Postmichel-Brief Für die Generation 60plus - Stadt Esslingen am Neckar

 
WEITER LESEN
Postmichel-Brief Für die Generation 60plus - Stadt Esslingen am Neckar
Jahrgang 63 | Herbst/Winter 2020

                                           Postmichel-Brief
                                   Für die Generation 60plus

AKTUELLES | INFORMATIVES | UNTERHALTSAMES

                   25 JAHRE          FREIE ZEIT -         DIE LEGENDE
               Das Freilicht-       AKTIV BLEIBEN           VON DER
             museum in Beuren       Tipps für virtuelle   CHRISTROSE
              feiert Jubiläum       Freizeitgestaltung    nach S. Lagerlöf
                                    1
                      > Seite 14         > Seite 17           > Seite 31
Postmichel-Brief Für die Generation 60plus - Stadt Esslingen am Neckar
Inhalt
          Liebe Leserin, lieber Leser............................................................................................................................................. 3
          Leserumfrage - Ihre Meinung zum Postmichel-Brief......................................................................................... 4
          Interview mit Bürgermeister Yalcin Bayraktar...................................................................................................... 5
          Esslingen hält zusammen............................................................................................................................................. 7
          Bürgerschaftliches Engagement in Esslingen ....................................................................................................... 8
          Das Jubiläum.................................................................................................................................................................. 10
          Neues aus dem StadtSeniorenRat........................................................................................................................... 11
          25 Jahre Freilichtmuseum Beuren...........................................................................................................................14
          Ein guter Winter - ein Krisentagebuch, Wegweiser für Seniorinnen und Senioren...............................16
          Freie Zeit - Aktiv Bleiben..................................................................................................................17
          Kultur! Leben!.....................................................................................................................................19
          Äpps g´scheits?....................................................................................................................................21
          Digital Lots:innen in der Pliensauvorstadt......................................................................................23
          Technikunterstützung beim Wohnen.....................................................................................................................24
          Schlaganfall, was Sie darüber wissen sollten .....................................................................................................26
          Das rote Adressbuch....................................................................................................................................................28
          Der Zwischenruf eines Fußgängers.........................................................................................................................29
          Die Christrose.................................................................................................................................................................30
          Die Legende von der Christrose............................................................................................................................... 31
          Leichtes Weihnachtsmenü für eine bis zwei Personen.....................................................................................34
          Geistig fit — Gedächtnistraining.............................................................................................................................37
          Lösungen Rätselseite...................................................................................................................................................39
Anzeige

                                                                                                 2
Postmichel-Brief Für die Generation 60plus - Stadt Esslingen am Neckar
Liebe Leserin, lieber Leser,

wir freuen uns, dass wir den Postmichelbrief           nicht live stattfinden, viele finden aber digital
wieder in einer gedruckten Ausgabe erschei-            statt. Alle, denen der digitale Zugang schwer
nen lassen können. Da viele Leserinnen und             fällt oder die hierfür keine Unterstützung von
Leser die letzte, digital erschienene Ausgabe,         F­amilie, Freunden oder Nachbarschaft erhal-
nicht lesen konnten, hat sich das Redaktions­          ten können, möchten wir ganz besonders auf
team entschlossen, einige Inhalte der letzten          das Angebot von „Bürger gehen online“ hin-
Ausgaben nochmal in komprimierter Fassung              weisen. Geduldige PC-Mentoren stehen Ihnen
in dieses Heft zu übernehmen. Den Hauptteil            für Ihre Fragen rund um die Nutzung eines
machen aber neue Artikel aus, in denen wir             PCs, Tablets oder Smartphone zur Verfügung
natürlich auch das zentrale Thema dieser Zeit,         und leiten Sie Schritt für Schritt an.
das Leben mit dem Coronavirus, aufgreifen.             Ein besonderes Angebot zu diesem Thema
Beim Lesen werden Sie auf zwei neue Namen              wurde gerade im Mehrgenerationen- und
stoßen: Frau Barbara Heckel und Frau Gisela            Bürgerhaus in der Pliensauvorstadt gestartet:
Lucke verstärken unser Redaktionsteam seit             „Digital-Lotsen:innen gehen vor Ort“, lesen Sie
dieser Ausgabe, sie werden sich in der nächs-          hierzu mehr auf Seite 23.
ten Ausgabe vorstellen.
                                                       Seit Januar 2020 hat die Stadt ­Esslingen einen
Unser Schwerpunktthema für diese Ausgabe               neuen Bürgermeister –­Yalcin­Bayraktar, der
haben wir mit „Freie Zeit – aktiv bleiben“             für die Bereiche Ordnung, Soziales, Bildung,
überschrieben. Wir haben für diese Ausgabe             Kultur und Sport zuständig ist. Auf Seite 5
viele Möglichkeiten zusammengetragen, die              stellt er sich den Postmichel-Leserinnen und
Sie trotz der Einschränkungen durch Corona,            –Lesern­vor und berichtet über die ersten Mo-
nutzen können.                                         nate ­seiner Amtszeit.
Der Achte Altersbericht des Bundesministeri-
                                                       Die Advents- und Weihnachtszeit ist immer
ums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
                                                       eine Zeit der Geschichten, Lieder, besonderen
beschäftigt sich mit dem Thema Digitalisie-
                                                       Essens, des Zusammenseins von Familien, Nach-
rung. Aus der (digitalen) Präsentation des
                                                       barn und Freunden. Dieses Jahr brauchen wir
Berichts im November durch Frau Ministerin
                                                       mehr Phantasie, um sie uns schön zu machen.
Franziska Giffey und die Kommission habe
                                                       Die Weihnachtsmärkte sind abgesagt, große
ich drei Bemerkungen mitgenommen, die ich
                                                       Feste oder Konzerte können nicht stattfinden,
besonders wichtig finde:
                                                       Konzerte finden nicht statt. In diesem Heft
 » Technologie ist kein Ersatz für menschli-           finden Sie viele Anregungen, wie Sie ihr Weih-
   che Begegnungen, aber eine Ergänzung.               nachten, auch wenn Sie es alleine verbringen,
 » Es geht darum, Menschen jeglichen Alters            zu etwas ganz Besonderem machen können.
   zu befähigen, die digitalen Möglichkeiten           In verkürzter Fassung können Sie die „Tech-
   zu nutzen.                                          nikunterstützung in der eigenen Wohnung“
 » „Kein Mensch darf ausgeschlossen werden“.           nachlesen, hier erfahren Sie welche Mög-
                                                       lichkeiten es gibt und was beim Einsatz von
Ich glaube, in Esslingen wurde schon vor vielen­       technischen Lösungen zu beachten ist. Auch
Jahren verstanden, dass es niedrigschwellige           die Leserumfrage greifen wir nochmal auf und
Möglichkeiten braucht, um Menschen, die den            bedanken uns für Ihre vielen positiven Rück-
Umgang mit dem Computer nicht in Schule                meldungen zu unserer Arbeit.
oder Arbeit lernten, daran heranzuführen.
Und das wird in Zeiten einer Pandemie ja               Wir wünschen Ihnen eine frohe Weihnachts-
immer notwendiger: Angebote der Kultur,                zeit und ein gesundes, gutes neues Jahr!
des Sports, der Unterhaltung können aktuell                                            renate fischer

                                                   3
Postmichel-Brief Für die Generation 60plus - Stadt Esslingen am Neckar
Leserumfrage -
                 Ihre Meinung zum Postmichel-Brief

I n der letzten gedruckten Ausgabe des
  Postmichel­-Briefes führten wir eine Leser­
umfrage durch und baten Sie, liebe Leserin-
                                                     Annähernd 90 % der Leser finden das Heft un-
                                                     terhaltsam, bewerten die Themenmischung
                                                     und die Informationen aus Esslingen und
nen und Leser, um Ihre Meinung. Wir wollten          Umgebung als gut gelungen.
wissen, wie Sie den Inhalt und die Themen-           80 % der Leser finden, die Texte aus aktuel-
auswahl des Heftes bewerten, und wir wollten         lem Zeitgeschehen gut recherchiert, 20 %
von Ihren Wünschen und Anregungen zu den             enthalten sich bei der Bewertung.
zukünftigen Ausgaben erfahren. Etwa 80               „Das Heft ist sehr informativ und liefert im-
ausgefüllte Umfragebögen haben wir erhal-            mer gute Anregungen. Ich wünsche mir 4
ten. Wir sind sehr dankbar über die durchaus         Ausgaben im Jahr.“ Diesen Wunsch erhielten
positive Beurteilung, über die vielen Themen­        wir mehrmals. Der Postmichel-Brief ist ein
vorschläge sowie Ideen und Anregungen zu             bürgerschaftlich engagiertes Projekt, das be-
den zukünftigen Ausgaben. In der digitalen           reits mit 2 Ausgaben im Jahr die personellen
Ausgabe Frühling 2020 finden Sie die de-             sowie finanziellen Kapazitäten ausschöpft.
taillierten Ergebnisse in einer Übersicht vor-
gestellt. Hier möchten wir die Ergebnisse der        Bei den Wunschthemen konnten wir einen
Umfrage für Sie kurz zusammenfassen:                 eindeutigen Trend feststellen: Unsere Leser
                                                     freuen sich über Artikel und Tipps zur Frei-
Geschlecht: 57 % weiblich, 13 % männlich             zeitgestaltung für Seniorinnen und Senioren
(30 % ohne Angabe)                                   in Esslingen. Dies greifen wir gerne in den
Durchschnittsalter: 70+                              Schwerpunktthemen auf und werden auch
82 % der Teilnehmer lesen das Heft regel-            in den zukünftigen Ausgaben wie bisher über
mäßig, 12 % unregelmäßig.                            Veranstaltungen in Esslingen berichten.
96 % sehen das Heft als wichtig für die              Hier geht es zur digitalen Langfassung:
­Esslinger Seniorinnen und Senioren an.              www.esslingen.de/postmichel-brief
Anzeige                                                                                        -red.-

                                                 4
Postmichel-Brief Für die Generation 60plus - Stadt Esslingen am Neckar
SCHWERPUNKTTHEMA

                       Interview mit Yalcin Bayraktar
    Bürgermeister für Ordnung, Soziales, Bildung, Kultur und Sport

Herr Bayraktar, Sie sind seit Anfang des Jahres
neuer Sozialdezernent bei uns in Esslingen. Erst
einmal möchten auch wir Sie herzlich Will­
kommen heißen! Auch wenn Sie viele bürger­
schaftlich Engagierte Esslinger*innen in den
vergangenen Monaten bereits kennen gelernt
haben, würden wir uns freuen, wenn Sie sich
noch einmal kurz vorstellen.
Zunächst möchte ich mich bedanken, dass
ich die Möglichkeit habe, mich Ihnen hier
kurz vorzustellen. Ursprünglich habe ich
Deutsche Philologie, Politikwissenschaften
und Medienpädagogik studiert und danach
unterschiedliche Positionen im Bereich der
Sozial­
      wirtschaft begleitet. 2016 wurde ich
Amtsleiter für Migration und Integration im
Landratsamt Bodenseekreis, 2018 Amtsleiter
für Soziales, Familie und Jugend der Stadt             Foto: privat
Friedrichshafen. Seit Januar 2020 bin ich nun
Bürgermeister hier in der schönen Stadt Ess-           Durch die Verbreitung des Covid-19-Virus und
lingen am Neckar.                                      die daraus gewachsene Krise hat sich unser
In den letzten Monaten haben Sie einen Über­           a­ller Leben verändert. In dieser schwierigen
blick über das Bürgerengagement in Esslingen           Zeit freut mich die große Solidarität der Ess-
erhalten. Was, würden Sie sagen, sind die              linger Bürger*innen, die wir in den letzten
wichtig­
       sten Entwicklungen, die es in diesem            ­Monaten erleben durften, umso mehr. Mit dem
Bereich in den vergangenen Jahren gab?                  Projekt „Esslingen hält zusammen“ konnte die
                                                        Verwaltung 240 bürgerschaftlich Engagierte
Bürgerschaftliches Engagement wird in                   für die Nachbarschaftshilfe mobilisieren und
Baden-Württemberg groß geschrieben. Auch                koordinieren. Die Stadtteile haben aber auch
in Esslingen konnte ich den Eindruck ge-                eigenständig Initiativen und Unterstützungs-
winnen, dass sich viele Bürger*innen in den             angebote auf die Beine gestellt. Ich denke,
unterschiedlichsten Bereichen mit Herzblut              dass ein Schwerpunkt der nächsten Jahre
engagieren. Das prägende Thema der letzten              auf der Stadtteilarbeit, also dem Quartiers­
Jahre war mit Sicherheit die Flüchtlings­               management, liegen muss. Wir müssen uns die
hilfe. Welches Engagement das Thema in der              Frage stellen, wer Hilfe braucht und wie wir
Bürger­schaft ausgelöst und mobilisiert hat, ist        uns gegenseitig besser unterstützen können.
bemerkenswert. Ich bin der Überzeugung, dass            Es gibt ja bereits einige sehr aktive Initiativen,
nur durch die gemeinsame Anstrengung von                mit denen wir im Rahmen der Stadtteilarbeit
Verwaltung und bürgerschaftlich Engagierten             enger zusammenarbeiten und das Leben vor
außerordentliche Situationen gemeistert wer-            Ort gestalten möchten.
den können.
                                                       Sie haben die Veränderungen bereits ange­
Und welche Themen werden aus Ihrer Sicht in            sprochen, die die Corona-Pandemie mit sich
den kommenden Jahren das Bürgerengagement              gebracht hat. Eine der Auswirkungen ist die ra­
beschäftigen?                                          sante Weiterentwicklung im Bereich der Digita­

                                                   5
Postmichel-Brief Für die Generation 60plus - Stadt Esslingen am Neckar
lisierung. Mit der Unterstützung Ehrenamtlicher          dazu beigetragen, Defizite aufzuzeigen. Um
wird im Projekt „Schüler lernen online“ bereits          diese Defizite aktiv anzugehen, brauchen wir
die Bereitstellung von Laptops organisiert.              bürgerschaftlich Engagierte. Ich freue mich
Aber auch andere Altersgruppen sind von den              auf die gemeinsame Zusammenarbeit.
Entwicklungen betroffen. Sehen Sie auch hier
Handlungsbedarf?                                         Wie beurteilen Sie die vorhandenen Angebote
                                                         der Stadt für Senior*innen?
Die Verwaltung hat im Herbst letzten Jahres
ihr Grundlagenpapier „Stadtkompass ES 2027“              Es gibt schon viele dezentrale Angebote in
veröffentlicht. Der Stadtkompass stellt die              der Stadt, die von Senior*innen in ihrem
Schwerpunkte vor, denen sich die Stadt in den            Stadtteil aufgesucht werden können, das ist
nächsten 7 Jahren verstärkt widmen möchte.               sehr ­positiv. Da sind z.B. die unterschiedlichen
Neben gesellschaftlicher Fragmentierung und              Pflegeheime mit ihren offenen Mittagstischen,
dem Rückgang des sorgenden Gemeinwesens,                 viele unterschiedliche Betreuungsangebote,
spielt auch die Digitalisierung in dem Papier            die Tagespflegen oder die Bürgerhäuser zu
eine zentrale Rolle.                                     nennen. So können viele ältere Menschen
                                                         in ihrem Wunsch, solange wie möglich im
Die voranschreitende Digitalisierung betrifft            eigenen Zuhause zu bleiben und am sozialen
natürlich alle Generationen. Mit dem Projekt             Leben teilzunehmen, unterstützt werden. Wir
„Schüler lernen online“ konnten bereits über             werden deshalb auch zukünftig den Ausbau
200 Laptops an finanziell benachteiligte                 dezentraler Angebote unterstützen.
Schüler*innen ausgegeben werden. Aber
natürlich darf gerade die ältere Generation              Wie erleben Sie das Engagement               von
beim Thema digitale Teilhabe nicht vergessen             Senior*innen in Esslingen?
werden. Die Esslinger PC-Mentor*innen sind               Das große Engagement von Senior*innen, die
bereits seit 2001 in diesem Feld aktiv. Gemein-          sich in vielfältigen Gruppen einbringen, finde
sam mit ihnen wollen wir weitere zielgenaue              ich sehr beeindruckend. Sie bereichern z.B. die
Unterstützungsangebote für Senior*innen                  Programme im Forum für Bürgerengagement
entwickeln. Ganz neu ist das Projekt                     und im Mehrgenerationen- und Bürgerhaus in
Digitallots:innen im Mehrgenerationenhaus                besonderem Maße. Auch das Redaktionsteam
in der Pliensauvorstadt. Wir wollen dabei vor            des Postmichel-Briefes ist hier ein hervor­
­allem ältere Esslinger*innen erreichen. Sie sol-        ragendes Beispiel. Wichtig ist auch der Stadt-
 len in der digitalen Teilhabe gestärkt werden           SeniorenRat als Vertretung der Senior*innen,
 und ihr Wissen weiter geben.                            der die Interessen dieser an die Verwaltung
Neben viel Unterstützung im digitalen Bereich            und den Gemeinderat heranträgt.
– ich denke da z.B. an Nachbarschaftshilfen              Die Stadtgesellschaft wäre ohne unsere akti-
oder Skype Angebote in unseren Pflege­                   ven Senior*innen sehr viel ärmer, mein Dank
heimen – hat die Corona-Pandemie aber auch               gilt ihnen allen.

                                            KONTAKT

                                YALCIN BAYRAKTAR
                                E-Mail: yalcin.bayraktar@esslingen.de
                                Tel.: 0711 3512 - 2206

                                                    6
Postmichel-Brief Für die Generation 60plus - Stadt Esslingen am Neckar
Esslingen hält zusammen

D   ie Coronapandemie veränderte unser
    Leben in radikaler Weise. Im März waren
die Schulen­geschlossen, viele Arbeitnehmer
                                                       Fußballer des RSK und die Berkheimer Narren
                                                       Einkaufshilfen für ihre Stadtteile. Auch der
                                                       Roundtable 161 und eine Nachbarschaftshilfe
waren in Kurzarbeit oder im Homeoffice, wir            junger Muslime halfen. Nicht zu vergessen
waren angehalten, zuhause zu bleiben und               zahllose Nachbarn, die aktiv ihre Hilfe anboten.
Abstand zu wahren. Das gesellschaftliche Le-
ben stand still.                                       Unter dem Slogan „Esslingen hält zusammen“
                                                       hat auch die Stadt Esslingen eine Hotline
Viele Menschen besannen sich wieder auf das            geschaltet, die versucht Helfer und Hilfesu-
Wesentliche. Sie solidarisierten sich mit ihren        chende zusammen zu bringen und auch an die
Mitmenschen und boten aktiv Hilfen an. Auch            Initiativen im Stadtteil zu vermitteln.
in der Stadt Esslingen entstanden zahlreiche
Initiativen, die Einkaufshilfen anboten und in         Fast 700 Helfer haben sich bei „Esslingen hält
den Stadtteilen konkrete Hilfen leisteten.             zusammen“ und den Initiativen gemeldet und
                                                       konnten für über 120 Menschen konkrete
Unter dem Motto „Wir knüpfen ein Netz für              Hilfe leisten. Ungezählt hierbei die Anzahl
den Esslinger Norden“ gab es eine Initiative der       derjenigen, die gezielt ein Angebot aus dem
ev. Kirchengemeinde St. Bernhardt, der kath.           Hilfsportal der Esslinger Zeitung abgerufen
Kirchengemeinde St. Josef und des ökumeni-             haben.
schen Krankenpflegevereins Esslingen-Nord,
die Einkaufshilfen und Telefongespräche an-            Nicht nur Menschen, die konkret Hilfe benö-
boten. Das evangelische Pfarramt Mettingen             tigen, melden sich bei „Esslingen hält zusam-
vermittelte Einkäufe durch Ehrenamtliche für           men“. Auch Soziale Dienste der Krankenkassen
die Stadtteile Mettingen/Brühl/Weil, der Bür-          und der Pflegestützpunkt riefen Hilfen ab. So
gerausschuss Zell half bei Einkäufen und am            konnten Helfer/innen auch an die Esslinger
Telefon durch die Initiative „Zusammenhalt in          Tafel Carisatt vermittelt werden.
Zell“. Der CVJM ging mit seiner Initiative „Bei        Steigende Coronazahlen führten nun im No-
Anruf Milch“ im ganzen Stadtgebiet einkau-             vember erneut zu einem Teillockdown. Die
fen und bei der Esslinger Zeitung konnte unter         Schulen und Kindergärten bleiben dieses Mal
„EZ verbindet“ das Hilfsangebot direkt online          offen, viele Arbeitnehmer/innen sind aber
abgerufen werden. Darüber hinaus boten die             wieder im Homeoffice. Die Zahl der Menschen,
                                                                                                          Anzeige

                                                                                            Pflegestift
                                                                                Esslingen-Kennenburg
                                                                                            Aufnahme
                                                                                      0711 39 05-116

                                                   7
Postmichel-Brief Für die Generation 60plus - Stadt Esslingen am Neckar
die sich in Quarantäne begeben müssen, steigt.

                                                             Foto: © Marina Appel/stock.adobe.com
Damit werden auch Einkaufshilfen wieder
nötig. Weiterhin steht die Hotline der Stadt                                                                     Esslingen hält zusammen
Esslingen zur Verfügung. Auch verschiedene                                                                              Wir kaufen für Sie ein
Initiativen haben sich bereits gemeldet und
                                                                                                                          und hören Ihnen zu

                                                                                                                                                 Foto: Marina Appel/stock.adobe.com
wieder ihre Unterstützung zugesagt.
 „Esslingen hält zusammen“ – auch und gera-
de in schwierigen Zeiten.
Die Hotline steht unter der Nummer
0711 3512 - 2694 von Montag bis Freitag von                                                         0711 3512 - 2694
                                                                                                    zusammen@esslingen.de
9 bis 12 Uhr zur Verfügung oder per Mail
zusammen@esslingen.de.
                                 i n g r i d g ay e r

   Bürgerschaftliches Engagement (BE) in Esslingen –
                  Nachwuchs gesucht!                                                                                        www.esslingen.de

D    er Kirchenvater Augustinus Aurelius be-
     merkte schon im Jahr 400 n. Chr.: „Wir
schulden niemandem eine laudatio, der seine
                                                            wir in Esslingen vor Jahren das Wort „Freiwil-
                                                            liges, ehrenamtliches Engagement“ geprägt.
                                                            (FEE – dabei darf man getrost an die gute aus
Pflicht tut“ - und nichts darüber hinaus, mein-             dem Märchen denken…) Im Ausland sind diese
te er damit.                                                Tätigen einfach „volunteers.“
Winston Churchill ging noch weiter: „Um die                 Ich brachte vor Jahren bei einem Referat über
Welt zu ruinieren genügt es, wenn jeder (nur)               die verschiedenen Arten der Freiwilligentätig-
seine Pflicht tut." Dann haben wir in der Zita-             keit den Übersetzer ins Schwitzen, weil er im
tensammlung den viel strapazierten Ausspruch                Englischen eben nur dieses eine Wort hatte.
des amerikanischen Präsidenten Kennedy:                     Längst allgemein bekannt und wissenschaft-
„Frage nicht, was Dein Land für Dich tun kann,              lich anerkannt ist der persönliche Gewinn des
sondern was Du für Dein Land tun kannst“                    volunteering. Unzählige Aussagen darüber
                                                            gibt es.
Das alles klingt ja nach schwerster Pflicht und
Opfer. Ich halte es da mehr mit dem Spruch,                 „Ich habe neue Kontakte geknüpft“, „Ich kann
den wir uns als Kinder gegenseitig ins Poesie-              außer im Beruf meine Fähigkeiten einbringen“
album geschrieben haben: „Willst Du glück-                  „Erst durch FEE bin ich hier heimisch gewor-
lich sein im Leben, trage bei zu and´rer Glück,             den“, so eine Berufspendlerin. Verschüttete
denn die Freude, die wir geben, kehrt ins eigne             Begabungen, durch Beruf und Familie ins
Herz zurück.“ Ganz einfach ausgedrückt und                  Hinter­treffen geraten, werden wieder belebt.
doch so richtig!                                            Der Horizont erweitert sich. Einen Sinn im
                                                            Leben zu finden, der über die eigenen Bedürf-
Gemeint ist zunächst, dem anderen zu hel-                   nisse hinausgeht, macht glücklich.
fen, ihm Materielles oder Zeit zu schenken,                 Ein wesentlicher Aspekt ist die Möglichkeit,
Nächsten­liebe zu üben. Weiter gefasst ist es               unsere Gesellschaft mitzugestalten und die
wertvoll, etwas für das Ganze zu tun, Ge-                   Lebensqualität der Menschen zu erhöhen.
meinsinn zu zeigen, sich bürgerschaftlich
zu­­engagieren, ein Ehrenamt auszuüben,                     Nahezu ein Boom des Ehrenamts ereignete­­sich
freiwillig tätig zu sein. Und weil jeder dieser             in den Neunziger Jahren des letzten Jahrhun-
Begriffe ein wenig Anderes bedeutet, haben                  derts in vielen Ländern. Ein kleiner Rückblick:

                                                        8
Postmichel-Brief Für die Generation 60plus - Stadt Esslingen am Neckar
Es war ein Esslinger Bürger, der die Förderung        möchten, zusammen mit Institutionen, die
und Strukturierung des Bürgerschaftlichen             solche Mitarbeiter suchen.
Engagements in Baden Württemberg wesent-              „Im Heppächer“ wurde dann für die bestehen-
lich angestoßen hat: Dr. Konrad Hummel. Sein          den Gruppen ein geeignetes, schönes Domizil
Bruder Klaus ist hier wohl vielen als engagier-       als Zentrum für BE, das „Forum Esslingen“
ter Schulleiter bekannt, sein Vater hat nach          gefunden. Im Lauf der Jahre entstanden viele
dem Krieg die Bürgerausschüsse mitgegründet.          weitere Gruppen. Das charmante alte Haus
Unter der Ägide des Ministerpräsidenten               platzte aus allen Nähten und so zog man im
Späth setzte Dr. Hummel seine ihm eigene In-          Jahr 2017 in die Schelztorstraße 38 um.
tensität und Energie ein bei der Gründung der         Die Generation aus der „Aufbruchstimmung“
Arbeitsgemeinschaft des Bürgerschaftlichen            der Neunziger Jahre ist älter, um nicht zu sagen
Engagements (ARBES) im Jahr 1994. Begon-              alt geworden. Viele der Gründermütter und
nen zunächst als Seniorengenossenschaften             -väter wollen, müssen sich aus dem BE zurück-
zur gegenseitigen Selbsthilfe älterer Men-            ziehen. Sie hinterlassen Lücken in den Gruppen,
schen, hat dieser Dachverband inzwischen 130          die wieder zu füllen immer schwieriger wird.
Gruppen und Initiativen des BE als Mitglieder.        Die Anforderungen des heutigen Lebens las-
Mit Dr. Hummel wurden zwischen 1990 und               sen viele davor zurückschrecken, zusätzliche
2002 multinationale Euroforen für die Ver-            Zeit aufzubringen. Doch freiwillige Tätigkeit
ständigung der volunteers in Europa unterein-         ist auf sehr unterschiedliche Art möglich
ander veranstaltet. Über ihn wurde die ARBES          und zeitlich sehr flexibel gestaltbar. Und wie
Mitglied des 1992 gegründeten Europäischen            kommt man nun zu einer Aufgabe, die einem
Freiwilligenzentrums in Brüssel – CEV ( Centre        „auf den Leib geschnitten ist?“
Europeen Volontariat) - und konnte jahrelang          Natürlich kann man sich initiativ melden bei
einen Vertreter für Deutschland in den dorti-         vielen Institutionen: In Heimen, bei der Caritas,
gen elfköpfigen Vorstand entsenden.                   bei der Diakonie, bei den Kirchengemeinden,
Präsent war von Anfang an und ist die Baden-          in Museen. Es gibt seit 20 Jahren das Magazin
Württembergische ARBES auch im 2002 ge-               „ESaktiv“, in dem sich BE-Gruppen vorstellen.
gründeten Bundesnetzwerk für Freiwilligen-            Bei ihnen kann man direkt anfragen.
arbeit mit Sitz in Berlin, die nationale Ebene.       Am einfachsten aber ist es, sich bei der Esslinger
                                                      Freiwilligenagentur zu melden. Einen ersten
Nun zurück zu unseren Esslinger Gefilden, da
                                                      Überblick über mögliche Tätigkeitsfelder kann
tat sich in diesen Jahren natürlich auch aller-
                                                      man sich in der Datenbank verschaffen unter:
hand: 1995 wurden im Landkreis Esslingen die
                                                      www.engagier-dich.esslingen.de
„volunteers-Grundsätze“ verabschiedet, die
notwendige Rahmenbedingungen für das BE               Oft bringt aber erst ein persönliches Ge-
beschreiben. In der Stadt gründeten sich die          spräch mit den geschulten und erfahrenen
ersten Gruppen:                                       Berater*Innen den Durchbruch. Dafür rufen
                                                      Sie bitte an unter 0711 3512 - 2487.
BALANCE, die Menschen gleicher Interessen
zusammenführt und für sie Workshops durch-            Die E-Mail Adresse ist: efa@forum-esslingen.de
führt. TAT & RAT, wo man Hilfe bei Reparatu-          Und nun: Nur Mut! Es kann eine neue
ren bekommt, für die kein Handwerker extra            Lebensphase für Sie beginnen...
kommt. Die Wohnberatung, deren Mitglieder                                                gisela lucke
helfen, auch bei körperlichen Einschränkun-
gen in der eigenen Wohnung bleiben zu kön-
nen. Der StadtSeniorenRat, der eine wichtige
Stimme für ältere Menschen in der Stadt ist.
1998 entstand die Freiwilligenagentur. Sie
bringt Menschen, die sich freiwillig betätigen

                                                  9
Postmichel-Brief Für die Generation 60plus - Stadt Esslingen am Neckar
Das Jubiläum

W     ürdige und wohlgemute Menschen fül-
      len heute unsere Räume. Die meisten
kennen sich offensichtlich recht gut. Man be-
grüßt sich, manche umarmen sich, alle haben
gute Laune.

                                                                                                             Foto: Werner Rienesl
Dann wird es auch recht feierlich. Der Ober-
bürgermeister spricht – von Mut, Initiative
und Durchhaltevermögen, von weitsichtiger
Planung, von Menschen, die Ideen ausfüllen
und zum Leben bringen. Der Chef von uns
                                                          Voraussetzungen fürs Gelingen?
spricht von Zusammenarbeit zwischen Stadt
und Unternehmen, von Neuland, das man                       » Ein Konzept, das kompetenzübergreifend
betreten muss, um auch für die Zukunft zu                     entwickelt und dann getragen wird – vom
lernen. Und so geht es fort. Ach ja, eine nette               Stadtplanungsamt bis zum Bauträger (hier
Frau, die bei uns wohnt, gewährt Einblicke ins                Baugenossenschaft Esslingen), von Stadt-
gute Zusammenleben bei uns.                                   teilinitiativen bis zum Amt für Soziales.
Endlich werden Getränke ausgeschenkt und                    » Eine bauliche Gestaltung mit gut geschnit-
der Grill vor unserer Süd-Wand mit Blick auf                  tenen, bezahlbaren und meist barriere­
die reizvolle Esslinger Altstadt glüht für leckere            freien Wohnungen unterschiedlicher Grö-
Happen. Ja, es wurde fröhlich - und manchen                   ße sowie mit kommunikationsförderlicher­
konnte man ansehen, dass sie auch ein biss-                   Gestaltung der Gesamtanlage und der
chen stolz waren auf das, was hier mit ihren                  Gemeinschaftsflächen (einschließlich eines
Visionen, ihrer Überzeugungskraft und ihrer                   attraktiven Gemeinschaftsraumes).
Energie geschaffen wurde auf dem Zollberg.                  » Die Bereitschaft zu wirtschaftlichen Kom-
                                                              promissen – dem Verzicht auf Maximal­
So oder so ähnlich hätte es werden können mit
                                                              erlöse beim Grundstücksverkauf (hier die
dem Jubiläum des „MEHRGENERATIONEN­
                                                              Stadt) sowie auf Kostenoptimierung des
WOHNEN ZOLLBERG“ (MGW). So hätten
                                                              Bauträgers.
also die vier Häuser des MGW erzählen können
vom Jubiläumsfest, wenn – ja, wenn Corona                   » Eine gezielte (sozialpädagogische) Unter-
diese Feier nicht nur zu einem Gedankenspiel                  stützung zumindest in den ersten Jahren
gemacht hätte.                                                des Zusammenwachsens der Bewohner-
                                                              Gemeinschaft.
Im Frühjahr 2010 zogen – nach jahrelanger
                                                            » Und letztlich der gute Wille aller Beteilig-
Entwicklungs- und Planungstätigkeit und
                                                              ten – mit Respekt vor der Privatsphäre und
folgender baulicher Umsetzung – die ersten
                                                              zugleich der Bereitschaft, offen auf einan-
Bewohner in die 41 weitgehend barrierefreien
                                                              der zuzugehen und sich einzubringen.
Wohnungen ein. Die Idee, Menschen aller Al-
tersgruppen in einer ausgewogenen Verteilung              Nach zehn Jahren kann man feststellen, dass
zu einer lebendigen Gemeinschaft zusammen-                aus der Idee Wirklichkeit geworden ist, ja, dass
zubringen, nahm Gestalt an. Mit Unterstützung             man von Erfolg sprechen kann. Die Mühe und
von Werner Rienesl, dem „Kümmerer“ für                    der lange Atem haben sich gelohnt! Und für
die Start-Jahre der Wohn­  gemeinschaft und               neue Projekte hat man einiges gelernt. Auch die
insbesondere durch die Aufgeschlossenheit                 Erkenntnis, dass man hinsichtlich wirtschaft-
der Bewohner entwickelte­sich schnell eine                licher Erwägungen bereit sein muss, tradierte
Nachbarschaft, die die Idee eines lebendigen              Grenzen auch mal in Frage zu stellen – zum
Mehrgenerationen-­ Miteinanders zur Wirk-                 Nutzen von Menschen aller Generationen!
lichkeit werden ließ. Was waren und sind die                                       joachim middendorf

                                                     10
Wie der StadtSeniorenRat wurde, was er ist

             L   eserinnen und Leser des
                 Postmichel-Briefs Frühjahr/
              Sommer 2020 - fragen gele-
                                                        den SSR-Vorstandsmitgliedern Dank und An-
                                                        erkennung zeigen. „Hat sich die Entscheidung,
                                                        keine Veranstaltungen zu organisieren, so
gentlich: „Ihr habt damals berichtet, dass in           ausgewirkt, dass nun nirgendwo davon zu le-
den Terminkalendern der Vorstandsmitglieder             sen ist? Was wurde aus dem geplanten Film?“
des StadtSeniorenRats (SSR) steht, dass es
                                                        Ein Stein fiel den Organisatoren der Mit-
den SSR seit dem 4. Oktober 1995 gibt, also
seit 25 Jahren?“. Das wäre ein Grund, diesen                      Und dann kam Corona!
Geburtstag gebührend zu feiern. Schon im
                                                        gliederversammlung vom Herzen, weil die
Januar und Februar wurde in den Sitzungen
                                                        Veranstaltung am 10.03. ohne Virenalarm ab-
des SSR-Vorstands darüber nachgedacht, wie
                                                        gelaufen war. Ab Mitte März bis Anfang Juli
man diesem Ereignis im Herbst 2020 einen at-
                                                        gab es keine Aktivitäten mehr. Alle vom SSR
traktiven Rahmen geben könnte. Dabei sollte
                                                        getragenen und beliebten Angebote mussten
natürlich auch zur Sprache kommen, wie Otto
                                                        gestrichen werden: Busausflüge, Wanderun-
Weinmann und Hermann Obermüller 1995
                                                        gen, offenes Singen, Tanzen, Lichtbildvorträge,
den StadtSeniorenRat gründeten. Wichtigstes
                                                        Filme, Fachvorträge und in Kooperation mit
Ziel eines Esslinger StadtSeniorenRates müss-
                                                        der Stadt 17 Bewegungstreffs. Der Kontakt
te, nach Auffassung der Ideengeber*in sein:
                                                        im Auftrag des SSR in viele Esslinger Gremien
"Unabhängigkeit von der Stadtverwaltung, vom            war nicht mehr möglich. Das Forum Esslingen
Gemeinderat und seinen Parteien sowie welt­             und die städtischen Bürgerhäuser blieben
anschauliche Neutralität. Wir wollen frei sagen         geschlossen. Alle geplanten Angebote wurden
können, wo den Älteren der Schuh drückt. Auch           abgesagt und verschoben. Dieser Lockdown
wollen wir beweisen, dass ein Esslinger Stadt­          tat weh! Er ergriff mit nie gekannten Ein-
SeniorenRat die Brücke zwischen Alt und Jung            schränkungen alle Bereiche. Geblieben sind
wahrnehmen kann. Es soll deutlich werden, dass          zum Glück persönlich gepflegte Kontakte per
auch die ältere Generation in Esslingen eine ak­        Telefon und bei Spaziergängen.
tive Rolle spielt und ihre Erfahrungen einbringt
– zum Wohl aller Bürger unserer Stadt“.
                                                                 Corona erträglicher gemacht
Die Vorhaben bei der Gründung wurden von                Eine große Ausnahme wagte Gerhard Haug. Er
den SSR-Vorsitzenden Ursula Roser 1995 –                wurde von Esslinger Pflegeheimen eingeladen.
2007, Joachim Middendorf, 2007 – 2012, Dr.
Michael Ule 2012 – 2014 und Dr. Manfred                 Sie nützten die sommerlichen Tage, stellten ein
Mätzke im Laufe der zurückliegenden Jahre zu            Klavier auf den Hof und öffneten die Fenster.
realisieren versucht. Frau Roser und die drei           Die Bewohnerinnen und Bewohner schauten
Männer hatten jeweils eigene Schwerpunkte,              hinaus oder hinunter auf den Hof. Von dort
die sie zusammen mit den Mitgliedern des
Vorstandes umsetzten.
In der Planung des Geburtstages war bereits
klar, dass keine Sonderausgabe der ZWIEBEL
erscheinen soll, wie dies 2015 war, keine Flyer
gedruckt werden, keine Vorträge gehalten
und man keine anderen Veranstaltungen
organisiert. Ein Mitglieder- und Weihnachts-
brief könnte eventuell die Lücke schließen. Ein
gemeinsames Essen oder ein Ausflug würde                Gerhard Haug musiziert im Hof des Pflegeheims Hohenkreuz

                                                   11
erschallte jede Woche Musik. Gerhard Haug               einem beträchtlichen Wegfall der Gewerbe-
saß am Klavier und ließ Volkslieder, alte Schla-        steuer, was eine zusätzliche Schuldenaufnahme
ger und Songs erklingen. Als versierter Pianist         nötig machte.
mit Humor und Mitglied im SSR-Vorstand,
zeigte er durch sein Engagement, dass man               Weil BM Rust in Esslingen auch für den öffent-
mit Einfühlungsvermögen der schweren                    lichen Verkehr zuständig ist, war ein weiteres
Corona-Zeit entgegen wirken kann.                       Thema der heftig diskutierte Altstadtbus.

             SSR-Vorstandssitzung                            „Gutes Älterwerden in Esslingen“

Nach der Lockerung der Corona-Pandemie                  Zu Gast waren am 06.10. die Stadträte Richard
nutzten die Mitglieder des SSR-Vorstandes               Kramartschik und Nicolas Fink. Den Impuls zu
den freigegebenen Raum im Juli für eine erste           diesem Treffen löste ein Artikel in der ESSLIN-
Sitzung. Engagiert diskutierten sie und plan-           GER ZEITUNG aus. Dort war unter der Headline
ten die Herbstmonate. Natürlich galten auch             „Senioren wollen mehr als nette Worte“ zu
bei dieser Sitzung die Hygienevorschriften              lesen, dass die SPD-Ratsfraktion eine Initiative
                                                        gestartet und einen Antrag erarbeitet hat, die
                                                        beide um „Gutes Älterwerden in Esslingen“
                                                        kreisten. Eine der wesentlichen Forderungen
                                                        ist darin „gezielter auf Senioren zuzugehen
                                                        und nicht nur zu warten, bis die Älteren auf
                                                        die Stadt zukommen“. Dies ist auch schon
                                                        lange ein Anliegen des SSR. Man könnte also
                                                        gemeinsam Projekte gestalten. Am Gespräch
Vorstandssitzung mit großem Abstand                     beteiligten sich fast alle SSR-Vorstandsmit-
                                                        glieder. Roland Geltz, der die Sitzung mode-
und Ordnungen. Dabei wurde bedauert, dass               rierte, konnte elf Wortmeldungen notieren.
viele am Jahresanfang zusammengetragenen                „Es wird weitere Treffen geben!“
Ideen und Vorhaben noch warten müssen
oder ganz ausfallen. Allen war bewusst,
dass die begrenzte Zahl der Teilnehmenden

                                                                                                             4 Fotos zum Bericht vom SSR: Roland Geltz
größere Events ausschließt. Jedoch möchte
man die Idee vom Jahresanfang wieder auf-
greifen und den Mitarbeitenden als Danke-
schön Anfang September zu einem halben Tag
mit Programm einladen. Der Hinweis auf den
Geburtstag sollte, vom SSR angeregt, von der
Presse aufgegriffen werden.

   Gäste in den SSR-Vorstandssitzungen
Man entdeckte einen neuen Schwerpunkt,                        Nicolas Fink (MdL) und Richard Kramartschick
machte sich fit durch Informationen aus
erster Quelle. Der ohnehin schon vorhandene
Kontakt mit der Verwaltung und den Fraktio-
nen wurde im Herbst noch ergänzt. Am 01.09.
                                                             Wandern wider die Corona-Krise
nahm Bürgermeister Ingo Rust an einer SSR-
Sitzung teil. Er erläuterte zunächst anhand             Immer noch sind fast alle SSR-Angebote nicht
verschiedener Folien den Esslinger Haushalt             erlaubt. Das Wandern gehört nicht dazu und
in Zahlen. Durch die Corona-Krise kam es zu             erfreut sich jetzt erst recht großer Beliebtheit.

                                                   12
So ging es innerhalb eines Vierteljahrs:                                  Wanderung vom Berg ins Tal

 » Rund ums Jägerhaus                                         Am Mittwochvormittag führte eine von
                                                              Willi Scheuter und Gerhard Haug beglei-
 » nach Hohenheim – Schloss und Park                          tete Wanderung vom Berg ins Tal. Entlang
 » nach Waiblingen – Stadt                                    der Höhen rechts des Neckars genossen die
 » durch den Berkheimer Stadtwald
 » vom Schurwald ins Neckartal.
 » Erlebniswanderung durch den Berkheimer
   Stadtwald
 » Erlebniswanderung des StadtSeniorenRats
   durch den Berkheimer Stadtwald
Bei schönstem Wetter trafen sich 20 ange-
meldete Teilnehmer*innen am Schäferplatz
in Berkheim. Entlang der Körsch ging es zum
Deutschen Institut für Textil- und Faserfor-                  Teilnehmer*innen den Blick hinüber zur
schung Denkendorf (DITF). Zurück führte dann                  Schwäbischen Alb und hinunter auf das
der Weg am Steinriegel zum Waldhäusle.                        Kraftwerk Altbach. Vorbei an der Siedlung am
Nach ca. 10 km hatten sich die Wandernden                     Egert erreichte man Zell. Einen besonderen
im Waldheim bei Kuchen, Pizzen und Wurst-                     Genuss und Staunen weckten die herbstlich
salat redlich verdient.                                       gefärbten Bäume und Sträucher.
                                                                                                 roland geltz

                                                                                                        Anzeige

                                          Ihr Sanitätshaus mit Herz
                                          Wir helfen Schritt für Schritt
                                         • Mehr als nur Beratung
                                         • Kompetentes und freundliches Fachpersonal
                                         • Moderne und großzügige Verkaufsflächen und Beratungsräume
                                         • Großes Sortiment an Markenprodukten
                                         • Fachkundiger Service für moderne Kompressionstherapie
                                         • Venenkompetenzzentrum

  • Rehaaustellungsraum mit Markenprodukten auf 200 m²
  • Moderne technische Orhopädie
  • Fachabteilung für Fußorthopädie
  • Individuelle Versorgung nach Maß
  • Kundenzeitschrift „Wir helfen Schritt für Schritt“
  • Persönlicher Service für Patienten mit Venen- und Lympherkrankungen

          Sanitäts- und Gesundheitshaus WEBER & GREISSINGER Stuttgart GmbH
    FILIALE ESSLINGEN        ÖFFNUNGSZEITEN                           STAMMHAUS            ÖFFNUNGSZEITEN
      73728 ESSLINGEN         Montag-Freitag                         70176 STUTTGART          Mo/Di/Mi/Fr
      Schelztorstraße 22       9.00 -13.00 Uhr                        Schloßstraße 68       8.30 -18.00 Uhr
     TEL 0711 - 66 46 513     14.00 -18.00 Uhr                       TEL 0711 - 61 70 36      Donnerstag
    FAX 0711 - 88 24 25 50                                          FAX 0711 - 61 59 549    8.30 - 19.00 Uhr
                             www.weber-greissinger.de      info@weber-greissinger.de

                                                        13
25 Jahre Freilichtmuseum Beuren

              E  in Bauernhof in der Pfalz. Die kleine Steffi
                 hört der Großmutter gebannt zu, wenn die
              von der Familie erzählt: Wie die Urgroßeltern
              gelebt haben, mit welch einfachen Dingen
              man zufrieden war. Mit 17 vertieft das Mäd-
              chen ihr Interesse. Auf dem Hof gibt es zum
              Glück Unterlagen aus dem 19. Jahrhundert
              und so fängt Steffi an, aktiv Familienforschung
              zu betreiben. Das mündet dann in ein Studium
              der Empirischen Kulturwissenschaften in Tü-
              bingen bei Prof. Bausinger.

              Dann will der Kreis Esslingen 1990 ein Frei-
              lichtmuseum einrichten. Frau Cornelius ist seit
              den Anfängen dabei und wird Museumslei-                              Freilichtmuseum Beuren, Foto: Reiner Enkelmann
              terin. „Hier wird der Austausch über eine alte
              Zeit und die eigene Geschichte unmittelbar an-          Da ist das Ausgedinghaus, in dessen Dachstock
              geregt. Ein toller Ort, ihn über Generationen           einen schaudert, denkt man an die älteren
              hinweg zu besuchen und eigene und Famili-               Menschen, die hier ohne Heizung geschlafen
              engeschichten zu erzählen“, so Frau Cornelius.          haben. Da bekommen diese wunderbaren gro-
                                                                      ßen Kupferbettflaschen, mit denen heute gerne
                                25 Häuser aus dem Raum                dekoriert wird, eine ganz andere Bedeutung!
                                Mittlerer Neckar und von
                                der Schwäbischen Alb                  Es gab die „gute Stube“, die benützte man nur
                                wurden hierher versetzt.              am Sonntag – wie wir es als Kinder bei der
                                „Gemein ist fast allen                alten Tante auf der Alb selbst gewohnt wa-
                                Gebäuden das Schicksal,               ren. Die „romantische“ verrußte Küche lässt
                                veraltet zu sein, nicht mehr          erahnen, wie viel Arbeit vom Holzholen über´s
                                gebraucht zu werden oder              Feuermachen bis zum fertigen Linsengericht
                                einfach im Weg zu stehen.“            nötig war.
                                Ob das imposante Bauern-               „Alblaisle“ waren das. Hier sind sie wieder be-
                                schloss, das Tagelöhner –,            lebt worden, so wie viele alte Pflanzensorten,
                                das Weberhaus, die Bauern-            ob Obst, Getreide, Gemüse oder Blumen: Eine
                                gärten, der Schafstall, alle          Erinnerung an die Sortenvielfalt in der Natur.
                                versetzen uns in die Zeit der         Die zu bewahren ist ein Ziel. Das Miteinander
                                Vorfahren und sind Anlass             von Ökonomie, Ökologie und Sozialem zu zei-
Steffi Cornelius               für eigenes Erinnern.
Foto: Andreas Keller                                                  gen und diese Thematiken zu vertiefen, macht
                                Es ist ein verwunschener Ort          sich das Museum zur Aufgabe. So ist es Bot-
              auf den ersten Blick. Ein „trautes Dörflein“, in        schafter des Biosphärengebietes Schwäbische
              dem, kaum hat man es betreten, der hektische            Alb, das mit über 8o.ooo ha weite Teile der
              Alltag hinter einem liegt.                              Mittleren Schwäbischen Alb und ihr Vorland
                                                                      umfasst. An dessen nördlichem Rand liegt es
              Dann nimmt uns – mit den Enkeln sind wir oft            und ist eines seiner 15 dezentralen - das zen-
              dort – der damalige Alltag gefangen. Und der            trale ist in Münsingen - Informationszentren.
              war sicher nicht einfach. Keine Waschmaschi-            2009 wurde es von der UNESCO anerkannt
              ne, kein Kühlschrank, kein Staubsauger. „Echt?“         und so dient das Museum nun auch als Info-
              „Ja, wie soll das denn dann alles gehen?“               stelle des UNESCO Geoparks.

                                                                 14
Gehen wir im Museum noch ein Stückchen                     Am besten studiert man dafür die sehr gut
weiter… Eindrücklich in manchen Häusern ist                gestaltete Website:
die Schilderung, wie hier mehrere Generatio-
                                                           www.freilichtmuseum-beuren.de
nen ganz selbstverständlich unter einem Dach
gewohnt haben. Gewachsene Mehrgeneratio-                   Ihr entnimmt man auch die unproblematische
nenhäuser, etwas ganz Anderes als die heu-                 Anfahrt von Esslingen: mit dem Auto – über
tigen geplanten „Konstruktionen“. Ganz nah                 Nürtingen und durch das Tiefenbachtal -
war man sich da, schön! Einerseits... Aber ob              braucht man gut 30 Minuten. Mit der Regio-
damals die jungen Eheleute im Schreinerhaus                nalbahn nach Nürtingen und dem Bus bis zum
so begeistert waren, dass die Tante immer                  Museum dauert es ca. 1 Stunde.
durch ihr Schlafzimmer gehen
                                                                        Über den Winter ist das Muse-
musste, weil sie nebenan in
                                                                        um geschlossen – es öffnet nun
der „gefangenen“ Kammer
                                                                        wieder am 28. März 2021.
gewohnt hat??
Auch unter einem Dach findet                                            Vielleicht wollen Sie sich dann
man, wie es damals üblich                                               einfangen lassen von der At-
war, die Ratsstube, die Schule                                          mosphäre dieses besonderen
und die Lehrerwohnung im                                                Fleckchens Erde und wird ein
Rathaus von Häslach, 1787 er-                                           Besuch eine Ihrer ersten Un-
baut, bis 1982 noch in Betrieb.                                         ternehmungen im kommenden
Die Einrichtung ist die gleiche                                         Frühjahr, mit Freunden oder
wie die in der Kanzlei meines                                           Kindern. Und vielleicht bekom-
Vaters, bei dessen Sekretärin                                           men Sie dann auch vom Enkel-
ich als Sechsjährige hier und                                           kind einen selbst hergestellten
da auf der Schreibmaschine                                              Lehmbaustein zum Geburtstag.
klappern durfte.                                                        Ein solcher ziert bis heute
                                                                        meinen Schreibtisch als Brief-
Die Sekretärin des damaligen
                                                                        beschwerer...
Bürgermeisters war Frau Ma-         Backhaus aus Esslingen Sulzgries
rianne Erdrich. Sie erinnert sich:         Foto: Hilde Frey                                gisela lucke
„Wir hatten zwar weder Com-
                                                                                                          Anzeige
puter, Tablet oder Handy, aber
Zeit für die Bürger. Man konnte ohne Druck
und Eile auch persönliche Gespräche führen.“
Just zum 25-jährigen Museums–Jubiläum hat
Frau Cornelius mit ihrem Team ein Büchlein
herausgebracht, dem dieses Zitat entnom-
men ist. Es heißt: „Jetzt steht unser Haus im
Freilichtmuseum Beuren. Zeitzeuginnen und
Zeitzeugen berichten“
Dreht man sich nun vom Rathaus um und
nimmt den Weg vom Neckarland-Dorf zum
Alb-Dorf, so fällt der Blick - manch ein Leser
wird es noch kennen – auf das Backhäusle.
Es stand früher in Sulzgries und ist Stein für
Stein hierher gebracht worden. Es ist sehr
beliebt bei den Kindern, die hier selbst Brot
backen dürfen. Das ist eine von vielen Akti-
vitäten, Veranstaltungen und pädagogischen
Projekten, die im Museum angeboten werden.

                                                     15
Ein guter Winter - ein Krisentagebuch
Der Verlag "Ein guter Plan" hat ein Krisenta-
gebuch für den kommenden Corona-Winter
herausgebracht. Es ist ein Tagebuch, das ne-
ben einem schön gestaltetem Kalendarium
viele wertvolle Tipps enthält, die den Alltag in
einer Pandemie erleichtern sollen.
Das Krisentagebuch als PDF-Datei kostenlos
zum Download zur Verfügung unter:
https://einguterplan.de/einguterwinter/
                                                                                  Foto: www.einguterplan.de/einguterwinter/

                       Wegweiser für Seniorinnen und Senioren
          Der Wegweiser für Seniorinnen und                      Pflege, die die Stadt Esslingen am Neckar zu
          Senioren der Stadt Esslingen am                        bieten hat. Sie können dem Wegweiser bei
          Neckar informiert über zahlreiche                      den Städtischen Ämtern, z. Bsp. im Bürgeramt
          Angebote in den unterschiedlichen                      abholen. Die Online Version finden Sie unter:
          Bereichen wie Freizeit, Sport, Bürge-                  www.esslingen.de/senioren
          rengagement, Kultur, Gesundheit und                                                          -red.-

                                                                                                                  Anzeige

                                                                           Esslingen

                                                              Der Ambulante Pflegedienst der DRK
                                                              Curavita Esslingen ermöglicht Ihnen eine
                                                              medizinische, pflegerische und hauswirt-
                                                              schaftliche Versorgung ganz nach Ihren
                                                              Wünschen. Wir sind bei Ihnen, wenn Sie
                                                              uns brauchen. Und das an sieben Tagen
                                                              in der Woche, rund um die Uhr.

                                                                                       bo               te:
                                                                          Weitere Ange
                                                                           •    Hausnotruf
                                                                                                 ern
                                                                                Essen auf Räd

               Pflege                                                      •
                                                                           •    Betreutes R  ei se n
     Ambulante                                                              •   Hilfe im H au sh al t

                                             DRK Curavita Esslingen: 0711 / 39005-200 oder über den
                                             DRK-Kreisverband Esslingen e. V. 0711 / 39005-700

   CUR_AZ_Pflegedienst_166x118mm_RZ.indd 1                                                                 22.02.12 17:26

                                                            16
SCHWERPUNKTTHEMA

                           FREIE ZEIT - AKTIV BLEIBEN

                             Wie geht es dir? - Ein Brief

L  iebe M.,                                               und Impfstoffe gegen das Virus gefunden
                                                          sind, das ist mir klar.
                                                          Also frage ich mich: Was tu ich inzwischen –
Du wolltest wissen,
                                                          ohne die vielfältigen Anregungen von außen?
wie es mir in dieser
                                                          Jetzt, wo alles still steht? Fast alles – denn
Corona-Zeit geht.
                                                          wenn man genau hinschaut, bleibt doch
Ziemlich zwiespäl-                                        vieles, was Geist und Gemüt aufhellen kann,
tig, wenn ich ehrlich                                     findest Du nicht?
bin. Wie beim Blick
                                                          Was für ein Glück habe ich, dass da gute
aus dem Fenster:
                                                          Nachbarn sind, mit denen man öfter ein paar
                                                          Worte wechseln kann und vielleicht noch
Da ist leuchtend
                                                          mehr Gemeinsamkeiten findet!
rotgolden vor der
dunklen Eibe der                  Foto: Barbara Heckel
                                                          Das ist das Beste, was ich erlebe: dass die raren
Eisenholzbaum –                                           Begegnungen persönlicher und intensiver sind
wunderschön. Aber viele Blätter liegen schon              – vielleicht, weil ja alle derselben ungewohn-
unten und bald wird das Bäumchen kahl sein.               ten und befremdlichen Situation ausgesetzt
Die Farben werden matt, und dann regen sich               sind und mit ihr zurechtkommen müssen.
im kalten Wind nur noch kahle Zweige.
                                                          Das magst Du doch auch: ein gutes Gespräch,
So unbehaglich wie der Spätherbst sind jetzt,             jetzt, da man das Gegenüber wirklich ansehen
da ich Dir schreibe, auch die Aussichten auf die          und ihm zuhören kann und einen nichts –
nächsten Wochen. Alles, was Farbe ins Leben               ­weder Leute noch Termine - davon ablenkt.
bringen könnte, ist durch die Beschränkungen
zur Eindämmung der Corona-Pandemie erst                   Immer noch kann ich jemanden einladen, zum
einmal gestoppt und abgesagt.                             Essen, zum Kaffee, sogar – mit Abstand und
                                                          Maske sicherheitshalber – zum Spielen oder
Dass Theater, Musik, Ausstellungen, LesArt,               gemeinsam Musik Machen oder Hören oder
Kabarett, Kino, Sport, Preisverleihungen, Jubi-           einen Film Sehen.
läen und andere Veranstaltungen für vier Wo-
chen fast ohne Ausnahme ausfallen müssen,                 Aber auch wenn jemand lieber vorsichtig und
trifft mich sehr, so wie wahrscheinlich jeden             allein ist, muss die Welt nicht stumm bleiben.
auf irgendeine Weise.                                     Die Telefongespräche werden häufiger und
                                                          länger (unsere ja auch) und etliche Großeltern
Das sind auch für die Menschen aus dem Kul-               in meiner Bekanntschaft erleben die Enkel per
turbereich existentielle Fragen, darum kann               Skype oder auf dem Smartphone sozusagen
ich nur hoffen, dass sie noch vor Weihnachten             live – auch den neugeborenen, zu dessen
alles wieder in Bewegung setzen können, was               ­Begrüßung man leider nicht hinreisen konnte.
sie so sorgfältig vorbereitet haben. Wie viel
dann wieder geht, das konnte man zu Beginn                Diese neuen Medien schaffen so viele Mög-
der Herbstsaison schon sehen. Allerdings:                 lichkeiten – durch sie sind Unterhaltung,
selbst wenn die Beschränkungen gelockert                  Kunst, Bildung und Information aus der
werden, kann nicht alles wieder laufen wie                ganzen Welt verfügbar, jederzeit und überall.
früher, solange nicht wirksame Medikamente­               Jetzt, da wir nicht hingehen können, wird

                                                     17
SCHWERPUNKTTHEMA

uns vieles nach Hause geliefert. Machst Du               Und nicht zuletzt sind da meine Bücher. Eben
das auch manchmal? Ich kann Live-Auftritte               jetzt das eine, das Du mir empfohlen hast. Es
aller Art miterleben oder durch weltberühmte             kommt vor, dass ich wie früher in zwei Tagen
Museen schlendern. Vereine laden mich zur                und einer halben Nacht ein Buch verschlinge;
Online-Teilnahme an der nächsten Jahres-                 das war aber mit diesem hier nicht möglich.
hauptversammlung ein, und wir haben auch                 Unbedingt müssen wir darüber am Telefon
schon Familiensitzungen mit fünf Standorten              reden– das geht nicht brieflich. Du weißt es
gehabt..*                                                ja: die Erwartungen an ein Buch sind so ver-
                                                         schieden wie die Leute. Es unterhält, schafft
Meine Kusine K. (Du hast sie mal erlebt) hat
                                                         Spannung, Erheiterung, Besinnung, fremde
alle diese Geräte nicht, will sie auch gar nicht.
                                                         Welten, Erinnerung, Erschütterung, Verstehen.
Aber das Radio ist ihr ein wichtiger Haus-
                                                         Ich lese jetzt wieder längst bekannte Bücher,
freund. So lebt sie doch nicht so abgeschieden
                                                         und verstehe sie womöglich ganz anders und
und hört, was sich in der Welt ereignet und
                                                         neu. Neue leihe ich mir in der Stadtbücherei
wer was dazu zu sagen hat. Manchmal singt
                                                         oder suche Lektüre in der Bücherecke im
sie auch mit, beim Aufräumen oder Bügeln,
                                                         Forum. Da komme ich sogar in die Stadt und
sagt sie. Neben dem Radio her kann man
                                                         habe die eine oder andere Begegnung.
nämlich allerlei tun, findet sie, und sich in der
ganzen Wohnung bewegen.                                  Zwei Fliegen mit einer Klappe: außer zu einem
                                                         Buch komme ich zur unbedingt nötigen Be-
Selbst etwas machen: das ist die Idee! Chor-             wegung (bei so einer Lebensweise kann man
proben fallen aus? dann singt man – ganz                 ja leicht zum Stubenhocker werden).
ungefährdet – allein. Außerdem habe ich
plötzlich viel mehr Zeit: ich kann Fotos ord-            Spazierengehen und tief Luft holen – solange
nen, die Puppenstube richten, Erinnerungen               man nicht mitten unter Menschen ist, geht
auffrischen, könnte sie vielleicht sogar auf-            das ja ohne Mund- und Nasenschutz – das
schreiben, wie es D. immer wollte, oder Ge-              ist immer möglich. Jeden Tag sehe ich Gärten
schichten von früher für die Enkel festhalten?           und Bäume anders, immer wechseln der Him-
Die Malsachen sind ganz vertrocknet – viel-              mel und das Licht. Auch dabei muss man nicht
leicht wäre wieder Malen eine Idee? (muss ja             allein bleiben. Im Gehen kann man gut reden.
nicht in der Staatsgalerie landen, Hauptsache,           Und dabei entdecken, dass der Spätherbst
es macht mir selber Freude).                             doch Farben und Schönes hat.

Und wann habe ich, vor diesem hier, den                  So ist meine Antwort jetzt: es geht mir gut,
letzten „richtigen“ Brief geschrieben? Weißt             es gibt Vieles, was mir Freude macht, und ich
Du noch? Vor sechzig, siebzig Jahren war uns             erlebe draußen und drinnen jeden Tag so, wie
das so wichtig; da brachte der Briefträger oft           ich ihn sonst wohl nicht gesehen hätte.
morgens und nachmittags Post, die „post-                 Dass Du diese Zeit auch so erlebst, wünsche
wendend“ beantwortet werden musste. Dabei                ich Dir und freue mich auf Deine Erfahrungen.
geht es mir auch heute wie Dir: ich freue mich
immer, wenn zwischen den Wurfsendungen                   Pass auf Dich auf!
ein persönlicher Brief steckt.                           Ganz herzlich
Schon wird die gewonnene Zeit wieder knapp.              Deine B
Eigentlich … Eigentlich wollte ich in der Zei-
tung von gestern noch den langen Artikel                                              barbara heckel

des Stadtplaners lesen, aber da ist schon die
Zeitung von heute… Was sich in der Stadt und
in der Welt tut, muss einen doch interessieren.
Da finde ich die Zeitung immer noch wichtiger            * Was alles trotz Corona - manchmal erst seit
als Radio und Tagesschau.                                Corona - geht, finden Sie auf Seite 20.

                                                    18
SCHWERPUNKTTHEMA

                                     Kultur! Leben!

D   iese Rufe haben in den letzten Wochen
    an Dringlichkeit zugenommen: Kultur
ist nichts ohne ständige Wechselwirkung
                                                      Das Fernsehen war und bleibt ein wichtiges
                                                      Mittel, mit dem Publikum zu kommunizieren.
                                                      So gab es Live-Übertragungen von Konzerten
mit dem L­ eben – Leben ohne Kultur ist nicht         und Theater, von Vorträgen und Workshops
denkbar. Alle Lebensäußerungen sind geprägt           bis hin zum Fußball im leeren Stadion.
von ihr – sogar noch in der Absage an ihre
Traditionen.                                          Das so Aufgezeichnete bleibt sogar weiterhin
                                                      verfügbar - für den, der online gehen kann.
„Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeu-
tung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da         Diesen Weg hat hier in Esslingen das Central-­
ganz Mensch, wo er spielt.“ – so hat Schiller         Theater am Rossmarkt gewählt und bietet jede
die Bedeutung des freien Spiels der Kunst für         Woche mittwochs „Geschichten für die Klei-
das Leben ausgedrückt.                                nen“ und freitags ein buntes Kultur­programm
Wie schmerzhaft eine Trennung sein kann,              für die Großen.
haben wir erfahren in den ersten Monaten
                                                      Auch die Stuttgarter Oper zeigt online jede
der Pandemie und wieder im erneuten „hal-
                                                      Woche etwas aus ihrem Repertoire und die
ben“ Lockdown im November. Da waren die
                                                      Staatsgalerie stellt jede Woche ein anderes
Klagen laut darüber, dass alles, was der Seele
                                                      Kunstwerk aus ihren Sammlungen vor. Wer
guttut und den Geist bewegt, abgesagt und
                                                      Kunst sucht, kann so auch in New York, Flo-
geschlossen werden musste.
                                                      renz oder Madrid durch das Museum wandern.
"Leben! Kultur!“ hatte zum Beispiel das Motto
sein sollen zum Abendcafé der Freiwilligen-           Für die trotzdem schwer zu bewältigende
agentur im Januar: abgesagt. Und das galt für         Situation finden sich Podcasts zum Umgang
das Kulturleben insgesamt..                           mit dem Corona-Risiko oder Ratschläge „Was
                                                      tun gegen Ängste und Sorgen“ und „Helfen
Seither machten die Künstler, Schauspieler,
                                                      und sich helfen lassen“. Wer seine Enkel beim
Musiker, Autoren und alle, die ihre Auftritte
                                                      Lernen daheim unterstützen will, kann auf
vermitteln und organisieren, die bittere Er-
                                                      Lernplattformen Hilfe finden.
fahrung, dass ihnen zwar versichert wird, wie
wichtig sie und ihr Tun für die geistige und          Kurz: die elektronischen Medien transportie-
seelische Gesundheit der Menschen sind, dass          ren alles.
sie tatsächlich aber nichts tun können. Dabei
brauchen sie den Kontakt und den Austausch            Für Sänger in Esslinger Chören gab es Video-
mit ihrem Publikum mindestens ebenso sehr             Proben Woche für Woche, gegen die Bewe-
wie jeder andere seine Begegnungen. Dass sie          gungsarmut können die „5 Esslinger“ im SWR
auch finanziell davon abhängig sind, dass sie         mitgeturnt werden. Selbst die Stadtbücherei
spielen und auftreten können, macht sie noch          ging online und bietet einen Schnupperaus-
verletzlicher.                                        weis für die „Onleihe“.

Darum haben sie wie überall auch in Esslingen         Und doch: ein Buch möchte man anfassen,
schon im Frühsommer mit großer Kreativität            darin blättern können (die Ausleihe ist analog
und viel Einsatz Konzepte entwickelt.                 weiterhin möglich) – und abgefilmte Szenen
                                                      bleiben flach.
Die Strategie hieß: dran bleiben, Angebote
machen, die auch mit den Einschränkungen              Es fehlen die Atmosphäre, die Reaktionen der
funktionieren – mit dem Ziel, so bald wie             Menschen im Saal und die Unmittelbarkeit des
möglich die Bühne wieder frei und das Publi-          Spiels. Drum sind noch wichtiger als die Kon-
kum wieder gegenwärtig zu haben.                      serven die „echt lebendigen“ Aufführungen.

                                                 19
Sie können auch lesen