PRESS REVIEW Wednesday, January 20, 2021 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal

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PRESS REVIEW Wednesday, January 20, 2021 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal
PRESS REVIEW

         Daniel Barenboim Stiftung
Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal

      Wednesday, January 20, 2021
PRESS REVIEW Wednesday, January 20, 2021 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal
PRESS REVIEW                                                Wednesday, January 20, 2021

Der Tagesspiegel, PBS
So fern, doch auch so nah. Die digitale Schubert-Woche im Boulez Saal

Rbb Kultur, PBS
Auftakt der Schubert-Woche im Boulez-Saal

Mannheimer Morgen, PBS
Corona: ZKM Karlsruhe lädt zu Symposium im Netz. Digitale Klangwelten

BR Klassik, DB
Digitale Mozartwoche Salzburg

Frankfurter Allgemeine Zeitung
Merkel: Gefahr des mutierten Virus vorbeugen, Medizinische Masken nun Pflicht

Frankfurter Allgemeine Zeitung
Die Studie „Digital Concert Experience“ des Max-Planck-Instituts untersucht das Konzert im digitalen
Wandel

Frankfurter Allgemeine Zeitung
Ein besorgter Lauschhelfer voller Selbstironie: Zum siebzigsten Geburtstag des Dirigenten Iván Fischer

Der Tagesspiegel
Aufarbeitung als Alltagsgeschäft. Thema Kolonialismus im Kulturausschuss

Der Tagesspiegel
Kunstsammlerin Julia Stoschek fordert Öffnung von Museen
PRESS REVIEW Wednesday, January 20, 2021 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal
19.1.2021                                         https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/474177/20-21

        Mittwoch, 20.01.2021, Tagesspiegel / Kultur

        So fern, doch auch so nah
        Die digitale Schubert- Woche im Boulez Saal
        Von Udo Badelt

        Nur leere Sitze hören zu. Die Abwesenheit des Publikums, sie wirkt wie
        ein stummer Schrei. Immerhin, eine Handvoll Menschen, darunter der
        getestete Berichterstatter, dürfen im Pierre Boulez Saal sitzen zur
        Eröffnung dieser vierten den Liedern von Franz Schubert gewidmeten
        Woche. Alle mit FFP2-Masken, der Boulez Saal war da
        gesamtgesellschaftlicher Vorreiter, schon im vergangene Herbst galt hier
        Selbstgehäkeltes als zu virenfreundlich.

        Trotz und Zuversicht strahlt dieser Montagabend aus: Die Woche, sie
        findet ja statt, auf höchstem digitaltechnischem Niveau kommt sie online
        nach Hause. Moderatorin Susanne Stähr spricht mit dem Liedsänger,
        Lehrer und künstlerischem Leiter der Schubert-Woche, Thomas
        Hampson. Und mit Friedrich Dieckmann, Autor des Buches „Franz
        Schubert. Eine Annäherung“. Der ganze Kosmos Schubert wird in dieser
        ersten Stunde zumindest angerissen, jenes unfassbare Werk aus über 600
        Liedern, die – so das von Daniel Barenboim ausgegebene Ziel – im Laufe
        mehrerer Jahre alle zumindest einmal im Boulez Saal erklungen sein
        sollen. Jenes „Theater der Intimität“, mit dem Schubert die Unbehaustheit
        des modernen Menschen in noch nie dagewesener Dichte in schlichte
        Liedform gegossen hat. Hampson beschreibt das Neue, den
        Quantensprung, der mit Schubert in die Musik kam, so: „Er hat entdeckt,
        dass er kleine Welten erschaffen kann. Nie zuvor hat jemand, auch nicht
        Mozart, solch eine Symbiose von Dichtung und Klang erreicht. Nach
        Schubert waren Lieder viel mehr als einfach nur ,schön’.“ Dieckmann
        beleuchtet die sonst weniger beachteten Einflüsse der politische
https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/474177/20-21                                                     1/2
19.1.2021                                         https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/474177/20-21

        Entwicklung im Deutschen Bund, etwa die Karlsbader Beschlüsse, auf
        Schuberts Komponieren. Ohne offen politisch zu sein, reflektiert seine
        Musik doch eine Epoche äußerer Ohnmacht des Individuums, in der die
        Möglichkeiten zur Entfaltung sehr begrenzt waren – ein Gefühl, dass wir
        in den Pandemiejahren 2020 und 2021 vielleicht erstmals seit langer Zeit
        wieder annähernd nachvollziehen können.

        Dann: Musik, live gesungen von zwei „Young Singers“. Sie gehören zu
        jenen, die, so Hampson, „die Flamme weitertragen“ – und deren
        Berufsaussichten so düster sind wie nie. Marie Seidler etwa kann man nur
        das Beste wünschen. Kraft, Wärme, Optimismus strahlt ihr Mezzo aus,
        mit dem die Bonnerin unter anderem „Der blinde Knabe“ (D 833), „An
        mein Herz“ (D 860) oder zwei Faust-Vertonungen singt, geschmeidig
        meistert sie im Passagio die Höhenwechsel. Wolfram Rieger begleitet sie
        am Klavier und kitzelt die spezielle Schubertsche Dramatik dieser Stücke
        mit klarem und brillantem Anschlag noch zusätzlich heraus. Frederic Jost
        wiederum hat Lieder herausgesucht, die Schubert original für Bass
        geschrieben hat – teils auf Italienisch, teils als Mythenvertonung wie
        „Prometheus“ (D 674). Gestaltwandler ist auch Jost selbst, mit lebhafter,
        verschmitzter Mimik und hüpfenden Augenbrauen schwingt er sich auf in
        ätherische, jünglingshafte Höhen, steigt gleich danach herab in
        ehrfurchtgebietende, opernwuchtige Bass-Tiefen. Tolle Talente, die
        unverdient ohne Applaus den Saal verlassen müssen. Harte Zeiten. Udo
        Badelt

        Die gesamte Schubert-Woche (noch bis 24. Januar) digital auf
        boulezsaal.de, alle Auftritte sind dort archiviert.

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Quelle:        Mannheimer Morgen, Stadtausgabe vom 20.01.2021, S.23 (Tageszeitung/ täglich ausser Sonntag, Mannheim)
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                                                                                                                                  MORGEN
Auch in:      7 weiteren Quellen »
                                              Reichweite:    63.520
Auflage:      29.544                          Ressort:       Kultur                          Quellrubrik:   Mannheimer Morgen

           Corona: ZKM Karlsruhe lädt zu Symposium im Netz
           Digitale Klangwelten
           Corona-bedingt haben sich musikalische Aktivitäten in den                   Haas (Komponist), Malte Müller (WAF GmbH), Steven
           digitalen Raum verlagert. Grenzen und Chancen dieser                        Walter (Beethovenfest Bonn), Bas Wiegers (Dirigent) und
           Praxis sind Thema eines Online-Symposiums, das vom                          Bernhard Zachhuber (Klangforum Wien). Zudem wird die
           Karlsruher Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) am                            interaktive Klanginstallation "einklang freier wesen" vor­
           Freitag, 29. Januar, ab 17 Uhr veranstaltet wird. Diskutie­                 gestellt. Mitwirkende sind das Ensemble Resonanz, das
           ren werden: Ole Baekhoej (Pierre Boulez Saal), Marco                        ZKM I Hertz-Labor, das Ensemble Modem, das Ensemble
           Blaauw (Ensemble Musikfabrik), Peter Weibel und Ludger                      Musikfabrik, das Klangforum Wien und das Talea Ensem­
           Brümmer (ZKM), Christian Fausch (Ensemble Modem),                           ble. gespi Kostenfreier Livestream am 29.1. unter: zkm.de/
           David-Maria Gramse und Tobias Rempe (Ensemble Reso­                         livestream.
           nanz), Matthew Gold (Talea Ensemble), Georg Friedrich
           Alle weiteren Quellen: Inka Magazin Online• ka-city.de• Mannheimer Morgen Online• Mannheimer
           Morgen Rhein-Neckar• MORGENweb (Mannheimer Morgen) • Südhessen Morgen Lampertheim•
           Südhessen Morgen Viernheim
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                                                                                                                                                    3
20.1.2021                    Digitale Mozartwoche Salzburg: Villazón präsentiert "Plan F" | News und Kritik | BR-KLASSIK | Bayerischer Rundfunk

    Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) / Münchner Philharmoniker; Fischer
    Sinfonie g-Moll, KV 183
     DIGITALE MOZARTWOCHE SALZBURG

     VILLAZÓN PRÄSENTIERT "PLAN F"
     19.01.2021

     Pünktlich zu Mozarts 265. Geburtstag beginnt die Mozartwoche Salzburg. Intendant Rolando Villazón und
     sein Team hatten sich für das weltweit bedeutendste Mozart-Festival viel vorgenommen. Coronabedingt
     müssen die Festspiele nun aber rein digital stattfinden. Trotzdem wartet man ab dem 27. Januar mit
     zahlreichen hochkarätig besetzten Konzerten – und einer Uraufführung – auf.

                                                                                                                     Bildquelle: picture-alliance/dpa

     Am 19. Januar hat Intendant Rolando Villazón das Programm für die Mozartwoche 2021 vorgestellt – im
     bereits dritten Anlauf. Im Gegensatz zum im November bereits coronabedingt abgespeckte Spielplan
     wurden nun nochmal einige Konzertwiederholungen sowie konzertante Opernaufführungen gestrichen.
     Zudem wird das auf fünf Tage gekürzte Festival nun komplett in den virtuellen Raum verlegt. "Ich bin
     glücklich, heute meinen Plan F präsentieren zu können", so begann Intendant Villazón ironisch seine
     Programmvorstellung.

https://www.br-klassik.de/aktuell/news-kritik/mozart-woche-salzburg-2021-rolando-villazon-digital-100.html
20.1.2021                    Digitale Mozartwoche Salzburg: Villazón präsentiert "Plan F" | News und Kritik | BR-KLASSIK | Bayerischer Rundfunk

     Als einen der Höhepunkte kündigt die Mozartwoche, die zu Mozarts Geburtstag am 27. Januar beginnt
     und am 31. Januar endet, eine Uraufführung an: Ganze 94 Sekunde dauert ein neuentdecktes dreiteiliges,
     tanzartiges Klavierstück: ein Allegro in D-Dur KV 626b/16. Der koreanische Gewinner der letzten
     Chopin.Wettbewerbs Seong-Jin Cho wird es spielen. Villazón zeigt sich begeistert, dass diese
     Uraufführung bei der Mozartwoche 2021 stattfinden wird.

     «Nur 94 Sekunden Mozart – doch diese 94 Sekunden sind ein ganzer Kosmos Mozart.»
                                                                                                                               Rolando Villazón

     STARAUFGEBOT TROTZ LOCKDOWN

     Zahlreiche Tests, Maskenpflicht bei allen an der Produktion Beteiligten und alle nötigen Hygieneregeln zu
     befolgen, das ist für Villazón oberste Priorität, wie er im Interview mit BR-KLASSIK betont: "Jeder weiß:
     Alles muss hier sein, wie es sein muss, um hier Musik zu machen und um Mozart zum Leben zu bringen."
     Erwartet werden die Wiener Philharmoniker mit Pianist und Dirigent Daniel Barenboim, die Camerata
     Salzburg und die Mezzosopranistin Cecilia Bartoli. Martha Argerich und Daniel Barenboim werden
     Mozart spielen, auch vierhändig zusammen an einem Flügel. Dass das bei der der Mozartwoche
     stattfinden kann, das ist für Villzón ein ganz großer Glücksfall.

     INFORMATIONEN ZUR MOZARTWOCHE 2021

     Die Aufführungen der Mozartwoche 2021 werden vom ORF, 3sat und den Streaminganbieter "fiedelio"
     übertragen. Das komplette und aktualisierte Programm der Mozartwoche 2021 finden Sie hier.

     Sendung: "Leporello" am 19. Januar 2021 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

https://www.br-klassik.de/aktuell/news-kritik/mozart-woche-salzburg-2021-rolando-villazon-digital-100.html
20.1.2021                                                   https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/466275/1

        F.A.Z. - Politik                                                                                                Mittwoch, 20.01.2021

              [22:12]Schulen und Kitas bleiben vorerst bis Mitte
                            Februar geschlossen
            Merkel: Gefahr des mutierten Virus vorbeugen/Medizinische Masken nun Pflicht[/22:12]

        oll. BERLIN. Bund und Länder haben sich auf eine Verlängerung des Lockdowns bis zum 14.
        Februar geeinigt, um die Ausbreitung noch ansteckenderer Virusvarianten zu vermeiden.
        Schulen und Kindertagesstätten sollen bis zum 14. Februar geschlossen bleiben. Die Präsenz-
        pflicht bleibt ausgesetzt, eine restriktive Umsetzung sei nötig. Das bedeutet, dass der Distanz-
        unterricht verlängert und die Notbetreuung in Kindertagesstätten und Schulen beibehalten
        werden.

        „Jetzt ist die Zeit, der Gefahr, die in diesem mutierten Virus steckt, vorzubeugen“, sagte
        Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Noch sei die Mutante nicht dominant. Beschlossen
        wurde deshalb eine Pflicht zum Tragen medizinischer Masken in Geschäften und im Nah- und
        Fernverkehr. Ein weiteres Ziel sei, das Fahrgastaufkommen deutlich zu reduzieren, sagte
        Merkel. Sie will sich dafür einsetzen, dass auch die Nachbarländer Deutschlands ähnlich
        handelten. Die Maßnahmen in Deutschland blieben ohne Erfolg, wenn die Nachbarländer
        „nicht synchron“ arbeiteten. Die Gefahr bestehe, dass das mutierte Virus von außen nach
        Deutschland getragen werde und die Bemühungen der Menschen zunichte mache. Sollte es
        kein einheitliches Vorgehen geben, „müssen wir auch Vorkehrungen treffen“, sagte Merkel. Sie
        nannte Grenzkontrollen als eine Option, die man vermeiden wolle. Am Donnerstag kommt
        Merkel mit den anderen EU-Staats- und Regierungschefs zusammen, um über das weitere
        Vorgehen in der Pandemie zu beraten.

        Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) plant die Einführung verbindlicher Homeoffice-
        Vorgaben für Unternehmen über eine neue Verordnung bis zum 15. März. Darüber hinaus
        seien schärfere Regeln am Arbeitsplatz wie das Tragen medizinischer Masken vorgesehen, um
        eine weitere Ausbreitung des Coronavirus im Arbeitsleben zu verhindern. Liegt die Sieben-
        Tage-Inzidenz höher als 50, sollen Arbeitgeber verpflichtet werden, „den Beschäftigten im Falle
        von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren
        Wohnung (Homeoffice) auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe
        entgegenstehen“.

        Um Alten- und Pflegeheime sowie Behinderteneinrichtungen besser vor Infektionen zu schüt-
        zen, sollen „kurzfristig Bundeswehrsoldaten und im zweiten Schritt Freiwillige“ bei umfangrei-
        chen Schnelltests in Alten- und Pflegeheimen helfen. Die Opposition forderte abermals eine
        Befassung des Bundestags mit weiteren Einschränkungen. Unterdessen wurde das bayernweite
        Alkoholverbot im öffentlichen Raum nach einem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsge-
        richtshofs vorläufig außer Vollzug gesetzt. (Siehe Seiten 2 und 4 sowie Wirtschaft, Seiten 15
        und 19; Kommentar Seite 8.)

https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/466275/1                                                                                      1/2
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        F.A.Z. - Feuilleton                                                                                           Mittwoch, 20.01.2021

                         Die Vermessung der Gefühle beim Hören
        Die Studie „Digital Concert Experience“ des Max-Planck-Instituts untersucht das
        Konzert im digitalen Wandel.

        Seit Jahren schwankt der Konzertbetrieb zwischen Krise, Innovationsdruck und Konservativis-
        mus. Er ringt um ein neues und breiteres Publikum. Unzählige Crossover-Projekte und Künst-
        ler verbinden Klassik mit Unterhaltung. Nur: Es genügt nicht. Musikvermittlung in Form von
        Konzerteinführungen erkläre das Produkt zwar besser, entwickele es aber nicht weiter,
        behauptet etwa Folkert Uhde, Kulturmanager und Schöpfer des Begriffs „Konzertdesign“.

        Doch was soll dieses „Weiterentwickeln“ eigentlich bedeuten? Die zusätzliche Ausstaffierung
        der Musik mit Schauspiel, Tanz oder Licht, wie man es vor dem Lockdown mehr und mehr
        erleben konnte, näht doch eigentlich nur die Rüschen zurück an den Ärmel. Mit dem Ziel, die
        Aufmerksamkeit länger aufrechtzuerhalten, wird gleichzeitig von der Musik selbst abgelenkt.
        Zudem kultivieren digitale Medien in enormem Maße die Interaktion. Still auf einem Stuhl zu
        sitzen wirkt da wenig zeitgemäß. Allerdings erfordert Musikkonsum, zumindest dem Anspruch
        der Kunst nach, genau diese wenig zeitgemäßen Mittel.

        Der Konzertsaal gewährleistet eine ritualisierte Sphäre. Die Konventionen ermöglichen, sich
        auf das Geschehen einzulassen und sich gegen jedwedes Eventspektakel abzuschirmen. Der
        Zuseher kann sich ganz auf seine Rolle als Zuhörer konzentrieren. Im Konzertsaal erhält sich
        das Ideal der absoluten Musik im Blick des Publikums auf die Bühne.

        Je mehr Rücksicht auf den Zuschauer genommen wird, desto mehr löst sich das Werkideal in
        einer relationalen Musik auf, die sich am Hörer orientiert und die Veranstalter möglichst
        lukrativ verwerten können. Im Extremfall endet das bei „Mozart hören mit Massage“ oder
        „Hygge heiraten mit Haydn“.

        Das Konzert in seiner seit dem neunzehnten Jahrhundert etablierten Form ist nur noch eine
        von vielen Rezeptionsformen von Musik. Hinzu kamen Open Airs, Festivals, Clubs und aller-
        hand analoge und digitale Tonträger, die mit ebensolchen digitalen oder analogen Abspielgerä-
        ten am gewünschten Ort zu Gehör gebracht werden. Bis zum Start des Web 2.0 lag die Kontrol-
        le des Musikangebotes bei den Plattenfirmen und Veranstaltern. Als Türhüter entschieden sie,
        wer die Schwelle mit Erfolgsaussichten passieren konnte und wer nicht.

        Das Internet machte Musik über Download-, Distributions- und Streamingplattformen nicht
        nur Individualbedürfnissen, sondern auch einer ungleich größeren Öffentlichkeit verfügbar.
        Die neuen Möglichkeiten überwanden die Türhüter, verbreiterten die Zugänge und deinstitu-
        tionalisierten die Musik. Diese Entkopplung der Musik vom Konzertsaal unterfüttert die
        Auseinandersetzung mit Konzertstreaming, weil Musik so oft als überall verfügbares und

https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/466275/12                                                                                   1/2
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        abspielbares Material verstanden wird, das den Umweg über den Saal unbequem, zu teuer und
        am Ende schlicht unnötig erscheinen lässt.

        Das Stilllegen der musikalischen Spielbetriebe treibt die Verbreitung und Notwendigkeit des
        Streams dramatisch voran und vergegenwärtigt den Druck, den der digitale Wandel auf das
        Konzertwesen ausübt. Schon mit Aufkommen des Tonfilms, der Schallplatte und des Hörfunks
        wurden einstmals Stimmen laut, das Konzertleben sterbe, die Technik führe die Musiker in die
        Arbeitslosigkeit. Knapp ein Jahrhundert später erleben wir die Variation dessen mit veränder-
        ten Vorzeichen: Musiker können ihren Beruf nicht ausüben und werden als unterhaltendes
        Beiwerk von den systemrelevanten Bereichen der Gesellschaft ausgeklammert. Unter diesen
        Voraussetzungen ringen Musikschaffende um Lösungen. Sie leiten ihre Instrumentalstimmen
        auf die Digitalkanäle um. Sie streamen aus privaten Wohnzimmern, Studios oder leeren
        Konzertsälen, in Podcasts, Fernsehübertragungen und sozialen Netzwerken. Damit verändert
        sich nicht nur das Konzertmedium, sondern auch das Publikum. Alles kommt in Bewegung.

        Kann der Stream aber mehr sein als eine Notlösung? Was ist so elementar an einem Konzert-
        besuch, und was davon kann via Stream übermittelt werden? Dazu forscht derzeit die Zeppe-
        lin-Universität Friedrichshafen in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für empiri-
        sche Ästhetik in Frankfurt am Main sowie den Universitäten Bern und York. Die internationale
        Forschergemeinschaft um Prof. Dr. Martin Tröndle, Prof. Dr. Melanie Wald-Fuhrmann, Ole
        Bækhøj, Dr. Hauke Egermann, Prof. Dr. Wolfgang Tschacher und Folkert Uhde als künstleri-
        schen Leiter rückt das ästhetische Erleben ins Zentrum ihrer Untersuchungen. Unter dem
        Projektnamen „Digital Concert Experience“ (DCE) umkreisen die Forscher Fragen, wie das
        klassische Konzert im virtuellen Raum Platz findet, Künstler mit dem digitalen Format umge-
        hen, was ein Stream vermitteln kann und ob daraus sogar eine neue Art des Musikhörens
        erwachsen kann. Kurzum: Die Studie fragt nach den Auswirkungen des digitalen Wandels auf
        den Konzertbetrieb. Dreh- und Angelpunkt der Analyse, welchen Einfluss das Format auf das
        Erleben hat, sind unterschiedlich beschaffene Streams eines kammermusikalischen
        Programms. Streichquintette von Beethoven und Brahms umrahmen die „Epitaphs“ des
        australischen Komponisten und Bratschisten Brett Dean, der in den Aufzeichnungen selbst
        spielt. Vervollständigt wird das Ensemble von den Musikern Micha Afkham, Alban Gerhardt,
        Baiba Skride und Gergana Gergova. Die Auswertung berücksichtigt unterschiedliche Parameter
        eines Konzerts: variierende Vorkenntnisse, hervorgerufene Gefühle und intersubjektive Eigen-
        schaften des Erlebens. Neben der Musik und dem Ensemble lädt die Studie zur Selbsterfah-
        rung ein, sagt Melanie Wald-Fuhrmann im Gespräch mit dieser Zeitung. Aktuell werden noch
        Teilnehmer gesucht (https://digital-concert-experience.org).

        DCE ist die kleine Schwester des größer angelegten „Experimental Concert Research“-Projekts
        (ECR), das, wie es in der Studienbeschreibung heißt „nicht weniger als die Vermessung des
        Konzerterlebens“ anvisiert. Die Wissenschaft unterstützt die Suche nach neuen Formen.
        Formen, die eine digital organisierte Gesellschaft erreichen, in denen professionell und analog
        arbeitende Musikschaffende jedoch weiterhin Mittelpunkt des Geschehens bleiben. Rasmus
        Peters

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        F.A.Z. - Feuilleton                                                                                           Mittwoch, 20.01.2021

                               Und dann und wann ein kleiner Elefant
             Ein besorgter Lauschhelfer voller Selbstironie: Zum siebzigsten Geburtstag des Dirigenten Iván
                                                         Fischer

        Es gibt wenig, wozu dem Dirigenten – und Komponisten – Iván Fischer gar nichts einfallen würde. Im
        vergangenen September – der Konzertbetrieb unter Corona-Bedingungen nahm gerade Fahrt auf –
        präsentierte Fischer einen eigenen Mundschutz: Zwei Plastikhände werden beim Tragen mit in Stel-
        lung gebracht, hinter jedem Ohr eine. Lauschhilfen, die den Klangeindruck reichhaltiger machen
        sollen. Dass der Träger dabei aussieht wie ein Zwergelefant mit durchsichtigen Ohren (selbstverständ-
        lich dachte Fischer auch an die Hörer im Rücken), quittierte Fischer in seinem kurzen Vorstellungsvi-
        deo nicht ohne einen Anflug von Selbstironie.

        Am kulturellen Stillstand während der Corona-Pandemie trägt der ungarische Dirigent, der heute
        seinen siebzigsten Geburtstag feiert, schwer. Er ist ein Künstler, dem es bei Konzerten nicht zuletzt
        um das soziale Erlebnis geht, der volle Säle liebt und viel dafür tut, dass neues Publikum zu klassi-
        scher Musik kommt. Eine ganze Reihe neuer Konzertformate hat Fischer entwickelt, etwa die „Mitten-
        drin“-

        Konzerte, die er als Chefdirigent beim Berliner Konzerthausorchester einführte: Das Orchester ist
        aufgefächert im Parkett plaziert, das Publikum sitzt zwischen den Musikern. Mit dem Budapest Festi-
        val Orchestra, das er vor bald vierzig Jahren gemeinsam mit Zoltán Kocsis gründete und das heute zu
        den weltweit besten Orchester gehört, veranstaltet Fischer Konzerte für autistische Kinder.

        Als Komponist schreibt er nicht nur für Erwachsene sondern auch für Kinder, nicht zuletzt aus der
        Befürchtung heraus, dass seinem Metier die interessierten Hörer ausgehen könnten. Von einer
        „gefährdeten Spezies“ sprach Iván Fischer einmal im Bezug auf das traditionelle Symphonieorchester,
        weniger mit Blick auf ein möglicherweise schwindendes Publikum als hinsichtlich eines beschränkten
        Repertoires. Alte wie Neue Musik seien mittlerweile besser aufgehoben bei Spezialensembles, darauf
        hätten die herkömmlichen Symphonieorchester zu reagieren: indem sich Musiker des Klangkörpers
        etwa mit dem Spiel auf historischen Instrumenten beschäftigen.

        Mit dem Budapest Festival Orchestra versucht Fischer, der die Zukunft im Blick hat wie wenige seiner
        Kollegen, voranzugehen. Dort verfügt er über einen Pool von Musikern, mit denen er Programme
        über Epochen- und Stilgrenzen hinweg bis hin zur Volksmusik verwirklicht. Vor zwei Jahren kam ein
        eigenes Opernfestival in Vicenza hinzu, dort bespielt der regietheatermüde Fischer das Teatro olimpi-
        co, Ende des sechzehnten Jahrhunderts erbaut von Andrea Palladio nach griechisch-römischem
        Vorbild. Vincenzo Scamozzis Bühnenaufbau nimmt der Dirigent, der hier auch als Regisseur tätig ist,
        als unveränderlichen Hintergrund, vor dem Gestik und Musik in kräftiger Sprache aufleuchten sollen.

        Zum Sprechen bringt der Dirigent seine Orchester, indem er sie an der langen Leine gewähren lässt.
        Groß und stärkend ist sein Vertrauen in die Musiker, Fischers federnde Gestik deutet eher an, als dass
        sie vollziehen möchte. So angeleitet, danken die Spieler ihm mit kammermusikalisch feinem Spiel und
        befreitem Instrumentalgesang. Clemens Haustein

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        Mittwoch, 20.01.2021, Tagesspiegel / Kultur

        Aufarbeitung als Alltagsgeschäft
        Thema Kolonialismus im Kulturausschuss
        Von Nicola Kuhn

        Wenige Monate vor Eröffnung des Humboldt Forums und eines dadurch gesteigerten
        Interesses, wie es das Ethnologische Museum mit dem Kolonialismus hält, hat sich
        auch der Kulturausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses das Thema vorgenommen.
        Dort ist man schon etwas weiter. Vor genau einem Jahr fand mit einer
        Diskussionsveranstaltung das Kick-off für ein „gesamtstädtisches Konzept zu Berlins
        kolonialer Vergangenheit“ statt; im Mai 2020 hat die beim Verein Decolonize Berlin
        angesiedelte Koordinierungsstelle ihre Arbeit aufgenommen. Merel Fuchs, eine der
        drei hauptamtlichen Mitarbeiterinnen, gab nun einen Zwischenbericht.

        Bis Mai soll das Konzept stehen, das eine Hauptgedenkstätte vorsieht, dazu dezentrale
        Erinnerungsorte in Museen, dem Zoo, Botanischen Garten sowie Industriestandorten.
        Drei Gutachten wurden bislang in Auftrag gegeben, so Fuchs. Die zunehmenden
        Anfragen von Schulen und Institutionen bei der Koordinationsstelle bezeugen das
        wachsende Interesse am Thema. Fuchs beklagte, dass es bislang noch keine
        systematische Aufarbeitung des Widerstands gegen den Kolonialismus gegeben habe:
        „Berlin war immer ein Ort des Widerstands.“ Hier dürfte die geplante
        „Erinnerungslandschaft“ ihren besonderen Akzent haben. Im letzten Doppelhaushalt
        wurden 700 000 Euro bereitgestellt, für den nächsten sind 1,3 Millionen Euro
        vorgesehen.

        Staatssekretär Torsten Wöhlert verwies zugleich auf ein bei der Stiftung Stadtmuseum
        auf fünf Jahre angelegtes Projekt, das von der Kulturstiftung des Bundes mit einer
        Million Euro gefördert wird und mit Ausstellungen, Recherchen und Veranstaltungen
        bis in die Bezirke hinein getragen werden soll. Die Auseinandersetzung mit dem
        Kolonialismus müsse künftig zum „Alltagsgeschäft“ der jeweiligen Akteure gehören,
        forderte er, sie dürfe nicht nur im Rahmen spezieller Projekte mit Sondermitteln
        stattfinden.

        Auf die Frage des Grünen-Politikers Daniel Wesener nach dem Stand der Restitution
        der Benin-Bronzen verwies Wöhlert erwartungsgemäß auf die Stiftung Preußischer
        Kulturbesitz, in deren Sammlungen sie sich befinden, und dass dies alles gar nicht so
        einfach sei. „Wir beginnen mit dem Brücke Museum, denn wir wissen, dass es dort
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        Gegenstände gibt“, sagte Wöhlert. Dort werden die etwa hundert ethnografischen
        Objekte, die Karl Schmidt-Rottluff seit den 1910er Jahren sammelte und die heute im
        Depot lagern, digitalisiert und in eine offene Datenbank eingepflegt, damit sich auch
        andere Wissenschaftler und Netzwerke an der Provenienzforschung beteiligen können.

        Im Winter werden die Exponate dann komplett im benachbarten Kunsthaus Dahlem
        präsentiert, parallel zu einer Ausstellung über Kirchner, Nolde und den Kolonialismus,
        ein Gemeinschaftsprojekt mit dem Amsterdamer Stedelijkmuseum und dem
        Kopenhagener Statens Museum for Kunst. Ein beherzter Schritt – so sieht offensive
        Auseinandersetzung aus. Den Machern des Humboldt Forums könnte es noch
        passieren, dass sie auf das kleine Brücke Museum als Vorbild verwiesen werden. Nicola
        Kuhn

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        Mittwoch, 20.01.2021, Tagesspiegel / Kultur

        NACHRICHTEN

        Kunstsammlerin Julia Stoschek fordert Öffnung von Museen

        Die Kunstsammlerin Julia Stoschek hat die Schließung von Museen während desO
        zweiten Corona-Lockdowns scharf kritisiert. „Dass Museen in der Verordnung mitO
        Vergnügungstempeln und Bordellen gleichgesetzt werden, bloß weil es einmal soO
        beschlossen wurde und jetzt nicht mehr revidiert wird, empfinde ich als absoluteO
        Katastrophe“, sagte sie der Düsseldorfer „Rheinischen Post“. Die Ansteckungen zuO
        unterbinden, sei in der Sache berechtigt. „Ich vermisse aber einen kreativ-
        konstruktiven Ansatz wie zum Beispiel durch die Inanspruchnahme künstlicherO
        Intelligenz oder Digitalisierung überhaupt.“ epd

https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/474177/18-19                                                     1/1
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