperspektive bieten.                              Tierische Produktion und Flächenbewirtschaftung wollen

Struktur der Tierhaltung 2016

                                                           Gesamtzahl      Durchschnittliche     Anteil Tiere in   Große Bestände
                                                          von Tieren in     Bestandsgröße      großen Beständen      gibt es ab …
                                                          Deutschland        Tiere/Betrieb       % des Gesamt-          Tieren
                                                           (in Tausend)                            bestandes

Rinder                                                      12.354               102                49,4 %          200 und mehr

     Milchkühe                                                4.276               62                 49,2 %         100 und mehr

Schweine                                                    27.978               695                75,3 %          1.000 und mehr

     Zuchtsauen                                               2.036               171                75,1 %         200 und mehr

     Jung- und Mastschweine¹                                 16.850               451                62,3 %         1.000 und mehr

Geflügel
                                                           173.574              3.600
     Legehennen                                              51.936              1.200               89,0 %        10.000 und mehr

     Masthühner                                              93.791             28.200               99,3 %        10.000 und mehr

     Truthühner                                              12.360              6.700               91,6 %        10.000 und mehr

¹ Einschließlich Zuchtebern und ausgemerzten Zuchtsauen                                    Quelle: Statistisches Bundesamt/BMEL, 2017

22
Mehr Tierwohl fördern

wir stärker zusammenführen. Unser Leitbild ist eine            weites verpflichtendes Tierwohlkennzeichen zu schaffen.
flächen­gebundene Tierhaltung.                                 Denn Tierwohl endet nicht an Landesgrenzen.

Bürgerinnen und Bürger hinterfragen zunehmend gän­             Mit aller Kraft werden wir nun auf nationaler Ebene
gige landwirtschaftliche Produktionsweisen, insbesondere       weiterarbeiten, damit so schnell wie möglich die ersten
solche, die die Tierhaltung betreffen. Das BMEL ist der för-   gekennzeichneten Produkte in den Ladenregalen liegen –
dernde, aber auch fordernde Partner der Landwirt­innen         die Markteinführung unterstützen wir mit 70 Millionen
und Landwirte in diesem gesellschaftlich gewünschten           Euro. Zudem wollen wir Stallumbauten zugunsten des
Weiterentwicklungsprozess. Vieles wurde bereits auf den        Tierwohls fördern und erleichtern. Mit unserer Weiter­
Weg gebracht: Die betäubungslose Ferkelkastration wird         entwicklung der Nutztierstrategie setzen wir den
2021 beendet, der Ausstieg aus dem Kükentöten wird             künf­­tigen Rahmen so, dass das Geforderte für die
marktreif und der Antibiotikaeinsatz in der Nutztier-          land­wirtschaftlichen Betriebe leistbar ist. Gleichzeitig
haltung hat sich insbesondere bei Mastschweinen und            unterstützen wir die Stellung der Landwirtinnen und
Mastferkeln deutlich reduziert.                                Landwirte in der Wertschöpfungskette, damit ihre Arbeit
                                                               angemessen honoriert wird.
Weitere Schritte sind jetzt zu gehen. Umfragen zeigen
immer wieder, dass Verbraucherinnen und Verbraucher            Wir stärken die Innovationen und die Forschung für
bereit sind, für mehr Tierwohl auch mehr Geld aus-             mehr Tierwohl. So bündelt das Bundesprogramm
zugeben. Unser mehrstufiges Tierwohlkennzeichen                Nutz­­­tierhaltung, das Teil der Nutztierstrategie ist, die
wird herausstellen, was über den gesetzlichen Standard         Neuerungen beim Tierwohl mit den Maßnahmen zum
hinausgeht – das Mehr an Tierwohl. Über die individu-          Umweltschutz. Das Ziel ist, die Haltungsbedingungen in
elle Kaufentscheidung kann das dann auch finanziell            den Ställen zu verbessern. In Tierwohlkompetenzzentren
honoriert werden. Die höheren Erlöse zahlen sich auch          können sich Rinder-, Schweine- und Geflügelhalter bei-
für die Landwirtinnen und Landwirte aus. So wird ein           spielhaft informieren. Damit stellen wir sicher, dass neue
Anreiz geschaffen, mehr in Tierwohl zu investieren.            Erkenntnisse in die Praxis gelangen. Landwirtinnen und
Landwirtschaftliche Betriebe, die mehr Tierwohl umset-         Landwirte, die vor Inves­titionsentscheidungen stehen,
zen, können dafür auch höhere Preise am Markt erlösen.         brauchen eine solche Orientierung.
Gleichzeitig setzt sich das BMEL dafür ein, ein europa-

Abnahmerate 2016 gegenüber 2010 der viehhaltenden Betriebe (in %)

                                                                          –16            Rinder insgesamt

                                                         –23                                     Milchkühe

                                     –33                                               Schweine insgesamt

            –43                                                                                 Zuchtsauen

                                                                 –19                                Geflügel

                                                                                 –12                  Schafe

  -50 %                 -40 %                -30 %                -20 %                 -10 %                  0%

Quelle: Statistisches Bundesamt/BMEL, 2017

                                                                                                                       23
Mehr Tierwohl fördern

Struktur und Entwicklung des Viehbestandes (Großvieheinheiten)

Schleswig-Holstein                                               -16,6 -5,0                                              Mecklenburg-Vorpommern
1.015.024                                                                                                                                 537.856
                                                                                                 -0,4 -0,6

Niedersachsen                                                                                                                          Brandenburg
3.170.580
                                                 -13,9
                                                          +9,6                                                                              535.512
                                                                                                    -8,0 -4,8

Nordrhein-Westfalen                                                               -2,3                                              Sachsen-Anhalt
1.835.480                                                                                 +2,6                                             424.301

                                           -11,1
Hessen                                             +4,0                                                                                    Sachsen
440.880                                                                                                                                    462.920
                                                             -15,2 -6,1                               -0,7 -4,7
                                                                              -6,1 -5,1
Rheinland-Pfalz                                                                                                                          Thüringen
306.501                                                                                                                                    344.949
                                             -19,0 -8,9

                                                                                                                                             Bayern
Saarland
                                                                                 -16,3 -5,2                                               2.818.180
42.566
                                    -14,4 -6,5

Baden-Württemberg
1.002.741                                                   -16,4 -4,8

Veränderung 2016 gegenüber 2010 (in %)                                                                            Besatzdichte (GV je ha landwirt­
                                                                                                                  schaftlicher Nutzfläche)

     Anzahl der Betriebe     Großvieheinheiten (GV)                                                                   < 0,4              ≥ 0,7 < 1,0
                                                                                                                      ≥ 0,4 < 0,5        ≥ 1,0
Quelle: Statistisches Bundesamt/BMEL, 2017                                                                            ≥ 0,5 < 0,7

24
Wälder nachhaltig pflegen und nutzen

5               Wälder nachhaltig pflegen und nutzen

Wälder sind ein prägender Teil unserer Kulturlandschaft.   In den Jahren 2018 und 2019 haben mehrere große
Mit rund 11,4 Millionen Hektar bedecken Wälder ein         Kalamitäten (Stürme, extreme Dürre und Hitzewellen,
Drittel der Fläche unseres Landes. Der Wald erfüllt        massenhafte Vermehrung von Borkenkäfern) den Wäl-
vielfältige Funktionen. Er ist die grüne Lunge unserer     dern in Deutschland schwere, unübersehbare Schäden
Gesellschaft, Ökosystem, Lebensraum, Kohlenstoff-          zugefügt. Auf rund 180.000 Hektar sind die Wälder neu
speicher, Naturerlebnis- und Erholungsraum sowie ein       aufzubauen. Insbesondere Fichte und Buche wurden
bedeutender Rohstofflieferant. Nicht zuletzt sichert die   schwer geschädigt. Für die Jahre 2018 und 2019 wird
Bewirtschaftung der Wälder Einkommen und Arbeit ins-       von einer Menge an Kalamitätsholz von ca. 105 Millio­
besondere in den ländlichen Räumen. Doch die Folgen        nen Festmetern ausgegangen. Die Holzlager sind über­­­­-
des Klimawandels hinterlassen deutliche Spuren in den      füllt. Teilweise kann das Holz nicht mehr abgesetzt
Wäldern. Wir müssen deshalb in Deutschland unseren         werden.
Wald erhalten und ihn nachhaltig bewirtschaften.
                                                           Deshalb haben wir uns dafür eingesetzt, dass das
Der deutsche Wald steht vor großen Herausforde-            Klima­schutzprogramm 2030 der Bundesregierung
rungen: Die wachsende Beanspruchung des Waldes             zusätzliche substanzielle Finanzmittel für den Wald
in den Bereichen Klima-, Natur- und Umweltschutz           vorsieht. Auf dem von uns einberufenen Nationalen
sowie Erholung und Jagd führt mancherorts bereits          Waldgipfel im September 2019 haben wir gemeinsam
heute zu Zielkonflikten, die sich künftig – in regional    mit Verbänden, Ländern, Städte- und Gemeindebund
unterschiedlicher Ausprägung – verschärfen könnten.        sowie Vertretern des BMU intensiv beraten, wie die
Und auch der Klimawandel erfordert zunehmend neue          Umsetzung der Förderung konkretisiert werden soll,
Lösungsansätze von Waldbesitzern und Forstwirtschaft.      damit sie wirksam in den geschädigten und umzubau-
                                                           enden Wäldern ankommt.
Die Anpassung der Wälder an den Klimawandel und
der Klimaschutz im Rahmen einer nachhaltigen Be-           Der Waldklimafonds der Bundesregierung unterstützt
wirtschaftung stehen an erster Stelle. Daneben gilt es,    bereits mit jährlich rund 25 Millionen Euro Maßnah-
die biologische Vielfalt des Natur- und Lebensraums        men zur Anpassung der Wälder an den Klimawandel
Wald zu erhalten, die nachhaltige und ressourcen­          und zum Erhalt und Ausbau des CO -Minderungs­
                                                                                               ²
effiziente Holzverwendung zu fördern und auch inter-       potenzials von Wald und Holz. Dabei sollen – wo
national eine nachhaltige Waldbewirtschaftung und          möglich – Synergien zwischen Klimaschutz, Anpas-
einen entsprechenden Waldschutz sicherzustellen. Der       sung der Wälder an den Klimawandel und Erhalt der
Wald ist neben dem Boden der wichtigste terrestrische      biologischen Vielfalt genutzt werden. Die Ergebnisse
CO -Speicher. Mit dem Erhalt des Waldes, seiner nach-      dieser Politik- und Demonstrationsvorhaben sind eine
    ²
haltigen Bewirtschaftung und mit der Verwendung            wichtige Hilfe bei der Bewältigung der aktuellen Dürre-
von Holz verfügen wir über ein immenses CO -Minde-         schäden in den Wäldern.
                                              ²
rungs- und Speicherpotenzial. Wenn es den Wald, die
Forstwirtschaft und die Holzverwendung nicht gäbe,
hätten wir (bezogen auf das Jahr 2014) 14 Prozent mehr
CO -Ausstoß in Deutschland.
    ²

                                                                                                                  25
Wälder nachhaltig pflegen und nutzen

Vom Rohstoff Holz geprägte Wirtschaftsbereiche
in Deutschland im Jahr 2014

              1,1 Mio.                         184 Mrd. €                              57 Mrd. €
                Beschäftigte                  erwirtschafteter Umsatz                 Bruttowertschöpfung

Quelle: BMEL, 2017

Bereits im vergangenen Jahr wurden auf unsere Initia­      Die Charta für Holz 2.0 unseres Ministeriums ist ein
tive hin neue Fördermaßnahmen in der Gemeinschafts-        Meilen­stein in dem von der Bundesregierung im
aufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des         Novem­ber 2016 beschlossenen Klimaschutzplan 2050.
Küsten­schutzes“ (GAK) auf den Weg gebracht, um Schä-      Im Rahmen der Charta werden Maßnahmen entwickelt,
den zu bewältigen. Hilfen gibt es:                         die den Beitrag nachhaltiger Holzverwendung zur Er-
                                                           reichung der Klimaschutzziele stärken. Die Umsetzung
→→ zur bestands- und bodenschonenden Räumung von           der Charta für Holz 2.0 erfolgt im Dialog mit relevanten
   Schadflächen und zur Lagerung von Schadholz             Interessengruppen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik
→→ zur Überwachung, Vorbeugung und Bekämpfung von          und Gesellschaft, darunter Nichtregierungsorganisa-
   Schadorganismen                                         tionen sowie Verbraucherinnen und Verbrauchern.
→→ zur Prävention und Bekämpfung von Waldbränden           Klimabewusstes Verbraucherverhalten wird mittels
→→ für Maßnahmen zur Wiederaufforstung                     Informationen und Aufklärung über die nachhaltige
                                                           Waldbewirtschaftung und intelligente Holzverwendung
Der Bundestag stellte dafür zweckgebunden in einem         mit den Erfordernissen der Material- und Ressourcen­
Zeitraum von fünf Jahren zusätzlich insgesamt 25 Mil-      effizienz unterstützt.
lionen Euro bereit. Dieses Geld verstärkt die bereits
bestehenden GAK-Mittel für den Wald, die sich im Jahr      Mit der Einrichtung des Kompetenz- und Informations­
2018 auf etwa 30 Millionen Euro pro Jahr beliefen. Im      zentrums Wald und Holz (KIWUH), das 2019 seine Arbeit
Regierungs­entwurf zum Haushalt 2020 und zur Finanz-       aufgenommen hat, werden im Auftrag unseres Ministe­
planung bis 2023, der am 26. Juni 2019 vom Kabinett        riums Förderprogramme im Bereich Wald und Holz
verabschiedet wurde, ist vorgesehen, die zweckgebunde-     gebündelt. Hauptaufgaben des KIWuH sind die Fach-
nen Mittel zur Bewältigung von Extremwetterfolgen im       und Verbraucherinformation zu den Themen Wald,
Wald in der GAK von derzeit 5 auf 10 Millionen Euro im     nachhaltige Forstwirtschaft und Holzverwendung sowie
Jahr zu verdoppeln. Bundesministerin Klöckner erreich-     die Unterstützung von Forschung und Entwicklung in
te zudem steuerliche Erleichterungen für betroffene        den Themenbereichen Wald und Holz.
Waldeigen­tümer und eine neue Waldfördersparte bei
der Landwirtschaftlichen Rentenbank.

26
Wälder nachhaltig pflegen und nutzen

Der Anteil von Wald in Deutschland
(bezogen jeweils auf die Fläche der einzelnen Bundesländer)

                  Deutschland
                  35.720.780 Landesfläche
   32 %           11.419.124 Waldfläche

                  Alle Flächenangaben in ha

Schleswig-Holstein                                                                                              Mecklenburg-Vorpommern
                                                        11 %
1.579.957                                                                                                                      2.319.318
  173.412                                                                                                                       558.123
                                                                                        24 %
                                                                12 %                                                Hamburg und Bremen
Niedersachsen                                                                                                                   115.907
4.769.942                                                                                                                        13.846
                                                 12 %
1.204.591
                                                                                                                  Berlin und Brandenburg
                                                                                                                                3.037.573
                                                                                                37 %                            1.130.847
                                                               25 %
Nordrhein-Westfalen
3.409.772
                                                                                                                          Sachsen-Anhalt
 909.511
                                                                                 26 %                                           2.045.029
                                                                                                                                  532.481

Hessen                                    27 %
                                                                                                                                 Sachsen
2.111.480                                                                                                                       1.842.002
 894.180                                                                                                                          533.206
                                                                                               29 %
                                                                          34 %                                                 Thüringen
Rheinland-Pfalz                                    42 %                                                                         1.617.250
1.985.406                                                                                                                         549.088
 839.796                           42 %
                                                                                                                                  Bayern
                                                                                                                               7.055.019
Saarland                                                                                                                       2.605.563
256.977                         40 %
102.634
                                                                                 37 %

Baden-Württemberg                                   38 %
3.575.148
1.371.847

                                                                       Wald

Quelle: Bundeswaldinventur, 2012

                                                                                                                                      27
Gewässer bewahren

6                       Gewässer bewahren

Die deutsche Fischerei und Fischwirtschaft stellt einen                        Auch Meere und Ozeane sind ökologisch vielfältige,
leistungsfähigen, hochmodernen Wirtschaftsfaktor                               natür­liche Lebensräume und zugleich Quelle für Roh-
im Binnenland und an Deutschlands Küstenregionen                               stoffe, Energie und Nahrung. Um sie zu bewahren und
dar, der dort Leben und Kultur prägt. Ihre nachhaltige                         künftigen Generationen die Möglichkeit zu erhalten,
Ausrichtung trägt zum Erhalt von Naturräumen und                               sich mit hochwertigen und gesunden Lebensmitteln aus
Artenvielfalt bei. Die mehr als 40.000 Menschen, die in                        dem Meer zu versorgen, sind der Schutz und die nach-
diesem Sektor beschäftigt sind, tragen dazu bei, dass                          haltige Nutzung der globalen Bestände unverzichtbar.
die Verbraucherinnen und Verbraucher jährlich mit rund                         Denn nur ausreichende Fischbestände sichern langfristig
1,1 Millionen Tonnen qualitativ hochwertigen Fischerei-                        Wertschöpfung und Arbeitsplätze.
erzeugnissen versorgt werden. Die direkt oder indirekt
mit der Fischerei verbundenen Arbeitsplätze bilden das                         Der Klimawandel macht auch vor der deutschen Fische-
Rückgrat vieler Regionen an der deutschen Ost- und                             rei nicht halt. Der Klimawandel und die dadurch hervor-
Nordseeküste.                                                                  gerufenen Veränderungen der Ökosysteme in Flüssen,

Umsatz von Fisch und Fischereierzeugnissen nach Sparten (in Mio. €)
                                                                                                                          Veränderung zum Vorjahr

                                                                                                                 5.201    +10,9 %
       5.000
                                                                          4.690
                                                                                                                 4.692    +3,1 %
                                4.458                                     4.533
                                4.351
       4.000
                                                                          3.779                                  3.877    +2,6 %
                                3.688

       3.000

                                2.165                                     2.129                                  2.222    +4,4 %
       2.000

       1.000

                                     418                                   451                                    451      0%
                                     223                                   250                                    259     +3,6 %
            0
                                 2015                                      2016                                    2017

                Fischgroßhandel1,2         Fischimport1   Fischeinzelhandel1      Fischindustrie   Fischrestaurants / Imbisse3      Seefischerei

1
    Berichtigt. 2 Schätzung für 2017. 3 Schätzung für alle Jahre.

Quelle: Fisch-Informationszentrum e. V., 2017

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