Pongo pygmaeus mit seinem Latein am Ende - Massiver Lebensraumverlust für den Borneo Orang-Utan eine WWF-Analyse anhand Verbreitungskarten von ...
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Pongo pygmaeus mit seinem Latein am Ende Massiver Lebensraumverlust für den Borneo Orang-Utan − eine WWF-Analyse anhand Verbreitungskarten von 1930, 1989, 1997, 2004 und 2007
Inhalt Zusammenfassung ............................................................................................................................... 3 Summary ............................................................................................................................................. 3 1 Einleitung ........................................................................................................................................ 4 2 Orang-Utans und ihr Lebensraum ................................................................................................... 6 3 Methoden ......................................................................................................................................... 7 3.1 Verbreitungskarten .................................................................................................................. 7 3.2 Gefährdungskarten .................................................................................................................. 7 4 Ergebnisse und Diskussion ................................................................................................................ 8 4.1 Vorkommen und Lebensraumverlust ...................................................................................... 8 4.2 Ölpalmen-Plantagen ............................................................................................................. 10 4.3 Vorkommen in degradierten Waldgebieten ........................................................................... 12 4.4 Straßen- und Wegenetz ......................................................................................................... 14 5 Lösungsansätze .............................................................................................................................. 16 6 Ausblick ......................................................................................................................................... 18 Danksagung ....................................................................................................................................... 18 Literaturverzeichnis .......................................................................................................................... 19 Herausgeber: WWF Deutschland, Frankfurt am Main Stand: September 2009 Autoren: Stefan Ziegler, WWF Deutschland und Patrick Weber, J.W. Goethe-Universität, Institut für Geografie, Frankfurt am Main Koordination: Stefan Ziegler, WWF, Telefon: +49 69 79 144 - 168; E-Mail: stefan.ziegler@wwf.de Redaktion: Astrid Korolczuk, Heike Mühldorfer, WWF Layout: astrid ernst, Text- und Webdesign, www.ernst-webdesign.de Stefan Ziegler1 und Patrick Weber2 1 WWF Deutschland, Rebstöckerstraße 55, 60326 Frankfurt 2 J.W. Goethe-Universität, Institut für Geografie, Altenhöferallee 1, 60438 Frankfurt am Main © 2009 WWF Deutschland, Frankfurt am Main Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Herausgebers. Foto Titelseite: Orang-Utan © Jimmy Syahirsyah / WWF-Indonesia Foto Rückseite: Die Anlage von Plantagen zerstört den Wald der Orang-Utans unwiederbringlich. © Desmarita Murni / WWF-Indonesia
Zusammenfassung Orang-Utans sind als Baumbewohner in besonderem keine Kursänderung, wird der Lebensraum der Men- Maße von der zunehmenden Zerstörung und Fragmen- schenaffen bis 2025 größtenteils zerstört sein. Überle- tierung des tropischen Regenwaldes betroffen. In dieser bensfähige Populationen wird es dann nur im malaysi- Studie wurde der Verlust von Orang-Utan-Lebensraum schen Bundesstaat Sabah und einigen Schutzgebieten auf Borneo in den vergangenen 80 Jahren quantifiziert. in Kalimantan/Indonesien und Sarawak/Malaysia Als Grundlage dienten Verbreitungskarten aus den geben. Will man den aktuellen Trend stoppen und dem Jahren 1930, 1989, 1997, 2004 und 2007. Des Weite- roten Menschenaffen eine Zukunft in Borneos Wäldern ren wurde die Auswirkung der rasch expandierenden sichern, gilt es sowohl die fehlgeleitete indonesische Palmölindustrie und ihrer Begleiteffekte auf die Orang- Forstpolitik als auch die in Kalimantan und Sabah Utan- Bestände untersucht. Der Lebensraum des Bor- volkswirtschaftlich gewünschte Expansion der Palmöl- neo-Orang-Utans wurde in den letzten 20 Jahren vor industrie in die richtigen Bahnen zu lenken. allem durch die Umwandlung von Regenwald in Brach- land und Ölpalmen-Plantagen sowie durch den intensi- ven kommerziellen Holzeinschlag und Waldbrände um mindestens 55 Prozent reduziert. Der jährliche Lebens- raumverlust auf Borneo liegt aktuell vermutlich zwi- schen 454.000 Hektar und 614.000 Hektar. Die Anlage von Ölpalmen-Plantagen trägt zwischen 11 Prozent und 16 Prozent zur Umwandlung von Orang-Utan-Wäldern bei. Etwa ein Viertel der Menschenaffenbestände auf Borneo lebt bereits in degradierten Wäldern. Gelingt Summary Due to their primarily arboreal way of living, findings lead to the conclusion that without a change of orangutans are notably affected by the increasing course, the habitat of the apes will be largely destroyed destruction and fragmentation of the tropical rainforest. by 2025. Then viable populations will only remain This study quantifies the loss of orangutan habitat in Sabah, Malaysia and several protected areas in on Borneo over the last 80 years, based on range Kalimantan, Indonesia and Sarawak, Malaysia. In order distribution maps from the years 1930, 1989, 1997, to stop the current trend and to secure the red ape’s 2004 and 2007. Additionally, the effects of the rapidly future in the forests of Borneo, it is crucial to correct expanding palm oil industry and its implications for the the unsustainable Indonesian forest policy as well as orangutan population were studied. The study reveals the economically desired expansion of the palm oil that throughout the last 20 years, the habitat of the industry in Kalimantan and Sabah. Borneo orangutan (Pongo pygmaeus) has been reduced by at least 55%, primarily due to the conversion of rainforest to fallow land and oil palm plantations, as well as by commercial wood extraction and forest fires. The annual habitat loss in Borneo is currently estimated to be between 454,000 hectares and 614,000 hectares. The creation of oil palm plantations accounts for about 11% to 16% of the conversion of orangutan forests. Almost one quarter of the great ape populations on Borneo already prevail in degraded forests. The WWF Deutschland 3
1 Einleitung Orang-Utans sind die einzigen heute noch lebenden Utans gefährden. Dazu zählen illegaler Holzeinschlag, Großen Menschenaffen in Asien. Während des Pleisto- Waldumwandlung in Plantagen sowie Waldbrände zäns, auch Eiszeitalter genannt, erstreckte sich ihr Ver- (Nellemann et al., 2007). Die Zerstörung der Wälder breitungsgebiet von Java über die Malaiische Halbinsel und ihrer Nutzung für die kommerzielle Forstwirtschaft und Indochina bis nach Südchina (Delgado und van bedeutet für die Orang-Utans den direkten Verlust ihres Schaik, 2000). Heute sind die einst so verbreiteten Tiere Lebensraums, denn die Großen Menschenaffen sind in nur noch mit zwei Arten im Norden Sumatras (Pongo den Baumkronen der Tieflandregenwälder Sumatras abelii) sowie mit drei Unterarten (P. pygmaeus pyg- und Borneos zu Hause. (Rijksen und Meijaard, 1999; maeus, P. p. wurmbii und P. p. morio (Groves, 2001)) Delgado und van Schaik, 2000). Und es sind gerade auf Borneo (P. pygmaeus) zu finden. Doch nicht nur ihr diese Wälder, die akut bedroht sind. Verbreitungsgebiet ist drastisch geschrumpft. Es wird angenommen, dass die Zahl der heute lebenden Orang- Um die Folgen der Bejagung und Zerstörung ihres Le- Utans nur ein Prozent ihrer prähistorischen Population bensraums zu verstehen, braucht man nur einen Blick ausmacht (Bennett, 2002). auf die Situation der Orang-Utans in Sumatra zu wer- fen. Dort ist ihr Verschwinden besonders gut dokumen- Die Gründe für das Verschwinden der Großen Men- tiert. Im 20. Jahrhundert hat der Orang-Utan Bestand schenaffen sind vielfältig. Vermutlich sind Orang-Utans auf Sumatra um 85 Prozent abgenommen (Caldecott in historischer Zeit durch Bejagung aus weiten Teilen und Miles, 2005). Anfang der 1990er Jahre wurde die ihres ursprünglichen Verbreitungsgebiets verschwunden Orang-Utan Population auf etwa 12.000 Tiere geschätzt, (Caldecott und Miles, 2005). Denn durch den langen 19 Jahre später leben dort höchstens noch 6.600 Geburtenabstand von sechs bis neun Jahren können Individuen (Wich et al., 2008). Und die kontinuierliche Orang-Utan Populationen selbst minimalem Jagddruck Abnahme der Orang-Utan Bestände findet auch auf nicht standhalten und die Bestände schwinden unwei- Borneo statt. Rijksen und Meijaard (1999) vermuten, gerlich und laufen Gefahr auszusterben (Galdikas und dass die Population des Borneo-Orang-Utans durch ex- Wood, 1990). Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts sind treme Waldbrände und Trockenzeiten Mitte der 1990er neben der Bejagung der Tiere neue Bedrohungsfaktoren Jahre um ein Drittel zurückging. Die Population des entstanden, die das langfristige Überleben der Orang- ausgeprägten Torfsumpfgebiets im Einzugsgebiet des Sebangau-Flusses in Zentral-Kalimantan hat sich seit 1995 auf 6.000 Tiere halbiert (Morrogh-Bernard et al., 2003). Selbst in Schutzgebieten gehen die Bestandszah- len zurück. Durch die intensiven Waldbrände 1983 und 1998 wurden 90 Prozent des Waldbestands des Kutai Nationalpark zerstört. Mit fatalen Folgen für die Men- schenaffen deren Zahl sich dort seit 1970 von 4.000 auf höchstens 500 im Jahr 2004 reduziert hat (Singleton et al, 2004). Insgesamt wird für den Borneo-Orang-Utan in den letzten 60 Jahren ein Bestandsrückgang von über 50 Prozent angenommen (Wich et al., 2008). Daher wird die Art auf der Roten Liste der Weltnaturschutz- union IUCN von 2008 als „stark gefährdet“ eingestuft (Ancrenaz et al., 2008). Die zuletzt stattgefundene Erhebung aus dem Jahr 2004 schätzt das Vorkommen auf Borneo auf circa 54.900 bis 56.100 Orang-Utans, die in zunehmend fragmentierten und isolierten Subpopulationen verstreut leben (Single- ton et al., 2004). Ihre Hauptverbreitungsgebiete liegen in Zentral-Kalimantan und Sabah, kleinere Bestände existieren in West- und Ost-Kalimantan sowie in Sara- wak (Caldecott und Miles, 2005). Es wird allerdings Waldbrände werden für die baumlebenden Orang-Utans zur tödlichen vermutet (Wich et al. (2008)), dass die Bestandszahl in Falle. © Karmila Parikasi/ WWF-Indonesia 4 WWF Deutschland
den vergangenen fünf Jahren auf etwa 49.500 Indivi- von Tiefland-Regenwald. Zwischen 1983 und 2003 duen zurück gegangen ist, da seit 2004 im indonesi- hat sich die Anbaufläche für Ölpalmen auf Borneo von schen Teil Borneos mindestens 10 Prozent Orang-Utan 200.000 Hektar auf etwa 2.700.000 Hektar mehr als Lebensraum zerstört wurden. verdreizehnfacht (FWI/GWF, 2002). Bis 2020 wird in Indonesien und Malaysia mit der Verdopplung der Darüber hinaus sind die Orang-Utan Bestände auf Anbaufläche für Ölpalmen gerechnet (Nellemann et al., beiden Inseln durch Wilderei und illegalen Lebendhan- 2007). In Kalimantan, dem indonesischen Teil Borneos del bedroht. Im Leuser Ökosystem auf Sumatra wurden sind mehr als drei Millionen Hektar Waldfläche durch zwischen 1993 und 2000 jährlich über 1.000 Individuen die Umwandlung in Ölpalmen-Plantagen gefährdet durch illegale Jagd und Tierhandel sowie Lebensraum- (Venter at al., 2009). Orang-Utans können in Ölpalmen- zerstörung getötet (van Schaik et al., 2001). Etwa 500 Plantagen nicht langfristig überleben (Fitzherbert et al., Borneo-Orang-Utans werden pro Jahr gefangen, um 2008), denn neben neben der direkten Umwandlung die Nachfrage nach den verbotenen Haustieren allein von Regenwald in landwirtschaftliche Flächen, ver- auf den beiden indonesischen Inseln Java und Bali zu ringern vor allem auch indirekte Bedrohungen durch stillen (Nijman, 2005). Waldbrände und Wilderei, die von leicht zugänglichen Plantagen begünstigt werden, die Überlebenswahr- Die jüngste Bedrohung und ohne Frage eine große scheinlichkeit der Orang-Utans. Gefahr für das Überleben der Orang-Utans ist die rasch expandierende Palmölindustrie. Indonesien und Malay- Im Fokus dieser Studie steht das Überleben der Borneo sia sind die weltweit größten Produzenten von Palmöl Orang-Utans. Dabei wird zum einen der Verlust ihres mit einem Weltmarktanteil von über 80 Prozent (Wich Lebensraums in den letzten 80 Jahren quantifiziert - vor et al., 2008). Die Nachfrage nach dem Pflanzenöl ist allem im Hinblick auf die rasch expandierende Palmöl- weltweit steigend und Palmöl findet sich mittlerweile industrie und ihre Begleiteffekte auf die Orang-Utan in einem von zehn Supermarktprodukten, wie bei- Bestände. Zum anderen wird versucht den Einfluss des spielsweise Margarine, Backwaren, Süßigkeiten und Straßen- und Wegenetzes auf die Menschenaffen zu Waschmittel (Nellemann et al., 2007). Auf Sumatra bewerten. Neben den Bedrohungen werden Lösungsan- und Borneo ist die Anlage von Ölpalmen-Plantagen sätze diskutiert, wie das Aussterben des Borneo-Orang- mittlerweile eine der Hauptursachen für die Zerstörung Utans verhindert werden kann. Orang-Utans können in Ölpalmen-Plantagen nicht langfristig überleben. © Karmila Parikasi/ WWF-Indonesia WWF Deutschland 5
2 Orang-Utans und ihr Lebensraum Mit bis zu 85 Kilogramm Körpergewicht sind Orang- Tiefland-Dipterocarpaceen-Wälder, Süßwassersumpf- Utans die schwersten Lebewesen, die permanent im und Torfmoorwälder. Sie sind nur teilweise in Höhen Kronenbereich des Waldes leben. Der größte Teil ihrer über 500 Metern Meereshöhe zu finden. Im Kinaba- Nahrung besteht aus Früchten und reicht von großen, lu-Nationalpark im malaysischen Bundesstaat Sabah hartschaligen Arten, wie der wilden Durian-Frucht, bis kommen sie allerdings in den Bergwäldern bis zu einer zu kleinen fleischigen Arten, wie den wilden Feigen. Höhe von 1.400 Metern vor (Foead et al., 2005). Studien haben gezeigt, dass die Passage der Samen durch den Darm des Orang-Utans die Keimung bei ei- Geschlechtsreife Orang-Utans leben im Gegensatz zu nigen Arten sogar erleichtern kann (Foead et al., 2005). den afrikanischen Menschenaffen überwiegend als Orang-Utans sind wichtige Samenverbreiter und tragen Einzelgänger. Nur zur Fortpflanzung kommen Männ- so wesentlich zur Verbreitung der verschiedenen Pflan- chen und Weibchen kurz zusammen. Wie viele Tiere zenarten bei. Insekten sind eine wichtige Proteinquelle, in einem Gebiet vorkommen, hängt vor allem vom besonders für schwangere Weibchen. Orang-Utans Nahrungsangebot ab. Nur selten lebt mehr als ein Tier spielen durch ihre Diät eine Rolle bei der Kontrolle der pro Quadratkilometer. Lediglich in Gebieten mit einem Insektenausbreitung, die vor allem die jungen Blätter hohen Anteil an Fruchtbäumen, wie beispielsweise in der Urwaldriesen befallen (Ibid). Sie tragen dadurch Flusstälern und Sumpfwäldern, können bis zu sieben dazu bei, das Gleichgewicht des Ökosystems, in dem Tiere auf einem Quadratkilometer leben. Ausgewachse- sie leben, zu erhalten. Auf dem Speiseplan der Orang- ne Weibchen haben Streifgebiete von mehreren hun- Utans stehen mehr als 200 Pflanzenarten (Felton et al., dert, Männchen sogar von mehreren tausend Hektar. 2003). Die Nahrung besteht zu 60 Prozent aus Früch- Meist überlappen sich die Streifgebiete benachbarter ten, außerdem fressen sie junge Blätter und Baumrin- Artgenossen. Erst mit sieben bis zehn Jahren werden de, sogar Ameisen, Termiten und Vogeleier. Bei der Orang-Utans geschlechtsreif und erreichen in ihrem Futtersuche bewegen sich die Orang-Utans langsam natürlichen Lebensraum ein maximales Lebensalter durch das Kronendach des Waldes. Ganz offensicht- von bis zu 40 Jahren. Weibchen bekommen alle sechs lich kennen sie nicht nur die Standorte der einzel- bis neun Jahre Junge: Einzelgeburten sind die Regel, nen Fruchtbäume in ihrem Streifgebiet ganz genau, Zwillingsgeburten die seltenen Ausnahmen. Die Jungen sondern wissen auch über den Reifegrad von deren bleiben bis zu sieben Jahre bei ihrer Mutter, mit der sie Früchten Bescheid. Borneo-Orang-Utans bevorzugen einen engen Kontakt pflegen. Orang-Utans haben die langsamste Fortpflanzungsrate aller Menschenaffen. © Jimmy Syahirsyah / WWF-Indonesia 6 WWF Deutschland
3 Methoden 3.1 Verbreitungskarten 3.2 Gefährdungskarten Um den Lebensraumverlust des Borneo-Orang-Utan Lebensraum und Bestände des Borneo-Orang-Utan im Zeitraum zwischen 1930 und 2007 zu berechnen, sind einer Reihe anthropogener und natürlicher Bedro- wurden für die Referenzjahre 1930, 1989, 1997, 2004 hungsfaktoren ausgesetzt. Im Rahmen der vorliegen- und 2007 Shapefiles mit ArcGIS modelliert, die das den Untersuchungen wurde jedoch vor allem auf die wahrscheinliche Orang-Utan Vorkommen des betref- Gefahr der Umwandlung von Orang-Utan-Lebensraum fenden Jahres abbilden. Als Datengrundlage wurde in Plantagen sowie daraus abgeleitete Bedrohungsfak- auf die Karten in Rautner et al. (2005) sowie auf das toren eingegangen. Daher wurden (i) das Feuerrisiko Kartenmaterial in Tabelle 1 zurückgegriffen. Um eine im Umfeld von Plantagen sowie (ii) die potenzielle stringente Modellierung zu ermöglichen, wurde da- Gefahr der Wilderei näher untersucht. von ausgegangen, dass Orang-Utans ab der 500 Meter über Null Konturlinie nur vereinzelt vorkommen und Für (i) wurde die Gefahr der Lebensraumzerstörung ab dieser Höhenlage keine signifikanten Fortpflan- durch Feuer erfasst. Hier liegen Landnutzungsdaten zungsgemeinschaften bilden. Bei allen Kartensätzen von 2006 für Kalimantan sowie von 2004 für Sabah wurde daher die 500 Meter Höhenlinie als Grenze des (siehe Tabelle 1) zu Grunde. Betrachtet wurden Flä- natürlichen Verbreitungsgebiets festgelegt. Der Orang- chen von bestehenden industriellen Ölpalmen-Planta- Utan-Lebensraum wurde mittels Flächenberechnungs- gen. Um die bestehenden Plantagen wurden Pufferzo- funktion in ArcGIS für die gesamte Insel für alle fünf nen modelliert, die verschiedene Gefährdungsstufen Referenzjahre berechnet. Somit konnten Rückschlüsse darstellen. Ein Radius von 3 km um die entsprechende auf den Lebensraumverlust pro Zeiteinheit gezogen Plantage beschreibt Gefährdungsklasse 3 (rot), im werden. Mit Hilfe der Waldbedeckungskarte von 2007 Radius von 3 – 10 km wurde die Gefährdungsklasse 2 wurde der Anteil der unbewaldeten Gebiete im Orang- (gelb) angenommen. Gebiete außerhalb eines Radius Utan Verbreitungsgebiet bestimmt, um Angaben über von 10 km um die Grenzen der Plantagen, sind am die Qualität des Lebensraum machen zu können. Die wenigsten durch Feuer gefährdet und bekamen den MODIS Aufnahmen qualifizieren Gebiete als „Nicht Klassenwert 1 (grün). Wald“, wenn dort der vermutete Kronendeckungsgrad weniger als 40 Prozent ist. Potenzielle Wilderei (ii) wurde nach Blake et al. (2007) als Funktion des vorhandenen Straßen- und Wegenetzes Tabelle 1: Übersicht des verwendeten Kartenmaterials. identifiziert. Als Grundlage wurde das bestehende Stra- Kartenmaterial Quelle ßen- und Wegenetz auf Borneo herangezogen (Rautner et al., 2005) und entsprechend Pufferzonen modelliert: Orang-Utan Verbreitung 1930 Rijksen und Meijaard, Gebiete mit einem Kilometer Abstand zum nächstge- 1999 legenen Weg haben die Gefährdungsklasse 3 (rot). Mit Orang-Utan Verbreitung 1989 Payne und Andau, dem Klassenwert 2 (gelb) sind alle Gebiete bezeichnet 1989; Tilson et al., worden, die einen Abstand von 1 – 3 km zum nächs- 1993 ten Weg aufweisen. Am wenigsten gefährdet sind jene Orang-Utan Verbreitung 1999 Rijksen und Meijaard, Verbreitungsgebiete mit dem Klassenwert 1 (grün), mit 1999 einem Abstand von mehr als 3 km von einem bestehen- Orang-Utan Verbreitung 2004 Singleton et al., 2004; den Weg. Ancrenaz et al., 2005 Orang-Utan Verbreitung 2007 Meijaard et al., 2004 Ölpalmen-Plantagen 2006 World Resources Institute Entfernung zu Plantagen World Resources Ins- titute; Sabah Forestry Department, 2005 Waldbedeckung 2007 MODIS imagery 2007, Sarvision LLC Straßennetz Borneo LANDSAT imagery 1999-2002 WWF Deutschland 7
4 Ergebnisse und Diskussion 4.1 Vorkommen und Lebensraumverlust in Kalimantan (Rijksen und Meijaard, 1999). Unter dieser Prämisse ist der stärkste Rückgang von Orang- Die Abnahme der Orang-Utan Verbreitungsgebiete Utan Lebensraum seit 1930 in West- und Ostkaliman- seit 1930 ist in Tabelle 2 dargestellt. Demnach sind tan zu beobachten. Besonders in Ostkalimantan wird zwischen 1930 und 2007 Orang-Utans aus mehr als der Lebensraumverlust durch die intensiven Wald- 215.000 km² ihres ursprünglichen Verbreitungsge- brände in den 1980er und 1990er Jahren deutlich. Seit biets verschwunden (Abbildung 1). Dies entspricht 1989 sind dort fast 87 Prozent der Orang-Utan Wälder einer Reduzierung um zwei Drittel innerhalb von 77 verschwunden. In der indonesischen Provinz Süd-Kali- Jahren. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass mantan gibt es heute keine wildlebenden Orang-Utans die Verbreitungskarten des Borneo-Orang-Utans bis mehr und auch deren Verbreitungsgebiet im malay- in die 1990er Jahre mit großen Unsicherheiten ver- sischen Bundesstaat Sarawak beschränkt sich auf ein bunden waren (Wich et al., 2008). Häufig wurden bei relatives kleines Areal von etwa 2.200 km2. den frühen Verbreitungskarten Gebiete berücksichtigt, die sich erst nach feldbiologischen Untersuchungen Die Werte in Tabelle 3 zeigen die durchschnittliche als Gebiete ohne ständige Orang-Utan Populationen jährliche Abnahme von Orang-Utan Verbreitungsgebie- erwiesen haben, wie beispielsweise die Mueller und ten zwischen 1930 und 2007 für die indonesischen Pro- Schwaner Höhenzüge sowie Teile des Melawi Beckens vinzen West-, Zentral- und Ost-Kalimantan sowie den Abbildung 1: Orang-Utan Verbrei- tungsgebiete auf Borneo in den Jahren 1930, 1989 und 2007. 8 WWF Deutschland
Tabelle 2: Fläche der Orang-Utan Verbreitungsgebiete in km2 auf Borneo. Jahr Westkali- Zentralkali- Südkali- Ostkali- Sarawak Sabah Borneo mantan mantan mantan mantan 1930 87.200 110.667 5.538 69.667 17.158 33.455 323.684 1989 44.135 101.392 0 64.577 14.334 23.506 247.944 1997 34.735 77.145 0 35.971 1.918 18.563 162.754 2004 31.669 65.420 0 11.988 2.233 15.516 126.826 2007 25.597 56.668 0 8.342 2.283 15.151 108.042 Tabelle 3: Durchschnittliche jährliche Abnahme der Orang-Utan Verbreitungsgebiete auf Borneo in x100ha. Zeitraum Westkalimantan Zentralkalimantan Ostkalimantan Sabah Borneo 1930-1989 729,92 157,20 86,27 168,63 1142,02 1989-1997 1170,00 3030,88 3575,75 617,88 8399,50 1997-2004 438,00 1675,00 3426,14 435,29 5974,43 2004-2007 2024,00 2917,33 1215,33 121,67 6278,33 malaysischen Bundesstaat Sabah und die gesamte Insel. im Jahr 1998 deutlich erhöht (Rautner et al., 2005), Auf Basis der vorliegenden Verbreitungskarten für den doch kann die Ölpalme kaum prioritär für den Verlust Borneo-Orang-Utan aus den Jahren 1930 und 1989 lag von Orang-Utan Lebensraum verantwortlich gemacht die Abnahme von Orang-Utan Lebensraum in diesem werden. Die Ursache für den immensen Waldverlust Zeitraum unter 130.000 Hektar pro Jahr. Die industri- liegt vor allem in einer verfehlten Forstpolitik der elle Umwandlung der Wälder Borneos begann bereits indonesischen Regierung, denn Mitte der 1980er Jahre 1890 mit der Anlage von Tabak- und Kautschuk-Plan- zeichnete sich in der indonesischen holzverarbeitenden tagen in Sabah, dem damaligen Britisch-Nordborneo. Industrie immer deutlicher eine Krise in Folge von Allerdings war die erste forstwirtschaftliche Nutzung Holzknappheit ab. Um das Problem zu lösen, baute die der Tieflandregenwälder eher kleinräumig ausgeprägt, Regierung auf die Expansion industrieller Holz-Planta- denn im Jahre 1953 war Sabah noch zu 86 Prozent be- gen, so genannter Industrie-Plantagen (HTI: Hutan Ta- waldet (Fox, 1978). Dies änderte sich drastisch in den naman Industri). Ab 1990 begann das Forstministerium 1970er Jahren und es ist anzunehmen, dass der Verlust mit der Vergabe von HTI-Konzessionen für die Anlage von Orang-Utan Vorranggebieten bereits vor 1989 und Ernte von Industrieholz-Plantagen in so genannten stetig zunahm. Vor allem für den malaysischen Bundes- unproduktiven Bereichen des permanenten Nutzwaldes. staat Sabah ist ein deutliches Signal durch die Zunahme Damit wurde die gängige Praxis der nicht nachhaltigen der Entwaldung zu erwarten, denn laut Angaben der Naturwaldbewirtschaftung sogar noch belohnt. Anstatt FAO (1981) lag die natürliche Waldbedeckung Sabahs die Konzessionäre durch Konventionalstrafen an der 1981 bei nur noch 68 Prozent. Im letzten Viertel des massiven Übernutzung der Naturwald-Bestände zu 20. Jahrhunderts wurde die Waldumwandlung in Sabah hindern oder Verstöße zu sanktionieren, wurde durch vor allem durch den industriellen Anbau von Kakao die HTI-Lizenz der degradierte Zustand des Waldes als und Ölpalmen gefördert. Im Jahr 1989 stand in Sabah Rechtfertigung zu seiner Umwandlung genutzt (Raut- bereits eine Fläche von etwa 230.000 Hektar unter ner et al., 2005). Damit wurden die degradierten Wäl- Ölpalmen, größtenteils in Gebieten, in denen vormals der zu Spekulationsobjekten mit paralleler Ausweisung Orang-Utans vorkamen (McMorrow und Talip, 2001). durch den Staat zur Umwandlung in Ölpalmen-Planta- gen und HTI (pers. Mitt. Radday, 2009). Die Ergebnisse der vorliegenden Studie weisen darauf hin, dass zwischen 1989 und 1997 jährlich mehr als Zwischen 1985 und 1997 betrug der gesamte Waldver- 800.000 Hektar Orang-Utan Lebensraum auf Borneo lust in Kalimantan 8,5 Millionen Hektar, die größten- verloren ging (Tabelle 3). Zwar hat sich die Anbauflä- teils auf Kosten der Orang-Utan Vorranggebiete gingen. che von Ölpalmen auf Borneo in diesem Zeitraum von Nach offiziellen Angaben wurden bis zum Ende des etwa 300.000 Hektar auf mehr als 1,6 Millionen Hektar Jahres 2000 etwa 7,9 Millionen Hektar für die HTI- WWF Deutschland 9
Konzessionen eingeplant. Allerdings wurden in Kali- 4.2 Ölpalmen-Plantagen mantan davon nur 23,5 Prozent mit Industriehölzern und Die Abbildung 2 zeigt die Lage von Ölpalmen-Plantagen Ölpalmen bepflanzt, die verbliebenen 6 Millionen Hek- in Kalimantan im Jahr 2006 überlagert mit der Orang- tar sind größtenteils Brachland, das als Lebensraum für Utan Verbreitungskarte von 2004. Demnach musste Orang-Utans nicht geeignet ist (Global Forest Watch, innerhalb von zwei Jahren 194.300 Hektar Orang-Utan 2002). Dieses Missverhältnis ergibt sich daraus, dass Wald neuen Plantagen weichen. Unter der Annahme, die Einrichtung einer Ölpalmen-Plantage häufig nur ein dass dieser Trend ungebremst anhält, trägt die expandie- Vorwand für die Gewinnung von Nutzholz ist. Holmes rende Palmölindustrie gegenwärtig mit etwa 16 Prozent (2002) berichtet, dass große Gebiete gerodet wurden, zur Zerstörung von Orang-Utan Lebensraum auf Borneo vorgeblich mit der Genehmigung zur Umwandlung in bei. Um diesen Wert für weitere Prognosen zu testen, Pflanzungen. Tatsächlich war der primäre Zweck aber, dienten Angaben für die geplante Plantagenfläche bis den Bedarf der Sperrholz- oder Zellstoffindustrie mit 2020 als Vergleich. Alle Anzeichen deuten darauf hin, den hier gewonnenen Rohstoffen zu decken. Allerdings dass die Anbaufläche für Ölpalmen auf Borneo in den wurden nicht alle Gebiete aufgrund ihrer Abgelegenheit kommenden Jahren weiter zunehmen und sich bis gerodet, sondern in der Folge durch Wanderfeldbau 2020 sogar verdoppeln wird (Nellemann et al., 2007). und Brände zunehmend degradiert (pers. Mitt. Radday, In Sabah könnte dies die weitere Umwandlung von 2009). Dieses Land bleibt vermutlich trotz eindeutiger 400.000 Hektar Tieflandregenwald bedeuten (POIC, Vorgaben in der vergebenen Konzession brach liegen 2006) und würde damit über ein Viertel der Orang- (Rautner et al, 2005). Utan Lebensräume in Sabah gefährden. In Kalimantan sind insgesamt 8,09 Millionen Hektar als Anbaufläche Zwischen 1997 und 2004 deuten die vorliegenden Da- ausgewiesen. Darunter fallen 3,34 Millionen Hektar ten in Tabelle 3 auf eine Abflachung der Zerstörungs- Wald- sowie 0,38 Millionen Hektar Sumpfgebiete, die rate von Orang-Utan Lebensraum hin. Insgesamt sind für die Umwandlung in Plantagen vorgesehen sind. auf Borneo während diesem Zeitraum etwa 3.625.000 Durch diese landwirtschaftliche Entwicklung sind in Hektar Orang-Utan Vorranggebiete verloren gegangen, davon zwei Drittel alleine in Ost-Kalimantan (Tabelle Kalimantan 750.000 Hektar Orang-Utan Lebensraum 2). Dort ereigneten sich während einer ausgeprägten El- bedroht (Venter et al., 2009). Insgesamt gefährdet die Niño-Saison zwischen Juli 1997 und Mai 1998 unge- Umwandlung von Tieflandregenwald in Plantagen etwa wöhnlich heftige Waldbrände, die einen großen Teil der 1,15 Millionen Hektar und damit fast elf Prozent des Orang-Utan Wälder vernichteten und durch Grasland aktuellen Orang-Utan Vorkommens auf Borneo. ersetzten (Rautner et al., 2005). Die räumliche Entfernung von Orang-Utan Verbrei- Im Zeitraum 2004 bis 2007 hat sich das Orang-Utan tungsgebieten zu Plantagen ist in Abbildung 3 dar- Vorkommen im malaysischen Bundesstaat Sabah kaum gestellt. Im Westen Sabahs ist die vorherrschende verändert. Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, dass Plantagenkultur Kautschuk. Etwa ein Fünftel aller fast alle Waldflächen, die sich in Sabah außerhalb der Orang-Utan Verbreitungsgebiete auf Borneo befindet so genannten Permanent Forest Reserves befinden, be- sich in einer Entfernung von weniger als zehn Kilome- reits in landwirtschaftliche Flächen umgewandelt wur- ter zu einer Ölpalmen-Plantage (Tabelle 4). Allerdings den (McMorrow und Talip, 2001). Im indonesischen gibt es starke regionale Unterschiede, die sich aus der Teil Borneos steigt der jährliche Lebensraumverlust auf Historie der Anbaukultur erklären. In Sabah waren Basis der vorliegenden Verbreitungskarten ab 2004 von 2004 bereits mehr als 16 Prozent der Landfläche für 416.300 Hektar auf 614.000 Hektar. Mit durchschnitt- Ölpalmen kultiviert (Rautner et al., 2005). Die Planta- lich 202.400 Hektar pro Jahr ist der größte Flächen- gen haben sich dort vor allem auf die früheren Standor- verlust in West-Kalimantan zu beobachten (Tabelle 3). te des Tieflandregenwaldes im Osten des Bundesstaats Diese Ergebnisse sind pessimistischer als Untersuchun- konzentriert, der bis zu seiner Rodung prioritärer gen von Wich et al. (2008), deren geschätzte jährliche Orang-Utan Lebensraum war. Die verbliebenen Wälder Entwaldungsrate von 1,7 Prozent für den Zeitraum Sabahs, in denen noch Orang-Utans leben, befinden 2002 bis 2008 einen jährlichen Orang-Utan Lebens- sich daher zu etwa 66 Prozent innerhalb von zehn raumverlust in Kalimantan von etwa 454.000 Hektar Kilometer Entfernung zu einer Ölpalmen-Plantage, 30 vermuten lässt. Prozent der Vorkommen grenzen in Sabah sogar unmit- telbar an eine Plantage. Dagegen standen in Kalimantan im Jahre 2004 in den drei Provinzen, in denen heute 10 WWF Deutschland
Abbildung 2: Orang-Utan Verbreitungsgebiete und Lage von industriellen Ölpalmen-Plantagen in Kalimantan. Administrative Einheiten Ländergrenzen Provinzgrenzen Ornag-Utan Verbreitungsgebiet (2004) Ölpalmen-Plantagen (2006)* Ölpalmen-Plantagen (2006) in frühe- ren Orang-Utan Verbreitungsgebieten (2004) *Nur berücksichtigt im indonesischen Teil Borneos Abbildung 3: Räumliche Entfernung von Orang- Utan Verbreitungsgebieten zu industriellen Ölpal- men-Plantagen oder anderen Plantagenkulturen. Administrative Einheiten Ländergrenzen Provinzgrenzen Entfernung zu Ölpalmplantagen > 10 km 3 - 10 km < 3 km WWF Deutschland 11
Tabelle 4: Flächenanteile in x100ha der Orang-Utan Verbreitungsgebiete 2007 in Entfernungklassen zu (vorwie- gend) Ölpalmen-Plantagen. Entfernung Westkalimantan Zentralkalimantan Ostkalimantan Sarawak Sabah Borneo 10 km 24.384 48.146 8.096 2.283 5.050 87.959 Total 25.597 56.668 8.342 2.283 15.151 108.041 noch wildlebende Orang-Utans vorkommen, nur etwa 4.3 Vorkommen in degradierten Waldge- zwei Prozent der Landfläche unter Ölpalmenkultur (Pot- bieten ter, 2008). Folglich grenzen im indonesischen Teil Bor- Weite Teile der Wälder Borneos sind durch wiederhol- neos nur etwas mehr als vier Prozent der Orang-Utan te forstliche Nutzung mit kurzen Rotationszeiten und Vorkommen unmittelbar an Ölpalmen-Plantagen; etwa Extraktionsraten von über 100m3/ha stark degradiert. zwölf Prozent der Verbreitungsgebiete befinden sich Mitunter ist die Störung der Kronendecke so weit innerhalb eines Radius von zehn Kilometern (Tabelle 4). fortgeschritten, dass die Vegetation keine typischen Waldformationen mehr enthält. Nach Wich et al. (2008) Ölpalmen-Plantagen beeinflussen angrenzende Wald- besteht eine enge Korrelation zwischen Lebensraum- gebiete und deren Fauna in vielerlei Hinsicht. Flächen, verlust und Orang-Utan Bestandsabnahme. Die in den die unter Ölpalmen stehen, sind zwar keine biologi- schen Wüsten, doch reicht die biologische Vielfalt der meisten Fällen fernerkundlich relativ einfach zu bestim- Monokulturen bei Weitem nicht an jene des tropischen mende Entwaldungsrate erscheint daher auf den ersten Regenwaldes heran. Ölpalmen-Plantagen beherber- Blick ein geeigneter Indikator, um das Vorkommen der gen weniger als 50 Prozent der Wirbeltierarten einer Orang-Utans auf Borneo hinreichend zu beschreiben. vergleichbaren Fläche tropischen Primärwaldes (Fitz- Allerdings belegen die Ergebnisse der vorliegenden herbert et al., 2008). Für Orang-Utans stellen Plantagen Studie, dass fast ein Viertel des vorhandenen Orang- eine fast unüberwindbare Barriere dar und der Bestand Utan Verbreitungsgebiets auf Borneo sensu stricto in ist in jenen Waldgebieten genetisch isoliert, die von Nicht-Wald-Gebieten liegt. Dies sind Areale mit einem Ölpalmen umgrenzt werden. Die Anzahl der deutlich vermuteten Kronendeckungsgrad von weniger als abgrenzbaren Waldblöcke durch Flüsse und Plantagen 40 Prozent (Abbildung 4; Tabelle 5). Deren Anteil ist ist in Kalimantan während der letzten Dekade bereits dort besonders hoch, wo die Menschenaffen kaum eine auf über 300 angestiegen (Meijaard und Dennis, 2003; andere Alternative haben, da Plantagen den Weg in an- Wich et al., 2008). Ebenfalls kommt es in Plantagen dere Gebiete versperren oder generell kaum ökologisch immer wieder zu Konflikten, da die Menschenaffen intakter Lebensraum existiert. Eine Reihe von Untersu- mitunter das Mark junger Ölpalmen fressen und dann chungen weisen darauf hin, dass sich die intelligenten von den Plantagenarbeitern getötet werden (pers. Mitt. Primaten an den veränderten Lebensraum anpassen Diemer, 2009). können und der Einfluss der Einschlagsintensität auf deren Verbreitungsmuster häufig überschätzt wird Des Weiteren wird die Struktur des Waldes durch den (Ancrenaz et al., 2005; Marshall et al., 2006). Der abrupten Übergang zu einer Plantagenfläche gestört. Anteil an Lebensraum mit einer Kronenbedeckung von Windbruch vermindert die Beschattung, die Sonnenein- weniger als 40 Prozent beträgt in Sabah bereits 28 Pro- strahlung nimmt zu und lässt die Bodenfeuchte sinken. zent, in Ost-Kalimantan sogar 40 Prozent (Tabelle 5). Dadurch wird organisches Material weniger schnell Selbst durch intensiven Holzeinschlag und Brände de- zersetzt und als brennbares Material akkumuliert gradierte Wälder haben daher einen hohen Naturschutz- (Rautner et al., 2005). Dies erhöht die Waldbrandgefahr wert für Orang-Utans. Dies ist insofern von Bedeutung, erheblich. In Ölpalmen-Plantagen dient Feuer häufig als da der größte Teil der Orang-Utans auf Borneo in forst- Managementinstrument, um Flächen für die Anpflan- wirtschaftlich genutzten Produktionswäldern vorkommt zung vorzubereiten, oder um unerwünschte Pflanzensa- (circa 75 Prozent in Kalimantan, circa 60 Prozent in men zu beseitigen (Cochrane, 2003). Werden die Feuer Sabah), deren fortgeschrittene Degradierung häufig als nicht oder schlecht kontrolliert, kann das katastrophale Freibrief für die Umwandlung in Plantagen verstanden Auswirkungen für die umliegenden Waldgebiete haben. wird (Wich et al., 2008; Marshall et al., 2006). 12 WWF Deutschland
Tabelle 5: Anteil von Flächen mit einem vermuteten Kronendeckungsgrad von weniger 40 Prozent am Orang-Utan Lebensraum im Jahr 2007 in x100ha. Fläche Westkalimantan Zentralkalimantan Ostkalimantan Sabah Borneo Fläche in km² 2.704 15.436 3.311 4.313 25.924 Prozent 11 27 40 28 24 Abbildung 4: Flächen mit einem vermuteten Kronendeckungsgrad von weniger als 40 Prozent in Orang-Utan Verbreitungsgebieten. WWF Deutschland 13
4.4 Straßen- und Wegenetz (2005) wurde das Straßen- und Wegenetz auf Borneo auf insgesamt 260.884 km Länge berechnet (Tabelle 6). Die stärkste Auswirkung moderner Technik erfuhr Bor- In diesen Wert fließen allerdings nicht nur Straßen, son- neo durch die Einführung von zwei einfachen Maschi- dern auch Forstwege ein, die gerade noch fernerkund- nen in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts: lich erkennbar waren. Mit über 50 km Straßenlänge Motorsäge und Planierraupe (Rautner et al., 2005). pro 100 km2 besitzen die beiden malaysischen Bundes- Relativ unabhängig von den topografischen Gegeben- staaten Sarawak und Sabah das dichteste Verkehrsnetz heiten können mit diesen Geräten Straßen fast überall Borneos. West- und Zentral-Kalimantan zeichnen sich schnell gebaut werden. In den vergangenen Jahren ist durch die höchste Straßendichte im indonesischen Teil die Entwicklung des Straßen- und Wegenetzes daher Borneos aus (Tabelle 6). ein Schlüsselfaktor, der das Gesicht Borneos entschei- dend verändert hat. Erst der Zugang durch Straßen Die Ergebnisse der Abstandsmodellierung der Orang- ermöglicht Rodungen und Ansiedlungen und bringt Utan Vorkommen zum Straßennetz sind in Abbildung 5 schliesslich Jäger und Wilderer in relativ unberührte und Tabelle 7 dargestellt. Etwa 38 Prozent aller Orang- Gebiete. Auf Basis des Kartenmaterials in Rautner et al. Utan Verbreitungsgebiete auf Borneo befinden sich in Abbildung 5: Entfernung der Orang-Utan Verbreitungsgebiete zum Straßen- und Wegenetz auf Borneo. 14 WWF Deutschland
Tabelle 6: Umfang des Straßen- und Wegenetzes auf Borneo. Fläche (km2) Straßen- und Wegenetz (km) Straßendichte (km/100km2) West-Kalimantan 145.871 45.974 31,51 Zentral-Kalimantan 154.826 42.557 27,49 Ost-Kalimantan 197.611 47.322 23,95 Süd-Kalimantan 38.323 9.098 23,74 Sarawak 123.359 74.261 60,20 Sabah 74.888 40.631 54,26 Brunei 5.770 1.041 18,04 Borneo 740.648 260.884 35,22 Tabelle 7: Flächenanteile in x100ha der Orang-Utan Verbreitungsgebiete 2007 in Entfernungsklassen zum Straßennetz auf Borneo. Entfernung Westkalimantan Zentralkalimantan Ostkalimantan Sarawak Sabah Borneo 3 km 8.650 28.247 1.967 646 5.050 41.790 Total 25.597 56.668 8.342 2.283 15.151 108.041 einer Entfernung von weniger als 1 km zu einer Straße den Ausbau der Straßen für den Holztransport leicht oder einem Forstweg. In Sabah und Sarawak betrifft zugänglich sind (Rautner et al., 2005). Selbst in den dies - bedingt durch das relativ dichte Straßennetz über den Landweg schwer zugänglichen Sumpfgebie- - sogar über 54 Prozent der Orang-Utan Vorkommen. ten Zentral-Kalimantans sind Orang-Utans kaum vor Über 61 Prozent der Verbreitungsgebiete auf Borneo Wilderei geschützt. Wilderei und Handel mit geschütz- liegen innerhalb eines Radius von 3 km zu einer Straße ten Arten sind in ganz Kalimantan weit verbreitet und oder einem Forstweg. Die am wenigsten durch das eine unmittelbare Folge der Lebensraumzerstörung Straßen- und Wegenetz beeinflussten Verbreitungsge- durch Holzeinschlag, Waldumwandlung und illegale biete befinden sich in Zentral-Kalimantan. Dort liegen Rodung (Nijman et al., 2008). Nijman (2005) schätzt fast 50 Prozent der Orang-Utan Habitate in mindestens die Zahl der in Kalimantan jährlich getöteten und ille- 3 km Entfernung zu einer Straße. Allerdings dienen in gal gehandelten Orang-Utans auf etwa 500 Individuen. den Torfsumpfgebieten in Zentral-Kalimantan zahlrei- Orang-Utans zu jagen, zu handeln und ohne besondere che Entwässerungskanäle als Wegenetz für Boote und Erlaubnis zu halten, ist sowohl in Malaysia als auch in Einbäume. Indonesien streng verboten. Allerdings wird die Einhal- tung der nationalen Gesetzgebung von offizieller Seite Zwar bedeutet die geringe Entfernung zu einer Straße kaum strafrechtlich verfolgt (Ziegler, 2005). oder einer menschlichen Siedlung per se keine direkte Gefährdung für den Orang-Utan Bestand (Marshall et al., 2006). Allerdings bietet ein gut ausgebautes Wege- netz zahlreiche Eintrittspforten für eine Reihe illegaler Aktivitäten, und Wilderei ist in der Nähe von Straßen in der Regel am stärksten ausgeprägt (Blake et al., 2007). Wilderei kommt besonders dort vor, wo Orang-Utans traditionell gejagt wurden, und in Gebieten, die durch WWF Deutschland 15
5 Lösungsansätze Der Lebensraum des Borneo-Orang-Utans wurde Neben agrotechnischen Schwierigkeiten, die mit der durch den Menschen in den letzten 20 Jahren vor allem Bepflanzung von Brachland verbunden sind (Tomich et durch die Umwandlung von Regenwald in Brachland al., 1997), gibt es allerdings ein weiteres gewichtiges und Ölpalmen-Plantagen sowie durch den intensiven Problem. Denn der Anbau von Ölpalmen auf Grasland kommerziellen Holzeinschlag und Waldbrände um min- wirft in den ersten 2,5 Jahren keinen Gewinn ab – im destens 55 Prozent reduziert. Eine verfehlte Forstpoli- Gegensatz zum Kahlschlag einer bewaldeten Fläche für tik in Indonesien sowie die weltweite Nachfrage nach die Papier- und Zellstoffindustrie (Corley, 2009). Eine Palmöl können in erster Linie für diese Entwicklung besondere Rolle kommt daher Banken und Kredi- verantwortlich gemacht werden. Obwohl der direkte tinstituten bei der Finanzierung von Projekten zu, die Beitrag von Ölpalmen-Plantagen zur Umwandlung von ohne Anschubfinanzierung aus dem Verkauf von Holz Orang-Utan Lebensraum auf Borneo in den kommen- aus den Rodungsflächen auskommen müssen (Ibid). den Jahren laut den vorliegenden Daten vermutlich Des Weiteren halten ungeklärte Besitzverhältnisse der nur zwischen elf Prozent und 16 Prozent liegen wird, brachliegenden Flächen viele Firmen davon ab, Inves- tragen Plantagen durch die Öffnung von Zufahrt- und titionen in die Anlage von Plantagen zu leisten (pers. Versorgungsstraßen sowie unkontrolliertem Feuerma- Mitt. Radday, 2009). nagement indirekt zur Gefährdung der Orang-Utan Vorkommen bei. Durch die Zertifizierung von Ölpal- Obwohl keine genauen Daten existieren, ist zu vermu- men-Plantagen nach den Kriterien des Round Table on ten, dass die meisten Orang-Utan Bestände auf Borneo Sustainable Palm Oil (RSPO) kann die Bedrohung der in Waldgebieten leben, die zumindest in der Vergangen- Menschenaffenbestände gemindert werden, denn in den heit durch Holzeinschlag stark eingeschlagen wurden. RSPO Standards sind der Schutz von bedrohten Tier- Bereits 2000 lag der Anteil ungestörter Wälder in Sabah arten sowie Maßnahmen zur Bekämpfung der Wilderei bei nur zehn Prozent (McMorrow und Talip, 2001). verbindlich. Selbst in Schutzgebieten findet illegaler Holzeinschlag statt: In 27 von 41 indonesischen Nationalparks gibt es Generell sollte das Ziel der Naturschutzinterventionen dafür Anzeichen (Nellemann et al., 2007). Innerhalb allerdings sein, neue Plantagen in möglichst weiter des Gunung Palung Nationalparks in West-Kaliman- räumlicher Entfernung zu den bestehenden Orang- tan waren 2002 bereits 38 Prozent des Tieflandwaldes Utan Vorkommen zu etablieren. In Sabah wird dies auf durch Rodungen verschwunden (Curran et al., 2004). Grund der topografischen Gegebenheiten und der Tat- Fast ein Viertel des Verbreitungsgebiets des Borneo- sache, dass dort bereits fast 20 Prozent der Landesflä- Orang-Utan liegt bereits in Gebieten mit einem vermu- che unter Ölpalmen stehen keine leichte Aufgabe sein. teten Kronendeckungsgrad von weniger als 40 Prozent. Dagegen können in Kalimantan mehr als sechs Milli- Obwohl diese Gebiete häufig als degradiert eingestuft onen Hektar brach liegendes Grasland aktuell keiner werden und bei der Naturschutzplanung wenig Beach- Landnutzungsform zugeschrieben werden und bieten tung finden, haben sie doch einen hohen Wert für den sich als potentielle Anbauflächen für Plantagenkulturen Schutz von Schirmarten wie dem Orang-Utan (Mar- an (Rautner et al., 2005). Die Expansion der Palmöl- shall et al., 2008). Gezielte Anstrengungen sind nötig, industrie wäre daher in Kalimantan prinzipiell ohne die um diese Gebiete vor weiterer Degradation durch nicht Umwandlung von Regenwald und der Zerstörung von nachhaltigen Holzeinschlag und Umwandlung in Plan- weiterem Orang-Utan Lebensraum möglich. Aufgabe des tagen zu schützen. Naturschutzes ist es daher, im Dialog mit den beteilig- ten Interessensgruppen, jene Gebiete zu identifizieren, Eine Lösung, die sich anbietet, ist die Zertifizierung nach die nicht nur eine geringe biologische Vielfalt haben den Kriterien des Forest Stewardship Council (FSC). und sich zum lukrativen Anbau von Ölpalmen eig- Ein Projekt, das vom WWF begleitet wird, umfasst die nen, sondern deren Erschließung ebenfalls minimale 241.098 Hektar große Fläche des Ulu Segama Malua ökologische Auswirkung auf andere Gebiete hat. Der Forstreservats in Sabah. Mit Ausnahme des zu diesem indonesische Orang-Utan Aktionsplan betont in diesem Produktionswald gehörenden Danum-Valley-Natur- Zusammenhang die Notwendigkeit von verbesserter schutzgebiets wurde bis Ende 2007 in dieser Region Landnutzungsplanung und Landallokationen in nachge- zügellos Holz eingeschlagen. Trotz des größtenteils ordneten administrativen Einheiten, was als ein wichti- stark degradierten Waldzustands ist das Gebiet zum ger Schritt für den Schutz von Orang-Utan Lebensraum Refugium der letzten großen zusammenhängenden Po- interpretiert werden kann (Directorate General of Forest pulation des Borneo-Orang-Utans in Sabah geworden. Protection and Nature Conservation, 2009). Mit ungefähr 5.300 Individuen hat dort etwa die Hälfte 16 WWF Deutschland
Lokale Baumschulen liefern Setzlinge und schaffen alternative Einkommensmöglichkeiten vor Ort. © Jimmy Syahirsyah / WWF-Indonesia des Orang-Utan Bestands in Sabah ihr Verbreitungs- Menschenaffen-Populationen in Sabah bereits nach- gebiet. Obwohl im Ulu Segama Malua Forstreservat gewiesen (Goossens et al., 2006) und erhöht deren in den kommenden 30 Jahren kaum kommerzieller Anfälligkeit der Bestände für Krankheiten. Zuneh- Holzeinschlag möglich ist, wird das Gebiet momentan mendes naturschutzfachliches Interesse findet daher FSC zertifiziert und schafft so die Vorraussetzung für die Aufforstung von Waldkorridoren, die zum Ziel künftige nachhaltige Forstwirtschaft. haben, isolierte Orang-Utan Bestände zu verbinden. Ein entsprechendes Vorhaben wird vom WWF in Westka- Des Weiteren tragen Aufforstungs- und Renaturie- limantan umgesetzt. Ein Forstkorridor aus Kautschuk- rungsmaßnahmen, die der WWF beispielsweise in bäumen und lokalen Baumarten soll den Orang-Utans Sabah und im Sebangau Nationalpark in Zentral-Ka- als Waldbrücke zwischen den beiden Nationalparken limantan durchführt, zur ökologischen Instandsetzung Danau Sentarum und Betung Kerihun dienen. Zudem von degradiertem Orang-Utan Habitat bei und sichern liefert die Anpflanzung von Kautschuk der lokalen auf diese Weise die Konnektivität des Lebensraumes. Bevölkerung alternative Einkommensquellen. Große Aufforstungs- und Renaturierungsprojekte haben zudem das Potential, internationale Aufmerksamkeit und Unterstützung zu generieren. Dadurch wird es für politische Entscheidungsträger schwieriger, die Um- wandlung des Waldes in industrielle Plantagenflächen zu genehmigen. Auf Borneo existieren bereits über 300 versprengte Orang-Utan Populationen, die mindestens durch ein Kilometer breite waldfreie Flächen getrennt sind (Wich et al., 2008). Die weitere Fragmentierung des Verbreitungsgebietes hätte Konsequenzen für die Überlebenswahrscheinlichkeit der Art. Der Verlust der genetischen Diversität durch rezente anthropogene Überformung des Lebensraumes wurde bei einigen WWF Deutschland 17
6 Ausblick Die Zerstörungsrate von Orang-Utan Lebensraum Gesetzgebungen signifikant zu reduzieren. Der vom auf Borneo liegt aktuell vermutlich bei über 450.000 indonesischen Forstministerium verabschiedete Orang- Hektar pro Jahr. Gelingt es nicht, diese Rate zu redu- Utan Aktionsplan hat das Potenzial für eine Trendwen- zieren, wird der Lebensraum der Orang-Utans bis zum de, wenn er mit Leben erfüllt und nicht als umweltpoli- Jahr 2025 größtenteils zerstört sein. Überlebensfähige tisches Lippenbekenntnis abgelegt wird. Auch in Sabah Populationen wird es dann nur in Sabah und einigen wird momentan an der Formulierung eines offiziellen Schutzgebieten in Kalimantan und Sarawak geben. Will Orang-Utan Aktionsplans gearbeitet. Wichtig ist, dass man den aktuellen Trend stoppen und dem roten Men- den Aktionsplänen konkrete Programme folgen. Auch schenaffen eine Zukunft in Borneos Wäldern sichern, die internationale Staatengemeinschaft hat die Pflicht, gilt es sowohl die fehlgeleitete indonesische Forstpo- sich an der Bereitstellung von Ressourcen für den litik als auch die in Kalimantan und Sabah volkswirt- Schutz des Orang-Utan und seines Lebensraums zu schaftlich gewünschte Expansion der Palmölindustrie beteiligen. Schließlich ist es vor allem die weltweite in die richtigen Bahnen zu lenken. Darüber hinaus ist es Nachfrage nach den natürlichen Ressourcen Borneos, notwendig, den Jagddruck auf die Orang-Utan Be- die das langfristige Überleben des Borneo-Orang-Utans stände durch die stringente Umsetzung der nationalen gefährdet. Noch weitgehend intakt ist der Orang-Utan Lebensraum im Danau Sentarum Nationalpark - im Gegensatz zu weiten Teilen Borneos, wo der Lebensraum der Menschenaffen in den letzten 20 Jahren um mindestens 55 Prozent reduziert wurde. © Budi Suryansyah / WWF-Indonesia Danksagung Diese Studie wurde als Teil der WWF Wald- und Klimakampagne 2009/2010 verfasst. Ohne die kontinuierliche Unterstützung der Kampagnenleiterin Astrid Korolczuk wäre diese Arbeit nicht möglich gewesen. Die Autoren möchten besonders Frau Dr. Irene Marzolff von der Universität Frankfurt danken, die stets ein offenes Ohr bei GIS- relevanten Fragestellungen hatte. Ein herzliches Dankeschön geht ebenfalls an Roland Melisch von TRAFFIC International für seine kritische Durchsicht und sachkundige Kommentierung des Manuskripts. Markus Radday und Birgit Braun vom WWF Deutschland gaben wertvolle Anregungen. Dr. John Payne vom WWF Malaysia sowie Dr. Matthias Diemer vom WWF Schweiz lieferten wertvolle Informationen zur Palmölproblematik auf Borneo und ihnen sei an dieser Stelle dafür gedankt. 18 WWF Deutschland
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