Gesellschaft für Deutsch-Chinesische Freundschaft (GDCF) Düsseldorf e.V - Ausgabe 90 (2/2014) 28. Jahrgang - GDCF Düsseldorf eV
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Gesellschaft für Deutsch-Chinesische Freundschaft (GDCF) Düsseldorf e.V. 杜塞尔多夫德中友好协会 Ausgabe 90 (2/2014) 28. Jahrgang
Auf ein Wort Mit dem „Darling-Treffen“ haben wir wieder einmal Neu- Wir freuen uns wieder auf den von der Stadt Düsseldorf land betreten: Zehn deutsch-chinesische (Ehe-)Paare trafen organisierten vierten Chinatag, der in diesem Jahr am sich im Februar zum ersten Mal in einem China Restau- 6. September auf dem Burgplatz stattfinden wird. Das rant. Dabei setzten sich die weiblichen und männlichen diesjährige Oktoberfest feiern wir in diesem Jahr nicht in Teilnehmer getrennt zusammen um sich über Angenehmes, einem Düsseldorfer Brauhaus, sondern direkt in Mün- Probleme und Möglichkeiten auszutauschen. Den Teilneh- chen. Dazu bereiten wir eine entsprechende Busreise mern hat das Treffen so gut gefallen, dass sie es jetzt alle 2 (ohne Übernachtungen) vor. Jeder kann mitfahren! Etli- Monate durchführen wollen. che Mitglieder fiebern der diesjährigen GDCF-Chinareise mit einer außergewöhnlichen Route durch die Provinzen Anfang Mai werden wir wie im letzten Jahr ein Bun- Sichuan, Gansu und Qinghai entgegen. Natürlich wird desligaspiel der Xiangqi-Spieler (chinesisches Schach) auch die Düsseldorfer Partnerstadt Chongqing besucht. ausrichten. Etliche Spieler aus Düsseldorf und Umgebung Details finden Sie in diesem Heft. haben bereits im Vorfeld Interesse daran angemeldet. Wir wollen versuchen im Rahmen des Turniers und danach Die Düsseldorfer Partnerstadt Chongqing ist auch der eine Xiangqi-Spielgruppe zu gründen. Die Arbeitsgruppe Schwerpunkt der nächsten Drachenpost. Denn im Herbst „Aktion Gastfreundschaft“ wurde umstrukturiert. Ab sofort wird das 10-jährige Jubiläum der Städtepartnerschaft finden deren Sitzungen wieder (fast) jeden 2. Donnerstag Düsseldorf – Chongqing gefeiert. im Monat um 19:00 Uhr im „Rosengarten“ statt. Etliche Aktivitäten für dieses Jahr sind bereits geplant. Und am 24. Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen Ihre Drachenpost- April findet das 50.(!) Probeessen der GDCF statt. Redaktion! Inhaltsverzeichnis 04 Kochrezept Köchin Frau Yan Ci 严慈 04 Vorteile einer Mitgliedschaft 05 Chinareise Michael Ruhland 07 Meine Heimat Changsha Ying Cao 11 Warum ich Mitglied der GDCF bin Klaus W. Dellith 12 Verbrauchermarkt in China Dirk Muckel 14 Fotoseite Neujahrsfest 15 Deutsch-Chinesischer Kulturaustausch für Kunst und Design e.V. Astrid Schütze 16 Interview Ursula Frommelt Astrid Schütze und Eckhard Kreier 22 Kurznachrichten 23 Rotarier in China Klaus W. Dellith Paul Harris Fellow 26 Gründungsaufruf Xiangqi Gruppe Sabine Lentz 27 Eine unerhört kurze Einführung in das chinesische Schach Marc van Gemmern 29 Homo Chinensis Duplex Wolfgang Kubin 31 Veranstaltungen / 33 Beitrittserklärung / 34 Ansprechpartner 3
Peking-Suppe 酸辣汤 Rezept aus GDCF-Kochkurs Köchin: Frau Yan Ci 严慈 Zubereitung: 1. Morcheln und getrocknete chinesische Pilze in warmem Wasser einweichen, dann in feine Streife schneiden, Frühlingszwiebel schneiden. 2. Tofu und Bambussprossen ebenfalls in feine Streifen schneiden, Fleisch in dünne Streifen schneiden. 3. Fleisch mit 1/2 TL Stärke, Reiswein und Fischsoße Zutaten: 80 g Schweinefleisch (Nackenkotelett) vermischen. 4 getrocknete chinesische Pilze 4. 600 ml Wasser kochen, dann Bambussprossen-, (冬菇 Donggu) Pilze-, Morchel- und Fleischstreifen ins Wasser 4 chinesische schwarze Morcheln geben und kurz kochen lassen. (木耳Muer) 5. Zucker, Salz und Sojasoße hinzufügen. Essig 100 g Tofu (豆腐) hinzufügen (2 EL, Menge nach Geschmack). 50 g Bambussprossen 1 EL Dunkle Sojasoße(老抽) 6. Stärke in kaltem Wasser auflösen, bei geringer 1 TL Zucker Hitze langsam zugießen und dann umrühren. 2 Eier 7. Eier leicht schlagen, bei starker Hitze langsam 3 g Pfeffer zugeben und verrühren. 1 EL Stärke 8. Eventuell Sojasoße hinzufügen, um gewünschte 2 EL Essig Farbe zu erreichen. 1 Frühlingszwiebel 9. Pfeffer hinzufügen, verrühren und Herd ausschalten. 1/ 2 TL Reiswein 3 ml Fischsoße 10. Frühlingszwiebel hinzufügen. Salz Welche Vorteile bietet eine Mitgliedschaft in der GDCF? Die GDCF ist eine gemeinnützige Organisation, d. h. ihre Tätigkeit ist nicht auf Gewinn ausge- richtet. Natürlich beinhaltet das aber auch, dass wir versuchen die meisten Aktivitäten kosten- neutral abzuwickeln. Trotzdem kostet unsere Arbeit Geld und die finanzieren wir hauptsächlich durch die Jahresbeiträge unserer Mitglieder. Aber dafür bieten wir unseren Mitgliedern auch einiges; z. B.: * Kostenloser Eintritt bei (fast) allen unseren Veranstaltungen (evtl. anfallende Eintrittskosten bei Kooperationspartnern übernimmt die GDCF) * Kostenloser Bezug unserer Vereinszeitschrift „DDP – Düsseldorfer Drachenpost“ per E-Mail und als Hardcopy. * Monatliche Informationen durch unseren Newsletter (per E-Mail). * Reduzierte Kosten beim Jahresabschlussessen und beim alljährlichen Spezialitätenessen. * Reduzierte Kosten bei sonstigen Aktivitäten wie Aktivenkonferenzen, diversen Freizeitangeboten und den Chinareisen. * Spezielle Aktivitäten und Veranstaltungen nur für Mitglieder. Aber es geht ja nicht nur um das Materielle. Mit einer Mitgliedschaft in der GDCF unterstützten Sie unsere ehrenamtliche Arbeit direkt und leisten einen wertvollen Beitrag zur deutsch-chine- sischen Völkerverständigung. 4
Unesco Weltnaturerbe Jiuzhaiguo Kokonor- oder Qinghai-See Abseits der Touristenpfade durch das Reich der Mitte Michael Ruhland Michael Ruhland, geboren 1960, beschäftigt sich seit seiner frühen Jugend intensiv mit dem Thema China. Mitte der 80er Jahre kehrte er nach einem mehrjährigen Sprachstudium in der VR China nach Deutschland zurück A m folgenden Tag geht es mit dem Zug in gut zwei Stunden nach Chengdu, der Haupt- stadt der Provinz Sichuan. Dort steht der Be- und lebt seither mit seiner chinesischen Frau in Düsseldorf. Regelmäßige Besuche in China vertiefen seine Kenntnisse such des taoistischen Klosters zur schwarzen über Land und Leute und machen ihn zu einem profunden Ziege und ein Bummel durch die Altstadt auf China-Kenner. Er ist seit vielen Jahren Stellvertretender Vorsitzender der GDCF Düsseldorf. Kontakte: m.ruhland@ dem Programm. A gdcf-duesseldorf.de und info@dcva.de m darauffolgenden Tag steht ein weiteres M an kann es fast schon eine kleine Tradition nennen, zum vierten Mal seit 2006 startet am 08. Oktober 2014 die große China-Reise der Highlight an. Mit dem Bus geht es zum Auf- zuchtzentrum für Pandas - der ideale Ort, um Pandas in ihrem natürlichen Lebensraum ken- Gesellschaft für Deutsch-Chinesische Freund- nenzulernen. Danach geht es weiter zum San- schaft Düsseldorf e.V. Für 16 Tage geht es durch xingdui Museum in Guanghan. Die Sanxingdui die Provinzen Sichuan, Gansu und Qinghai. Ruine am Yangtse, die als ein wichtiger Be- standteil der Quelle der M it dem Flugzeug geht es nonstop von Düs- seldorf nach Beijing und chinesischen Zivilisation bezeichnet wird, ist bis heute die größte archä- weiter nach Chongqing, ologische Entdeckung in der quirligen Millionen- China. Übernachtet wird stadt am Jangtse. 2014 Räucherstäbchen XXL in Mianyang, von wo es jährt sich zum zehnten Nacht in Chongqing am folgenden Morgen Mal die Unterzeichnung weiter nach Pingwu mit der Städtepartnerschaft seinem sehenswerten der Landeshauptstadt Tempel Bao’en Si geht. Düsseldorf mit der re- Hierbei handelt es gierungsunmittelbaren sich um einen buddhi- Stadt, die mit 28,85 Mil- Grotten von Dazu Huanglong Nationalpark stischen Klosterkom- lionen Einwohnern (Ende plex aus dem 15. Jahrhundert, welcher berühmt 2010) wohl unangefochten die weltgrößte Stadt für seine glasierten Dachziegel ist, wie sie in der sein dürfte. Auch mit 82.403 Quadratkilometern Kaiserlichen Stadt in Beijing verwendet wurden. Fläche setzt Chongqing Maßstäbe der Superla- Mit einer Größe von 278 mal 100 Metern ist es tive, ist es doch somit annähernd so groß wie eine der größten buddhistischen Tempelanlagen Österreich. Neben dem offiziellen Programm in Sichuan. besteht auch die Möglichkeit, die Stadt auf ei- gene Faust zu erkunden, bevor es am 10. Okto- ber mit dem Bus zu den nahegelegenen Grotten von Dazu geht. Die berühmten Felsskulpturen T ag acht und neun der Reise stehen ganz unter dem Zeichen Natur. Viele werden den Namen Jiuzhaigou schon einmal gehört haben, stehen auf der Liste des UNESCO-Welterbes. doch die wenigsten werden den chinesischen Nationalpark bereits besucht haben. Jiuzhaigou 5
schen Tibeter sind stolz auf das Longwu Kloster, denn es ist noch 200 Jahre älter als das Kum- bum Kloster in Huangzhong. Anfang der Yuan- Dynastie (1271-1368) wurde es als Kloster der Sakya-Schule aufgebaut. Erst seit der Wende von der Ming-Dynastie (1368-1644) zur Qing- Dynastie (1644-1911) untersteht es der Geluk- Unesco Weltnaturerbe Jiuzhaiguo pa-Schule. Nachmittags Fahrt nach Xining. Die besteht aus drei Tälern, die ein Ypsilon formen. Hauptstadt der Provinz Qinghai liegt auf 2900 Ein chinesisches Sprichwort sagt, wenn es auf m und wird fast ausschließlich von Tibetern be- der Erde tatsächlich ein Märchenland gäbe, wohnt. Unterwegs Besuch des Geburtsorts des wäre es das Jiuzhai Tal. Kein Wunder, die Berge 10. Panchan Lama. sind grün und anmutig, das Wasser ist kristallklar und buntfarbig. Am darauffolgenden Tag geht es zum Nationalen Waldpark Huanglong. Bei einer D ie Reise neigt sich dem Ende entgegen, doch noch gibt es ein abschließendes High- light, die Fahrt zum „Kloster der unendlich vielen kleinen Wanderung auf den Berggipfel, kann die Bilder Buddhas“, dem Kumbum Kloster. Dieses wunderschöne Karstlandschaft bewundert wer- Kloster spielte den, bevor es mit der Seilbahn wieder ins Tal bei der Bekeh- geht. Ein Bummel durch die Altstadt Sonpans rung der Mon- lässt den Tag ausklingen. golen zum La- A m nächsten Tag führt die Fahrt durch die endlose Steppe, welche fast nur von tibe- tischen Nomaden bewohnt wird. In Ruoergai maismus eine wichtige Rolle und wird da- wurden früher die berühmten Kriegspferde der her auch von chinesischen Armee gezüchtet. Nachmittags Kumbum Kloster vielen Mongo- Ankunft in Langmusi an der Grenze der Provin- len besucht. Der Begründer der „Gelbmützen- zen Sichuan und Gansu, Dort Besuch des Klo- Sekte“, Tsongkhapa, soll hier geboren sein. sters Taktsang Lhamo (Langmu Si). Am näch- Nachmittags geht es weiter zum Koko Nor See, sten Tag 17. Oktober) verlassen wir die Provinz dem größten Salzwassersee in China. „Koko Sichuan und betreten die Nachbarprovinz Gan- Nor“ bedeutet im mongolischen „blauer See“. Er su. In der Nähe der Stadt Hezuo besuchen wir liegt 3.194 m über dem Meeresspiegel und hat das Milarepa Kloster. Spät nachmittags Ankunft eine Gesamtfläche von 4.500 Quadratkilome- in Xiahe, der Hauptstadt des Tibetischen Au- tern. Er wird auch als “Perle auf dem Hochland” tonomen Bezirks Gannan. Xiahe ist bekannt bezeichnet und liegt eingebettet in einer bezau- für das berühmte Kloster Labrang, das neben bernden Landschaft, faszinierend und befremd- dem Kloster Kumbum das bedeutendste mona- lich zugleich. Spät nachmittags Rückfahrt nach stische Zentrum an der nordöstlichen Grenze Xining. des tibetischen Kulturraums ist. Das im Jahr 1710 gegründete Kloster gehört zu den sechs Säulen-Klöstern. Es diente über Jahrhunderte A m vorletzten Tag geht es nach Lanzhou, un- terwegs machen wir einen Abstecher zum buddhistischen Grottenkloster Binling. Hoch hin als Bindeglied zwischen dem tibetischen über dem Gelben Fluss liegen die „Grotten des und mongolischen Lamaismus. 1000-Buddha-Tempels“. Die ältesten Höhlen N un geht es Schlag auf Schlag. Immer tiefer und Nischen lassen sich auf das 4./5. Jh. n.Chr. dringen wir in die Welt des Lamaismus ein. datieren. Bevor am nächsten Tag die Heimreise Bei einem Besuch des Longwu (Rongwo) Klo- über Beijing angetreten wird, steht am Vormittag sters und des Wutun Klosters lernen wir die ti- noch der Besuch des Provinzmuseums (Sei- betische Rebgong-Kunst kennen. Die einheimi- denstrassen-Museum) an. 6
Xi Hu Lou – Eingangstor zum Restaurant Xi Hu Lou – Innenhof Meine Heimat Changsha Ying Cao Ying Cao wurde in der Provinz Hunan geboren. Sie studierte Finanzwesen an der Universität Hunan ist jedoch sehr kalt. Die Temperaturen gehen und anschließend Wirtschaftsingenieurwesen / dann bis zum Gefrierpunkt und tiefer. Diese Zeit Maschinenbau an der Universität Magdeburg. Sie lebt seit 10 Jahren in Deutschland und ist seit ist eine harte Zeit, weil nur selten Heizungen zur 2013 Mitglied der GDCF. Verfügung stehen. 曹樱,出生地湖南,湖南大学金融专业学士毕 业,马格德堡大学经济工程机械专业硕士毕 业。留德10年,2013年加入德中友协。 Wie andere alte chinesische Städte, wurde Changsha nach der Theorie des Feng-Shui C hangsha ist die Hauptstadt der Provinz Hunan. Mit sieben Millionen Einwohnern ist sie die zweitgrößte Stadt in der Mitte Chinas. auf die Schnittstelle eines Flusses und eines Berges gebaut. Der Xiang-Fluss, ein Neben- fluss des Yangzi, teilt die Stadt in zwei Hälften. Bereits seit über zweitausend Jahren existiert Eine Sandinsel von 5 km Länge, bekannt als die Changsha als eine wichtige Stadt südlich des Mandarineninsel mit vielen Mandarinenbäumen, damaligen Chinas und war einst sogar mehr- befindet sich in der Mitte des Flusses. Auf der mals ein eigenständiges Königreich, bzw. Herr- westlichen Seite vom Fluss steht der bekannte schergebiet. Yue Lu-Berg, einer der 72 Felsen des Südgebir- ges Chinas. Der Yue Lu-Berg ist die beliebteste Der Name „Chang Sha“ stammt aus der ural- Sehenswürdigkeit der Touristen in Changsha. ten chinesischen Astrologie von einem Stern Sein Hauptgipfel Yunlu ist 300 m hoch. Der Berg des südlichen Himmels, welcher dem Sternbild bekommt zweimal im Jahr eine rote Farbe durch Rabe 5 (5,2m/13,7m) in der europäischen Astro- die Natur verpasst. Im Frühjahr blühen die Aza- logie entspricht. Deshalb wird Changsha in der leen überall auf dem Berg als erstes Signal für Umgangssprache oft als die „Stadt des Sterns“ den Frühling. Im Herbst wird der Berg nach und genannt. Im Vergleich zu den größten chine- nach durch die roten Ahornblätter bedeckt und sischen Metropolen, wie Peking, Shanghai und zieht täglich über zehntausend Besucher an. Guangzhou, ist Changsha in China eine Stadt, wie Düsseldorf in Deutschland. Nicht so groß Essen: Im Vergleich zu anderen Städten, die und weltbekannt wie München, Hamburg oder sich weit südlich oder nördlich in China befinden, Frankfurt am Main, aber trotzdem sehr attraktiv, haben die Einwohner in Changsha viel mehr in ihrer eigenen speziellen Art. Auswahl auf dem Esstisch. Dank des feuchten Klimas können die Einwohner in Changsha in Klima und Umgebung: In Changsha herrscht allen vier Jahreszeiten frisches Gemüse ernten. ein subtropisches Klima mit hoher Luftfeuchtig- Das Hauptnahrungsmittel ist und bleibt natürlich keit und beheimatet somit vielfältige Pflanzen- auch in Changsha der Reis. Außer verschiedene sorten. Die vier Jahreszeiten unterscheiden sich Fleischsorten werden auch Süßwasserfische klar von einander: kurze Frühlinge und Herbste aus dem Xiang-Fluss gefangen und schmack- und lange Sommer und Winter. In den Sommer- haft zubereitet. Egal ob die Changsha’er Fleisch, tagen wird Changsha als „Backofen“ bezeich- Fisch oder Gemüse zubereiten, Chili in ver- net, wegen der unerträglichen Hitze. Der Winter schiedensten Variationen ist für die Menschen 7
Stadtviertel Ding Wang Tai angesiedelt und ge- hört zu den viertgrößten Buchmärkten Chinas. Von Kinderbüchern bis hin zu sehr speziellen Fachbüchern, man findet alles auf diesem rie- sigen Markt, der aus tausenden privaten Buch- geschäften besteht. Neben dem Selbststudium aus Büchern, hat man in Changsha bereits seit der Song-Dynastie, vor über tausend Jahren, die Xi Hu Lou – Frontansicht des gewaltigen Restaurantkomplexes beste Möglichkeit für Bildung und Forschung. in Changsha ein unverzichtbares Gewürz. Un- Die Yue Lu Akademie gehört zu einer der vier ter den 8 Hauptkochstilen Chinas, zeichnet sich größten Bildungszentren Chinas, die eine lange das Essen von Hunan insbesondere durch die Schülerliste mit bedeutenden Namen für die chi- scharfen Spezialitäten aus. Außer den offiziellen nesische Geschichte führt. Heute bildet die Yue Tafelgerichten, werden in Changsha vielfältige Lu Akademie weiterhin hochbegabte Studenten kleine Snacks als Spezialitäten sehr geliebt aus, als ein Teil der Universität Hunan. - natürlich viele davon auch sehr scharf. Wer solche Snacks gern einmal kosten möchte, geht am besten zum Feuertempel in die Altstadt. Vor 250 Jahren wurde dieser ursprüngliche Tempel für den Gott des Feuers in ein beliebtes Lokal für Geschmacksjäger umgewandelt. Heute bie- tet das Feuertempel-Restaurant für kleines Geld über 20 verschiedene Sorten von Snacks an und ist als Warenmarke registriert (Trademark). Ein weiteres bekanntes Restaurant in Changsha ist das „XiHuLou“, welches mit über 4.000 Plätzen als das größte Chinarestaurant der Welt gilt. Berühmtes Eingangstor zur Yue Lu Akademie Kultur und Bildung: In den vergangenen zwei tausend Jahren brachte Wirtschaft und Medien: Die Bürger in Chang- die Stadt Changsha meh- sha gelten eher hedonistisch, als arbeitstüchtig, rere Kriege hinter sich und und legen großen Wert auf Lebensqualität. Re- wurde mehrmals komplett staurants und Gastronomiebetriebe entwik-kel- zerstört und verbrannt. ten sich in Changsha besonders intensiv und Deshalb ist bis heute auch üppig, sowie andere Gewerbe rund um das The- kaum ein Antikrelikt in ma Freizeit und Genuss. Außerdem stehen die Changsha übrig geblieben. Changsha’er auf Individualität und sind außer- Mit Ausnahme von unzer- gewöhnlich offen für Neuheiten. Daher wagen störbarem und immateriel- die Medien in Changsha auch tapfer die außer- Vorlesungshalle in der Yue lem Erben, insbesondere gewöhnlichsten und innovativsten Programme Lu Akademie / Innenschrift die Leidenschaft zu Wissen und Programmformate einzuführen, die später „Vorbildlicher Pädagoge für zehntausend Jahre“ und Wissenschaften. Die- oft zu Trends des ganzen Landes werden. Heu- se Liebe der Bürger führte te ist „Hunan-TV“ das führende lokale Fernseh- zu regen Aktivitäten in der Geschäftswelt von unternehmen mit dem höchsten Umsatz und der Verlagen und Buchhandlungen. Vor einhundert höchsten Zuschauerquote in China. Hier arbei- Jahren entstand in Changsha ein Buchmarkt, ten die besten Köpfe in der Medienindustrie und der im Laufe der Zeit immer größer wurde. Nach des Entertainments. Zahlreiche talentierte Mo- zweimaligem Umzug ist der Buchmarkt heute im deratoren und Schauspieler wurden hier über 8
Nacht über die Provinzgrenzen Hunans hinaus Noch nie in Changsha gewesen? Dann seien berühmt. In Changsha ist das Nachtleben nie Sie herzlich willkommen zu einer Reise nach langweilig, egal ob man ausgehen oder zu Hau- Changsha, zum Glücklichsein und Genießen, se bleiben möchte. um in dieser zweitausend Jahre alten Stadt die besondere Lebenslust mit zu fühlen und zu er- Bis 2013 wurde Changsha bereits sechs Mal leben. zur Stadt mit dem höchsten Wohlfühlfaktor ge- wählt! 我的家乡_长沙 曹樱 长沙是湖南省的省会城市,居民人口七百 饮食生活:拜当地湿润 万。自两千多年前起就是中国南部的一大重 的气候水土之赐,长沙 要城市,曾经多次以诸侯国的形式存在过, 四季都有新鲜蔬菜,当 如今是中国中部 地人以米饭为主食。由 第二大城市。其 于处于长江以南紧靠湘 名字来自我国古 水,日常菜肴中除了肉 代天文学二十八 类外也包括各种水产, Chili, darf in keinem Essen 宿中轸宿里的一 饮食种类与其他南部或 in Changsha fehlen 颗星的名字,对 北部的城市相比要丰富 应西方天文学的 得多。无论是用蔬菜水产或是肉类做菜,各 Bahnhofsvorplatz in Changsha 乌鸦座5,长沙 种各样的辣椒总是长沙人餐桌上最不可缺少 也因此常被人们称为“星城”。长沙之于 的调味品,这也是中国八大菜系中属于湖南 北上广,就像杜塞尔多夫之于汉堡慕尼黑 的湘菜菜系最大的特色。湘菜菜肴讲究色泽 和法兰克福,并非一线大都市却自有其独 浓艳味道厚重,主味突出,令人百吃不厌。 特的魅力。 除了正式的餐桌菜肴外长沙还有着悠久的小 吃文化,而最有代表性的就是建于清代已有 气候环境:由于位于中国中部,长沙水土湿 超过250年历史的火宫殿了,这座旧时的火 润四季分明,植被也相当丰富。长沙的春天 神庙宇由于定期举行的庙会而渐渐成为了小 和秋天都比较短促,而冬夏则是绵长的。夏 吃的集中地,演变出各种平民气息浓郁的风 天的长沙是我国著名的几大火炉之一,其 味美食,至今被保留下来成为了长沙的传统 炎热不言而喻。而阴冷的冬天气温也可达零 老字号,深受市民的喜爱。另外可以同时待 下,因为湿度大没有普及暖气而特别的难 客超过4000人的西湖楼近几年才开始名声鹊 熬。和中国其他的古城一样长沙的选址也遵 起,据说是目前全世界最大的餐馆。 循了环山抱水的风水理念,长江的支流之一 湘江贯穿长沙全境,一条约5公里长的沙洲 文化传承:作为如此古老的一座城市,长沙 坐落江中,就是著名的橘子洲了,主要特产 的名胜古迹比比皆是。可惜的是由于历经多 自然是甜香可口的桔子。湘江西岸矗立着著 次战火,古城几度摧毁重建,因此城内的古 名的岳麓山,是南岳72峰之一,也是长沙市 迹有幸得以保留下来的寥若晨星。然而战争 最著名的风景区。每年岳麓山至少会被染红 摧毁只是一切有形之物,上至文豪政客下至 两次,先是春天山上的杜鹃花,它也是长沙 贩夫走卒,长沙城内的居民那深植血脉的对 市的市花,花开之时,满山树木葱绿,火红 于书本与文化的热爱却从未断绝过。因为市 的杜鹃点缀期间显得生机勃勃。进入深秋, 民爱书所以书籍刊印贩售交易活跃,早在民 火红的枫叶会覆盖整个山岭,这时山脚下的 国时期起长沙就渐渐形成了颇具规模的书 爱晚亭就成了游人最多的地方。 市。随着时代的变迁长沙的书市位置也一再 9
搬迁,从南阳街到黄泥街到如今的定王台, 书院之一。书院历朝历代弟子中出现过众多 几番发展壮大下来构成了一个巨大的图书批 深刻影响了中国历史的人物,因此深受教育 发交易中心,是我国四大书市之一。如今的 界以及学者们的推崇,才有大门上“惟楚有 定王台书市是一片汇集了无数私人门店的书 材,于斯为盛”的对联。今天岳麓书院仍然 山书海,无论是儿童启蒙画还是偏门的专业 在继续教书育人,属于湖南大学的一部分。 书籍都在其中占有一席之地,看似杂乱无章 其实永远紧跟市民阅读的爱好与文化走向。 经济产业:长沙人普遍事业心不强,重视生 长沙既有为普通市民学习交流信息需要的而 活品质。餐饮业与各种休闲娱乐相关的消费 服务在长沙特别的集中与繁荣,为市民提供 了丰富的夜生活。而且长沙人追求个性张 扬,对新生事物的开放与接受程度超乎寻常 的高,因此影视传媒也敢于在此地作出各种 最大胆的尝试,带动了娱乐传媒经济发展强 劲。湖南卫视现在已是中国大陆年收入和收 视率最高的地方电视台,网罗了一大批最优 秀的主持人和媒体工作者,也成就了无数艺 人一夜成名的梦想。 到2013年为止,长沙已经连续六年入选中国 Steintafel der Universität Hunan 最具幸福感的城市了。如果你还没有来过长 存在的书市,也有维系学术思想传承的文化 沙,欢迎利用闲暇计划一趟快乐之旅,体会 圣殿岳麓书院。岳麓书院正式建立于北宋年 一下这座千年古城的生机与活力。 间,是名副其实的千年学府,中国古代四大 10
Warum ich Mitglied der GDCF bin Klaus W. Dellith Klaus Dellith ist seit 2006 Mitglied der GDCF Düsseldorf. Seit er 1994 zum ersten Mal nach China reiste lies ihn das zusammensitzen, essen und sich oft, in einer für Land, seine Menschen und seine Kultur nicht mehr los. uns ungewohnten Lautstärke, unterhalten, da Zweimal pro Jahr ist er bestimmt in China, geschäftlich - aber auch privat. Sein Sohn und Familie leben in Shanghai, gibt es meist keine englische Speisekarte und die Enkelkinder besuchen dort die Deutsche Schule. Die auch keine Sprachkenntnisse. Man hat ja einen aus Taiwan gebürtige Schwiegertochter ist gerade mit dem TCM Studium fertig geworden. Seine Geschäfte für Zeigefinger, geht mit der netten, beflissenen Augenoptik und Hörgeräte hat er verkauft, arbeitet aber Kellnerin zum Nebentisch und zeigt auf das was noch immer jeden Tag und ist dabei mit bald 85 auch noch fit und glücklich. Kontakt: dellithkw@aol.com man dort isst und auch gerne haben möchte. Der Kontakt ist da und die spätere freundliche 1994 war meine erste Reise nach Fernost - zu- Einladung zum Schnaps war meist nicht zu ver- nächst war es Hong Kong, später Vietnam. Dann meiden. Verstanden hat man nur Bahnhof aber geschäftlich nach Shenzhen und dort hat mich, es war lustig und über was, wen, warum gelacht aus welchen Gründen auch immer, der China- wurde war überhaupt nicht wichtig. Virus befallen, den ich bis heute nicht losgewor- den bin. Ein Jahr ohne zweimal in China gereist Was das mit der GDCF zu tun hat? Erst mal zu sein, kann ich mir gar nicht mehr vorstellen. nichts! Irgendwann las ich aber von der Jah- reshauptversammlung der GDCF und dachte: Hong Kong, Beijing, Shanghai und ein Dutzend „Geh’ doch mal gucken.“ Nun sind solche JHV’s weitere Städte waren bis heute das Ziel. Es wa- leider meist schlecht besucht und nicht gerade ren keine Touri-Tours, sondern abseits dieser Highlights. Diese unterschied sich kaum von Touren. Wo immer ein Fähnchen schwenkender den vielen andern die man im Laufe der Jahre Guide voraus lief, wollte ich nicht hin, sondern besuchen musste, aber sie weckte mein Inte- eigene Erfahrungen sammeln: “gute wie auch resse und ob ich mich sofort angemeldet habe schlechte.“ Es waren - bis auf eine Ausnahme - oder nicht, wer weiss das noch. Nun bin ich da- nur gute. Durch die Hutongs streifen, sich dort in bei, gerne und das seit vielen Jahren. Engagiere den Läden und Märkten umsehen, ein Schwätz- mich ab und zu, bin Mitglied der DDP-Redaktion chen mit gestikulierenden Händen, lächeln und und schreibe den einen oder anderen Artikel, die paar Worte Chinesisch die man so drauf der jedoch meist, man möge mir verzeihen, auf hatte, das zeigte mehr von der Lebensart als den letzten Drücker erst kurz vor der Deadline auf den Boulevards in den riesigen Städten, die eintrudelt. Die Treffen zum Probeessen, zum man genau so gut in Berlin, Mailand oder New Kochen, die Veranstaltungen, das Grillfest, der York findet. Sprachstammtisch, die Fahrten zum Besuch von Museen und Ausstellungen bringen immer Chinesisches Essen: meinen ersten Eindruck wieder Deutsche und chinesische Mitbürger zu- wie gut man dort essen kann, bekam ich anläss- sammen. Dieses Gemeinsame sollte eigentlich lich einer Einladung zu einem Dinner in Hong Grund genug sein Mitglied der GDCF zu wer- Kong, 12 Gänge, toll, ungewohnt was es so al- den. Tun Sie‘s. les gab, lecker und ausgelassen wurde nichts. Seitdem gehe ich meist dahin wo viele Chinesen Impressum Gesellschaft für Deutsch-Chinesische Freundschaft (GDCF) Düsseldorf e. V. Anschrift: Kapellstr. 14, 40479 Düsseldorf Tel.: (0211) 1577 6788, Fax: (0211) 1577 6781 Internet.: ddp@gdcf-duesseldorf.de / www.gdcf-duesseldorf.de / www.facebook.com/gdcfduesseldorf Layout: Su-Chiu Hou Titelfoto: Nationale Konzerthalle Peking von Ji Qianying. Fotoseite: M. Henschel Redaktion und freie Mitarbeiter in dieser Ausgabe: D. Böning (V.i.S.d.P.), Cao Ying, K. Dellith, M. Henschel, Su-Chiu Hou, Eckhard Kreier, Sabine Lentz, Frank Merting, Dirk Muckel, Li Qimei, M. Ruhland, Astrid Schütze, Marc van Gemmern, Bernd Westermann. Das Copyright der Artikel liegt bei den jeweiligen Autoren. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Autors und nicht unbedingt die Meinung der GDCF Düsseldorf oder der Redaktion wieder. Erscheinungsweise: 4mal jährlich Werbung: es gilt die Preisliste DDP-2014/1 11
Verbrauchermarkt in China und die Entfesselung von 1,3 Milliarden potentiellen Käufern Dirk Muckel Dirk Muckel ist seit 1987 Mitglied der GDCF Düs- seldorf. Er arbeitete viele Jahre für eine deutsche Firma in Wenzhou, Provinz Zhejiang und ist seit 2007 in Shanghai tätig. Er ist mit einer Chinesin verheiratet und hat zwei Kinder – seine Heimat- stadt ist Ratingen. Kontakt : www.djmuckel.com ...es ist das Ziel aller führenden Wirtschaftsex- perten: China soll als Exportmarkt gewonnen und das Potential der 1,3 Milliarden Menschen freigesetzt werden. Die chinesische Führung unternimmt alles, um die rückläufigen Export- zahlen und Investitionen durch lokale Nachfra- Yachtmesse in Shanghai ge auszugleichen. Der Verbrauchermarkt China kann man heutzutage über verschiedene Kanä- lockt viele andere entwickelte Volkswirtschaften le kaufen. Fakt ist, dass im normalen Verkauf wie die USA, Frankreich und Deutschland, den die Luxusgüter 40% teurer sind als in Europa. Markt mit „Made in...“ zu erobern. Wenn auch Deshalb sind heutzutage 60% der Luxusgüter, die chinesische Bevölkerung in einiger Hinsicht welche von Chinesen konsumiert wurden, im patriotisch ist und über das Land und die erarbei- Ausland gekauft. tete Wirtschaftsmacht ins Schwärmen kommt, dann hört dies aber sofort auf, wenn es darum Das Kaufverhalten und der Geschmack des chi- geht im Supermarkt ein im Inland oder ein im nesischen Kunden, haben in den letzten Jahren Ausland produziertes Produkt zu kaufen. Sollte einen großen Einfluss auf die Produktion von der Geldbeutel in der Lage sein zuzustimmen amerikanischen- und europäischen Firmen ge- wird auf das ausländische Produkt zugegriffen. habt, da der Markt China immer wichtiger wur- Und besonders dann, wenn noch eine bekannte de. Die nächste Folgestufe dieser Entwicklung Marke auf dem Produkt zu erkennen ist. ist auch schon im Wandel und lässt eben die- se Firmen neue Produkte in China entwickeln Im Gegensatz zu den Wirtschaftsentwicklungen, und direkt dort herstellen. Es gibt brandneue die es vor Jahrzehnten in Japan und Korea gab, Entwicklungszentren und da man jetzt mit der steigt in China der Reichtum wesentlich schnel- Marktforschung vor Ort ist, kann man direkt ein- ler. Das Einkommen einer Stadtfamilie soll sich greifen und Ergebnisse sofort umsetzen. Da- zwischen 2010 und durch kann man dann am Ende ein Markenpro- 2020 sogar ver- dukt in Händen halten, das von ausländischen doppeln. Das wäre Firmen (oftmals Joint Ventures) produziert wur- dann annähernd de und noch bezahlbar ist. Alles auf den immer ein Lebensstan- weiter wachsenden, chinesischen Mittelstand dard, wie wir ihn ausgerichtet. heute in Südkorea vorfinden. Was neben Luxusartikeln wie Uhren, Schmuck, Weibliche Weihnachtsmänner beim Glühweinausschank Handtaschen, Edel-Autos (Audi A6 und die Im Ausland produzierte Güter, die es früher nur BMW 5er-Reihe werden auch schon in Chi- in ausgewählten Geschäften zu kaufen gab oder na produziert), am interessantesten und er- von Freunden als Mitbringsel einer Auslandreise schwinglichsten ist, sind die Waren der Lebens- auf dem heimischen Wohnzimmertisch landeten, mittelindustrie. Hier muss man ganz speziell auf 12
den chinesischen Geschmack Wenn man der Inhaber eines aufpassen, denn der lässt sich Geschäftes ist, kann man, erfahrungsgemäß nur sehr wie auch in anderen Ländern, schwer ändern. Dies haben die begehrte METRO-Kar- auch schon KFC und McDo- te beantragen und bei dem nalds erkannt, die ihre Produkt- bekannten Großhändler, der palette mit immer wieder neuen, auch schon lange in China an den Markt angepassten Pro- weilt, zugreifen. Will man sich dukten ergänzen. Doch es gibt mal ein gutes Kleidungsstück auch Produkte, die man sicher- gönnen und nicht in den Edel- lich 1:1 umsetzen könnte - und boutiquen der Nanjing Road dazu gehört ein österreichischer oder Huahai Road die hohen Kaiserschmarrn. Das bekam ich Preise bezahlen, hat man die erst letztens von der ganzen Möglichkeit, in einem Outlet Firmenbelegschaft bestätigt. Store 30 km außerhalb des Bei Produkten wie Babymilch Stadtkerns alle möglichen greift jede chinesische Familie bekannten Marken aneinan- nur zu gerne auf Importprodukte Shopping extrem - Nanjing Lu in Shanghai dergereiht zu bestaunen und zurück, da den lokalen Marken nach diversen ein Schnäppchen zu machen. Skandalen nicht mehr getraut wird. Was die Elektronikindustrie angeht, sind wir ja Es gehört zum Standardprogramm und ist Eti- von China als weltgrößter Verbraucher von Han- kette sich mit Freunden bei Starbucks, Pizza dys und Fernsehern schon einiges gewohnt. Hut oder Häagen Dazs (die selbst im Winter of- Der Markt für Elektronikprodukte im Haushalt fen haben und zum Mondfest schon den Eisku- stieg im Jahr 2011 um 13 Prozent. Große loka- chen im Monddesign und in Luxusverpackung le Verbrauchermärkte wie Sunning und Gomez im Sortiment haben) zu treffen. arbeiten mit sehr niedrigen Margen, was auch dazu beitrug, dass die ausländischen Marken Im chinesischen Alltag müssen die Nahrungs- wie Best Buy und Mediamarkt, die mehr auf Ser- mittel immer frisch sein und werden meistens vice ausgerichtet waren, schon vom Markt ver- am gleichen Tag verzehrt, an dem sie gekauft schwunden sind. Und das teilweise über Nacht wurden. Dies geschieht zum größten Teil auf - ohne die Kunden zu informieren! dem täglichen Markt, der in allen Stadtteilen gut erreichbar ist, aber auch immer mehr in den Ein großer Umsatzanteil erfolgt über den Verkauf großen Supermärkten wie bei Carrefour, Wal- von Produkten durch E-Commerce, den Verkauf Mart, Tesco oder Lianhua. Hier können direkt durchs Internet und andere elektronische Medi- die anderen Produkte mitgekauft werden, da en. Darüber wollen wir in der nächsten Ausgabe diese attraktiv bepreist sind und dem Kunden berichten. ein Sicherheitsgefühl geben, das es sich nicht um „gefakte“ Produkte handelt, wie es in klei- Zum Abschluss bleibt zu sagen, dass sich der nen Garagengeschäften der Fall sein könnte. Verbrauchermarkt in China weiterhin rasant ent- Die Supermarktketten haben sogar eigene wickeln wird. Entscheidend werden Produktka- kostenfreie Busse, die in einem Umkreis von ca. tegorien, Verbrauchersegmente und die geo- 5 km die Kunden einsammeln. Sollte die Fami- graphische Lage sein. Dadurch kann man fast lie ein Auto im Besitz haben, wird auch gerne in jede Provinz als ein eigenes Land betrachten den weiter entfernten Großmärkten eingekauft, und seine Marktforschung und Strategie darauf wenn mal eine größere Beschaffung ansteht. ausrichten. 13
1 2 Feier zum st 2014 NeujahrsfeFebruar 2 014 er 1. Samstag, d en die Jahr feiert Wie jedes n de der 11 und Freu Mitglieder h e N eujahr. hinesisc GDCF das C ten den äste begrüß Etwa 130 G P ferdes“ „Jahrs des Beginn des e nü und 3 bei einem sp ezielle n M urellen kleinen kult mit einem staurant im Chinare Programm e Fo rm der Die neu „Lu Fung“. breite r stieß auf Neujahrsfeie r Teilnehmer. g de Zustimmun chel Fotos von M artina Hens 10 4 12 1 1 Tanz „Der Weg zum Glück“ 9 2 Die SONNY WINGS Tanz- und Gesanggruppe 云翼歌舞团 3 Tang Qin 汤秦 spielte auf der Guzheng 5 4 Alte Freundinnen 5 Man trifft sich wieder 6 Die „Schlacht“ ist geschlagen 7 Zhang Yanchang 张彦昌 8 spielte auf der Erhu 8 Alle sehr interessiert 9 Der volle Saal 10 Vorstände des Chinesischen Studentenverbandes 6 11 Es schmeckte vorzüglich 7 12 Angeregte Gespräche
Deutsch-Chinesischer Kulturaustausch für Kunst und Design e.V. Astrid Schütze Astrid Schütze ist Diplom-Ökonomin und besucht seit 1986 regelmäßig auf eigene Faust China. Seit 1986 ist sie Mitglied der GDCF Düsseldorf. Seit vielen Jahren ist sie auch Mitglied des Vorstands und leitet die beiden Sprachgruppen „Deutsche Sprache- cke“ und „Chinesischer Sprachstammtisch“. Sie plant u.a. Grillpartys, Paddeltouren, Theaterbesuche uvm.; Kontakt: a.schuetze@gdcf-duesseldorf.de Ausstellungseröffnung M itten in malerischer Umgebung im Programms. Regelmäßig werden chinesische Schlosspark Elbroich im Düsseldorfer Künstler und Künstlergruppen eingeladen. Ar- Stadtteil Holthausen befinden sich seit beits- und Wohnmöglichkeiten sind vorhanden. 2012 die großzügigen Ausstellungs- und Ate- In 2-monatlichem Rhythmus werden Arbeiten lierräume des DCKD. Erst kürzlich wurde ein präsentiert. Zur Zeit ist es „Ein Hauch von Chi- Seitenflügel mit weiterer Präsentationsfläche na“ in Zusammenarbeit mit dem Künstlerverein eröffnet. Die Projektleiterin Frau SUN Xinrui Malkasten. Sieben Künstler der China National berichtet mir begeistert davon, wie es gelang, Academy of Painting zeigen Fächergemälde im diesen selbst Insidern wenig bekannten Ort zu traditionellen Stil. Daneben stehen die Werke finden. deutscher Künstler. Doch zurück zum Anfang, denn gegründet wur- Ab März steht wahrscheinlich eine Reihe mit de der DCKD schon 2006 in Düsseldorf. Die Tuschemalerei auf dem Programm. Wegen der Gründer und Ideengeber waren der Ehrenvor- engen Zusammenarbeit mit den Chinesischen sitzende Herr Professor Helfried HAGENBERG Kunsthochschulen ist der DCKD nah am Puls und der 1. Vorsitzende Herr GUO Jian. Prof. der chinesischen Kunstszene im Bereich der Hagenberg war an der Fachhochschule Düssel- staatlichen Hochschulen. dorf, Fachbereich Design, als Dozent tätig, Herr Kaufen kann man die Werke nicht, der DCKD Guo studierte bei ihm. Beiden gemeinsam war versteht sich als nicht-kommerzielle Organisa- der Wunsch, chi- tion. Man finanziert sich über Sponsoren, oft nesische zeitge- Geldgeber aus China. nössischer Kunst und Kultur in Über neue Ausstellungen informiert die Deutschland zu Homepage: www.dckd.org vermitteln. Dies führte zur Grün- Atelier dung des DCKD. Nun bekommen deutsche und chinesische Künstler Gelegenheit ihrer Arbeiten in der Ga- lerie in Elbroich zu präsentieren. Fachliche Diskussionen und Austausch sind Teil des Schloss Elbroich 15
Interview mit Ursula Frommelt (Ehrenmitglied der GDCF Düsseldorf) Das Interview führten die GDCF-Mitglieder Astrid Schütze (Autorin auf S.15) und Eckhard Kreier am 29. Oktober 2013 Ursula Frommelt (92) ist eine der ältesten Mitglieder der GDCF Düsseldorf. Schon im März 1979 trat sie dem Verein bei. Von Anfang an gehörte sie zu den Aktiven und war lange Zeit Mitglied des Vorstandes. Ihre besondere Tätigkeit gehörte der Arbeitsgruppe „Aktion Gastfreundschaft“, die sie viele Jahre sehr erfolgreich leitete. Aufgrund ihrer zahlreichen Verdienste und ihres unermüdlichen Einsatzes ernannte sie die Mitglieder- versammlung der GDCF Düsseldorf im Jahr 2003 zum Ehrenmitglied. Erich, beide in Shanghai. DDP: Wie haben sie gelebt? U. Frommelt: 1919 hat meine Mutter in Shanghai den Österreicher Karl-August Statz geheiratet. Meine Eltern führten ein großes Haus. Es gab an die 40 Hausangestellte. Aber das darf man nicht mit unseren Verhältnissen hier vergleichen. Ein Angestellter war z.B. nur für das Fensterputzen zuständig, ein anderer für das Gemüseputzen, ein anderer für die Tischdecken. U. Frommelt beim 90ten Mein Vater kam aus Wien und war 23 Jahre, als DDP: Liebe Frau Frommelt, wir sind heute zu- er nach China ging, 1919, zur Zeit der Weltwirt- sammen gekommen, da wir glauben, dass Sie schaftskrise. China galt als das Land der groß- aufgrund Ihres reichhaltigen Lebens bisher eine en Möglichkeiten. In Österreich war gerade die spannende Geschichte zu erzählen haben. Fan- Kaiserliche Monarchie zusammengebrochen. gen wir damit an: wie kam Ihr Großvater eigent- Mein Vater war Direktor der Poldihütte für Chi- lich nach China? na und Mandschurei. Der Hauptsitz war Shang- U. Frommelt: Mein Großvater ging 1868 als hai, Hankow (heute: Wuhan) das wirtschaftliche junger Kaufmann für ein Bremer Unternehmen Zentrum. nach Shanghai, er hat sich dort bald selbstän- dig gemacht, er baute Schiffe und Waffen. Er DDP: Wie kam es dann zu Ihnen? hat damit insgesamt gutes Geld verdient. Der U. Frommelt: Die Ehe zwischen meinen Eltern Hauptsitz war wohl Shanghai, jedoch machte er war eine Liebesheirat. Bald kamen drei Kinder seine Geschäfte auch von Beijing, Tientsin und zur Welt: 1919 mein älterer Bruder, ich wurde Tsingtau aus. Er hat ein Tagebuch geschrieben: 1921 geboren, mein jüngerer Bruder zwei Jahre „70 Jahre China“, das allerdings verschollen ist später. und nach dem ich viele Jahre gesucht habe. Vergeblich! Mein Vater reiste durch China und galt als er- folgreicher Stahlkaufmann. Später machte er DDP: Sprach Ihr Vater Chinesisch? sich selbständig und arbeitete auch mit der U. Frommelt: Ohne das hätte da- deutschen Firma Röchling-Bucerius aus Wetzlar mals ein Geschäftsmann dort nicht zusammen. Das Reisen war mühsam. Es gab so erfolgreich werden können. zwar schon Eisenbahnen von Shanghai nach Eltern Peking, aber die Reisen dauerten manchmal Seine Familie stammte aus Gotha, 1893 holte er Wochen. Teilweise waren Strecken nur mit dem von dort seine Frau. 1895 wurde meine Mutter Schiff oder Fuhrwerken zu überwinden. Briefe Marie geboren und drei Jahre später ihr Bruder an seine Familie bezeugen, wie sehr er darunter 16
gelitten hat, auch unter den hygienischen Ver- in China weiterführen. So fuhr Mutter mit uns hältnissen. Er zog sich schlimme Darmkrank- Kindern mit der Sibirischen Eisenbahn nach heiten zu. Deutschland. Unsere Reise ging weiter nach Wien. Mein Vater fand im Familiengrab seine DDP: In China selb- letzte Ruhe. Wir Kinder sollten bei Freunden bei ständig zu sein war Wien bleiben. Meine Mutter fuhr für drei Monate doch nicht ganz nach Wetzlar und dann nach China zurück in die einfach? Firma. U. Frommelt: Sicher nicht. Die Konkur- DDP: Demnach blieben Sie allein in Wien? renz war groß. Aus U. Frommelt: Ja, die Freunde in Wien hatten allen Ländern mit sechs eigene Kinder, es wurde eine Katastro- Stahlproduktionen phe. Wir kamen dann in ein internationales Kin- kamen Kaufleute derheim, wo es uns besser ging. Dort gingen wir nach China. Mein auch zur Schule. Da mein jüngerer Bruder und Vater hatte neben ich nicht getauft waren, nahmen wir am „Frei- beim Jahresabschlussessen der Vertretung von denker-Unterricht“ teil. Daran habe ich sehr gute Röchling- Bucerius Erinnerungen. Der Unterricht fand meist im Frei- in Wetzlar nach wie vor auch die Vertretung en statt, wir lernten viel über die Natur kennen. der Poldi-Hütte. Selbständige Geschäfte zu ma- chen war für Europäer in China nicht ohne Com- DDP: Während der ganzen Zeit waren Sie von prador möglich. Das war ein Chinese, der als der Mutter getrennt? Stellvertreter für die Geschäftsabwicklung mit U. Frommelt: Ja, sie war ja nach China zurück- sorgte. Jedoch hat der Comprador meinen Va- gekehrt, hat die Firma wieder aufgebaut und ter massiv betrogen. Während mein Vater krank gut geführt. Meine Mutter lernte dann meinen war, verkaufte er den guten Röchling-Stahl der Stiefvater kennen und sie heirateten. Er war für Firma schwarz und bediente die Kunden mit Siemens als Elektroingenieur nach Mukden ge- minderwertigem Stahl. Mein Vater wollte immer gangen. Danach kam er nach Hankow, wo er nach Europa zurückkehren. Aber er starb 1926 mit der Elektrik in Schiffen zu tun hatte. mit 31 Jahren im deutschen Krankenhaus in Tsingtau an Darmkrebs. Meine Mutter lag zu der 1932 kamen sie nach Wien und wir sahen unse- Zeit mit Scharlach im Krankenhaus in Shanghai, re Mutter zum ersten Mal wieder. Meine Mutter eine bittere Zeit. Der Wunsch meines Vaters (er hatte die Firma in China aufgelöst. Unser Stief- war katholisch) war, verbrannt zu werden und vater wurde uns ein wunderbarer Vater. dass seine Urne in Wien, in seiner Heimat, bei- gesetzt würde. DDP: Ihr Großvater, Herr Carl Stepharius, war die ganze Zeit in China geblieben, hatten Sie DDP: Wie ging es dann weiter? noch Kontakt zu ihm gehabt? U. Frommelt: Mutter nahm Verbindung zu Bu- U. Frommelt: Ja, es wurde regelmäßig, monat- cerius in Wetzlar auf, um das Geschäft weiter lich, geschrieben, später noch über den Tod zuführen. Dazu musste sie für drei Monate nach meiner Mutter hinaus. Mein Großvater ist 1951 Wetzlar gehen. Wir Kinder waren noch klein, in Bei Dai He gestorben und beigesetzt. ich war fünf Jahre alt. In China waren unruhige Zeiten, es gab viele Warlords, selbsternannte Meine Eltern gingen dann für ein Jahr mit uns Kriegsherren, die sich bekämpften. Für uns Kin- Kindern nach Essen, woher mein Stiefvater der war kein Bleiben in China. stammte. Wir zwei jüngeren Geschwister muss- ten getauft werden. Da es nur konfessionelle Meine Mutter wollte trotzdem das Stahlgeschäft Schulen gab, wurden wir evangelisch. Ich war 17
etwa zwölf Jahre alt. Arbeit fand mein Stiefvater Dem schloss sich ein weiteres halbes Jahr nicht. Praktikum in der Familie eines Chemikers in Klaffenbach bei Chemnitz an: sechs Kinder, ein In Deutschland herrschte die große Zeit der Ar- Schaf, eine Ziege, ein Schwein, Hühner. Das beitslosigkeit. Das wusste man in China nicht. war viel Arbeit, aber erst im Nachhinein als sehr Wir gingen dann nach Gotha. Mein Stiefvater lehrreich begriffen. schlug sich dann wie üblich mit unterschied- lichen Arbeiten durch. Meine Mutter versuchte, Danach ging ich nach Kiel zur Abschlussprü- mit einer Bibliothek Geld zu verdienen. fung zurück. Das Anerkennungsjahr machte ich an der Patenschule von Kiel, in Tschenstochau 1936 zogen wir um nach Kiel. Mein Vater erhielt in Polen. Tschenstochau war von Deutschen auf Grund seiner Qualifikation eine Anstellung besetztes Gebiet. Die Schule war ursprünglich an der Kriegsmarinewerft in Kiel. Es war für uns ein jüdisches Krankenhaus, das zur Schule für eine schöne Zeit. Die Eltern führten ein offenes volksdeutsche Mädchen wurde. Ich war ange- Haus. Wir hatten eine Wohnung, die für uns stellt als hauswirtschaftliche Lehrerin, unterrich- Kinder ein Stück China darstellte mit Rollbildern tete Sport, Nähen, Hauswirtschaft, teils eine be- und chinesischen Möbeln. Mutter hielt Vorträge drückende Zeit. über China und machte kleine Ausstellungen. Im Nachhinein hatte ich dort eine unbeschwerte DDP: Damit war Ihre Ausbildung zur Hauswirt- Jungmädchenzeit. Für weite Reisen war kein schaftsfrau endgültig abgeschlossen? Geld da, doch die Kieler Förde mit ihren Strän- U. Frommelt: Ja, danach ging ich im April 1944 den und die Schifffahrten auf der Ostsee waren an die Pädagogische herrlich. Hochschule in Pasing bei München zum Studi- Mein österreichischer Dialekt machte mir in der um als Grundschul- und Schule Schwierigkeiten, denn ich schrieb teils technische Lehrerin. Ins- so wie ich sprach. Mein Deutschlehrer hatte gesamt eine tolle Zeit! dafür kein Verständnis und gab mir eine ganz Ursula Frommelt 1979 in China Im August 1944 kam und als Kleinkind mit Ama schlechte Prognose. Ich war damals 16 Jahre von den Eltern ein Tele- alt. gramm aus Kiel: „ Total ausgebombt, wir leben“. So war ich gezwungen, Geld zu verdienen, u.a. DDP: Mal zwischendurch gefragt: Haben Sie ei- mit Kellnerei. Das Haus, in dem ich in Pasing gentlich chinesisch gesprochen? wohnte, war von Bomben getroffen. Ich wohnte U. Frommelt: Vielleicht als kleines Kind in Chi- im Keller. Wegen der starken Bombenangriffe na. Chinesisch war später in Deutschland die wurde die Hochschule geschlossen. Das Ab- Geheimsprache meiner Eltern. Wenn wir Kinder schlusssemester sollte nach dem Krieg zu Ende etwas nicht hören sollten, sprachen sie Chine- geführt würde. sisch. DDP: Bald müssen Sie aber auch Ihren Mann Nach Schulabschluss besuchte ich eine Frau- kennengelernt haben? enfachschule: drei Jahre Ausbildung und ein U. Frommelt: Nach dem ersten Semester muss- Jahr Praktikum. Das erste ½ Jahr Zwischen- te ich in den Ferien Kriegseinsatz leisten und praktikum habe ich auf Schloss Elmau am Wet- meldete mich zum Kriegslazarett in Tschen- terstein Gebirge gemacht: insgesamt eine tolle stochau. Tag und Nacht kamen Verwundete, Zeit. Wir waren Saaltöchter, alle Mädchen „aus Tag und Nacht wurde operiert. Eine belasten- besserem Haus“, wir waren anerkannt. Wir durf- de, traurige Zeit. Mein späterer Mann war bei ten auch an wunderbaren Konzerten und Tanz- einer motorisierten Sanitätseinheit und kam in abenden teilnehmen. das Kriegslazarett, um Verbandsmaterial zu 18
holen. Nach dem Krieg kam mein zukünftiger DDP: Aber so konnte das doch nicht ewig weiter Mann auch nach München: zerrissene Uniform, gehen? abgemagert, eine traurige Begegnung. Mün- U. Frommelt: Nein, das wäre nicht möglich chen war voll von Flüchtlingen und Soldaten. gewesen. Die Praxis in dem kleinen Ort war Er suchte eine Stelle als Arzt. Es wurden jedoch möglich, weil in der Nähe viele Flüchtlinge un- Ärzte bevorzugt, die aus München stammten. Er tergebracht waren, aber im Laufe der Zeit zo- konnte dann aber doch als Assistent im Kran- gen immer mehr weg und damit entfiel auch die kenhaus Links der Isar arbeiten, mehr schlecht Basis für unsere Praxis. In Düsseldorf konnten als recht bezahlt. Er wohnte zu der Zeit in der- wir in einem Neubaugebiet wieder eine eigene selben Straße, in der ich ein Zimmer hatte. Er Praxis eröffnen. Mit Schwiegereltern waren wir war zehn Jahre älter als ich. Ich zu Sechst und genossen den wollte eigentlich keine engere Luxus eine 70-qm-Sozialwoh- Verbindung, trotzdem hatte er nung mit fließendem Wasser. mich als Verlobte vorgestellt. Ich 1965 zogen wir dann in war stinksauer. dieses Haus, mit Praxis im Erdgeschoss. Ich habe im- Ich fand Arbeit in einem Überset- mer in der Praxis geholfen. zungsbüro für Antragsteller viel- Ich habe Laborarbeit gelernt, fältiger Anliegen in München. Der Mikroskopie, EKG schreiben, Verdienst war ganz gut, aber der das hat mir Spaß gemacht. Job sehr belastend. DDP: Aber Sie haben sich DDP: Aber Sie sind ja nicht immer doch auch um China geküm- in München geblieben? Ursula Frommelt Nov. 2013 mert? U. Frommelt: Vorerst. Als man U. Frommelt: Mein Mann hat sich später wieder freier bewegen konnte, be- bis zum 69. Lebensjahr praktiziert, bis 1981. schloss ich, mit meiner Freundin nach Kiel zu Aber mit Aufgabe des eigenen Labors wollte reisen, um meine Eltern zu suchen. Acht Tage ich aufhören und habe mich in Bochum am Si- waren wir unterwegs. Ich fand meine Eltern in nikum angemeldet, dort Chinesisch sprechen einer Notunterkunft, doch gesund! Hier in Kiel und schreiben gelernt. Jetzt fing meine zweite erfuhr ich, dass Ärzte für Flüchtlinge auf dem Chinesische Phase an. Land gesucht wurden. Mein Mann und ich ha- ben dann Ende 1945 in Kiel geheiratet. Die So habe ich bereits während der Praxiszeit mei- Hochzeitsgeschenke wurden in der Hochzeits- ne Kontakte zu China gehabt. Mein Mann hat nacht geklaut! Wir eröffneten dann eine Land- das immer mit einem weinenden und einem la- praxis im Januar 1946 in einem kleinen Flecken chenden Auge gesehen. Er bezeichnete sich als zwischen Lübeck und Segeberg: acht Häuser, „chinageschädigt“, er sagte, eine emanzipierte Wulfsfelde, mitten in der Landschaft. Wir wur- Frau ist interessant, aber anstrengend, haha. den zwangseingewiesen bei einem Bauern, der darüber nicht glücklich war, und erhielten zwei Die erste Gruppenreise nach China hatte ich be- Räume mit 16 qm: ein Praxisraum, ein Raum für reits 1977 mit dem Ostasiatischen Verein, Köln, uns. Der Flur war gleichzeitig Wartezimmer. mitgemacht. Dr. Reinbote war Gründer dieses Wie alle, so litten wir auch an Hunger. Das Le- Vereins. Damals konnte man noch nicht allein ben ging so bis 1954, teils bis an die Grenze reisen, nur in Gruppen. des Erträglichen. Da wir nur einen Raum für die Familie hatten, diente die Untersuchungsliege in Mit diesem Verein machte ich zwei Gruppenrei- der Praxis für das ältere Kind als Schlafplatz. sen, u.a. zum Projekt „Rote-Fahne-Kanal“; dort wurden ganze Landschaften umgepflügt, Berge 19
und Flüsse versetzt, man glaubte, alles machen schädigte“, dazu gesagt? zu können. Die zweite Reise ging über Chang- U. Frommelt: Wir hatten inzwischen auch zu- chun nach Harbin. hause Chinesen, denen ich geholfen habe. Mit der GDCF in Düsseldorf habe ich das Projekt DDP: Aber Sie haben doch auch selbst als Rei- „Aktion Gastfreundschaft“ fortgeführt, Frau Döll seleiterin fungiert? und Frau Kreutzer waren dabei auch sehr aktiv. U. Frommelt: Vor der dritten Reise, im Jahr Hierdurch hatte mein Mann auch viele Begeg- 1980, bat Dr. Reinbote mich, diese doch selbst nungen begeistert mitgemacht. Nach der Schlie- zu führen. Sie ging nach Shanghai, Hangzhou, ßung der Praxis im Jahr 1981 hat er aber auch Suchou, Beijing. Er traute mir das jetzt zu. eigene, alte Interessen neu verfolgt und ein Stu- dium der Philosophie und Anglistik begonnen. Ungefähr 1982/83 hat sich dann der GDCF Im Jahr 2002 ist er dann gestorben. bundesweit etabliert und in Frankfurt/Main ein Reisebüro, ausschließlich für Chinareisen, ge- Die „Aktion Gastfreundschaft“ war mir sehr gründet. Es waren gute Reisen mit fundierten wichtig. Die ersten Studenten, die kamen, wa- Einführungsvorträgen, die vor jeder Reise an- ren behütet vom Chinesischen Studentenbund. geboten wurden. Ich habe mich dann dort als Sie durften nur in Deutschland und im Ostblock Reiseleiterin beworben. reisen. Da haben wir angefangen, Gruppen- und Sammelvisa zu besorgen. Wir haben mit Inzwischen hatte ich am Sinikum in Bochum ihnen dann tolle Reisen nach Holland, Paris weiter Chinesisch gelernt, Praktika gemacht, und anderswohin unternommen, natürlich auch auch vier Wochen in Nanjing, um Sprache und in Deutschland. Wir haben auch Chinesen auf Schrift zu erweitern. Die nun von mir geführten eigenes Risiko mitgenommen, die wegen ihres Reisen gingen bis 1989. Nach dem Massaker Berufes keine Genehmigung erhalten hätten. am Tian An Men Platz im Jahre 1989 waren die- Weiterhin haben wir Chinesen in Situationen se Reisen mit dem Büro in Frankfurt vorbei. geholfen, mit denen sie selbst nur schwer klar kommen konnten. Es waren für sie hilfreiche, für Der Charakter weiterer Gruppenreisen nach uns vielfältige bereichernde Erfahrungen. Es hat China änderte sich. Es waren nun überwiegend sich gelohnt! „Konsum“-Reisen, daran hatte ich kein Interes- se. Von nun an habe ich private Reisen unter- DDP: Wie sieht es heute aus, was für Pläne ha- nommen. Insgesamt machte ich ca. 20 Reisen ben Sie? nach China, dazu kamen noch fünf Reisen nach U. Frommelt: Heute habe ich natürlich nach wie Tibet. vor viele Kontakte und Begegnungen mit dieser Welt. Ich nehme teil an Treffen der GDCF, an DDP: Mann, dann haben Sie aber allerhand er- Vorträgen, und helfe, wo ich kann und tu das lebt! gerne. U. Frommelt: Sicherlich, interessante tolle, aber auch teilweise schlimme bedrückende Sachen. DDP: Sie sind aber auch nach wie vor sport- So musste ich z.B. teilnehmen an einer öffent- lich? lichen Hinrichtung, weil wir wegen des Mobs U. Frommelt: Na klar, bis vor einiger Zeit habe nicht ausweichen konnten. Ein andermal musste ich noch Selbstverteidigung gemacht, heute ich erleben, wie ein Dieb verfolgt und anschlie- jede Woche Wassergymnastik und allgemeine ßend behandelt wurde. Auf der anderen Seite Gymnastik. Sport war schon immer Bestandteil wieder persönliche Begegnungen und unerhörte meines Lebens und meines Wohlbefindens. Es Aufgeschlossenheit! macht mir einfach Spaß und ich glaube, dass es ein wesentlicher Grund für meine heutige Ge- DDP: Was hat denn Ihr Mann, der „Chinage- sundheit ist, toi, toi, toi. 20
Für meine Familie habe ich meine Vita aufge- DDP: So wie wir Sie kennen, haben Sie aber schrieben, das hat viele Erinnerung wieder le- sicher noch weitere Pläne. bendig werden lassen. Ich muss sagen, dass U. Frommelt: Ja, soweit es meine Gesundheit ich dankbar bin und mein Leben aktiv genieße. zulässt, werde ich auch noch reisen. Aber alles hat so seine Zeit. DDP: Ihre Familie ist ja auch nicht gerade klein. U. Frommelt: Sie ist mir eine große Freude. Mei- DDP: Liebe Frau Frommelt, wir danken Ihnen, ne vier Enkel- und drei Urenkel lassen mich ganz dass wir im Rahmen dieses Interviews ein we- bewusst mein Leben genießen. Mein jüngster nig von Ihrem reichen, heute 92-jährigen Leben Enkel Emil ist gerade wenige Wochen alt und erfahren durften. Wir wünschen Ihnen weiterhin ich habe ihn gerade erst in den Armen halten Gesundheit und Lebenskraft, genießen Sie die können. Das ist eine Freude für mich. Das kleine Zeit! Wesen macht mir aber auch bewusst, welches U. Frommelt: Auch vielen Dank an Sie, es hat Alter ich bereits habe. mir sehr viel Spaß gemacht. Meine Verbindung zu China habe ich auch auf Eckhard Kreier ist seit 2011 Mitglied des meine Familie übertragen. Beide Söhne sind mit GDCF Düsseldorf. Er fuhr zum Jahreswechsel 1999/2000 zum 1. Mal nach China, um u.a. in Familie dorthin gereist, eins meiner Enkelkinder Tianjin Spuren der Familie väterlicherseits zu hat sich ausgiebig in seiner Abschlussarbeit mit finden. Aufgrund wachsender Begeisterung und China beschäftigt und einige Fotoausstellungen Verbundenheit mit China hat er sich bemüht. darüber gemacht. Mandarin zu lernen und ist seitdem - teilweise mit seiner Frau - mehrfach in verschiedene Gegenden Chinas gereist. Ausgangsort war häufig Qingdao. 21
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