Prävention und Therapie des pädiatrischen Emergence Delir
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Leitlinien und Empfehlungen Sonderbeiträge445 Guidelines and Recommendations Special Articles German guideline for prevention and therapy of S2e-Leitlinie: paediatric emergence delirium Prävention und Therapie S. Ghamari · C. Höhne · K. Becke · C. Eich · S. Kramer · A. Hoeft · J. Wermelt · R. K. Ellerkmann des pädiatrischen Emergence Delir* Zitierweise: Ghamari S, Höhne C, Becke K, Eich C, Kramer S, Hoeft A et al: Prävention und Therapie des pädiatrischen Emergence Delir. Anästh Intensivmed 2019;60:445–455. DOI: 10.19224/ai2019.445 Präambel kritischen Evidenzbewertung mit wis - senschaftlichen Methoden. Die metho- Die vorliegende Leitlinie befasst sich dische Vorgehensweise des Leitlinien mit der Prävention und der Therapie des entwicklungsprozesses entspricht den pädiatrischen Emergence Delir und der Anforderungen an eine evidenzbasierte Abgrenzung zur Emergence Agitation. (S2e-) Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft Diese Empfehlungen basieren auf einer der Wissenschaftlichen Medizinischen systematischen Literaturrecherche, loka- Fachgesellschaften e.V. (AWMF). len SOPs sowie der klinischen Erfahrung ausgewiesener Kinderanästhesisten un- Die Erstellung der Leitlinie erfolgte in terschiedlicher Zentren. Die vorliegende folgenden Schritten: Leitlinie entspricht einem Konsens, der 1. Definition der Suchbegriffe zu allen im Wissenschaftlichen Arbeitskreis Kin- Themenschwerpunkten und Festle- deranästhesie (WAKKA) der Deutschen gung der relevanten Datenbanken Gesellschaft für Anästhesiologie und 2. Systematische Recherche der wis- In tensivmedizin e.V. (DGAI) erarbeitet senschaftlichen Literatur, aber auch wurde. Suche nach bereits verfügbaren Standardleitlinien, Empfehlungen Preamble und Expertenmeinungen This evidence-based guideline is con- 3. Evaluation dieser Publikationen nach cerned with the prevention and therapy Evidenzkriterien des Oxford Centre of paediatric emergence delirium and for Evidence-based Medicine (Levels the delimitation of emergence agitation. of Evidence 2009; http://www.cebm. * AWMF-Reg. Nr. 001–035 These recommendations are based on a net/index.aspx?o=1025, Stand 04.04. Beschluss des Engeren Präsidiums der 2016) DGAI vom 09.11.2016. systematic literature research, local SOPs and clinical experience of designated 4. Konsensusverfahren, organisatori- paediatric anaesthesiologists from vari- scher und methodischer Ablauf der Schlüsselwörter ous centers. This guideline corresponds Leitlinienerstellung Kinderanästhesie – Emer- gence Delir – Prävention des to a consensus that was developed in Die Textversion dieser Leitlinie wurde pädiatrischen Emergence Delir the Scientific Working Group of Paediat- durch die Redaktionsgruppe unter Be - – evidenzbasierte Leitlinie – ric Anaesthesia (WAKKA) of the German rücksichtigung der aktuellen Literatur pädED Society of Anaesthesiology and Intensive erstellt. Die Leitlinienerstellung wurde Care Medicine (DGAI). durch Frau Dr. Cathleen Muche-Borowski Keywords (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaft- Paediatric Anaesthesia – lichen Medizinischen Fachgesellschaf- Emergence Delirium – Preven- Erstellungsprozess ten e.V., AWMF) methodisch begleitet. tion of Paediatric Emergence Der Erstellungsprozess dieser Leitlinie Die organisatorischen Vorbereitungen Delirium – Evidence-based basiert auf einer systematischen Litera- begannen im November 2015. Die Lite Guideline – paedED turrecherche sowie der anschließenden raturrecherche und Literaturbewertung © Anästh Intensivmed 2019;60:445–455 Aktiv Druck & Verlag GmbH
446 Sonderbeiträge Leitlinien und Empfehlungen Special Articles Guidelines and Recommendations erfolgte bis zum 04.04.2016. In meh- ausgeschlossen werden. Schließlich tigte sowohl Wirksamkeitsaspekte mit reren Konsensuskonferenzen zwischen wurden 121 Referenzen in die Analyse Berücksichtigung der Evidenzlage als Juni 2014 und März 2016 wurden die eingeschlossen. Die verwendeten Quel auch unter anderem die Aspekte der Si- Kernaussagen und Empfehlungen mit len und Zitierungen sind am Ende der cherheit, Praktikabilität und das Kosten/ der gesamten Leitliniengruppe abge- Leitlinie im Literaturverzeichnis aufge- Nutzen-Verhältnis. stimmt. Die redaktionelle Überarbeitung führt. Einige Empfehlungen, die keine Graduierung von Empfehlungen wurden des Volltextes, der evidenzbasierten Em- ausreichende wissenschaftliche Evidenz wie folgt definiert: pfehlungen und der Algorithmen nach hatten, jedoch durch den Konsens der den Konsensuskonferenzen erfolgte bis Expertenkommission im Rahmen der In Anlehnung an http://www.awmf.org/leitli- April 2016 durch die Redaktionsgruppen- klinischen Bedeutung für wichtig er- nien/awmf-regelwerk/ll-entwicklung/awmf- achtet wurden, sind ebenfalls mit in die regelwerk-03-leitlinienentwicklung/ll-ent- mitglieder Herrn Dr. Shahab Ghamari wicklung-graduierung-der-empfehlungen und Herrn Professor Dr. Richard Ellerk- Leitlinie aufgenommen worden. Zudem html (Stand: 19.02.2016). mann. Ergänzungen der Literaturliste fanden relevante Arbeiten Eingang in wurden noch bis zum 04.04.2016 be- die Leitlinie, welche von den Experten Empfeh- Beschreibung Formulierung lungsgrad rücksichtigt. Die vollständige Dokumen- nachbenannt wurden. A starke soll / soll nicht tation der einzelnen Schritte des Kon- Empfehlung sensusprozesses ist bei dem Leitlinien- Evidenz- und Empfehlungsgrad- B Empfehlung sollte / koordinator hinterlegt. Die Abstimmungs- schema sollte nicht ergebnisse wurden von der Redaktions- 0 offene kann erwogen gruppe in den Text eingearbeitet und Evidenzgrade wurden wie folgt definiert: Empfehlung werden / kann allen Mitgliedern zur Diskussion in verzichtet einem erneuten Delphi-Verfahren zur In Anlehnung an Oxford Centre for Evidence- werden Verfügung gestellt. based Medicine (Levels of Evidence 2009), http://www.cebm.net/index.aspx?o=1025 (Stand: 04.04.2016). Die Empfehlungsgrade wurden unter Auswahl der Literatur Stufe Evidenz-Typ Berücksichtigung der nun folgenden Aspekte erstellt. Es wurde eine umfangreiche Literatur IA wenigstens ein systematischer recherche anhand vorformulierter Review auf der Basis methodisch Im Vordergrund standen hierbei die hochwertiger kontrollierter, ethischen Verpflichtungen, die Patienten Schlüsselwörter durchgeführt. Die Suche randomisierter Studien (RCTs) erfolgte primär über Medline und wurde präferenzen, die Konsistenz der Stu- IB wenigstens ein ausreichend durch die Suche über das Deutsche dienergebnisse als auch die klinische großer, methodisch hochwertiger Institut für Medizinische Dokumentation RCT Relevanz (Eignung der Effektivitätsmaße und Information (DIMDI) ergänzt. In der der Studie für die verschiedenen Berei- IIA wenigstens eine hochwertige DIMDI-Suchmaske sind neben Med- Studie ohne Randomisierung che der Kinderanästhesie, Relevanz der line- auch die Embase- und Cochrane- IIB wenigstens eine hochwertige Kontrollgruppen). Weiterhin wurde das Datenbanken enthalten. Untersucht Studie eines anderen Typs Verhältnis zwischen erwünschten und wurden sämtliche in den Datenbanken quasi-experimenteller Studien unerwünschten Behandlungsergebnis- publizierte Arbeiten. Im Rahmen der III mehr als eine methodisch sen, die pathophysiologischen und kli- hochwertige nichtexperimentelle nischen Plausibilitäten als auch die An- Recherche (Januar 1960 – April 2016) Studie wurden anhand der Suchbegriffe 316 Ar- wendbarkeit auf die Patientenzielgruppe IV Meinungen und Überzeugungen berücksichtigt. Schließlich wurden die beiten identifiziert. Berücksichtigt wur- von angesehenen Autoritäten (aus den nur deutsche oder englischsprachige klinischer Erfahrung); Experten- Umsetzbarkeit in den ärztlichen Alltag Publikationen. Der Schwerpunkt lag auf kommissionen; beschreibende in Hinblick auf Leistungsfähigkeit, Res- Arbeiten, welche sich mit pädiatrischen Studien sourcenbedarf und -verbrauch und die Patienten befassten. Die Selektion des Schnittstellen zwischen den einzelnen Literatursuchergebnisses erfolgte mit In der Regel bestimmt der Evidenzgrad Leistungserbringern berücksichtigt. Schwerpunkt auf kontrollierten Studien, den Empfehlungsgrad, d.h. eine Empfeh- systematischen Übersichtsarbeiten, Meta- lung mit einem mittleren Evidenzgrad Erläuterungen zu den Empfeh- Analysen, Fallserien und Fallberichten. würde auch zu einem mittleren Empfeh- lungen des Leitlinienentwurfes Nach Sichtung der Abstracts, Ausschluss lungsgrad führen. Auf Grund der weiter von Duplikaten in DIMDI versus Med- unten genannten Aspekte kann es jedoch Die Einstufung der Leitlinienempfeh- line, Überprüfung der Relevanz und gelegentlich zu einem begründeten Auf- lungen erfolgt auf der Basis der best- nach Lektüre der Volltexte mussten wei- oder Abwerten des Empfehlungsgrades verfügbaren Evidenz (Evidenzgrad) und tere Studien aufgrund fehlender Rele- gegenüber dem Evidenzgrad kommen. der klinischen Beurteilung im formalen vanz oder mangelhaftem Studiendesign Die Stärke der Empfehlung berücksich- Konsensusverfahren (Empfehlungsgrad). © Anästh Intensivmed 2019;60:445–455 Aktiv Druck & Verlag GmbH
Leitlinien und Empfehlungen Sonderbeiträge447 Guidelines and Recommendations Special Articles Die Gründe für ein Abweichen des ten verfügbaren Evidenz anhand einer Finanzierung der Leitlinienerstel- Empfehlungsgrades vom Evidenzgrad systematischen Literaturrecherche durch können sich aus ethischen Erwägungen, lung / Interessenkonflikt die Redaktionsgruppe. Die überarbeite- klinischer Relevanz, Abwägung von Die vorliegende Leitlinie wurde durch ten Kernaussagen werden im Rahmen Nutzen und Risiken, Nebenwirkungen die Autoren der Leitlinie auf freiwilliger des geplanten Aktualisierungsverfahrens sowie der Anwendbarkeit der unter- Basis und ohne finanzielle Unter- veröffentlicht. suchten Interventionen in der Breite stützung erstellt. Jedes Mitglied der und Berücksichtigung von Konsistenz Leitlinien-Entwicklungsgruppe hat das Definition und Effektstärke der Studienergebnisse Formular zur Darlegung der Interessen- ergeben. Empfehlungen, für welche die Das pädiatrische Emergence Delir konflikte seitens der AWMF erhalten verfügbare externe Evidenz nicht ausrei- (pädED) ist nicht klar definiert. Aufgrund und unabhängig mit bestem Wissen chend bis nicht vorhanden ist, die aber einer Vielzahl verwendeter Messin und Gewissen ausgefüllt. Hierbei sind, erfahrungsgemäß für den klinischen Ab- strumente sowie der zum Teil synonym soweit vorhanden, verschiedenste be- lauf unabdingbar sind, können trotzdem verwendeten Begriffe „Emergence rufliche und private Interessen und Ver- nach Konsensusfindung den höchsten Agitation“ (EA) und „Emergence Deli- bindungen dargelegt. Die Bewertung der Empfehlungsgrad erhalten. Empfeh- rium“ und den Überschneidungen im potentziellen Interessenkonflikte erfolgte lungen, für welche der Evidenzgrad A klinischen Bild zwischen pädED und durch die Co-Autoren selbst, aber die vorliegt, können dagegen nach Konsen- Emergence Agitation ist eine Abgren- Stellungnahmen wurden im Nachgang susfindung wegen ihrer geringfügigen zung beider Begriffe schwierig. In dieser durch die Redaktionsgruppe kritisch klinischen Bedeutung einen niedrigeren Leitlinie wird der Begriff pädED als evaluiert. Hierbei kam die Redaktions- Empfehlungsgrad erhalten. Dementspre- Überbegriff für die Zustände Emergence gruppe zu dem Entschluss, dass keine chend sind die Hintergründe der Emp- Agitation und pädED verwandt. Bias oder Beeinflussung in Bezug auf fehlungen im anschließenden Volltext das Thema dieser Leitlinie vorliegen. Die Dabei ist es den Autoren wichtig, zwi- dieser Leitlinie diskutiert. Formblätter sind bei dem Leitlinienko schen Delir und Agitation zu differen- ordinator hinterlegt. zieren. Die Ursachen für beide Zustände können durchaus unterschiedlich sein Mitglieder der Leitliniengruppe und somit können therapeutische An- Gültigkeit und Aktualisierungs- Die Leitlinienkoordination erfolgte sätze ebenfalls unterschiedlich ausfallen durch Professor Dr. Richard Ellerkmann, verfahren (Abb. 1). Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie Die Gültigkeitsdauer der Leitlinie er- So kann eine durch Schmerzen, Hunger und operative Intensivmedizin, Univer streckt sich über einen Zeitraum von 5 oder die periphere Venenverweilkanüle sitätsklinikum Bonn. Jahren. Nach Ablauf dieses Zeitraums ist getriggerte Agitation kausal therapiert Dr. Cathleen Muche-Borowski, Arbeits- eine Aktualisierung der Leitlinie durch werden, während das pädiatrische gemeinschaft der Wissenschaftlichen die Mitglieder der Redaktionsgruppe Emergence Delir deutlich schwieriger Medizinischen Fachgesellschaften e.V. projektiert. Das Aktualisierungsverfahren zu therapieren ist. Ursächlich kommt (AWMF), Marburg, übernahm die metho- beinhaltet eine Prüfung und Bewertung es postoperativ wahrscheinlich häufiger dische Begleitung der Leitlinienentwick- der Kernaussagen anhand der aktuells- zu einer schmerzbedingten Agitation lung. Die Leitliniengruppe umfasste als Abbildung 1 Mitglieder: Agitation Delir Redaktionsgruppe: Dr. Shahab Ghamari, Professor Dr. Ursachen Ursachen Richard Ellerkmann • Schmerzen • rapides Erwachen? • Hunger/Durst • Nebenwirkung von Expertengruppe: • venöser Zugang Anästhetika? Professor Dr. Andreas Hoeft, Dr. Sylvia • Angst • Neuroinflammation? • Halluzinationen Kramer, Professor Dr. Christoph Bernhard • Diplopie Eich, Professor Dr. Claudia Höhne, Dr. Karin Becke-Jakob, Dr. Julius Wermelt Kontrolle der Literatur: Klinik Klinik • Kind schreit • kein Augenkontakt pädED Ursachen und klinisches Wissenschaftlicher Arbeitskreis Kinder- • schlägt um sich • desorientiert Erscheinungsbild der anästhesie der DGAI (Nachbenennung • akuter Beginn Agitation und des Delirs. relevanter Arbeiten durch die Experten). © Anästh Intensivmed 2019;60:445–455 Aktiv Druck & Verlag GmbH
448 Sonderbeiträge Leitlinien und Empfehlungen Special Articles Guidelines and Recommendations als zu einem Delir im eigentlichen Sinne. daher in ihrer Veröffentlichung vorge- terschiedlichen therapeutischen Ansätze Das Delir wird nach der ICD-10-GM- schlagen, lediglich die ersten 3 „Items“ bedenkt (Abb. 1 und Tab. 1). Klassifikation Version 2016 (Deutsches der PAED-Skala zu berücksichtigen (ED Institut für Medizinische Dokumentation I-Score, Tab. 1). Bei Werten ≥ 9 dieses Risikofaktoren und Information) wie folgt definiert: ED I-Scores kamen die Autoren in der Beurteilung eines postoperativen Delirs Verschiedenen Studien zufolge kommt „Ein ätiologisch unspezifisches hirnor- auf eine Sensitivität von 93% und eine es abhängig vom Eingriff, den durch ganisches Syndrom, das charakterisiert Spezifität von 94%. geführten Präventionsmaßnahmen, dem ist durch gleichzeitig bestehende gewählten Anästhesieregime, dem Aus- Störungen des Bewusstseins und der Im klinischen Alltag kann es dennoch maß der postoperativen Analgesie und Aufmerksamkeit, der Wahrnehmung, schwierig sein, in der akuten Situation der verwendeten Dokumentationsskala, des Denkens, des Gedächtnisses, der zwischen einem Delir und einer Agita- wie oben bereits erwähnt, zu differieren- Psychomotorik, der Emotionalität und tion zu differenzieren, zumal delirante den Inzidenzen des pädED zwischen des Schlaf-Wach-Rhythmus. Die Dauer Patienten auch agitiert sein können. 18 und 80% [49,114]. ist sehr unterschiedlich und der Schwe- Locatelli et al. haben in ihrer Studie regrad reicht von leicht bis zu sehr [79] keinen parallelen Schmerzscore Alter schwer.“ erhoben. Bereits 1961 konnte Eckenhoff [41] Sikich et al. definierten im Rahmen ihrer nachweisen, dass das Alter Einfluss auf Studie das pädiatrische postnarkoti- Im Sinne einer effektiven Qualitäts- die Inzidenz des pädED hat. Die höchste sche Delir als eine Bewusstseins- und kontrolle soll die Inzidenz des pädED Inzidenz mit 13% wurde damals bei Aufmerksamkeitsstörung des Kindes im im Aufwachraum anhand einer vali- 3- bis 9-Jährigen detektiert, im Vergleich Zusammenhang mit Desorientierung dierten Skala (Beispielsweise PAED zu 2,4% bei über 70-Jährigen. Ergänzend und einer gestörten Wahrnehmung, oder ED I) dokumentiert werden hierzu konnten Aono et al. beschreiben, hy peraktiv motorisches Verhalten und (Evidenzgrad IIA). dass die Inzidenz nach Sevoflurannar- eine Überreaktion auf äußere Reize im kosen im Vorschulalter (3 – 6 Jahre) mit unmittelbaren Zusammenhang einer Da Schmerzen vorhandene Delirscores 40% signifikant höher war, als bei Schul- Aufwachphase nach erfolgter Narkose beeinflussen [96] muss ein pädiatri- kindern (6 – 10 Jahre) mit 11,5% [8]. Im [101]. scher Schmerzscore (KUSS = kindliche Gegensatz zu Erwachsenen und Schul- Unbehagens- und Schmerzskala) im Auf- kindern, sind Vorschulkinder eventuell Um den Schweregrad des postoperati - wachraum erhoben werden, um besser weniger in der Lage, mit emotionalem ven Delirs zu quantifizieren, haben zwischen schmerzbedingter Agitation Stress in einer ungewohnten Umgebung Sikich et al. in ihrer Studie eine Skala und einem postoperativen Delir zu umzugehen, sodass das Auftreten eines (Pediatric Anaesthesia Emergence De - differenzieren [20]. pädED aufgrund der niedrigeren Frustra- lirium: PAED-Scale) von 0 bis 20 entwickelt (Tab. 1) und diese an 50 tionstoleranz häufiger beobachtet wird Die gezielte Dokumentation von Delir- [8]. postoperativen pädiatrischen Patienten kriterien (Frage 1 bis 3 des PAED-Scores) evaluiert [101]. Die Autoren errechneten versus Agitationskriterien (Frage 4 und 5 für einen PAED-Skala-Wert von ≥ 10 Vorschulalter soll bei Kindern als ein des PAED-Scores) versus Schmerzscores Risikofaktor für das pädED angesehen eine Sensitivität für das Vorhandensein kann für die Therapieentscheidung des werden (Evidenzgrad IIA). eines Delirs von 64%. Gleichzeitig pädED hilfreich sein, wenn man die un- diskutierten die Autoren aber auch die Schwächen dieser Skala, da der Einfluss von „Ruhelosigkeit“ und „Untröstbar- Tabelle 1 keit“ auf die Skala schmerzbedingt PAED-Skala aufgeteilt anhand Delir- und Agitationskriterien. Delirkriterien = ED I-Score (nach [79]. zu falsch positiven Ergebnissen führen Das Kind gar nicht ein etwas viel sehr viel kann, wobei hierbei kein Delir, sondern wenig mehr eine durch Schmerzen verursachte Delir- …hält Augenkontakt 4 3 2 1 0 Agitation vorliegt (Abb. 1). Wie lässt sich Kriterien zur Bezugsperson jedoch eine postoperative Agitation von (ED I-Score) …zeigt zielgerichtete 4 3 2 1 0 einem Delir unterscheiden? Entschei- Bewegungen dend bei der Differenzierung zwischen …nimmt seine Umwelt 4 3 2 1 0 der postoperativen Agitation und dem wahr Delir ist bei letzterem die fehlende Agitations- …ist unruhig/ruhelos 0 1 2 3 4 Kontaktierbarkeit und die fehlende Kriterien …ist untröstlich 0 1 2 3 4 Wahrnehmung der Umgebung [82]. (ED II-Score) Die Autoren Locatelli et al. [79] haben © Anästh Intensivmed 2019;60:445–455 Aktiv Druck & Verlag GmbH
Leitlinien und Empfehlungen Sonderbeiträge449 Guidelines and Recommendations Special Articles Präoperative Ängstlichkeit ADVANCE setzt sich zusammen aus: nergebnisse haben bisher gezeigt, dass Diverse Studien haben gezeigt, dass A = Anxiety-reduction, D = Distraction, eine suffiziente Analgesie maßgeblichen die präoperative Ängstlichkeit, im Eng- V = Video-modeling and -education, A = Einfluss auf die Inzidenz des pädED lischen als „anxiety“ bezeichnet, die Adding parents, N = No excessive reas- nimmt [30,32,42,47,55]. So konnte ge- Intensität des pädED beeinflusst [7, surance, C = Coaching, E = Exposure/sha- zeigt werden, dass die Verbesserung der 57,117]. Das Ausmaß der präoperativen ping. In der ADVANCE-Gruppe wurden postoperativen Analgesie, sei es durch Ängstlichkeit konnte wiederum durch sowohl die Eltern, als auch die Kinder Fentanyl [33,39,45,47,104], Nalbuphin Vermeidung jeglicher während der zuvor geschult, damit sie besser auf den [98], Gabapentin [97], Magnesium [1], Einleitung auftretender Nebengeräusche operativen Eingriff vorbereitet sind. Ketamin [3,37,67,107], Dexmedetomidin [64], den Einsatz von Clownärzten [50,53,54,100], Clonidin [34,74,76,83, [44,48,86,109,110], Musik [56], Hyp- Entscheidend ist nicht die Anwesen- 106,120], Dexamethason [69] oder nosemaßnahmen [21], Iphone-Induction heit der Eltern bei der Einleitung, den Einsatz verschiedener Regionalan- [81], Ablenkung in Form von Videoclips sondern eine effektive Angstreduktion ästhesieverfahren wie dem Fascia iliaca während der Einleitung [87] als auch des Patienten. Dies sollte mit dem Kompartment-Block [70], der Kaudalan- durch den Einsatz von Aufklärungsfilmen sogenannten ADVANCE-Bundle er- ästhesie [9,102] oder dem infraorbitalen für die Eltern vor der Operation [85,121] folgen, wobei die Eltern aktiv in den Nervenblock [116], einen positiven reduziert werden. Prozess eingebunden werden (Evi- Effekt hat. Regionalanästhesiologische denzgrad IB), kann aber auch durch Verfahren sollten daher supplementär Mehrere Studien untersuchten die An - Musik [56], Videoclips [87], Iphone- eingesetzt werden, falls keine Kontrain wesenheit der Eltern und deren Auswir- Induction [81] sowie Sedativa er- dikationen bestehen. kung auf die Angst der präoperativen folgen (Midazolam [25], Clonidin Kinder. Hierbei wurde „Eltern anwesend“ [6,105], Dexmedetomidin [43]; Evi- Eine präemptive Analgesie, ange- versus „Eltern nicht anwesend“ [4,12, denzgrad IB). passt an die Schwere des operativen 16,58,59,61–63,91,119], „beide Eltern Eingriffs, ist Grundvoraussetzung für anwesend“ versus „ein Elternteil anwe- send“ [60] sowie „Eltern anwesend“ ver- Operativer Eingriff eine niedrige Inzidenz des pädED Die Inzidenz des pädED hängt zudem (Evidenzgrad IA). sus „sedative Medikation“ [12,59,62,68] untersucht. Auch wenn die PPIA (Pa- vom operativen Eingriff ab. So lag die rental Presence during Induction of Inzidenz bei HNO-Eingriffen [41,114] Narkoseform Anaesthesia), also die Anwesenheit der höher als bei allgemeinpädiatrischen In anderen Studien konnte gezeigt wer- Eltern bei Narkoseeinleitung, in einigen Eingriffen. Ob dieser Unterschied allein den, dass Narkosen unter Inhala tions - europäischen Ländern zum Standard ge- durch die unterschiedliche postoperative anästhetika, wie zum Beispiel Sevoflu- hört, so konnte in den oben genannten Schmerzintensität erklärt werden kann ran oder Desfluran, mit einer höheren Studien bisher kein klarer Vorteil für PPIA bleibt unklar. Inzidenz des postoperativen Delirs ein- hinsichtlich präoperativer Ängstlichkeit hergehen, verglichen mit total intrave- gezeigt werden [84]. Eingriffe im Kopf-/Halsbereich (Stra- nöser Anästhesie [27,49,66,80,94,108]. bismuschirurgie, Bronchoskopien, Andere haben zeigen können, dass 2004 untersuchte Kain et al. 791 Kinder HNO-Eingriffe, MKG-Spalten-OPs, bereits ein Propofolbolus oder eine im Rahmen von operativen Eingriffen u.a.) stellen aber nachweislich einen Propofolinfusion von ca. 3 mg/kg zum mit Sevofluran, wobei vor der Einleitung Risikofaktor da (Evidenzgrad IIB). Ende einer Narkose mit volatilen Anäs- keine Prämedikation mit Midazolam erfolgte. Hierbei konnte nicht nur ein thetika die Inzidenz der postoperativen Bryan et al. zeigten im Rahmen ihrer Zusammenhang zwischen präoperativer Agitation senken kann [2,10,31]. Studie jedoch auch, dass ein pädED Ängstlichkeit und der Inzidenz eines ohne operativ erfolgten Schmerzreiz Ob bereits die Einleitung mit Sevofluran pädED gezeigt werden, sondern auch im Rahmen von MRT-Untersuchungen im Vergleich zur intravenösen Einleitung zwischen präoperativer Ängstlichkeit vorkommt, wobei die Inzidenz mit 9% zur Erhöhung der Inzidenz des pädED und postoperativen Anpassungsstörun- nach Sevofluran- und 4% nach Propofol- führt ist unklar. In einer Umfrage des gen, die über einen längeren Zeitraum narkosen deutlich niedriger angegeben wissenschaftlichen Arbeitskreises Kin- nach dem Eingriff noch nachgewiesen wird, als nach operativen Eingriffen [19]. deranästhesie wurde dieser Frage nach- werden konnten [57]. gegangen und 44% der Befragten be- In einer Folgestudie 2007 konnte die- Analgesie antworteten die Frage mit ja [78]. selbe Arbeitsgruppe zeigen, dass die Auch wenn Unruhezustände nach Wissenschaftliche Untersuchungen, die Inzidenz des postoperativen Delirs in nicht operativen Eingriffen vorkommen, diese Annahme belegen, existieren einer sogenannten ADVANCE-Studi- nehmen viele Autoren an, dass Schmerz nicht. Jedoch konnten Auerswald et al. engruppe im Vergleich zur Kontroll- ein wichtiger Risikofaktor des pädED ist zeigen, dass nach Maskeneinleitung mit gruppe reduziert werden konnte [59]. [18,28,36,38,70,89,90,93,118]. Studie- Sevofluran und anschließender TIVA © Anästh Intensivmed 2019;60:445–455 Aktiv Druck & Verlag GmbH
450 Sonderbeiträge Leitlinien und Empfehlungen Special Articles Guidelines and Recommendations nur in 36% der Fälle eine postoperative hin, dass ein postoperatives Delir durch im Vergleich zur Gasnarkose [14,22]. Agitation vermieden werden konnte, die präoperative Gabe von Midazolam Eine kurze zeitlich limitierte Propofol- versus 59% nach intravenöser Einleitung ausgelöst werden kann [40,115]. Die anwendung im Rahmen einer TIVA nach und anschließender TIVA. Ob diese postoperative Gabe von Flumazenil dem Anwendungsmodel von Short et Daten ein Effekt des Sevoflurans oder führte in diesen beiden Fallberichten al. [99] erscheint für Kinder als sicher, der „Stormy Mask Induction“, also einer innerhalb weniger Minuten zur kli- jedoch muss man auch an das geringe unkooperativen Maskeneinleitung und nischen Verbesserung. Die generelle Risiko eines durch Propofol induzierten somit einer erhöhten Ängstlichkeit zum postoperative Gabe von Flumazenil zur Infusionssyndroms, abgekürzt als PRIS Zeitpunkt der Einleitung geschuldet sind, Prävention eines postoperativen Delirs (Propofol Infusion Syndrome), denken, lässt sich nicht klären [14]. erwies sich in einer Studie von Araki dessen komplexe Pathophysiologie die et al. jedoch nicht als zielführend [13]. Mitochondrien involviert [111]. Um das TIVA-Narkosen verringern die Inzi- Risiko einer PRIS zu reduzieren, sollte denz des pädiatrischen Emergence Nach kurzen operativen Eingriffen die Anwendungsdosis bezogen auf 24 Delirs (Evidenzgrad IB). und oraler Gabe von Midazolam Stunden bei ≤ 4 mg/kg/h liegen und sowie langanhaltendem pädED sollte dadurch der katabole Stoffwechsel un- Da moderne volatile Anästhetika mit auch an eine paradoxe Reaktion auf terbunden werden [65]. Zu den häufigen einem verbesserten Blut-Gas-Vertei- Midazolam gedacht werden und eine Nebenwirkungen von Propofol während lungskoeffizienten eine höhere Inzidenz Therapie mit Flumazenil (0,02 mg/kg) eines operativen Eingriffs bis zu 60 Minu- der postoperativen Unruhe aufweisen in Erwägung gezogen werden (Evi- ten gehören der reversible Anstieg der Tri- als Halothan [75], wurde bereits gemut- denzgrad IV). glyceride und Plasmalipide als auch der maßt, dass ein Zusammenhang zwischen bauspeicheldrüsenspezifischen Enzyme raschem postoperativem Erwachen und [23]. Eine Propofolanwendung erscheint der Inzidenz eines postoperativen Delirs Präventionsstrategien als sicher, wenn bei einer 24 stündigen besteht [114]. Dies konnte in anderen Die Präventionsstrategien ergeben sich Applikation die Höchstdosis von 4 mg/ Studien bisher aber nicht eindeutig belegt bereits größtenteils aus den oben ge- kg/h nicht überschritten wird [73]. In werden [27]. Grundsätzlich erscheint es nannten Risikofaktoren. Während Alter Tabelle 2 sind relevante medikamentöse jedoch ratsam, pädiatrische Patienten und operativer Eingriff nicht beeinflusst Präventionsstrategien zur Vermeidung postoperativ ausschlafen zu lassen. Eine eines pädiatrischen Emergence Delirs, werden können, so sollte jedem Anästhe- ruhige Atmosphäre im Aufwachraum nach Empfehlungs- und Evidenzgrad sisten bewusst sein, dass bei einem Kind kann hierbei hilfreich sein. Ein großer gegliedert, aufgelistet. im Vorschulalter die Wahrscheinlichkeit Zusammenhang zwischen der Lautstärke eines pädED nach einem HNO-Eingriff im Aufwachraum und der Inzidenz des Therapieoptionen am höchsten ist. pädED wurde von 46% der Mitglieder des WAKKA bejaht [78]. Präventionsstrategien erstrecken sich Um das pädED zu therapieren, sollte hierbei auf nichtmedikamentöse und zunächst anhand einer validierten Paradoxe Reaktion auf Midazolam medikamentöse Maßnahmen. Nicht- Skala versucht werden, zwischen Delir Bereits Eckenhoff stellte 1961 fest, dass medikamentöse Strategien basieren auf und Agitation zu differenzieren. Hierzu die Prämedikation mit einem Barbiturat Minimierung der präoperativen Ängst- kann beispielsweise die PAED-Skala in ein Risikofaktor für ein postoperati- lichkeit durch oben genannte Maß- Zusammenhang mit der KUSS-Skala ves Delir darstellt [41]. Auch in der nahmen sowie auf der Beseitigung von dienen, um Schmerzen als Ursache ADVANCE-Studie von Kain et al. lag die postoperativen Ursachen einer Agitation für das pädED abschätzen zu können. Inzidenz des postoperativen Delirs in (Durst, Hunger, Anwesenheit der Eltern; Kann eine schmerzbedingte Ursache der Midazolamgruppe mit 20% doppelt Abb. 1). Eine japanische Untersuchung nicht ausgeschlossen werden, können so hoch wie in der ADVANCE-Gruppe konnte mit Elektrostimulation des Ak nach Ausschöpfung der nichtmedika- (kein Midazolam) [59]. In einer Studie kupunkturpunktes HT7 eine effektive mentösen Maßnahmen unter pulsoxy- von Cole et al. konnte gezeigt werden, Prävention des pädED zeigen [52]. metrischer Kontrolle intravenöse Opiate dass eine verzögert stattfindende Agita- Medikamentöse Strategien können zum Einsatz kommen. Auch sollte ver- tion fast ausschließlich bei Kindern zu zum einen auf eine Verbesserung der sucht werden, andere Ursachen für eine sehen war, die präoperativ Midazolam prä- und postoperativen Sedierung postoperative Agitation (Durst, Hunger, erhalten hatten [30]. Cho et al. konnten durch Dexmedetomidin [50,53,54,100], Angst etc.) auszuschließen, und den wiederum zeigen, dass die Dauer der Clonidin [34,66,74,76,83,106,120] oder Eltern sollte ermöglicht werden, ihr Kind Agitation nach Gabe von 0,5 mg/kg Midazolam [15] abzielen, wie auch auf zu beruhigen und zu trösten. Midazolam i.v. im Vergleich zu 0,3 eine Verbesserung der postoperativen Wenn eine Fremd- oder Eigengefähr- mg/kg signifikant verlängert war [25]. Analgesie (siehe oben). Zudem emp- dung besteht, hat sich der Einsatz von Vereinzelte Fallberichte weisen darauf fiehlt sich die Durchführung einer TIVA intravenösen Anästhetika bewährt. © Anästh Intensivmed 2019;60:445–455 Aktiv Druck & Verlag GmbH
Leitlinien und Empfehlungen Sonderbeiträge451 Guidelines and Recommendations Special Articles Tabelle 2 Zusammenfassung Medikamentöse Präventionsstrategien des pädED (MA = Meta-Analyse, SR = systematischer Review). Zusammenfassend kann festgehalten Medikament Art und Zeitpunkt der Evidenzgrad Empfeh- werden, dass das pädED ein häufig auf- Applikation lungsgrad tretendes Phänomen bei narkotisierten Midazolam oral, intravenös, rektal, [30]: 2b; [11]: 1b; [24] 1b; [26]: B Kindern im Vorschulalter ist. Man kann cave: nasal brennt! 1b; [72]: 1b; [77]: 1b; [112]: NR; [113]: 1b das pädED, dessen Ursache multifakto- riell anzusehen ist, nicht zu 100% ver- Alpha-2-Agonisten intravenös, intranasal, [5]: 1b; [92]: MA; [103]: MA; B (Clonidin, epidural [6]: 1b; [17]: 1b; [74]: 1b; [95]: hindern. Präventionsmaßnahmen sind Dexmedetomidin) SR & MA; [88]: 1b sowohl pharmakologisch (Analgesie und Propofol als TIVA oder am Ende der [66]: 1b; [10]: 1b B Sedativa) als auch nichtpharmakolo- OP gisch möglich. Grundsätzlich erscheint Analgesie durch präoperativ, intraoperativ, [117]: 1b; [9]: 2b; [71]: 1b B es ratsam, Eltern bereits im Vorfeld über u.a. Kaudalanäs- am Ende der OP das klinische Bild eines möglichen thesie oder Fascia pädED aufzuklären. Weiterhin sollten iliaca-Block Eltern darüber informiert werden, dass postoperative Verhaltensstörungen nach dem operativen Eingriff noch länger Hierbei kann die Gabe von Propofol in Prospektive randomisierte Studien zur anhalten können [29]. einer Dosierung von 0,5–1 mg/kg KG Therapie des postoperativen Delirs unter pulsoxymetrischer Kontrolle und existieren leider kaum. Eine Studie un- tersuchte den therapeutischen Effekt von Literatur Beatmungsbereitschaft Anwendung fin- den [35,51]. Alternativ kann auch die Physostigmin im Vergleich zu Placebo 1. Abdulatif M, Ahmed A, Mukhtar A, Gabe von Clonidin in einer Dosierung [46], ohne einen klaren Vorteil für Phy- Badawy S: The effect of magnesium von 2 µg/kg oder die Gabe von 1 mg/kg sostigmin erkennen zu können. sulphate infusion on the incidence and severity of emergence agitation in Ketamin S erfolgen. Die Therapieempfehlung, welche in children undergoing adenotonsillec- Laut einer Umfrage beim WAKKA konnte Abbildung 2 dargestellt ist, besitzt somit tomy using sevoflurane anaesthesia. die höchste Zufriedenheit hinsichtlich lediglich einen Evidenzgrad der Klasse Anaesthesia 2013;68(10):1045–1052 der Wirkung einer medikamentösen IV (Expertenmeinung). 2. Abu-Shahwan I: Effect of propofol on Therapie dem Propofol zugeordnet wer- emergence behavior in children after sevoflurane general anesthesia. Paediatr den – vor Clonidin und Dipidolor [78]. Anaesth 2008;18(1):55–59 3. Abu-Shahwan I, Chowdary K: Ketamine is effective in decreasing the Abbildung 2 incidence of emergence agitation in children undergoing dental repair under vor jeder Score-Erhebung für jedes Kind: sevoflurane general anesthesia. Paediatr ruhige und warme Aufwachumgebung, Kontakt zu Bezugsperson, kein grelles Licht Anaesth 2007;17(9):846–850 4. Akinci SB, Kose EA, Ocal T, Aypar U: The effects of maternal presence during Schmerzen können als Schmerzen können als anesthesia induction on the mother‘s Ursache nicht Ursache ausgeschlossen ausgeschlossen werden werden (KUSS4) ED I>9 (Delir wahrscheinlich) vior. Turk J Pediatr 2008;50(6):566–571 5. Ali MA, Abdellatif AA: Prevention of sevoflurane related emergence agitation in children undergoing adenotonsil- Analgesie z.B. mit • Dipidolor i.v. Eigen- und/oder Eigen- und/oder lectomy: A comparison of dexmedeto- (0,05–0,1 mg/kg) Fremdgefährdung Fremdgefährdung nicht midine and propofol. Saudi J Anaesth • Nalbuphin i.v. vorhanden vorhanden 2013;7(3):296–300 (0,1–0,2 mg/kg) 6. Almenrader N, Passariello M, Coccetti B, Haiberger R, Pietropaoli P: Premedication in children: a • Propofol 0,5–1 mg/kg i.v. konservative Therapie: comparison of oral midazolam and • Clonidin 2 µg/kg i.v. Kontakt zu Eltern aufrecht oral clonidine. Paediatr Anaesth • Ketamin S 1 mg/kg i.v. erhalten 2007;17(12):1143–1149 7. Aono J, Mamiya K, Manabe M: Therapieempfehlung des pädED. Preoperative anxiety is associated with a high incidence of problematic behavior © Anästh Intensivmed 2019;60:445–455 Aktiv Druck & Verlag GmbH
452 Sonderbeiträge Leitlinien und Empfehlungen Special Articles Guidelines and Recommendations Empfehlungen • Eltern sollten präoperativ über die Möglichkeit des pädED aufgeklärt werden (Empfehlungsgrad B). • Das pädED soll im AWR differenziert anhand einer validierten Skala für Schmerzen und gleichzeitig anhand einer validierten Skala für Delir erfasst werden (Empfehlungsgrad A). • Vorschulalter gilt als ein nicht beeinflussbareres Risiko des pädED (Empfehlungsgrad A). • Präoperative Ängstlichkeit gilt als Risikofaktor des pädED. • ADVANCE-Strategien (Schulung von Eltern und Kindern) können die präoperative Ängstlichkeit senken und sollten gegenüber der Midazolam-Prämedikation favorisiert werden (Empfehlungsgrad B). • Alpha-2-Agonisten (Dexmedetomidin, Clonidin; jede Applikationsform) sollten appliziert werden, um die Inzidenz des pädED zu senken (Empfehlungsgrad B). • Eingriffe im Kopf/Hals-Gebiet (HNO-Eingriffe, Bronchoskopien, MKG-Spalten-OPs u.a.) gehen mit einem erhöhtem Risiko eines pädED einher (Empfehlungsgrad B). • Postoperative Schmerzen erhöhen das Risiko eines pädED (Empfehlungsgrad A). • Regionalanästhesieverfahren sollten zur präventiven Analgesie eingesetzt werden, um die Inzidenz des pädED zu senken (Empfehlungsgrad B). • Moderne volatile Anästhetika erhöhen das Risiko eines pädED im Vergleich zur TIVA (Empfehlungsgrad B). • Propofolboli zum Ende einer inhalativen Anästhesie sollte zum Senken für das Risiko eines pädED in Betracht gezogen werden (Empfehlungsgrad B). on emergence after halothane anest- 13. 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