PRESS REVIEW Wednesday, January 20, 2021 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal
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PRESS REVIEW Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal Wednesday, January 20, 2021
PRESS REVIEW Wednesday, January 20, 2021 Der Tagesspiegel, PBS So fern, doch auch so nah. Die digitale Schubert-Woche im Boulez Saal Rbb Kultur, PBS Auftakt der Schubert-Woche im Boulez-Saal Mannheimer Morgen, PBS Corona: ZKM Karlsruhe lädt zu Symposium im Netz. Digitale Klangwelten BR Klassik, DB Digitale Mozartwoche Salzburg Frankfurter Allgemeine Zeitung Merkel: Gefahr des mutierten Virus vorbeugen, Medizinische Masken nun Pflicht Frankfurter Allgemeine Zeitung Die Studie „Digital Concert Experience“ des Max-Planck-Instituts untersucht das Konzert im digitalen Wandel Frankfurter Allgemeine Zeitung Ein besorgter Lauschhelfer voller Selbstironie: Zum siebzigsten Geburtstag des Dirigenten Iván Fischer Der Tagesspiegel Aufarbeitung als Alltagsgeschäft. Thema Kolonialismus im Kulturausschuss Der Tagesspiegel Kunstsammlerin Julia Stoschek fordert Öffnung von Museen
19.1.2021 https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/474177/20-21 Mittwoch, 20.01.2021, Tagesspiegel / Kultur So fern, doch auch so nah Die digitale Schubert- Woche im Boulez Saal Von Udo Badelt Nur leere Sitze hören zu. Die Abwesenheit des Publikums, sie wirkt wie ein stummer Schrei. Immerhin, eine Handvoll Menschen, darunter der getestete Berichterstatter, dürfen im Pierre Boulez Saal sitzen zur Eröffnung dieser vierten den Liedern von Franz Schubert gewidmeten Woche. Alle mit FFP2-Masken, der Boulez Saal war da gesamtgesellschaftlicher Vorreiter, schon im vergangene Herbst galt hier Selbstgehäkeltes als zu virenfreundlich. Trotz und Zuversicht strahlt dieser Montagabend aus: Die Woche, sie findet ja statt, auf höchstem digitaltechnischem Niveau kommt sie online nach Hause. Moderatorin Susanne Stähr spricht mit dem Liedsänger, Lehrer und künstlerischem Leiter der Schubert-Woche, Thomas Hampson. Und mit Friedrich Dieckmann, Autor des Buches „Franz Schubert. Eine Annäherung“. Der ganze Kosmos Schubert wird in dieser ersten Stunde zumindest angerissen, jenes unfassbare Werk aus über 600 Liedern, die – so das von Daniel Barenboim ausgegebene Ziel – im Laufe mehrerer Jahre alle zumindest einmal im Boulez Saal erklungen sein sollen. Jenes „Theater der Intimität“, mit dem Schubert die Unbehaustheit des modernen Menschen in noch nie dagewesener Dichte in schlichte Liedform gegossen hat. Hampson beschreibt das Neue, den Quantensprung, der mit Schubert in die Musik kam, so: „Er hat entdeckt, dass er kleine Welten erschaffen kann. Nie zuvor hat jemand, auch nicht Mozart, solch eine Symbiose von Dichtung und Klang erreicht. Nach Schubert waren Lieder viel mehr als einfach nur ,schön’.“ Dieckmann beleuchtet die sonst weniger beachteten Einflüsse der politische https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/474177/20-21 1/2
19.1.2021 https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/474177/20-21 Entwicklung im Deutschen Bund, etwa die Karlsbader Beschlüsse, auf Schuberts Komponieren. Ohne offen politisch zu sein, reflektiert seine Musik doch eine Epoche äußerer Ohnmacht des Individuums, in der die Möglichkeiten zur Entfaltung sehr begrenzt waren – ein Gefühl, dass wir in den Pandemiejahren 2020 und 2021 vielleicht erstmals seit langer Zeit wieder annähernd nachvollziehen können. Dann: Musik, live gesungen von zwei „Young Singers“. Sie gehören zu jenen, die, so Hampson, „die Flamme weitertragen“ – und deren Berufsaussichten so düster sind wie nie. Marie Seidler etwa kann man nur das Beste wünschen. Kraft, Wärme, Optimismus strahlt ihr Mezzo aus, mit dem die Bonnerin unter anderem „Der blinde Knabe“ (D 833), „An mein Herz“ (D 860) oder zwei Faust-Vertonungen singt, geschmeidig meistert sie im Passagio die Höhenwechsel. Wolfram Rieger begleitet sie am Klavier und kitzelt die spezielle Schubertsche Dramatik dieser Stücke mit klarem und brillantem Anschlag noch zusätzlich heraus. Frederic Jost wiederum hat Lieder herausgesucht, die Schubert original für Bass geschrieben hat – teils auf Italienisch, teils als Mythenvertonung wie „Prometheus“ (D 674). Gestaltwandler ist auch Jost selbst, mit lebhafter, verschmitzter Mimik und hüpfenden Augenbrauen schwingt er sich auf in ätherische, jünglingshafte Höhen, steigt gleich danach herab in ehrfurchtgebietende, opernwuchtige Bass-Tiefen. Tolle Talente, die unverdient ohne Applaus den Saal verlassen müssen. Harte Zeiten. Udo Badelt Die gesamte Schubert-Woche (noch bis 24. Januar) digital auf boulezsaal.de, alle Auftritte sind dort archiviert. https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/474177/20-21 2/2
Print Quelle: Mannheimer Morgen, Stadtausgabe vom 20.01.2021, S.23 (Tageszeitung/ täglich ausser Sonntag, Mannheim) MANNHEIMER MORGEN Auch in: 7 weiteren Quellen » Reichweite: 63.520 Auflage: 29.544 Ressort: Kultur Quellrubrik: Mannheimer Morgen Corona: ZKM Karlsruhe lädt zu Symposium im Netz Digitale Klangwelten Corona-bedingt haben sich musikalische Aktivitäten in den Haas (Komponist), Malte Müller (WAF GmbH), Steven digitalen Raum verlagert. Grenzen und Chancen dieser Walter (Beethovenfest Bonn), Bas Wiegers (Dirigent) und Praxis sind Thema eines Online-Symposiums, das vom Bernhard Zachhuber (Klangforum Wien). Zudem wird die Karlsruher Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) am interaktive Klanginstallation "einklang freier wesen" vor Freitag, 29. Januar, ab 17 Uhr veranstaltet wird. Diskutie gestellt. Mitwirkende sind das Ensemble Resonanz, das ren werden: Ole Baekhoej (Pierre Boulez Saal), Marco ZKM I Hertz-Labor, das Ensemble Modem, das Ensemble Blaauw (Ensemble Musikfabrik), Peter Weibel und Ludger Musikfabrik, das Klangforum Wien und das Talea Ensem Brümmer (ZKM), Christian Fausch (Ensemble Modem), ble. gespi Kostenfreier Livestream am 29.1. unter: zkm.de/ David-Maria Gramse und Tobias Rempe (Ensemble Reso livestream. nanz), Matthew Gold (Talea Ensemble), Georg Friedrich Alle weiteren Quellen: Inka Magazin Online• ka-city.de• Mannheimer Morgen Online• Mannheimer Morgen Rhein-Neckar• MORGENweb (Mannheimer Morgen) • Südhessen Morgen Lampertheim• Südhessen Morgen Viernheim zum Anfang dieses Artikels zum Inhaltsverzeichnis 3
20.1.2021 Digitale Mozartwoche Salzburg: Villazón präsentiert "Plan F" | News und Kritik | BR-KLASSIK | Bayerischer Rundfunk Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) / Münchner Philharmoniker; Fischer Sinfonie g-Moll, KV 183 DIGITALE MOZARTWOCHE SALZBURG VILLAZÓN PRÄSENTIERT "PLAN F" 19.01.2021 Pünktlich zu Mozarts 265. Geburtstag beginnt die Mozartwoche Salzburg. Intendant Rolando Villazón und sein Team hatten sich für das weltweit bedeutendste Mozart-Festival viel vorgenommen. Coronabedingt müssen die Festspiele nun aber rein digital stattfinden. Trotzdem wartet man ab dem 27. Januar mit zahlreichen hochkarätig besetzten Konzerten – und einer Uraufführung – auf. Bildquelle: picture-alliance/dpa Am 19. Januar hat Intendant Rolando Villazón das Programm für die Mozartwoche 2021 vorgestellt – im bereits dritten Anlauf. Im Gegensatz zum im November bereits coronabedingt abgespeckte Spielplan wurden nun nochmal einige Konzertwiederholungen sowie konzertante Opernaufführungen gestrichen. Zudem wird das auf fünf Tage gekürzte Festival nun komplett in den virtuellen Raum verlegt. "Ich bin glücklich, heute meinen Plan F präsentieren zu können", so begann Intendant Villazón ironisch seine Programmvorstellung. https://www.br-klassik.de/aktuell/news-kritik/mozart-woche-salzburg-2021-rolando-villazon-digital-100.html
20.1.2021 Digitale Mozartwoche Salzburg: Villazón präsentiert "Plan F" | News und Kritik | BR-KLASSIK | Bayerischer Rundfunk Als einen der Höhepunkte kündigt die Mozartwoche, die zu Mozarts Geburtstag am 27. Januar beginnt und am 31. Januar endet, eine Uraufführung an: Ganze 94 Sekunde dauert ein neuentdecktes dreiteiliges, tanzartiges Klavierstück: ein Allegro in D-Dur KV 626b/16. Der koreanische Gewinner der letzten Chopin.Wettbewerbs Seong-Jin Cho wird es spielen. Villazón zeigt sich begeistert, dass diese Uraufführung bei der Mozartwoche 2021 stattfinden wird. «Nur 94 Sekunden Mozart – doch diese 94 Sekunden sind ein ganzer Kosmos Mozart.» Rolando Villazón STARAUFGEBOT TROTZ LOCKDOWN Zahlreiche Tests, Maskenpflicht bei allen an der Produktion Beteiligten und alle nötigen Hygieneregeln zu befolgen, das ist für Villazón oberste Priorität, wie er im Interview mit BR-KLASSIK betont: "Jeder weiß: Alles muss hier sein, wie es sein muss, um hier Musik zu machen und um Mozart zum Leben zu bringen." Erwartet werden die Wiener Philharmoniker mit Pianist und Dirigent Daniel Barenboim, die Camerata Salzburg und die Mezzosopranistin Cecilia Bartoli. Martha Argerich und Daniel Barenboim werden Mozart spielen, auch vierhändig zusammen an einem Flügel. Dass das bei der der Mozartwoche stattfinden kann, das ist für Villzón ein ganz großer Glücksfall. INFORMATIONEN ZUR MOZARTWOCHE 2021 Die Aufführungen der Mozartwoche 2021 werden vom ORF, 3sat und den Streaminganbieter "fiedelio" übertragen. Das komplette und aktualisierte Programm der Mozartwoche 2021 finden Sie hier. Sendung: "Leporello" am 19. Januar 2021 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK https://www.br-klassik.de/aktuell/news-kritik/mozart-woche-salzburg-2021-rolando-villazon-digital-100.html
20.1.2021 https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/466275/1 F.A.Z. - Politik Mittwoch, 20.01.2021 [22:12]Schulen und Kitas bleiben vorerst bis Mitte Februar geschlossen Merkel: Gefahr des mutierten Virus vorbeugen/Medizinische Masken nun Pflicht[/22:12] oll. BERLIN. Bund und Länder haben sich auf eine Verlängerung des Lockdowns bis zum 14. Februar geeinigt, um die Ausbreitung noch ansteckenderer Virusvarianten zu vermeiden. Schulen und Kindertagesstätten sollen bis zum 14. Februar geschlossen bleiben. Die Präsenz- pflicht bleibt ausgesetzt, eine restriktive Umsetzung sei nötig. Das bedeutet, dass der Distanz- unterricht verlängert und die Notbetreuung in Kindertagesstätten und Schulen beibehalten werden. „Jetzt ist die Zeit, der Gefahr, die in diesem mutierten Virus steckt, vorzubeugen“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Noch sei die Mutante nicht dominant. Beschlossen wurde deshalb eine Pflicht zum Tragen medizinischer Masken in Geschäften und im Nah- und Fernverkehr. Ein weiteres Ziel sei, das Fahrgastaufkommen deutlich zu reduzieren, sagte Merkel. Sie will sich dafür einsetzen, dass auch die Nachbarländer Deutschlands ähnlich handelten. Die Maßnahmen in Deutschland blieben ohne Erfolg, wenn die Nachbarländer „nicht synchron“ arbeiteten. Die Gefahr bestehe, dass das mutierte Virus von außen nach Deutschland getragen werde und die Bemühungen der Menschen zunichte mache. Sollte es kein einheitliches Vorgehen geben, „müssen wir auch Vorkehrungen treffen“, sagte Merkel. Sie nannte Grenzkontrollen als eine Option, die man vermeiden wolle. Am Donnerstag kommt Merkel mit den anderen EU-Staats- und Regierungschefs zusammen, um über das weitere Vorgehen in der Pandemie zu beraten. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) plant die Einführung verbindlicher Homeoffice- Vorgaben für Unternehmen über eine neue Verordnung bis zum 15. März. Darüber hinaus seien schärfere Regeln am Arbeitsplatz wie das Tragen medizinischer Masken vorgesehen, um eine weitere Ausbreitung des Coronavirus im Arbeitsleben zu verhindern. Liegt die Sieben- Tage-Inzidenz höher als 50, sollen Arbeitgeber verpflichtet werden, „den Beschäftigten im Falle von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung (Homeoffice) auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen“. Um Alten- und Pflegeheime sowie Behinderteneinrichtungen besser vor Infektionen zu schüt- zen, sollen „kurzfristig Bundeswehrsoldaten und im zweiten Schritt Freiwillige“ bei umfangrei- chen Schnelltests in Alten- und Pflegeheimen helfen. Die Opposition forderte abermals eine Befassung des Bundestags mit weiteren Einschränkungen. Unterdessen wurde das bayernweite Alkoholverbot im öffentlichen Raum nach einem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsge- richtshofs vorläufig außer Vollzug gesetzt. (Siehe Seiten 2 und 4 sowie Wirtschaft, Seiten 15 und 19; Kommentar Seite 8.) https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/466275/1 1/2
20.1.2021 https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/466275/12 F.A.Z. - Feuilleton Mittwoch, 20.01.2021 Die Vermessung der Gefühle beim Hören Die Studie „Digital Concert Experience“ des Max-Planck-Instituts untersucht das Konzert im digitalen Wandel. Seit Jahren schwankt der Konzertbetrieb zwischen Krise, Innovationsdruck und Konservativis- mus. Er ringt um ein neues und breiteres Publikum. Unzählige Crossover-Projekte und Künst- ler verbinden Klassik mit Unterhaltung. Nur: Es genügt nicht. Musikvermittlung in Form von Konzerteinführungen erkläre das Produkt zwar besser, entwickele es aber nicht weiter, behauptet etwa Folkert Uhde, Kulturmanager und Schöpfer des Begriffs „Konzertdesign“. Doch was soll dieses „Weiterentwickeln“ eigentlich bedeuten? Die zusätzliche Ausstaffierung der Musik mit Schauspiel, Tanz oder Licht, wie man es vor dem Lockdown mehr und mehr erleben konnte, näht doch eigentlich nur die Rüschen zurück an den Ärmel. Mit dem Ziel, die Aufmerksamkeit länger aufrechtzuerhalten, wird gleichzeitig von der Musik selbst abgelenkt. Zudem kultivieren digitale Medien in enormem Maße die Interaktion. Still auf einem Stuhl zu sitzen wirkt da wenig zeitgemäß. Allerdings erfordert Musikkonsum, zumindest dem Anspruch der Kunst nach, genau diese wenig zeitgemäßen Mittel. Der Konzertsaal gewährleistet eine ritualisierte Sphäre. Die Konventionen ermöglichen, sich auf das Geschehen einzulassen und sich gegen jedwedes Eventspektakel abzuschirmen. Der Zuseher kann sich ganz auf seine Rolle als Zuhörer konzentrieren. Im Konzertsaal erhält sich das Ideal der absoluten Musik im Blick des Publikums auf die Bühne. Je mehr Rücksicht auf den Zuschauer genommen wird, desto mehr löst sich das Werkideal in einer relationalen Musik auf, die sich am Hörer orientiert und die Veranstalter möglichst lukrativ verwerten können. Im Extremfall endet das bei „Mozart hören mit Massage“ oder „Hygge heiraten mit Haydn“. Das Konzert in seiner seit dem neunzehnten Jahrhundert etablierten Form ist nur noch eine von vielen Rezeptionsformen von Musik. Hinzu kamen Open Airs, Festivals, Clubs und aller- hand analoge und digitale Tonträger, die mit ebensolchen digitalen oder analogen Abspielgerä- ten am gewünschten Ort zu Gehör gebracht werden. Bis zum Start des Web 2.0 lag die Kontrol- le des Musikangebotes bei den Plattenfirmen und Veranstaltern. Als Türhüter entschieden sie, wer die Schwelle mit Erfolgsaussichten passieren konnte und wer nicht. Das Internet machte Musik über Download-, Distributions- und Streamingplattformen nicht nur Individualbedürfnissen, sondern auch einer ungleich größeren Öffentlichkeit verfügbar. Die neuen Möglichkeiten überwanden die Türhüter, verbreiterten die Zugänge und deinstitu- tionalisierten die Musik. Diese Entkopplung der Musik vom Konzertsaal unterfüttert die Auseinandersetzung mit Konzertstreaming, weil Musik so oft als überall verfügbares und https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/466275/12 1/2
20.1.2021 https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/466275/12 abspielbares Material verstanden wird, das den Umweg über den Saal unbequem, zu teuer und am Ende schlicht unnötig erscheinen lässt. Das Stilllegen der musikalischen Spielbetriebe treibt die Verbreitung und Notwendigkeit des Streams dramatisch voran und vergegenwärtigt den Druck, den der digitale Wandel auf das Konzertwesen ausübt. Schon mit Aufkommen des Tonfilms, der Schallplatte und des Hörfunks wurden einstmals Stimmen laut, das Konzertleben sterbe, die Technik führe die Musiker in die Arbeitslosigkeit. Knapp ein Jahrhundert später erleben wir die Variation dessen mit veränder- ten Vorzeichen: Musiker können ihren Beruf nicht ausüben und werden als unterhaltendes Beiwerk von den systemrelevanten Bereichen der Gesellschaft ausgeklammert. Unter diesen Voraussetzungen ringen Musikschaffende um Lösungen. Sie leiten ihre Instrumentalstimmen auf die Digitalkanäle um. Sie streamen aus privaten Wohnzimmern, Studios oder leeren Konzertsälen, in Podcasts, Fernsehübertragungen und sozialen Netzwerken. Damit verändert sich nicht nur das Konzertmedium, sondern auch das Publikum. Alles kommt in Bewegung. Kann der Stream aber mehr sein als eine Notlösung? Was ist so elementar an einem Konzert- besuch, und was davon kann via Stream übermittelt werden? Dazu forscht derzeit die Zeppe- lin-Universität Friedrichshafen in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für empiri- sche Ästhetik in Frankfurt am Main sowie den Universitäten Bern und York. Die internationale Forschergemeinschaft um Prof. Dr. Martin Tröndle, Prof. Dr. Melanie Wald-Fuhrmann, Ole Bækhøj, Dr. Hauke Egermann, Prof. Dr. Wolfgang Tschacher und Folkert Uhde als künstleri- schen Leiter rückt das ästhetische Erleben ins Zentrum ihrer Untersuchungen. Unter dem Projektnamen „Digital Concert Experience“ (DCE) umkreisen die Forscher Fragen, wie das klassische Konzert im virtuellen Raum Platz findet, Künstler mit dem digitalen Format umge- hen, was ein Stream vermitteln kann und ob daraus sogar eine neue Art des Musikhörens erwachsen kann. Kurzum: Die Studie fragt nach den Auswirkungen des digitalen Wandels auf den Konzertbetrieb. Dreh- und Angelpunkt der Analyse, welchen Einfluss das Format auf das Erleben hat, sind unterschiedlich beschaffene Streams eines kammermusikalischen Programms. Streichquintette von Beethoven und Brahms umrahmen die „Epitaphs“ des australischen Komponisten und Bratschisten Brett Dean, der in den Aufzeichnungen selbst spielt. Vervollständigt wird das Ensemble von den Musikern Micha Afkham, Alban Gerhardt, Baiba Skride und Gergana Gergova. Die Auswertung berücksichtigt unterschiedliche Parameter eines Konzerts: variierende Vorkenntnisse, hervorgerufene Gefühle und intersubjektive Eigen- schaften des Erlebens. Neben der Musik und dem Ensemble lädt die Studie zur Selbsterfah- rung ein, sagt Melanie Wald-Fuhrmann im Gespräch mit dieser Zeitung. Aktuell werden noch Teilnehmer gesucht (https://digital-concert-experience.org). DCE ist die kleine Schwester des größer angelegten „Experimental Concert Research“-Projekts (ECR), das, wie es in der Studienbeschreibung heißt „nicht weniger als die Vermessung des Konzerterlebens“ anvisiert. Die Wissenschaft unterstützt die Suche nach neuen Formen. Formen, die eine digital organisierte Gesellschaft erreichen, in denen professionell und analog arbeitende Musikschaffende jedoch weiterhin Mittelpunkt des Geschehens bleiben. Rasmus Peters https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/466275/12 2/2
20.1.2021 https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/466275/12 F.A.Z. - Feuilleton Mittwoch, 20.01.2021 Und dann und wann ein kleiner Elefant Ein besorgter Lauschhelfer voller Selbstironie: Zum siebzigsten Geburtstag des Dirigenten Iván Fischer Es gibt wenig, wozu dem Dirigenten – und Komponisten – Iván Fischer gar nichts einfallen würde. Im vergangenen September – der Konzertbetrieb unter Corona-Bedingungen nahm gerade Fahrt auf – präsentierte Fischer einen eigenen Mundschutz: Zwei Plastikhände werden beim Tragen mit in Stel- lung gebracht, hinter jedem Ohr eine. Lauschhilfen, die den Klangeindruck reichhaltiger machen sollen. Dass der Träger dabei aussieht wie ein Zwergelefant mit durchsichtigen Ohren (selbstverständ- lich dachte Fischer auch an die Hörer im Rücken), quittierte Fischer in seinem kurzen Vorstellungsvi- deo nicht ohne einen Anflug von Selbstironie. Am kulturellen Stillstand während der Corona-Pandemie trägt der ungarische Dirigent, der heute seinen siebzigsten Geburtstag feiert, schwer. Er ist ein Künstler, dem es bei Konzerten nicht zuletzt um das soziale Erlebnis geht, der volle Säle liebt und viel dafür tut, dass neues Publikum zu klassi- scher Musik kommt. Eine ganze Reihe neuer Konzertformate hat Fischer entwickelt, etwa die „Mitten- drin“- Konzerte, die er als Chefdirigent beim Berliner Konzerthausorchester einführte: Das Orchester ist aufgefächert im Parkett plaziert, das Publikum sitzt zwischen den Musikern. Mit dem Budapest Festi- val Orchestra, das er vor bald vierzig Jahren gemeinsam mit Zoltán Kocsis gründete und das heute zu den weltweit besten Orchester gehört, veranstaltet Fischer Konzerte für autistische Kinder. Als Komponist schreibt er nicht nur für Erwachsene sondern auch für Kinder, nicht zuletzt aus der Befürchtung heraus, dass seinem Metier die interessierten Hörer ausgehen könnten. Von einer „gefährdeten Spezies“ sprach Iván Fischer einmal im Bezug auf das traditionelle Symphonieorchester, weniger mit Blick auf ein möglicherweise schwindendes Publikum als hinsichtlich eines beschränkten Repertoires. Alte wie Neue Musik seien mittlerweile besser aufgehoben bei Spezialensembles, darauf hätten die herkömmlichen Symphonieorchester zu reagieren: indem sich Musiker des Klangkörpers etwa mit dem Spiel auf historischen Instrumenten beschäftigen. Mit dem Budapest Festival Orchestra versucht Fischer, der die Zukunft im Blick hat wie wenige seiner Kollegen, voranzugehen. Dort verfügt er über einen Pool von Musikern, mit denen er Programme über Epochen- und Stilgrenzen hinweg bis hin zur Volksmusik verwirklicht. Vor zwei Jahren kam ein eigenes Opernfestival in Vicenza hinzu, dort bespielt der regietheatermüde Fischer das Teatro olimpi- co, Ende des sechzehnten Jahrhunderts erbaut von Andrea Palladio nach griechisch-römischem Vorbild. Vincenzo Scamozzis Bühnenaufbau nimmt der Dirigent, der hier auch als Regisseur tätig ist, als unveränderlichen Hintergrund, vor dem Gestik und Musik in kräftiger Sprache aufleuchten sollen. Zum Sprechen bringt der Dirigent seine Orchester, indem er sie an der langen Leine gewähren lässt. Groß und stärkend ist sein Vertrauen in die Musiker, Fischers federnde Gestik deutet eher an, als dass sie vollziehen möchte. So angeleitet, danken die Spieler ihm mit kammermusikalisch feinem Spiel und befreitem Instrumentalgesang. Clemens Haustein https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/466275/12 1/2
20.1.2021 https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/474177/20-21 Mittwoch, 20.01.2021, Tagesspiegel / Kultur Aufarbeitung als Alltagsgeschäft Thema Kolonialismus im Kulturausschuss Von Nicola Kuhn Wenige Monate vor Eröffnung des Humboldt Forums und eines dadurch gesteigerten Interesses, wie es das Ethnologische Museum mit dem Kolonialismus hält, hat sich auch der Kulturausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses das Thema vorgenommen. Dort ist man schon etwas weiter. Vor genau einem Jahr fand mit einer Diskussionsveranstaltung das Kick-off für ein „gesamtstädtisches Konzept zu Berlins kolonialer Vergangenheit“ statt; im Mai 2020 hat die beim Verein Decolonize Berlin angesiedelte Koordinierungsstelle ihre Arbeit aufgenommen. Merel Fuchs, eine der drei hauptamtlichen Mitarbeiterinnen, gab nun einen Zwischenbericht. Bis Mai soll das Konzept stehen, das eine Hauptgedenkstätte vorsieht, dazu dezentrale Erinnerungsorte in Museen, dem Zoo, Botanischen Garten sowie Industriestandorten. Drei Gutachten wurden bislang in Auftrag gegeben, so Fuchs. Die zunehmenden Anfragen von Schulen und Institutionen bei der Koordinationsstelle bezeugen das wachsende Interesse am Thema. Fuchs beklagte, dass es bislang noch keine systematische Aufarbeitung des Widerstands gegen den Kolonialismus gegeben habe: „Berlin war immer ein Ort des Widerstands.“ Hier dürfte die geplante „Erinnerungslandschaft“ ihren besonderen Akzent haben. Im letzten Doppelhaushalt wurden 700 000 Euro bereitgestellt, für den nächsten sind 1,3 Millionen Euro vorgesehen. Staatssekretär Torsten Wöhlert verwies zugleich auf ein bei der Stiftung Stadtmuseum auf fünf Jahre angelegtes Projekt, das von der Kulturstiftung des Bundes mit einer Million Euro gefördert wird und mit Ausstellungen, Recherchen und Veranstaltungen bis in die Bezirke hinein getragen werden soll. Die Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus müsse künftig zum „Alltagsgeschäft“ der jeweiligen Akteure gehören, forderte er, sie dürfe nicht nur im Rahmen spezieller Projekte mit Sondermitteln stattfinden. Auf die Frage des Grünen-Politikers Daniel Wesener nach dem Stand der Restitution der Benin-Bronzen verwies Wöhlert erwartungsgemäß auf die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, in deren Sammlungen sie sich befinden, und dass dies alles gar nicht so einfach sei. „Wir beginnen mit dem Brücke Museum, denn wir wissen, dass es dort https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/474177/20-21 1/2
20.1.2021 https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/474177/20-21 Gegenstände gibt“, sagte Wöhlert. Dort werden die etwa hundert ethnografischen Objekte, die Karl Schmidt-Rottluff seit den 1910er Jahren sammelte und die heute im Depot lagern, digitalisiert und in eine offene Datenbank eingepflegt, damit sich auch andere Wissenschaftler und Netzwerke an der Provenienzforschung beteiligen können. Im Winter werden die Exponate dann komplett im benachbarten Kunsthaus Dahlem präsentiert, parallel zu einer Ausstellung über Kirchner, Nolde und den Kolonialismus, ein Gemeinschaftsprojekt mit dem Amsterdamer Stedelijkmuseum und dem Kopenhagener Statens Museum for Kunst. Ein beherzter Schritt – so sieht offensive Auseinandersetzung aus. Den Machern des Humboldt Forums könnte es noch passieren, dass sie auf das kleine Brücke Museum als Vorbild verwiesen werden. Nicola Kuhn https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/474177/20-21 2/2
20.1.2021 https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/474177/18-19 Mittwoch, 20.01.2021, Tagesspiegel / Kultur NACHRICHTEN Kunstsammlerin Julia Stoschek fordert Öffnung von Museen Die Kunstsammlerin Julia Stoschek hat die Schließung von Museen während desO zweiten Corona-Lockdowns scharf kritisiert. „Dass Museen in der Verordnung mitO Vergnügungstempeln und Bordellen gleichgesetzt werden, bloß weil es einmal soO beschlossen wurde und jetzt nicht mehr revidiert wird, empfinde ich als absoluteO Katastrophe“, sagte sie der Düsseldorfer „Rheinischen Post“. Die Ansteckungen zuO unterbinden, sei in der Sache berechtigt. „Ich vermisse aber einen kreativ- konstruktiven Ansatz wie zum Beispiel durch die Inanspruchnahme künstlicherO Intelligenz oder Digitalisierung überhaupt.“ epd https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/474177/18-19 1/1
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