PRESS REVIEW Thursday, June 24, 2021 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal - Index of

Die Seite wird erstellt Daniela Scheffler
 
WEITER LESEN
PRESS REVIEW Thursday, June 24, 2021 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal - Index of
PRESS REVIEW

         Daniel Barenboim Stiftung
Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal

         Thursday, June 24, 2021
PRESS REVIEW Thursday, June 24, 2021 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal - Index of
PRESS REVIEW                                                       Thursday, June 24, 2021

Berliner Morgenpost, DIVAN, BSA, DB
Der aus Nazareth stammende und in Berlin lebende Geiger Yamen Saadi spielt bei Daniel Barenboims
Konzert in der Staatsoper

Rbb Inforadio, DIVAN, DB
„Konzert für Berlin“: Wenn man sich die Karte nicht leisten kann

Frankfurter Allgemeine Zeitung, DB
Martha Argerich, Daniel Barenboim und Anne-Sophie Mutter begeistern in der Hamburger Laeiszhalle

General-Anzeiger, BSA
Das Rolandseckfestival beginnt am Freitag im Kursaal von Bad Honnef

Perlentaucher.de, BSA
Eine nichtschwule Aura

Berliner Morgenpost
Die Deutsche Oper will ihr Saisonprogramm nur schrittweise ankündigen. Für den Neustart wird auf
verkaufsträchtige Opernklassiker gesetzt

Rbb Inforadio
Ein toller Ritt: ein Abend mit Michael Wollny

Süddeutsche Zeitung
Telemanns „Pastorelle en musique“ in Potsdam-Sanssouci

Berliner Morgenpost
Bayreuther Festspiele: Wagner vor 900 Zuschauern
PRESS REVIEW Thursday, June 24, 2021 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal - Index of
Süddeutsche Zeitung
Beethoven in Bagdad und das Erwachen einer Gesellschaft: Zur Premiere der deutsch-irakischen
Koproduktion „Egmont im Irak“

Die Zeit
„Vernon Subutex“ in Berlin und „Der Theatermacher“ in Frankfurt

Süddeutsche Zeitung
Eine Ausstellung im Deutschen Historischen Museum in Berlin zeigt die ersten Jahre der Documenta im
politischen Kontext

Berliner Morgenpost
Lockerungen in Berlin erst ab 3. Juli

Die Zeit
Auch der deutsche Rap wird von einer MeToo-Welle erfasst. Hoffentlich wird sich in der Szene etwas
ändern
PRESS REVIEW Thursday, June 24, 2021 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal - Index of
24.6.2021                                                                Berliner Morgenpost

            KULTUR                                                                                        SEITE 9 | MITTWOCH 23. JUNI 2021

            „Es geht zuerst um das Menschsein“
            Der aus Nazareth stammende und in Berlin lebende Geiger Yamen Saadi spielt bei Daniel Barenboims
            Konzert in der Staatsoper. Ein Treffen

            Geiger Yamen Saadi spielt im Gedenkkonzert für die „Opfer des israelisch-palästinensischen Krieges“. M. Gambarini

            Von Volker Blech

            Es gibt die Geschichte, wonach ein zehnjähriger Junge Daniel Barenboim ansprach,
            ob er beim West-Eastern Divan Orchestra mitspielen könne. Der Star-Dirigent
            meinte, dafür sei er doch noch viel zu jung. „Wenn es hilft“, hakte der Junge nach,
            „kann ich auch sagen, dass ich 21 bin.“ Der Vorschlag überzeugte im Jahr 2007
            nicht. Aber große Künstler können so wunderbar inkonsequent sein. Bereits ein Jahr
            später wurde der junge Geigenschüler zum Orchester eingeladen. Jetzt sitzt Yamen
            Saadi mir beim Gespräch in der Kantine der Staatsoper Unter den Linden gegenüber.
            Längst ist er ein gestandener, international gefragter Geigensolist. Beim „Konzert für
            Berlin“ spielt Saadi an diesem Mittwoch unter Leitung von Daniel Barenboim das
            erste Violinkonzert von Max Bruch. Übrigens: Das Stück hat er erstmals mit 15 Jah-
            ren in Israel gespielt.
            In Nazareth erhielt der Geiger seinen ersten Unterricht

https://emag.morgenpost.de/titles/bmberlinermorgenpost/10120/publications/965/articles/1375119/9/3                                           1/3
PRESS REVIEW Thursday, June 24, 2021 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal - Index of
24.6.2021                                                                Berliner Morgenpost

            Fröhliche Augen hat Yamen Saadi. Er ist ein offener und höflicher Künstlertyp, mit
            dem man gern redet. Geboren wurde er 1997 in Nazareth, wo er seinen ersten Gei-
            genunterricht am Barenboim-Said-Konservatorium bekam. „Es waren hauptsächlich
            arabische Studenten, aber die Lehrer kamen alle aus Tel Aviv“, erzählt Saadi: „Das
            Konzept war, der arabischen Community den Zugang zur klassischen Musik zu er-
            möglichen.“ Später wurde er von Chaim Taub, dem Konzertmeister des Israel Phil-
            harmonic Orchestra , unterrichtet. Seinen Bachelor machte er an der Barenboim-Said
            Akademie in Berlin. Derzeit studiert er an der noblen Kronberg Academy. Er hat be-
            reits eine Reihe von Stipendien und Preisen vorzuweisen. Seinen Hauptwohnsitz hat
            er in Friedrichshain.
            Über seinen Mentor Daniel Barenboim sagt Yamen Saadi, dass er so viel von ihm
            gelernt habe, „nicht nur, was die Musik, sondern auch, was das Welt­geschehen be-
            trifft. Für mich ist er eine Vaterfigur.“ Barenboim hat ihm auch viel anvertraut. Be-
            reits mit 17 Jahren wurde der Geiger Konzertmeister des West-Eastern Divan Or-
            chestra. Aber Yamen Saadi hüllt sich gern in Bescheidenheit. „Ich würde nicht von
            einer Vorbildfunktion sprechen“, sagt er: „Ich bin derjenige, der die Ideen des Diri-
            genten aufnimmt und für die Kollegen im Orchester übersetzt. Es ist eine Brücke
            vom Dirigenten zum Orchester.“ Und außerdem sei er nur der zweite Konzertmeister
            nach Michael Barenboim.
            Beim „Konzert für Berlin“ wird an diesen Mittwoch neben Bruch auch Beethovens
            5. Sinfonie gespielt. Wenn die berühmte Schicksals-Sinfonie auf dem Programm
            steht, gibt es häufig einen ernsten Anlass. Das Konzert in der Staatsoper Unter den
            Linden ist „den Opfern des israelisch-palästinensischen Krieges gewidmet“. Viele
            werden noch die Fernsehbilder von den nächtlichen Raketenangriffen aus Gaza auf
            Israel und die Straßenkämpfe in arabischen Wohnvierteln vor Augen haben. „Es ist
            eine schwierige Situation“, sagt der Geiger: „Ich habe Familie und Freunde in Naza-
            reth, in Haifa und in Tel Aviv. Man macht sich immer Sorgen um sie, egal, ob es ara-
            bische oder jüdische Menschen sind, und natürlich auch um die Menschen in Gaza.
            Ich finde es schwierig, sich nur auf eine Seite zu stellen. Man darf nicht vergessen,
            dass es zuerst um das Menschsein geht.“ Es gehe nicht um Zahlen, wie viele auf je-
            der Seite umgekommen seien, sagt Yamen Saadi, es gehe dabei immer um Men-
            schenleben. Es seien zu viele Kinder gestorben. „Das Blutbad muss aufhören.“
            Das Orchester ist ein Modell für das Zusammenleben
            Im West-Eastern Divan Orchestra spielen junge israelische und arabische Musiker
            gemeinsam. Aber der Nahostkonflikt geht natürlich nicht spurlos am Orchester vor-
            bei, heiße Debatten gehörten in den vergangenen zwei Jahrzehnten dazu. Bislang
            zählte es immer zum Grundkonsens, dass die Zweistaatenlösung als friedensstiften-
            des Modell zwischen Juden und Palästinensern favorisiert wird.

https://emag.morgenpost.de/titles/bmberlinermorgenpost/10120/publications/965/articles/1375119/9/3   2/3
24.6.2021                                                                           Berliner Morgenpost

            „Wir wissen nicht, ob es ein Staat oder zwei Staaten sein werden“, sagt Yamen
            Saadi, der Palästinenser mit israelischem Pass. „Der Divan ist ein Modell dafür, wie
            man zusammenleben kann. Oft stellen wir fest, dass wir uns viel ähnlicher sind als
            verschieden voneinander. Das Orchester ist ein humanitäres Projekt.“ Es ist immer
            einfacher, mit einem Musiker über Musik zu reden. Saadi schwärmt von Schubert.
            Aber eigentlich, sagt er irgendwann lächelnd, müsse er immer das Stück, was er ge-
            rade spiele, zu seinem Lieblingsstück machen.

            Berliner Morgenpost: © Berliner Morgenpost 2021 - Alle Rechte vorbehalten.

https://emag.morgenpost.de/titles/bmberlinermorgenpost/10120/publications/965/articles/1375119/9/3        3/3
24.6.2021                                   "Konzert für Berlin": Wenn man sich die Karte nicht leisten kann | Inforadio

Startseite   >   Programm   >   Kultur

Mi 23.06.2021 | 11:55 | Kultur
"Konzert für Berlin": Wenn man sich Karten nicht leisten kann
Für jeden sollte Kultur erschwinglich sein. Ein Verein ermöglicht deswegen benachteiligten
Menschen Kulturerlebnisse. Zum Beispiel das "Konzert für Berlin" am Abend in der
Staatsoper Unter den Linden. Dirigent Daniel Barenboim hat es den Opfern des
Nahostkonflikts gewidmet. Von Antje Bonhage

Stand vom 23.06.2021

  Beitrag hören

https://www.inforadio.de/programm/schema/sendungen/kultur/202106/23/580854.html                                            1/1
24.6.2021                                              https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/467175/9

        F.A.Z. - Feuilleton                                                                                        Mittwoch, 23.06.2021

                                         Entfesselter Enthusiasmus
        Martha Argerich, Daniel Barenboim und Anne-Sophie Mutter begeistern in der
        Hamburger Laeiszhalle.

        Jeder Tag, an dem er nicht Musik machen könne, hat Daniel Baren­boim gesagt, sei für ihn
        „ein verlo­re­ner Tag“. Ein ähnli­cher Enthu­si­as­mus glüht in einer Jugend­freun­din, der er vor
        73 Jahren in Buenos Aires erst­mals begeg­ne­te: Martha Arge­rich. Als die argen­ti­ni­sche
        Pianis­tin im Jahr 2018 in der Hambur­ger Laeisz­hal­le ihren „Proget­to Martha Arge­rich“,
        initi­iert 2002 in Lugano und dort nach fünf­zehn Jahren gedan­ken­los abge­wi­ckelt, fort­set­zen
        konnte, ließ sich Baren­boim morgens von Berlin nach Hamburg chauf­fie­ren, um mit ihr
        Musik von Robert Schu­mann und Claude Debus­sy zu spie­len. Dieses Revi­val ist eine kultu­-
        rel­le Großtat von Daniel Kühnel, dem Inten­dan­ten der Hambur­ger Sympho­ni­ker und der
        Laeisz­hal­le, die von vielen Musi­kern als der beste Konzert­saal Hamburgs favo­ri­siert wird.

        Zur Eröff­nung des drit­ten Festi­vals – das des vori­gen Jahres hatte ausfal­len müssen – war
        zum Auftakt ein amuse d’oreil­le ange­kün­digt: Ceci­lia Barto­li. Beglei­tet von Martha Arge­rich
        wie von Daniel Baren­boim, unter dessen Leitung sie ihre erste Opern­auf­nah­me gemacht
        hatte, sollte sie jene zaube­ri­schen Lieder darbie­ten, die Gioa­chi­no Rossi­ni als „Alters­sün­den
        bezeich­net hatte – „Péchés de vieil­les­se“. Doch die Mezzo­so­pra­nis­tin sprach mit der Stimme
        eines „basso profon­do“, als sie Daniel Kühnel mittei­len musste, dass sie nicht würde
        kommen können. Also muss­ten die Vielerfah­re­nen die Kern­stü­cke des Programms –
        Mozarts Sonate für zwei Klavie­re D-Dur KV 448 und Geor­ges Bizets „Jeux d’enfants“ – um
        zwei kleine Werke ergän­zen: Claude Debus­sys „Préludes à l’après midi d’un faune“ in der
        Fassung für zwei Klavie­re und Mozarts Andan­te für Klavier zu vier Händen KV501. Dass die
        beiden im Alle­gro con spiri­to der Sonate zunächst leich­te Koor­di­na­ti­ons-Proble­me hatten,
        deutet darauf hin, dass es nicht viel Proben­zeit für das Wech­sel­spiel der spru­deln­den Passa­-
        gen gege­ben hatte; und dass sie lange in einem Band mit Mozart-Sona­ten blät­tern muss­ten,
        um das Andan­te mit fünf Varia­tio­nen in G-Dur zu finden, lässt fast vermu­ten, dass sie vom
        Blatt spiel­ten – das gehört zum Hand­werk großer Könner.

        Alters­sün­den? Nein, durch­aus nicht, weil sie dem enthu­si­as­ti­schen Publi­kum mehr als
        routi­nier­te Perfek­ti­on boten, nämlich die ursprüng­li­che Freude am gemein­sa­men Musi­zie­-
        ren zu vermit­teln verstan­den. Dass aber „La Martha“ und „Danny“ immer noch die Pranke
        von Virtuo­sen hohen Ranges besit­zen, war in den „Jeux d’enfants“ von Geor­ges Bizet zu
        bestau­nen. Der Kompo­nist der „Carmen“ war, wie kaum bekannt, ein selbst von Franz Liszt
        bewun­der­ter Virtuo­se. In dem Marsch „Trom­pet­te et Tambour“ verwan­del­ten sich beider
        Hände in „Trom­pe­te und Trom­mel“ – welch wunder­ba­res jeu d’esprit!

        Und dass Martha Arge­rich nach wie vor über die ihr oft zuge­spro­che­ne „geschmei­digs­te
        Klavier­hand“ gebie­tet, bewies sie am zwei­ten Abend im Klavier­kon­zert B-Dur op. 19 von
        Ludwig van Beet­ho­ven. Im Ausklin­gen des Adagios setzte sie, mit Furor in den Final­satz
        stür­mend, das Tempo: nicht Molto alle­gro, sondern Presto, sodass auch die Hambur­ger
        Sympho­ni­ker zeigen konn­ten, dass sie unter ihrem Chef­di­ri­gen­ten Sylvain Cambre­ling einen
        bemer­kens­wer­ten Aufschwung genom­men haben.

https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/467175/9                                                                                 1/2
24.6.2021                                              https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/467175/9

        Martha Arge­rich hat ihren „Proget­to“ nicht als Festi­vi­tät zur Aufwer­tung eines touris­tisch
        attrak­ti­ven Stand­or­tes konzi­piert, sondern als musi­ka­li­sche Werk­statt für eine program­ma­-
        tisch abwechs­lungs­rei­che Konzert-Reihe ohne die Ritua­le und Zwänge des durch­ge­tak­te­ten
        Betriebs. In den fünf­zehn Konzer­ten zwischen dem 19. und 30. Juni steht sie vier­zehn­mal
        auf dem Podium der nicht von „Kultou­ris­ten“ heim­ge­such­ten Laeisz­hal­le. Dabei folgt sie der
        Maxime: „Ich liebe es, Klavier zu spie­len, aber ich mag es nicht so gern, Pianis­tin zu sein.“ In
        den meis­ten Konzer­ten, alle ohne Pause durch­ge­führt, ist sie Part­ne­rin von rund sech­zig
        Kolle­gen: zum einen von lebens­lan­gen Wegge­fähr­ten wie Daniel Baren­boim, Maria João
        Pires, Lilya Zilber­stein, Gidon Kremer, Mischa Maisky oder Renaud Capuçon, zum ande­ren
        von heraus­ra­gen­den jungen Musi­kern, denen der über­fäl­li­ge Dank des Ruhms noch nicht
        zuteil gewor­den ist.

        Diese Viel­zahl der Musi­ker ist auch ein Garant für die Viel­falt der Program­me, die nicht aus
        dem Kata­log des Verkaufs­tüch­ti­gen stam­men. Und dass man sich als Glei­che(r) unter Glei­-
        chen versteht, zeigt sich daran, dass alle Musi­ker dassel­be Hono­rar enthal­ten. Inten­dant
        Kühnel: „Es gibt wohl kein ande­res Festi­val dieser Größen­ord­nung, bei dem alle Mitwir­ken­-
        den im Grunde die glei­che – und zudem extrem mode­ra­te – Gage bekom­men. In unse­ren
        Augen macht das einen wesent­li­chen Unter­schied: Alle diese groß­ar­ti­gen Musi­ke­rin­nen und
        Musi­ker sind hier, um mitein­an­der und für das Publi­kum zu spie­len. Nichts ande­res steht
        im Vorder­grund.“

        Waren es die Ausstrah­lung von Martha Arge­rich und die Aura ihres Festi­vals oder die Über­-
        zeu­gungs­kraft von Daniel Kühnel, die Anne-Sophie Mutter dazu bewog, sich in den Freun­-
        des­kreis einzu­rei­hen? Zuvor hatte sie noch nie mit der Pianis­tin musi­ziert. „Mal sehen, wie
        das wird“, hatte Martha Arge­rich gesagt. Dem Vorspiel mit Beet­ho­vens Sieben Varia­tio­nen
        über „Bei Männern, welche Liebe fühlen“ – mit dem Cellis­ten Mischa Maisky – folgte die
        Sonate für Violi­ne und Klavier von César Franck: Und es wurde! Schon nach der Schluss­-
        stei­ge­rung des fina­len Alle­gret­to feier­te das Publi­kum die beiden Gran­des Dames mit
        stehen­den Ovatio­nen.

        Zum Triumph des Abends wurde die Auffüh­rung von Mendels­sohns Klavier-Trio d-Moll.
        Unver­gess­lich, wie die einmal mehr von einem Geschwin­dig­keits­rausch erfass­te Martha
        Arge­rich in der Elfen­mu­sik des Scher­zos ihre beiden Part­ner zu den tolls­ten Saiten­sprün­gen
        heraus­for­der­te. Begeis­ter­ter und bewun­dern­der Jubel – wann war das Hambur­ger Publi­-
        kum je so enthu­si­as­tisch zu erle­ben? Jürgen Kesting

https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/467175/9                                                          2/2
Print
Quelle:        General-Anzeiger, Königswinter vom 23.06.2021, S.10 (Tageszeitung / täglich ausser Sonntag, Bonn)
Auch in:       4 weiteren Quellen »
Auflage:       4.260                            Autor:         Mathias Nofze

           "Aufbruch" mit vier Konzerten
           Das Rolandseckfestival beginnt am Freitag im Kursaal von Bad Honnef
           Von Mathias Nofze                                       Mit diesem Stück startet das Ro-                eckfestival zu erleben, wird ihre 5.
                                                                landseckfestival am Freitag, 25. Juni,             Klaviersonate spielen.
           A    ufbruch" heißt das Motto des
                diesjährigen, 16. Rolandseckfesti-              um 20 Uhr. Das Michelangelo-Quar-
                                                                tett, bestehend aus Mihaela Martin
                                                                                                                      Am Sonntag, 27. Juni, wechselt das
                                                                                                                   Festival auf die linke Rheinseite und
           vals, veranstaltet von der Johannes-
           Wasmuth-Gesellschaft (JWG) mit Un-                   (Violine), Conrad Muck (Violine), Mi-              bietet in der Kleinen Beethovenhalle
           terstützung diverser Kooperations-                   chael Barenboim (Viola), und Frans                 in Muffendorf (Beginn ist 11 Uhr) Cla-
           partner. Die vier Konzerte finden von                Helmerson (Violoncello), betritt dafür             vecin-Werke von Rameau, danach
           Freitag, 25., bis Sonntag, 27. Juni                  die Bühne im Kursaal Bad Honnef.                   Strauss (Streichsextett aus der Oper
           statt, das Programm verantwortet als                 Auf dem Programm stehen außerdem                   "Capriccio"), Schumann (sechs kano-
           künstlerische Leiterin die Geigerin                  Kammermusik von Debussy und Dvo-                   nische Stücke) und Beethoven (Sep-
           Mihaela Martin.                                      rak sowie Lieder von Schubert.                     tett Es-Dur). Die Stücke von Rameau
              "Aufbruch", das fängt die Hoffnun-                   Am Samstag, 26. Juni, geht es um                interpretiert die Bochumer Pianistin
           gen und den Optimismus ein, die                      20 Uhr an gleicher Stelle weiter. Hier             Schaghajegh Nosrati, eine hochgelob-
           überall mit den Lockerungen der Co-                  schwingt eine andere Facette von                   te Bachspielerin, die als Assistentin
           rona-Einschränkungen        verbunden                "Aufbruch" mit, die als "Ausbrechen"               von Sir András Schiff an der Barenbo-
           sind. Aber man versteht das Wort                     aus gesellschaftlichen Konventionen                im-Said-Akademie in Berlin arbeitet.
           vom "Aufbruch" beim Festival auch                    zu verstehen ist. Werke von Clara                     Den Ausklang des Festivals bildet
           im engeren künstlerischen Sinne, als                 Schumann (Romanzen für Violine                     ein Open-Air-Konzert am selben Tag
           Aufbruch nach einer persönlichen                     und Klavier) und Fanny Mendelssohn                 um 18 Uhr auf der Festwiese vis-à-vis
           Krise, sei es Schaffenskrise, sei es                 (Streichquartett Es-Dur) erinnern an               des Arp Museums Rolandseck. Dort
           Krankheit. Mit "Heiliger Dankgesang                  komponierende Frauen, die sich im                  stehen unter anderem Lieder von De-
           eines Genesenen an die Gottheit"                     19. Jahrhundert ihre kreativen Frei-               bussy und die Suite aus Strawinskys
           überschrieb Ludwig van Beethoven                     heiten gegen vielerlei Widerstände er-             "Geschichte vom Soldaten" auf dem
           den langsamen Satz seines Streich-                   kämpfen mussten. Die Russin Galina                 Programm. Dem lockeren Freiluft-
           quartetts op.132. Erholt hatte er sich               Ustwolskaja wiederum wurde von der                 Ambiente wird man mit Norwegischer
           zuvor von einer ernsthaften Magen-                   offiziellen Kulturpolitik ihres Landes             Folklore (mit der Norwegerin Ragn-
           und Darmerkrankung, die die Vollen-                  ausgeblendet. Das spirituelle Wesen                hild Hemsing an der Hardanger-Fid-
           dung des Werkes verzögert hatte.                     vieler ihrer Werke, weshalb sie auch               dle) und Tangos von Astor Piazzolla
           Dass die sieben Buchstaben "genesen"                 mal griffig die "Gotikerin von Sankt               gerecht.
           knapp 200 Jahre später eine derartige                Petersburg" genannt wurde, missfiel                   Preise: Konzerte 1-3: jeweils 35,
           Konjunktur (neben "geimpft" und "ge-                 den Parteiideologen. Elena Bashkiro-               erm. 20 Euro, als Abo 75 Euro. Kon-
           testet") erleben würden, konnte er                   va, seit vielen Jahren beim Rolands-               zert 4: 30, erm. 15 Euro. Kartenvorbe-
           nicht ahnen.                                                                                            stellungen sind per E-mail möglich
                                                                                                                   bei: susanne@gundelach-bonn.de
           Alle weiteren Quellen: General-Anzeiger - Bonner Stadtanzeiger Bonn, Hardtberg • General-Anzeiger -
           Rhein-Ahr-Zeitung • General-Anzeiger - Rhein-Sieg-Zeitung Rhein & Sieg • General-Anzeiger - Rhein-Sieg-
           Zeitung Voreifel
           zum Anfang dieses Artikels                                                        zum Inhaltsverzeichnis

                                                                                                                                                            4
Internet
Quelle:     Perlentaucher.de vom 23.06.2021 (Internet-Publikation, Berlin)
                                              AÄW:            253 €
Visits:     542.960                           Reichweite:     18.098                           Autor:         k.A.
Abstract:   Der Historiker Jacob Eder, Professor für Geschichte an der Barenboim-Said Akademie in Berlin-Mitte, macht A. Dirk Moses ' "Kate-
            chismus der Deutschen" zwar geschichtedergegenwart.ch zwar ein paar pflichtschuldige Komplimente, kann Moses und seine religi-     Weblink
            ös aufgeladenen Sprache allerdings nicht folgen (unsere Chronik der Debatte).

                      Eine nichtschwule Aura
                      Götz Aly Ilja Braun Pascal Bruckner Thierry Chervel Thekla Dannenberg Daniele
                      Dell'Agli Lukas Foerster Thomas Groh Andre Glucksmann Jürgen Habermas Necla
                      Kelek Georg Klein Ekkehard Knörer Marie Luise Knott Wolfgang Kraushaar
                      Matthias Küntzel Eva Quistorp Anja Seeliger Wolfgang Ullrich Martin Vogel Arno
                      Widmann Rüdiger Wischenbart zum Archiv der Perlentaucher-Autoren

                      Kommentierter Rundblick durch die Feuilletondebatten. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10
                      Uhr.
                      23.06.2021. Ziemlich selbstgefällig findet Jan Feddersen in der taz die Empörung über die Uefa, die
                      verhindert hat, dass das Münchner Olympiastadion in einem Regenbogen erstrahlt - warum wohl
                      gibt es im deutschen Profifußball keinen einzigen offen schwulen Fußballer? Die SZ sieht's an-
                      ders. Die Presse ist gerettet: Zumindest wenn sich die Forderung nach 900 Millionen Euro Leis-
                      tungsschutzgeld jährlich allein von Google durchsetzt, die Corint Media laut Clap erhebt. In der
                      NZZ erklärt der Astronom Avi Loeb, warum er außerirdisches Leben für nicht unwahrscheinlich
                      hält.

                      Gesellschaft
                      Ziemlich selbstgefällig findet Jan Feddersen in der taz die Empörung über die Uefa, die verhindert
                      hat, dass das Münchner Olympiastadion in einem Regenbogen erstrahlt, um gegen die schwulen-
                      feindlichen Gesetze des EM-Gegners Ungarn zu protestieren: "Männerfußball ist zwar die zentrale
                      Sportart, das einzige Lagerfeuer der Republik, an dem sich alle irgendwie versammeln können,
                      doch zugleich gibt es in den Profi-Ligen keinen einzigen offen schwulen Fußballer. Vor diesem
                      Hintergrund ist es doch verwunderlich, mit dem Finger auf osteuropäische Länder wie Ungarn zu
                      zeigen. Ist nicht völlig falsch, aber: Ein Profifußballer in Deutschland, der sich als homosexuell ou-
                      tet, hat seinen Marktwert auf Anhieb um 90 Prozent gemindert. Denn zum Bild dieser Sportart ge-
                      hört eben auch eine nichtschwule Aura."
                      Stimmt schon, meint Gökalp Babayiğit dazu in der SZ, "auf den ersten aktiven Bundesligaspieler,
                      der ohne Angst zu seiner sexuellen Orientierung steht, wartet Deutschland bis heute." Aber die Ak-
                      tion "als angeblich unzulässige Vermischung von Sport und Politik abzustempeln, wie es Ungarn
                      versucht und wie es die auf ihre 'politische Neutralität' pochende Uefa in ihrer Ablehnung andeutet,
                      ist schlicht Quatsch. Für Rechte und Grundrechte aller Menschen einzutreten, ist kein politisches
                      Statement, das wie andere politische Aussagen so oder so ausfallen könnte. Es ist eine Selbstver-
                      ständlichkeit, zumal in einer Demokratie."
                      In der SZ ist Gerhard Matzig empört über die Behandlung der Jugend, nachdem Jens Spahn er-
                      neut den Wechselunterricht angedroht hat: "Es ist ignorant, wenn die Bedeutung der Jugend so
                      maßlos und zukunftsverdrossen unterschätzt wird. Das ist das eigentliche Politikversagen der
                      Gegenwart. Mehr als das ist es auch das Gesellschaftsversagen in einer Zeit, in der ständig von
                      Inklusion und Diversität gesprochen wird und in der Regenbogenfahnen gehisst und dabei zuver-
                      lässig exkludierend gehandelt wird, wenn es ans Eingemachte geht."

                      Kulturpolitik
                      Kann eine Smart City wirklich mehr sein als ein Megamarkt für die Wirtschaft und ein Überwa-
                      chungsparadies für den Staat? Vielleicht "muss eine smarte Stadt nicht eine komplett neue sein",
                      überlegt Robert Kaltenbrunner in der NZZ. "Der umtriebige Architekt und MIT-Forscher Carlo Ratti
                      sieht eine traditionelle Konstanz der urbanen Formgebung - viele Elemente der heutigen Stadt fan-
                      den sich schon bei den Griechen und Römern. Deshalb ist Ratti der Überzeugung, dass es im Digi-
                      taldiskurs nicht um den grundlegenden Um- oder Neubau von Städten geht. Vielmehr erhält das
                      Urbane ein neues Betriebssystem, weil sich das Sein und das Miteinander in den gegebenen
                      Strukturen und Räumen vollständig wandeln werden. Weswegen es vielversprechender sein mag,
                      den Smart-City-Potenzialen im gesellschaftlichen Leben - in und zwischen den Häusern - nachzu-
                      spüren, statt spekulative Visionen für gänzlich neue Städte zu erfinden."

                      Wissenschaft
                      Im Gespräch mit der NZZ erklärt der Harvard-Astronom Avi Loeb, warum er außerirdisches Le-
                      ben für nicht unwahrscheinlich hält. Dass es sich nie gezeigt hat, spricht nicht dagegen, meint er,

                                                                                                                                                     3
wir sind einfach nicht interessant für die da draußen: "Wir haben erst in den letzten hundert Jah-
ren Technologien entwickelt, die für solche Zivilisationen interessant sein könnten - Technologien,
die zeigen würden, dass auch wir eine intelligente Lebensform sein könnten, bei der sich ein Be-
such lohnen würde. In der gesamten Geschichte der Menschheit lassen sich Beispiele finden, wie
wir beim Versuch, uns gegenüber anderen überlegen zu fühlen, eine Menge Ressourcen für zerstö-
rerische Aktionen vergeudet haben. Das ist kein Zeichen von Intelligenz. Ein Zeichen für die Intelli-
genz einer Zivilisation ist für mich, dass sie von den Prinzipien der Wissenschaft geleitet ist, dass
sie evidenzbasiertes Wissen teilt und in Richtung einer besseren Zukunft zusammenarbeitet.
Das haben wir noch nicht erreicht, und allein schon das macht uns nicht ausreichend interessant
für außerirdische Zivilisationen. Wir müssen nach ihnen Ausschau halten, nicht umgekehrt."

Religion
In der neuen Kommission, die den islamischen Religionsunterricht in NRW gestalten soll, sitzt
jetzt wieder die Ditib, die faktisch der türkischen Religionsbehörde Diyanet untersteht. Liberale
Stimmen fehlen völlig. In der Welt fragt sich Joachim Wagner, ob man nicht das ganze Konzept
des staatlichen Islamunterrichts hinterfragen müsste. Der Integration dient er kaum: "In Baden
Württemberg und Nordrhein Westfalen besuchten zwischen 45 und 66 Prozent der Schülerinnen
und Schüler neben dem IRU weiter Koranschulen. Erschreckend ist die Verbreitung von Separati-
onstendenzen unter muslimischen Schülerinnen und Schülern trotz islamischer Religionsstunden.
In Nordrhein Westfalen wollen 68 Prozent von ihnen leben wie in der Heimat ihrer Vorfahren, in
Niedersachsen 62 Prozent."

Geschichte
Die Historiker Peter Brandt und Lothar Machtan haben vor einigen Tagen bereits in der SZ darge-
legt, dass die Hohenzollern nur deshalb heute unangemessene Ansprüche erheben können, weil
sie in der Weimarer Republik nicht nach den Regeln der Kunst enteignet worden waren (unser Re-
sümee). Heute schildern die beiden in der SZ den demokratiezersetzenden Einfluss der reaktionä-
ren, ehemals wilhelminischen Eliten in der Weimarer Zeit. Hindenburg war zwar alles andere als
ein Freund der Hohenzollern, und monarchistische Bestrebungen schienen um 1930 nicht mehr re-
alistisch. Aber dennoch "beteiligten sich Angehörige ehemaliger Fürstenhäuser mehr oder weniger
aktiv, mehr oder weniger prominent am antidemokratischen Zerstörungswerk; während andere,
so namentlich die bayerischen Wittelsbacher, in deutlicher Distanz, ja Opposition zumindest zur Hit-
ler-Bewegung blieben. War die Rückkehr der mittleren und kleinen Fürsten auf den Thron in den
1930er-Jahren kein Thema mehr, so setzten die Hohenzollern - der frühere Kaiser jedenfalls und
der Ex-Kronprinz Wilhelm - bis 1933 auf eine Restauration der Monarchie mithilfe der NSDAP,
womöglich nach dem Vorbild Mussolini-Italiens. Noch mehr aber engagierten sie sich als 'Zerstö-
rer' der Weimarer Republik; woraus sie auch nie einen Hehl gemacht haben."

Medien
Die deutsche Presse ist gerettet, sofern sie der Verwertungsgesellschaft Corint Media beitritt,
scheint es nach einer Meldung des Medienmagazins turi2, das sich auf ein anderes Medienmaga-
zin namens Clap bezieht. Hier wurde der neue Chef von Corint Media, Christoph Schwennicke,
interviewt. turi2 resümiert: "Die Verwertungsgesellschaft Corint Media fordert im Rahmen des Leis-
tungschutzrechts für Presseverlage bis zu 900 Millionen Euro pro Jahr allein von Google, sagt
Corint-Chef Christoph Schwennicke im Interview mit Clap. Das entspreche 10 bis 11 Prozent der
Einnahmen, die Google in Deutschland erwirtschafte. Voraussetzung für diese Summe sei aller-
dings, dass Corint Media die Rechte aller Verlage vertritt. Zuletzt hatte sich die Verwertungsgesell-
schaft beim Kartellamt über Google News Showcase beschwert. Sie befürchtet, dass Google die
Nachrichten seiner Partner-Verlage bevorzugt, Google widerspricht." Ein Auszug des Interviews mit
Schwennicke findet sich hier, allerdings ohne die Passage über die Forderungen an Google.

Europa
Die Zeit überlässt Wladimir Putin ihre Online-Seiten für seine ungefilterte Propaganda zum acht-
zigsten Jahrestag des Überfalls der Deutsche auf die Sowjetunion. Er nutzt die Gelegenheit um sei-
ne Version von der " ukrainischen Tragödie " zu verbreiten: "Europa unterstützte aktiv den be-
waffneten verfassungswidrigen Staatsstreich in der Ukraine. Damit hat alles begonnen. Wozu
war das nötig? Der damals amtierende Präsident Viktor Janukowitsch hatte ja bereits alle Forde-
rungen der Opposition akzeptiert. Warum organisierten die USA diesen Staatsstreich und unter-
stützten die EU-Staaten ihn willenlos und provozierten somit die Spaltung innerhalb der Ukraine
und den Austritt der Krim aus dem ukrainischen Staat?"
In der SZ warnt Wolfgang Janisch davor, den Grundsatz 'ne bis in idem' über Bord zu werfen, dass
man für eine Straftat nur einmal vor Gericht gestellt werden kann. Der Bundestag will diesen ural-
ten Rechtsgrundsatz diese Woche aufheben, wenn auch bisher nur für schwerste Straftaten wie
Mord, Völkermord und Kriegsverbrechen. "Dass solche Täter, freigesprochen aus Mangel an

                                                                                                        4
Beweisen, frei herumlaufen und womöglich Interviews geben, ist in der Tat eine bizarre Vorstellung.
Aber eben auch eine ziemlich theoretische ", meint Janisch angesichts der Tatsache, dass der
Entwurf einen Mordfall aus dem Jahr 1981 heranziehen musste, um die Notwendigkeit einer Re-
form zu begründen. Noch verstörender findet Janisch aber die Begründung, es sei "' unerträglich ',
dass ein freigesprochener Mordverdächtiger von der Justiz unbehelligt bleibt. Ist dies aber bei ei-
nem mutmaßlichen Vergewaltiger erträglicher? Oder bei Kinderschändern, Drogenbossen, Ter-
roristen? Müsste man nicht auch dem Staatsanwalt einen zweiten Versuch einräumen? Ist der
Geist erst einmal aus der Flasche, lässt er sich nicht mehr einfangen. Ein rechtskräftiger Frei-
spruch, bisher Schlusspunkt der Strafverfolgung, wäre dann nur noch ein Etappensieg."

Ideen
Der Historiker Jacob Eder, Professor für Geschichte an der Barenboim-Said Akademie in Berlin-
Mitte, macht A. Dirk Moses ' "Katechismus der Deutschen" zwar geschichtedergegenwart.ch zwar
ein paar pflichtschuldige Komplimente, kann Moses und seine religiös aufgeladenen Sprache aller-
dings nicht folgen (unsere Chronik der Debatte). Wie viele, die auf Mosres antworteten, scheint er
aber zu glauben,. es gehe Moses in erster Linie tatsächlich um die Vergangenheitsbewältigung in
Deutschland und verteidigt in erster Linie die Institutionen des Gedenkens in Deutschland: "Ihr
Handeln folgt keinem 'Katechismus', sondern Logiken, die sich aus der schwierigen und wider-
sprüchlichen Konfrontation mit Nationalsozialismus und Holocaust in der Bundesrepublik ergeben
haben. Ohne die Komplexität dieser Prozesse anzuerkennen, lässt sich Kritik am gegenwärtigen
Zustand der staatlichen Erinnerungspolitik weder präzise noch plausibel formulieren." In 3sat- "Kul-
turzeit" wurde Moses übrigens gestern interviewt.
René Pfister beschreibt im Spiegel, wie sich die " Critical Race Theory " in Amerika durchsetzt.
Eines ihrer Monumente ist die Artikelserie "1619" in der New York Times (unser Resümee), die be-
hauptete, dass Amerika letztlich auf der Sklaverei begründet sei. Erst spät regte sich Widerstand
gegen historische Ungenauigkeiten der Serie, so Pfister: "Die New York Times ließ daraufhin in ih-
rer Onlineausgabe heimlich die Aussage verschwinden, das Jahr 1619 sei das ' wahre Geburtsda-
tum ' der amerikanischen Nation. Und schob die Korrektur nach, wonach nur 'manche' Kolonialis-
ten den Unabhängigkeitskrieg für die Sklaverei geführt hätten. Doch kurioserweise tat der so offen-
kundige Versuch, Geschichtsschreibung in den Dienst einer Ideologie zu stellen, dem Renommee
der Artikelserie kaum Abbruch. Der Pulitzerpreis, mit dem sie ausgezeichnet worden war, wurde
nicht zurückgezogen, und sie ist immer noch Lehrmaterial an amerikanischen Schulen."
Der identitäre Antirassimus führt den Rassimus durch die Hintertür wieder ein, auch wenn er be-
hauptet, dass "Rasse" nur eine Konstruktion sei, schreibt Armin Pfahl-Traughber bei hpd.de:
"Gleichwohl ist das entscheidende Differenzierungsmerkmal dann doch wieder die Hautfarbe,
eben auch für die Identitätslinke. Sie nimmt darüber hinaus eine dualistische Einteilung vor, wo-
bei die Opfergruppe die Schwarzen und die Tätergruppe die Weißen sein sollen. Und damit sind
nicht mehr individuelle Einstellungen, sondern kollektive Zugehörigkeiten wichtig. Darüber hinaus
argumentiert man für die gemeinten Gruppen mit einer inneren Wesenheit. Dies macht die Auffas-
sung deutlich, dass das Gedicht einer schwarzen Lyrikerin nicht von einem weißen Übersetzer
übertragen werden könne.
In der NZZ denkt Dan Diner in einem sehr abstrakten Text über Anwartschaften von Mehrheiten
und Minderheiten nach, die neu ausgehandelt werden müssten: "Dies gilt nicht nur für die gegen-
seitige Verpflichtung der Generationen füreinander in Gestalt einer ausgewogenen Rechts- und
Erbfolge, sondern gilt einer ethnisch begründeten Verantwortung für den Zusammenhalt des Gan-
zen." Diner spricht damit wohl auch etwa Reparationsforderungen aus historischem Unrecht an:
"Im Extremfalle streben jene im Verfall begriffenen Anwartschaften dahin, die von ihnen bean-
spruchten zurückliegenden Zeitläufte in eine Legitimität, wenn nicht gar in eine Superiorität der
Herkunft zu verwandeln. Solche Metamorphose bedient sich in demonstrativer Geste der nach au-
ßen gekehrten nackten Haut."

Internet
Tomas Rudl wirft für netzpolitik einen Blick auf den deprimierenden Stand der seit 2015 geplanten
Modernisierung bzw. Digitalisierung der Bundesverwaltung und stöhnt auf: Das wird sich noch
bis 2032 hinziehen. Nach vielfachem Zuständigkeitsgerangel liegt die Verantwortung jetzt beim
Bundesinnenministerium. Doch "legte das BMI bis heute ' kein finalisiertes Grobkonzept vor',
heißt es im der Redaktion vorliegenden Bericht des Bundesrechnungshofs vom April. Stattdessen
befinde sich das BMI bis heute 'erneut in der Konzeptionsphase' - seit 2018. Somit ist keine ver-
lässliche Planung möglich, es fehlen Daten, Berichte und Handlungsempfehlungen. Die Folge: Oh-
ne diese Informationen müssen sich Behörden eigene Datengrundlagen für Entscheidungen schaf-
fen. Dies könne Projekte unnötig belasten und zudem für vermeidbare Mehrfachbeschaffungen sor-
gen, mahnte der Bundesrechnungshof."

                                                                                                       5
24.6.2021                                                                Berliner Morgenpost

            KULTUR                                                                                      SEITE 9 | DONNERSTAG 24. JUNI 2021

            Mit Wagner aus der Krise
            Die Deutsche Oper will ihr Saisonprogramm nur schrittweise ankündigen. Für den Neustart wird auf ver-
            kaufsträchtige Opernklassiker gesetzt

            Intendant Dietmar Schwarz (l.) und Generalmusikdirektor Donald Runnicles vor der Deutschen Oper Berlin. Foto: ffs

            Von Volker Blech

            Vielleicht seien sie etwas vorsichtig, sagte Intendant Dietmar Schwarz, und meinte
            eigentlich übervorsichtig. Bei der Saisonvorschau am Mittwoch betonte er, man
            wolle das Programm nur „schrittweise ankündigen“. Zunächst einmal reicht das ver-
            bindliche Angebot bis zum 15. Oktober, und der Vorverkauf dafür beginnt auch erst
            am 12. August. Wenn man etwas aus der Pandemie gelernt habe, so Schwarz, dann
            die Flexibilität. Die Deutsche Oper hat gegenüber den anderen Opernhäusern der
            Stadt einen Vorteil, der in einer Pandemie aber zum Nachteil wird. Es geht um die
            1850 Sitzplätze, die es allabendlich zu füllen gilt. Es ist eine Frage der Rentabilität,
            die mit Hygieneauflagen undenkbar ist. Insofern will man die Entwicklungen
            abwarten.

https://emag.morgenpost.de/titles/bmberlinermorgenpost/10120/publications/966/articles/1375929/9/3                                           1/3
24.6.2021                                                                Berliner Morgenpost

            Beiläufig verwies Schwarz auf die letzte Saisonvorschau, die an einem denkwürdi-
            gen Tag in Berlin stattfand. Denn eigentlich wollte man am 10. März 2020 vollmun-
            dig die großen Premieren ankündigen, stattdessen war die Nachricht des Vormittags,
            dass der Vorverkauf und die Abendkasse eingebrochen waren. 40 Prozent weniger
            Menschen wollten angesichts des unbekannten Coronavirus’ in die Oper gehen. Die
            Ängste wuchsen. Am frühen Nachmittag wurde aus München bekannt, dass die Kul-
            tureinrichtungen dichtmachen müssen. Danach wurde auch in Berlin die Reißleine
            gezogen. Schwarz sagte damals, dass die bis zum 19. April verordnete Schließung
            schon eine lange Zeit sei. Heute sind wir alle um vieles schlauer. Der Tag war auch
            der Anfang des Premierenstaus an der Deutschen Oper.
            Der Premierenstau aus der Pandemie wird abgebaut
            Zwei Produktionen werden jetzt in der neuen Saison zur Premiere gebracht. Marina
            Abramovićs spektakuläres Opernprojekt „7 Death of Maria Callas“, das ursprünglich
            für den vergangenen August angekündigt war, ist jetzt für den 8. und 10. April 2022
            avisiert. Es handelt sich dabei um eine Koproduktion mit der Bayerischen Staats-
            oper, wo die Premiere unter strengsten Corona-Auflagen bereits stattfand. Die musi-
            kalische Leitung liegt auch in Berlin in den Händen von Yoel Gamzou. Die Oper
            „Antikrist“ von Rued Langgaard, ein Werk zwischen Oper, Oratorium und szeni-
            scher Sinfonie, gehörte zu den ersten Corona-Opfern. Die Proben mit Regisseur Er-
            san Mondtag liefen bereits auf Hochtouren. Als neues Premieren-Datum wird der
            30. Januar 2022 angegeben. Stephan Zilias steht am Pult.
            Sir Donald Runnicles, Generalmusikdirektor der Deutschen Oper, beschrieb am
            Mittwoch das gute Gefühl des Neuanfangs. Er hatte gerade einige Vorstellungen von
            Richard Wagners „Rheingold“ dirigiert. Auch diese Oper befand sich im Premieren-
            wirbel. Der vierteilige „Ring des Nibelungen“ von Stefan Herheim, der die Longsel-
            ler-Inszenierung des einstigen Generalintendanten Götz Friedrich ablöst, startete in
            der Pandemie mit einiger Verwirrung. „Die Walküre“ hatte zuerst Premiere, „Das
            Rheingold“ folgte dieser Tage. Das Finale mit der „Götterdämmerung“ soll am 17.
            Oktober Premiere haben, „Siegfried“ zieht erst am 12. November nach. Was dann im
            Rahmen der ersten „Ring“-Aufführung stattfindet. Drei komplette Ringe sind an der
            Deutschen Oper geplant. Der erste findet vom 9. bis 14. November, der zweite vom
            16. bis 21. November und der dritte vom 4. bis 9. Januar statt.

https://emag.morgenpost.de/titles/bmberlinermorgenpost/10120/publications/966/articles/1375929/9/3   2/3
24.6.2021                                                                           Berliner Morgenpost

            Die Premiere des „Rheingold“ war ein künstlerischer Riesenerfolg. Überhaupt setzt
            das Charlottenburger Opernhaus auf Wagner, um aus der Coronakrise zu kommen.
            Intendant Schwarz betont, Wagner gehöre zum Opernhaus. Gemeint ist der Bayreu-
            ther Stückekanon plus „Rienzi“. Als nächste Wagner-Premiere ist für den 12. Juni
            „Die Meistersinger von Nürnberg“ angekündigt. Sir Donald berichtete über seine
            bisherige Zusammenarbeit mit Jossi Wieler und Sergio Morabito. Gemeinsam löst
            man zum Ende der kommenden Saison hin eine fast 30 Jahre alte Inszenierung am
            Haus ab. Es klingt vielversprechend, zumal Johan Reuter den Sachs singt und als
            Walther von Stolzing Startenor Klaus Florian Vogt ans Haus zurückkehrt.
            Zu den Neuproduktionen gehört Verdis Oper „Les Vêpres Siciliennes“ (Sizilianische
            Vesper), die in der Regie von Olivier Py am 20. März 2022 Premiere hat. Am Pult
            steht Enrique Mazzola. Franz Schrekers „Der Schatzgräber“ wird am 1. Mai 2022
            erstmals über die Bühne gehen. Für die Inszenierung ist Christof Loy angekündigt.
            Es dirigiert Marc Albrecht.
            Mit einem Ödipus-Spektakel wird die neue Saison eröffnet
            Mit einem Open-Air-Spektakel wird die neue Saison am 28. August eröffnet. Dafür
            wurde Mark-Anthony Turnages zweiaktige Oper „Greek“ ausgewählt. Theaterregis-
            seurin Pinar Karabulut erklärte am Mittwoch im typischen Theatersprech, was bei
            dieser Überschreibung des Ödipus-Mythos’ passieren wird. Es klingt nach einer wil-
            den Opernproduktion. Eddy heißt der neue Ödipus, der in einer Arbeiterfamilie im
            heruntergekommenen Londoner East End aufwächst. „Greek“ findet auf dem Park-
            deck statt.
            An diesen Veranstaltungsort wird sich das Berliner Publikum gewöhnen müssen.
            Zwei Sommer lang gibt es größere Sanierungsarbeiten im Orchestergraben, weshalb
            das Haus in der Zeit nicht bespielbar ist. 60 Jahre ist das von Fritz Bornemann ent-
            worfene Gebäude der Deutschen Oper inzwischen alt. Der Neubau war am 24. Sep-
            tember 1961 mit Mozarts „Don Giovanni“ eröffnet worden. Das kleine Jubiläum
            wird mit einer Ausstellung der Bildhauerin Ina Weber gefeiert, und in einer Diskus-
            sionsrunde wird auch Stararchitekt David Chipperfield erwartet.

            Berliner Morgenpost: © Berliner Morgenpost 2021 - Alle Rechte vorbehalten.

https://emag.morgenpost.de/titles/bmberlinermorgenpost/10120/publications/966/articles/1375929/9/3        3/3
24.6.2021                                            Ein toller Ritt - ein Abend mit Michael Wollny | Inforadio

Startseite   >   Programm   >   Kultur

Do 24.06.2021 | 07:55 | Kultur
Ein toller Ritt - ein Abend mit Michael Wollny
Er ist einer der jüngeren deutschen Jazzpianisten unserer Zeit. Spielerisch mischt er
verschiedenste Stile und hat gut ein Dutzend Alben veröffentlicht. "Mondenkind" heißt
Michael Wollnys jüngstes Solowerk, das er in der Berliner Philharmonie vorgestellt hat. Von
Hendrik Schröder

Stand vom 24.06.2021

   Beitrag hören

https://www.inforadio.de/programm/schema/sendungen/kultur/202106/24/579199.html                                   1/1
24.6.2021                                             https://epaper.sueddeutsche.de/webreader-v3/index.html#/809463/10

       Spek­ta­kel mit Vo­gel­ge­zwit­scher

       Te­l e­m anns „Pas­t o­r el­l e en mu­s i­q ue“ in Pots­d am-Sans­s ou­c i

       Hat Fried­r ich der Gro­ß e, preu­ß i­s cher Flö­t en­s pie­l er und Staats­l en­ker, in Pots­d am Sans­s ou­c i we­n igs­t ens sei­n e
       künst­l e­r i­s che Nach­fol­g e noch ge­re­g elt be­kom­m en? Es scheint so zu sein. Do­ro­t hee Ober­l in­g er ist ei­n e Meis­t e­r in
       des Flö­t en­s piels und seit Kur­z em In­t en­d an­t in der von Fried­r ichs könig­l i­c hen Schlös­s ern und Gär­t en in­s pi­r ier­t en
       Mu­s ik­fest­s pie­l e Pots­d am Sans­s ou­c i. Im frisch re­s tau­r ier­t en Schloss­t hea­t er Neu­e s Pa­l ais lei­t et Ober­l in­g er, am
       Pult ih­res En­s em­b le 1700, die Ko­m ö­d ie „Pas­t o­rel­l e en mu­s i­q ue“ von Ge­o rg Phil­i pp Te­l e­m ann, co­ro­n a­b e­d ingt nur
       vor 80 statt 225 Zu­s chau­e rn. Die Fest­s piel­p ro­d uk­t i­o n wird wei­t er­z ie­h en: zur Mu­s i­c a Bay­reuth, den Inns­b ru­c ker
       Fest­wo­c hen der Al­t en Mu­s ik und den Mag­d e­b ur­g er Te­l e­m ann-Ta­g en in der Ge­b urts­s tadt des gro­ß en Kom­p o­n is­-
       ten.

       Das ope­ret­t en­h af­t e Stück, ein „Schä­fer­s piel“ von 1715 um zwei wi­d er­s pens­t i­g e Hoch­z eits­p är­c hen, er­f uhr im 20.
       Jahr­h un­d ert ei­n en his­t o­r i­s chen Schick­s als­s chlag: Die Ro­t e Ar­m ee ver­s chlepp­t e 1945 die ein­z i­g e Par­t i­t ur nach
       Kiew, zu­s am­m en mit vie­l en Ma­n u­s krip­t en im No­t en­a r­c hiv der Ber­l i­n er Sing-Aka­d e­m ie. Erst 2002 ge­l ang die
       Heim­h o­l ung, zwei Jah­re spä­t er wag­t e die Ko­m i­s che Oper Ber­l in die sze­n i­s che Wie­d er­b e­l e­b ung. Die Par­t i­t ur ge­-
       hört jetzt der Ber­l i­n er Staats­b i­b lio­t hek.

       Wer nun ge­g laubt hat­t e, die po­l i­t i­s chen Ver­wer­f un­g en um die „Pas­t o­rel­l e en mu­s i­q ue“ könn­t en sich in ei­n er kon­-
       flikt­s charf „ak­t ua­l i­s ier­t en“ In­t er­p re­t a­t i­o n des Stücks wie­d er­f in­d en, ei­n er mo­d ern-grel­l en Bil­d er­s pra­c he, sah
       sich ge­t äuscht. Doch im­m er­h in: Die von Jo­h an­n es Rit­t er schön ge­m al­t e ar­k a­d i­s che Büh­n en­l and­s chaft mit Wald
       und Feld, die rhyth­m isch be­l eb­t en, auch et­was derb ge­f ass­t en Be­we­g ungs­s pie­l e der Dar­s tel­l er durch Re­g is­s eur
       Nils Nie­m ann, das al­l es hat Me­t ho­d e. Und ei­n en alt­m o­d i­s chen Charme.

       Frei­l ich geht es bei dem in Ges­t ik und Mi­m ik ba­rock durch­s ti­l i­s ier­t en De­b at­t en- und Ari­e n-Spiel zwei­e r Paa­re
       um et­was heut­z u­t a­g e ge­s ell­s chaft­l ich sehr Mo­d er­n es, Auf­re­g en­d es: um das Ge­f ühls­c ha­o s jun­g er Men­s chen, ih­re
       emo­t io­n a­l en Kon­f lik­t e und Wün­s che zum The­m a Bin­d ung und/oder Frei­h eit, For­m en­s tren­g e oder Läs­s ig­keit.
       Das Mäd­c hen Ca­l is­t e singt stolz und ko­l o­ra­t u­ren­re­b el­l isch „Frei­h eit soll die Lo­s ung sein“, Iris ent­p uppt sich als
       zu­t rau­l ich weit­h er­z i­g e­re jun­g e Da­m e. Bei­d e drän­g en ih­re Ga­l a­n e Amyn­t as und Da­m on in die zeit­g e­m äß ver­t rau­t e
       De­b at­t en- und Streit­k ul­t ur – mit ly­r i­s cher Stär­ke und Im­p ul­s i­v i­t ät Ly­d ia Teu­s cher und Ma­r ie Lys, et­was we­n i­g er
       ele­g ant, da­b ei be­h ä­b ig Coun­t er­t e­n or Alois Mühl­b a­c her und Flo­r i­a n Götz. Knir­f ix hei­ßt der kau­z i­g e Kri­t i­ker der
       bei­d en, mit Vir­g il Har­t in­g ers brum­m i­g er Gra­z ie. Das Spek­t a­kel in his­t o­r i­s cher An­m u­t ung, der Ga­l an­t e­r ie von
       einst ent­s pre­c hend und harm­l os heu­t e, soll oh­n e sar­k as­t i­s che Stör­m a­n ö­ver dem mu­s ik­t hea­t ra­l en Ge­n uss die­-
       nen.

       Für die Schär­fe der mu­s i­k a­l i­s chen Dik­t i­o n Te­l e­m anns hat Do­ro­t hee Ober­l in­g er am Di­r i­g en­t en­p ult ei­n e hell­wa­-
       che Auf­f as­s ungs­g a­b e. Die von ihr ge­g rün­d e­t e Ba­rock­b an­d a En­s em­b le 1700, rund zwan­z ig jun­g e Mu­s i­ke­r in­n en
       und Mu­s i­ker, hat sie trenn­s char­fes Mu­s i­z ie­ren ge­l ehrt, Phra­s ie­r ungs­t reue und Klang­f ar­b en­s inn. Und Ober­l in­-
       gers Tem­p e­ra­m ents­a us­b rü­c he blei­b en klug an die Par­t i­t ur ge­b un­d en. Ih­rer Vor­l ie­b e für Stil­v iel­f alt, für Me­l o­-
       diense­l ig­keit und spie­l e­r i­s che Vir­t uo­s i­t ät kommt die Mu­s ik des ge­g en­ü ber dem fast gleich­a lt­r i­g en Kol­l e­g en J. S.
       Bach oft un­t er­s chätz­t en Ge­o rg Phil­i pp Te­l e­m ann be­s on­d ers ent­g e­g en. Und Te­l e­m anns aus­g e­s pro­c he­n er Mut
       scheint sie schon lan­g e zu be­feu­e rn: Zwei Hör­n er, zwei schril­l e Trom­p e­t en und Pau­ke ne­b en Strei­c hern, Lau­t e
       und Cem­b a­l o in ei­n em Schä­fer­s piel auf­t rump­fen zu las­s en, von der rau­b ei­n i­g en Ou­ver­t ü­re an, das muss sich ein
       Kom­p o­n ist erst mal trau­e n.

       Tat­s äch­l ich schrieb Te­l e­m ann das Büh­n en­werk in sei­n er Mu­s ik­d i­rek­t o­ren­z eit zu Frank­f urt am Main, das Ewig­-
       keits­t he­m a Lie­b e lag dem frisch Ver­w it­we­t en na­h e: Drei­u nd­d rei­ß ig ­j äh­r ig hei­ra­t e­t e er hier ei­n e Sech­z ehn­j äh­r i­g e
       und zeug­t e mit ihr in sie­b en Jah­ren sechs Kin­d er. Die „Pas­t o­rel­l e“, das Fest­s piel mit Vor­w itz, me­l o­d i­s cher Bunt­-
       heit und tän­z e­r i­s chem Ge­n ie, mit ita­l ie­n i­s chen Ari­e n, fran­z ö­s i­s chen Airs und fre­c hen Chor­t a­b leaux, hat Do­ro­-
       thee Ober­l in­g ers Lust auf his­t o­r i­s ches Mu­s i­z ie­ren am his­t o­r i­s chen Neu­e n Pa­l ais Sans­s ou­c i Fried­r ichs des Gro­-
       ßen her­a us­g e­for­d ert. Für ein ba­ro­c kes Vo­g el­g e­z wit­s cher dar­i n greift sie dann rasch selbst mal zur Flö­t e.Wolf­-
       gang Schrei­b er

https://epaper.sueddeutsche.de/webreader-v3/index.html#/809463/10                                                                                             1/2
24.6.2021                                                                Berliner Morgenpost

            KULTUR                                                                                   SEITE 9 | DONNERSTAG 24. JUNI 2021

            Musik

            Bayreuther Festspiele: Wagner vor 900
            Zuschauern
            Bis zu 900 Zuschauer pro Vorstellung können die Aufführungen
            der Bayreuther Festspiele im Juli und August be-suchen. „Mit
            Freude und Erleichterung“ habe man die Zusage erhalten, die
            Festspiele mit dieser Zuschauerkapazität stattfinden lassen zu
            können, teilten die Bayreuther Festspiele am Mittwoch mit. Ab
            4. Juli um 14 Uhr können online Tickets gekauft werden. Die
            Festspiele beginnen am 25. Juli. dpa

            Berliner Morgenpost: © Berliner Morgenpost 2021 - Alle Rechte vorbehalten.

https://emag.morgenpost.de/titles/bmberlinermorgenpost/10120/publications/966/articles/1375929/9/4                                        1/1
24.6.2021                                            https://epaper.sueddeutsche.de/webreader-v3/index.html#/809463/10

       „Kul­tur ist stär­ker als Ter­ror“

       Beet­h o­v en in Bag­d ad und das Er­w a­c hen ei­n er Ge­s ell­s chaft: Zur Pre­m ie­r e der deutsch-ira­k i­s chen Ko­-
       pro­d uk­t i­o n „Eg­m ont im Irak“

       Die Pan­d e­m ie hat das Beet­h o­ven-Ju­b i­l ä­u m 2020 (250. Ge­b urts­t ag) welt­weit be­e in­t räch­t igt – auch im Irak. Im­-
       mer­h in wird in Bag­d ad nun ein Mu­s ik-Er­e ig­n is nach­g e­h olt. Am Don­n ers­t ag hat das deutsch-ira­k i­s che Mu­s ik­-
       thea­t er „Eg­m ont im Irak“ von Jo­h ann Wolf­g ang von Goe­t he mit Lud­w ig van Beet­h o­vens Schau­s piel­m u­s ik Pre­-
       mie­re. Es ist ei­n e Ko­p ro­d uk­t i­o n des Goe­t he-In­s ti­t uts und des ira­k i­s chen Kul­t ur­m i­n is­t e­r i­u ms. Zum Vi­d eo-Dop­-
       pel­i n­t er­v iew fin­d en sich in der ira­k i­s chen Haupt­s tadt die deut­s che Re­g is­s eu­r in As­t rid Vehstedt und der ira­k i­s che
       Di­r i­g ent Ka­r im Was­f i ein.

       SZ: Beet­h o­v en in Bag­d ad – wie kommt man dar­a uf?

       As­t rid Ve­h stedt : Vor zwei­e in­h alb Jah­ren ha­b e ich mit dem nie­d er­l än­d i­s chen Kom­p o­n is­t en Hans Rot­m an im Irak
       Work­s hops ge­g e­b en. Schon da­m als war uns klar: Wir wol­l en et­was zum Beet­h o­ven-Jahr ma­c hen – und zwar zu­-
       sam­m en mit dem Ir­a qi Na­t io­n al Sym­p ho­ny Or­c hes­t ra, das Ka­r im Was­f i di­r i­g iert. Dass es in Bag­d ad ein sol­c hes
       Or­c hes­t er gibt, trotz al­l er Schwie­r ig­kei­t en, hat uns sehr be­r ührt. Und dann hat­t e es auch noch Beet­h o­vens Ou­-
       ver­t ü­re von „Eg­m ont“ im Re­p er­t oire!

       Ka­r im Was­f i, Sie ha­b en vor ei­n i­g en Jah­ren Schlag­z ei­l en ge­m acht, als Sie in den Kra­t ern nach Bom­b en­a n­s chlä­g en
       Cel­l o ge­s pielt ha­b en. Wann sind Sie zu­l etzt in ei­n em Bom­b en­k ra­t er auf­g e­t re­t en?

       Ka­r im Was­f i: Es gibt we­n i­g er Au­t o­b om­b en in Bag­d ad, al­s o spie­l e ich der­z eit nur auf der Büh­n e. Die Men­s chen
       sind die Kon­f lik­t e leid. Ge­ra­d e nach der Pan­d e­m ie seh­n en sie sich nach der Rück­kehr ins Le­b en, nach der Ge­-
       mein­s chaft mit an­d e­ren Men­s chen – jen­s eits po­l i­t i­s cher Zer­w ürf­n is­s e. Sie hun­g ern nach Kul­t ur, nach Zi­v i­l i­t ät,
       wol­l en Bü­c her le­s en, ins Ki­n o ge­h en, stu­d ie­ren. Ih­re Kul­t ur ist ih­n en wich­t ig, ihr Er­b e, 6000 Jah­re Ge­s chich­t e.
       Vie­l es hat sich ver­ä n­d ert. Die La­g e ist deut­l ich we­n i­g er an­g e­s pannt als noch vor ein paar Jah­ren.

       Was be­d eu­t et Beet­h o­v en für den Irak?

       Was­f i : Sei­n e Mu­s ik, vor al­l em für „Eg­m ont“, sym­b o­l i­s iert für den Irak die Er­h e­b ung ge­g en das Un­recht, sie be­f lü­-
       gelt das Er­wa­c hen ei­n er Ge­s ell­s chaft. Ich glau­b e fest an ei­n en Pa­ra­d ig­m en­wech­s el durch Kunst, des­h alb ha­b e ich
       ei­n e Nicht­re­g ie­r ungs­o r­g a­n i­s a­t i­o n ge­g rün­d et, die „Peace Through Arts Glo­b al Founda­t i­o n“. Ich bin über­z eugt: Je
       mehr Kon­z er­t e wir spie­l en, des­t o we­n i­g er Au­t o­b om­b en gibt es. Kul­t ur ist stär­ker als Ter­ror.

       As­t rid Ve­h stedt, Sie wa­ren schon öf­t er in Bag­d ad. Was zieht Sie an den Ti­g ris?

       Ve­h stedt: Bag­d ad ist ein­z ig­a r­t ig. Die­s e ur­a lte Kul­t ur Me­s o­p o­t a­m i­e ns, ir­g end­e t­was da­von muss üb­r ig ge­b lie­b en
       sein, von die­s er Wie­g e der Zi­v i­l i­s a­t i­o n. Und die Stadt er­h olt sich, sie sieht jetzt viel freund­l i­c her aus als frü­h er.
       Im Ja­n u­a r 2020 flo­g en Kat­j u­s chas über mein Ho­t el, 2017 stan­d en über­a ll Check­p oints. Jetzt gibt es viel we­n i­g er
       Span­n un­g en.

       Kön­n en Sie sich al­l ein durch die Stadt be­w e­g en?

       Ve­h stedt: Ich war schon oft al­l ein in Bag­d ad un­t er­wegs, aber dies­m al hat das Aus­wär­t i­g e Amt ent­s chie­d en, dass
       wir uns an Auf­l a­g en hal­t en müs­s en. Wir be­we­g en uns prak­t isch nur vom Ho­t el zum Thea­t er und zu­r ück und wer­-
       den da­b ei von ei­n er ira­k i­s chen Si­c her­h eits­f ir­m a be­g lei­t et. Die Män­n er sind üb­r i­g ens voll da­b ei, sie sit­z en im
       Thea­t er bei den Tech­n i­kern und ha­b en schon ge­f ragt, ob sie auf der Büh­n e hel­fen kön­n en. Sie neh­m en sehr An­-
       teil an al­l em.

       Seit wann ar­b ei­t en Sie mit dem ira­k i­s chen En­s em­b le?

       Ve­h stedt : Wir ha­b en am 1. Ju­n i mit den Pro­b en be­g on­n en – mit ei­n em sehr gu­t en Team. Die Schau­s pie­l er ar­b ei­t en
       auf eu­ro­p äi­s chem Ni­veau, nur un­t er viel schwie­r i­g e­ren Le­b ens­b e­d in­g un­g en.

https://epaper.sueddeutsche.de/webreader-v3/index.html#/809463/10                                                                                          1/2
Sie können auch lesen