LANDTAGS NACHRICHTEN - Landtag MV

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LANDTAGS NACHRICHTEN - Landtag MV
LANDTAG                        LANDTAGS
                                        NACHRICHTEN
          Mecklenburg-Vorpommern

                                                                                                  20. Juni
                                                                                                  5 / 2019
                                                                                        www.landtag-mv.de

+++ Birgit Hesse ist neue Landtagspräsidentin +++ Neue Minister vereidigt +++ Wie bleibt wohnen in M-V bezahlbar?
    +++ 70 Jahre Grundgesetz +++ Diskussion über Strategiefonds +++ Grenzen für Fischer +++ Das Chaos kommt
    zurück +++ Das war der „Tag der offenen Tür des Landtages 2019“ +++ Bienen-Quiz +++
LANDTAGS NACHRICHTEN - Landtag MV
2                         I n h a l t

                                  3              Gastkolumne                     Yvonne Griep, Koordinatorin des Beteiligungsnetzwerks MV beim Landes-
                                                                                 jugendring, kommentiert das Beteiligungsprojekt „Jugend fragt nach“

                              4 – 16          AUS DEM PLENUM                     Birgit Hesse ist neue Landtagspräsidentin
                                                                                 Interview mit der neuen Landtagspräsidentin

                               4–7     Wahl der Landtagspräsidentin
                               8-9             Aktuelle Stunde                   „Bezahlbare Miete statt hoher Rendite - Gutes und bezahlbares Wohnen
                                                                                 in Mecklenburg-Vorpommern"

                             10 – 17                Berichte                     Hotline für barrierefreies Reisen – Bahn strukturiert Mobilitätsservice um
                                                                                 70 Jahre Grundgesetz – Landtagspräsidentin würdigt Verfassung
                                                                                 Impfpflicht gegen Masern?
                                                                                 Landtag diskutiert über Strategiefonds der Landesregierung
                                                                                 Kein Radbeauftragter für das Land
                                                                                 Grenzen für Fischer

                                 18          Weitere Beschlüsse                  Gerichtsstrukturreform: Evaluation für 2019 geplant
                                                                                 Landesrechnungshof: Spitzenplatz für M-V bei Verschuldung
                                                                                 Petitionen: Landtag stimmt zu
                                                                                 Immunität aufgehoben
                                                                                 Julian Barlen rückt im Landtag nach

                                 19             Gesetzgebung                     Laufende und abgeschlossene Gesetzgebung

                                 20       AUS DEN AUSSCHÜSSEN                    Internationale Tagung – Arbeitsgruppe und Jugendforum
                                                                                 der Ostseeparlamentarier (BSPC) zu Migration und Integration
Titelfoto: Uwe Sinnecker

                             21 – 27              PANORAMA                       Das Persönliche Dutzend – Marc Reinhardt
                                                                                 Präsidenten-Konferenz in Würzburg
                                                                                 Das war der „Tag der offenen Tür des Landtages 2019“
                                                                                 „Das Chaos kommt zurück“ – „Jugend fragt nach” im Landtag M-V
                                                                                 Honigbienen auf dem Schlossdach - Preisrätsel

                                 28                  Chronik

                           Impressum
                           Herausgeber:                                        Layout: Uwe Sinnecker,                      Namentlich gekennzeichnete Beiträge
                           Landtag mecklenburg-Vorpommern                      www.uwe-sinnecker.de                        geben nicht in jedem Fall die Meinung des
                           - Öffentlichkeitsarbeit -                                                                       Herausgebers wieder.
                           Schloss, Lennéstraße 1, 19053 Schwerin              Druck: produktionsbüro TINUS                Alle Abbildungen sind urheberrechtlich
                           Fon: 0385 / 525-2183, Fax 525-2151                  Gedruckt auf Recyclingpapier                geschützt. Nachdruck nur mit schriftlicher
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                           Internet: www.landtag-mv.de                         Zugunsten des Leseflusses und aus Platz-
                                                                               gründen haben wir bei der Bezeichnung       Die LANDTAGSNACHRICHTEN können
                           redaktion: Referat Öffentlichkeitsarbeit,           von Menschengruppen manchmal nur die        kostenlos bezogen werden. Bestellungen
                           Gerhard Reichert, Anna-Maria Leistner,              männliche Form verwendet. In solchen        sind an den Herausgeber zu richten.
                           Michaela Ludmann                                    Fällen ist die weibliche Form mitgedacht.   Redaktionsschluss 31.05.2019

                           LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 5/2019
LANDTAGS NACHRICHTEN - Landtag MV
G a s t k o l u m n e                                         3

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Jugend im Landtag –
Und was kam dabei raus?

                                                                                             Yvonne Griep ist Koordinatorin des Beteiligungs-
                                                                                             netzwerks beim Landesjugendring MV und
                                                                                             Mit-Organisatorin bei „Jugend fragt nach“ und
                                                                                             „Jugend im Landtag“.

    Seit 19 Jahren veranstalten der Land-       Doch so einfach ist es leider nicht. Wäh-    Immer häufiger aber steigen einzelne
tag und der Landesjugendring in M-V             rend die Jugendlichen sich, trotz zum        Abgeordnete aus dieser Schutzargu-
gemeinsam das Jugendprojekt „Jugend             Teil deutlicher Unterschiede ihrer regi-     mentation aus und engagiert in die
im Landtag“ (JiL) – seit 2011 zudem das         onalen Hintergründe und politischen          Diskussion ein. Sie geben Tipps, wie
kleinere Format „Jugend fragt nach“. Klar       Überzeugungen, jedes Jahr erstaunlich        die Visionen der Jugendlichen realis-
war für beide Veranstalter von Anfang an,       schnell und relativ unkompliziert auf kla-   tisch umgesetzt werden können, ver-
dass dies kein reines Planspiel wie in vielen   re Leitlinien einigen, mahlen die Mühlen     mitteln Treffen mit zuständigen Stellen
anderen Bundesländern sein soll. In die         im realen politischen Alltag langsamer.      oder bieten weitere Gespräche u.a.
Rolle von Abgeordneten reinzuschnup-            Und Jahre später fällt leider kaum noch      in den zuständigen Gremien an. Das
pern, ist für junge Menschen zweifelsoh-        die Aussage: „Zu diesem Ergebnis ha-         wohl bekannteste Ergebnis ist die An-

                                                                                     „
ne interessant. Noch interessanter und          ben die Forderungen der Jugendlichen         hörungsreihe „Jung sein in M-V“ im

„
                                                                                             Sozialausschuss. Wie viel dadurch in-
                                                                                             haltlich tatsächlich erreicht wird, bleibt
            Gegenseitige Vorurteile abbauen.                                                 abzuwarten. Unmittelbare Ergebnisse
                                                                                             solcher Verabredungen hingegen sind,
                                                                                             dass Jugendliche und Abgeordnete
                                                                                             gegenseitige Vorurteile abbauen, die
potenziell nachhaltiger ist für sie jedoch,     damals den Anstoß gegeben.“ – selbst         beteiligten Jugendlichen Politik als in-
die Möglichkeit eigene Themen in den            wenn es das eine oder andere Mal viel-       teressant und gestaltbar wahrnehmen
Landtag zu bringen und den Abge-                leicht so war.                               und Jugendthemen in der Politik deut-
ordneten reale, aktuelle Probleme ihrer                                                      licher vorkommen. Jugendliche erleben
Generation bewusst zu machen. Jedes             Die Teilnehmer*innen erwarten im er-         Abgeordnete als nahbar, Abgeordnete
Jahr kommen dafür junge interessierte           sten Schritt nicht die hundertprozen-        die Jugendlichen als interessiert und
Menschen in den Landtag. In dem mehr-           tige Umsetzung ihre Ideen, sondern vor       engagiert.
tägigen Projekt setzen sie die Themen,          allem einen ehrlich geführten Dialog.
tauschen sich dazu aus und erarbeiten           Sie wollen Diskussionen, bei denen sie       Diese Ergebnisse sind zwar nicht so
gemeinsam Ideen und Forderungen für             und ihre Anliegen ernst genommen             leicht messbar, aber sie sind es wert dran-
ein zukunftsfähiges, jugendgerechtes            werden, ihnen interessiert zugehört          zubleiben, den Jugendlichen Mut zu
M-V. Im Dialog mit Abgeordneten for-            und mit ihnen gemeinsam an ihren             machen, immer wieder nachzufragen
dern sie dazu Positionierungen ein.             Ideen weitergedacht wird. Viele sind         und die Abgeordneten zu unterstützen,
                                                bereit, dafür auch nach JiL aktiv zu blei-   den regelmäßigen kreativen Dialog mit
Nach der Veranstaltung folgt oft von            ben. Aber dafür wollen sie ein Signal,       Jugendlichen fortzuführen. So fördern
vielen Seiten die Frage nach nachweis-          dass sich ihr Einsatz lohnen kann. Eher      wir Schritt für Schritt, dass Jugendliche
baren Erfolgen. Die Erwartung ist meist,        „traditionelle“ Aussagen, dass ihre Ideen    nicht nur als „die Zukunft“, sondern
dass die Forderungen der Jugendlichen           nicht finanzierbar, nicht mehrheitsfähig     auch als wichtiger Bestandteil des Hier
zeitnah vom Landtag umgesetzt wer-              und schlicht keine Landesthemen wä-          und Jetzt wahrgenommen werden. Da-
den. Und auch die Jugendlichen wären            ren, sind bei solchen Gesprächen zwar        für setzen wir uns auch weiterhin sehr
nicht enttäuscht, nach der Veranstal-           politisch nachvollziehbar, hinterlassen      gerne ein.
tung eine Liste zu erhalten, welche ihrer       aber schnell den Eindruck des Desinte-
Ideen für gut befunden wurden und               resses seitens der Abgeordneten.             Yvonne Griep
deshalb zeitnah umgesetzt werden.

                                                                                         LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 5/2019
LANDTAGS NACHRICHTEN - Landtag MV
4                         A u s       d e m         P l e n u m               /   W a h l    d e r     L a n d t a g s p r ä s i d e n t i n

    Foto: Uwe Sinnecker

                          Birgit Hesse ist neue                                                                     Mit dem ihm gebührenden Respekt

                          Landtagspräsidentin                                                                       nehme ich dieses Amt gerne an und
                                                                                                                    werde mich mit ganzer Kraft den neu-
                                                                                                                    en Aufgaben stellen.
                          Höchste Frau im Land setzt auf Dialog
                          mit Bürgerinnen und Bürgern für ein friedliches, weltoffenes                              Einen ganz besonderen Dank und mei-
                          und gemeinschaftliches Zusammenleben                                                      ne Hochachtung möchte ich den Vize-
                                                                                                                    präsidentinnen unseres Landtages, Ih-
                                                                                                                    nen, liebe Frau Schlupp, und Ihnen, liebe
                                                                                                                    Frau Dr. Schwenke, aussprechen. In den
                             Neue Präsidentin des Landtages Mecklenburg-Vorpommern ist Birgit Hesse.                zurückliegenden mehr als eineinhalb
                          Der Landtag hat in seiner 64. Sitzung am 22. Mai 2019 die Abgeordnete Birgit              Jahren haben Sie den Landtag nach au-
                          Hesse auf Antrag der SPD-Fraktion zur neuen Landtagspräsidentin gewählt. 65               ßen großartig repräsentiert und hinsicht-
                          Abgeordnete gaben ihre Stimme ab. Für Birgit Hesse als Landtagspräsidentin                lich der Plenarsitzungen eine beeindru-
                          sprachen sich 33 Abgeordnete aus, gegen sie stimmten 27, fünf enthielten sich.            ckende Arbeit geleistet. Ich freue mich
                          Damit hat Birgit Hesse die nötige Mehrheit der abgegebenen Stimmen erreicht.              sehr auf die Zusammenarbeit mit Ih-
                          Die ehemalige Bildungsministerin folgt der am 28. April 2019 verstorbenen                 nen im Präsidium, um gemeinsam zum
                          Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider, die fast 17 Jahre lang das Amt aus-             Wohle des Ansehens des Landtages
                          übte. Vor der Wahl gedachten die Abgeordneten der Verstorbenen in einer                   Mecklenburg-Vorpommern zu wirken.
                          Schweigeminute. Birgit Hesse bedankte sich im Anschluss an ihre Wahl bei den
                          Abgeordneten für das ihr entgegengebrachte Vertrauen und für die Wahl zur                 Danken möchte ich auch dem Land-
                          Präsidentin des Landtages Mecklenburg-Vorpommern.                                         tagsdirektor, Herrn Tebben, für die um-
                                                                                                                    fassende Vertretung des Parlamentes
                          Landtagspräsidentin Birgit Hesse: „Unter        lamentes. Sie vertrat innerhalb und au-   in Verwaltungsangelegenheiten sowie
                          diesen Umständen das Amt der höch-              ßerhalb des Landtages entschlossen die    den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
                          sten Repräsentantin unseres Bundes-             Handlungsprinzipien und Werte der par-    der Landtagsverwaltung insgesamt, die
                          landes zu übernehmen, ist eine große            lamentarischen Demokratie. Dieser he-     die vergangenen Monate immer wieder
                          Herausforderung. Seit 2002 war Sylvia           rausragenden Landtagspräsidentin im       vor besondere Herausforderungen ge-
                          Bretschneider das Gesicht unseres Par-          Amt nachzufolgen ist eine große Ehre.     stellt waren.

                          LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 5/2019
LANDTAGS NACHRICHTEN - Landtag MV
A u s       d e m        P l e n u m           /      W a h l           d e r         L a n d t a g s p r ä s i d e n t i n                                           5

Meine sehr geehrten Damen und

                                                                                                                                                 Foto: Jens Büttner
Herren Abgeordnete,

die Aufgaben dieses hohen Amtes wer-
de ich so erfüllen, wie sie die Landesver-
fassung sowie die Geschäftsordnung
des Landtages M-V

 erfordern: überparteilich moderierend
und sachlich die verschiedenen Inte-
ressen zusammenführend – zum Wohle
des gesamten Parlamentes.

Denjenigen von Ihnen, die mir heu-
te ihre Stimme nicht gegeben haben,
möchte ich sagen, dass ich alles daran
setzen werde, mir auch Ihr Vertrauen zu
erarbeiten und Sie durch meine zukünf-
tige Arbeit zu überzeugen.                    Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (li.) gehörte mit zu den ersten Gratulanten.

Als Präsidentin des Landtages M-V möch-       Juni hier im Schweriner Schloss, fortzu-               unserer Mitte und konkret vor Ort das
te ich die von Sylvia Bretschneider an-       setzen und in bestimmten Bereichen                     Zusammenleben gestalten.
gestoßenen Projekte, wie etwa die Be-         noch auszubauen.
werbung des „Schweriner Residenzen-                                                                  Aus meinem bisherigen Amt möchte ich
sembles“ als UNESCO-Weltkulturerbe,           Auch außerhalb des Plenarsaales möch-                  gewissermaßen die Tätigkeiten für den
erfolgreich zu Ende bringen. Weiterhin        te ich den Landtag sichtbarer machen,                  Sport mitnehmen und als Landtags-
werde ich mich für die Initiative „WIR.       zu den Menschen gehen und über das                     präsidentin auch Botschafterin für den
Erfolg braucht Vielfalt“ einsetzen – für      Geschehen im Landtag informieren. Da-                  Sport in Mecklenburg-Vorpommern
ein tolerantes, weltoffenes und demo-         mit es nicht heißt: „die da in Schwerin                sein. Mir liegt es besonders am Herzen,
kratisches Mecklenburg-Vorpommern.            sind weit weg und entscheiden über                     die gesellschaftliche Bedeutung des
Initiiert wurde „WIR“ im Jahr 2008, im sel-   die Köpfe der Menschen hinweg“. Es                     Spitzen- und des Breitensportes deut-
ben Jahr wurde ich zur Landrätin Nord-        ist wichtig, Begegnungsmöglichkeiten                   licher herauszustellen und zu würdigen.
westmecklenburgs gewählt, und bereits         zwischen dem Parlament und den Men-                    In keinem anderen Bereich engagieren
in diesem Amt konnte ich zahlreiche die-      schen zu schaffen, besonders im länd-                  sich so viele Menschen wie im Sport.
ser wichtigen Formate von „WIR. Erfolg        lich geprägten Raum. Als Landtagsprä-
braucht Vielfalt“ kennenlernen.               sidentin möchte ich für die Menschen                   Als besondere Stütze für unser Gemein-
                                              in unserem Bundesland Ansprechpart-                    wesen möchte ich nicht zuletzt die
Für ein friedliches, weltoffenes und          nerin sein und das Vertrauen in die par-               Bedeutung der Polizei, der Feuerweh-
gemeinschaftliches Zusammenleben              lamentarische Demokratie, in den Land-                 ren und des Technischen Hilfswerkes
in Mecklenburg-Vorpommern erachte             tag und die Arbeit der Abgeordneten                    hervorheben. Sie sind der Garant für
ich es als notwendig, dass wir Parla-         dieses hohen Hausen stärken.                           ein friedliches und sicheres Zusam-
mentarierinnen und Parlamentarier                                                                    menleben in unserem Bundesland: im
uns stets im Dialog mit den Wähle-            So wie es meine Vorgängerin getan hat,                 privaten Umfeld, im öffentlichen Raum
rinnen und Wählern befinden und               möchte ich mich gemeinsam mit Ihnen,                   und besonders als schützende Hand bei
dass wir unser Parlament nach außen           Herrn Kollegen Waldmüller, in die Arbeit               Katastrophenfällen. Wir können stets
weiterhin so umfassend für Besuche-           des Landestourismusverbandes einbrin-                  auf ihren uneigennützigen, schnellen
rinnen und Besucher öffnen. Poli-             gen und in bewährter Weise für das Rei-                und qualifizierten Einsatz vertrauen.
tische Entscheidungsprozesse sollten          seziel Mecklenburg-Vorpommern stark
transparent dargelegt werden, um              machen.                                                Die Umsetzung all dieser Aufgaben kann
die Werte sowie die Bedeutung der                                                                    niemals im Alleingang gelingen. Das
parlamentarischen Demokratie ver-             Ohne den engagierten Einsatz der                       braucht eine breite Basis von Unterstüt-
ständlich zu machen. Daher ist mir die        zahlreichen Mitglieder in den Vereinen                 zerinnen und Unterstützern sowie ein
parlamentarische Bildung vor allem            des Landes, die sich in der Regel eh-                  handlungsfähiges engagiertes Team –
für Jugendliche und junge Erwachse-           renamtlich in ihrer Freizeit einbringen                ich freue mich daher sehr auf die Zu-
ne ein besonderes Anliegen. Hier gilt         und sich für ihre Mitmenschen einset-                  sammenarbeit mit Ihnen. Ich danke Ih-
es, das hohe Niveau des Landtages in          zen, wäre unser schönes Mecklenburg-                   nen nochmals für das mir entgegenge-
den unterschiedlichen Formaten für            Vorpommern nicht das, was es ist. Erst                 brachte Vertrauen.
die Jugendlichen, wie beispielsweise          die ehrenamtlich Engagierten in den
„Jugend fragt nach 2019“ vom 3. bis 6.        vielfältigsten Bereichen sind es, die in               Vielen Dank.

                                                                                                 LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 5/2019
LANDTAGS NACHRICHTEN - Landtag MV
6   A u s       d e m         P l e n u m               /   W a h l     d e r       L a n d t a g s p r ä s i d e n t i n

    Vertrauen in

                                                                                                                                              Foto: SPD-Fraktion
    Demokratie stärken
    Interview mit der neuen
    Landtagspräsidentin Birgit Hesse

       Der Landtag M-V hat eine neue Präsidentin gewählt: Birgit Hesse. Die Juris-
    tin und frühere Bildungsministerin sprach in ihrer Antrittsrede den beiden
    Vizepräsidentinnen des Landtages, Beate Schlupp und Dr. Mignon Schwenke,
    ihren besonderen Dank aus. Beide hätten in den zurückliegenden rund ein-
    einhalb Jahren das Parlament großartig nach außen repräsentiert und wäh-
    rend der Plenarsitzungen beeindruckende Arbeit geleistet. Sie selbst wolle
    sich ebenfalls mit ganzer Kraft ihrem neuen Amt widmen.

                                                                                                 Landtagspräsidentin Birgit Hesse

    Frau Hesse, Sie wurden am 22. Mai mit           Bündnisses „WIR. Erfolg braucht Vielfalt“    möchte ich den Landtag sichtbarer
    knapper Mehrheit zur Landtagspräsi-             fortführen, werde aber sicher auch eige-     machen, zu den Menschen gehen und
    dentin gewählt. Ist das für Ihre künf-          ne Akzente setzen.                           über das Geschehen im Landtag infor-
    tige Arbeit im Parlament von Belang?                                                         mieren. Damit es nicht heißt: „die da in
                                                                                                 Schwerin sind weit weg und entschei-
    Ich bin im ersten Wahlgang mit der er-          In Ihrer Antrittsrede sagten Sie, dass po-   den über die Köpfe der Menschen hin-
    forderlichen Mehrheit zur Präsidentin           litische Entscheidungsprozesse trans-        weg“. Es ist wichtig, Begegnungsmög-
    des Landtages Mecklenburg-Vorpom-               parent dargelegt werden sollten, um          lichkeiten zwischen dem Parlament und
    mern gewählt worden. Dieses positive            die Werte und die Bedeutung der par-         den Menschen zu schaffen, besonders
    Ergebnis steht für mich im Vordergrund.         lamentarischen Demokratie verständ-          im ländlich geprägten Raum.
    Über die Wahl freue ich mich sehr und           lich zu machen. Was stellen Sie sich da
    gehe seither meine neuen Aufgaben               genau vor?
    an. Ich werde alles daransetzen, mir                                                         Unmittelbar nach Ihrer Wahl haben
    auch das Vertrauen derjenigen Abge-             Ein wesentlicher Schlüssel liegt aus         Sie die Sitzungen des Landtages im
    ordneten zu erarbeiten, die bei der Wahl        meiner Sicht in der parlamentarischen        Wechsel mit den beiden Vizepräsi-
    nicht für mich gestimmt haben.                  Bildung. Hier möchte ich eine größere        dentinnen geleitet. Wie reagiert die
                                                    Breitenwirkung erreichen. Noch mehr          Präsidentin Birgit Hesse, sollten wäh-
                                                    Menschen aller Altersgruppen, vor allem      rend einer Parlamentsdebatte die Wo-
    Ihre verstorbene Vorgängerin hat das            aber Jugendliche und junge Erwachse-         gen mal höher schlagen?
    Amt in besonderer Weise geprägt und             ne, sollen bei Besuchen im Parlament
    große Spuren hinterlassen. Wie gehen            unmittelbar erleben, wie politische Ent-     Lebhafte Debatten sind das Salz in der
    Sie damit um?                                   scheidungen zustande kommen. Auch            Suppe des Parlamentsgeschehens.
                                                    sind wir gut beraten, denjenigen, die        Eigene Positionen deutlich zu formu-
    Ich habe großen Respekt vor der Le-             mit uns ins Gespräch kommen möchten,         lieren, sich von anderen Auffassungen
    bensleistung Sylvia Bretschneiders als          zuzuhören und Anregungen ggf. aufzu-         abzugrenzen und auch mal etwas lau-
    Landtagspräsidentin. Sie war, ich bin           greifen. Das gilt für Kontakte während       ter zu sein – all das darf sein und gehört
    darauf in meiner ersten Rede unmittel-          des Projektes „Jugend fragt nach“, beim      zum demokratischen Meinungsstreit.
    bar nach meiner Wahl eingegangen,               Altenparlament oder wie vor wenigen          Eine Grenze ist erreicht, wenn die Ab-
    über 16 Jahre das Gesicht unseres Parla-        Tagen beim Tag der offenen Tür des Land-     geordneten aufgrund von Unruhe im
    mentes. Ihr Werben und zuweilen auch            tages. Die Menschen interessieren sich       Saal einander nicht mehr folgen können
    Streiten für die Werte der parlamenta-          für politische Entscheidungen. Ich bin       oder im Eifer der Debatte gar Begriffe
    rischen Demokratie werden mit ihrem             deshalb zutiefst davon überzeugt, dass       fallen, die nicht in ein Parlament gehö-
    Namen verbunden bleiben. Ich möchte             der Landtag immer auch Spiegelbild           ren. In solchen Fällen muss und werde
    verschiedene von Sylvia Bretschneider           der Gesellschaft sein sollte. Das bezieht    ich entlang unserer Geschäftsordnung
    angestoßene Projekte wie die Unter-             sich auf die Zusammensetzung des Par-        ohne Ansehen der Person oder Frakti-
    stützung der Welterbe-Bewerbung des             lamentes wie auf das, was im Landtag         onszugehörigkeit überparteilich dafür
    Schweriner Residenzensembles und das            inhaltlich geschieht und diskutiert wird     sorgen, dass die Würde des Hauses ge-
    Engagement des Landtages innerhalb              – nicht nur unter Politikerinnen und Poli-   wahrt bleibt. Da ich dem Sport sehr ver-
    des landesweiten und überparteilichen           tikern. Auch außerhalb des Plenarsaales      bunden bin, sage ich aus Überzeugung:

    LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 5/2019
LANDTAGS NACHRICHTEN - Landtag MV
A u s       d e m       P l e n u m          /    W a h l        d e r      L a n d t a g s p r ä s i d e n t i n                                            7

Hart darf es durchaus mal zugehen,                   Landtagspräsidentin Birgit Hesse ...
aber fair muss es bleiben. Während der
ersten von mir geleiteten Debatten ver-
lief jedoch alles vergleichsweise ruhig.     ... wurde 1975 in Elmshorn geboren.         Landkreises Nordwestmecklenburg
                                             Nach dem Studium der Rechtswis-             und der Hansestadt Wismar im Zuge
                                             senschaften an den Universitäten in         der Kreisgebietsreform erforderliche
Gibt es etwas, das Sie sich von den Ab-      Kiel und Amsterdam legte sie 1999           Neuwahl im Jahr 2011 bestätigte sie
geordneten sowie den Menschen im             die Erste und nach dem Referendari-         mit 76,0 % der Stimmen im Amt. Am
Land wünschen?                               at am Oberlandesgericht Celle 2001          14. Januar 2014 wurde Birgit Hesse
                                             die Zweite juristische Staatsprüfung        Ministerin für Arbeit, Gleichstellung
Weder die Abgeordneten noch die              ab. 2002 trat sie in den Dienst der         und Soziales im Kabinett von Minis-
Bürgerinnen und Bürger brauchen Rat-         Landespolizei M-V ein. Daneben stu-         terpräsident Erwin Sellering. Nach der
schläge von mir. Mir liegt daran, mit den    dierte Birgit Hesse von 2002 bis 2004       Landtagswahl 2016 trat sie erneut in
einen wie den anderen vor allem immer        an der Polizei-Führungsakademie in          die Regierung ein - als Ministerin für
wieder gute Gespräche zu führen. Als         Münster und war von 2003 bis 2004           Bildung, Wissenschaft und Kultur. Dem
Landtagspräsidentin möchte ich für die       Leiterin des Polizeireviers Wismar. Im      Landtag M-V gehört Birgit Hesse seit
Menschen in unserem Bundesland An-           Anschluss war sie bis 2005 als Referen-     dem 4. Oktober 2016 an. Bei der Land-
sprechpartnerin sein und das Vertrauen       tin in einer Landesbehörde tätig. 2005      tagswahl im Monat zuvor errang sie
in die parlamentarische Demokratie, in       wurde sie Beigeordnete des Land-            das Direktmandat im Wahlkreis 27 –
den Landtag und die Arbeit der Abge-         kreises Nordwestmecklenburg. 2007           Nordwestmecklenburg I. Am 22. Mai
ordneten stärken. Sehr gefreut habe ich      trat Birgit Hesse in die SPD ein. Bei der   2019 wählte das Parlament sie zur
mich deshalb über die bei den jüngsten       Landratswahl des Landkreises Nord-          Nachfolgerin der verstorbenen Land-
Wahlen gestiegene Wahlbeteiligung.           westmecklenburg 2008 setzte sie sich        tagspräsidentin Sylvia Bretschneider.
Hier würde ich mir wünschen, dass dies       mit 65,0 % Prozent der Stimmen durch.       Birgit Hesse ist verheiratet und hat ein
so bleibt oder gern auch noch weiter         Die nach dem Zusammenschluss des            Kind.
ansteigt.

Neue Minister:

                                                                                                                                         Foto: Landtag M-V
Bettina Martin und
Reinhard Meyer vereidigt
Landtagspräsidentin Birgit Hesse
hat am 22. Mai zwei neue Minister vereidigt

    Die bisherige Staatssekretärin für      Bettina Martin                               Reinhard Meyer
Bundesangelegenheiten und Bevoll-           2017-2019: Staatssekretärin                  2018- 2019: Chef der Staatskanzlei
mächtigte des Landes M-V beim Bund,         für Bundesangelegenheiten und                Mecklenburg-Vorpommern
Bettina Martin, ist jetzt Ministerin für    Bevollmächtigte des Landes Mecklen-          2012-2017: Minister für Wirtschaft,
Bildung, Wissenschaft und Kultur. Sie       burg-Vorpommern beim Bund                    Arbeit, Verkehr und Technologie des
folgt Birgit Hesse, die neue Landtags-      2013-2017: Leiterin des Leitungsstabs        Landes Schleswig-Holstein
präsidentin ist. Der bisherige Staats-      und Leiterin des Büros der Ministerin        2006-2012: Chef der Staatskanzlei
kanzleichef Reinhard Meyer ist jetzt        im Bundesministerium für Familie,            Mecklenburg-Vorpommern
Finanzminister. Er folgt Mathias Brod-      Senioren, Frauen und Jugend                  2001-2005: Staatssekretär im
korb nach, der sein Amt Ende April ab-      2009-2013: Leiterin des Büros der            Wirtschaftsministerium
gegeben hatte. Ministerpräsidentin          stellvertretenden Parteivorsitzenden         Mecklenburg-Vorpommern
Manuela Schwesig hatte vor der Verei-       Manuela Schwesig beim SPD-Partei-            2001: Leiter der Abteilung Bundes- und
digung durch die Landtagspräsiden-          vorstand                                     Länderangelegenheiten, Norddeutsche
tin Bettina Martin und Reinhard             2006-2009: Referentin für Bildungs- und      Zusammenarbeit sowie Wirtschafts-,
Meyer in der Staatskanzlei als neue Mi-     Jugendpolitik beim SPD-Parteivorstand        Finanz- und Steuerpolitik im Planungs-
nisterin bzw. als neuen Minister er-        2000-2006: Pressereferentin beim             stab der Senatskanzlei der Freien und
nannt.                                      SPD-Parteivorstand                           Hansestadt Hamburg

                                                                                     LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 5/2019
LANDTAGS NACHRICHTEN - Landtag MV
8   A u s          d e m           P l e n u m / A k t u e l l e                               S t u n d e

    Thomas Krüger (SPD)                                 Ministerpräsidentin Manuela Schwesig                       Bert Obereiner (AfD)

    Wie bleibt Wohnen                                                                            einer Prognose des Bundesinstituts für
                                                                                                 Bau-, Stadt- und Raumforschung brau-

    in M-V bezahlbar?                                                                            che M-V in den nächsten zehn Jahren
                                                                                                 30.000 neue Wohnungen. „Es geht da-
                                                                                                 rum, diese so zu bauen, dass sie bezahl-
    Landtag debattiert über Strategien gegen zu hohe Mieten                                      bar bleiben, insbesondere für kleine und
                                                                                                 mittlere Einkommen.“ Ziel der Landesre-
                                                                                                 gierung sei eine gemeinwohlorientierte
                                                                                                 Wohnungspolitik. Die Voraussetzungen
       Bezahlbaren Wohnraum zu finden – das ist ein Problem, vor dem nicht nur                   dafür seien gut, da sich viele Wohnungs-
    Menschen in Metropolen wie Hamburg, Berlin oder München stehen. Auch in                      bestände nach wie vor in kommunaler
    M-V ist Wohnraum knapp und teuer geworden. Besonders betroffen sind davon                    Hand befänden. Um deren Investitions-
    Städte und Urlaubsorte. Die Gefahr zunehmender Mietpreise hat bereits bun-                   kraft zu erhöhen, mache sich das Land
    desweit zu Protesten und Demonstrationen geführt. In Berlin gibt es ein Volks-               beim Bund für eine stärkere Entlastung
    begehren zur Enteignung großer Wohnungskonzerne. Auf Antrag der SPD-                         von Altschulden stark – und gehe dabei
    Fraktion hat der Landtag in der Aktuellen Stunde über die Situation in M-V                   selbst mit gutem Beispiel voran: „Ich bin
    debattiert. Unter der Überschrift "Bezahlbare Miete statt hoher Rendite - Gutes              dem Innenminister ausdrücklich dankbar,
    und bezahlbares Wohnen in Mecklenburg-Vorpommern" diskutierten die Ab-                       dass wir im Rahmen des FAG (Finanzaus-
    geordneten über staatliche Verantwortung, Wohnraumfonds, Wohnbauförde-                       gleichsgesetz) auch ein entsprechendes
    rung und Wiener Verhältnisse.                                                                Altschuldenprogramm vorsehen.“ Ein
                                                                                                 großes Sorgenkind bleibe die soziale
    „Wenn Sie die Nachrichten der letzten           tige Darlehen ausgerichtet werden. „Das      Segregation [Anm. Redaktion: räumliche
    Monate verfolgt haben, werden Sie fest-         zurückfließende Geld kann dann für           Trennung sozialer Gruppen]. Mancher-
    gestellt haben, dass das Thema ,Wohnen‘         neue Darlehen und den Wohnbaufonds           orts lebten ganze Stadtteile größtenteils
    sehr aktuell ist“, sagte SPD-Fraktionschef      vergeben werden.“ Auch die bisherige         von Sozialleistungen. Hier seien Land
    Thomas Krüger. In M-V seien vor allem           Sozialbindung für Wohnungen, deren           und Kommunen gefragt, gute Lösungen
    Hochschulstandorte, größere Städte und          Bau vom Land gefördert wurde, gehöre         für besser durchmischte Verhältnisse zu
    Tourismusregionen von hohen Mieten              auf den Prüfstand. Wenn die Allgemein-       finden. Dazu sollen nun Modellregionen
    und knappem Wohnraum betroffen. Er              heit hier Geld gegeben habe, müsse es        gebildet werden.
    kritisierte, dass zum Teil auch kommu-          möglich sein, Vermieter länger als die
    nale Wohnungsunternehmen auf Rendi-             bisherigen 15 Jahre an günstige Mieten       „Bezahlbare Miete statt hoher Rendite –
    te getrimmt seien. „Hier gilt es, gegenzu-      zu binden. Er warb ferner darum, wieder      das hört sich gut an, ist aber natürlich ein
    steuern und Entwicklungen einzuleiten,          gemeinnützige Wohnungsgesellschaf-           bisschen euphemistisch“, entgegnete
    die in Richtung Allgemeinwohl gehen.“           ten einzuführen. „Was in Wien möglich        Bert Obereiner (AfD). Wohnungsunter-
    An oberster Stelle stehe, den kommu-            ist, das muss auch in M-V möglich sein.“     nehmen müssten sehr wohl gewisse
    nalen Wohnungsbestand auszuweiten.                                                           Renditen erwirtschaften, um laufende
    Damit Grund und Boden der Spekulati-            Nach Ansicht von Ministerpräsidentin         Kosten und Investitionen zu decken.
    on entzogen werden, brachte er einen            Manuela Schwesig dürfe Wohnen als            „Ansonsten können sie nicht funkti-
    gemeinnützigen Wohnraumfonds ins                Teil der Daseinsvorsorge nicht mehr al-      onieren.“ Ursache für die steigenden
    Gespräch, über den Land und Kommu-              lein den Marktgesetzen überlassen wer-       Mietpreise sei die Nullzinspolitik der
    nen in Kooperation Bauland erwerben             den. „Wir brauchen einen Paradigmen-         Europäischen Zentralbank. Wer auf dem
    und in Erbpacht vergeben. „Mit einem            wechsel.“ Sie betonte, dass das Kabinett     normalen Kapitalmarkt keine Rendite
    solchen Fonds kann zielgerichtet, aus-          im Mai die Initiative „Gutes Wohnen in       mehr erwirtschaften könne, weiche auf
    gewogen und demokratisch über neue              Mecklenburg-Vorpommern“ gestartet            Sachwerte aus. „Für Sachwertbesitzer ist
    Wohngebiete entschieden werden.“ Die            habe. Mit drei Schwerpunkten: mehr           das sehr attraktiv. Die Mieter trifft das
    Wohnbauförderung sollte zudem nicht             Wohnungen, mehr staatliche Verant-           sehr hart.“ Erbpachtregelungen, län-
    mehr auf Zuschüsse, sondern zinsgüns-           wortung, weniger soziale Spaltung. Laut      gere Bindungsfristen für Mietpreise und

    LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 5/2019
LANDTAGS NACHRICHTEN - Landtag MV
A u s         d e m          P l e n u m / A k t u e l l e                                 S t u n d e                9

Sebastian Ehlers (CDU)                                   Eva-Maria Kröger (DIE LINKE)              Bernhard Wildt (Freie Wähler/BMV)
                                                                                                                          Fotos: Uwe Sinnecker

mehr Altschulden-Engagement durch            Er erinnerte zudem daran, dass klamme           finanzielle Spielräume, die das Land ih-
den Bund erachte auch er für sinnvoll.       Kommunen oft aus finanziellem Druck             nen ermöglichen kann.“
Weniger geeignet sei dagegen, Wien           heraus Objekte verkauft hätten. Wichtig
als Vorbild anzuführen. „Dort werden         sei ihm auch, nicht nur über Sozialwoh-         Die SPD habe zweifelsfrei ein wichtiges
jedes Jahr 600 Millionen Euro in den         nungen zu reden. „Die hart arbeitende           Thema aufgegriffen, erwecke aber schon
kommunalen Wohnungsbestand in-               Mehrheit“, die nicht von Sozialwoh-             in der Überschrift einen falschen Ein-
vestiert. Bei uns sind es staatlicherseits   nungen profitiere, dürfe ebenfalls nicht        druck, erklärte Fraktionschef der Freien
gerade einmal 20 Millionen.“ Er sprach       aus dem Blick geraten. Die Landesregie-         Wähler/BMV, Bernhard Wildt. „Sie tun so,
sich dafür aus, die Eigentumsbildung in      rung habe gute Vorschläge dazu vorge-           als gäbe es ein Problem, das ausschließ-
Form von Eigenheimen und Eigentums-          legt, die nun noch im Detail diskutiert         lich darin besteht, dass wir auf der einen
wohnungen zu stärken und auf diesem          werden müssten.                                 Seite Mieter haben und auf der anderen
Weg gegebenenfalls auch kommunale                                                            gierige Vermieter, die die Rendite nach
Wohnungen an Mieter zu verkaufen.            Eva-Maria Kröger (DIE LINKE) warf der           oben treiben. Das ist nicht der Fall.“ Die
Wohnungsunternehmen zu enteignen,            SPD vor, jetzt all das einzufordern, was        Probleme müssten viel differenzierter
davon halte er nichts. Wer – wie Berlin      sie zuvor immer wieder abgelehnt                betrachtet werden. Zum Beispiel mit
– jahrelang kommunalen Wohnungsbe-           habe. „Ich will mal so darauf reagieren:        einem Blick auf die Baukosten, die in den
stand privatisiert habe, dürfe jetzt nicht   In einer Beziehung würde Frau jetzt sa-         vergangenen zehn Jahren stärker ge-
die Enteignungskeule schwingen. „Wo          gen: Schatz, ich habe es dir ja gleich ge-      stiegen seien als Einkommen. Wer einen
bleibt da der Investorenschutz?“             sagt. Warum hörst du nicht auf mich?“           Neubau miete, müsse automatisch mehr
                                             Ob soziale Wohnraumförderung, Alten-            Geld vom Einkommen für Miete ausge-
Sebastian Ehlers (CDU) bezweifelte           schuldenlasten oder gemeinnütziges              ben. „Das ist reine Mathematik und lässt
ebenfalls, dass das Wiener Modell für        Wohnungswesen – ihre Fraktion trage             sich auch nicht mit einem Federstrich
M-V gut wäre: Da der Wohnraum ohne           die jetzt gepredigten Einsichten der            verändern.“ Seit die SPD in Bund und
Bedürftigkeitsprüfung auf Angehörige         Sozialdemokraten seit Langem vor sich           Land an der Regierung beteiligt sei, habe
übertragen werden könne, wohnten             her, sei damit aber immer wieder abge-          der Verkauf kommunaler Wohnungsbe-
auch gut situierte Wiener in Sozialwoh-      prallt. „Den Paradigmenwechsel hätten           stände stark zugenommen. „Da finde
nungen. „Am Ende ist die Gleichung           Sie längst haben können.“ Auch wenn             ich es schon erstaunlich, wie rasch Sie
ganz einfach: Wenn es zu wenige Woh-         steigende Materialkosten, höhere Ge-            sich diesen Staub von der Jacke schüt-
nungen gibt, dann müssen neue ge-            hälter, Vorgaben zur Barrierefreiheit und       teln und sagen, jetzt müssen wir endlich
baut werden. Wenn das nicht passiert,        Energieeinsparung zu höheren Baukos-            umsteuern.“ Mehr Wohnungen zu bau-
dann muss man die Anreize dafür er-          ten führten, seien hohe Mieten meis-            en, werde bei hohen Baukosten keinen
höhen.“ Zum Beispiel durch steuerliche       tens „eine Folge von Spekulationen,             preiswerteren Wohnraum schaffen. Er
Förderung. Und weniger Regulierung.          Luxussanierungen und Renditegier“.              warb darum, die steuerfreien Spekula-
Ohne private Investoren werde es aber        Die Mietpreisbremse werde hier kaum             tionsgewinne abzuschaffen und eine
auch künftig nicht gehen. „Nicht alles       etwas ausrichten können. Mietkosten             Grunderwerbssteuer für sogenannte
können wir als Staat leisten.“ Zur Wahr-     seien inzwischen eine soziale Frage.            Share Deals einzuführen. „Sie können kei-
heit gehöre auch, dass die niedrigen         „Wir haben schon Bewerbungsmappen               ner Krankenschwester erklären, warum
Zinsen politisch gewollt seien. Deswe-       für Wohnraum gesehen, die eher den              sie Grunderwerbssteuer zahlen muss,
gen investierten viele Anleger nun in        Anschein erweckten, man würde sich              aber die Fonds teilweise aus dem Aus-
Immobilien. „Jeder, der fleißig ist, Geld    um einen Job bemühen.“ Die unwei-               land eben nicht.“
verdient und spart, will selbstverständ-     gerliche Folge: „Eine soziale Spaltung,
lich auch, dass sein Gespartes am Ende       die sich längst an Postleitzahlen festma-       Den vollständigen Wortlaut der Aktu-
des Tages wächst.“ Wer über Enteig-          chen lässt.“ An dieser Stelle sei die Politik   ellen Stunde können Sie auf der Website
nungen schwadroniere, treffe nicht nur       gefragt. Mit kluger Bildungspolitik, Re-        des Landtags (Parlamentsdokumente/
diejenigen, die viel Geld haben, sondern     kommunalisierungen, sozialen Angebo-            Plenarprotokolle) nachlesen oder auf
auch diejenigen, die sich eine Immobilie     ten und einer guten Stadtentwicklung.           dem YouTube-Kanal: Landtag M-V Plen-
als Altersvorsorge hart erarbeitet hätten.   „Dafür brauchen Kommunen Luft und               ardebatten nachhören.

                                                                                         LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 5/2019
LANDTAGS NACHRICHTEN - Landtag MV
10   A u s          d e m           P l e n u m / B e r i c h t e

     Eine Hotline

                                                                                                                                                    Foto: Jens Büttner
     für barrierefreies
     Reisen
     Bahn strukturiert ihren
     Mobilitätsservice um /
     Landtag fordert bundesweit
     einheitliche Anlaufstelle

        01805/5512512. Unter dieser Ser-
     vicenummer unterstützt die Deutsche
     Bahn hilfebedürftige Menschen seit
                                                     Auch die Bahnhofsmission bietet mobilitätseingeschränkten Bahnreisenden Hilfestellungen an.
     langem dabei, barrierefrei mit dem
     Zug zu reisen. Ein bundesweites Ange-
     bot, das bisher auch Fahrten mit Privat-        keine Lösung sein. „Die Menschen müs-                nicht mit einbezogen worden sei. Das
     bahnen einschloss und im vergange-              sen auf Dauer Gewissheit haben.“ Im                  sei im Sozialausschuss anders beabsich-
     nen Jahr insgesamt 850.000-mal in An-           Zweifel über eine gesetzliche Regelung.              tigt gewesen. „Jetzt kommt der Antrag
     spruch genommen wurde. Seit Februar             „Deswegen bedarf es dieses Antrags.“                 an uns vorbei hier auf die Tagesord-
     verlangt der Bahnkonzern von seinen                                                                  nung.“ Das sei inakzeptabel. „Mehr als 20
     Mitbewerbern, sich an den Kosten für            „In mir finden Sie einen bedingungs-                 Prozent haben die AfD gewählt. Akzep-
     diesen Service zu beteiligen. Einige ha-        losen Unterstützer“, betonte Verkehrs-               tieren Sie das endlich!“ Die Anhörung im
     ben dieser Kooperation zugestimmt,              minister Christian Pegel. Wer in seiner              Ausschuss habe deutlich gemacht, dass
     andere nicht. Für deren Kunden gilt im          Mobilität eingeschränkt sei, dem sei                 die Bahn gesetzlich dazu verpflichtet
     Moment eine Übergangsregelung. Mit              nicht zuzumuten, für eine barrierefreie              sei, Menschen mit Behinderungen eine
     einem interfraktionellen Antrag dräng-          Reise zwei oder drei Rufnummern an-                  barrierefreie Reise zu ermöglichen. „Wir
     ten SPD, CDU, DIE LINKE und Freie               zurufen. Ziel müsse ein Ansprechpart-                tragen den Antrag daher mit.“ Dass die
     Wähler/BMV auf Klarheit, dass dieser            ner bleiben, der die gesamte Reisekette              Politik jedoch erst Druck aufbauen müs-
     Mobilitätsservice weiterhin allen, die          organisiere. Auf sein Wirken hin, habe               se, damit ein Unternehmen gesetzliche
     auf ihn angewiesen sind, zur Verfü-             sich die Verkehrsministerkonferenz in                Vorgaben einhalte, sei bedenklich.
     gung steht – notfalls auch über eine            ihrer April-Sitzung bereits mit dem The-
     gesetzliche Regelung.                           ma befasst. Er zeigte sich zuversichtlich,           Sie könne verstehen, dass die Bahn an-
                                                     dass der politische Druck seine Wirkung              gesichts gestiegener Hilfeleistungen
     Es freue ihn, dass interfraktionell eine        nicht verfehlen und zu einer einver-                 ihre Mitbewerber bittet, sich an den
     Angelegenheit beraten werde, die viele          nehmlichen Lösung unter den Bahnun-                  Kosten für den Mobilitätsservice zu be-
     Menschen nicht nur in M-V, sondern in           ternehmen führen werde. „Sofern sich                 teiligen, sagte Maika Friemann-Jennert
     der gesamten Bundesrepublik beschäf-            kein Ergebnis einstellen sollte, werden              (CDU). Dass einige Privatbahnen dies
     tigen würde, sagte Jochen Schulte               wir gern auf eine Bundesratsinitiative               ablehnen und sich damit einem ein-
     (SPD). „Nicht nur Menschen mit Behin-           hinarbeiten.“                                        heitlichen Service verweigern, sei nicht
     derungen, sondern insgesamt alle Teile                                                               nachvollziehbar. Diese Dienstleistungen
     der Bevölkerung, die auf einen barriere-        Thomas de Jesus Fernandes (AfD) be-                  stattdessen in Eigenregie anzubieten,
     freien Zugang zum Bahnverkehr ange-             klagte, dass seine Fraktion in den Antrag            helfe Reisenden nicht weiter: Oft sei gar
     wiesen sind.“ Den Kampf um höhere Ge-
     winne oder niedrigere Kosten auf dem                       Mobilitätsservice
     Rücken von Schwächeren auszutragen,
     sei ein Unding. „Es kann nicht sein, dass       Die Mobilitätsservice-Zentrale (MSZ)                 Servicestelle kümmert sich, dass ih-
     Bahnunternehmen, die zu einem groß-             der Deutschen Bahn AG wurde 2001                     nen beim Ein-, Aus- oder Umsteigen
     en Teil auch immer wieder öffentliche           ins Leben gerufen. Über diesen Ser-                  geholfen wird. Im vergangenen Jahr
     Gelder in Anspruch nehmen, am Ende              vice können Menschen, die beispiels-                 nahmen 815.000 Reisenden mit Mo-
                                                     weise auf einen Rollstuhl angewiesen,                bilitätseinschränkungen diese in An-
     des Tages bei Menschen sparen, die auf
                                                     blind oder sehbehindert sind, Hilfe für              spruch. Zum Vergleich: 2015 waren es
     diese Unterstützungsleistung angewie-
                                                     ihre Bahnreise anfordern – unabhän-                  laut Bahn 564.000 Hilfeleistungen. Wei-
     sen sind.“ In dieser Frage herrsche nach
                                                     gig davon, ob sie mit einem Zug der                  tere Informationen zum Mobilitätsser-
     einer Anhörung verschiedener Verkehr-
                                                     Deutschen Bahn oder eines privaten                   vice gibt es unter: www.bahn.de Stich-
     sunternehmen fraktionsübergreifend Ei-
                                                     Unternehmens fahren. Die zentrale                    wort: Barrierefreies Reisen.
     nigkeit. Übergangsregelungen könnten

     LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 5/2019
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nicht erkennbar, welches Unternehmen
auf welchem Streckenabschnitt um
Hilfe gebeten werden müsse. „Dieses
Dilemma muss aufgelöst werden.“ Die
Bahn hoffe auf eine Einigung bis Jah-
                                              70 Jahre Grundgesetz
resende, habe ihr aber auch signalisiert,
dass bislang wenig Bewegung in die Sa-
che gekommen sei.                                 Landtagspräsidentin Birgit Hesse         zu schützenden Güter. Birgit Hesse: „Die
                                              würdigte zu Beginn der 65. Landtags-         Mütter und Väter des Grundgesetzes
„Dass der Streit ausgerechnet die Men-        sitzung am 23. Mai das Grundgesetz           haben klug und weitsichtig agiert, klare
schen trifft, die zwingend auf Unterstüt-     der Bundesrepublik Deutschland. 70           Formulierungen geschaffen und gleich-
zung angewiesen sind, ist ein Skandal“,       Jahre zuvor – am 23. Mai 1949 - trat die     zeitig Mechanismen gefunden, die Wer-
befand Torsten Koplin (DIE LINKE). „Die-      Verfassung in Kraft. Seit fast 30 Jahren     te und die Ordnung der Verfassung zu
ser Service ist vielleicht vielfach Voraus-   gilt sie für das vereinte Deutschland.       schützen.“
setzung, dass sie die Reise überhaupt         Das Grundgesetz bildet den Kern der
antreten können." In Sachen barrierefreie     staatlichen Grundordnung und defi-           Die Landtagspräsidentin hob zudem
Mobilitätsstrukturen stehe das Land           niert die Grundrechte eines jeden            Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundge-
noch ziemlich am Anfang. Dabei sei das        Menschen.                                    setzes hervor. Dort ist die sogenannte
in Anhörungen und in der Enquete-                                                          „Rechtsweggarantie“ geregelt. „Diese
Kommission „Älter werden in M-V" im-          Birgit Hesse betonte, dass das Grund-        Vorschrift ist von grundlegender Be-
mer wieder Thema gewesen. Und es              gesetz das Gemeinwesen in der Bun-           deutung für das Rechtsstaatsprinzip, da
gehe keineswegs nur um Menschen mit           desrepublik Deutschland ordne, den           hierdurch gewährleistet wird, dass der
Behinderungen. Auch ältere Personen           Menschen umfassende Rechte verleihe          gerichtliche Rechtsschutz bei der Ver-
und Familien mit kleinen Kindern seien        und der Ausübung der staatlichen             letzung von subjektiven Rechten des
betroffen. Er begrüßte, dass die Deutsche     Macht stabile Grenzen setze. Dennoch         Einzelnen durch die öffentliche Gewalt
Bahn den kurzzeitig bereits eingestellten     seien die Grundrechte Grenzen und            garantiert wird.“ Als Beispiele nannte Bir-
Mobilitätsservice für Privatbahnen wie-       Schranken unterworfen, die man ken-          git Hesse Bescheide von Behörden im
der aufgenommen habe. Eine 90-pro-            nen müsse. „So hat jeder das Recht, sei-     Bereich des Allgemeinen Verwaltungs-
zentige Abdeckung könne aber nie-             ne Meinung frei zu äußern“ zitierte die      rechts, gegen die sich die Bürgerinnen
manden zufriedenstellen. „Das zeigt, wie      Landtagspräsidentin sinngemäß den            und Bürger zur Wehr setzen können,
dringend notwendig unser Handeln ist.“        Artikel 5 des Grundgesetzes (GG). „Aber      wenn sie der Auffassung sind, dass sie
                                              dieses Recht der freien Meinungsäuße-        hierdurch in ihren Rechten verletzt sind.
Ein einheitlicher Ansprechpartner kom-        rung hat auch seine Grenzen“, sagte Bir-
me nicht nur hilfebedürftigen Men-            git Hesse weiter. „Nicht alles ist von Ar-   Jetzt – 70 Jahre nach dem Inkrafttreten
schen zugute, sondern auch der Bahn,          tikel 5 GG geschützt. Meinungsfreiheit       – stünde das Grundgesetz jedoch vor
die ihre Unterstützung so viel besser         heißt nämlich nicht, das Recht zu haben,     neuen Herausforderungen. „Reichen
planen könne, argumentierte Christel          andere zu beleidigen, zu verleumden          die Instrumente des Grundgesetzes
Weißig (Freie Wähler/BMV). „Die ein-          oder zu diffamieren. Das stellt nämlich      aus, um Antworten auch auf Fragen zu
heitliche Servicehotline sollte aber nicht    die Verletzung der Würde anderer dar.“       finden, die sich im Zusammenhang mit
das Ende vom Lied sein.“ Sie regte an, im                                                  der Digitalisierung stellen? Facebook,
Zuge der Digitalisierung einen Schritt        Birgit Hesse verwies auf die besondere       Instagram oder Twitter sind immer häu-
weiterzugehen und Bahnunternehmen             Bedeutung zweier Artikel. Artikel 1 Ab-      figer die Plattformen des öffentlichen
über eine gemeinsame Schnittstelle zu         satz 1 GG: „Die Würde des Menschen           und privaten Lebens.“ Algorithmenge-
vernetzen. So könnten Reisende bereits        ist unantastbar. Sie zu achten und zu        steuerte Social Bots nähmen Einfluss
beim Ticketkauf ihren Hilfsbedarf an-         schützen ist Verpflichtung aller staatli-    auf den politischen Diskurs. Hier sei das
geben und diese Informationen auto-           chen Gewalt.“ Und Artikel 20, der – so       Bundesverfassungsgericht gefordert,
matisch an das jeweilige Zugpersonal          Hesse – „die Strukturprinzipien als de-      passende Antworten zu finden.
weitergeleitet werden.                        mokratischer und sozialer Bundesstaat,
                                              die Trennung von Legislative, Exekuti-       Abschließend wies Birgit Hesse auf das
Für den Fall, dass sich die Bahnanbieter      ve und Judikative sowie die Bindung          25-jährige Jubiläum der Landesverfas-
nicht darauf einigen können, den Mobi-        des Staates an Recht und Gesetz be-          sung von M-V hin, das im November
litätsservice weiterhin flächendeckend        schreibt.“                                   gewürdigt werden soll. „Heute vor 26
aus einer Hand anzubieten, sprach sich                                                     Jahren trat die Landesverfassung Meck-
der Landtag einstimmig für eine ent-          Zudem verwies sie auf das Gleichheits-       lenburg-Vorpommerns vorläufig und
sprechende Bundesratsinitiative aus.          recht des Artikel 3 GG, wonach Männer        nach einem Volksentscheid am 15. No-
                                              und Frauen gleichberechtigt sind. Die        vember 1994 endgültig in Kraft. Als Lan-
Antrag SPD, CDU, DIE LINKE,                   Würde des Menschen und die Gleich-           desparlament scheint es mir geboten,
Freie Wähler/BMV                              heit aller Menschen seien die höchsten       auch darauf hinzuweisen.“
Drucksache 7/3609

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     Impfpflicht

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     gegen Masern?
     Gesetzentwurf des Bundes
     beschäftigt Landtag / Mehrheit
     der Abgeordneten spricht sich
     dafür aus

         Impfungen gegen Masern sollen
     für Kinder zur Pflicht werden. Der Ge-
     setzentwurf von Bundesgesundheits-
     minister Jens Spahn hat bundesweit
     die Diskussionen um einen Impf-
     zwang neu entfacht – und auf Initiati-
     ve der CDU-Fraktion auch im Landtag             Alle Impfungen werden im sogenannten Impfausweis dokumentiert.
     zu einer Aussprache geführt. Die
     Mehrheit der Redner sprach sich darin           denken, wonach eine Impfpflicht nicht             wenn damit kein Kollektivschutz auf-
     für eine Impfpflicht aus.                       mit dem Grundgesetz vereinbar sei, teilte         gebaut werde. M-V stehe diesbezüglich
                                                     Ehlers nicht. Das Infektionsschutzgesetz          gut da. „Wir hatten in den letzten 19 Jah-
     Mit einer Impfquote von 95 Prozent ste-         ermögliche ausdrücklich Ausnahmen.                ren nur 49 Erkrankungsfälle.“ Deutsch-
     he M-V unter Schulanfängern zwar mit                                                              landweit seien es in diesem Jahr aller-
     Brandenburg bundesweit an der Spitze.           „Impfen rettet Leben“, bekräftigte auch           dings bereits 300. Auch das spreche für
     „Wir leben aber nicht in abgeschotteten         Gesundheitsminister Harry Glawe. Er               eine bundesweite Impfpflicht. Bis dahin
     Räumen“, verteidigte Sebastian Ehlers           appellierte an die Vernunft der Eltern,           sollte das Land eigene Maßnahmen er-
     (CDU) die Pläne des Bundes. Gerade für          Masern nicht zu verharmlosen, sondern             greifen – beispielsweise im Kindertages-
     ein Tourismusland wie M-V sei ein bun-          sich möglicher Komplikationen wie                 förderungsgesetz eine Impfpflicht für
     desweiter Impfschutz von großer Bedeu-          Gehirnhautentzündungen bewusst zu                 Kita-Kinder verankern, so Glawe.
     tung. „Deswegen ist es gut, dass wir die        sein. „Dieses Schicksal ist in der Regel
     Diskussion jetzt wieder führen.“ Er be-         nicht heilbar.“ Das sollte jeder Impfgeg-         „Die jetzigen Masernargumentationen
     grüßte, dass einige Träger ihre Kita-Plätze     ner wissen. Die Erfindung des Impfstoffs          sind völlig aus der Luft gegriffen“, ent-
     schon jetzt nur an geimpfte Kinder ver-         im Jahre 1970 habe die Krankheit zwar             gegnete Dr. Gunter Jess (AfD). „Die In-
     geben. „Ich würde mir wünschen, dass            weltweit zurückgedrängt. Nichtsdesto-             zidenz von Masern in M-V ist dermaßen
     das generell die Voraussetzung für einen        trotz müsse aber immer wieder darü-               gering, dass eine Impfpflicht in diesem
     Kita-Platz wäre, damit wir am Ende alle         ber informiert werden, wie wichtig Ma-            Bereich völlig obsolet ist.“ Seine Fraktion
     Kinder schützen und auch die letzten            sernimpfungen für die Prävention seien.           setze auf die Vernunft und Eigenverant-
     Impfmuffel aus der Ecke herausholen.“           Die Impfkampagne des Landes leiste                wortung der Bürger. „Wichtiger als ein
     Jens Spahn habe „gute und vernünftige           hierbei gute Arbeit. Einen verträglichen          genereller Impfzwang sind eine um-
     Ansatzpunkte“ auf den Tisch gelegt. Be-         Impfstoff zu haben, nütze nur wenig,              fassende Information der Bevölkerung
                                                                                                       über eine gesunde Lebensführung,
               Masern                                                                                  Hygienestrategien und den Nutzen und
                                                                                                       die eher geringen Risiken der Impfung.“
     Masern sind eine hochansteckende, fie-          Die Masernimpfung wurde in den                    Dazu sollte sich der Staat auch um ei-
     berhafte Virus-Erkrankung, die zu lang-         1970er-Jahren eingeführt (DDR: 1970,              nen leichten Zugang zu Impfungen an
     wierigen Verläufen und in seltenen Fäl-         BRD: 1973). Seit 2001 sind Masern eine            Schulen und Arbeitsplätzen kümmern
     len auch zu schweren Komplikationen             meldepflichtige Krankheit. Um die Ver-
     wie Hirnhautentzündungen führen                 breitung von Masern zu verhindern,
     kann. Dem Robert Koch-Institut wur-             müssten laut Bundeszentrale für ge-
     den für 2018 insgesamt 543 Maserner-            sundheitliche Aufklärung langfristig
     krankungen übermittelt, im laufenden            95 Prozent der Bevölkerung dagegen
     Jahr sind es bereits mehr als 300 Fälle.        geimpft sein. Es gibt aber auch Men-
     Mehr als die Hälfte der Masernfälle in          schen, die nicht geimpft werden kön-
     Deutschland betreffen nach Angaben              nen. Säuglinge zum Beispiel, und Men-
     des Bundesgesundheitsministeriums               schen mit chronischen Krankheiten
     Jugendliche über 10 Jahre und Erwach-           oder einem geschwächten Immun-
     sene.                                           system.

     LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 5/2019
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und seine Stellen im öffentlichen Ge-         Torsten Koplin (DIE LINKE) sprach sich     die Menschen von einer Impfquote nur
sundheitsdienst ausreichend besetzen.         ebenfalls für eine bundesweite Impf-       träumen können und bringen als Un-
Das deutsche Infektionsschutzgesetz           pflicht aus. Die Regelungen jedem Bun-     geimpfte die von vielen unterschätzte
bilde auch ohne Impfpflicht eine gute         desland selbst zu überlassen und damit     Krankheit mit nach Hause.“ Sie erinnerte
Grundlage der Gesundheitsvorsorge.            Insellösungen zu schaffen, würde nicht     daran, dass Masern bereits vor Auftreten
                                              zu einem umfassenden Herdenschutz          des Ausschlags hoch ansteckend seien.
Mit Information und Freiwilligkeit kom-       führen. Sich impfen zu lassen, sei eine    „Eine ursächliche Therapie gibt es nicht.
me man nicht weiter, erwiderte Jörg           Frage sozialer Verantwortung. „Bei Ma-     Antibiotika sind bei Viruserkrankungen
Heydorn (SPD). „Das haben wir ja über         sern ist jede 10. Erkrankung statistisch   wirkungslos.“ In Nord- und Südamerika
Jahre versucht.“ Ohne den gewünsch-           gesehen mit Kurz- oder Langzeitwir-        seien Masern durch Impfungen bereits
ten Erfolg. Die Zahl der Masernerkran-        kungen verbunden.“ Jeder Einzelne          ausgerottet worden. „Ich appelliere
kungen nehme zu. Dem müsse entge-             trage mit einer Impfung zu seinem          hiermit noch mal eindringlich: Impfen,
gengetreten werden. Das erfordere             eigenen Schutz und dem Schutz der          und nicht schimpfen.“
einen Abwägungsprozess – an dessen            Gesellschaft bei. „Eine Impfpflicht kann
Ende der Gesundheitsschutz Vorrang            aber immer nur Ultima Ratio sein.“ Ober-              Gesetzentwurf
vor den persönlichen Rechten Einzelner        ste Priorität sollte Aufklärung haben.
haben müsse. Folgerichtig tue sich mit        Dazu gehöre auch, die Impfkampagne         Der Gesetzentwurf des Bundesge-
dem Gesetzentwurf von Gesundheits-            des Landes fortzuführen und gegebe-        sundheitsministers sieht vor, dass alle
minister Jens Spahn nun auf Bundese-          nenfalls weiter zu entwickeln. Er appel-   Kinder beim Eintritt in den Kinder-
bene etwas. Warum die CDU-Fraktion            lierte aber auch daran, sich nicht nur     garten oder in die Schule gegen Ma-
das zum Thema im Landtag gemacht              auf Masern zu fokussieren, sondern den     sern geimpft sein müssen. Eltern, die
habe, erschließe sich ihm nicht. „Was ist     dringenden Impfempfehlungen des Ro-        sich dem verweigerten, müssten mit
                                                                                         einem Ausschluss aus der Kita und
das Ziel dieser Aussprache?“ Zur Einfüh-      bert-Koch-Instituts insgesamt zu folgen.
                                                                                         einer Geldstrafe von bis zu 2.500 Euro
rung einer Impfpflicht herrsche unter         „Wir reden da also über mehr.“
                                                                                         rechnen. Von der Impfpflicht betroffen
den Koalitionspartnern in Berlin doch
                                                                                         wären aber auch Erzieher, Lehrer und
Einigkeit. „Das kann dann am Ende wirk-       „Wir kommen nicht umhin, uns für ei-
                                                                                         medizinisches Personal. Das Gesetz
lich nur bedeuten: Schön, dass wir hier       nen Impfzwang auszusprechen“, erklär-
                                                                                         soll noch in diesem Jahr im Bundestag
mal drüber gesprochen haben.“                 te Christel Weißig (Freie Wähler/BMV).
                                                                                         beschlossen werden.
                                              „Wir reisen heute in Länder, in denen

Debatte zu Strategiefonds                                                                der Haushaltsklarheit“ und hebele die
                                                                                         Finanzkontrolle der Opposition aus. Im

der Landesregierung                                                                      vergangenen Jahr sei das Geld für die
                                                                                         angeblich so dringenden Projekte zu-
                                                                                         dem nur spärlich abgeflossen.
Opposition kämpft vor Gericht und mit Gesetzentwurf
um Aufhebung des Sondervermögens                                                         Mit Blick auf die eingereichte Klage las-
                                                                                         se sich der Gesetzentwurf nur schwer
                                                                                         nachvollziehen, sagte Finanzminister
                                                                                         Reinhard Meyer. „Wir sollten erst einmal
    Schattenhaushalt, Wahlkreissicherungsfonds, Gutsherrenpolitik – die Oppo-            das Gerichtsurteil abwarten, bevor ein
sition hat ihre Kritik am Strategiefonds bekräftigt. Mit einem Gesetzentwurf             Parlamentsbeschluss gefasst wird.“ Er
drängten die Freien Wähler/BMV darauf, die von den Koalitionsfraktionen ins              kündigte an, die Landesregierung wer-
Leben gerufene Errichtung des Sondervermögens wieder außer Kraft zu set-                 de das Urteil akzeptieren, „egal in wel-
zen. DIE LINKE klagt bereits vor dem Landesverfassungsgericht gegen den Stra-            che Richtung es geht“. Aus seiner Sicht
tegiefonds. Die Opposition kritisiert den Fonds seit Anbeginn. Sie wirft der Ko-         sei der Strategiefonds ein höchst demo-
alition vor, zu wenig Mitsprache bei der Vergabe der Gelder zu haben und sieht           kratisches Instrument, das die Budget-
den Grundsatz der Haushaltsklarheit verletzt.                                            hoheit des Landes in keinem Fall ver-
                                                                                         letze. „Für mich ist der Finanzausschuss
Seine Fraktion habe viele Vorschlä-           in ihren Wahlkreisen Geld verteilen,       natürlich ein Organ des Landtags. Hier
ge gemacht, wie der Fonds gerechter           seien nicht akzeptabel. Die Verteilung     werden die Mittel transparent verge-
und transparenter gestaltet werden            öffentlicher Gelder dürfe nicht nach       ben.“ Und das keineswegs nur an die
könnte und immer wieder gehofft, SPD          dem Motto „Man muss jönne könne“           immer wieder angeführten Kleinpro-
und CDU würden sich dem nicht ver-            erfolgen, sondern nach klaren Richtli-     jekte. „Denken Sie zum Beispiel an den
schließen. „Das ist leider nicht der Fall“,   nien. Die Vielzahl an Einzeltöpfen und     Kofinanzierungsfonds zur Unterstüt-
begründete Bernhard Wildt, Frakti-            Sonderprojekten richte ein unüber-         zung der kommunalen Ebene.“ Oder
onschef Freie Wähler/BMV, den Antrag.         sichtliches Durcheinander an. „Das ent-    an das Sonderprogramm Schulbau. „Da
Abgeordnete, die „freudestrahlend"            spricht definitiv nicht den Grundsätzen    höre ich dann auch nie, dass das nicht

                                                                                     LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 5/2019
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