So leben die Nutztiere in der Schweiz

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Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung���������������������������������������������������������������������������������5             ZU BESUCH BEI IVO WOLFISBERG:
                                                                                                               IM KREISLAUF DER FERKELPRODUKTION                                                                        20
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

                                                                                                               GEFLÜGEL IN DER SCHWEIZ                                                                                  22
TIERSCHUTZNIVEAU IN DER SCHWEIZ                                                                          8
                                                                                                               Eier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
Qualitätsmanagement Schweizer Fleisch ���������������������������������������������8                          Poulets . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
Tierwohlprogramme BTS und RAUS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Schweizer Labels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Tiergesundheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12        ZU BESUCH BEI CORINNE UND MARCEL GYGAX:
                                                                                                               GEFLÜGELHALTUNG IST MILLIMETER-ARBEIT                                                                    26

RINDVIEH UND KLEINWIEDERKÄUER IN DER SCHWEIZ                                                           14
                                                                                                               VERGLEICH TIERSCHUTZGESETZGEBUNGEN
BTS und RAUS���������������������������������������������������������������������������������������14         SCHWEIZ UND AUSLAND                                                                                      28
Kleinwiederkäuer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
                                                                                                               Tierschutz am Beispiel der Rindviehhaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
                                                                                                               Tierschutz am Beispiel der Schweinehaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
ZU BESUCH BEI MAGALIE UND PIERRE GROLIMUND:                                                                    Tierschutz am Beispiel der Geflügelhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
TIERWOHL UND WIRTSCHAFTLICHKEIT
GEHÖREN ZUSAMMEN                                                                                       16
                                                                                                               FAZIT UND ZUKUNFT                                                                                        33

SCHWEINE IN DER SCHWEIZ                                                                                18

BTS und RAUS. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18         Literaturangaben �������������������������������������������������������������������������������� 34
                                                                                                               Impressum ������������������������������������������������������������������������������������������ 35
So leben die Nutztiere in der Schweiz
4                                                                                                                                                            5

    Zusammenfassung
    1981 trat das erste Schweizer Tierschutzge-        schutzgesetz zu haben. Während die verbindli-      der Schweiz. Trotz bedeutendem Mehraufwand
    setz in Kraft. Seither hat sich punkto Tierwohl    chen EU-Richtlinien in vielen Bereichen lascher    wird heute die Mehrheit der Schweine nach
    sehr viel getan und die Anforderungen wurden       sind als das Schweizer Recht, kennen die meis-     BTS-, und gut die Hälfte nach RAUS-Standards
    laufend gemäss dem neusten Stand der Tech-         ten Länder ausserhalb Europas kaum konkre-         gehalten.
    nik und des Wissens weiterentwickelt. Durch        te Mindestvorschriften. Ausserdem hat man
    die Fortschritte in der Haltung konnten auch       mit den gesetzlichen Höchstbeständen ein           Die dritte, bedeutende Nutztierkategorie der
    die Tiergesundheit stark verbessert und z.B.       Element eingeführt, das in dieser Form nur in      Schweiz ist das Geflügel, insbesondere Lege-
    auch der Antibiotikaeinsatz reduziert werden.      der Schweiz existiert. Ferner geht die Schwei-     hennen und die Pouletmast. Die Nachfrage
    Die Tierwohlbemühungen der Schweiz sind            zer Gesetzgebung über bauliche Vorschriften        nach Pouletfleisch hat in den letzten Jahren
    heute breit aufgestellt und werden nicht nur       hinaus und regelt beispielsweise auch Anfor-       stark zugenommen, wodurch die Betriebe
    durch den gesetzlichen Tierschutz vorangetrie-     derungen an die Tierhaltenden, Fütterung und       nicht nur in ihrer Anzahl, sondern auch in ihrer
    ben. In den meisten Ställen werden die Tiere       Transportbedingungen. Diese Kombination aus        Grösse gewachsen sind. Durchschnittlich wer-
    über den gesetzlichen Mindestanforderungen         gesetzlichem Tierschutz, Labelprogrammen,          den pro Betrieb gut 7000 Masthühner gehal-
    gehalten, was das Engagement der Schweizer         freiwilligen Bemühungen sowie Vollzug bildet       ten, der Höchstbestand liegt in den am meis-
    Bäuerinnen und Bauern und ihr Interesse an         die Basis der Schweizer Nutztierhaltung.           ten gehaltenen Alterskategorien bei 21 000
    einem guten Tierwohl deutlich macht. Durch                                                            bis 24 000 Tieren. Die Branche ist vertraglich
    Labelprogramme können diese zusätzlichen           Die bedeutendste Tierkategorie sind die Wie-       organisiert, wobei die meisten Abnehmer das
    Bemühungen über den Markt mitfinanziert            derkäuer, die durch die gängige Weidehaltung       BTS-Programm als Standard vorgeben.
    werden – solange dafür auch die entsprechen-       am besten sichtbar sind. Die grosse Mehrheit
    de Nachfrage besteht.                              von 84 Prozent der Tiere lebt nach RAUS-           In der Eierproduktion wurde die Käfighaltung
                                                       Vorschriften und geniesst dadurch fast täg-        vor 40 Jahren verboten und durch Volieren er-
    Pionierin ist die Schweiz bei staatlichen För-     lichen Auslauf. Im Vergleich mit Deutschland       setzt. Was damals eine Neuheit war, ist heute
    derprogrammen. Die beiden Produktionssys-          sind Schweizer Betriebe mit durchschnittlich       Minimalstandard. Durch die Programme BTS
    temprogramme      «Besonders tierfreundliche       29 Milchkühen klein.                               und RAUS hat heute die Mehrheit der Hennen
    Stallhaltungssysteme» (BTS) und «Regelmässi-                                                          zusätzlich Zugang zu einem Aussenklimabe-
    ger Auslauf im Freien» (RAUS) wurden in den        Nach den Wiederkäuern sind Schweine die            reich oder einer Weide. Eine ethische Frage,
    1990er Jahren eingeführt und prägen die Nutz-      bedeutendste Tierkategorie. Um die Wettbe-         mit der sich die Branche künftig noch befassen
    tierhaltung seither massgeblich. Sie setzen        werbsfähigkeit des Sektors trotz steigender        muss, ist der Umgang mit den männlichen Kü-
    über Direktzahlungen zusätzliche Anreize, das      Tierwohlanforderungen zu verbessern, konzen-       ken. Gefordert sind aber auch in Zukunft nicht
    Tierwohl zu verbessern. Auch auf Ebene der ge-     trierte und professionalisierte sich die Produk-   allein die Bauernfamilien, sondern die ganze
    setzlichen Tierschutzvorschriften hat sich die     tion in den letzten Jahrzehnten. Dennoch sind      Nahrungsmittelkette bis hin zu den Konsumen-
    Schweiz in den vergangenen Jahrzehnten stark       die Betriebe durch die gesetzlichen Höchst-        tinnen und Konsumenten. Alle müssen Verant-
    verbessert. Heute kann die Schweizer Land-         bestände im internationalen Vergleich klein.       wortung übernehmen und ihren Teil beitragen.
    wirtschaft mit gutem Gewissen behaupten,           So werden in Deutschland durchschnittlich
    das weltweit strengste und detaillierteste Tier-   viermal mehr Tiere pro Betrieb gehalten als in
So leben die Nutztiere in der Schweiz
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    Einleitung

    Die Schweiz ist ein kleines Land mit einer        Die Nutztierhaltung ist deshalb seit jeher ein     mit jeder Ernte werden diese weggeführt und
    stark diversifizierten Landschaft. Von Alp- und   wichtiges Standbein der einheimischen Land-        der Boden würde langfristig ohne Dünger ver-
    Berggebieten bis zum Flachland und Seeregio-      wirtschaft. Im Berg- und Alpgebiet ist sie das     armen. Die sogenannten Hofdünger (Mist,
    nen findet man alles. Ebenso vielfältig ist die   zentrale Element und ein wichtiger Teil der        Gülle) ersetzen diese Nährstoffe und fördern
    Schweizer Landwirtschaft. Aufgrund der topo-      regionalen Wirtschaft sowie Basis für den          überdies die Humusbildung und damit eine
    graphischen Gegebenheiten eignen sich ledig-      Tourismus. Zu den Aufgaben des Alppersonals        gute Bodenqualität, die CO2-Fixierung zulässt.
    lich 30 Prozent der Landwirtschaftsfläche zum
                   1                                  gehört auch die Pflege der Alpweiden. Ohne         Damit lässt sich die Abhängigkeit von impor-
    Anbau von Kulturen für die direkte menschliche    sie würden diese rasch verbuschen oder ver-        tiertem Kunstdünger reduzieren.
    Ernährung (Obst, Gemüse, Ackerkulturen)2 . Die    walden und die Artenvielfalt würde sinken. Die
    restlichen 70 Prozent der Nutzfläche bestehen     einheimische Nutztierhaltung ist Teil unse-        Das fehlende Wissen rund um diese Zusam-
    zu einer Hälfte aus Wiesen und Weiden, zur an-    rer Tradition und die Basis für die Produktion     menhänge führt dazu, dass die Tierhaltung in
    deren aus Alpgebieten. Zwei Drittel lassen sich   von hochwertigen Schweizer Lebensmitteln,          der Kritik steht. Zu wenig bekannt sind auch
    folglich nur über die Veredelung des Grases       die weltweit die höchsten Standards in Bezug       die strenge Schweizer Gesetzgebung, die frei-
    durch Rinder, Schafe und Ziegen zu Milch und      auf das Tierwohl erfüllen. Ausserdem tragen        willigen Tierwohlprogramme, die bereits beste-
    Fleisch für die menschliche Ernährung nutzen.     Käse und Fleischspezialitäten zum Image der        hende gesetzliche Regelung zu den maximalen
    Im Mittel besteht die Ration beim Rindvieh zu     Schweiz bei. Kurze Lieferketten schonen die        Tierbeständen und das rigide Kontrollsystem.
    85 Prozent aus Raufutter3 (Gras, Heu, Emd, Si-    Umwelt und garantieren maximale Frische.           Dies alles stellt sicher, dass es den inländi-
    lomais und andere). Die Nutztiere fressen zu-     Dazu kommt die stabile und zum Teil sogar          schen Nutztieren so gut geht wie nirgendwo
    dem bedeutende Mengen an Lebensmittelne-          steigende Nachfrage nach Fleisch, Milchpro-        sonst auf der Welt.
    benprodukten und Verarbeitungsrückständen.        dukten und Eiern4 . Jeder Abbau der Tierhaltung
    Sie tragen damit zur Reduktion von Foodwaste      in der Schweiz führt zu mehr Importen, in der      Das vorliegende Fokusmagazin betrachtet die
    bei. Weitere Informationen zu der Zusammen-       Regel aus Ländern mit deutlich niedrigeren         Entwicklung der Nutztierhaltung in der Schweiz
    setzung der Rationen unserer Nutztiere und        Tierwohlstandards (vgl. Kapitel «Vergleich Tier-   im Zeitraum von 1980 bis 2020. Grund dafür
    der Herkunft der Futtermittel findet man im Fo-   schutzgesetzgebungen», S. 28).                     ist das Inkrafttreten des ersten Tierschutzge-
    kusmagazin «Das fressen Kuh, Schwein & Co.».                                                         setzes im Folgejahr 1981, das eine wesentliche
    Ohne Raufutterverzehrer bräuchte die Schweiz      Die Tierhaltung ist auch in Bezug auf die Nähr-    Zäsur für die Nutztierhaltenden darstellte.
    grosse zusätzliche Flächen im Ausland, um die     stoffversorgung und geschlossene Kreisläufe
    Versorgung der Bevölkerung mit Essen zu ge-       bedeutend. Jede pflanzliche Kultur braucht
    währleisten.                                      ausreichend Nährstoffe, um zu gedeihen. Denn
So leben die Nutztiere in der Schweiz
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    Tierschutzniveau in der Schweiz
    Prägendes Element der Nutztierhaltung in der             Käfighaltung von Hühnern verboten und für          gen oder Anzahl Zentimeter pro Tier am Fut-                                                             TIERWOHLPROGRAMME
                                                                                                                                                                      Was bedeutet eigentlich «Tierwohl»?                                                                   Stalleinrichtungen mit Bewilligung
    Schweiz sind die Kühe und das übrige Rindvieh.           alle Nutztiere wurden Mindestmasse für Lie-        tertrog usw. Die gesetzlichen Grundlagen und                                                            BTS UND RAUS
                                                                                                                                                                      Tierwohl beruht auf den folgenden fünf Frei-                                                          Nach dem schweizerischen Tierschutzrecht
    Die Bauernfamilien halten im Weiteren Schafe,            ge-, Stand- und Fressplätze vorgegeben. Neu        Mindestanforderungen für die Nutztierhaltung
                                                                                                                                                                      heiten: der Freiheit von Hunger und Durst,                                                            müssen serienmässig hergestellte Stallein-
    Ziegen, Schweine, Legehennen, Mastpoulets,               mussten serienmässig hergestellte Stallein-        basieren auf den Gesetzen und Verordnungen                                                              Das Tierschutzgesetz regelt die Minimalanfor-
                                                                                                                                                                      physischen Belastungen, von Schmerz, Ver-                                                             richtungen von den Bundesbehörden be-
    Masttruten und Pferde sowie als Nischentier-             richtungen vom Bund geprüft und bewilligt          über die Landwirtschaft, den Tierschutz, die                                                            derungen für jede Tierhaltung. Die Bäuerinnen
                                                                                                                                                                      letzungen und Krankheiten, Furcht und Ge-                                                             willigt werden, bevor sie verkauft werden
    arten Kaninchen, Esel, Ponys, Damhirsche,                werden. Im Jahr 2008 trat das gegenwärtig          Tierseuchen, die Heilmittel, die Lebensmittel,                                                          und Bauern sind aber bereit, Leistungen über
                                                                                                                                                                      fahr sowie der Freiheit, normales artgemäs-                                                           dürfen. Das ist weltweit einzigartig. Eine Be-
    Lamas, Alpakas, Bisons und Büffel. Die Ent-              gültige Tierschutzgesetz in Kraft, das einen       die Raumplanung und den Umweltschutz.                                                                   dem strafrechtlichen Minimalstandard zu er-
                                                                                                                                                                      ses Verhalten zeigen zu können5.                                                                      willigung wird nur erteilt, wenn die Einrich-
    wicklung der wichtigsten Tierbestände zeigt              besonderen Schwerpunkt auf den qualitativen                                                                                                                bringen, sofern sie über Direktzahlungen und
                                                                                                                                                                                                                                                                            tung eine praktische Prüfung durch eines
    die Abbildung 1.                                         Tierschutz legt, also das Tierwohl in all seinen   Das Schweizer Gesetz schreibt vor, dass wer                                                             den Verkaufserlös der Produkte, die so ent-
                                                                                                                                                                                                                                                                            der beiden Bundeszentren für Tiergerechte
                                                             Facetten sicherstellt (siehe Kasten «Tierwohl»).   Tiere hält, über deren Bedürfnisse und Ver-          wässer- und Umweltschutzgesetzgebung. Zu-          stehenden fixen und variablen Mehrkosten
                                                                                                                                                                                                                                                                            Haltung für Wiederkäuer und Schweine in
    1981 trat das erste schweizerische Tierschutz-           Im Unterschied dazu steht der quantitative         halten Bescheid wissen muss. Nutztierhal-            sätzlich garantiert das Programm den frei-         decken können. Das führte zur Einführung
                                                                                                                                                                                                                                                                            Tänikon ZH und Geflügel und Kaninchen in
    gesetz in Kraft (Tab. 1). Dieses Gesetz setzte           Tierschutz, bei dem vor allem messbare Grös-       terinnen und Nutztierhalter sind verantwort-         willigen Verzicht auf deklarationspflichtige       der beiden Tierwohlprogramme «Regelmässi-
                                                                                                                                                                                                                                                                            Zollikofen BE besteht.
    neue Massstäbe im Tierschutz. So wurde die               sen gefordert werden: Lägerbreiten und -län-       lich, dass ihre Tiere gesund bleiben und die         GVO-Futtermittel für die ganze Nutztierproduk-     ger Auslauf im Freien» (RAUS-Programm seit
                                                                                                                Tierschutzvorschriften eingehalten werden.           tion in der Schweiz und weitere freiwillige An-    1993) und «Besonders tierfreundliche Stall-
    Abbildung 1: Veränderung des Tierbestandesa (in GVEb) in der Schweiz 1980 und 2020                          Für die Haltung von Nutztieren wird per Ge-          forderungen von einzelnen Sektoren der Tierhal-    haltungssysteme» (BTS-Programm seit 1996).         SCHWEIZER L ABELS
    Quellen: Bundesamt für Statistik; Agristat                                                                  setz eine Ausbildung vorgeschrieben: Unter           tung. Damit stellt das QM-Schweizer Fleisch die    Bundesbeiträge zahlen etwas an die höheren
                                                                                                                10 Grossvieheinheiten (GVE) reicht ein Sach-         Mindestanforderungen dar und bildet die Basis      Investitionen in besonders tierfreundliche Stäl-   Organisationen wie IP-Suisse und Mutterkuh
                                               1980: 1 577 000 GVE                                              kundenachweis, also ein Kurs, an dem das             für weitergehende Leistungen in den Bereichen      le und den zusätzlichen Arbeitsaufwand, ins-       Schweiz bieten Labels oder Marken an, um
        Total     -21.5 %
                                               2020: 1 237 528 GVE                                              Basiswissen der Anatomie, der Fütterung und          Tierwohl und Haltung. Alle Tierwohlprogramme       besondere im RAUS-Programm. Diese beiden           mit Zusatzleistungen beim Tierwohl einen
                                                                                                                Haltung, Schlachtung, Gesundheit sowie recht-        und Label bauen auf den Anforderungen von          Tierwohlprogramme sind eine Schweizer Spe-         Mehrwert zu schaffen und die verschiedenen
                                               1980: 1 260 000 GVE
    Rindvieh    -25.6 %                        2020: 936 891 GVE                                                liche Grundlagen vermittelt werden. Für grös-        QM-Schweizer Fleisch auf.                          zialität, die zu bedeutenden Fortschritten beim    Bedürfnisse der Konsumentinnen und Konsu-
                                                                                                                sere Nutztierbestände ist eine abgeschlossene                                                           Tierwohl geführt haben.                            menten abzudecken. Diese bauen auf dem Fun-
                                               1980: 222 000 GVE                                                landwirtschaftliche Ausbildung zwingend.                                                                                                                   dament des Programms QM-Schweizer Fleisch
    Schweine      -21.8 %                      2020: 173 547 GVE
                                                                                                                                                                                                                                                                           auf und stellen ihrerseits Anforderungen in
                                                                                                                                                                      Kontrollen in der Schweiz
                                                                                                                                                                                                                                                                           den Bereichen Tierhaltung, Tierwohl und allen-
                     1980: 42 000 GVE                                                        +77.2 %                                                                  Grundkontrollen für das Einhalten der Tier-       Die meisten staatlichen Kontrollen finden auf
     Geflügel        2020: 74 410 GVE                                                                           QUALITÄTSMANAGEMENT                                                                                                                                        falls noch in anderen Bereichen wie Fütterung
                                                                                                                                                                      schutzgesetzgebung werden auf Bio- und IP-        Voranmeldung statt, damit Tierhaltende und
                                                                                                                SCHWEIZER FLEISCH                                                                                                                                          oder Rassen/Genetik. Die Labels der Bio-Stufe
                                               1980: 41 000 GVE                                                                                                       Suisse-Betrieben jährlich, auf allen anderen      Tiere tatsächlich anwesend sind. Mindestens
      Schafe                      -1.2 %                                                                                                                                                                                                                                   (Knospe von Bio Suisse, KAG Freiland oder De-
                                               2020: 40 525 GVE                                                                                                       Betrieben mindestens alle drei Jahre, durch-      20 Prozent der Kontrollen müssen unange-
                                                                                                                In den 1990er-Jahren entwickelten die Fachor-                                                                                                              meter) stellen neben der in der Schweiz gesetz-
                                                                                                                                                                      geführt. Werden Mängel festgestellt, gibt es      meldet erfolgen. 2018 zum Beispiel lag der
                    1980: 12 000 GVE                                                                            ganisationen der Tierproduktion unter der Lei-                                                                                                             lich verlangten gesamtbetrieblichen Bio-Be-
      Ziegen        2020: 12 155 GVE           +1.3 %                                                                                                                 verstärkte Kontrollen und es werden Mass-         Durchschnitt an unangemeldeten Kontrollen
                                                                                                                tung des Schweizer Bauernverbands das Quali-                                                                                                               wirtschaftung ebenfalls höhere Anforderungen
                                                                                                                                                                      nahmen angeordnet. Die Kantone führen die         schweizweit bei 35 Prozent6. Zusätzlich zu
                                                                                                                tätssicherungsprogramm QM-Schweizer Fleisch                                                                                                                in den Bereichen Haltung, Auslauf, Fütterung
            -40             -20            0            20           40          60          80         100                                                           Tierschutz- und Tierwohlkontrollen entweder       den Grundkontrollen überprüfen die kantona-
                                                                                                                und etablierten es in der Praxis. Es sichert durch                                                                                                         und Platzangebot.
                                                                                                                                                                      selbst durch oder übertragen sie privaten         len Veterinärdienste die Landwirtschaftsbe-
    a Nachträgliche Berechnung (gerundet) anhand Zahlen SES 1982 und GVE-Faktoren gemäss SR 910.91 (2021)
                                                                                                                privatrechtliche Kontrollen die Einhaltung der
                                                                                                                                                                      Stellen, die akkreditiert sein müssen. Die Kan-   triebe bei Nach-, Zwischen- oder Verdachts-
    b Grossvieheinheit (GVE): eine rechnerische Einheit, um Tierbestände miteinander zu vergleichen. Grob       geltenden und für die Tierhaltung relevanten ge-
    gesehen entspricht 1 GVE einer Kuh oder 100 Stück Geflügel oder 4 Schafen oder 5 Ziegen oder 2 Schwei-                                                            tone müssen die Kontrolltätigkeit der privaten    kontrollen bei eingegangenen Meldungen von
    nen. Bei jungen Tieren braucht es entsprechend mehr für eine GVE (siehe Anhang zur landw. Begriffsver-      setzlichen Bestimmungen der Landwirtschafts-,
    ordnung SR 910.91).                                                                                                                                               Kontrolleure stichprobenweise überprüfen.         Dritten.
                                                                                                                Tierschutz-, Tierseuchen-, Lebensmittel-, Ge-
So leben die Nutztiere in der Schweiz
10                                                                                                                                                                                                                                                                                        11

     Tabelle 1: Entwicklung der gesetzlichen Grundlagen zum Tierschutz in der Schweiz
     sowie Auswirkungen auf die Haltung der verschiedenen Tiergattungen. Quelle: Gesetzestexte

      Gesetz oder Verordnung     Tierseuchengesetz    Höchstbestandes-              1. Tierschutzgesetz       RAUS (1993) und               Revision Tierschutz-          Heilmittelgesetz (HMG) und      2. Tierschutzgesetz   2. Tierschutz-            Informationssystem
                                 TSG                  verordnung HBV                (TschG) und Tierschutz-   BTS (1996)                    verordnung (TschV)            Tierarzneimittelverordnung      (TschG)               verordnung (TschV)        Antibiotika in der Veterinär-
                                                                                    verordnung (TschV)                                                                                                                                                    medizin (IS ABV)

                                 1966                 1980                          1981/1991c                1993/1996                     1997                          2000                            2005                  2008/2018c                2019

      Rinder                     Regelt Bekämpfung    nur Kälber: 300 Mastkälber    Mindestmasse              BTS: Mehrflächensystem in     Mehr Fläche je Tier, Verbot   Strengere Regeln für die Ver-                         Mehr Fläche je Tier       Aufzeichnung der Antibiotika-
                                 der Tierseuchen                                                              Laufställen                   Anbindehaltung Kälber         schreibung und Anwendung                                                        anwendung in nationaler
                                                                                                              RAUS: Regelmässiger Aus-                                    von Tierarzneimitteln (TAM)                                                     Datenbank
                                                                                                              lauf im Freien– z.T. Weide

      Schweine                   Regelt Bekämpfung    250 Zuchtschweine oder 500 Mindestmasse                 BTS: Mehrflächensystem in     Verbot neue                   Strengere Regeln für die Ver-   Verbot betäubungs-    Verbot bestehende Voll-   Aufzeichnung der Antibiotika-
                                 der Tierseuchen      nicht säugende Zuchtschweine                            Laufställen                   Vollspaltenböden              schreibung und Anwendung        lose Kastration       spaltenböden und mehr     anwendung in nationaler
                                                      / Remonten oder 1500 Mast-                              RAUS: Regelmässiger Aus-                                    von Tierarzneimitteln (TAM)                           Fläche je Tier            Datenbank
                                                      schweine oder 2000 Ferkel                               lauf im Freien
                                                      bis 35 kg

      Hennen                     Regelt Bekämpfung    18 000 Legehennen             Batterieverbot und        BTS: Mehrflächensystem in                                   Strengere Regeln für die Ver-                                                   Aufzeichnung der Antibiotika-
                                 der Tierseuchen                                    Mindestmasse              Laufställen                                                 schreibung und Anwendung                                                        anwendung in nationaler
                                                                                                              RAUS: Regelmässiger Aus-                                    von Tierarzneimitteln (TAM)                                                     Datenbank
                                                                                                              lauf im Freien

      Poulets                    Regelt Bekämpfung    18 000 Poulets ab 43 Tage     Mindestmasse              BTS: Mehrflächensystem in                                   Strengere Regeln für die Ver-                                                   Aufzeichnung der Antibiotika-
                                 der Tierseuchen      oder 21 000 Poulets 36 bis                              Laufställen                                                 schreibung und Anwendung                                                        anwendung in nationaler
                                                      42 Tage oder 24 000 Pou-                                RAUS: Regelmässiger Aus-                                    von Tierarzneimitteln (TAM)                                                     Datenbank
                                                      lets 29 bis 35 Tage oder                                lauf im Freien – z.T. Weide
                                                      27 000 Poulets bis 28 Tage
                                                      oder 9000 Truten in Vormast
                                                      oder 4500 Truten in Ausmast
      c Ablauf der wesentlichen Übergangsfrist
So leben die Nutztiere in der Schweiz
12                                                                                                                                                                                                                                                                 13

     TIERGESUNDHEIT                                    Die Schweiz verbot 1999 – als zweites Land         Landwirtschaft, Tierärztinnen und Tierärzte ha-                                                       raten diesbezüglich die Tierhaltenden. Auch bei
                                                                                                                                                             Nutztiergesundheit Schweiz
                                                       nach Schweden – den Einsatz der antimikro-         ben als Beitrag der Branche zur Strategie des                                                         den Schweinen ermöglicht die Digitalisierung
                                                                                                                                                             Um die Verantwortlichkeiten und die Fach-
     Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Antibio-        biellen Leistungsförderer. Die EU zog einige       Bundes zur Reduktion von Antibiotikaresisten-                                                         das Erheben zusätzlicher Daten, aus denen
                                                                                                                                                             kompetenz zu bündeln und die Tiergesund-
     tika breiter verfügbar. Nun liessen sich auch     Jahre später nach. Das neue Heilmittelgesetz       zen (StAR) viele eigene Aktivitäten entwickelt.                                                       Zuchtwerte für Gesundheitsmerkmale entwi-
                                                                                                                                                             heit effizient zu fördern, gründeten 16 na-
     diverse Krankheiten bei Tieren behandeln. An      verschärfte 2005 die Verschreibung von Anti-       Die Gesundheitsdienste aller Bereiche führten                                                         ckelt werden können. Damit wird die Gesundheit
                                                                                                                                                             tionale Organisationen von Tierhalterinnen,
     gewissen Wirkstoffen bestand in der Human-        biotika zur Behandlung von Krankheiten noch-       die Anstrengungen zur Vermeidung von Re-                                                              der Schweine langfristig züchterisch verbessert.
                                                                                                                                                             Tierzüchtern, Tierärzten und Viehhändlern
     medizin kaum Interesse. Manche wurden da-         mals. Seit 2008 werden in der Schweiz die          sistenzen weiter. Inzwischen fusionierten der
                                                                                                                                                             mit der Vetsuisse-Fakultät und der Vereini-
     her im Laufe der 1960er bis 1980er-Jahre in       Verkäufe von Antibiotika für veterinärmedizini-    Rinder- und der Kälbergesundheitsdient und                                                            GEFLÜGEL
                                                                                                                                                             gung der Schweizer Kantonstierärztinnen
     niedriger Dosierung als antimikrobielle Leis-     sche Zwecke auf Stufe Grosshandel statistisch      die Organisation Nutztiergesundheit Schweiz                                                           Die Mortalität in der Pouletmast liegt heute bei
                                                                                                                                                             und Kantonstierärzte im Jahr 2020 die Or-
     tungsförderer, andere auf tierärztliche Verord-   erfasst. Die jährlichen Auswertungen zeigen ei-    wurde gegründet (siehe Kasten «Organisation                                                           rund 2,5 Prozent. Das ist ein sehr tiefer Wert,
                                                                                                                                                             ganisation Nutztiergesundheit Schweiz. Es
     nung zur Behandlung von Infektionskrankhei-       nen stetigen Rückgang der Verkäufe von antimi-     Nutztiergesundheit Schweiz»).                                                                         auch wenn man ihn mit Aufzuchtverlusten bei
                                                                                                                                                             gibt verschiedene Tiergesundheitsdienste,
     ten eingesetzt. Ab Ende der 1980er-Jahre fand     krobiellen Wirkstoffen für die Veterinärmedizin.                                                                                                         anderen Nutz-, Haus- und Wildtieren vergleicht7.
                                                                                                                                                             die sich spezifisch mit den einzelnen Tier-
     die Pharmaindustrie nur noch sporadisch neue      Waren es 2008 noch insgesamt 69 830 kg so          RINDVIEH                                                                                              Lebensmittelhygiene und gute Herstellungspra-
                                                                                                                                                             gattungen und deren gesundheitlichen
     antimikrobielle Wirkstoffe. Parallel dazu bil-    wurden 2020 noch 28 871 kg verkauft (Abb. 2).      Im Bereich der Rindergesundheit hat die Bran-                                                         xis haben in der Schweizer Eier- und Geflügel-
                                                                                                                                                             Herausforderungen beschäftigen: der Ge-
     deten diverse Krankheitserreger Resistenzen       Das entspricht einem Rückgang von 58 Pro-          che verschiedene Initiativen ergriffen. So wur-                                                       fleischproduktion einen sehr hohen Stellen-
                                                                                                                                                             sundheitsdienst für Kleinwiederkäuer, der
     gegen die gängigen Antibiotika. Damit begann      zent. Tierärzte und Tierärztinnen setzen Anti-     de der Kälbergesundheitsdienst gegründet,                                                             wert. Zum Beispiel werden alle Ställe nach dem
                                                                                                                                                             Schweinegesundheitsdienst, der Bienenge-
     eine Diskussion um ihre Verwendung.               biotika also immer zurückhaltender ein.            in mehreren Regionen laufen Programme zur                                                             «Rein-Raus-Verfahren» belegt. Dabei verlassen
                                                                                                                                                             sundheitsdienst und die zur «Rindergesund-
                                                                                                          Mastitis-Tilgung. Gesamtschweizerisch läuft                                                           alle Tiere den Stall in Richtung Schlachthof, er
                                                                                                                                                             heit Schweiz» zusammengeführten Rinder-
                                                                                                          ein Projekt zur Verbesserung der Klauenge-                                                            wird sorgfältig gereinigt und desinfiziert und
                                                                                                                                                             und Kälbergesundheitsdienste.
     Abbildung 2: Rückgang der Verkäufe von antimikrobiellen Wirkstoffen                                  sundheit beim Rindvieh. Die Digitalisierung                                                           danach werden neue Tiere eingestallt. Auch
     zwischen 2008 und 2020                                                                               ermöglicht den Rindviehzuchtverbänden seit                                                            werden nur in der Schweiz geschlüpfte Küken
     Quelle: Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen                                      mehreren Jahren, Gesundheitsdaten zu erhe-        und der Actinobacillose, durchgeführt. Da-          aufgezogen, was eine wertvolle Grundlage für
                                                                                                          ben, mit denen bei ausreichender Datenbasis       für testete man die Schweinebetriebe auf die        gesunde Tiere ist. Taucht trotzdem eine Krank-
     80 000
                                                                                                          Zuchtwerte für Gesundheits-, Fitness- und Ro-     Krankheiten. Auf betroffenen Zucht-Betrieben        heit auf, stellen Geflügelfachtierärztinnen und
     70 000                                                                                               bustheitsmerkmale entwickelt werden. Diese        behandelte man in einer ferkelfreien Zeit die       -tierärzte sicher, dass sie ein wirksames Tier-
                                                                                                          Zuchtwerte werden die Tiergesundheit lang-        Zuchttiere. Auf betroffenen Mastbetrieben           arzneimittel einsetzen. Entlang der Wertschöp-
     60 000                                                                                               fristig durch die Reduktion der Krankheitsan-     leerte man die Ställe, reinigte und desinfizierte   fungskette arbeiten alle Beteiligten mit den Ge-
                                                                                                          fälligkeit der kommenden Tiergenerationen         sie und stallte danach Mastferkel aus sanierten     flügelgesundheitsdiensten zusammen. Damit
     50 000
                                                                                                          verbessern.                                       Herkunftsbetrieben ein. Diese Krankheiten, die      sorgt die Branche für so wenige Behandlungen
     40 000                                                                                                                                                 häufig Antibiotika erforderten, treten seither in   wie möglich, aber so viele wie nötig.
                                                                                                          SCHWEINE                                          der Schweiz nicht mehr auf.
     30 000
                                                                                                          Bezüglich der Gesundheit haben die Schweizer
     20 000                                                                                               Schweine einen der höchsten Status weltweit.      SuisSano ist ein spezielles Gesundheitspro-
                                                                                                          Um die Jahrtausendwende wurde erfolgreich         gramm des Schweinesektors zum optimierten
     10 000                                                                                               die sogenannte Flächensanierung der durch         und reduzierten Einsatz von Antibiotika in der
                                                                                                          Mikroorganismen     verursachten   Atemwegs-      Schweizer Schweinehaltung. Tierärztinnen und
          0
                 2008         2010        2012         2014         2016        2018         2020         krankheiten, der Enzootischen Pneumonie           Tierärzte des Schweinegesundheitsdienstes be-
So leben die Nutztiere in der Schweiz
14                                                                                                                                                                                                                                                             15

     Rindvieh und Kleinwiederkäuer in der Schweiz
     Die Kühe sind seit jeher identitätsstiftend für   Gesamthaft haben die Milchkühe einen Anteil        der müssen mindestens 90 Tage im Jahr Aus-                                                           destens 50 Tage Auslauf vorgeschrieben. Bei
                                                                                                                                                              Höchstbestände beim Rindvieh
     die schweizerische Landwirtschaft. Weil prak-     von 38 Prozent an den Rindviehbeständen.           lauf im Freien haben, davon 30 Tage im Winter.                                                       Neubauten ist die Anbindehaltung auch bei
                                                                                                                                                              Bei Tieren der Rindergattung gilt für Mast-
     tisch alle Tiere der Rindergattung weiden, ist    Die Mutterkühe machen mit 131 384 Tieren           Je nach Produktionsrichtung – ob konventio-                                                          Ziegen verboten.
                                                                                                                                                              kälber ein Höchstbestand von 300 Tieren
     das Rindvieh in der Landschaft auch am besten     8,7 Prozent aus. Die übrigen 837 260 Tiere der     nell, für ein Label oder biologisch und abhängig
                                                                                                                                                              pro Betrieb.
     sichtbar (Tab. 2). Die kleinen Wiederkäuer, die   Rindergattung sind Aufzuchttiere jeden Alters,     von allfälligen Tierwohlprogrammen – liegen                                                          BTS UND RAUS
     Schafe und die Ziegen, werden traditionell in     Mastkälber, Mastmunis, Rinder und Ochsen.          die Anforderungen aber weit höher.                                                                   Weil Schafe nicht angebunden gehalten werden
     geringerer Anzahl gehalten. Auch sie sind als                                                                                                           merhin 8016 Nutztierhalterinnen und Nutztier-     dürfen, gibt es kein BTS-Programm für Schafe.
     Weidetiere im Gelände sichtbar.                   Kälber unter vier Monaten dürfen nicht ange-                                                          halter 343 528 Schafe und auf 6355 Betrieben      Aktuell11 leben 45,5 Prozent der Ziegen (nach
                                                       bunden sein. Alle angebunden gehaltenen Rin-       BTS UND RAUS                                       wurden 79 562 Ziegen gehalten.                    GVE) auf 22,6 Prozent der Betriebe12 nach den
                                                                                                                                                                                                               Regeln des BTS-Programms in Laufställen mit
     Tabelle 2: Vergleich der Anzahl Betriebe mit Rindern, Kühen, Kühen pro Betrieb                       2019 profitierten über 84 Prozent der Tiere        Schafe sind Herdentiere und werden daher          Mehrflächensystemen.
     und der Milchleistung zwischen 1980 und 2020                                                         der Rindergattung (nach GVE) auf 85 Prozent        in Gruppen gehalten. In der Schweiz liegt der
     Quelle: Agristat, Statistische Erhebungen und Schätzungen, diverse Jahresausgaben                    der Betriebe von den Vorgaben des RAUS-Pro-        Fokus bei der Schafhaltung vor allem auf der      79 Prozent der Ziegen auf 54 Prozent der Be-
                                                                                                          gramms10. Dieses schreibt in der Vegetations-      Fleischproduktion. Allerdings nahm die Milch-     triebe profitieren vom RAUS-Programm. Bei
                                                              1980                            2020        zeit von Mai bis Oktober mindestens 26 Wei-        schafhaltung in den letzten Jahren zu. Bei den    den Schafen sind über 88 Prozent der Tiere
                                                                                                          detage pro Monat vor. Von November bis April       Ziegen steht vor allem die Milch- und Käse-       auf fast 74 Prozent der Betriebe im RAUS-Pro-
     Tierhaltende                                           83 500                           33 600
                                                                                                                                                             produktion im Vordergrund. Die vor allem für
                                                                                                          müssen die Tiere an mindestens 13 Tagen pro                                                          gramm. Das RAUS-Programm verlangt auch
     %                                                        100 %                             40 %      Monat Auslauf auf einer Auslauffläche oder         die Fleischerzeugung gezüchtete Burenziege        bei den Kleinwiederkäuern im Sommer 26 Tage
                                                                                                          Weide bekommen oder alternativ Zugang zu           ist mittlerweile aber recht verbreitet und auch   auf einer Weide und im Winterhalbjahr 13 Tage
     Rindviehbestand                                     2 030 600                         1 515 123
                                                                                                          einem Laufhof während des ganzen Jahres ha-        die Gitzi der anderen Rassen werden auf dem       pro Monat Auslauf oder Weide.
     %                                                        100 %                             75 %      ben.                                               Fleischmarkt vermarktet – die Nachfrage nach
                                                                                                                                                             Ziegenfleisch ist in der Schweiz aber beschei-
     Kühe                                                  893 100                          677 863
                                                                                                          Die Beteiligung am BTS-Programm war 2019           den.
                                                                        davon:    546 479 Milchkühe       mit fast 59 Prozent der GVE und knapp 56 Pro-
                                                                                 131 384 Mutterkühe       zent der Betriebe etwas tiefer, weil für das       Die meisten Schafhalterinnen und Schafhal-
                                                                                                          Mitmachen am BTS-Programm die Ställe um-           ter halten ihre Tiere extensiv und die Schafe
     %                                                        100 %                             76 %
                                                                                                          oder neu gebaut werden müssen. Das BTS-Pro-        sind die meiste Zeit draussen. Sowieso dürfen
     Rinder/Betrieb                                            24,3                             45,1      gramm verlangt die Laufstallhaltung auf einem      Schafe in der Schweiz nicht angebunden sein.
                                                                                                          Mehrflächensystem mit eingestreutem Liege-         Bei der Ziegenhaltung dürfen die Tiere nur
     Milch t                                              3 679 000                       3 810 079
                                                                                                          bereich.                                           noch auf bestehenden Standplätzen angebun-
     %                                                        100 %                         103,5 %                                                          den gehalten werden. Die Ziegenhalterinnen
     Selbstversorgungsgrad Milch (inkl. Butter)               103 %                           107 %                                                          und Ziegenhalter müssen aber regelmässigen
                                                                                                          KLEINWIEDERKÄUER                                   Auslauf im Freien garantieren und dies, wie
     Selbstversorgungsgrad Fleisch                             93 %                             85 %                                                         bei den Rindern, in einem Auslaufjournal do-
     Anteil Rinder-GVE mit RAUS (2019)                            -                          84,3 %   8   Die Schaf- und Ziegenhaltung hat in der            kumentieren. Während der Vegetationsperiode
                                                                                                          Schweiz traditionell nicht die Bedeutung der       müssen die Ziegen an mindestens 120 Tagen
     Anteil Rinder-GVE mit BTS (2019)                             -                          58,9 % 9
                                                                                                          Rindviehhaltung. Trotzdem hielten 2020 im-         draussen grasen können, im Winter sind min-
So leben die Nutztiere in der Schweiz
16   Besuch bei Magalie und Pierre Grolimund in Vicques                                                                                                                                                                                                                                                                17

     Tierwohl und Wirtschaftlichkeit
     gehören zusammen
     Magalie und Pierre Grolimund halten Milchkü-        und installierte Ventilatoren, die für bessere    und jede Kuh trägt einen Namen – bekommen                                                             Grolimund. Aber die meisten Arbeiten würden          den Boxen. Die Kühe würden nun viel rascher
     he aus Leidenschaft: Sie sind lieber im Stall als   Luftqualität und angenehmere Temperaturen         sie pro Kilo Milch 3 Rappen mehr.                      Betriebsspiegel                                bleiben: die Tiere beobachten, misten und rei-       abliegen, bemerkt der Landwirt zufrieden. Gro-
     auf dem Feld. Seit einem Jahr bestimmen ihre        sorgen.                                                                                                  60 Milchkühe der Rasse Holstein,               nigen. Natürlich ermögliche ihnen der Roboter,       limunds finden schwierig, dass die Vorstellun-
                                                                                                                                                                  ca. 60 Aufzuchttiere
     Tiere dank Melkroboter selbst, wann sie sich                                                          Geplante Tierarztbesuche                                                                              die Arbeit flexibler zu planen, sagt das Betriebs-   gen der Gesellschaft von der Milchproduktion
                                                                                                                                                                  54 ha LN, davon 7 ha Silomais,
     melken lassen wollen. «Das führt zu mehr Ruhe       Grolimunds produzieren Industriemilch. Dafür      für eine bessere Tiergesundheit                                                                       leiterpaar. Sie müssen nun nicht mehr morgens        entweder romantisiert oder durch schlechte
                                                                                                                                                                  7 ha Brotgetreide, 15 ha Kunstwiese,
     und mehr Freiheit für die Kühe», sagen Groli-       hat die Branche 2019 den neuen Standard für       Um Probleme früh zu erkennen, besucht der              20ha Weide, davon 6 ha extensive               und abends zu fixen Zeiten im Melkraum ste-          Beispiele geprägt sind. «Ja, wir leben von der
     munds.                                              nachhaltige Milch verabschiedet, «den grünen      Tierarzt den Betrieb von Grolimunds alle zwei          Weiden, 5 ha weitere Biodiversitätsför-        hen. Das A und O für gute Tiergesundheit aber        Milch und am Schluss kommen die Kühe in den
                                                         Teppich». Schweizer Milch soll sich so stärker    Wochen. Das System nennt sich «Bestandesbe-            derflächen                                     sei, viel Zeit bei den Tieren zu verbringen, um      Schlachthof. Doch in den Jahren auf unserem
     Auf dem Betrieb von Pierre und Magalie              von ausländischer unterscheiden. Für die Ein-     treuung». Dazwischen notiert sich Pierre Groli-        Besonders Tierfreundliche Stallhaltung         Probleme sofort wahrzunehmen. Bei den Be-            Hof sollen sie es gut haben.» Es mache ihnen
     Grolimund oberhalb von Vicques JU stehen            haltung der Anforderungen – Teilnahme an min-     mund auf dem Handy, was ihm bei den Tieren             (BTS) und Regelmässiger Auslauf ins            obachtungen im Stall ist Pierre Grolimund auf-       keine Freude, wenn Tiere abgeholt werden.
                                                                                                                                                                  Freie (RAUS), IP-Suisse
     60 Holstein-Milchkühe und rund ebenso viele         destens einem der beiden Tierwohlprogramme        auffällt. Ist der Tierarzt auf dem Betrieb, be-                                                       gefallen, dass die Kühe lange zum Abliegen           «Wir kennen sie von klein auf, wir sorgen uns
                                                                                                                                                                  Industriemilch, Silofütterung
     Aufzuchttiere in einem Laufstall. Den hatten        des Bundes BTS und RAUS, Sojaschrot aus           sprechen sie die angefallenen Beobachtungen                                                           und Aufstehen brauchten: «Deshalb haben wir          um sie und arbeiten jeden Tag mit ihnen. Durch
                                                                                                                                                                  Betriebsleiterpaar, Aushilfe
     bereits Grolimunds Eltern gebaut – nach der         nachhaltiger Produktion, keine Verwendung         und gehen die Tiere durch: Eutergesundheit,                                                           vor einigen Monaten die Boxeneinstreu verän-         sie haben wir ein Einkommen und eine Zukunft
     Betriebsübernahme 2018 öffnete der junge            von Palmöl und Palmfett in der Fütterung und      Trächtigkeiten, Fütterung, Besamung, Entwur-                                                          dert.» Es ist nun weicher und weniger nass in        für unsere Kinder.»
     Betriebsleiter die Wände im oberen Bereich          keine Antibiotika ohne tierärztliche Verordnung   mung oder allfällig nötige Behandlungen. Der         mund. «Die Kühe gehen ganz klar vor. Wenn es
                                                                                                           Tierarzt schneidet auch die Klauen. Viele Pro-       Probleme im Stall gibt, sind sie wichtiger als
                                                                                                           bleme lassen sich so vermeiden oder bereits          das Abendessen oder ein freier Nachmittag.»
                                                                                                           im Anfangsstadium behandeln: «Der Gesamt-
                                                                                                           zustand unserer Kühe ist besser, die Gesund-         Der Melkroboter
                                                                                                           heitskosten sind niedriger und wir brauchen          macht flexibler
                                                                                                           den Tierarzt kaum mehr notfallmässig.»               Seit Herbst 2020 können sich die sechzig
                                                                                                                                                                Kühe nicht nur frei bewegen, sondern auch
                                                                                                           Die Priorität liegt für Grolimunds klar bei den      selbst entscheiden, wann sie zum Melken ge-
                                                                                                           Kühen. «Wir verbringen lieber Zeit im Stall und      hen wollen: Grolimunds schafften sich einen
                                                                                                           rund um die Kühe, als lange auf Maschinen zu         Melkroboter an. Ein Fütterungsroboter schiebt
                                                                                                           sitzen», erzählt Pierre Grolimund. Deshalb ha-       regelmässig das Futter an den Futtertisch.
                                                                                                           ben sie im Acker- und Futterbau verschiedene         Von beiden technischen Lösungen profitieren
                                                                                                           Arbeiten ausgelagert. «Wir sind so viel um die       insbesondere rangniedere Tiere, die sich nun
                                                                                                           Kühe, dass wir sofort merken, wenn eine sich         weniger gegen die ranghöheren verteidigen
                                                                                                           komisch verhält, hinkt oder stierig ist», fügt der   müssen. Das Tor zur Weide steht den Tieren
                                                                                                           Landwirt an.                                         jederzeit offen. Da es Wasser und zusätzliches
                                                                                                                                                                Futter nur im Stall gibt, kommen sie regelmäs-
                                                                                                           «Wir kennen unsere Kühe so gut wie andere            sig zurück und gehen dann zum Melken.
                                                                                                           Leute ihren Hund oder ihre Katze. Kranke Tiere
     Magalie und Pierre Grolimund halten auf ihrem Betrieb in Vicques JU 60 Holstein-Milchkühe.            beschäftigen uns sehr. Wenn es den Kühen gut         «Berufskollegen denken oft, wir würden nun ei-   Im Laufstall können die Kühe liegen und fressen, wann sie wollen – und dank dem Melkroboter
     «Die Tiere gehen ganz klar vor», sagen sie.                                                           geht, geht es uns gut», ergänzt Magalie Groli-       ner auswärtigen Arbeit nachgehen», sagt Pierre   auch entscheiden, wann sie zum Melken gehen.
So leben die Nutztiere in der Schweiz
18                                                                                                                                                                                                                    19

     Schweine in der Schweiz
     Die einheimische Schweinehaltung hat sich         Die Art der Schweinehaltung hat sich in die-       das Anbinden der Schweine am Hals und auch
                                                                                                                                                                     Höchstbestände Schweine
     in den vergangenen Jahrzehnten stark kon-         ser Zeit ebenfalls massiv verändert. Vor den       die aus dem Ausland bekannten Systeme der
                                                                                                                                                                     In der Schweiz dürfen pro Betrieb maximal
     zentriert und professionalisiert. Ein Bruchteil   80er-Jahren bestanden kaum gesetzliche Vor-        Batteriehaltungd von Ferkeln. Viele Bauern-
                                                                                                                                                                     250 Zuchtschweine oder 500 nicht säugen-
     der Betriebe hält heute fünfmal mehr Tiere        gaben für die Ställe, bezüglich der Fress- und     familien mussten die Ställe an die neuen Vor-
                                                                                                                                                                     de Zuchtschweine (zur Aufzucht) oder 1500
     pro Betrieb (Tab. 3) als vor vierzig Jahren und   Liegeplätze oder der Beleuchtung. Dann ka-         schriften anpassen und umbauen. Schon 1997
                                                                                                                                                                     Mastschweine oder 2000 Ferkel bis 35 kg
     produziert 83 Prozent der Fleischmenge. Der       men laufend neue staatliche Regulierungen          kamen die nächsten neuen Vorschriften mit
                                                                                                                                                                     gehalten werden.
     Konsum von Schweinefleisch pro Kopf nahm          auf die Tierhalterinnen und Tierhalter zu. Im      einer Übergangsfrist von zehn Jahren. Diese
     von knapp 43 kg auf knapp 26 kg oder um gut       Januar 1980 trat die erste Verordnung über die     verboten die Kastenstände. Seither dürfen die
     39 Prozent ab. Im gleichen Zeitraum wuchs         Höchstbestände in der Fleisch- und Eierpro-        Tiere nur in Ausnahmefällen fixiert werden.               Jahr 2019 gut die Hälfte der Betriebe mit eben-
     die Bevölkerung der Schweiz von 6.3 Mio. auf      duktion in Kraft. Eineinhalb Jahre später folgte   Ebenso durfte es in Neu- und Umbauten kei-                falls gut 50 Prozent des Schweinebestandes
     8.6 Mio. Personen.                                die erste Tierschutzverordnung. Diese verbot       ne neuen Vollspaltenböden mehr geben. Die-                die Tiere gemäss den Vorgaben des RAUS-Pro-
                                                                                                          se wurden 2008 mit einer Übergangsfrist von               gramms. Dort haben die Schweine einen mehr-
     Tabelle 3: Anzahl Schweine gesamthaft, pro Betrieb, Schlachtungen und Fleischmenge                   10 Jahren ganz verboten. Innert drei Jahren               stündigen Auslauf auf einer befestigten Fläche
     in Tonnen: Vergleich zwischen den Jahren 1980 und 2020                                               wurden bis 2010 für die Kastration der männli-            oder einer Weide. Die Mindestflächen sind vor-
     Quelle: Agristat, Statistische Erhebungen und Schätzungen, diverse Jahresausgaben                    chen Mastferkel Narkosegeräte entwickelt und              geschrieben und die befestigten Ausläufe dür-
                                                                                                          eingeführt. Auch das ist eine schweizerische              fen höchstens zu 50 Prozent überdacht sein.
                                                                     1980                       2020      Pionierleistung im Tierschutz.                            Die beiden Bundesproramme bilden für die
                                                                                                                                                                    meisten Labels eine Mindestanforderung. Heu-
     Anzahl Betriebe                                                42 500                      5 600
                                                                                                                                                                    te erfüllen viele Betriebe die BTS/RAUS-Be-
     %                                                               100 %                       13 %     BTS UND RAUS                                              stimmungen, obwohl sie keinen Labelvertrag
                                                                                                                                                                    haben – sie könnten also von heute auf morgen
     Schweine                                                    2 204 700                  1 348 306     In der Schweinehaltung schreibt das Tierwohl-             in die Labelproduktion einsteigen. Allerdings
                                                                                                          programm BTS einen Mehrflächenstall mit                   fehlt es am Absatz, da besonders der preissen-
     %                                                               100 %                       63 %
                                                                                                          einer eingestreuten Liegefläche und einem Ak-             sitive Hotel-, Restaurant- und Kantinenkanal
     Schweine/Betrieb                                                   52                        240     tivitätsbereich mit Fest- und/oder Spaltenbo-             kaum Labelfleisch abnimmt. Die Tierhalterin-
                                                                                                          den vor. Aktuell halten mehr als die Hälfte der           nen und Tierhalter erfüllen die Labelanforde-
     Schlachtungen                                               3 397 657                  2 468 256
                                                                                                          Schweinehaltenden mit mehr als zwei Dritteln              rungen, bekommen jedoch über den Produkt-
     %                                                               100 %                       73 %     der gehaltenen Schweine, die Tiere nach den               preis keine Abgeltung für den Mehraufwand
                                                                                                          Vorgaben des BTS-Programms15. Die Auslauf-                und die Mehrkosten.
     Fleischmenge t                                               271 024                    223 986      haltung von Schweinen ist anspruchsvoll und
                                                                                                          bezüglich der Seuchenprävention, je nach Ge-
     %                                                               100 %                       83 %
                                                                                                          fahrenlage (Afrikanische Schweinepest), nicht
     Selbstversorgungsgrad                                           100 %                       92 %     in jedem Fall zu empfehlen. Dennoch halten im

     Anteil Schweine-GVE mit RAUS (2019)                                  -                   50,8 %13
                                                                                                          d Dabei handelte es sich um z.T. mehrstöckige, enge
     Anteil Schweine-GVE mit BTS (2019)                                   -                   68,3 %14    Drahtgitterkäfige mit Drahtgitterböden für ca. 10 Tiere
                                                                                                          pro Abteil.
20   Besuch bei Ivo Wolfisberg in Hohenrain                                                                                                                                                                                                                                                                         21

     Im Kreislauf der Ferkelproduktion
     Ivo Wolfisberg hält auf seinem Betrieb Zucht-     Deck-, Warte- und Abferkelstall                    den Saugferkeln sowie die Jager (Jungschwei-                                                          Kurs besucht und anschliessend eine Einfüh-       28 Tage saugen die Ferkel, dann bringt Ivo Wol-
     sauen. Er schaut, dass sie trächtig werden und    Im Deckstall stehen noch die alten Kastenstän-     ne) haben keinen Auslauf.                            Betriebsspiegel                                  rung von einem Tierarzt und dem Geräteher-        fisberg sie in den Ferkelaufzuchtstall. Dieser
     unterstützt sie beim Abferkeln. Die Ferkel ver-   de. Die engen Gitterkäfige kommen jedoch nur                                                            125 Zuchtsauenplätze                             steller erhalten. Die Ferkel erhalten ausserdem   besteht aus drei Ställen, jeder in 8 Buchten à
     kauft er mit einem Lebendgewicht von 25 kg an     noch bei der künstlichen Besamung zum Zuge.        Die Sauen tragen rund 116 Tage. Ein paar Tage        36 Milchkühe, Käsereimilch                       verschiedene Impfungen und eine Dosis Eisen.      30 Tierplätze unterteilt. Auch diese Buchten
     einen Mastbetrieb.                                Ansonsten laufen hier ein Duroc- und ein Pre-      vorher dem Geburtstermin bringt Ivo Wolfis-          20,5 ha LN, Mais, Weizen, Raps, Natur-           Die Eisenversorgung bei den Ferkeln spielt eine   verfügen über einen gewärmten, gedeckten
                                                                                                                                                               wiesen und Kunstwiesen, Weide
                                                       mo-Eber mit; beide vererben den Ferkeln gute       berg sie in den Abferkelstall mit zwei Abferkel-                                                      wichtige Rolle, da die Saugferkel in den ersten   Bereich. Hier bleiben die Tiere 5 bis 6 Wochen;
                                                                                                                                                               Betriebsleiter, Lernender, Mithilfe der
     Auf dem Schweinezuchtbetrieb von Ivo Wol-         Fleischqualität. Die Trächtigkeit verbringen die   zimmern, jeweils eines für eine Gruppe. Jedes                                                         Tagen und Wochen vorwiegend die eisenarme         mit 25 Kilo Körpergewicht verkauft Wolfisberg
                                                                                                                                                               Eltern
     fisberg in der Nähe von Hohenrain LU ist sind     Sauen im Wartestall. In dem grossen, mit Stroh     Abferkelzimmer ist in mehrere Buchten unter-         Solaranlage: 50 kW Eigenverbrauch,               Muttermilch zu sich nehmen. Um Mangel vor-        die Ferkel an einen Mastbetrieb. Die Sauen
     die rund 125 Zuchtsauen in einem 3-Wochen-        eingestreuten Raum sind mehrere Gruppen ge-        teilt, so dass jede Sau mit ihren Ferkeln eine       300 kW KEV                                       zubeugen, wird Eisen verabreicht. Weiter hilft    bringt der Landwirt nach dem Absetzen der
     Rhythmus-System organisiert. Zu jedem Zeit-       mischt. Alle Tiere im Deck- und Wartestall ha-     eigene Bucht mit Sichtkontakt zu den Nachba-         ÖLN-Gemeinschaft mit einem Nachbarn              die Zufütterung einer Mischung aus Ferkelstar-    Ferkel wieder in den Deckstall und der Kreis-
     punkt befindet sich eine Gruppe von Sauen im      ben Auslauf. Ivo Wolfisberg produziert gemäss      rinnen hat.                                          IP-Suisse (BTS und RAUS obligatorisch)           terfutter, Wühlerde und Milchpulver gegen den     lauf beginnt von vorne.
     Deckstall, fünf Gruppen im Wartestall und zwei    IP-Suisse-Richtlinien, für die RAUS und BTS ob-                                                                                                          Eisenmangel. Damit gewöhnen sich die Ferkel
     Gruppen im Abferkelstall.                         ligatorisch sind. Nur die säugenden Sauen mit      Die meisten Geburten leitet Ivo Wolfisberg                                                            ausserdem an feste Nahrung.
                                                                                                          medikamentös ein, weil der Abferkelstall nicht     überleben. Deshalb praktiziert Ivo Wolfisberg
                                                                                                          direkt auf dem Betrieb steht: «Es ist mir sehr     auch Ammenhaltung. Denn in einem Wurf sind
                                                                                                          wichtig, bei den Geburten vor Ort zu sein und      nie alle Ferkel gleich stark. Die kleinsten und
                                                                                                          die Sauen zu unterstützen», erklärt der Land-      schwächsten bekommen oft zu wenig Milch
                                                                                                          wirt. Die Ferkel sollen rasch genug Muttermilch    und zu wenig Wärme. Deshalb legt Wolfisberg
                                                                                                          trinken, um die darin enthaltenen Immunstoffe      die kleinsten Ferkel aller Sauen an eine Sau;
                                                                                                          aufzunehmen. Ausserdem sollen sie sich ans         deren Ferkel wiederum verteilt er auf die an-
                                                                                                          gewärmte Ferkelnest gewöhnen. Diesen ge-           deren Sauen in der gleichen Abferkelgruppe.
                                                                                                          deckten, auf gut 30°C gewärmten Bereich gibt       Die kleinen und schwachen Tiere sind damit
                                                                                                          es, da sich die Temperaturbedürfnisse von Sau      unter sich und haben so viel bessere Überle-
                                                                                                          und Ferkel deutlich unterscheiden. Die Ferkel      benschancen, als wenn sie sich ständig gegen
                                                                                                          können sich dorthin zurückziehen und aufwär-       starke Geschwister durchsetzen müssten. «In
                                                                                                          men und kommen raus, um mit der Sau Kontakt        der Regel akzeptieren die Sauen die fremden
                                                                                                          aufzunehmen und zu trinken. Die Raumtempe-         Ferkel gut», sagt Wolfisberg.
                                                                                                          ratur des Abferkelzimmers kommt mit etwa
                                                                                                          18°C den Bedürfnissen der Sauen entgegen.          Nach der Geburt schleift Ivo Wolfisberg den
                                                                                                                                                             Ferkeln die Zahnspitzen ab, damit sie die Zitzen
                                                                                                          Ammen für die schwachen Ferkel                     der Sau und sich gegenseitig nicht verletzen.
                                                                                                          Die Sauen gebären zwischen 12 und 14 Ferkel.       Ausserdem desinfiziert er bei jedem Ferkel den
                                                                                                          «Lange waren möglichst viele Ferkel pro Sau        Nabel. Zwischen dem vierten und sechsten Le-
                                                                                                          das Ziel, jetzt hat man lieber eines weniger       benstag kastriert er ausserdem die männlichen
     Ivo Wolfisberg hält 125 Zuchtsauen und zieht Ferkel auf. Mit rund 25 kg Körpergewicht                und die anderen dafür robuster.» Oberstes Ziel     Ferkel mit Hilfe eines Narkosegerätes. Um die      28 Tage säugen die Zuchtsauen die Ferkel. Diese Zeit verbringen sie zusammen in der Abferkel-
     verkauft er sie an einen Mastbetrieb.                                                                auf dem Betrieb ist, dass möglichst alle Ferkel    Kastration vorzunehmen hat Wolfisberg einen        bucht mit dem gewärmten Ferkelnest.
22                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               23

     Geflügel in der Schweiz
     Die Geflügelhaltung deckt die Eierproduktion      BTS UND RAUS                                                                                                Eine Herausforderung in der Eierproduktion
                                                                                                               Höchstbestände bei Legehennen                                                                                       Höchstbestände bei Poulets
     mit den Legehennen und die Fleischproduk-         Die Legehennen leben zu 84,5 Prozent in Stäl-                                                               sind die männlichen Küken, die keine Eier le-
                                                                                                               Pro Betrieb dürfen höchstens 18 000 Tiere                                                                           In der Pouletmast gelten sowohl Höchstbes-     poulets ab dem 43. Masttag gehalten werden.
     tion mit Poulets und Truten ab. Die Trutenmast    len mit Wintergarten und mit Zugang zum Frei-                                                               gen und nur wenig Fleisch ansetzen. Am alter-
                                                                                                               gehalten werden.                                                                                                    tandesbeschränkungen wie auch Beschrän-        Gleichzeitig dürfen die Ställe gemäss Tier-
     hat ab den 1980er-Jahren in der Schweiz Fuss      land18 (Abb. 3). Diese moderne Haltung erfüllt                                                              nativen Vergasen gibt es grosse Kritik aus der
                                                                                                                                                                                                                                   kungen nach Lebendgewicht pro Quadrat-         schutzgesetz nicht mit mehr als 30 kg/m2
     gefasst. 2020 stammte ca. ¹⁄₆ des verzehrten      die Anforderungen der Tierwohlprogramme                                                                     Gesellschaft. Daher sucht die Branche intensiv
                                                                                                                                                                                                                                   meter. Gemäss Höchstbestandesverordnung        befüllt werden. Da die Poulets rasch an Ge-
     Trutenfleisches aus Schweizer Produktion.         BTS und RAUS des Bundes und wird mit Beiträ-          nahme an den Förderprogrammen des Bundes              nach Möglichkeiten, das Geschlecht bereits im
                                                                                                                                                                                                                                   dürfen 27 000 Mastpoulets bis zum 28. Mast-    wicht zunehmen, sind deshalb oft nicht die
     Am gesamten Geflügelfleischkonsum haben           gen gefördert. In Betrieben mit Bodenhaltung          und haben meist noch zusätzliche Vorgaben.            Ei zu bestimmen. Sobald diese praxistauglich
                                                                                                                                                                                                                                   tag («Mistchratzerli»), 24 000 Mastpoulets     vollen Höchstbestände möglich. Wer am
     die Truten einen Anteil von 6,5 Prozent. Für      leben nur noch 15,5 Prozent der Hennen, da-           18,5 Prozent der Hennen werden nach den Bio-          ist, werden die Eier mit den männlich befruch-
                                                                                                                                                                                                                                   vom 29. bis 35. Masttag, 21 000 Mastpoulets    Schlachttag zu hohe Gewichtwerte pro Qua-
     Nischenprodukte werden Wachteln (Eier und         von haben gut die Hälfte Zugang zu einem Win-         richtlinien gehalten.                                 teten Küken nicht mehr ausgebrütet. Weder die
                                                                                                                                                                                                                                   vom 36. bis zum 42. Masttag und 18 000 Mast-   dratmeter in den Ställen hat, wird bestraft.
     Fleisch) sowie Enten und Gänse gehalten. Auch     tergarten (BTS). Die Labels verlangen die Teil-                                                             Zucht auf Zweinutzungshühnerh noch die Mast
     in der Geflügelhaltung haben die gesetzlichen                                                                                                                 von sogenannten Bruderhähneni sind bezüglich
     Vorgaben in den Bereichen Höchstbestände                                                                                                                      des Ressourceneinsatzes (v.a. Futter und Stall-                Abbildung 3: In der Schweiz gibt es verschiedene Stufen von Anforderungen
     (1980) und Tierschutz (1981) die Produktion       Tabelle 4: Vergleich der Anzahl Geflügelbetriebe, Hennen, Hennen                                            fläche) nachhaltig j.                                          an die Haltung von Legehennen. Die Tierschutzverordnung schreibt die Haltung auf
     massiv beeinflusst. Begrenzungen der Anzahl       pro Betrieb und Eierproduktion zwischen 1980 und 2020                                                                                                                      mehreren Ebenen vor. BTS ergänzt dazu den Aussenklimabereich, RAUS den Auslauf
     Tiere je Betrieb in der Gesetzgebung gibt es      Quelle: Agristat, Statistische Erhebungen und Schätzungen, diverse Jahresausgaben                                                                                          auf eine Weide. Für Biolegehennen sind alle drei Niveaus obligatorisch.
     weltweit nur in der Schweiz.                                                                                                                                  POULETS                                                        Quelle: Geflügelzeitung 11/2021
                                                                                                                              1980                        2020
     EIER                                                                                                                                                          Die Geflügelmast ist als Vertragsproduktion
                                                       Anzahl Betriebe                                                      66 300 f                    11 570
                                                                                                                                                                   organisiert – als sogenannte Integration. Der
     Die Tierschutzverordnung von 1981 hat mit         %                                                                      100 %        Nicht vergleichbar      Integrator nimmt die Tiere ab und betreibt
     einer Übergangsfrist von 10 Jahren die Bat-       Hennen                                                            3 170 000                   3 487 972     einen Schlachthof. Er bestimmt die Rasse der
     teriehaltunge der Legehennen verboten. Die                                                                                                                    Tiere und weitere wichtige Elemente der Pro-                          Stall                             Aussen-
                                                       %                                                                      100 %                       110 %
     Übergangsfrist war nötig, weil damals welt-                                                                                                                   duktion wie die Futterzusammensetzung, wann                                                             klimabereich
     weit keine alternativen Systeme für die profes-   Hennen/Betrieb                                                            52                       240g     ein Mastdurchgang beginnt und mit welchem                                                               (Wintergarten)          Weide
     sionelle Haltung von Legehennen vorhanden         Eier Stück                                                         781 Mio.                   1100 Mio.     Gewicht die Tiere geschlachtet werden. Neben
     waren. Innert 10 Jahren mussten die Firmen        %                                                                      100 %                      140 %     zwei grossen und zwei mittleren Integratoren
     für Stalleinrichtungen die Volierenställe ent-                                                                                                                gibt es einzelne Kleinintegratoren.
                                                       Selbstversorgungsgrad Gesamteier                                        54 %                        56 %
     wickeln, testen und dem Bund zur Bewilligung
     einreichen.                                       Anteil Legehennen-GVE mit RAUS (2019)                                         -                 82.3 %16                                                                              Tierschutzverordnung

                                                       Anteil Legehennen-GVE mit BTS (2019)                                          -                 92.8 %17                                                                                                          BTS: Besonders
     Im Vergleich zu 1980 werden heute 10 Prozent                                                                                                                  h Rassen, die sowohl für die Eier- wie auch für die Fleisch-                             tierfreundliche Stallhaltung
                                                       e Batteriehaltung oder Käfighaltung der Legehennen: 5 Tiere wurden in einem Drahtgitterkäfig auf            produktion eingesetzt werden können
     mehr Legehennen gehalten – durch den Struk-       550 cm2 Fläche pro Tier gehalten. In den Ställen wurden die Käfige in langen Reihen nebeneinander
                                                       und in mehreren Stockwerken übereinander angeordnet.
     turwandel sind es rund fünfmal mehr Tiere pro     f In den für 1980 verfügbaren Daten wurde nicht nach Produktionsrichtung Eier oder Fleisch unterschieden.
                                                                                                                                                                   i Mast von Hähnen der Legerassen («Brüder» der Lege-                                                           RAUS: Regelmässiger Auslauf im Freien
                                                                                                                                                                   hennen)
     Betrieb. Die Legehennen sind ausserdem deut-      g Die Herdengrössen bei Legehennen unterscheiden sich in der Schweiz – viele Direktvermarktungsbetrie-
                                                       be halten Herden von unter 100 Tieren, während auf professionellen Eierbetrieben einige Tausend Hennen
     lich produktiver geworden – sie legen heute       stehen. Dadurch und durch die Höchstgrenze von 18 000 Tieren kommt die relativ niedrige Durchschnitts-      j Die Mast der Bruderhähne dauert mehr als doppelt so                                                 Bio-Anforderungen
                                                       zahl von 240 Hennen pro Betrieb zustande.                                                                   lange wie die für ein Standardpoulet und je kg Schlacht-
     rund 40 Prozent mehr Eier als früher (Tab. 4).                                                                                                                gewicht verzehren die Bruderhähne dreimal mehr Futter.
24                                                                                                              25

     Die Integratoren definieren ausserdem die             mal mehr Fleisch produzieren (Tab. 5). Ein-
     Labelanforderungen mit Ausnahme der Bio-              heimisches Pouletfleisch ist ein sehr gefragtes
     produktion. Das Bio-Pouletfleisch ist ein Ni-         Produkt.
     schenprodukt mit weniger als drei Prozent
     Marktanteil. Dafür braucht es viel mehr Fläche,       BTS UND RAUS
     weil die Besatzdichte höchstens 20 kg Lebend-         In der Pouletmast leben 97 Prozent der Pou-
     gewicht (LG) pro Quadratmeter (25 kg LG/m2            lets gemäss BTS-Bedingungen, damit ist das
     mit Wintergarten) betragen darf. Für Bio-Poulets      Programm quasi zur Standardhaltungsform ge-
     muss die Mast mindestens 63 Tagen dauern.             worden.

     Das Geflügelfleisch ist in den vergangenen
     Jahrzehnten beliebter geworden. Um die grös-
     sere Nachfrage zu befriedigen, hat sich die
     Geflügelmast professionalisiert. Die Betriebe
     halten mehr Poulets, die wiederum fast fünf-

     Tabelle 5: Vergleich der Anzahl Pouletbetriebe, Poulets, Poulets pro Betrieb
     und Fleischproduktion zwischen 1980 und 2020
     Quelle: Agristat, Statistische Erhebungen und Schätzungen, diverse Jahresausgaben

                                                                              1980                     2020

     Anzahl Betriebe                                                       66 300 k                      970

     %                                                                       100 %       Nicht vergleichbar
     Poulets                                                             2 579 500                7 487 972

     %                                                                       100 %       Nicht vergleichbar

     Poulets/Betrieb                                                             87                    7 720

     Fleischmenge t                                                         20 900                  102 296

     %                                                                       100 %                     490 %

     Selbstversorgungsgradl                                                    43 %                     60 %

     Anteil der Mastpoulet-GVE nach RAUS (2019)                                    -                    8 %19

     Anteil der Mastpoulet-GVE nach BTS (2019)                                     -                 97,4 %20
     k In den für 1980 verfügbaren Daten wurde nicht nach Produktionsrichtung Eier oder Fleisch unterschieden
     l Im Selbstversorgungsgrad Geflügel ist sowohl Poulet- wie auch Trutenfleisch enthalten.
     Letzteres macht jedoch am Gesamtgeflügelfleisch nur einen Anteil von 6,5% aus.
26   Besuch bei Corinne und Marcel Gygax in Grünenmatt                                                                                                                                                                                                                                                                  27

     Geflügelhaltung ist Millimeter-Arbeit
     Marcel und Corinne Gygax führen einen Pou-          Auf die ersten drei Tage                                                                              Nach 36 Tagen und mit einem Durchschnitts-          ligen Wachstumsphase angepasst sind. Damit        auf dem Betrieb. Je nach Witterung und Tem-
     letmastbetrieb im Emmental. Sie erzählen, wo-       kommt es an                                          Betriebsspiegel                                  gewicht von zwei Kilos kommen die Tiere in          verbessern sie die Nährstoffeffizienz. «Der An-   peratur passen sie die Bedingungen im Stall an
     rauf es ankommt und was sie an den Tieren so        Vor dreissig Tagen sind sie als Eintagsküken         2 x 4000 Mastpoulets, BTS                        den Schlachthof. Gygax’ räumen, misten und          spruch der Konsumentinnen und Konsumen-           oder lassen die Tiere raus. «Geflügelhaltung ist
     fasziniert.                                         auf den Betrieb gekommen. Gygax’ hatten den          Grünlandbetrieb mit Mutterkühen                  wischen den Stall und den Aussenklimabe-            ten an das Tierwohl und die Tiergesundheit ist    Millimeter-Arbeit», sagt Marcel Gygax.
                                                         Stall auf 34 Grad geheizt und den Bereich zwi-       Acker- und Waldbau                               reich und reinigen anschliessend beides sehr        heutzutage enorm gross. Dadurch ist die Hüh-
     Marcel Gygax öffnet die Auslauföffnungen in         schen den Futtertrögen in der Mitte des Stalls       Bienen, Hochstammobstbäume                       gut mit dem Warmwasserhochdruckreiniger.            nerhaltung anspruchsvoller und komplexer ge-      Die Faszination ist greifbar. «Wir begleiten die
     den Aussenklimabereich. Er hat einen Mantel         eingezäunt. Hier ist es am wärmsten und die          Betriebsleiterpaar, Eltern als Mithilfe          Das dauert rund drei Tage. Nach dem Trocknen        worden», erzählt Marcel Gygax. Es gehe nichts     Tiere während ihres ganzen Lebens, verfolgen
     und Stiefel angezogen, die er nur hier trägt: Hy-   Küken brauchen noch nicht so viel Platz. Um                                                           und Desinfizieren streuen sie ihn wieder ein,       über Erfahrung. «Wenn ich in den Stall gehe,      ihre Entwicklung, kümmern uns um sie», er-
     giene ist im Geflügelstall sehr wichtig. Nach und   die Umwelt zu schonen, betreiben Gygax’ die                                                           heizen, installieren die Einrichtungen für Futter   spüre ich, ob es den Tieren gut geht und ob das   zählt Corinne Gygax. Und ihr Mann ergänzt:
     nach trippeln die Masthühner mit vorgereckten       Heizung mit Solarwärme und Holz.                   zu Kräften kommen.» Temperatur und Luftqua-        und Wasser und stellen die erhöhten Sitzflä-        Klima stimmt», erzählt er. «Diese komplexen       «Das Leben ist kurz, aber gut. Es fehlt ihnen an
     Köpfen durch die Öffnungen. Ihr Federkleid ist                                                         lität müssen stimmen.                              chen wieder bereit. Sie sind eine Bedingung für     Zusammenhänge kann noch kein Computer             nichts und sie müssen keine Angst vor Füch-
     am 30. Tag noch nicht komplett entwickelt, die      Die ersten drei Tage sind am heikelsten, erklärt                                                      das Tierwohlprogramm «Besonders tierfreund-         begreifen.» Obwohl die technische Unterstüt-      sen oder Vögeln haben. So produzieren wir ein
     Füsse wirken gross im Vergleich zum Körper.         Corinne Gygax. «Wir verbringen dann viel Zeit      Während die Hühner älter werden, brauchen          liche Stallhaltungssysteme» (BTS), von dem Co-      zung durchaus hilft – sie dosiert Wasser und      nachhaltiges und nachgefragtes Produkt, das
     Manche rennen herum, andere scharren und pi-        im Stall, schauen, wie sie sich verhalten, ani-    sie weniger intensive Überwachung. Normaler-       rinne und Marcel Gygax sehr überzeugt sind.         Futter und kontrolliert Temperatur und Klima.     wir auch selbst sehr gerne essen.»
     cken in der Einstreue oder legen sich sofort hin.   mieren sie zum Fressen und Trinken, damit sie      weise sind es zwei Rundgänge pro Tag, auf de-      «Hier verbinden sich eine tierfreundliche, wirt-    Die Tiere und ihre Bedürfnisse prägen die Tage
                                                                                                            nen sie die Tiere, Wasser, Futter und die Tem-     schaftliche und ressourcenschonende Produk-
                                                                                                            peratur im Stall kontrollieren. «Dabei laufe ich   tion», erklärt Marcel Gygax und ergänzt: «Wir
                                                                                                            aber nicht einfach durch», sagt Marcel Gygax       haben nie kranke Hühner.» Die letzte Behand-
                                                                                                            mit Nachdruck, «ich beobachte sie. Manchmal        lung mit Antibiotika hätten sie vor sechs Jah-
                                                                                                            setze mich sogar hin und rede mit ihnen, kraule    ren durchführen müssen. «Ausserdem können
                                                                                                            sie. Manche sind neugieriger und kommen so-        wir die Tiere auch rauslassen, wenn es regnet,
                                                                                                            fort, andere weniger.» Ihm sei wichtig, dass es    und sie sind vor Füchsen und Greifvögeln ge-
                                                                                                            den Tieren gut geht.                               schützt. Ausserdem haben sie durch das Gitter
                                                                                                                                                               keinen Kontakt zu Wildtieren – also könnten wir
                                                                                                            Letzter Einsatz von Antibiotika                    sie auch rauslassen, wenn Geflügel aufgrund
                                                                                                            vor sechs Jahren                                   der Vogelgrippe drinbleiben muss.» Für BTS
                                                                                                            Mit der Zeit füllen die Tiere den vorhandenen      gibt es vom Bund Beiträge – zur Abgeltung für
                                                                                                            Platz besser aus. «Sie haben genug Platz, lie-     die Mehrarbeit und den zusätzlichen Unterhalt.
                                                                                                            gen aber oft nahe beieinander, rotten sich ge-     97% der Poulets in der Schweiz profitieren von
                                                                                                            radezu zusammen», erklärt Corinne Gygax. Ab        diesem Programm. Beim «Regelmässigen Aus-
                                                                                                            dem 22. Tag, wenn die Temperaturen mindes-         lauf im Freien» (RAUS) haben die Tiere zusätz-
                                                                                                            tens 13 Grad betragen, öffnen sie die Klappen      lich zu BTS auch noch Zugang zu einer Weide.
                                                                                                            in den Aussenklimabereich. Ab dem 29. Tage
                                                                                                            können die Tiere bereits ab 8 Grad Aussentem-      Mit langjähriger
                                                                                                            peratur ausgelassen werden. Der Aussenkli-         Erfahrung punkten
     Bei Marcel und Corinne Gygax geniessen die Masthühner Auslauf in den Aussenklimabereich –              mabereich ist ein gedeckter, mit Drahtgeflecht     Gygax’ füttern den Hühnern seit 25 Jahren drei      Während das Tageslicht Standard gemäss Tierschutzgesetz ist, sind die erhöhten Sitzgelegen-
     wie übrigens 97 Prozent der Masthühner in der Schweiz.                                                 versehener, eingestreuter Laufhof.                 verschiedene Futtermischungen, die der jewei-       heiten Auflage des Tierwohlprogramms BTS.
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