Pressekonferenz 20 Jahre Frauenvolksbegehren - Jetzt erst recht! - Österreichischer Frauenring

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Österreichischer Frauenring, Plattform 20000frauen und KosmosTheater
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                            Pressekonferenz
               20 Jahre Frauenvolksbegehren -
                       Jetzt erst recht!

                         Freitag, 28. April 2017, 10 Uhr
                                   KosmosTheater
                           Siebensterngasse 42, 1070 Wien
                                                 mit
                     Sonja Ablinger (Österreichischer Frauenring)
                     Teresa Havlicek (Frauenvolksbegehren neu)
          Maria Rösslhumer (Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser)
            Eva Rossmann (Mitinitiatorin des ersten Frauenvolksbegehrens)
      Hannah Steiner (Netzwerk österreichischer Frauen- & Mädchenberatungsstellen)
                          Ulli Weish (Plattform 20000frauen)

Vor 20 Jahren unterschrieben rund 645.000 Menschen das erste österreichische
Frauenvolksbegehren. Frauen und Männer forderten mit ihrer Unterschrift die
verfassungsmäßige Verankerung der Gleichstellung von Frauen und Männern sowie
zahlreiche gesetzliche Maßnahmen, um die Benachteiligung von Frauen endlich zu
beseitigen.
Wie steht es um die Umsetzung dieser Forderungen 20 Jahre danach? Was ist seither in
Sachen Gleichberechtigung geschehen? Sind die gläsernen Decken gesprengt? Ist der
Gender Pay Gap nur noch ein Mythos? Wir ziehen Bilanz und laden ein zu „exzessiven
Utopien“.

Rückfragen:
Sonja Ablinger, Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings
Tel. 0664 12 19 686
Sonja Ablinger (Österreichischer Frauenring)

20 Jahre nach dem ersten Frauenvolksbegehren stellen wir – wieder einmal – fest, dass wenige der
Forderungen umgesetzt wurden und an den ungleichen Geschlechterverhältnissen hat sich wenig
verbessert. Immer mehr Frauen arbeiten Teilzeit – viele davon nicht freiwillig. Die Lohnschere schließt sich
nicht und die Aufteilung bezahlter und unbezahlter Arbeit hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten kaum
geändert. Die wachsende Armut bei Alleinerzieherinnen, die Zunahme prekärer
Beschäftigungsverhältnisse, die fehlenden Rechtsansprüche im Bereich der Vereinbarkeit machen
deutlich, wie aktuell der Forderungskatalog des „alte Frauenvolksbegehrens“ heute noch ist.

Das überarbeitete Regierungsübereinkommen zeigt darüber hinaus, dass die Koalition wenig Interesse an
emanzipatorischer Frauenpolitik hat. Kaum eine einzige zentrale frauenpolitische Forderung findet sich in
dem Update der Regierungserklärung wieder.

Was wir brauchen, ist ein neues „bissfestes“ Gleichstellungspaket mit Rechtsansprüchen. Das würde zum
Beispiel bedeuten ein Entgeltgleichheitsgesetz ohne Verschwiegenheitsklauseln, einen einklagbaren
Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung, den dringend notwendigen Ausbau der Gewaltschutzeinrichtungen,
Frauenhäuser und Frauenservicestellen, ein Unterhaltsgesetz, das Kinderarmut beseitigt – und eine
Staatszielbestimmung, die Gleichstellung der Geschlechter als Verpflichtung und Handlungsanleitung
sieht. Um es mit Johanna Dohnal zu sagen: Es geht darum, dass die so genannten „weichen Themen“, die
in Wirklichkeit „harte Brocken“ sind, endlich die Bedeutung erhalten, die sie verdienen – und nicht
männlich milde belächelt werden.
Teresa Havlicek (Frauenvolksbegehren neu)

Viele Frauen meiner Generation sind in einer Illusion der Gleichberechtigung aufgewachsen. Doch das
politische Spannungsjahr 2016 hat uns gezeigt, dass wir noch immer über dieselben Probleme sprechen:
ökonomische Gleichstellung, soziale Absicherung, Wahlfreiheit und politische Teilhabe. Wenn wir jetzt
nicht einen großen, frauenpolitischen Schritt nach vorne machen, gehen wir zwei zurück. Daher ist es jetzt
Zeit, Druck aufzubauen: Wir wählen bald eine neue Regierung, und im Jahr 2017 sollten Frauen nicht nur
mitgemeint, sondern mit dabei sein. Damit wir gemeinsam ein Land gestalten, in dem alle von Wohlstand
profitieren.
Maria Rösslhumer (Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser)

Österreich gilt international als Vorbild im Gewalt- und Opferschutz. Seit beinahe 40 Jahren gibt es
Frauenhäuser in allen Bundesländern und eine bundesweite Frauenhelpline als zentrale Anlaufstelle
für gewaltbetroffene Mädchen und Frauen, die die wichtigsten Kriterien – kostenlos, anonym und
eine Besetzung von 24/7 – erfüllt. Vor 20 Jahren traten die Gewaltschutzgesetze (Betretungsverbot
und Wegweisung) in Kraft und Gewaltschutzzentren wurden bundesweit errichtet. Gesetzliche
Maßnahmen wurden verbessert und 2014 hat Österreich die Istanbul Konvention ratifiziert und sich
verpflichtet, gewaltbetroffene Frauen und Kinder zu schützen und zu unterstützen.

Dennoch gibt es viele gravierende Lücken und Defizite in der Prävention und im Opferschutz!

Jährlich werden schätzungsweise 20 bis 30 Frauen von ihren eigenen Partnern ermordet. Viele
gefährliche und polizeibekannte Gewalttäter werden von der Justiz auf freiem Fuß angezeigt oder
freigesprochen und können somit Morde und Mordversuche planen. Immer mehr Frauen bringen den
Mut auf, Anzeige gegen ihre Misshandler zu erstatten, dennoch kommen viele ohne Verurteilung und
Strafe davon.

Jede Frau hat das Recht auf Schutz und Unterstützung. Jede 5. Frau ist Opfer von Gewalt ab dem 15.
Lebensjahr. Nur jede 5. Frau weiß, wohin sie sich bei Gewalt wenden kann. Dennoch können und
dürfen die Frauenhäuser in Österreich nicht alle gewaltbetroffenen Frauen und Kinder aufnehmen
und ihnen Schutz und Hilfe anbieten, was vor allem Frauen ohne Dokumente und Asylwerberinnen
und Frauen mit Behinderungen trifft.

Es fehlen mindestens 90 Frauenhausplätze sowie ausreichende personelle und finanzielle Mittel.
Darüber hinaus fehlen jährlich mindestens 210 Millionen Euro für die Gewaltpräventionsarbeit. Das
inkludiert Bewusstseins- und Öffentlichkeitsarbeit, Kampagnen, verpflichtende Fortbildungsangebote,
aber auch opferschutzorientierte Täterarbeit.

Wenn die Regierung ernsthaft gewillt ist, Gewalt an Frauen zu beenden, muss ausreichend Geld in die
Präventionsarbeit investiert werden und Gesetze müssen im Sinne des Opferschutzes umgesetzt
werden und dürfen nicht nur am Papier existieren.

Alle Forderungen und Verbesserungsvorschläge sind im NGO- GREVIO-Schattenbericht veröffentlicht,
der gemeinsam mit 30 Opferschutzeinrichtungen erarbeitet wurde. Siehe: www.
http://www.aoef.at/images/04_news/news_2016/GREVIO-Schattenbericht_2016.pdf
Eva Rossmann (Mitinitiatorin des ersten Frauenvolksbegehrens)

Das FrauenVolksBegehren war ein großer Erfolg für das breiteste Frauenbündnis, das es je gegeben
hat. Gemeinsam haben wir es geschafft, in Österreich ein breites und nachhaltiges Bewusstsein für
Gleichstellungspolitik zu schaffen.

Das FrauenVolksBegehren war ein großer Misserfolg für die Regierungsparteien – man hat die
Forderungen von mehr als 645.000 Menschen weitgehend ignoriert. Höchste Zeit, dass die
notwendigen Maßnahmen zur realen Gleichstellung nicht mehr nur in Sonntagsreden besprochen,
sondern umgesetzt werden.

Die wichtigsten Forderungen:

1.) Öffentliche Aufträge und Förderungen nur an Unternehmen, die sich nachweislich und überprüfbar
um die volle Gleichstellung von Frauen und Männern kümmern.

2.) Statt Bekleidungsvorschriften oder Verbote zu diskutieren: Gezielte Förderung, Einbeziehung und
Selbstermächtigung von Frauen, die durch Flucht oder Migration in Österreich leben. Beratung auch
durch Frauen mit eigenem Migrationshintergrund in Lebensfragen wie Familie, Scheidung, Kinder,
sexuelle Orientierung. Ermutigung von geflohenen Frauen zur Selbstorganisation.

3.) Volle Lohntransparenz – Unternehmen haben die Löhne und andere Leistungsabgeltungen (z.B.
Aufwandsentschädigungen) offenzulegen.

4.) Gezielte Maßnahmen zur Neuverteilung der bezahlten Arbeit durch Arbeitszeitverkürzung,
Jobsharing-Modelle, familiengerechte Arbeitszeitpläne, Arbeitszeitflexibilisierung auf
DienstnehmerInnenseite.

5.) Fixierung einer Mindest-Quote in allen demokratisch gewählten Vertretungsgremien von 40
Prozent pro Geschlecht.
Hannah Steiner (Netzwerk österreichischer Frauen- &
Mädchenberatungsstellen)

A long way to equal pay …

Mit etwas weniger Falten im Gesicht, aber ansonsten mit den gleichen Feststellungen und
Forderungen, haben wir auch schon 1997, im Jahr des Frauenvolksbegehrens, die große
Einkommensschere zwischen Frauen und Männern beklagt und kommentiert. An den Zahlen hat sich
seither fast nichts verändert. Österreich grundelt weiterhin am unteren Ende der EU-Länderskala; nur
die Zahl der Mitgliedsstaaten hat sich erweitert und so liegen wir aktuell auf dem traurigen 27., dem
vorletzten Platz, mit einem Einkommensunterschied von 23 Prozent. Nur Estland hat noch schlechtere
Werte. Der EU-Durchschnitt liegt bei ca. 16 Prozent.

Nichts passiert in den letzten 20 Jahren?

Zu sagen, dass wirklich gar nichts passiert ist seit 1997, stimmt meiner Meinung nach aber nicht ganz.
Es ist eindeutig so, dass das Thema gleiches Einkommen für gleiche bzw. gleichwertige Arbeit im
Bewusstsein angekommen ist. Dafür haben Gesetze und Kampagnen gesorgt: zum Beispiel die
Novellierung des Gleichbehandlungsgesetzes zur Einkommenstransparenz, wodurch
Einkommensberichte und Gehaltsangaben in Stellenanzeigen verpflichtend wurden. Zum Beispiel die
Kampagne der ÖGB-Frauen, wo es heißt „Würden Sie Ihrer Tochter weniger Taschengeld geben als
Ihrem Sohn?“ oder eine Kampagne des Netzwerks österreichischer Frauen- und
Mädchenberatungsstellen mit dem Slogan „Nur faire Einkommen sichern faire Pensionen“.

Doch schon, aber…

Warum hat sich aber, obwohl so viele Akteure und Akteurinnen und eine immer breiter werdende
Bevölkerung sensibilisiert sind, und sich für Lohngerechtigkeit einsetzen, an den Zahlen so wenig
verändert? Eine wahrscheinliche Erklärung dafür ist: Es fehlt an einer breiten, gesamthaften Strategie
und an einem Instrumentarium mit den nötigen Zähnen, um bestehende Maßnahmen zu
unterstützen. Einkommensberichte gehören umgesetzt in Maßnahmen und deren Einhaltung muss
kontrolliert werden. Gehaltsangaben müssen genau werden, Überzahlung benannt. Arbeit gehört fair
bewertet, Frauenarbeit darf nicht weniger Wert sein als Männerarbeit! Rahmenbedingungen müssen
geschaffen werden, die Beruf und Familie tatsächlich für beide Geschlechter vereinbar machen – dazu
zählen Kinderbetreuungseinrichtungen genauso wie Maßnahmen für Väterkarenz.

Ausblick 2037

Es ist ein Armutszeugnis und ein Skandal, dass Frauen in Österreich noch im 21. Jahrhundert auf diese
Art diskriminiert werden. Angesichts dessen wäre ein Ende der Wehleidigkeit (immer diese Angst:
wem nimmt man etwas weg, wenn man Frauen endlich gleich behandelt?) und ein etwas
energischeres Vorgehen höchst an der Zeit. Damit wir in 20 Jahren nicht immer noch hier hocken, mit
noch mehr Falten und den immer noch gleichen Statements.
Ulli Weish (Plattform 20000frauen)

Vor 20 Jahren war ich jung. Der Schmäh, dass junge Frauen durch ihre Ausbildungen im Laufe der Zeit
zu Leitungs-, Führungs-, Verteilungspositionen finden, ist bereits alt. Medienfake. Der neoliberale
Zeitgeist benötigt für den Karriereaufstieg eine unsichtbare Dienstbotinnengesellschaft, die Frauen in
eine altbekannte Hierarchie presst. Solidarität in Zeiten der Totalkonkurrenz – um die wenigen
Aufstiegsmöglichkeiten in enger werdenden Branchen – scheint utopisch.

Drei Sprengfallen der feministischen Bewegungen lagern am Wegesrand seit mehr als 20 Jahren und
vertiefen sich (queer/trans/inter versus lesbisch; Sexarbeit versus Prostitutionsdiskurs,
Kopftuchdebatte/feministischer (Anti-)Rassismus?), die die politischen Frauen-Szenen aufmischen,
fast spalten.

Diese aktuelle Logik scheint auch praktisch für den Erhalt des Status Quo und fügt sich ein in die
internationale Dynamik der heutigen Kriegstreiberei und der Spaltungen von Gruppeninteressen. Vor
20 Jahren gab es eine Utopie – die Grenzen bleiben offen, das Kapital wird verteilt. Heute sind wir
Zeuginnen und Günstlinge von Rohstoffkriegen, die unseren Weststandard halten sollen.
Feministinnen mit historischer Bildung wissen: Wenn Frauenrechte massiv beschnitten werden, wird
der nächste Krieg vorbereitet.
„Jetzt erst recht!“
Vor 20 Jahren unterschrieben rund 645.000 Menschen das erste österreichische
Frauenvolksbegehren. Frauen und Männer forderten mit ihrer Unterschrift die
verfassungsmäßige Verankerung der Gleichstellung von Frauen und Männern sowie
zahlreiche gesetzliche Maßnahmen, um die Benachteiligung von Frauen endlich zu
beseitigen. Wie steht es um die Umsetzung dieser Forderungen 20 Jahre danach?
Die uneingelösten Versprechen auf Gleichheit
Frauen haben gekämpft und – trotz heftigem Widerstand – viel erreicht. Aber wo stehen wir
heute? Wirtschaftliche Unabhängigkeit, Einkommensgerechtigkeit und das Recht auf
gleichberechtigte politische Mitbestimmung – das sind noch immer uneingelöste
Versprechen auf Gleichheit. Der Fortschritt ist ins Straucheln gekommen.
In aller Deutlichkeit zeigt sich das auch am Arbeitsprogramm, das die Bundesregierung vor
wenigen Wochen mit viel Aufsehen beschlossen hat. Bei der Durchsicht des 36-seitigen
Papiers wird schnell klar: Frauenpolitik kommt darin nicht vor. Maßnahmen für mehr
Lohngerechtigkeit und wirtschaftliche Eigenständigkeit, wirksame Schritte gegen weibliche
Armut und gegen die rasant steigende prekäre Beschäftigung – Fehlanzeige. Es gibt, so
heißt es mit stolz geschwellter Brust, nun erstmals ein Programm mit genauem Zeitplan. Ein
Zeitplan für dringend notwendige frauenpolitische Maßnahmen findet sich darin nicht.
(Abgesehen von einer Verpflichtung zu einer 30-prozentigen Frauenquote in Aufsichtsräten
börsennotierter Unternehmen, die bei Neubestellungen ab 2018 wirksam werden soll.)
Frauenpolitische Themenverfehlung
Das Arbeitsprogramm ist angesichts des jüngsten Global Gender Gap Reports eine glatte
Themenverfehlung. Eine „dramatische Rückwärtsentwicklung“ wird dort attestiert. Auch der
jüngste Sozialbericht hätte eine Handlungsanleitung für die Regierung sein können. Er
verweist auf die systematische Schlechterstellung von Frauen am Arbeitsmarkt und deren
dramatische Folgen: Frauen sind wesentlich stärker armutsgefährdet als Männer, 26 Prozent
der alleinerziehenden Frauen sind sogenannte „Working Poor“. Im Regierungsupdate findet
sich dazu nichts. Stattdessen präsentiert die Regierung ein Verbot der Vollverschleierung im
öffentlichen Raum. Man(n) diskutiert lieber über ein Burkaverbot als über faire Löhne. Von
‚unseren Werten’ ist die Rede und vom ‚Konsens für gleiche Rechte zwischen Mann und
Frau in unserem Land’. Angesichts der unverschleierten Zahlen über
Einkommensunterschiede, Armutsbetroffenheit und männerdominierte
Entscheidungsgremien ist die immer wieder aufgewärmte Kopftuchdebatte eine Verhöhnung.
Bestrafung von Frauen hat noch nie zu mehr Gleichstellung von Frauen geführt.
Die Themenverfehlung und Ignoranz trifft auf eine Entwicklung, die sich seit Jahrzehnten
abzeichnet und sich mit Ausbruch der Wirtschaftskrise noch vertiefte: Die Frauenpolitik steht
im toten Winkel. Unter dem Primat der Wettbewerbspolitik und Budgetkonsolidierung wurde
und wird der Wohlfahrtsstaat rückgebaut – eine Entwicklung, die Frauen besonders hart trifft.
Emanzipatorische Frauenpolitik, wie wirksame Equal-Pay-Gesetze, eigenständige soziale
Rechtsansprüche oder der Ausbau von sozialen Sicherungssystemen werden als
„unleistbar“ oder „wettbewerbsfeindlich“ abgeschmettert. Die Budgets von
Frauenberatungsstellen werden gekürzt oder nicht erhöht, die Unterhaltssicherung für
Alleinerzieherinnen wird nicht reformiert, der Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen wird
eingeschränkt, die Ausgleichszulage bleibt unter dem Niveau der Armutssicherung, die
Reform der sozialen Sicherung in der Arbeitslosigkeit wird weiterhin verwehrt. Da und dort
werden die Mindestsicherung oder auch die Wohnbeihilfe für Alleinerzieherinnen gekürzt.
Der Anteil von Frauen im Parlament und in Landtagen stagniert bzw. geht zurück. Die
Angelobung einer Männerregierung in Oberösterreich war dann nur noch das Tüpfelchen auf
dem I.
Was blieb von den Forderungen des Frauenvolksbegehrens
Das Frauenvolksbegehren forderte, dass Unternehmen nur dann Förderungen und
öffentliche Aufträge erhalten, wenn sie dafür sorgen, dass Frauen auf allen hierarchischen
Ebenen entsprechend ihrem Anteil an der Bevölkerung vertreten sind. Die Koppelung der
Auftragsvergabe an Gleichstellungsziele gibt es nicht. Beschlossen wurde die Verpflichtung
der Unternehmen Einkommensberichte zu legen. Seit 2011 sind Unternehmen, die dauernd
mehr als 150 ArbeitnehmerInnen beschäftigen, alle zwei Jahre verpflichtet Berichte zu legen.
Verpflichtende Maßnahmen zur Behebung der Einkommensbenachteiligung sind allerdings
nicht vorgesehen. Sehr oft verschwinden Einkommensberichte einfach in der Schublade.
Die Forderungen des Frauenvolksbegehrens nach gleichem Lohn für gleichwertige Arbeit
und einem Mindestlohn sind auch 20 Jahre später noch hochaktuell. Der Gender Pay Gap
schließt sich nur sehr langsam. Vergleicht man/frau das Bruttojahreseinkommen von
unselbständig erwerbstätigen Frauen und Männern, so liegt der Einkommensnachteil laut
Zahlen der Statistik Austria unverändert bei 38 Prozent. Ein Grund dafür ist auch der Anstieg
der Teilzeit bei Frauen. Die Teilzeitquote der Frauen stieg von 31 auf 50 Prozent. Was
besonders ins Auge springt: Die Teilzeitquote von Frauen mit Kindern unter 15 Jahren liegt
bei mittlerweile bei 75 Prozent. Vor zwei Jahrzehnten betrug sie lediglich 45 Prozent.
Gleichermaßen bescheiden verändert sich der Gender Gap in den Managementpositionen
der Unternehmen.
Frauen haben zwar in Sachen Bildungsabschlüssen enorm aufgeholt – aber die gläserne
Decke bleibt bestehen. Das hängt auch damit zusammen, dass die Vereinbarkeit von Beruf,
Karriere und Familienarbeit eine „weibliche Domäne“ ist. Einen Rechtsanspruch auf einen
Kinderbetreuungsplatz, wie ihn das Frauenvolksbegehren forderte, gibt es noch immer nicht.
Die Betreuungsquoten bei null bis zweijährigen Kindern, also der Anteil der Kinder in
institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen, stieg zwischen 1995 und 2015 von fünf auf
lediglich 25 Prozent, die Quote für Volksschulkinder hat in den letzten zwanzig Jahren einen
bescheidenen Anstieg von sieben Prozent auf 17 Prozent verzeichnet.
Das Frauenvolksbegehren forderte einen garantierten Anspruch auf Teilzeitarbeit für Eltern
bis zum Schuleintritt ihres Kindes mit Rückkehrrecht zur Vollzeitarbeit. Auch diese Forderung
wurde nicht umgesetzt. Es gibt mittlerweile zwar eine Regelung zur gesetzlichen
Elternteilzeit, allerdings nur für Beschäftigte, die in einem Betrieb mit mehr als 21
Beschäftigten arbeiten. Die Arbeiterkammer hat dazu jüngst die Diskriminierung von Frauen
in Elternteilzeit aufgedeckt: Die Rückkehr in den Job führt viele Mütter ins berufliche Abseits.
In der AK Rechtsberatung wurde zwischen September und Dezember 2016 erhoben, mit
welchen Problemen sich junge Eltern – in erster Linie sind es Frauen – an die AK Wien
wenden. Die Untersuchung zeigt: Benachteiligungen von Müttern kommen häufig vor. Die
Probleme der Betroffenen reichen von Verschlechterungen des Arbeitsklimas über
Zuweisung zu schlechteren Tätigkeiten bis hin zum Verlust des Arbeitsplatzes.

Die fehlenden Rechtsansprüche, der Rückbau des Sozialstaates und immer wieder nur
versprochene, aber bisher nicht eingelöste Reformen, wie zum Beispiel die
Unterhaltssicherung von Kindern in Ein-Eltern-Familien treffen darum Alleinerziehende
besonders hart. Mittlerweile haben laut EU-SILC 2015 Ein-Eltern-Haushalte mit 42 Prozent
die höchste Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung.
Die Konsequenz dieser Benachteiligung spiegelt sich in der weiblichen Altersarmut wider.
Eine der Forderungen des Frauenvolksbegehrens war das Recht auf eine Grundpension, die
nicht unter dem Existenzminimum liegen darf. Davon sind wir heute weit entfernt. Die
Pensionsreformen der blau-schwarzen Regierung (2003/2004) machen Frauen zu den
großen Verliererinnen. Der Gender Gap in der Alterspension ist mittlerweile auf 53 Prozent
angewachsen. Der verlängerte Durchrechnungszeitraum, also die de facto lebenslange
Durchrechnung, damals zynisch als „Pensionsharmonisierung“ umschrieben und die
Veränderung bei der Bemessungsgrundlage werden ihre dramatischen Auswirkungen noch
zeigen. Eine Pensionskürzung wurde als Pensionsreform verkauft.
Der frauenpolitische Backlash lässt sich ganz konkret beziffern: Lag Österreich nach den
Erhebungen des „Global Gender Gap Report“ im Jahr 2006 noch an 26. Stelle, so belegen
wir 2016 nur noch den 52.(!) Rang. Rund 170 Jahre wird es noch dauern, bis Frauen und
Männer weltweit gleichgestellt sein werden, wie aus der Studie des World Economic Forum
hervorgeht. Der Report gibt auch Auskunft darüber, wie groß die Geschlechterdifferenz in
Bezug auf wirtschaftliche Teilhabe und Chancengleichheit, Bildung, Gesundheit und
politische Partizipation in einem Land ist. 2016 wurden 144 Länder verglichen. In der
Kategorie „Wirtschaftliche Teilhabe und Chancengleichheit“ liegt Österreich 2016 auf dem
84. Platz, in der Unterkategorie Einkommensgleichheit auf dem 100. Platz.
Anti-emanzipatorische Politik bleibt nicht unwidersprochen
So wenig ermunternd diese knappe Darstellung der Lage der Frauen und ihrer Rechte ist,
diese anti-emanzipatorische Politik bleibt nicht unwidersprochen. Es gibt viele Orte und viele
Formen des Protests. Die Männerregierung in Oberösterreich war von Anfang an mit
öffentlichem Widerspruch konfrontiert. Dass sexuelle Belästigung kein Kavaliersdelikt ist, hat
unter anderem die sehr wirksame #aufschrei-Kampagne in den sozialen Medien ins
öffentliche Bewusstsein gerufen. Eine entsprechende Gesetzesreform war die Folge. Als in
Polen das ohnehin strenge Abtreibungsgesetz noch verschärft werden sollte, haben Frauen
das verhindert. Millionen Frauen mobilisieren alljährlich lautstark mit der Aktion ‚One Billion
Rising’ gegen Gewalt an Frauen. Der „Women’s March on Washington“ war eine der größten
Protestmärsche in jüngster Zeit als Reaktion auf die Wahl von Donald Trump. Trotz des
wachsenden Antifeminismus entstehen neue Widerstandsformen und frauenpolitische
Bündnisse.
Vor 100 Jahren stellten die Suffragetten männliche Gewissheiten radikal in Frage und
widersetzten sich dem übermächtigen Mainstream. Ihre Ausdauer und ihr Mut haben den
Kampf um das Frauenwahlrecht zu einer breiten Bewegung gemacht. Unbestritten sind in
den letzten Jahrzehnten die Bedingungen für emanzipatorische Politik wieder schwieriger
geworden und darum ist die Frauenbewegung auch weniger erfolgreich – aus allen Ecken
bläst der Wind entgegen. Aber gerade deswegen ist es umso richtiger, was die
Frauenrechtlerin der Ersten Frauenbewegung, Clara Zetkin, klar formulierte: „Lassen wir uns
nicht schrecken durch die Ungunst äußerer Umstände, haben wir für alle Schwierigkeiten nur
eine Antwort: Erst recht!“
20 Jahre FrauenVolksBegehren
                  Forderungen und (fehlende) Fortschritte
    Die Forderungen des Frauenvolksbegehrens im Check: Was wurde
                                        erreicht?

Die tatsächliche Gleichberechtigung ist insbesondere durch folgende
gesetzliche Maßnahmen herzustellen:
1. Unternehmen erhalten Förderung und öffentliche Aufträge nur, wenn sie dafür
sorgen, dass Frauen auf allen hierarchischen Ebenen entsprechend ihrem Anteil an
der Bevölkerung vertreten sind.
__________________________________________________________________________

Eine Koppelung der Auftragsvergabe durch die öffentliche Hand an Gleichstellungsziele gibt
es nicht. Beschlossen wurde die Verpflichtung für Unternehmen Einkommensberichte zu
legen. Seit 2011 sind Unternehmen verpflichtet, Berichte zu legen:
Der Einkommensbericht muss von Unternehmen,
•      die dauernd mehr als 150 Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer beschäftigen, alle zwei
Jahre erstellt werden.
Dieser Bericht beinhaltet Angaben über die Anzahl der Frauen und Männer in den jeweiligen
Verwendungsgruppen und Verwendungsgruppenjahren und das Durchschnittsentgelt von
Frauen und Männern im Kalenderjahr in den jeweiligen Verwendungsgruppen und
Verwendungsgruppenjahren.
Der Bericht muss in anonymisierter Form erstellt werden und darf keine Rückschlüsse auf
Einzelpersonen zulassen. Der Einkommensbericht muss dem (Zentral-)Betriebsrat
übergeben werden. Besteht kein Betriebsrat, muss der Bericht im Betrieb in einem Raum
aufgelegt werden, der für alle Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer zugänglich ist.
Die Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer sind zur Verschwiegenheit (außerhalb des
Unternehmens) über den Inhalt des Einkommensberichts verpflichtet. Einholungen von
Rechtsauskünften oder Beratung durch Interessenvertretungen (z.B. die Arbeiterkammer)
oder die Einleitung eines Verfahrens zur Durchsetzung von Ansprüchen nach dem
Gleichbehandlungsgesetz stehen dem nicht entgegen.
Aber:
•       eine verpflichtende Beratung des Einkommensberichts ist nicht vorgesehen
•       Einkommensberichte verschwinden oft in der Schublade – keine Verpflichtung zum
    Maßnahmenplan
•       LeiharbeiterInnen sind nicht miteinbezogen
•       Lesbarkeit der Einkommensberichte ist mangelhaft
•       Überstunden, Prämien und Zulagen sind nicht extra ausgewiesen
•       Genderindex zu Führungskräften fehlt
•       Gleichbehandlungsanwaltschaft wird nicht in Evaluierung miteinbezogen
•       Kompetenzstelle zur Evaluierung und Weiterentwicklung der Einkommensberichte
    fehlt
2. Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit ist anzustreben. Deshalb ist ein
Mindesteinkommen von S 15.000,- brutto, das jährlich dem Lebenskostenindex
angepasst wird, zu sichern.
__________________________________________________________________________

Aktuell hat die Bundesregierung in ihrem Arbeitsprogramm die Umsetzung eines
Mindestlohnes von 1.500 Euro ins Auge gefasst. Die SozialpartnerInnen haben die Vorgabe,
bis Sommer 2017 eine Einigung herzustellen. Gelingt das nicht, will die Regierung einen
gesetzlichen Mindestlohn beschließen. Laut Arbeiterkammerdaten verdienen rund 356.500
Beschäftigte weniger als 1.500 Euro brutto, davon sind zwei Drittel Frauen – also etwa
243.000 Frauen.
Der Gender Pay Gap bleibt auch 20 Jahre danach noch fast unverändert:
Nettojahreseinkommen von unselbständig erwerbstätigen Frauen und Männern im
Zeitvergleich Unselbständig Erwerbstätige insgesamt 1)2)
1997: 33,2                2015: 31,2
Bruttojahreseinkommen von unselbständig erwerbstätigen Frauen und Männern im
Zeitvergleich Unselbständig Erwerbstätige insgesamt 1)2)
1997: 38,2                2015: 38,4
Bruttojahreseinkommen von unselbständig erwerbstätigen Frauen und Männern im
Zeitvergleich Ganzjährig Vollzeitbeschäftigte – ohne Lehrlinge
1997: 22,5                2015: 17,3
Q: STATISTIK AUSTRIA, Lohnsteuerdaten - Sozialstatistische Auswertungen. Erstellt am 20.01.2017. *)
Einkommensunterschied zwischen Frauen und Männern im Verhältnis zum Bruttojahreseinkommen der Männer.
1) Ohne Lehrlinge. 2) Inklusive Teilzeitbeschäftigte und nicht-ganzjährig Beschäftigte. Bruttojahresbezüge gemäß
§ 25 Einkommensteuergesetz.

3. Teilzeitarbeit und geringfügige Beschäftigung sind arbeits- und sozialrechtlich der
vollen Erwerbstätigkeit gleichzustellen.
__________________________________________________________________________
Geringfügig Beschäftigte sind zwar vom Arbeitsrecht erfasst, aber nur unfallversichert – es
sei denn, man hat mehrere geringfügige Beschäftigungsverhältnisse, die über 426 Euro pro
Monat liegen. Was besonders ins Auge springt: War vor 20 Jahren Teilzeit die überwiegende
Beschäftigungsform von Frauen mit Kindern unter 15 Jahren (45%), ist sie mittlerweile für die
Mehrheit der Frauen die häufigste Beschäftigungsform – unabhängig vom Alter der Kinder.
Vor 20 Jahren war fast jede zweite Frau mit Kindern unter 15 Jahren in einer
Teilzeitbeschäftigung, der Anteil heute liegt bei 75 Prozent.
Teilzeitquoten (ILO) der 25- bis 49-Jährigen, 1997 – 2015

                            1997                         2015

Männer insgesamt            3,4 %                        8,9 %

Frauen insgesamt            31,3 %                       50,2 %

Männer mit Kindern
unter 15                    2,8 %                        6,6 %

Frauen mit Kindern          44,9 %                       74,5 %
unter 15

Erwerbstätigkeit nach ILO-Konzept: Erwerbstätig sind Personen ab einer wöchentlichen

Normalarbeitszeit von mindestens einer Stunde. Bis 2003 Klassifikation Vollzeit/Teilzeit nach Stundengrenze (bis
35 Stunden), ab 2004 Selbstzuordnung.

4. Keine Anrechnung des PartnerIneinkommens bei Notstandshilfe und
Ausgleichszulage.
__________________________________________________________________________
Hier gibt es keine Änderung – nach wie vor wird das Partnereinkommen bei der
Notstandshilfe einbezogen.
Noch immer gilt: Es sind überwiegend Frauen (83 Prozent), die die Notstandshilfe wegen
Einrechnung des Partnereinkommens verlieren.
Grundsätzlich beträgt die Notstandshilfe 92 Prozent des zuvor bezogenen
Arbeitslosengeldes. Liegt das Arbeitslosengeld (ohne Familienzuschläge) unter dem
Ausgleichszulagenrichtsatz für Alleinstehende, beträgt die Notstandshilfe 95 Prozent des
Arbeitslosengeldes. Sobald das Partnereinkommen abzüglich eines Freibetrags (2017: 647€
bzw. höherer Freibetrag bei Unterhaltspflichten bzw. einem höheren Lebensalter) höher als
die Notstandshilfe ist, wird diese nicht ausbezahlt. In den betroffenen Haushalten fällt daher
nach dem Ende des Arbeitslosengeldbezuges ein Einkommen zur Gänze weg. Oft reicht
schon ein Partnereinkommen von rund 1.200 € netto, damit die Notstandshilfe ersatzlos
gestrichen wird – und das trotz jahrelangen Einzahlens in die Arbeitslosenversicherung.
5. Die Gleichstellung der Frauen muss auch durch staatliche Bildungsmaßnahmen
gefördert werden. Die Bundesregierung hat geschlechtsspezifische Statistiken zu
den Themen Beruf und Bildung zu erstellen und jährlich zu veröffentlichen.
__________________________________________________________________________
Berichte wie der Gender Index werden jährlich herausgegeben, aber an der
geschlechtsspezifischen Ausrichtung von Bildungswegen hat sich wenig verändert.
Frauen haben in Sachen Bildungsabschlüssen enorm aufgeholt, doch die gläserne Decke
bleibt bestehen. Seit 2011 wird jährlich der Gender Index Frauen und Männer in Österreich
(Geschlechtsspezifische Statistiken) erstellt.
Studienabschlüsse ordentlicher Studierender an Universitäten und FHs 1990 bis 2014:
1990/91       Männer:     6.834            Frauen:     4.930 (Frauenanteil 42 %)
2014/15       Männer (Uni): 15.272         Frauen (Uni): 19.267 (Frauenanteil 56 %)
              Männer (FH): 6.618           Frauen (FH): 6.496 (Frauenanteil 49,5 %)
Dem akademischen Siegeszug der Frauen zum Trotz bleiben Managementpositionen
vorrangig Männern vorbehalten. Dies zeigt sich in österreichischen Unternehmen bereits im
Mittleren Management: In den 200 umsatzstärksten Unternehmen Österreichs sind nur 497
weiblich (15,8 Prozent). Gerade vor dem Hintergrund, dass die Prokura als Schlüssel für den
Zutritt zu den obersten Führungsgremien gilt, ist dies besonders frappierend. In der
Geschäftsführung sinkt der Frauenanteil auf 7,2 Prozent, in CEO-Positionen sind 3,6 Prozent
Frauen zu finden. Im Aufsichtsrat, den Kontrollgremien der umsatzstärksten 200
Unternehmen liegt der Frauenanteil bei 18,1 Prozent. Die Repräsentanz von Frauen in den
Führungsgremien der börsennotierten Unternehmen beträgt 3,9 Prozent.

6. Jeder Mensch hat das Recht, Beruf und Kinder zu vereinbaren. Daher hat der
Gesetzgeber für die Bereitstellung ganztägiger qualifizierter Betreuungseinrichtungen
für Kinder aller Altersstufen zu sorgen. Tagesmütter sind auszubilden und arbeits-
und sozialrechtlich abzusichern.
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Es gab deutliche Verbesserungen und große Investitionsprogramme im Bereich von
Kinderbetreuung und Ganztagesschulen, je nach Bundesland ist die Lage aber nach wie
vor sehr unterschiedlich. Bei den Tageseltern sind noch immer die Länder zuständig, die
Ausbildungen und Arbeitsbedingungen sind daher unterschiedlich.
Es gibt noch immer keinen Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz. Die
Frage der Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist noch immer weiblich.
Kinderbetreuungsquoten nach Altersgruppen 1995 bis 2015
(Anteil der Kinder in institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen ohne Berücksichtigung vorzeitig
eingeschulter 5-jähriger Kinder ohne Hortbetreuung im Vergleich zur gleichaltrigen Wohnbevölkerung)

0- bis 2-jährige Kinder
1995: 4,6 %            2015: 25,5 %
3- bis 5-jährige Kinder
1995: 70,6 %           2015: 93 %
6- bis 9-jährige Kinder
1995: 7 %              2015: 16,5 %

7. Zwei Jahre Karenzgeld für alle AlleinerzieherInnen.
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Das einstige Karenzgeld lässt sich mit dem heutigen Kinderbetreuungsgeld nicht
vergleichen, aber weiterhin ist es so, dass bei Alleinerziehenden in der Regel der für den 2.
Elternteil reservierte Anspruch verfällt.
Fast die Hälfte der Alleinerziehenden lebt in Armut – die seit Jahren versprochene
Reform zur Unterhaltssicherung bleibt die Regierung noch immer schuldig.
Nach den Zahlen der Statistik Austria aus dem Jahr 2015 gibt es 251.000
Alleinerzieherinnen und 45.000 Alleinerzieher. 101.000 Mütter leben mit Kindern unter 15
Jahren. Das sind in etwa gleich viel wie 1985. Die höchste Zahl an Alleinerzieherinnen mit
Kindern unter 15 Jahren gab es 2005, damals lebten in Österreich 117.000
Alleinerzieherinnen. Im Vergleich dazu gibt es 7.000 alleinerziehende Väter, die mit Kindern
unter 15 Jahren in einem Haushalt leben. Die Zahl der alleinerziehenden Väter mit Kindern
unter 15 bleibt seit 1995 mehr oder weniger stabil.
Laut einer Erhebung der Statistik Austria lebten im vergangenen Jahr 108.000 Ein-Eltern-
Familien mit Kindern unter 15 Jahren in Österreich, in 93 Prozent der Fälle lebten die Kinder
bei ihren Müttern. Eine Befragung der Plattform für Alleinerziehende ergab, dass nur jede
zweite Alleinerzieherin regelmäßig Kindes-Unterhalt vom Vater des Kindes erhält, weshalb
viele Frauen auf staatliche Unterhaltsvorschüsse angewiesen sind. Bis diese allerdings
ausgezahlt werden, kann es nach der aktuellen gesetzlichen Regelung mitunter Jahre
dauern. Die Tücken im Unterhaltsvorschussgesetz haben oft weitreichende Folgen für die
ökonomische Situation von Alleinerziehenden und deren Kinder – viele rutschen in die Armut
ab. Laut EU-SILC 2015 haben Ein-Eltern-Haushalte mit 42 Prozent die höchste Armuts- oder
Ausgrenzungsgefährdung.
8. Gesetzlich garantierter Anspruch auf Teilzeitarbeit für Eltern bis zum Schuleintritt
ihres Kindes mit Rückkehrrecht zur Vollzeitarbeit.
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Es gibt mittlerweile gesetzliche Elternteilzeit, allerdings nur für Beschäftigte, die in einem
Betrieb mit mehr als 21 Beschäftigten arbeiten.
Die Arbeiterkammer hat unlängst in einer Pressekonferenz die Diskriminierung von Frauen
in Elternteilzeit aufgedeckt: Die Rückkehr in den Job führt viele Mütter ins berufliche
Abseits. In der AK Rechtsberatung wurde zwischen September und Dezember 2016
erhoben, mit welchen Problemen sich junge Eltern – in erster Linie sind es Frauen – an die
AK Wien wenden. Die Untersuchung zeigt: Benachteiligungen von Müttern kommen häufig
vor, jeden Tag wird zumindest ein neuer Fall den AK-ExpertInnen bekannt gemacht. Die
Probleme der Betroffenen reichen von Verschlechterungen des Arbeitsklimas über
Zuweisung zu schlechteren Tätigkeiten bis hin zum Verlust des Arbeitsplatzes.

9. Ausdehnung der Behaltefrist am Arbeitsplatz nach der Karenzzeit auf 26 Wochen.
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Diese beträgt unverändert vier Wochen.

10. Jeder Mensch hat das Recht auf eine Grundpension, die nicht unter dem
Existenzminimum liegen darf. Wenn ein/e Lebenspartner/in nicht erwerbstätig ist, hat
der/die andere dafür Pensionsbeiträge zu zahlen. Kindererziehung und Pflegearbeit
wirken pensionserhöhend.
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Eine Pflicht für den/die PartnerIn Pensionsbeiträge zu zahlen gibt es nicht.
Was es gibt, ist das Pensionssplitting: Teile des Pensionsanspruches können auf beide
aufgeteilt werden. Das ist aber freiwillig und wird kaum in Anspruch genommen. Ansonsten
werden Erziehungszeiten bis zu vier Jahren pro Kind für die Pensionsversicherung
anerkannt.
„Frauen mit niedrigem Einkommen in Kombination mit längeren Teilzeitphasen“ sind die
Verliererinnen der Pensionsreformen 2003/2004 – kurz gesagt: Frauen sind die
Verliererinnen der Pensionsreform.
Nach der Pensionsreform von 2003 wird der Durchrechnungszeitraum, der bislang die 180
„besten“ Beitragsmonate erfasste, bis 2028 schrittweise auf 480 Monate angehoben.
Damit ergibt sich de facto eine lebenslange Durchrechnung. Im System des mit der
„Pensionsharmonisierung“ entstandenen APG werden ohnedies grundsätzlich alle
erworbenen Beitragsgrundlagen des Versicherten miteinbezogen. Aber nicht nur bei der
Bemessungsgrundlage schlagen die unsteteren Erwerbsverläufe von Frauen durch: Neben
der Bemessungsgrundlage wirkt sich die Versicherungsdauer auch beim zweiten zentralen
Faktor für die Errechnung der Pensionshöhe aus. Die Steigerungsbeträge bzw.
Kontoprozentsätze, mit denen die Bemessungs- bzw. Beitragsgrundlagen zu multiplizieren
sind, werden nach § 261 ASVG (ab 2008) bzw. § 12 APG (ab 2005) pro Versicherungsjahr
mit 1,78 (Prozent-)Punkten statt mit zwei Prozent (vor 2004) bemessen. Um eine Pension in
Höhe von 80 Prozent der Bemessungsgrundlage zu erreichen, braucht es also 45
Versicherungsjahre und damit um fünf Jahre mehr als vor der „Pensionsreform“ 2003.
Pensionseinkommen (alle, inkl. zwischenstaatlichen Teilleistungen) in der
gesetzlichen Pensionsversicherung im Dezember 2015
Q: Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, erstellt am 20.01.2017 Bruttopensionsbezüge
(14 x jährlich) inkl. Ausgleichszulage und Kinderzuschuss (ohne Pflegegeld und Familienbeihilfe). 1) inkl.
Invaliditäts-, Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeitspensionen ab dem 60. Lebensjahr bei Frauen und 65. Lebensjahr
bei Männern

Alterspensionen insgesamt
Median (50% verdienen weniger als...)
Frauen: 872 Euro         Gender Pension Gap: 53%                    Männer: 1.636 Euro

11.    Keine weitere Anhebung des Pensionsantrittsalters für Frauen, bevor nicht die
tatsächliche Gleichberechtigung in allen Bereichen gegeben ist.
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Die Anhebung des Pensionsantrittsalters für Frauen kommt – ab 2024.
Rund 170 Jahre wird es noch dauern, bis Frauen und Männer weltweit gleichgestellt sein
werden, wie aus dem „Global Gender Gap Report“ hervorgeht.
Der Global Gender Gap des World Economic Forum gibt Auskunft darüber, wie groß die
Geschlechterdifferenz in Bezug auf wirtschaftliche Teilhabe und Chancengleichheit,
Bildung, Gesundheit und politische Partizipation in einem Land ist. Er vergleicht seit
2006 weltweit Länder in Hinblick auf Geschlechterdifferenzen in den jeweiligen Ländern,
2016 waren es 144 Länder. Lag unser Land im Jahr 2006 noch an 26. Stelle, 2007 an 27.
und 2008 an 29. Stelle, so belegen wir 2016 nur noch den 52.(!) Rang. In der Kategorie
„Wirtschaftliche Teilhabe und Chancengleichheit“ liegt Österreich 2016 auf dem 84. Platz.
144 Länder wurden 2016 verglichen, in der Unterkategorie „Einkommensgleichheit“ belegt
unser Land den 100. Platz.
Aktuelle frauenpolitische Forderungen

Als Dachorganisation der österreichischen Frauenvereine mit über 40 Mitgliedorganisationen
vertritt der Österreichische Frauenring (ÖFR) indirekt eine Million Frauen.
Angesichts des Updates des Regierungsprogramms, das kaum frauenpolitische Maßnahmen
beinhaltet, hat der ÖFR folgende langjährige Forderungen an die Regierung formuliert:

• Reform der Einkommensberichte (in Hinblick auf Transparenz, Unternehmensgröße,
Kriterien und Konsequenzen)
• Einrichtung einer Stabstelle zur Förderung der betrieblichen Gleichstellung und
Entgeltgleichheit
• Offenlegung der Gehälter und branchenübergreifende Verfahren zur Arbeitsbewertung:
Gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit!
• Zugang zur Möglichkeit eines Schwangerschaftsabbruchs in ganz Österreich,
unabhängig von Einkommen und Wohnsitz
• Reform des Unterhalts- und Unterhaltsvorschussgesetzes, um die Armut von
Alleinerzieherinnen und deren Kinder zu bekämpfen
• Ausbau und Absicherung von Frauenhäusern
• Mehr Ressourcen für Präventions- und Täterarbeit, mehr Mittel für Ausbildung von
interkultureller Kompetenz in der Beratungsarbeit. Dazu gehört auch der Ausbau von
Schulungs- und Fortbildungsprogrammen in der Exekutive und in der Justiz.
• Schutz und Sicherheit für flüchtende Frauen und LGBTIQ-Personen im Asylverfahren
durch Einsatz von speziell geschultem und sensibilisiertem Personal und Gewährleistung
von sicheren Unterbringungsmöglichkeiten
• flächendeckender (d.h. regionaler) Ausbau von Frauenservicestellen und
Frauenberatungseinrichtungen und bessere finanzielle Absicherung
• Ende der Anrechnung des PartnerInneneinkommens und die Zuerkennung der
eigenständigen Ansprüche bei der Notstandshilfe
• wirksamer Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz
• vollständige Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partner*innenschaften
Das österreichische FrauenVolksBegehren: So hat alles begonnen

Es war am Internationalen Frauentag, dem 8. März 1996. Frauen protestierten gegen ein
Sparpaket, das Frauen in besonderem Maß getroffen hatte. Reden wurden gehalten, Frauen
schwenkten Transparente, Medien berichteten. Diesmal aber startete die Kabarettistin
Barbara Klein einen Aufruf: Alle, die endlich eine vernünftige Frauenpolitik wollten, alle, die
nicht mehr länger darauf warten wollten, dass mächtige Männer für sie die Welt verändern,
lud sie zu einem Treffen ein. Über vierzig Frauen kamen beim ersten konspirativen Treffen
zusammen: Solche, die schon Jahrzehnte in der „Frauenszene“ aktiv waren, aber auch ganz
andere Frauen: Tagesmütter, Studentinnen, Psychologinnen, Künstlerinnen, Technikerinnen,
Lehrerinnen. Das Alter dieser Frauen, die nun selbst endlich etwas bewegen wollten, reichte
von zwanzig bis über sechzig Jahre. Das erste Treffen endete mit einer konkreten Idee: Das
erste österreichische „FrauenVolksBegehren“.

Elf Forderungen, ein breites Bündnis und eine erste Pressekonferenz waren die nächsten
Schritte zur Umsetzung. Unterstützung kam von den ehemaligen Frauenministerinnen
Johanna Dohnal und Helga Konrad, aber auch von der amtierenden Frauenministerin
Barbara Prammer. Grüne, Liberale und Teile der SozialdemokratInnen unterstützten das
FrauenVolksBegehren, ÖVP-Frauen in einigen Bundesländern trugen die Initiative ebenfalls
mit, und auch einzelne FPÖ-Politikerinnen ließen ihre Zustimmung zum
FrauenVolksBegehren verlauten. Widerstand artikulierte vor allem die ÖVP-
Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat. Ihr Grundtenor: Dass Frauenthemen wieder diskutiert
würden, sei ja zu begrüßen. Die meisten der Forderungen empfinde sie aber als
„unrealistisch“ oder gar „kontraproduktiv“.
Eine Umfrage von Ökonsult machte allerdings klar, dass die Mehrheit der Frauen und
Männer die Lage vieler Frauen in Österreich als ungerecht empfanden.

• 80 Prozent der Frauen und 56 Prozent der Männer fanden, dass in Österreich keine volle
  Gleichberechtigung herrscht.
• 94 Prozent der Frauen und 93 Prozent der Männer sagten, dass es in Österreich gleichen
  Lohn für gleichwertige Arbeit geben sollte.
• 79 Prozent der Frauen und 62 Prozent der Männer hielten ein FrauenVolksBegehren für
  „angemessen und sinnvoll, um den Interessen der Frauen in unserem Land Geltung zu
  verschaffen“.
• 78 Prozent der Frauen und 49 Prozent der Männer fanden nicht, dass sich die
  Bundesregierung „ausreichend um die Anliegen und Probleme von Frauen in Österreich“
  kümmert.
• 73 Prozent der Frauen und 45 Prozent der Männer kritisierten, dass es in Österreich zu
  wenige Politikerinnen gibt.

In den Bundesländern entstanden zahlreiche überparteiliche Initiativen zum
FrauenVolksBegehren. Über 400 Veranstaltungen und Aktionen bewarben das Vorhaben.
Tausende Plakate in Geschäften, Postämtern, Gemeinden, Gasthäusern und
hunderttausend Folder wurden geklebt bzw. verteilt.

Das Ergebnis: 644.977 Menschen unterzeichneten das FrauenVolksBegehren.

An diesem Erfolg konnte auch die Regierung nicht so einfach vorbeigehen. Am 21. Mai 1997
begannen offizielle Gespräche mit der Regierung über die Umsetzung der Forderungen des
FrauenVolksBegehrens. Kanzler Klima kündigte in Medien an, das FrauenVolksBegehren
„zu hundert Prozent“ umsetzen zu wollen. Johanna Dohnal richtete zur Unterstützung der
Umsetzung der Forderungen des FrauenVolksBegehrens ein „ExpertInnenkomitee“ mit
hochrangigen Fachleuten ein. Ab Herbst 1997 wurde über das FrauenVolksBegehren auch
im Gleichbehandlungsausschuss des Nationalrates verhandelt. Christa Pölzlbauer, die
damalige Vorsitzende des UFF, verließ den Ausschuss nach einigen Sitzungen: In erster
Linie wurde über Formfragen diskutiert, inhaltliche Auseinandersetzungen wurden von ÖVP
und FPÖ weitgehend abgeblockt. Auch die Plenarsitzung des Nationalrates im Jahr 1998
ergab wenig Neues: Grüne pochten auf die Umsetzung aller Punkte, Liberale auf die
Umsetzung jener Punkte, die die Wirtschaft nicht unmittelbar tangierten, die SPÖ
verkündete, im eigenen Bereich schon viel zur Umsetzung beigetragen zu haben, ÖVP und
FPÖ deuteten das FrauenVolksBegehren so lange um, bis es ihrer eigenen
(rückschrittlichen) Frauenpolitik entsprach.

Das Resultat: Kein Punkt des FrauenVolksBegehrens wurde zur Gänze umgesetzt.
Fakten und Daten zum FrauenVolksBegehren:

• Idee: entstanden am Internationalen Frauentag 1996
• Sommer 1996: Gründung des Vereins „UnabhängigesFrauenForum“
• 20. November 1996: Erste Pressekonferenz, auf der die Anliegen des
  FrauenVolksBegehrens vorgestellt werden, zu den Teilnehmerinnen gehören u. a.
  Johanna Dohnal, Heidi Rest-Hinterseer (Bergbäuerinnen-Verein) und Dolores
  Schmiedinger, die zu einem breiten Presseecho beitragen.
• Grüne, Liberale, SPÖ-Frauen und ÖGB-Frauen erklären offiziell ihre Unterstützung für
  das FrauenVolksBegehren.
• In den Bundesländern entstehen eigene überparteiliche Initiativen zum
  FrauenVolksBegehren.
• Neben vielen Fraueneinrichtungen erklärt sich auch die katholische Frauenbewegung mit
  den Zielen des FrauenVolksBegehrens solidarisch.
• Am 29. November 1996 wird das Volksbegehren mit Unterschriften von Grünen und SPÖ-
  Abgeordneten offiziell im Innenministerium eingereicht.
• 4. Dezember 1996: In Bozen beschließen verschiedene Frauenorganisationen sich nach
  dem Vorbild des österreichischen FrauenVolksBegehrens zusammenzuschließen und
  ebenfalls Forderungen an ihre PolitikerInnen zu stellen.
• 17. Dezember 1996: Auch Frauen aus unterschiedlichen Bereichen der Kirchen
  unterstützen das FrauenVolksBegehren, Teilnehmerinnen: Ingrid Klein (KFB),
  Evangelische Frauenarbeit, Katholische Jungschar, Kirchenvolksbegehren.
• Ende 1996: Die Basis des FrauenVolksBegehrens wird immer breiter. Es gelingt,
  unterschiedliche Frauen für ein gemeinsames Ziel zu begeistern: Das
  FrauenVolksBegehren soll zeigen, dass wir Frauen unser Leben selbst in die Hand
  nehmen wollen und dass wir endlich gleiche Chancen verlangen.
• Im Jänner beträgt der Stand der aktiven, ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen am
  FrauenVolksBegehren rund 120 Frauen. Rechnet man die Frauen der Parteien hinzu, die
  für das FrauenVolksBegehren aktiv wurden, sind es rund 400. Mehr als 3.000 Menschen
  sind zur Mitarbeit bereit.
• Die neue Frauenministerin Barbara Prammer erklärt an ihrem ersten Tag im Amt, dass sie
  weiterhin voll hinter dem FrauenVolksBegehren steht.
• Mitte Februar sind 400.000 Folder und 10.000 Plakate gedruckt. Sie werden über die
  Bundesländerinitiativen, über Frauenorganisationen und über Parteifrauen verteilt bzw.
  verschickt.
• Am 19. Februar 1997 findet eine Pressekonferenz zum Thema „Auch Männer
  unterstützen das FrauenVolksBegehren“ statt. Es gelingt zu vermitteln, dass das
FrauenVolksBegehren nicht gegen die Männer geht, sondern dass es um neue Bündnisse
  für Gerechtigkeit geht – auch mit Männern.
• Rund um den Internationalen Frauentag am 8.3.1997 finden zahlreiche regionale und
  überregionale Veranstaltungen statt. Jede Bundesländerorganisation hat ein eigenes
  Programm. In Wien findet unter anderem eine Auktion von Kunstwerken zu Gunsten des
  FrauenVolksBegehrens statt. Der Erlös: rund 200.000 Schilling.
• Countdown im letzten Monat vor der Eintragungswoche: Es gibt nicht nur zahlreiche
  Informationsveranstaltungen, sondern auch intensiven direkten Kontakt zu Frauen, die
  bisher nicht in der „Frauenszene“ verankert waren. Dafür werden österreichweit Plakate
  geklebt (vor allem in Geschäften und an anderen öffentlichen Plätzen). Frauen gehen als
  lebende Plakatständer, verteilen Folder und stehen für Informationen zur Verfügung.
• Zahlreiche künstlerische Matineen vor der Eintragungswoche sollen zeigen, wie breit das
  FrauenVolksBegehren unterstützt wird. Im Wiener Volkstheater lesen unter dem Titel
  „Alles was Recht ist – Texte mit Trompete“ u. a. Andrea Eckert und Brigitte Neumeister
  aus Frauentexten.
• In der Eintragungswoche finden besonders viele Straßenaktionen statt. Sie sollen zeigen,
  dass die Mitarbeiterinnen des FrauenVolksBegehrens Teil der vielen Frauen sind, die auf
  unterschiedliche Weise nach wie vor benachteiligt werden. Frauen und ihre Schicksale
  sollen in dieser Eintragungswoche so sichtbar wie noch nie werden – Motto: Wir lassen
  uns nicht länger verstecken, wir nehmen unser Leben selbst in die Hand.
• Die Zahl der Veranstaltungen zum FrauenVolksBegehren mit Beteiligung der
  Initiatorinnen des FrauenVolksBegehrens in Wien beträgt rund 120. Die Gesamtzahl der
  Veranstaltungen lässt sich bloß hochrechnen, da vieles regional stattfindet und nicht
  einheitlich koordiniert wird. Es dürften über 400 sein.
• Am späten Abend des 14.4.1997 wird im Innenministerium das vorläufige Endergebnis
  bekannt gegeben: 644.977 Menschen haben das FrauenVolksBegehren unterschrieben.
  Die Initiatorinnen feiern ihren großen Erfolg mit einem Fest in der „Zugabe“ in Wien. Dabei
  wird klargemacht: Das ist keine Schlussfeier. Denn nun geht es erst so richtig los: Es gilt,
  die Forderungen des FrauenVolksBegehrens auch tatsächlich umzusetzen. Fast 645.000
  Menschen erwarten das.
• Am 29. April stellt die ehemalige Frauenministerin Johanna Dohnal ihr
  „ExpertInnenkomitee zur Durchsetzung der Forderungen des FrauenVolksBegehrens“
  vor. Über zwanzig namhafte ExpertInnen wollen sich mit ihrem Fachwissen und ihrer
  moralischen Autorität dafür einsetzen, dass die Forderungen des FrauenVolksBegehrens
  auch Realität werden.
• Am 21. Mai 1997 beginnen die Regierungsgespräche. Kanzler Klima, Vizekanzler
  Schüssel, Sozialministerin Hostasch, Familienminister Bartenstein und Frauenministerin
Prammer sitzen den Initiatorinnen Elfriede Hammerl, Christa Pölzlbauer, Regina Kern,
  Traude Kogoj und Eva Rossmann gegenüber. Ergebnis der ersten Runde: Die Regierung
  verspricht, das Parlament mit der Verankerung der Gleichstellung von Frauen und
  Männern in der Verfassung zu beauftragen. Arbeitslose Frauen sollen nicht länger ihr
  Arbeitslosengeld verlieren, wenn sie wegen Betreuungspflichten bloß einen
  Halbtagsposten annehmen können, Anreize für Chancengleichheitspläne werden geprüft.
  Die SozialdemokratInnen wollen die geringfügigen Beschäftigungen
  sozialversicherungspflichtig machen. Es zeigt sich aber: Alle Punkte, die auch etwas
  kosten, werden verschoben. Vor allem die Volkspartei betont, dass kein Geld in den
  Staatskassen ist. Bis zum Sommer folgen weitere Gesprächsrunden mit Sozialministerin
  Hostasch und Familienminister Bartenstein. Mit Frauenministerin Prammer gibt es einen
  monatlichen Gesprächstermin.
• Ende Juni protestieren die Initiatorinnen des FrauenVolksBegehrens gemeinsam mit
  Spitzenfunktionärinnen von SPÖ, ÖVP und Grünen gegen geplante
  Pensionsverschlechterungen für Frauen. Sie fordern stattdessen eine große
  Pensionsreform ein, die allen Frauen eine eigenständige Pension über dem
  Existenzminimum sichert. Durch bessere Arbeitsmarktchancen und volle
  Sozialversicherung für alle Frauen soll das Pensionssystem auch langfristig gesichert
  werden.
• Am 10. Juli findet im Nationalrat die erste Lesung des FrauenVolksBegehrens statt. Vor
  allem Frauen treten ans RednerInnenpult. Egal von welcher Partei, sie betonen: Es muss
  etwas für Frauen in diesem Land geschehen. Bloß: Was das ist, darin unterscheiden sie
  sich gewaltig. Die SPÖ-Frauen und die Grünen kündigen an, sich für die volle Umsetzung
  des FrauenVolksBegehrens einsetzen zu wollen. Die ÖVP-Frauen beharren darauf: Wenn
  die Wirtschaft Benachteiligungen für Frauen abbauen muss, bekämen Frauen eben keine
  Jobs mehr. Und der Staat könne auch nicht mehr herangezogen werden. Die
  Freiheitlichen Frauen beschäftigen sich großteils nicht mit dem FrauenVolksBegehren,
  sondern mit kleinen tagespolitischen Differenzen, die dazu benützt werden, generelle
  Angriffe gegen die SPÖ zu starten. Die Liberalen differenzieren. Ein männlicher
  Abgeordneter nimmt eher den Standpunkt der ÖVP-Frauen (Wirtschaft und Staat können
  zur Herstellung von gleichen Chancen wenig beitragen) ein. Die liberale Frauensprecherin
  will das FrauenVolksBegehren aber unterstützen.
• Ab Juni gibt es ein monatliches Informationsblatt mit dem Titel „Uff!“. Es dient der
  Kommunikation mit interessierten Menschen, MitarbeiterInnen und Institutionen.
• Auch über den Sommer melden sich die Initiatorinnen zu Themen im Zusammenhang mit
  dem FrauenVolksBegehren politisch zu Wort. Reformen werden eingefordert, abgelehnt
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