So leben die Nutztiere in der Schweiz
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
3 Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung���������������������������������������������������������������������������������5 ZU BESUCH BEI IVO WOLFISBERG: IM KREISLAUF DER FERKELPRODUKTION 20 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 GEFLÜGEL IN DER SCHWEIZ 22 TIERSCHUTZNIVEAU IN DER SCHWEIZ 8 Eier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Qualitätsmanagement Schweizer Fleisch ���������������������������������������������8 Poulets . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Tierwohlprogramme BTS und RAUS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Schweizer Labels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Tiergesundheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 ZU BESUCH BEI CORINNE UND MARCEL GYGAX: GEFLÜGELHALTUNG IST MILLIMETER-ARBEIT 26 RINDVIEH UND KLEINWIEDERKÄUER IN DER SCHWEIZ 14 VERGLEICH TIERSCHUTZGESETZGEBUNGEN BTS und RAUS���������������������������������������������������������������������������������������14 SCHWEIZ UND AUSLAND 28 Kleinwiederkäuer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Tierschutz am Beispiel der Rindviehhaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Tierschutz am Beispiel der Schweinehaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 ZU BESUCH BEI MAGALIE UND PIERRE GROLIMUND: Tierschutz am Beispiel der Geflügelhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 TIERWOHL UND WIRTSCHAFTLICHKEIT GEHÖREN ZUSAMMEN 16 FAZIT UND ZUKUNFT 33 SCHWEINE IN DER SCHWEIZ 18 BTS und RAUS. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Literaturangaben �������������������������������������������������������������������������������� 34 Impressum ������������������������������������������������������������������������������������������ 35
4 5 Zusammenfassung 1981 trat das erste Schweizer Tierschutzge- schutzgesetz zu haben. Während die verbindli- der Schweiz. Trotz bedeutendem Mehraufwand setz in Kraft. Seither hat sich punkto Tierwohl chen EU-Richtlinien in vielen Bereichen lascher wird heute die Mehrheit der Schweine nach sehr viel getan und die Anforderungen wurden sind als das Schweizer Recht, kennen die meis- BTS-, und gut die Hälfte nach RAUS-Standards laufend gemäss dem neusten Stand der Tech- ten Länder ausserhalb Europas kaum konkre- gehalten. nik und des Wissens weiterentwickelt. Durch te Mindestvorschriften. Ausserdem hat man die Fortschritte in der Haltung konnten auch mit den gesetzlichen Höchstbeständen ein Die dritte, bedeutende Nutztierkategorie der die Tiergesundheit stark verbessert und z.B. Element eingeführt, das in dieser Form nur in Schweiz ist das Geflügel, insbesondere Lege- auch der Antibiotikaeinsatz reduziert werden. der Schweiz existiert. Ferner geht die Schwei- hennen und die Pouletmast. Die Nachfrage Die Tierwohlbemühungen der Schweiz sind zer Gesetzgebung über bauliche Vorschriften nach Pouletfleisch hat in den letzten Jahren heute breit aufgestellt und werden nicht nur hinaus und regelt beispielsweise auch Anfor- stark zugenommen, wodurch die Betriebe durch den gesetzlichen Tierschutz vorangetrie- derungen an die Tierhaltenden, Fütterung und nicht nur in ihrer Anzahl, sondern auch in ihrer ben. In den meisten Ställen werden die Tiere Transportbedingungen. Diese Kombination aus Grösse gewachsen sind. Durchschnittlich wer- über den gesetzlichen Mindestanforderungen gesetzlichem Tierschutz, Labelprogrammen, den pro Betrieb gut 7000 Masthühner gehal- gehalten, was das Engagement der Schweizer freiwilligen Bemühungen sowie Vollzug bildet ten, der Höchstbestand liegt in den am meis- Bäuerinnen und Bauern und ihr Interesse an die Basis der Schweizer Nutztierhaltung. ten gehaltenen Alterskategorien bei 21 000 einem guten Tierwohl deutlich macht. Durch bis 24 000 Tieren. Die Branche ist vertraglich Labelprogramme können diese zusätzlichen Die bedeutendste Tierkategorie sind die Wie- organisiert, wobei die meisten Abnehmer das Bemühungen über den Markt mitfinanziert derkäuer, die durch die gängige Weidehaltung BTS-Programm als Standard vorgeben. werden – solange dafür auch die entsprechen- am besten sichtbar sind. Die grosse Mehrheit de Nachfrage besteht. von 84 Prozent der Tiere lebt nach RAUS- In der Eierproduktion wurde die Käfighaltung Vorschriften und geniesst dadurch fast täg- vor 40 Jahren verboten und durch Volieren er- Pionierin ist die Schweiz bei staatlichen För- lichen Auslauf. Im Vergleich mit Deutschland setzt. Was damals eine Neuheit war, ist heute derprogrammen. Die beiden Produktionssys- sind Schweizer Betriebe mit durchschnittlich Minimalstandard. Durch die Programme BTS temprogramme «Besonders tierfreundliche 29 Milchkühen klein. und RAUS hat heute die Mehrheit der Hennen Stallhaltungssysteme» (BTS) und «Regelmässi- zusätzlich Zugang zu einem Aussenklimabe- ger Auslauf im Freien» (RAUS) wurden in den Nach den Wiederkäuern sind Schweine die reich oder einer Weide. Eine ethische Frage, 1990er Jahren eingeführt und prägen die Nutz- bedeutendste Tierkategorie. Um die Wettbe- mit der sich die Branche künftig noch befassen tierhaltung seither massgeblich. Sie setzen werbsfähigkeit des Sektors trotz steigender muss, ist der Umgang mit den männlichen Kü- über Direktzahlungen zusätzliche Anreize, das Tierwohlanforderungen zu verbessern, konzen- ken. Gefordert sind aber auch in Zukunft nicht Tierwohl zu verbessern. Auch auf Ebene der ge- trierte und professionalisierte sich die Produk- allein die Bauernfamilien, sondern die ganze setzlichen Tierschutzvorschriften hat sich die tion in den letzten Jahrzehnten. Dennoch sind Nahrungsmittelkette bis hin zu den Konsumen- Schweiz in den vergangenen Jahrzehnten stark die Betriebe durch die gesetzlichen Höchst- tinnen und Konsumenten. Alle müssen Verant- verbessert. Heute kann die Schweizer Land- bestände im internationalen Vergleich klein. wortung übernehmen und ihren Teil beitragen. wirtschaft mit gutem Gewissen behaupten, So werden in Deutschland durchschnittlich das weltweit strengste und detaillierteste Tier- viermal mehr Tiere pro Betrieb gehalten als in
6 7 Einleitung Die Schweiz ist ein kleines Land mit einer Die Nutztierhaltung ist deshalb seit jeher ein mit jeder Ernte werden diese weggeführt und stark diversifizierten Landschaft. Von Alp- und wichtiges Standbein der einheimischen Land- der Boden würde langfristig ohne Dünger ver- Berggebieten bis zum Flachland und Seeregio- wirtschaft. Im Berg- und Alpgebiet ist sie das armen. Die sogenannten Hofdünger (Mist, nen findet man alles. Ebenso vielfältig ist die zentrale Element und ein wichtiger Teil der Gülle) ersetzen diese Nährstoffe und fördern Schweizer Landwirtschaft. Aufgrund der topo- regionalen Wirtschaft sowie Basis für den überdies die Humusbildung und damit eine graphischen Gegebenheiten eignen sich ledig- Tourismus. Zu den Aufgaben des Alppersonals gute Bodenqualität, die CO2-Fixierung zulässt. lich 30 Prozent der Landwirtschaftsfläche zum 1 gehört auch die Pflege der Alpweiden. Ohne Damit lässt sich die Abhängigkeit von impor- Anbau von Kulturen für die direkte menschliche sie würden diese rasch verbuschen oder ver- tiertem Kunstdünger reduzieren. Ernährung (Obst, Gemüse, Ackerkulturen)2 . Die walden und die Artenvielfalt würde sinken. Die restlichen 70 Prozent der Nutzfläche bestehen einheimische Nutztierhaltung ist Teil unse- Das fehlende Wissen rund um diese Zusam- zu einer Hälfte aus Wiesen und Weiden, zur an- rer Tradition und die Basis für die Produktion menhänge führt dazu, dass die Tierhaltung in deren aus Alpgebieten. Zwei Drittel lassen sich von hochwertigen Schweizer Lebensmitteln, der Kritik steht. Zu wenig bekannt sind auch folglich nur über die Veredelung des Grases die weltweit die höchsten Standards in Bezug die strenge Schweizer Gesetzgebung, die frei- durch Rinder, Schafe und Ziegen zu Milch und auf das Tierwohl erfüllen. Ausserdem tragen willigen Tierwohlprogramme, die bereits beste- Fleisch für die menschliche Ernährung nutzen. Käse und Fleischspezialitäten zum Image der hende gesetzliche Regelung zu den maximalen Im Mittel besteht die Ration beim Rindvieh zu Schweiz bei. Kurze Lieferketten schonen die Tierbeständen und das rigide Kontrollsystem. 85 Prozent aus Raufutter3 (Gras, Heu, Emd, Si- Umwelt und garantieren maximale Frische. Dies alles stellt sicher, dass es den inländi- lomais und andere). Die Nutztiere fressen zu- Dazu kommt die stabile und zum Teil sogar schen Nutztieren so gut geht wie nirgendwo dem bedeutende Mengen an Lebensmittelne- steigende Nachfrage nach Fleisch, Milchpro- sonst auf der Welt. benprodukten und Verarbeitungsrückständen. dukten und Eiern4 . Jeder Abbau der Tierhaltung Sie tragen damit zur Reduktion von Foodwaste in der Schweiz führt zu mehr Importen, in der Das vorliegende Fokusmagazin betrachtet die bei. Weitere Informationen zu der Zusammen- Regel aus Ländern mit deutlich niedrigeren Entwicklung der Nutztierhaltung in der Schweiz setzung der Rationen unserer Nutztiere und Tierwohlstandards (vgl. Kapitel «Vergleich Tier- im Zeitraum von 1980 bis 2020. Grund dafür der Herkunft der Futtermittel findet man im Fo- schutzgesetzgebungen», S. 28). ist das Inkrafttreten des ersten Tierschutzge- kusmagazin «Das fressen Kuh, Schwein & Co.». setzes im Folgejahr 1981, das eine wesentliche Ohne Raufutterverzehrer bräuchte die Schweiz Die Tierhaltung ist auch in Bezug auf die Nähr- Zäsur für die Nutztierhaltenden darstellte. grosse zusätzliche Flächen im Ausland, um die stoffversorgung und geschlossene Kreisläufe Versorgung der Bevölkerung mit Essen zu ge- bedeutend. Jede pflanzliche Kultur braucht währleisten. ausreichend Nährstoffe, um zu gedeihen. Denn
8 9 Tierschutzniveau in der Schweiz Prägendes Element der Nutztierhaltung in der Käfighaltung von Hühnern verboten und für gen oder Anzahl Zentimeter pro Tier am Fut- TIERWOHLPROGRAMME Was bedeutet eigentlich «Tierwohl»? Stalleinrichtungen mit Bewilligung Schweiz sind die Kühe und das übrige Rindvieh. alle Nutztiere wurden Mindestmasse für Lie- tertrog usw. Die gesetzlichen Grundlagen und BTS UND RAUS Tierwohl beruht auf den folgenden fünf Frei- Nach dem schweizerischen Tierschutzrecht Die Bauernfamilien halten im Weiteren Schafe, ge-, Stand- und Fressplätze vorgegeben. Neu Mindestanforderungen für die Nutztierhaltung heiten: der Freiheit von Hunger und Durst, müssen serienmässig hergestellte Stallein- Ziegen, Schweine, Legehennen, Mastpoulets, mussten serienmässig hergestellte Stallein- basieren auf den Gesetzen und Verordnungen Das Tierschutzgesetz regelt die Minimalanfor- physischen Belastungen, von Schmerz, Ver- richtungen von den Bundesbehörden be- Masttruten und Pferde sowie als Nischentier- richtungen vom Bund geprüft und bewilligt über die Landwirtschaft, den Tierschutz, die derungen für jede Tierhaltung. Die Bäuerinnen letzungen und Krankheiten, Furcht und Ge- willigt werden, bevor sie verkauft werden arten Kaninchen, Esel, Ponys, Damhirsche, werden. Im Jahr 2008 trat das gegenwärtig Tierseuchen, die Heilmittel, die Lebensmittel, und Bauern sind aber bereit, Leistungen über fahr sowie der Freiheit, normales artgemäs- dürfen. Das ist weltweit einzigartig. Eine Be- Lamas, Alpakas, Bisons und Büffel. Die Ent- gültige Tierschutzgesetz in Kraft, das einen die Raumplanung und den Umweltschutz. dem strafrechtlichen Minimalstandard zu er- ses Verhalten zeigen zu können5. willigung wird nur erteilt, wenn die Einrich- wicklung der wichtigsten Tierbestände zeigt besonderen Schwerpunkt auf den qualitativen bringen, sofern sie über Direktzahlungen und tung eine praktische Prüfung durch eines die Abbildung 1. Tierschutz legt, also das Tierwohl in all seinen Das Schweizer Gesetz schreibt vor, dass wer den Verkaufserlös der Produkte, die so ent- der beiden Bundeszentren für Tiergerechte Facetten sicherstellt (siehe Kasten «Tierwohl»). Tiere hält, über deren Bedürfnisse und Ver- wässer- und Umweltschutzgesetzgebung. Zu- stehenden fixen und variablen Mehrkosten Haltung für Wiederkäuer und Schweine in 1981 trat das erste schweizerische Tierschutz- Im Unterschied dazu steht der quantitative halten Bescheid wissen muss. Nutztierhal- sätzlich garantiert das Programm den frei- decken können. Das führte zur Einführung Tänikon ZH und Geflügel und Kaninchen in gesetz in Kraft (Tab. 1). Dieses Gesetz setzte Tierschutz, bei dem vor allem messbare Grös- terinnen und Nutztierhalter sind verantwort- willigen Verzicht auf deklarationspflichtige der beiden Tierwohlprogramme «Regelmässi- Zollikofen BE besteht. neue Massstäbe im Tierschutz. So wurde die sen gefordert werden: Lägerbreiten und -län- lich, dass ihre Tiere gesund bleiben und die GVO-Futtermittel für die ganze Nutztierproduk- ger Auslauf im Freien» (RAUS-Programm seit Tierschutzvorschriften eingehalten werden. tion in der Schweiz und weitere freiwillige An- 1993) und «Besonders tierfreundliche Stall- Abbildung 1: Veränderung des Tierbestandesa (in GVEb) in der Schweiz 1980 und 2020 Für die Haltung von Nutztieren wird per Ge- forderungen von einzelnen Sektoren der Tierhal- haltungssysteme» (BTS-Programm seit 1996). SCHWEIZER L ABELS Quellen: Bundesamt für Statistik; Agristat setz eine Ausbildung vorgeschrieben: Unter tung. Damit stellt das QM-Schweizer Fleisch die Bundesbeiträge zahlen etwas an die höheren 10 Grossvieheinheiten (GVE) reicht ein Sach- Mindestanforderungen dar und bildet die Basis Investitionen in besonders tierfreundliche Stäl- Organisationen wie IP-Suisse und Mutterkuh 1980: 1 577 000 GVE kundenachweis, also ein Kurs, an dem das für weitergehende Leistungen in den Bereichen le und den zusätzlichen Arbeitsaufwand, ins- Schweiz bieten Labels oder Marken an, um Total -21.5 % 2020: 1 237 528 GVE Basiswissen der Anatomie, der Fütterung und Tierwohl und Haltung. Alle Tierwohlprogramme besondere im RAUS-Programm. Diese beiden mit Zusatzleistungen beim Tierwohl einen Haltung, Schlachtung, Gesundheit sowie recht- und Label bauen auf den Anforderungen von Tierwohlprogramme sind eine Schweizer Spe- Mehrwert zu schaffen und die verschiedenen 1980: 1 260 000 GVE Rindvieh -25.6 % 2020: 936 891 GVE liche Grundlagen vermittelt werden. Für grös- QM-Schweizer Fleisch auf. zialität, die zu bedeutenden Fortschritten beim Bedürfnisse der Konsumentinnen und Konsu- sere Nutztierbestände ist eine abgeschlossene Tierwohl geführt haben. menten abzudecken. Diese bauen auf dem Fun- 1980: 222 000 GVE landwirtschaftliche Ausbildung zwingend. dament des Programms QM-Schweizer Fleisch Schweine -21.8 % 2020: 173 547 GVE auf und stellen ihrerseits Anforderungen in Kontrollen in der Schweiz den Bereichen Tierhaltung, Tierwohl und allen- 1980: 42 000 GVE +77.2 % Grundkontrollen für das Einhalten der Tier- Die meisten staatlichen Kontrollen finden auf Geflügel 2020: 74 410 GVE QUALITÄTSMANAGEMENT falls noch in anderen Bereichen wie Fütterung schutzgesetzgebung werden auf Bio- und IP- Voranmeldung statt, damit Tierhaltende und SCHWEIZER FLEISCH oder Rassen/Genetik. Die Labels der Bio-Stufe 1980: 41 000 GVE Suisse-Betrieben jährlich, auf allen anderen Tiere tatsächlich anwesend sind. Mindestens Schafe -1.2 % (Knospe von Bio Suisse, KAG Freiland oder De- 2020: 40 525 GVE Betrieben mindestens alle drei Jahre, durch- 20 Prozent der Kontrollen müssen unange- In den 1990er-Jahren entwickelten die Fachor- meter) stellen neben der in der Schweiz gesetz- geführt. Werden Mängel festgestellt, gibt es meldet erfolgen. 2018 zum Beispiel lag der 1980: 12 000 GVE ganisationen der Tierproduktion unter der Lei- lich verlangten gesamtbetrieblichen Bio-Be- Ziegen 2020: 12 155 GVE +1.3 % verstärkte Kontrollen und es werden Mass- Durchschnitt an unangemeldeten Kontrollen tung des Schweizer Bauernverbands das Quali- wirtschaftung ebenfalls höhere Anforderungen nahmen angeordnet. Die Kantone führen die schweizweit bei 35 Prozent6. Zusätzlich zu tätssicherungsprogramm QM-Schweizer Fleisch in den Bereichen Haltung, Auslauf, Fütterung -40 -20 0 20 40 60 80 100 Tierschutz- und Tierwohlkontrollen entweder den Grundkontrollen überprüfen die kantona- und etablierten es in der Praxis. Es sichert durch und Platzangebot. selbst durch oder übertragen sie privaten len Veterinärdienste die Landwirtschaftsbe- a Nachträgliche Berechnung (gerundet) anhand Zahlen SES 1982 und GVE-Faktoren gemäss SR 910.91 (2021) privatrechtliche Kontrollen die Einhaltung der Stellen, die akkreditiert sein müssen. Die Kan- triebe bei Nach-, Zwischen- oder Verdachts- b Grossvieheinheit (GVE): eine rechnerische Einheit, um Tierbestände miteinander zu vergleichen. Grob geltenden und für die Tierhaltung relevanten ge- gesehen entspricht 1 GVE einer Kuh oder 100 Stück Geflügel oder 4 Schafen oder 5 Ziegen oder 2 Schwei- tone müssen die Kontrolltätigkeit der privaten kontrollen bei eingegangenen Meldungen von nen. Bei jungen Tieren braucht es entsprechend mehr für eine GVE (siehe Anhang zur landw. Begriffsver- setzlichen Bestimmungen der Landwirtschafts-, ordnung SR 910.91). Kontrolleure stichprobenweise überprüfen. Dritten. Tierschutz-, Tierseuchen-, Lebensmittel-, Ge-
10 11 Tabelle 1: Entwicklung der gesetzlichen Grundlagen zum Tierschutz in der Schweiz sowie Auswirkungen auf die Haltung der verschiedenen Tiergattungen. Quelle: Gesetzestexte Gesetz oder Verordnung Tierseuchengesetz Höchstbestandes- 1. Tierschutzgesetz RAUS (1993) und Revision Tierschutz- Heilmittelgesetz (HMG) und 2. Tierschutzgesetz 2. Tierschutz- Informationssystem TSG verordnung HBV (TschG) und Tierschutz- BTS (1996) verordnung (TschV) Tierarzneimittelverordnung (TschG) verordnung (TschV) Antibiotika in der Veterinär- verordnung (TschV) medizin (IS ABV) 1966 1980 1981/1991c 1993/1996 1997 2000 2005 2008/2018c 2019 Rinder Regelt Bekämpfung nur Kälber: 300 Mastkälber Mindestmasse BTS: Mehrflächensystem in Mehr Fläche je Tier, Verbot Strengere Regeln für die Ver- Mehr Fläche je Tier Aufzeichnung der Antibiotika- der Tierseuchen Laufställen Anbindehaltung Kälber schreibung und Anwendung anwendung in nationaler RAUS: Regelmässiger Aus- von Tierarzneimitteln (TAM) Datenbank lauf im Freien– z.T. Weide Schweine Regelt Bekämpfung 250 Zuchtschweine oder 500 Mindestmasse BTS: Mehrflächensystem in Verbot neue Strengere Regeln für die Ver- Verbot betäubungs- Verbot bestehende Voll- Aufzeichnung der Antibiotika- der Tierseuchen nicht säugende Zuchtschweine Laufställen Vollspaltenböden schreibung und Anwendung lose Kastration spaltenböden und mehr anwendung in nationaler / Remonten oder 1500 Mast- RAUS: Regelmässiger Aus- von Tierarzneimitteln (TAM) Fläche je Tier Datenbank schweine oder 2000 Ferkel lauf im Freien bis 35 kg Hennen Regelt Bekämpfung 18 000 Legehennen Batterieverbot und BTS: Mehrflächensystem in Strengere Regeln für die Ver- Aufzeichnung der Antibiotika- der Tierseuchen Mindestmasse Laufställen schreibung und Anwendung anwendung in nationaler RAUS: Regelmässiger Aus- von Tierarzneimitteln (TAM) Datenbank lauf im Freien Poulets Regelt Bekämpfung 18 000 Poulets ab 43 Tage Mindestmasse BTS: Mehrflächensystem in Strengere Regeln für die Ver- Aufzeichnung der Antibiotika- der Tierseuchen oder 21 000 Poulets 36 bis Laufställen schreibung und Anwendung anwendung in nationaler 42 Tage oder 24 000 Pou- RAUS: Regelmässiger Aus- von Tierarzneimitteln (TAM) Datenbank lets 29 bis 35 Tage oder lauf im Freien – z.T. Weide 27 000 Poulets bis 28 Tage oder 9000 Truten in Vormast oder 4500 Truten in Ausmast c Ablauf der wesentlichen Übergangsfrist
12 13 TIERGESUNDHEIT Die Schweiz verbot 1999 – als zweites Land Landwirtschaft, Tierärztinnen und Tierärzte ha- raten diesbezüglich die Tierhaltenden. Auch bei Nutztiergesundheit Schweiz nach Schweden – den Einsatz der antimikro- ben als Beitrag der Branche zur Strategie des den Schweinen ermöglicht die Digitalisierung Um die Verantwortlichkeiten und die Fach- Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Antibio- biellen Leistungsförderer. Die EU zog einige Bundes zur Reduktion von Antibiotikaresisten- das Erheben zusätzlicher Daten, aus denen kompetenz zu bündeln und die Tiergesund- tika breiter verfügbar. Nun liessen sich auch Jahre später nach. Das neue Heilmittelgesetz zen (StAR) viele eigene Aktivitäten entwickelt. Zuchtwerte für Gesundheitsmerkmale entwi- heit effizient zu fördern, gründeten 16 na- diverse Krankheiten bei Tieren behandeln. An verschärfte 2005 die Verschreibung von Anti- Die Gesundheitsdienste aller Bereiche führten ckelt werden können. Damit wird die Gesundheit tionale Organisationen von Tierhalterinnen, gewissen Wirkstoffen bestand in der Human- biotika zur Behandlung von Krankheiten noch- die Anstrengungen zur Vermeidung von Re- der Schweine langfristig züchterisch verbessert. Tierzüchtern, Tierärzten und Viehhändlern medizin kaum Interesse. Manche wurden da- mals. Seit 2008 werden in der Schweiz die sistenzen weiter. Inzwischen fusionierten der mit der Vetsuisse-Fakultät und der Vereini- her im Laufe der 1960er bis 1980er-Jahre in Verkäufe von Antibiotika für veterinärmedizini- Rinder- und der Kälbergesundheitsdient und GEFLÜGEL gung der Schweizer Kantonstierärztinnen niedriger Dosierung als antimikrobielle Leis- sche Zwecke auf Stufe Grosshandel statistisch die Organisation Nutztiergesundheit Schweiz Die Mortalität in der Pouletmast liegt heute bei und Kantonstierärzte im Jahr 2020 die Or- tungsförderer, andere auf tierärztliche Verord- erfasst. Die jährlichen Auswertungen zeigen ei- wurde gegründet (siehe Kasten «Organisation rund 2,5 Prozent. Das ist ein sehr tiefer Wert, ganisation Nutztiergesundheit Schweiz. Es nung zur Behandlung von Infektionskrankhei- nen stetigen Rückgang der Verkäufe von antimi- Nutztiergesundheit Schweiz»). auch wenn man ihn mit Aufzuchtverlusten bei gibt verschiedene Tiergesundheitsdienste, ten eingesetzt. Ab Ende der 1980er-Jahre fand krobiellen Wirkstoffen für die Veterinärmedizin. anderen Nutz-, Haus- und Wildtieren vergleicht7. die sich spezifisch mit den einzelnen Tier- die Pharmaindustrie nur noch sporadisch neue Waren es 2008 noch insgesamt 69 830 kg so RINDVIEH Lebensmittelhygiene und gute Herstellungspra- gattungen und deren gesundheitlichen antimikrobielle Wirkstoffe. Parallel dazu bil- wurden 2020 noch 28 871 kg verkauft (Abb. 2). Im Bereich der Rindergesundheit hat die Bran- xis haben in der Schweizer Eier- und Geflügel- Herausforderungen beschäftigen: der Ge- deten diverse Krankheitserreger Resistenzen Das entspricht einem Rückgang von 58 Pro- che verschiedene Initiativen ergriffen. So wur- fleischproduktion einen sehr hohen Stellen- sundheitsdienst für Kleinwiederkäuer, der gegen die gängigen Antibiotika. Damit begann zent. Tierärzte und Tierärztinnen setzen Anti- de der Kälbergesundheitsdienst gegründet, wert. Zum Beispiel werden alle Ställe nach dem Schweinegesundheitsdienst, der Bienenge- eine Diskussion um ihre Verwendung. biotika also immer zurückhaltender ein. in mehreren Regionen laufen Programme zur «Rein-Raus-Verfahren» belegt. Dabei verlassen sundheitsdienst und die zur «Rindergesund- Mastitis-Tilgung. Gesamtschweizerisch läuft alle Tiere den Stall in Richtung Schlachthof, er heit Schweiz» zusammengeführten Rinder- ein Projekt zur Verbesserung der Klauenge- wird sorgfältig gereinigt und desinfiziert und und Kälbergesundheitsdienste. Abbildung 2: Rückgang der Verkäufe von antimikrobiellen Wirkstoffen sundheit beim Rindvieh. Die Digitalisierung danach werden neue Tiere eingestallt. Auch zwischen 2008 und 2020 ermöglicht den Rindviehzuchtverbänden seit werden nur in der Schweiz geschlüpfte Küken Quelle: Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen mehreren Jahren, Gesundheitsdaten zu erhe- und der Actinobacillose, durchgeführt. Da- aufgezogen, was eine wertvolle Grundlage für ben, mit denen bei ausreichender Datenbasis für testete man die Schweinebetriebe auf die gesunde Tiere ist. Taucht trotzdem eine Krank- 80 000 Zuchtwerte für Gesundheits-, Fitness- und Ro- Krankheiten. Auf betroffenen Zucht-Betrieben heit auf, stellen Geflügelfachtierärztinnen und 70 000 bustheitsmerkmale entwickelt werden. Diese behandelte man in einer ferkelfreien Zeit die -tierärzte sicher, dass sie ein wirksames Tier- Zuchtwerte werden die Tiergesundheit lang- Zuchttiere. Auf betroffenen Mastbetrieben arzneimittel einsetzen. Entlang der Wertschöp- 60 000 fristig durch die Reduktion der Krankheitsan- leerte man die Ställe, reinigte und desinfizierte fungskette arbeiten alle Beteiligten mit den Ge- fälligkeit der kommenden Tiergenerationen sie und stallte danach Mastferkel aus sanierten flügelgesundheitsdiensten zusammen. Damit 50 000 verbessern. Herkunftsbetrieben ein. Diese Krankheiten, die sorgt die Branche für so wenige Behandlungen 40 000 häufig Antibiotika erforderten, treten seither in wie möglich, aber so viele wie nötig. SCHWEINE der Schweiz nicht mehr auf. 30 000 Bezüglich der Gesundheit haben die Schweizer 20 000 Schweine einen der höchsten Status weltweit. SuisSano ist ein spezielles Gesundheitspro- Um die Jahrtausendwende wurde erfolgreich gramm des Schweinesektors zum optimierten 10 000 die sogenannte Flächensanierung der durch und reduzierten Einsatz von Antibiotika in der Mikroorganismen verursachten Atemwegs- Schweizer Schweinehaltung. Tierärztinnen und 0 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 krankheiten, der Enzootischen Pneumonie Tierärzte des Schweinegesundheitsdienstes be-
14 15 Rindvieh und Kleinwiederkäuer in der Schweiz Die Kühe sind seit jeher identitätsstiftend für Gesamthaft haben die Milchkühe einen Anteil der müssen mindestens 90 Tage im Jahr Aus- destens 50 Tage Auslauf vorgeschrieben. Bei Höchstbestände beim Rindvieh die schweizerische Landwirtschaft. Weil prak- von 38 Prozent an den Rindviehbeständen. lauf im Freien haben, davon 30 Tage im Winter. Neubauten ist die Anbindehaltung auch bei Bei Tieren der Rindergattung gilt für Mast- tisch alle Tiere der Rindergattung weiden, ist Die Mutterkühe machen mit 131 384 Tieren Je nach Produktionsrichtung – ob konventio- Ziegen verboten. kälber ein Höchstbestand von 300 Tieren das Rindvieh in der Landschaft auch am besten 8,7 Prozent aus. Die übrigen 837 260 Tiere der nell, für ein Label oder biologisch und abhängig pro Betrieb. sichtbar (Tab. 2). Die kleinen Wiederkäuer, die Rindergattung sind Aufzuchttiere jeden Alters, von allfälligen Tierwohlprogrammen – liegen BTS UND RAUS Schafe und die Ziegen, werden traditionell in Mastkälber, Mastmunis, Rinder und Ochsen. die Anforderungen aber weit höher. Weil Schafe nicht angebunden gehalten werden geringerer Anzahl gehalten. Auch sie sind als merhin 8016 Nutztierhalterinnen und Nutztier- dürfen, gibt es kein BTS-Programm für Schafe. Weidetiere im Gelände sichtbar. Kälber unter vier Monaten dürfen nicht ange- halter 343 528 Schafe und auf 6355 Betrieben Aktuell11 leben 45,5 Prozent der Ziegen (nach bunden sein. Alle angebunden gehaltenen Rin- BTS UND RAUS wurden 79 562 Ziegen gehalten. GVE) auf 22,6 Prozent der Betriebe12 nach den Regeln des BTS-Programms in Laufställen mit Tabelle 2: Vergleich der Anzahl Betriebe mit Rindern, Kühen, Kühen pro Betrieb 2019 profitierten über 84 Prozent der Tiere Schafe sind Herdentiere und werden daher Mehrflächensystemen. und der Milchleistung zwischen 1980 und 2020 der Rindergattung (nach GVE) auf 85 Prozent in Gruppen gehalten. In der Schweiz liegt der Quelle: Agristat, Statistische Erhebungen und Schätzungen, diverse Jahresausgaben der Betriebe von den Vorgaben des RAUS-Pro- Fokus bei der Schafhaltung vor allem auf der 79 Prozent der Ziegen auf 54 Prozent der Be- gramms10. Dieses schreibt in der Vegetations- Fleischproduktion. Allerdings nahm die Milch- triebe profitieren vom RAUS-Programm. Bei 1980 2020 zeit von Mai bis Oktober mindestens 26 Wei- schafhaltung in den letzten Jahren zu. Bei den den Schafen sind über 88 Prozent der Tiere detage pro Monat vor. Von November bis April Ziegen steht vor allem die Milch- und Käse- auf fast 74 Prozent der Betriebe im RAUS-Pro- Tierhaltende 83 500 33 600 produktion im Vordergrund. Die vor allem für müssen die Tiere an mindestens 13 Tagen pro gramm. Das RAUS-Programm verlangt auch % 100 % 40 % Monat Auslauf auf einer Auslauffläche oder die Fleischerzeugung gezüchtete Burenziege bei den Kleinwiederkäuern im Sommer 26 Tage Weide bekommen oder alternativ Zugang zu ist mittlerweile aber recht verbreitet und auch auf einer Weide und im Winterhalbjahr 13 Tage Rindviehbestand 2 030 600 1 515 123 einem Laufhof während des ganzen Jahres ha- die Gitzi der anderen Rassen werden auf dem pro Monat Auslauf oder Weide. % 100 % 75 % ben. Fleischmarkt vermarktet – die Nachfrage nach Ziegenfleisch ist in der Schweiz aber beschei- Kühe 893 100 677 863 Die Beteiligung am BTS-Programm war 2019 den. davon: 546 479 Milchkühe mit fast 59 Prozent der GVE und knapp 56 Pro- 131 384 Mutterkühe zent der Betriebe etwas tiefer, weil für das Die meisten Schafhalterinnen und Schafhal- Mitmachen am BTS-Programm die Ställe um- ter halten ihre Tiere extensiv und die Schafe % 100 % 76 % oder neu gebaut werden müssen. Das BTS-Pro- sind die meiste Zeit draussen. Sowieso dürfen Rinder/Betrieb 24,3 45,1 gramm verlangt die Laufstallhaltung auf einem Schafe in der Schweiz nicht angebunden sein. Mehrflächensystem mit eingestreutem Liege- Bei der Ziegenhaltung dürfen die Tiere nur Milch t 3 679 000 3 810 079 bereich. noch auf bestehenden Standplätzen angebun- % 100 % 103,5 % den gehalten werden. Die Ziegenhalterinnen Selbstversorgungsgrad Milch (inkl. Butter) 103 % 107 % und Ziegenhalter müssen aber regelmässigen KLEINWIEDERKÄUER Auslauf im Freien garantieren und dies, wie Selbstversorgungsgrad Fleisch 93 % 85 % bei den Rindern, in einem Auslaufjournal do- Anteil Rinder-GVE mit RAUS (2019) - 84,3 % 8 Die Schaf- und Ziegenhaltung hat in der kumentieren. Während der Vegetationsperiode Schweiz traditionell nicht die Bedeutung der müssen die Ziegen an mindestens 120 Tagen Anteil Rinder-GVE mit BTS (2019) - 58,9 % 9 Rindviehhaltung. Trotzdem hielten 2020 im- draussen grasen können, im Winter sind min-
16 Besuch bei Magalie und Pierre Grolimund in Vicques 17 Tierwohl und Wirtschaftlichkeit gehören zusammen Magalie und Pierre Grolimund halten Milchkü- und installierte Ventilatoren, die für bessere und jede Kuh trägt einen Namen – bekommen Grolimund. Aber die meisten Arbeiten würden den Boxen. Die Kühe würden nun viel rascher he aus Leidenschaft: Sie sind lieber im Stall als Luftqualität und angenehmere Temperaturen sie pro Kilo Milch 3 Rappen mehr. Betriebsspiegel bleiben: die Tiere beobachten, misten und rei- abliegen, bemerkt der Landwirt zufrieden. Gro- auf dem Feld. Seit einem Jahr bestimmen ihre sorgen. 60 Milchkühe der Rasse Holstein, nigen. Natürlich ermögliche ihnen der Roboter, limunds finden schwierig, dass die Vorstellun- ca. 60 Aufzuchttiere Tiere dank Melkroboter selbst, wann sie sich Geplante Tierarztbesuche die Arbeit flexibler zu planen, sagt das Betriebs- gen der Gesellschaft von der Milchproduktion 54 ha LN, davon 7 ha Silomais, melken lassen wollen. «Das führt zu mehr Ruhe Grolimunds produzieren Industriemilch. Dafür für eine bessere Tiergesundheit leiterpaar. Sie müssen nun nicht mehr morgens entweder romantisiert oder durch schlechte 7 ha Brotgetreide, 15 ha Kunstwiese, und mehr Freiheit für die Kühe», sagen Groli- hat die Branche 2019 den neuen Standard für Um Probleme früh zu erkennen, besucht der 20ha Weide, davon 6 ha extensive und abends zu fixen Zeiten im Melkraum ste- Beispiele geprägt sind. «Ja, wir leben von der munds. nachhaltige Milch verabschiedet, «den grünen Tierarzt den Betrieb von Grolimunds alle zwei Weiden, 5 ha weitere Biodiversitätsför- hen. Das A und O für gute Tiergesundheit aber Milch und am Schluss kommen die Kühe in den Teppich». Schweizer Milch soll sich so stärker Wochen. Das System nennt sich «Bestandesbe- derflächen sei, viel Zeit bei den Tieren zu verbringen, um Schlachthof. Doch in den Jahren auf unserem Auf dem Betrieb von Pierre und Magalie von ausländischer unterscheiden. Für die Ein- treuung». Dazwischen notiert sich Pierre Groli- Besonders Tierfreundliche Stallhaltung Probleme sofort wahrzunehmen. Bei den Be- Hof sollen sie es gut haben.» Es mache ihnen Grolimund oberhalb von Vicques JU stehen haltung der Anforderungen – Teilnahme an min- mund auf dem Handy, was ihm bei den Tieren (BTS) und Regelmässiger Auslauf ins obachtungen im Stall ist Pierre Grolimund auf- keine Freude, wenn Tiere abgeholt werden. Freie (RAUS), IP-Suisse 60 Holstein-Milchkühe und rund ebenso viele destens einem der beiden Tierwohlprogramme auffällt. Ist der Tierarzt auf dem Betrieb, be- gefallen, dass die Kühe lange zum Abliegen «Wir kennen sie von klein auf, wir sorgen uns Industriemilch, Silofütterung Aufzuchttiere in einem Laufstall. Den hatten des Bundes BTS und RAUS, Sojaschrot aus sprechen sie die angefallenen Beobachtungen und Aufstehen brauchten: «Deshalb haben wir um sie und arbeiten jeden Tag mit ihnen. Durch Betriebsleiterpaar, Aushilfe bereits Grolimunds Eltern gebaut – nach der nachhaltiger Produktion, keine Verwendung und gehen die Tiere durch: Eutergesundheit, vor einigen Monaten die Boxeneinstreu verän- sie haben wir ein Einkommen und eine Zukunft Betriebsübernahme 2018 öffnete der junge von Palmöl und Palmfett in der Fütterung und Trächtigkeiten, Fütterung, Besamung, Entwur- dert.» Es ist nun weicher und weniger nass in für unsere Kinder.» Betriebsleiter die Wände im oberen Bereich keine Antibiotika ohne tierärztliche Verordnung mung oder allfällig nötige Behandlungen. Der mund. «Die Kühe gehen ganz klar vor. Wenn es Tierarzt schneidet auch die Klauen. Viele Pro- Probleme im Stall gibt, sind sie wichtiger als bleme lassen sich so vermeiden oder bereits das Abendessen oder ein freier Nachmittag.» im Anfangsstadium behandeln: «Der Gesamt- zustand unserer Kühe ist besser, die Gesund- Der Melkroboter heitskosten sind niedriger und wir brauchen macht flexibler den Tierarzt kaum mehr notfallmässig.» Seit Herbst 2020 können sich die sechzig Kühe nicht nur frei bewegen, sondern auch Die Priorität liegt für Grolimunds klar bei den selbst entscheiden, wann sie zum Melken ge- Kühen. «Wir verbringen lieber Zeit im Stall und hen wollen: Grolimunds schafften sich einen rund um die Kühe, als lange auf Maschinen zu Melkroboter an. Ein Fütterungsroboter schiebt sitzen», erzählt Pierre Grolimund. Deshalb ha- regelmässig das Futter an den Futtertisch. ben sie im Acker- und Futterbau verschiedene Von beiden technischen Lösungen profitieren Arbeiten ausgelagert. «Wir sind so viel um die insbesondere rangniedere Tiere, die sich nun Kühe, dass wir sofort merken, wenn eine sich weniger gegen die ranghöheren verteidigen komisch verhält, hinkt oder stierig ist», fügt der müssen. Das Tor zur Weide steht den Tieren Landwirt an. jederzeit offen. Da es Wasser und zusätzliches Futter nur im Stall gibt, kommen sie regelmäs- «Wir kennen unsere Kühe so gut wie andere sig zurück und gehen dann zum Melken. Leute ihren Hund oder ihre Katze. Kranke Tiere Magalie und Pierre Grolimund halten auf ihrem Betrieb in Vicques JU 60 Holstein-Milchkühe. beschäftigen uns sehr. Wenn es den Kühen gut «Berufskollegen denken oft, wir würden nun ei- Im Laufstall können die Kühe liegen und fressen, wann sie wollen – und dank dem Melkroboter «Die Tiere gehen ganz klar vor», sagen sie. geht, geht es uns gut», ergänzt Magalie Groli- ner auswärtigen Arbeit nachgehen», sagt Pierre auch entscheiden, wann sie zum Melken gehen.
18 19 Schweine in der Schweiz Die einheimische Schweinehaltung hat sich Die Art der Schweinehaltung hat sich in die- das Anbinden der Schweine am Hals und auch Höchstbestände Schweine in den vergangenen Jahrzehnten stark kon- ser Zeit ebenfalls massiv verändert. Vor den die aus dem Ausland bekannten Systeme der In der Schweiz dürfen pro Betrieb maximal zentriert und professionalisiert. Ein Bruchteil 80er-Jahren bestanden kaum gesetzliche Vor- Batteriehaltungd von Ferkeln. Viele Bauern- 250 Zuchtschweine oder 500 nicht säugen- der Betriebe hält heute fünfmal mehr Tiere gaben für die Ställe, bezüglich der Fress- und familien mussten die Ställe an die neuen Vor- de Zuchtschweine (zur Aufzucht) oder 1500 pro Betrieb (Tab. 3) als vor vierzig Jahren und Liegeplätze oder der Beleuchtung. Dann ka- schriften anpassen und umbauen. Schon 1997 Mastschweine oder 2000 Ferkel bis 35 kg produziert 83 Prozent der Fleischmenge. Der men laufend neue staatliche Regulierungen kamen die nächsten neuen Vorschriften mit gehalten werden. Konsum von Schweinefleisch pro Kopf nahm auf die Tierhalterinnen und Tierhalter zu. Im einer Übergangsfrist von zehn Jahren. Diese von knapp 43 kg auf knapp 26 kg oder um gut Januar 1980 trat die erste Verordnung über die verboten die Kastenstände. Seither dürfen die 39 Prozent ab. Im gleichen Zeitraum wuchs Höchstbestände in der Fleisch- und Eierpro- Tiere nur in Ausnahmefällen fixiert werden. Jahr 2019 gut die Hälfte der Betriebe mit eben- die Bevölkerung der Schweiz von 6.3 Mio. auf duktion in Kraft. Eineinhalb Jahre später folgte Ebenso durfte es in Neu- und Umbauten kei- falls gut 50 Prozent des Schweinebestandes 8.6 Mio. Personen. die erste Tierschutzverordnung. Diese verbot ne neuen Vollspaltenböden mehr geben. Die- die Tiere gemäss den Vorgaben des RAUS-Pro- se wurden 2008 mit einer Übergangsfrist von gramms. Dort haben die Schweine einen mehr- Tabelle 3: Anzahl Schweine gesamthaft, pro Betrieb, Schlachtungen und Fleischmenge 10 Jahren ganz verboten. Innert drei Jahren stündigen Auslauf auf einer befestigten Fläche in Tonnen: Vergleich zwischen den Jahren 1980 und 2020 wurden bis 2010 für die Kastration der männli- oder einer Weide. Die Mindestflächen sind vor- Quelle: Agristat, Statistische Erhebungen und Schätzungen, diverse Jahresausgaben chen Mastferkel Narkosegeräte entwickelt und geschrieben und die befestigten Ausläufe dür- eingeführt. Auch das ist eine schweizerische fen höchstens zu 50 Prozent überdacht sein. 1980 2020 Pionierleistung im Tierschutz. Die beiden Bundesproramme bilden für die meisten Labels eine Mindestanforderung. Heu- Anzahl Betriebe 42 500 5 600 te erfüllen viele Betriebe die BTS/RAUS-Be- % 100 % 13 % BTS UND RAUS stimmungen, obwohl sie keinen Labelvertrag haben – sie könnten also von heute auf morgen Schweine 2 204 700 1 348 306 In der Schweinehaltung schreibt das Tierwohl- in die Labelproduktion einsteigen. Allerdings programm BTS einen Mehrflächenstall mit fehlt es am Absatz, da besonders der preissen- % 100 % 63 % einer eingestreuten Liegefläche und einem Ak- sitive Hotel-, Restaurant- und Kantinenkanal Schweine/Betrieb 52 240 tivitätsbereich mit Fest- und/oder Spaltenbo- kaum Labelfleisch abnimmt. Die Tierhalterin- den vor. Aktuell halten mehr als die Hälfte der nen und Tierhalter erfüllen die Labelanforde- Schlachtungen 3 397 657 2 468 256 Schweinehaltenden mit mehr als zwei Dritteln rungen, bekommen jedoch über den Produkt- % 100 % 73 % der gehaltenen Schweine, die Tiere nach den preis keine Abgeltung für den Mehraufwand Vorgaben des BTS-Programms15. Die Auslauf- und die Mehrkosten. Fleischmenge t 271 024 223 986 haltung von Schweinen ist anspruchsvoll und bezüglich der Seuchenprävention, je nach Ge- % 100 % 83 % fahrenlage (Afrikanische Schweinepest), nicht Selbstversorgungsgrad 100 % 92 % in jedem Fall zu empfehlen. Dennoch halten im Anteil Schweine-GVE mit RAUS (2019) - 50,8 %13 d Dabei handelte es sich um z.T. mehrstöckige, enge Anteil Schweine-GVE mit BTS (2019) - 68,3 %14 Drahtgitterkäfige mit Drahtgitterböden für ca. 10 Tiere pro Abteil.
20 Besuch bei Ivo Wolfisberg in Hohenrain 21 Im Kreislauf der Ferkelproduktion Ivo Wolfisberg hält auf seinem Betrieb Zucht- Deck-, Warte- und Abferkelstall den Saugferkeln sowie die Jager (Jungschwei- Kurs besucht und anschliessend eine Einfüh- 28 Tage saugen die Ferkel, dann bringt Ivo Wol- sauen. Er schaut, dass sie trächtig werden und Im Deckstall stehen noch die alten Kastenstän- ne) haben keinen Auslauf. Betriebsspiegel rung von einem Tierarzt und dem Geräteher- fisberg sie in den Ferkelaufzuchtstall. Dieser unterstützt sie beim Abferkeln. Die Ferkel ver- de. Die engen Gitterkäfige kommen jedoch nur 125 Zuchtsauenplätze steller erhalten. Die Ferkel erhalten ausserdem besteht aus drei Ställen, jeder in 8 Buchten à kauft er mit einem Lebendgewicht von 25 kg an noch bei der künstlichen Besamung zum Zuge. Die Sauen tragen rund 116 Tage. Ein paar Tage 36 Milchkühe, Käsereimilch verschiedene Impfungen und eine Dosis Eisen. 30 Tierplätze unterteilt. Auch diese Buchten einen Mastbetrieb. Ansonsten laufen hier ein Duroc- und ein Pre- vorher dem Geburtstermin bringt Ivo Wolfis- 20,5 ha LN, Mais, Weizen, Raps, Natur- Die Eisenversorgung bei den Ferkeln spielt eine verfügen über einen gewärmten, gedeckten wiesen und Kunstwiesen, Weide mo-Eber mit; beide vererben den Ferkeln gute berg sie in den Abferkelstall mit zwei Abferkel- wichtige Rolle, da die Saugferkel in den ersten Bereich. Hier bleiben die Tiere 5 bis 6 Wochen; Betriebsleiter, Lernender, Mithilfe der Auf dem Schweinezuchtbetrieb von Ivo Wol- Fleischqualität. Die Trächtigkeit verbringen die zimmern, jeweils eines für eine Gruppe. Jedes Tagen und Wochen vorwiegend die eisenarme mit 25 Kilo Körpergewicht verkauft Wolfisberg Eltern fisberg in der Nähe von Hohenrain LU ist sind Sauen im Wartestall. In dem grossen, mit Stroh Abferkelzimmer ist in mehrere Buchten unter- Solaranlage: 50 kW Eigenverbrauch, Muttermilch zu sich nehmen. Um Mangel vor- die Ferkel an einen Mastbetrieb. Die Sauen die rund 125 Zuchtsauen in einem 3-Wochen- eingestreuten Raum sind mehrere Gruppen ge- teilt, so dass jede Sau mit ihren Ferkeln eine 300 kW KEV zubeugen, wird Eisen verabreicht. Weiter hilft bringt der Landwirt nach dem Absetzen der Rhythmus-System organisiert. Zu jedem Zeit- mischt. Alle Tiere im Deck- und Wartestall ha- eigene Bucht mit Sichtkontakt zu den Nachba- ÖLN-Gemeinschaft mit einem Nachbarn die Zufütterung einer Mischung aus Ferkelstar- Ferkel wieder in den Deckstall und der Kreis- punkt befindet sich eine Gruppe von Sauen im ben Auslauf. Ivo Wolfisberg produziert gemäss rinnen hat. IP-Suisse (BTS und RAUS obligatorisch) terfutter, Wühlerde und Milchpulver gegen den lauf beginnt von vorne. Deckstall, fünf Gruppen im Wartestall und zwei IP-Suisse-Richtlinien, für die RAUS und BTS ob- Eisenmangel. Damit gewöhnen sich die Ferkel Gruppen im Abferkelstall. ligatorisch sind. Nur die säugenden Sauen mit Die meisten Geburten leitet Ivo Wolfisberg ausserdem an feste Nahrung. medikamentös ein, weil der Abferkelstall nicht überleben. Deshalb praktiziert Ivo Wolfisberg direkt auf dem Betrieb steht: «Es ist mir sehr auch Ammenhaltung. Denn in einem Wurf sind wichtig, bei den Geburten vor Ort zu sein und nie alle Ferkel gleich stark. Die kleinsten und die Sauen zu unterstützen», erklärt der Land- schwächsten bekommen oft zu wenig Milch wirt. Die Ferkel sollen rasch genug Muttermilch und zu wenig Wärme. Deshalb legt Wolfisberg trinken, um die darin enthaltenen Immunstoffe die kleinsten Ferkel aller Sauen an eine Sau; aufzunehmen. Ausserdem sollen sie sich ans deren Ferkel wiederum verteilt er auf die an- gewärmte Ferkelnest gewöhnen. Diesen ge- deren Sauen in der gleichen Abferkelgruppe. deckten, auf gut 30°C gewärmten Bereich gibt Die kleinen und schwachen Tiere sind damit es, da sich die Temperaturbedürfnisse von Sau unter sich und haben so viel bessere Überle- und Ferkel deutlich unterscheiden. Die Ferkel benschancen, als wenn sie sich ständig gegen können sich dorthin zurückziehen und aufwär- starke Geschwister durchsetzen müssten. «In men und kommen raus, um mit der Sau Kontakt der Regel akzeptieren die Sauen die fremden aufzunehmen und zu trinken. Die Raumtempe- Ferkel gut», sagt Wolfisberg. ratur des Abferkelzimmers kommt mit etwa 18°C den Bedürfnissen der Sauen entgegen. Nach der Geburt schleift Ivo Wolfisberg den Ferkeln die Zahnspitzen ab, damit sie die Zitzen Ammen für die schwachen Ferkel der Sau und sich gegenseitig nicht verletzen. Die Sauen gebären zwischen 12 und 14 Ferkel. Ausserdem desinfiziert er bei jedem Ferkel den «Lange waren möglichst viele Ferkel pro Sau Nabel. Zwischen dem vierten und sechsten Le- das Ziel, jetzt hat man lieber eines weniger benstag kastriert er ausserdem die männlichen Ivo Wolfisberg hält 125 Zuchtsauen und zieht Ferkel auf. Mit rund 25 kg Körpergewicht und die anderen dafür robuster.» Oberstes Ziel Ferkel mit Hilfe eines Narkosegerätes. Um die 28 Tage säugen die Zuchtsauen die Ferkel. Diese Zeit verbringen sie zusammen in der Abferkel- verkauft er sie an einen Mastbetrieb. auf dem Betrieb ist, dass möglichst alle Ferkel Kastration vorzunehmen hat Wolfisberg einen bucht mit dem gewärmten Ferkelnest.
22 23 Geflügel in der Schweiz Die Geflügelhaltung deckt die Eierproduktion BTS UND RAUS Eine Herausforderung in der Eierproduktion Höchstbestände bei Legehennen Höchstbestände bei Poulets mit den Legehennen und die Fleischproduk- Die Legehennen leben zu 84,5 Prozent in Stäl- sind die männlichen Küken, die keine Eier le- Pro Betrieb dürfen höchstens 18 000 Tiere In der Pouletmast gelten sowohl Höchstbes- poulets ab dem 43. Masttag gehalten werden. tion mit Poulets und Truten ab. Die Trutenmast len mit Wintergarten und mit Zugang zum Frei- gen und nur wenig Fleisch ansetzen. Am alter- gehalten werden. tandesbeschränkungen wie auch Beschrän- Gleichzeitig dürfen die Ställe gemäss Tier- hat ab den 1980er-Jahren in der Schweiz Fuss land18 (Abb. 3). Diese moderne Haltung erfüllt nativen Vergasen gibt es grosse Kritik aus der kungen nach Lebendgewicht pro Quadrat- schutzgesetz nicht mit mehr als 30 kg/m2 gefasst. 2020 stammte ca. ¹⁄₆ des verzehrten die Anforderungen der Tierwohlprogramme Gesellschaft. Daher sucht die Branche intensiv meter. Gemäss Höchstbestandesverordnung befüllt werden. Da die Poulets rasch an Ge- Trutenfleisches aus Schweizer Produktion. BTS und RAUS des Bundes und wird mit Beiträ- nahme an den Förderprogrammen des Bundes nach Möglichkeiten, das Geschlecht bereits im dürfen 27 000 Mastpoulets bis zum 28. Mast- wicht zunehmen, sind deshalb oft nicht die Am gesamten Geflügelfleischkonsum haben gen gefördert. In Betrieben mit Bodenhaltung und haben meist noch zusätzliche Vorgaben. Ei zu bestimmen. Sobald diese praxistauglich tag («Mistchratzerli»), 24 000 Mastpoulets vollen Höchstbestände möglich. Wer am die Truten einen Anteil von 6,5 Prozent. Für leben nur noch 15,5 Prozent der Hennen, da- 18,5 Prozent der Hennen werden nach den Bio- ist, werden die Eier mit den männlich befruch- vom 29. bis 35. Masttag, 21 000 Mastpoulets Schlachttag zu hohe Gewichtwerte pro Qua- Nischenprodukte werden Wachteln (Eier und von haben gut die Hälfte Zugang zu einem Win- richtlinien gehalten. teten Küken nicht mehr ausgebrütet. Weder die vom 36. bis zum 42. Masttag und 18 000 Mast- dratmeter in den Ställen hat, wird bestraft. Fleisch) sowie Enten und Gänse gehalten. Auch tergarten (BTS). Die Labels verlangen die Teil- Zucht auf Zweinutzungshühnerh noch die Mast in der Geflügelhaltung haben die gesetzlichen von sogenannten Bruderhähneni sind bezüglich Vorgaben in den Bereichen Höchstbestände des Ressourceneinsatzes (v.a. Futter und Stall- Abbildung 3: In der Schweiz gibt es verschiedene Stufen von Anforderungen (1980) und Tierschutz (1981) die Produktion Tabelle 4: Vergleich der Anzahl Geflügelbetriebe, Hennen, Hennen fläche) nachhaltig j. an die Haltung von Legehennen. Die Tierschutzverordnung schreibt die Haltung auf massiv beeinflusst. Begrenzungen der Anzahl pro Betrieb und Eierproduktion zwischen 1980 und 2020 mehreren Ebenen vor. BTS ergänzt dazu den Aussenklimabereich, RAUS den Auslauf Tiere je Betrieb in der Gesetzgebung gibt es Quelle: Agristat, Statistische Erhebungen und Schätzungen, diverse Jahresausgaben auf eine Weide. Für Biolegehennen sind alle drei Niveaus obligatorisch. weltweit nur in der Schweiz. POULETS Quelle: Geflügelzeitung 11/2021 1980 2020 EIER Die Geflügelmast ist als Vertragsproduktion Anzahl Betriebe 66 300 f 11 570 organisiert – als sogenannte Integration. Der Die Tierschutzverordnung von 1981 hat mit % 100 % Nicht vergleichbar Integrator nimmt die Tiere ab und betreibt einer Übergangsfrist von 10 Jahren die Bat- Hennen 3 170 000 3 487 972 einen Schlachthof. Er bestimmt die Rasse der teriehaltunge der Legehennen verboten. Die Tiere und weitere wichtige Elemente der Pro- Stall Aussen- % 100 % 110 % Übergangsfrist war nötig, weil damals welt- duktion wie die Futterzusammensetzung, wann klimabereich weit keine alternativen Systeme für die profes- Hennen/Betrieb 52 240g ein Mastdurchgang beginnt und mit welchem (Wintergarten) Weide sionelle Haltung von Legehennen vorhanden Eier Stück 781 Mio. 1100 Mio. Gewicht die Tiere geschlachtet werden. Neben waren. Innert 10 Jahren mussten die Firmen % 100 % 140 % zwei grossen und zwei mittleren Integratoren für Stalleinrichtungen die Volierenställe ent- gibt es einzelne Kleinintegratoren. Selbstversorgungsgrad Gesamteier 54 % 56 % wickeln, testen und dem Bund zur Bewilligung einreichen. Anteil Legehennen-GVE mit RAUS (2019) - 82.3 %16 Tierschutzverordnung Anteil Legehennen-GVE mit BTS (2019) - 92.8 %17 BTS: Besonders Im Vergleich zu 1980 werden heute 10 Prozent h Rassen, die sowohl für die Eier- wie auch für die Fleisch- tierfreundliche Stallhaltung e Batteriehaltung oder Käfighaltung der Legehennen: 5 Tiere wurden in einem Drahtgitterkäfig auf produktion eingesetzt werden können mehr Legehennen gehalten – durch den Struk- 550 cm2 Fläche pro Tier gehalten. In den Ställen wurden die Käfige in langen Reihen nebeneinander und in mehreren Stockwerken übereinander angeordnet. turwandel sind es rund fünfmal mehr Tiere pro f In den für 1980 verfügbaren Daten wurde nicht nach Produktionsrichtung Eier oder Fleisch unterschieden. i Mast von Hähnen der Legerassen («Brüder» der Lege- RAUS: Regelmässiger Auslauf im Freien hennen) Betrieb. Die Legehennen sind ausserdem deut- g Die Herdengrössen bei Legehennen unterscheiden sich in der Schweiz – viele Direktvermarktungsbetrie- be halten Herden von unter 100 Tieren, während auf professionellen Eierbetrieben einige Tausend Hennen lich produktiver geworden – sie legen heute stehen. Dadurch und durch die Höchstgrenze von 18 000 Tieren kommt die relativ niedrige Durchschnitts- j Die Mast der Bruderhähne dauert mehr als doppelt so Bio-Anforderungen zahl von 240 Hennen pro Betrieb zustande. lange wie die für ein Standardpoulet und je kg Schlacht- rund 40 Prozent mehr Eier als früher (Tab. 4). gewicht verzehren die Bruderhähne dreimal mehr Futter.
24 25 Die Integratoren definieren ausserdem die mal mehr Fleisch produzieren (Tab. 5). Ein- Labelanforderungen mit Ausnahme der Bio- heimisches Pouletfleisch ist ein sehr gefragtes produktion. Das Bio-Pouletfleisch ist ein Ni- Produkt. schenprodukt mit weniger als drei Prozent Marktanteil. Dafür braucht es viel mehr Fläche, BTS UND RAUS weil die Besatzdichte höchstens 20 kg Lebend- In der Pouletmast leben 97 Prozent der Pou- gewicht (LG) pro Quadratmeter (25 kg LG/m2 lets gemäss BTS-Bedingungen, damit ist das mit Wintergarten) betragen darf. Für Bio-Poulets Programm quasi zur Standardhaltungsform ge- muss die Mast mindestens 63 Tagen dauern. worden. Das Geflügelfleisch ist in den vergangenen Jahrzehnten beliebter geworden. Um die grös- sere Nachfrage zu befriedigen, hat sich die Geflügelmast professionalisiert. Die Betriebe halten mehr Poulets, die wiederum fast fünf- Tabelle 5: Vergleich der Anzahl Pouletbetriebe, Poulets, Poulets pro Betrieb und Fleischproduktion zwischen 1980 und 2020 Quelle: Agristat, Statistische Erhebungen und Schätzungen, diverse Jahresausgaben 1980 2020 Anzahl Betriebe 66 300 k 970 % 100 % Nicht vergleichbar Poulets 2 579 500 7 487 972 % 100 % Nicht vergleichbar Poulets/Betrieb 87 7 720 Fleischmenge t 20 900 102 296 % 100 % 490 % Selbstversorgungsgradl 43 % 60 % Anteil der Mastpoulet-GVE nach RAUS (2019) - 8 %19 Anteil der Mastpoulet-GVE nach BTS (2019) - 97,4 %20 k In den für 1980 verfügbaren Daten wurde nicht nach Produktionsrichtung Eier oder Fleisch unterschieden l Im Selbstversorgungsgrad Geflügel ist sowohl Poulet- wie auch Trutenfleisch enthalten. Letzteres macht jedoch am Gesamtgeflügelfleisch nur einen Anteil von 6,5% aus.
26 Besuch bei Corinne und Marcel Gygax in Grünenmatt 27 Geflügelhaltung ist Millimeter-Arbeit Marcel und Corinne Gygax führen einen Pou- Auf die ersten drei Tage Nach 36 Tagen und mit einem Durchschnitts- ligen Wachstumsphase angepasst sind. Damit auf dem Betrieb. Je nach Witterung und Tem- letmastbetrieb im Emmental. Sie erzählen, wo- kommt es an Betriebsspiegel gewicht von zwei Kilos kommen die Tiere in verbessern sie die Nährstoffeffizienz. «Der An- peratur passen sie die Bedingungen im Stall an rauf es ankommt und was sie an den Tieren so Vor dreissig Tagen sind sie als Eintagsküken 2 x 4000 Mastpoulets, BTS den Schlachthof. Gygax’ räumen, misten und spruch der Konsumentinnen und Konsumen- oder lassen die Tiere raus. «Geflügelhaltung ist fasziniert. auf den Betrieb gekommen. Gygax’ hatten den Grünlandbetrieb mit Mutterkühen wischen den Stall und den Aussenklimabe- ten an das Tierwohl und die Tiergesundheit ist Millimeter-Arbeit», sagt Marcel Gygax. Stall auf 34 Grad geheizt und den Bereich zwi- Acker- und Waldbau reich und reinigen anschliessend beides sehr heutzutage enorm gross. Dadurch ist die Hüh- Marcel Gygax öffnet die Auslauföffnungen in schen den Futtertrögen in der Mitte des Stalls Bienen, Hochstammobstbäume gut mit dem Warmwasserhochdruckreiniger. nerhaltung anspruchsvoller und komplexer ge- Die Faszination ist greifbar. «Wir begleiten die den Aussenklimabereich. Er hat einen Mantel eingezäunt. Hier ist es am wärmsten und die Betriebsleiterpaar, Eltern als Mithilfe Das dauert rund drei Tage. Nach dem Trocknen worden», erzählt Marcel Gygax. Es gehe nichts Tiere während ihres ganzen Lebens, verfolgen und Stiefel angezogen, die er nur hier trägt: Hy- Küken brauchen noch nicht so viel Platz. Um und Desinfizieren streuen sie ihn wieder ein, über Erfahrung. «Wenn ich in den Stall gehe, ihre Entwicklung, kümmern uns um sie», er- giene ist im Geflügelstall sehr wichtig. Nach und die Umwelt zu schonen, betreiben Gygax’ die heizen, installieren die Einrichtungen für Futter spüre ich, ob es den Tieren gut geht und ob das zählt Corinne Gygax. Und ihr Mann ergänzt: nach trippeln die Masthühner mit vorgereckten Heizung mit Solarwärme und Holz. zu Kräften kommen.» Temperatur und Luftqua- und Wasser und stellen die erhöhten Sitzflä- Klima stimmt», erzählt er. «Diese komplexen «Das Leben ist kurz, aber gut. Es fehlt ihnen an Köpfen durch die Öffnungen. Ihr Federkleid ist lität müssen stimmen. chen wieder bereit. Sie sind eine Bedingung für Zusammenhänge kann noch kein Computer nichts und sie müssen keine Angst vor Füch- am 30. Tag noch nicht komplett entwickelt, die Die ersten drei Tage sind am heikelsten, erklärt das Tierwohlprogramm «Besonders tierfreund- begreifen.» Obwohl die technische Unterstüt- sen oder Vögeln haben. So produzieren wir ein Füsse wirken gross im Vergleich zum Körper. Corinne Gygax. «Wir verbringen dann viel Zeit Während die Hühner älter werden, brauchen liche Stallhaltungssysteme» (BTS), von dem Co- zung durchaus hilft – sie dosiert Wasser und nachhaltiges und nachgefragtes Produkt, das Manche rennen herum, andere scharren und pi- im Stall, schauen, wie sie sich verhalten, ani- sie weniger intensive Überwachung. Normaler- rinne und Marcel Gygax sehr überzeugt sind. Futter und kontrolliert Temperatur und Klima. wir auch selbst sehr gerne essen.» cken in der Einstreue oder legen sich sofort hin. mieren sie zum Fressen und Trinken, damit sie weise sind es zwei Rundgänge pro Tag, auf de- «Hier verbinden sich eine tierfreundliche, wirt- Die Tiere und ihre Bedürfnisse prägen die Tage nen sie die Tiere, Wasser, Futter und die Tem- schaftliche und ressourcenschonende Produk- peratur im Stall kontrollieren. «Dabei laufe ich tion», erklärt Marcel Gygax und ergänzt: «Wir aber nicht einfach durch», sagt Marcel Gygax haben nie kranke Hühner.» Die letzte Behand- mit Nachdruck, «ich beobachte sie. Manchmal lung mit Antibiotika hätten sie vor sechs Jah- setze mich sogar hin und rede mit ihnen, kraule ren durchführen müssen. «Ausserdem können sie. Manche sind neugieriger und kommen so- wir die Tiere auch rauslassen, wenn es regnet, fort, andere weniger.» Ihm sei wichtig, dass es und sie sind vor Füchsen und Greifvögeln ge- den Tieren gut geht. schützt. Ausserdem haben sie durch das Gitter keinen Kontakt zu Wildtieren – also könnten wir Letzter Einsatz von Antibiotika sie auch rauslassen, wenn Geflügel aufgrund vor sechs Jahren der Vogelgrippe drinbleiben muss.» Für BTS Mit der Zeit füllen die Tiere den vorhandenen gibt es vom Bund Beiträge – zur Abgeltung für Platz besser aus. «Sie haben genug Platz, lie- die Mehrarbeit und den zusätzlichen Unterhalt. gen aber oft nahe beieinander, rotten sich ge- 97% der Poulets in der Schweiz profitieren von radezu zusammen», erklärt Corinne Gygax. Ab diesem Programm. Beim «Regelmässigen Aus- dem 22. Tag, wenn die Temperaturen mindes- lauf im Freien» (RAUS) haben die Tiere zusätz- tens 13 Grad betragen, öffnen sie die Klappen lich zu BTS auch noch Zugang zu einer Weide. in den Aussenklimabereich. Ab dem 29. Tage können die Tiere bereits ab 8 Grad Aussentem- Mit langjähriger peratur ausgelassen werden. Der Aussenkli- Erfahrung punkten Bei Marcel und Corinne Gygax geniessen die Masthühner Auslauf in den Aussenklimabereich – mabereich ist ein gedeckter, mit Drahtgeflecht Gygax’ füttern den Hühnern seit 25 Jahren drei Während das Tageslicht Standard gemäss Tierschutzgesetz ist, sind die erhöhten Sitzgelegen- wie übrigens 97 Prozent der Masthühner in der Schweiz. versehener, eingestreuter Laufhof. verschiedene Futtermischungen, die der jewei- heiten Auflage des Tierwohlprogramms BTS.
Sie können auch lesen