Nachbarschaft - barmherzige.info
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2 misericordia 6/11 Thema: Nachbarschaft Liebe Leserinnen, liebe Leser, Nachbarschaft auf dem Dorf 4 Nachbarschaft ist etwas Wunder- bares, vorausgesetzt, man verträgt Nachbarschaft in der Stadt 5 sich. Man hilft sich gegenseitig, ist füreinander da, teilt im besten Fall Wohnen in Algasing 7 Freud und Leid. Nachbarschaft Kollegialität auf engem Raum 8 kann aber auch nerven, besonders dann, wenn man zu eng aufeinan- Algasinger Nachbar Karl Engelmann 9 der sitzt. Es ist wie bei anderen Beziehungen unter Menschen ei- Barmherzige Brüder in Bayern ne Frage von Nähe und Distanz: Rückt mir der Nachbar zu eng auf 10. Juni: Gedenktag Eustachius Kugler 11 die Pelle, sei es mit Grillfeuer, Rasenmäher oder noch so gut gemeinter Anteilnahme, gehe ich ganz schnell auf Abstand. Regensburg: Babygalerie in St. Hedwig 13 Die Einrichtungen der Barmherzigen Brüder haben eher das Regensburg und Algasing: Klosternacht 13 gegenteilige Problem. Jede Einrichtung bildet eine Gemein- Algasing: Wellnesstag und Erste-Hilfe-Kurs 14 schaft für sich, und da ist die Verlockung groß, sich selbst zu genügen. Zusammenarbeit und Zusammenstehen ist hier Neuer Verwaltungsdirektor im Provinzialat 15 das Schlagwort. Was für den Nachbarn um die Ecke gilt, ist auch für Großeinrichtungen machbar. Man kann sich etwas Nachbarskinder brauchen Plätze, ausleihen, miteinander teilen, voneinander lernen, etwas zu- auf denen sie sich treffen und spie- len können - oder einfach nur mal sammen benutzen, geben und nehmen. Wenn sich Nachbarn rumhängen ... in einem großen Mietshaus nicht mehr kennen, so hat das mit der Mentalität zu tun: Ich genüge mir selbst. Wir begehen das Jahr der Familie des heiligen Johannes von Gott. Hier schwingen viele Nachbarschaftsgedanken mit. Es geht um Patenschaften mit Vereinen, um Freundeskreise, Eh- renamtliche und Ehemalige. Johannes von Gott hat Menschen Serie Ordenspersönlichkeiten: um sich gesammelt, die ihn in seinem Werk unterstützt haben. Frater Eberhard Hack 22 Sie packten zu oder halfen ideell und materiell. Das gilt heute Malseneck: Sommerfest 31 noch gleichermaßen. Wir veranstalten Tage der offenen Tür, Adventsmärkte, Ostermärkte, Sommerfeste und Info-Treffs. Barmherzige Brüder weltweit Das macht Sinn, weil wir so unseren Nachbarn und Freunden von unserer Arbeit erzählen. Das bringt etwas und bewirkt Erneuerungskurs für europäische Brüder 16 etwas. Europäische Regionalkonferenz in Dublin 17 Ihr Heimbewohner-Charta der Westeuropa-Provinz 19 „Das neue Gesicht des Ordens“ synchronisiert 21 Frater Eduard Bauer Kirche und Gesellschaft Bischof Joachim Wanke in Straubing 23 Das „Abendlied“ von Matthias Claudius 24 Bischof Karl-Heinz Wiesemann zu Pfingsten 26 Studie zur Zukunft der Krankenhäuser 29 Der gute Tipp der Algasinger Umweltgruppe 29 Raten und Gewinnen 30 Serie Innovative Abteilungen Herzkatheterlabor in Schwandorf 32
Leitbild und Werte · misericordia 6/11 3 Respekt – ist mehr als nur „o.k.“ „Wow, - RESPEKT!!“ Diese Worte der einer Person kann ich kulturelle Einstel- fragen, wer Respekt vor meinen Bedürf- Annerkennung hört man vermutlich viel lung, Religionszugehörigkeit, Herkunft, nissen oder vor meinem engen Termin- zu selten. Zugegeben, auch mir kommen Stimmung, momentane Anliegen und kalender hat, sondern einfach bei seinem sie nicht allzu oft über die Lippen, zum teilweise auch Einstellungen innerhalb Gegenüber damit beginnen. Glück gibt es noch viele andere Mög- kürzester Zeit erkennen. Durch diese lichkeiten, um Menschen Respekt zu bewusste Wahrnehmung kann ich mich Der Leitwert „Respekt“ der Barmher- erweisen. auf mein Gegenüber einstellen und es zigen Brüder kann nicht nur in der Pfle- achten. Es erfordert viel Selbstkontrol- ge und Betreuung von Menschen ver- Auch die Barmherzigen Brüder und die le nicht zu versuchen, den anderen an wirklicht werden. Auch hinter E-Mails, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des meine Ansichten und Pläne anzupassen, Aufträgen und Telefonnotizen stehen Ordens werden zu einer respektvollen ihn nicht „bekehren“ oder überzeugen Menschen, denen ich meinen Respekt Haltung aufgerufen: Im Februar letzten zu wollen, dass etwas anderes für ihn zeigen sollte. Indem ich mich um eine Jahres wurden vier Werte für den Orden richtig wäre. schnelle Rückmeldung und Erledigung weltweit festgelegt, durch die die Hos- der Anliegen bemühe, vermittle ich auch pitalität des heiligen Johannes von Gott Unser Respekt bezieht sich häufig auf ei- den Kollegen meinen Respekt für ihre erfahrbar wird. Respekt ist neben Spi- ne bestimmte Leistung eines Menschen, Person, ihre Aufgaben und ihre gute ritualität, Verantwortung und Qualität doch im Sinne christlicher Nächstenlie- Arbeit. einer dieser Werte. Generalprior Frater be ist Respekt eine Grundhaltung, die Donatus Forkan erklärt in einem Schrei- weder eine Leistung noch eine Gegen- Im Alltag umsetzen ben: „Durch Respekt vor dem jeweiligen leistung voraussetzt. Das Gegenüber erhält unsere Dienstleistung heißt, sich nicht zu Zugegeben, unter all den Anforderungen ein besonderes Kennzeichen. Dies gilt ist es manchmal schwierig, das analog für unsere Dienstgemeinschaft.“ umzusetzen. Doch selber fühle ich mich auch respektlos be- Das Gegenüber handelt, wenn der verspro- annehmen chene Rückruf ausbleibt oder keine Reaktion auf Was genau wird unter meine Anfrage kommt. „Respekt“ verstanden und Möglicherweise ist diese wie kann ich respektvolles Schwierigkeit in der all- Handeln in der Praxis umset- täglichen Umsetzung ein zen? Für mich bedeutet jemanden zu Grund, warum der Orden respektieren, mein Gegenüber anzuneh- den Wert Respekt in die men. In pädagogischen Kreisen spricht Liste der vier Ordenswerte man dabei oft von der Haltung „Ich bin aufgenommen hat und so- o.k. – du bist o.k.“ Jemanden „o.k.“, also mit dessen Bedeutung he- in Ordnung, zu finden, bringt es aber rausstellt. noch nicht auf den Punkt. Respekt setzt ein Interesse für die Person voraus, ein Damit Patientinnen und (An-)Erkennen meines Gegenübers. Ich Patienten, Bewohnerinnen nehme ihn wahr und lasse mich auf ihn und Bewohner sich wohl ein. fühlen, und für ein gutes Klima in der Dienstge- Das kostet nicht viel Zeit, schon auf meinschaft lohnt es sich, den ersten Blick kann ich häufig erken- täglich an der eigenen re- nen, wie es einem Menschen geht und spektvollen Grundhaltung ob er heute zum Beispiel lieber nicht zu arbeiten. Und dabei hat angesprochen werden möchte. Durch jeder Respekt verdient. Körperhaltung, Mimik, Aussehen, Klei- dung, Schmuck, Akzent und Symbole Kerstin Laumer
4 misericordia 6/11 · Thema: Nachbarschaft Nachbarschaft auf dem Dorf Kaffeeplausch, Nachbar- schaftshilfe und Jaucheduft Die Abendsonne scheint sanft auf den die sie die „Preißin“ war. Durch ihre An- Gerd schnell Kontakte aufbauen, weil Balkon und der Wind lässt die Blätter stellung in der benachbarten Saatzucht, sie auch von den Bewohnern interessiert der satten grünen Bäume rascheln. Die in der auch viele Bewohner des Dorfes angesprochen wurden. Trotz der kurzen Vögel zwitschern, hie und da hört man arbeiten, konnte sie schnell Kontakte Zeit, die sie hier in Steinach wohnt, Hunde aufgeregt bellen und auch ein knüpfen. Mit den engeren Bekannt- kennt sie schon viele Bewohner in ihrer Uhu bringt sich mit ein. Was sich wie der schaften und auch Freundschaften sind Straße und ist mit diesen auf Du und Du. Anfang eines Heimatfilmes liest, kann heute die Verständigungsprobleme ver- Eine enge Beziehung zu den Nachbarn Birgit Heinze während der Frühlings- schwunden, auch wenn sie selber des bringt auch mit sich, dass diese einiges und Sommermonate täglich auf ihrem Bayerischen noch nicht mächtig ist. übereinander wissen: wer hier lebt, ist Balkon in Steinach, einem Dorf mit ca. nicht anonym. Für jemanden, der gerne 3000 Einwohnern, genießen. Obwohl sie die letzten 33 Jahre in einer abtauchen möchte, ist das Leben auf Stadt gewohnt hat, genießt sie heute das einem Dorf nichts. Die 47-jährige ist vor zwei Jahren von Leben in dem kleinen Dorf. Die Bezie- einer Stadt in Nordrhein-Westfalen mit hungen zu den Nachbarn sind familiär, In ihrer früheren Heimat im östlichen ihrem Mann in den niederbayerischen sie interessieren sich für die Menschen Ruhrgebiet war das Verhältnis unter Ort gezogen. In den ersten Monaten in ihrer Umgebung. Birgit Heinze findet den Anwohnern reserviert, man kannte hatte sie noch einige Verständigungs- die Menschen hier ausgeglichener und sich nicht mit dem Namen, aber nicht probleme mit den Einheimischen, für ruhiger. Hier konnten sie und ihr Mann aus Unhöflichkeit, es hat dort einfach Birgit Heinze genießt den Abend auf ihrem Balkon.
Thema: Nachbarschaft · misericordia 6/11 5 ausgereicht. Für ihre Nachbarn hier dem Dorf finden kann. In der Straße, im Laden Zeit für Gespräche und die in Steinach ist ein solch distanziertes in der sie lebt, fahren nur wenige Au- Verkäuferinnen verraten schon mal ein Verhältnis befremdlich. Birgit Heinze tos, mehr finden Traktoren zu den an- Geheimrezept für Plätzchen. Auch die trifft sich öfter mit ihren Nachbarn zum liegenden Feldern und zur Saatzucht Bank am Ort hat nicht jeden Tag für die Kaffeetrinken, Grillen oder es entsteht ihren Weg dort vorbei. In Steinach gibt Kunden geöffnet, doch das wissen die ein spontaner Plausch auf der Straße, für es immer Orte und Wege, an denen sie Steinacher und organisieren sich ihre Er- den fast immer Zeit ist. in der Natur ganz für sich sein kann und ledigungen. Manchmal hat Birgit schon keine anderen Personen trifft, wenn sie den Eindruck, dass hier die Bürgersteige Ein ganz besonders inniges Verhältnis das gerade nicht möchte. Auf ihren um 17 Uhr hochgeklappt werden. Ob- hat Birgit zu einer älteren Dame, die auf Spaziergängen mit ihrer Hündin Kies- wohl die Dorffeste sehr schön sind, fah- der anderen Straßenseite wohnt und ihr ha begegnet sie öfter Rehen oder Hasen. ren die Jugendlichen doch lieber zum mit viel Geduld schon das Stricken bei- Schon das Summen von Bienen beim Feiern in die nächsten Städte. gebracht hat. Im Gegenzug nimmt Birgit Bestäuben der Obstbäume im Frühling sie mit ihrem Auto zum Einkaufen in oder auch von Bibern gestaltete Sumpf- Neben diesen Einschränkungen sollte die zwölf Kilometer entfernte Stadt, die landschaften reichen für sie aus, um den einem der Gestank von Jauche hier auf für ihre ältere Nachbarin ohne Auto nur Alltag kurze Zeit zu vergessen. dem Land nicht allzu viel ausmachen. mit dem nicht so häufig fahrenden Bus Es kommt schon häufiger vor, dass die zu erreichen wäre. Es sind viele Bezie- An einige Gegebenheiten auf dem Dorf draußen zum Trocknen aufgehängte hungen gewachsen, die für Birgit ihre musste sich die Wahlbayerin aber auch frisch gewaschene Wäsche dadurch neue Heimat Steinach zu einem „Zuhau- erst mal gewöhnen. Die Öffnungszeiten nicht mehr den Duft von Alpenfrische se“ haben werden lassen. sowie das Sortiment des kleinen Ein- hat. Doch was ist das schon gegen ei- kaufsladens am Ort sind begrenzt, für nen Sonnenuntergang auf dem Balkon, Besonders genießt die gebürtige Nord- den Lieblingsjoghurt muss sie schon die Ruhe und den Duft des blühenden rhein-Westfälin die Ruhe, die sie auf in die Stadt fahren. Doch dafür gibt es Flieders? kl Nachbarschaft in der Stadt Macht Stadtluft frei? Wer in idyllischer ländlicher Umgebung Dame von nebenan den Fernseher so mit halböffentlichem Charakter. Ein aufgewachsen ist, wird mitunter dafür laut dreht, dass die Nachbarn unfrei- gemeinsam von der Hausgemeinschaft bemitleidet, dass er nun „in der Stadt willig am „Frühlingsfest der Volksmu- genutzter Garten zum Beispiel kann leben muss“. Klar – eine 60er-Jahre- sik“ teilnehmen … Und auch sie gibt sehr belebend wirken. Da treffen sich Kindheit in einem oberbayerischen Bau- es: die anonymen Wohnblöcke, in denen die Kinder zum Sandspielen oder Schau- erndörfchen prägt: Wie gut schmeckte es nicht auffällt, wenn ein alter Mann keln, die Eltern haben sie vom Küchen- dem Vierjährigen die Brotrinde, die ihm wochenlang tot in seiner Wohnung liegt. fenster aus im Blick. Und jeden Sommer der alte Nachbar zu essen gab, weil er gibt es ein rauschendes Hausfest, bei sie selbst nicht mehr beißen konnte! Neue Welten dem – fast – alle mitmachen; da wird Die Mutter lieh sich bei der Nachbarin gegrillt und geratscht, getrunken und ge- Mehl oder Zucker, wenn es ausgegangen Und doch können einem Nachbarn auch gessen. Auch ehemalige Nachbarn, die war und der Kramerladen geschlossen neue Welten eröffnen: zum Beispiel weggezogen sind, werden eingeladen, hatte. Der Nachbar rief um Hilfe, wenn wenn sie Afghanen sind, zu einem af- weil aus Nachbarn Freunde geworden die Geburt eines Kalbes sich schwierig ghanischen Festmahl einladen und von sind. gestaltete. Auf der anderen Seite fiel es dem landschaftlichen und kulturellen natürlich sofort auf, wenn jemand beim Reichtum ihrer Heimat erzählen. Oder Mittlerweile gibt es in vielen Städten Kirchgang am Sonntag fehlte. wenn der sonst eher schüchterne, al- auch neue Wohnprojekte, die berück- leinstehende Banker während des Ok- sichtigen, dass Kommunikation und Und in der Stadt? Hier leben viele Men- toberfests plötzlich – in Lederhose statt Gemeinschaft unter Nachbarn nur dort schen auf engem Raum und gehen sich Anzug gekleidet – an der Tür klingelt entstehen, wo die Architektur sie auch dabei manchmal gehörig auf die Nerven: und rumalbert. fördert, das heißt: wo sie nicht nur wenn das junge Paar einen Stock höher zweckmäßige Flure und Treppenhäu- mal wieder Party macht bis morgens um Um eine lebendige Nachbarschaft ent- ser schafft, sondern Räume, die Be- drei oder wenn die schwerhörige ältere stehen zu lassen, braucht es Räume gegnungen ermöglichen. Ein Beispiel
6 misericordia 6/11 · Thema: Nachbarschaft ist hier ein Wohnprojekt in München- Riem, das die im Jahr 2000 gegründete Wohnbaugenossenschaft „wagnis“ ver- wirklicht hat. Wohnbaugenossenschaft „wagnis“ in München „wagnis 3“ in der Messestadt Riem verfolgt das Ziel „generationenüber- greifenden Wohnens in lebendiger Nachbarschaft, wobei die Genossen viel Raum für Eigeninitiative und Mit- bestimmung haben“. Die 2009 fertig- gestellte Anlage mit 97 Wohnungen in fünf Häusern hat mehr zu bieten als viele andere Projekte, zum Beispiel gibt es ein Restaurant, einen Mehrzweckraum für Seminare und Feiern, einen Werkraum für die Kreativen, einen Medienraum, einen Musikraum, Gäste-Appartements sowie Dachterrassen, teils mit Blick in die Alpen. Das Genossenschaftskonzept, in dem die Mitglieder sozusagen „Mieter im eigenen Haus“ sind, trägt dazu bei, dass die Wohnungen langfristig gesehen – für Münchner Verhältnisse – sogar relativ preiswert sind. „Stadtluft macht frei“, hieß es im Mit- telalter, das bedeutet: Nach „Jahr und Tag“ konnte ein vormals Leibeigener („Unfreier“) nicht mehr von seinem früheren Dienstherrn zurückgefordert werden, er wurde Bürger der Stadt. Zwar ziehen die Menschen heute nicht mehr in die Stadt, um der Leibeigenschaft zu entrinnen, aber mancher sucht und findet in der Stadt doch die Freiheit, sein ganz eigenes Leben zu leben. Inwieweit er sich dabei in das soziale Gefüge einer Umfrage: Auf Nachbarn ist Verlass Nachbarschaft einbringen mag, bleibt dabei weitgehend ihm selbst überlassen. (KNA) Für die meisten Deutschen ist Nachbarschaftshilfe einer Umfrage zufolge eine Selbstverständlichkeit. Wenn im Kühlschrank die Eier ausgegan- Auf jeden Fall kann die Nachbarschaft gen sind oder die Zeit zu knapp wird, den Junior zur Sportstunde zu bringen, in der Stadt ein Lernfeld sein: sie kann wird der Nachbar oft zum Retter in der Not. Fast drei Viertel der Befragten den Horizont erweitern und Toleranz gaben an, sich gegenseitig auszuhelfen, wie eine am 21. April in Baierbrunn lehren gegenüber Menschen mit ande- veröffentlichte Erhebung der GfK Marktforschung Nürnberg ergeben hat. rem Aussehen und Lebensstil, gegen- über Menschen mit anderem Denken Zum Nachbarschaftsdienst gehörten unter anderem kleinere Hilfsleistungen, und Fühlen, gegenüber Menschen mit Botengänge oder Leihgaben, heißt es. Bei vier von zehn Befragten gehe das anderer Religion. Und der Kirchgänger freundschaftliche Verhältnis sogar so weit, dass sie ihre Nachbarn öfter zu muss damit leben, dass hier nun er der- sich nach Hause einladen oder von ihnen eingeladen werden. 40 Prozent jenige ist, der in der Nachbarschaft als feierten gelegentlich gemeinsame Feste. Die GfK Marktforschung Nürnberg Exot auffällt. befragte im Auftrag der „Apotheken-Umschau“ 2.084 Männer und Frauen ab 14 Jahren. js
Thema: Nachbarschaft · misericordia 6/11 7 Wohnen in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderungen – zu zweit oder allein Wie es uns gefällt Im Zweibettzimmer Horst Just und Tobias Henneberger wohnen seit Januar 2011 zusammen in Algasing auf der Gruppe Fabian in einem Zweibettzimmer. Zuvor beim Probewohnen war Tobi auch schon bei Horst im Zimmer und sie haben sich angefreundet. Sie sagen: „Gleich von Anfang an lief es super, jeder nimmt Rücksicht auf den anderen.“ Mit Tobi zog dann später auch Cara, sein Zwerg- kaninchen, ein. Horst findet das gut. Wenn den einen etwas stört, so sagt er es dem anderen, und dann passt es wieder. Nur an die Nachtgeräusche von Horst muss sich Tobi noch gewöhnen. Die einhellige Meinung der beiden: „Es ist schön, wenn man nicht alleine ist, wenn noch jemand zum Ratschen vor dem Einschlafen da ist!“ Sylvia Folger, Gruppe Fabian Im Einzelzimmer Seit bald 40 Jahren wohnt Albert Mo- ser in Algasing. Er hat ein Einzelzimmer auf Gruppe Jakobus, aber das war nicht immer so. Hauszeitungsredakteurin Su- sanne Grundner durfte sich sein Zim- mer anschauen. Herr Moser, seit wann wohnen Sie in Ihrem Einzelzimmer? Seit die Wohnhäuser hier gebaut worden sind, also seit 1999.Vorher war ich auf Gruppe Markus, da waren wir bis zu acht, neun Bewohner in einem Zimmer. War das der Grund für Sie, dann in ein Einzelzimmer zu ziehen? Nein, gar nicht. Mir wäre das egal gewe- sen, aber das Einzelzimmer war nun mal Horst Just (Foto oben, links) und Tobias Henneberger (mit Kaninchen Cara) fühlen sich wohl da. Aber so hat man wenigstens seine in ihrem Zweier-Zimmer, ebenso wie Albert Moser in seinem Einzelzimmer (Foto unten). Ruh’. Keiner schnarcht. Sie sind aber sonst schon gerne in Ge- Aber in einem Zweibettzimmer zu woh- … und Sie können sich Ihr Fernseh- sellschaft, oder? nen, das könnte ich mir jetzt gar nicht programm selber aussuchen. Freilich, ich bin viel unterwegs, und das mehr vorstellen. Genau. Leben auf der Gruppe gefällt mir auch.
8 misericordia 6/11 · Thema: Nachbarschaft Michael Harvolk (links) und Stefan Wolfs- fellner in der Regensburger Druckerei Mar- quardt, die auch diese Zeitschrift druckt. Stefan immer wieder umziehen – vom „Zehn-Quadratmeter-Kammerl“ bis zur umgebauten Garage war alles da- bei. Amüsiert erinnern sie sich an die Zeit, als ihr Raum durch die Dunkel- kammer von allen getrennt war: „Jeder musste sich lautstark ankündigen“, es hätte ja sein können, dass gerade in der Dunkelkammer gearbeitet wird; „über- raschender Besuch“ war somit ausge- schlossen. Die „verkaufte Kollegin“ Trotz des über die Jahre zunehmenden Drucks in der Druck-Branche fanden die beiden schon auch immer wieder die Zeit für ein „Späßchen“. Einmal zum Beispiel „verkauften“ sie eine Kollegin an einen Metzger. Der nämlich hatte Michael Harvolk und Stefan Wolfsfellner arbeiten ein Auge auf die junge Frau geworfen, aber wie sollte er sich ihr nähern? Mike seit drei Jahrzehnten auf engstem Raum zusammen und Stefan wussten Rat: Wenn er für die Belegschaft der Druckerei Weißwürste Zuverlässig und spendiere, dürfe er die Kollegin nach Hause fahren. Tags darauf rückte der verliebte Mann tatsächlich mit 30 fri- schen Weißwürsten, Brezen und allem humorvoll Drum und Dran an – nur: die Angebetete wollte von der Autofahrt in trauter Zwei- samkeit nichts wissen. „Macht nichts“, meinten Mike und Stefan, „lass nur die 30 Jahre sind eine lange Zeit – wenn Meisterprüfung ab. Stefan Wolfsfellner Weißwürste da!“ zwei Menschen an fünf Tagen in der Wo- durchlief die Schriftsetzer-Ausbildung che bis zu acht Stunden in einem kleinen von 1980 bis 1983. Nach Stefans an- Klar, dass sie sich auch gegenseitig ger- Raum miteinander arbeiten müssen, eine schließender Bundeswehrzeit holte ne auf den Arm nehmen: „Der geht alle sehr lange Zeit. Da entsteht entweder Mike „seinen Lehrling“ wieder in die drei Wochen zum Friseur und lässt sich eine herzliche Abneigung oder eine Firma zurück. Strähnchen reinmachen“, lästert etwa tragfähige Freundschaft. Michael Har- der – mittlerweile ziemlich grau – ge- volk (50) und Stefan Wolfsfellner (47) Gemeinsam gestalteten sie den großen lockte Mike über den Kollegen Stefan. haben sich für letztere entschieden. Die Umbruch mit, der sich in der Branche in Dafür gibt er aber zu, dass er manch- beiden Schriftsetzer der Druckerei Mar- den letzten Jahrzehnten vollzog: Beide mal am Morgen „nicht zu genießen“ quardt in Regensburg arbeiten seit 1980 hatten noch den traditionellen Bleisatz sei. „Das kenne ich“, meint Stefan dazu, fast ununterbrochen zusammen – unter erlernt und mussten sich Mitte der 80er „dann lasse ich ihn einfach in Ruhe“. anderem sind sie an der Herstellung die- Jahre auf Fotosatz umstellen. Bis 2004 Natürlich treten bei der Arbeit manch- ser Zeitschrift und der dazugehörigen wurden noch Filme belichtet, seither mal Reibungspunkte auf, aber das wird Hauszeitschriften maßgeblich beteiligt. fällt dieser Schritt weg, die Druckplat- „nie persönlich“. ten werden direkt vom Computer aus Umbruch belichtet – die Zauberformel lautet CTP, Für Stefan ist Mike ein „angenehmer und in der Druckbranche „Computer to Plate“. hilfsbereiter Mensch“. Und der erwidert das Kompliment und ergänzt die Zuver- Michael Harvolk – alle nennen ihn Da die Druckerei Marquardt in der lässigkeit als eine wichtige Eigenschaft „Mike“ – absolvierte seine Lehre in Regensburger Altstadt beheimatet ist, von Stefan: „Wenn man krank ist, auf der Druckerei von 1977 bis 1980, sechs sind die räumlichen Verhältnisse recht Stefan kann man sich verlassen.“ Mike Jahre später legte er auch noch die beengt. So mussten auch Mike und weiß, wovon er spricht, denn er war ge-
Thema: Nachbarschaft · misericordia 6/11 9 rade wegen einer schweren Erkrankung gemeinsamen Programm, zum Beispiel türlich auch Kollege Stefan, der in Sin- drei Monate nicht einsatzfähig. von Deep Purple, den Scorpions, Led zing wohnt, eingeladen, manchmal auch Zeppelin, Wolfgang Ambros. Allerdings weitere Kollegen. Als Single hat Stefan Gemeinsam zum Fußball geht der Musikgeschmack manchmal meistens auch Zeit, sein Verhältnis zum und auf Konzerte doch ein wenig auseinander: Während weiblichen Geschlecht fasst er scherz- Stefan sich auch mal Stücke von „Place- haft in dem Macho-Spruch zusammen: Selbstverständlich hat Stefan seinen bo“ oder den „Foo Fighters“ anhört, be- „Frauen nur ambulant, niemals statio- Kollegen während dessen Krankheit schwört Mike mit seinem Gitarrenspiel, när“. über die Spielverläufe beim Fußballclub das er sich mit 40 noch angeeignet hat, Jahn Regensburg informiert. Denn der eher die Lagerfeuer-Romantik. Eigentlich sehen die beiden Schriftsetzer gemeinsame Stadionbesuch gehört bei sich in der Regel nur am Sonntag nicht; Heimspielen für beide zum Wochenend- Zuhause in Rohrbach, einem Ortsteil es sei denn, es ist in Regensburg gerade Ritual, und wenn das Auswärtsspiel des idyllischen, bei Künstlern beliebten Seligsprechung von Eustachius Kug- nicht zu weit entfernt stattfindet, fahren Ortes Kallmünz, hat sich Mike ein 20 ler. Denn da feierten sie mit und zogen sie auch dorthin. Hin und wieder stehen Quadratmeter großes „Blockhaus wie im Prozessionszug zum Krankenhaus zudem Besuche von Konzerten auf dem in Kanada“ gebaut. Zu Festen wird na- Barmherzige Brüder. js Karl Engelmann leitet in Algasing den Kirchenchor und die Rhythmusgruppe Nachbar mit musikalischer Mission Als Karl Engelmann vor zwei Jahren 20 Bewohnerinnen und Bewohnern sein ehrenamtliches Engagement eine seinen 70. Geburtstag feierte, da gra- macht er Kirchen- und Volksmusik. Rolle. Die Arbeit mit den Algasinger Be- tulierten nicht nur alle Nachbarn aus Die Rhythmusgruppe umrahmt kirch- wohnern bringe ihm einen Ausgleich, Eibach, sondern ganz selbstverständ- liche Feiern wie die Johannifeier, die sagt Engelmann. „Wenn sie sich freuen, lich auch die Barmherzigen Brüder aus Maiandachten, den Martinsabend und dann freut’s mich auch. Ich mache das, Algasing; gehört der ehemalige Grund- die Christmette. Auch die lange Tradi- solange ich rüstig bin und solange ich schullehrer doch seit mehr als 40 Jahren tion des Neujahrsanblasens setzen Karl ihnen etwas Gutes tun kann.“ Wenn es zum ehrenamtlichen Stammpersonal der Engelmann und seine Musiker fort. nach den Algasingern geht, sollte ihr Behinderteneinrichtung. liebster Nachbar bitte noch recht lange Dass er die 70 überschritten hat, merkt so rüstig bleiben. Es ist nur ein Katzensprung von Eibach man ihm nicht an. Neben seinen täg- nach Algasing. Karl Engelmann dürf- lichen Radtouren spielt da wohl auch Susanne Grundner te die Wegstrecke wohl schon mehre- re tausend Male zurückgelegt haben, entweder auf dem Weg zur Chorprobe, zur Probe mit seinen Musikern von der Rhythmusgruppe oder zu einer der vie- len Aufführungen im Jahr. Neben sei- nem Faible für Heimatgeschichte erfüllt ihn nämlich noch eine zweite, große Lei- denschaft: die für die Musik. Für die Barmherzigen Brüder Algasing ist das ein großes Glück. Als der frisch verheiratete Junglehrer 1968 nach Ei- bach zog, da ließ er sich sofort für den Kirchenchor einspannen. Inzwischen leitet er selbst den Chor, ohne den die Algasinger Kirchenfeste nicht denkbar wären. Vor genau 20 Jahren gründete er außer- dem auf Anregung des damaligen Pri- ors, Frater Eduard Bauer, die Algasinger Nur ein paar hundert Meter trennen Algasing vom Eibacher „Karlsplatz“. Karl Engel- Rhythmusgruppe. Zusammen mit circa mann vor dem Schild, das ihm die Nachbarn zum 70. Geburtstag geschenkt haben.
Barmherzige Brüder in Bayern · misericordia 6/11 11 10. Juni: Gedenktag des seligen Eustachius Kugler Ein Leben voll Demut und Nächstenliebe Anlässlich der Seligsprechung von Frater Eustachius Kugler am 4. Oktober 2009 hat Andreas Weigl (66), Stadtrat in Nittenau, ein Gedicht verfasst. Der pensionierte Kriminalbeamte kam im Gespräch mit den Bewohnern eines Altenheims auf die Idee, das Leben Eustachius Kuglers in Reimform zusammenzufassen, weil die alten Menschen nicht so gerne lange Texte lesen wollten. Erinnern wir uns an jene Zeit, reichten Joseph nicht zum Leben, geprägt von Armut und Bescheidenheit, so taten die Geschwister geben, die einem jungen strebsamen Paar was für den Jüngsten nötig war, ein Leben lang beschieden war. der Zusammenhalt war wunderbar. Michael Kugler und Schuster Anna Maria Sein Traum vom Handwerk geriet ins Wanken lernten sich kennen und kamen sich nah. und er haderte mit dem Gedanken, Man sagt, es waren zwei kreuzbrave Leut`, vielleicht war Gottes Wille im Spiel, die sich versprachen auf Lebenszeit, dass er so tief vom Baugerüst fiel. einander zu lieben und zu achten Ein offener Bruch am rechten Bein und nach Gottes Gunst zu trachten. sollte das Ende des Schlossers sein. Harte Arbeit wurde getan, Es drohte die Berufsunfähigkeit, der Vater schaffte als Hufschmied an, für Joseph mit die schlimmste Zeit. die Mutter plagte sich nicht minder Margarethe Spitzer sah es ihm nach und versorgte die sechs Kinder. und holte ihren Bruder nach Reichenbach, Im Dorf Neuhaus mit Blick zum Regen, wo er half eine gewisse Zeit unweit dem Städtchen Nittenau gelegen, dem Schwager bei der Hofarbeit. kam auch das jüngste Kind zur Welt, Schon bald nahm sich der Joseph dann der Name Joseph wurde gewählt. dem Vorbeten in der Kirche an. In der Volksschule in Nittenau Teils dankbar und teils amüsant machte er sich für`s Leben schlau hat man ihn Klostersepp genannt. und in der Pfarrkirche daneben Als die Mutter dann verstarb holte er sich Gottes Segen. und Schwester Katharina um ihn warb, Zum Ende seiner Volksschulzeit zog er schließlich bei ihr ein, ergriff er die Gelegenheit es sollte die Gelegenheit sein, und trat mit 14 Jahren dann beim Reichenberger-Schmied, Katharinas Mann, eine Schlosserlehre in München an. als Schlosser zu helfen, soweit er kann. Die zehn Pfennig Lohn pro Tag, Die Barmherzigen Brüder in Reichenbach schier unbegreiflich heutzutag, sanierten das Kloster nach und nach, Eustachius Kugler legt seine Feierliche Profess ab. Gemälde von Franz Leisner, Reichenbach
12 misericordia 6/11 · Barmherzige Brüder in Bayern wo bis zuletzt eine Fabrik existierte, und Kranke wie Behinderte pflegte, in der man Steingut produzierte. bevor er die Profess ablegte. Eine Pflegeeinrichtung sollte entstehen Nach drei Jahren Aufenthalt für die Ärmsten, die um Hilfe flehen, in der Reichenbacher Pflegeanstalt für Kranke an Körper, Seele und Geist, hatte der Frater nur einen Gedanken, die man pflegt, betreut und speist. sich zu stellen in den Dienst der Kranken. Der Dorfschmied bot sein Handwerk an, Die Karriere nahm nun ihren Lauf, der Orden war sehr angetan schon bald stieg er zum Prior auf. und übertrug ihm für die Wohneinheiten Unerwartet, mit 58 Jahren, die Spengler- und die Schlosserarbeiten. durfte Eustachius davon erfahren, Trotz der starken Behinderung dass ihn in geheimer Wahl und vager Hoffnung auf Besserung das Provinzkapitel wählte zum Provinzial. half Joseph Kugler seinem Schwager Mit Fleiß und Sinn für Gerechtigkeit auf der Baustelle und im Lager. bei bleibender Bescheidenheit, War es damals sein Bestreben, übernahm fortan der Barmherzige Bruder seinen Beruf dort auszuleben, für 18 Häuser das wegweisende Ruder. so war er trotzdem interessiert, Eustachius Kuglers Meisterstück was dort oben im Kloster alles passiert. geht auf den Krankenhausbau zurück, Der Ordenseintritt bestärkte ihn der in Regensburg war geplant nicht nur wegen der Disziplin, und im Dessauer Bauhausstil entstand. sondern weil er dort Hilfe bekam, Weit über die Grenzen Bayerns hinaus indem sich ein Frater der Wunde annahm, sprach man vom Musterkrankenhaus, die seit dem Sturz nicht heilen wollte errichtet für Männer und für Frauen und mittels Pflege sich schließen sollte. mit einem ausgeprägten Gottvertrauen. Kaum jemand ahnte zu der Zeit, Als man mit dem Bau begann als ihr Sepp Kugler war bereit, bahnte sich eine schwere Krankheit an, sich zu binden an den Orden, die sich entpuppte als unheilbar was aus ihm dort ist geworden. und sich verschlimmerte von Jahr zu Jahr. Im Laufe der Kandidatenzeit Geplagt von Leid, Sorge und Stress bekam Joseph sein Ordenskleid feierte er noch die Goldene Profess und nahm, eh er als Novize begann, mit seinen Brüdern im kleinen Kreis, den Ordensnamen Eustachius an. der letzte Markstein, so sein Geheiß. Die Aufnahme ins Noviziat, Frater Eustachius, stark im Gebet, um die der Frater Eustachius bat, wusste längst, wie es um ihn steht, erfolgte wegen der Behinderung und so ertrug er Schmerz und Leid erst bei erneuter Abstimmung. geduldig bis an das Ende der Zeit, Vom Ort der Prüfung über ein Jahr, in der er wirkte sein Leben lang die im Kloster Neuburg war, mit unermüdlichem Schaffensdrang. kam er zurück an jenen Ort, 1946 war es so weit, wo er sich fügte Gottes Wort der Provinzial starb im Ruf der Heiligkeit.
Barmherzige Brüder in Bayern · misericordia 6/11 13 D ie Geburt eines neuen Familienmit- glieds gehört zu den aufregendsten Augenblicken im Leben. Und kaum ist Babygalerie der der neue Erdenbürger da, erobert er die Herzen aller im Sturm. Für die frischge- Klinik St. Hedwig backenen Eltern bietet die Frauen- und Kinderklinik St. Hedwig der Barmher- zigen Brüder Regensburg zusammen mit der Agentur Babysmile seit diesem Früh- jahr einen neuen Service: Auf Wunsch besucht eine professionelle Fotografin Mutter und Kind auf der Wochenbett- station und hält die schönsten Momente aus den ersten Lebenstagen fest. Das Fotografieren ist kostenlos, auch eine Glückwunschkarte mit Bild erhält jede Familie als Geschenk. Auf Wunsch wird das Bild auch auf der Internetseite der Klinik St. Hedwig eingebunden. Zusätz- liche Bilder können erworben werden. Weitere Infos und viele schöne Baby- bilder gibt es auf www.barmherzige- regensburg.de/babygalerie.html. Klosternacht in Regensburg und Algasing man Geist und Seele stärken kann. Am 10. Juni, dem eigentlichen Gedenktag Der eigenen Spiritualität nachspüren des seligen Eustachius Kugler, feiert der Abt des Benediktinerklosters Plank- stetten, Dr. Beda Sonnenberg, zusam- Anlässlich des Gedenktages des seligen ist den Menschen ein wirklicher Bru- men mit den Barmherzigen Brüdern, den Eustachius Kugler am 10. Juni gestal- der gewesen. Ein geerdeter Mensch, Kranken und der Hausgemeinschaft um ten die Regensburger Barmherzigen der seine Kraft aus der Spiritualität des 18.30 Uhr einen Festgottesdienst in der Brüder am Donnerstag, den 9. Juni ab Evangeliums geschöpft hat“, erklärt Krankenhauskirche. Auch hierzu sind 19.30 Uhr eine Klosternacht im Kran- der Physiotherapeut und Barmherzige alle herzlich eingeladen, die in dem kenhaus. Mit meditativen Angeboten, Bruder Seraphim Schorer (auf dem Foto Seligen einen treuen Wegbegleiter ge- Kirchenführungen und einer Lichtfeier unten in der Mitte) auf die Frage, was funden haben. mit anschließendem Imbiss laden sie al- ihn am Seligen fasziniere. Im Rahmen le Interessierten ein, ihrer eigenen Spiri- einer Klosternacht können Besucher „Wo Gott ist, da ist Zukunft“ – unter tualität nachzuspüren und mehr über den jetzt mehr über die Person des neuen diesem Leitspruch, der von Papst Be- Orden zu erfahren. „Eustachius Kugler Seligen erfahren und selbst erleben, wie nedikt XVI. stammt, steht die zweite Klosternacht der Barmherzigen Brüder in Algasing am Freitag, den 1. Juli ab 18.30 Uhr (nicht am 2. Juli, wie in der April-Ausgabe angekündigt!). Nach der Segnung eines Feldkreuzes findet eine Eucharistiefeier statt, die durch den Buchbacher Chor „Harmonie“ begleitet wird. Danach gibt es Einblicke in das Ordensleben bei einer Hausführung (in- klusive Klausur), beim „Klosterkino“ und bei Gesprächen mit Barmherzigen Brüdern. Nach verschiedenen Work- shops wird eine Stärkung gereicht; ihren Abschluss findet die Klosternacht gegen 23 Uhr in einer Lichterprozession. Franziska Schiegl/js
14 misericordia 6/11 · Barmherzige Brüder in Bayern Vor allem Haare-Schneiden und Rasieren war bei den Männern gefragt. enorm und wir waren neugierig, ob sich die Angemeldeten auch wirklich ent- spannen und Neues zulassen würden. Das Meistgewünschte war die Rasur durch zarte Frauenhände, Haare wurden geschnitten, Gesichtsmassagen durch- geführt und natürlich wurden auch die Hände und Füße verwöhnt. Überrascht waren wir von der „Tiefenentspannt- heit“ ansonsten eher aktiver Bewohner, selbst genüssliches Hinwegschlummern bei sanfter Entspannungsmusik war kein Einzelfall. Das Rundum-Verwöhn-Angebot wur- de mit einer Tasse Kaffee und Gebäck Wellnesstag – in Algasing abgerundet, und all dies gab es für die Teilnahmegebühr von nur einem Euro. jetzt auch für Männer Im Herbst werden wir wieder sowohl für Frauen als auch für Herren jeweils einen Tag anbieten. Erstmalig wurde bei den Barmherzigen nesstag (wir berichteten) auch für die Brüdern Algasing im April neben dem Herren ein Tag zum Rundum-verwöh- Sylvia Folger für das schon fest etablierten Frauen-Well- nen-lassen angeboten. Der Andrang war Algasing-Aktiv-Wellnessteam Erste-Hilfe-Kurs für Bewohner in Algasing Das erstmals in das Programm „Alga- sing Aktiv“ aufgenommene Angebot eines Erste-Hilfe-Kurses für Bewoh- nerinnen und Bewohner bei den Barm- herzigen Brüdern Algasing erfreute sich großen Interesses. Insgesamt nahmen 16 Bewohner und eine externe Werkstatt- gängerin teil. Ob es um das Verhalten an einer Unfallstelle ging oder um die Erstversorgung von Wunden, alle waren mit großer Diskussionsbereitschaft und Tatendrang bei der Sache, zeigten aber auch die Bereitschaft, sich das anzueig- nen, was akut hilfebedürftige Menschen benötigen. Schnell wurde klar, dass ein Vormittag für diese Veranstaltung nicht ausreichen würde, so wurde beschlossen, acht Ta- ge später einen zweiten Teil des Erste- Hilfe-Kurses stattfinden zu lassen. Da kunde sowie ein Skript überreicht. Der Übung macht den Meister: ging es unter anderem um Themen wie nächste Erste-Hilfe-Kurs für Bewohner Unter anderem wurden Sonnenstich, Insektenstich, Verhalten ist bereits in Planung. die Bewohner beim Erste-Hilfe- bei Vergiftung und schließlich um die Kurs der Barmherzigen Brüder Algasing im Anlegen eines Stabile Seitenlage. Nach einem ab- Gerda Guillery Druckverbandes geschult. schließenden Test bekamen alle eine Ur- Pflegekoordinatorin
Barmherzige Brüder in Bayern · misericordia 6/11 15 Neuer Verwaltungsdirektor im Provinzialat Ansgar Dieckhoff (44) hat Bernd Peter (62) als Verwaltungsdirektor im Pro- vinzialat der Barmherzigen Brüder in München abgelöst. Bernd Peter war mit dieser Aufgabe gut sieben Jahre be- traut und verabschiedet sich nun in den Ruhestand. Provinzial Frater Emerich Steigerwald würdigte Peters „wertvollen Einsatz für die bayerische Ordenspro- vinz in einer bewegten Zeit“. Der neue Verwaltungsdirektor ist seinem Vorgän- ger für die „ausgesprochen freundliche“ Zusammenarbeit und Übergabe dankbar und gespannt auf die vielfältigen Aufga- benstellungen im Provinzialat. Ansgar Dieckhoff ist im Münsterland aufgewachsen. Nach dem Abitur in Bad Iburg absolvierte er eine Banklehre und studierte dann Betriebswirtschaft an der Uni Osnabrück. Nach dem Abschluss Bernd Peter (links) als Diplom-Kaufmann 1994 durchlief und Ansgar Dieckhhoff er ein Trainee-Programm bei der Hy- poVereinsbank und war später in der bewertungen. Zuletzt war Dieckhoff Der verheiratete Vater von zwei Töchtern Großbank als Teamleiter für den in- als Geschäftsführer bei einer Münchner lebt als Naturliebhaber gerne in Bayern, stitutionellen Vertrieb zuständig. Zu Wohnungsbaugesellschaft tätig, wo er das „viel zu bieten“ habe, und fühlt sich seinen Aufgaben zählten dabei unter neben der kaufmännischen Leitung un- auch in München wohl, das „wie ein anderem die Betreuung institutioneller ter anderem auch mit dem Grundstücks- großes Dorf“ sei. Als „Zahlenmensch“ Kunden bei der Kapitalanlage, Unter- einkauf und dem Kontakt mit Behörden bekennt Ansgar Dieckhoff seine Leiden- nehmensanalysen und Unternehmens- und Architekten befasst war. schaft für das Skatspielen. js Boys Day in Reichenbach Sich einen Tag lang mal typische Frau- richtung für Menschen mit Behinderung enberufe – in diesem Fall den der Heil- der Barmherzigen Brüder Reichenbach erziehungspflegerin – anschauen und kamen. Ihre Bilanz nach ihrem Einblick vielleicht auch gleich ein wenig aus- in Johann von Gott Werkstatt und För- probieren. Das war der Plan von zehn derstätte: „Das war wirklich eine posi- Schülern der Mittelschule Roding, die tive Erfahrung.“ am 14. April am Boys Day in die Ein- Michaela Matejka Wir gratulieren zum 80. Geburtstag am 10. Juni Pater Leodegar Klinger, Regensburg Wie arbeiten Heilerziehungspflegerinnen und Menschen mit Behinderung in einer Werkstatt zusammen?
16 misericordia 6/11 · Barmherzige Brüder weltweit Erneuerungskurs für die Brüder in der Region Europa Damit die Berufung wieder Kraft und Frische erhält Das Thema „Erneuerung“ ist eines der und vom 30. November bis 2. Dezember Die Arbeitsmethode des Kurses war Kernthemen und Hauptziele der der- 2011 in Kostenz anbieten. Voraussicht- durch die aktive Beteiligung der Teil- zeitigen Generalleitung des Ordens der lich werden 60 Barmherzige Brüder an nehmer bestimmt. Deswegen waren Barmherzigen Brüder. Im Rundschrei- den Veranstaltungen teilnehmen. die Referate eher kurz gehalten und ben „Das neue Gesicht des Ordens“ hat es gab viel Raum für Diskussion und Generalprior Frater Donatus Forkan ein- Bei der Eröffnung des Kurses sagte der Austausch. Die Referenten sollten Per- dringlich auf die Notwendigkeit eines Ordensgeneral, dass Gott diesen Orden sonen sein, die den Orden gut kennen ordensweiten Erneuerungsprozesses nicht gewollt habe, um in dieser kri- und klare Zukunftsvisionen geben kön- hingewiesen. sengeschüttelten Zeit viel Ordensnach- nen. Der letzte Teil „Ausblick in die Zu- wuchs zu haben, sondern um heilende kunft“ sollte in spezifischer Weise von Auch Kurse Präsenz in der Kirche zu sein. Haben den anwesenden Brüdern ausgehen und in Wien und Kostenz wir in den vergangenen Jahren viel Kraft ihre Erfahrungen, Ideen und Vorschläge und Energie darauf verwendet, in un- beinhalten. Vor diesem Hintergrund fand vom 14. seren Werken die Fenster zu öffnen und bis 19. März 2011 in Rom ein Modell- neue Wege zu gehen, so haben wir dabei Zwischenzeitlich haben die verantwort- das eigene Gebets- und Gemeinschafts- lichen Mitbrüder der österreichischen leben oft vernachlässigt. und bayerischen Ordensprovinz ein vorläufiges Programm für die Kurstage Bruder soll nicht Verwalter, in Wien und Kostenz ausgearbeitet. Sie sondern Prophet sein orientierten sich dabei an den Vorgaben der Unterkommission zur Erneuerung Frater Donatus Forkan sprach von ei- des Ordenslebens, die sich in den ver- ner unbekannten Zukunft, der sich je- gangenen Jahren zweimal am Sitz der der Bruder stellen müsse, und von der Generalkurie in Rom getroffen hat. Verantwortung, die jeder Bruder in Ebenso wurden auch die Erfahrungen der Gemeinschaft übernehmen müsse. eingearbeitet, die von den österrei- Bezug nehmend auf die Aussagen des chischen und bayerischen Mitbrüdern visionären Ordensgenerals Pierluigi beim Pilotkurs in Rom gemacht wurden. Marchesi verwies er darauf, dass der Barmherzige Bruder von heute kein Vorbereitungstreffen Verwalter traditioneller Schätze, son- in Reichenbach dern ein Prophet sein soll. Provinzial Frater Emerich Steigerwald Der Pilotkurs zur Erneuerung der Brü- hat die in Verantwortung stehenden Generalprior Frater Donatus Forkan er- der gliederte sich in sechs Kurstage mit Mitbrüder zu einem Vorbereitungstref- öffnete den Erneuerungskurs in Rom. folgenden Themen: fen für den Erneuerungskurs am 8. Juni 2011 nach Reichenbach eingeladen. In kurs statt, an dem die gesamte General- - Ordenschristen in der Welt von heute dem Brief schreibt er: „Mit den Mit- leitung und aus allen Provinzen Europas sein brüdern des gesamten Ordens vereint, jeweils zwei Mitbrüder teilnahmen. Aus - Weihe und spirituelles Leben als wollen wir uns mit viel Hoffnung, aber der bayerischen Provinz waren Frater Schlüssel zur Erneuerung auch mit Begeisterung in den für uns Christoph Meißner und Frater Eduard - Voraussetzungen und Herausforde- alle notwendigen Erneuerungsprozess Bauer beteiligt. Im Laufe dieses Jahres rungen an eine zeitgemäße Jugend- einbinden, damit unsere Berufung wie- soll dieser Modellkurs in allen europä- und Berufungspastoral der die Kraft und Frische erhält, die uns ischen Provinzen umgesetzt werden. - Neue Anforderungen an den Or- als frohe Zeugen des Evangeliums der Die österreichische und bayerische Or- densauftrag Barmherzigkeit ausweist.“ densprovinz werden den zweimoduligen - Die Zukunft des Ordenslebens ge- Kurs vom 5. bis 7. Oktober 2011 in Wien stalten feb
Barmherzige Brüder weltweit · misericordia 6/11 17 Der Generalprior mit der deutschen Sprachgruppe bei der Regionalkonferenz in Dublin (von links): Geschäftsführer Dr. Christoph Scheu (Klinikum St. Elisabeth Straubing), Wohnbereichsleiterin Sabine Scheiblhuber (Straubing), Provinzial Frater Emerich Steigerwald (Bay- ern), Generalrat Frater Rudolf Knopp, Generalprior Frater Donatus Forkan, Provinzial Frater Ulrich Fischer (Österreich), Provinz- delegat Frater Martin Macek (Tschechien), Pflegedirektorin Brigitte Polstermüller (Eisenstadt), Direktor Adolf Inzinger (Provinzialat Wien), Provinzsekretär Frater Eduard Bauer (Bayern) 4. Regionalkonferenz Europa in Dublin Musik der Hospitalität Zur 4. Regionalkonferenz Europa der Bei der Bearbeitung der Themenbe- Spanien ausgewertet. Dies ergab, dass es Barmherzigen Brüder haben sich vom reiche erinnerten sich die Teilnehmer in wesentlichen Teilen umgesetzt wur- 11. bis 15. April 46 Vertreterinnen und an die Aussagen von Papst Benedikt de. Einige Projekte sind aber noch nicht Vertreter aus den elf Ordensprovinzen XVI. bei seiner Englandreise 2010. In abgeschlossen. So muss zum Beispiel Europas in Dublin/Irland versammelt. Westminster sagte er, dass die ethischen die interprovinzielle Zusammenarbeit Motto des Treffens: „Die Familie des Prinzipien einer Demokratie nicht nur weiter gefördert und vertieft werden. heiligen Johannes von Gott als Dienst- auf gesellschaftlichem Konsens beruhen Außerdem ist das veränderte Rollenver- gemeinschaft“. Die Konferenz befasste dürften. Die globale Finanzkrise habe ständnis von Brüdern und Mitarbeitern sich schwerpunktmäßig mit folgenden gezeigt, dass „pragmatische Kurzzeit- eine bleibende Herausforderung. Themen: lösungen“ für komplexe soziale und ethische Probleme unbrauchbar seien. Der Orden in zehn Jahren - Der Orden in Europa in zehn Jahren - Leitung, Strukturen der Zukunft in Der Generalprior des Ordens, Frater Der zweite Arbeitstag diente der Zu- den Provinzen Donatus Forkan, sagte zu Beginn der kunftsvision: „Der Orden in Europa in - Das Generalkapitel 2012 Konferenz: „Unsere Gesellschaft, die zehn Jahren“. Hierbei wurden vier The- Kirche, das Ordensleben, die Politik menbereiche angegangen, die auf der Auf die Themen wurde mit Referaten und die Wirtschaft befinden sich in Ebene des Gesamtordens, der Provinzen eingestimmt. Anschließend gingen die einer ernsthaften Krise. Viele unserer und der interprovinziellen Kommissi- Teilnehmer in Sprachgruppen, um die Dienstleistungen können nicht mehr onen bearbeitet und vertieft werden Inhalte zu diskutieren. Die unterschied- aufrechterhalten werden, weil einfach müssen: lichen Sichtweisen von Ordensbrüdern die Mittel fehlen. Krisen bergen aber und Mitarbeitern bereicherten die Klein- immer auch neue Möglichkeiten. Wir - Die Brüder und Mitarbeiter müssen gruppen sehr. Es bot sich die Möglich- müssen unserer Zukunft eine Chance sich als Einheit bei der Umsetzung keit, einen weiteren Schritt auf dem Weg geben und sie aktiv gestalten“. des Ordensauftrages verstehen. zur Hospitalfamilie zu beschreiten. Die - Die Bildungsarbeit und die Dialog- Ergebnisse wurden schriftlich festge- Am Nachmittag des ersten Sitzungstages prozesse zu den Werten und Prin- halten und anschließend im Plenum wurde das Beschlusspapier der 3. Eu- zipien der Hospitalität gehören zu präsentiert. ropakonferenz 2009 in Los Molinos in den vorrangigen Aufgaben. Gemein-
18 misericordia 6/11 · Barmherzige Brüder weltweit same Programme für Mitarbeiter und ment muss intensiviert werden. Brüder erscheinen besonders wichtig. - Grundsätzlich sollte der Erfahrungs- - Unerlässlich ist die Verbesserung und austausch und die Zusammenarbeit Intensivierung der Zusammenarbeit unter den Provinzen gefördert wer- der Einrichtungen in den Provinzen, den. der Provinzen untereinander und auf - Die Personalgewinnung und die Aus- europäischer Ebene. wahl für leitende Positionen werden - Gewünscht wird ein Erfahrungsaus- zur wichtigsten Aufgabe. Dabei wä- tausch zu den verschiedenen Ma- ren ordenseinheitliche Kriterien sinn- nagement- und Leitungsstrukturen voll. der europäischen Provinzen. Für die zukünftige Durchführung von Generalrat Frater Rudolf Knopp und Sa- Das Für und Wider der Eröffnung eines Generalvisitationen ist bei dieser Kon- bine Scheiblhuber beim Gespräch in der Büros bei der Europäischen Union in ferenz eine Ideensammlung entstanden. deutschen Sprachgruppe Brüssel wurde in Untergruppen rege Sie soll von der Europakommission und diskutiert, im Anschluss aber von den vom erweiterten Generaldefinitorium pitel müsse ein Anstoß für die Familie Teilnehmern der Konferenz einstim- diskutiert werden. Wünschenswert wäre des heiligen Johannes von Gott sein, um mig beschlossen. Die Kosten werden die Erarbeitung einer Handreichung für gemeinsam und universell die „Musik gemeinsam von allen europäischen Pro- Visitationen. der Hospitalität“ zu spielen. Die Ideen, vinzen getragen. Das Projekt ist auf fünf die von den einzelnen Arbeitsgruppen Jahre angelegt. Eine erste Auswertung Generalkapitel 2012 zur Gestaltung des nächsten Generalka- soll 2015 erfolgen. pitels eingebracht wurden, sollen ihren Vom 22. Oktober bis zum 9. November Niederschlag im Programm des Gene- Künftige Leitungsstrukturen 2012 findet das Generalkapitel in Fatima ralkapitels 2012 finden. (Portugal) statt. Im Abstand von sechs Bei der Frage nach den zukünftigen Jahren treffen sich Ordensbrüder aus In seiner Schlussansprache dankte Ge- Leitungsstrukturen ergaben sich fünf allen Provinzen der Welt und berufene neralprior Frater Donatus Forkan der Schwerpunktthemen: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um westeuropäischen Provinz für die groß- gemeinsam über zentrale Themen der artige Gastfreundschaft und überreichte - Flexible, an die Wirklichkeit ange- Familie des heiligen Johannes von Gott den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern passte Strukturen sollen dem Sen- zu beraten und zu beschließen. Blumensträuße und kleine Geschenke. dungsauftrag dienen und dessen Er führte aus, dass sich der Sendungs- Weiterentwicklung nicht verhindern. Pater Pascual Piles Ferrando führte die auftrag unseres Ordens nicht verändern - In den Strukturen muss sichergestellt Konferenzteilnehmer in die Leitlinien werde, „denn die Armen habt Ihr immer werden, dass die Stimmen der Be- eines Generalkapitels ein. Der ehema- bei Euch“ (Mk 14, 7). Die Frage, die treuten und der Patienten gehört und lige Generalprior betonte, dass ein Ge- sich der Orden immer wieder stellen beachtet werden. neralkapitel kein Arbeitsmarathon sein müsse, sei: „Wo finden wir den heiligen - Die Bildungsarbeit für das mittlere dürfe, sondern ein Ort, an dem der Hei- Johannes von Gott heute?“ Management und das Topmanage- lige Geist wirken kann. Ein solches Ka- Weiter sprach der Ordensgeneral da- von, dass in einer wirklichen Familie nicht die Starken dominieren, sondern die Schwachen mitgetragen werden. Deshalb sollten wir uns immer wie- der bewusst sein, dass die Menschen, denen wir dienen, den Mittelpunkt un- seres Handelns darstellen. In seinem Schlussplädoyer sagte Donatus Forkan sehr leidenschaftlich, dass der Platz der Laien in unserem Orden nichts Neues sei, sondern dass sie seit Johannes von Gott selbstverständlich zur Ordensfa- milie gehörten. Frater Eduard Bauer Sabine Scheiblhuber Fotos links und rechts: Musikdarbietung bei der Regionalkonferenz in Dublin
Barmherzige Brüder weltweit · misericordia 6/11 19 Ein erfolgreiches Projekt der westeuropäischen Provinz der Barmherzigen Brüder Charta zum Schutz der Rechte von Heimbewohnern Dass die Ordensgemeinschaft der Barm- Provinz. Wie bereichernd jedoch der Die Charta zum Schutz der Rechte von herzigen Brüder weltweit in verschie- Austausch über Provinzgrenzen hinweg Heimbewohnern ist von einem Ko- denen Sozialeinrichtungen tätig ist, ist sein kann, wurde den Teilnehmern der mitee der westeuropäischen Provinz vielen Mitarbeitern bewusst und doch 4. Europäischen Regionalkonferenz des 2004/2005 erarbeitet worden und wird erfolgt der Austausch von Ideen und Er- Ordens (siehe vorstehenden Beitrag auf seit etwa fünf Jahren erfolgreich in der fahrung vorwiegend innerhalb derselben Seite 17 f.) erneut bewusst. Unter den Praxis angewendet. verschiedenen vorgestellten Projekten fand die Erarbeitung einer Charta der Im konkreten Alltag eines Menschen mit Rechte für Menschen mit Behinderung Behinderung definiert die Charta Rech- in Einrichtungen der westeuropäischen te sowie Pflichten/Verantwortung des Provinz (Irland/ England) besondere Heimbewohners für folgende Bereiche: Beachtung. • Das Recht, eine Stimme zu haben Aufbau der Charta • Das Recht, meine Rechte zu kennen • Das Recht zur Auswahl Die Charta wurde in Anlehnung an die • Das Recht auf Würde und Respekt Charta der Hospitalität und einschlä- • Das Recht, frei von Vernachlässigung gigen Dokumenten der WHO (Welt- und Missbrauch zu sein gesundheitsorganisation) erarbeitet • Das Recht, Fürsprecher zu haben und orientiert sich an konkreten All- • Das Recht einer personenzentrierten tagsaspekten der Heimbewohner einer Planung solchen Einrichtung. Die Charta ist be- • Das Recht auf Zugang wusst kompakt gehalten und beleuchtet • Das Recht auf Freundschaften und jeden Aspekt des täglichen Lebens im Beziehungen Hinblick auf Rechte sowie Pflichten und • Das Recht auf Privatsphäre Die Titelseite der Charta Verantwortung. • Das Recht auf Gesundheitsversor- gung • Das Recht, informiert ein Risiko ein- zugehen • Das Recht, an Wahlen teilzunehmen • Das Recht, sinnvollen täglichen Ak- tivitäten nachzugehen • Das Recht zur Beschwerde • Das Recht, mein eigenes Geld zu kontrollieren Beispiel: Das Recht auf Zugang In dem Dokument wird das Recht auf Zugang in leicht verständlicher Sprache und mit Piktogramm (siehe Abbildung auf Seite 20) präzisiert. Es bedeutet: • Das Recht, in der Lage zu sein, alle öffentlichen Orte leicht aufsuchen zu können • Das Recht auf Weiterbildungsmaß- nahmen
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