If..faktum - 100 jahre frauen-wahlrecht - gleichstellung kompakt - Land Vorarlberg
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if..faktum 100 jahre frauenwahlrecht gleichstellung kompakt 100 jahre frauen- wahlrecht . if.faktum gleichstellung kompakt www.vorarlberg.at/frauen 1_2018
editorial Liebe Leserin, lieber Leser! Mag.a Monika Lindermayr Referat für Frauen und Gleichstellung monika.lindermayr@vorarlberg.at I m November 1918, mit der Gründung der Ersten Republik, erhielten Frauen in Österreich das aktive und passive Wahlrecht. Nach jahrzehntelangem Kampf, vielen Demonstrationen und Streiks Mehr Infos: wurde im Herbst 1918 in Österreich das allgemeine, gleiche, direkte www.vorarlberg.at/frauen E-Mail: frauen@vorarlberg.at und geheime Wahlrecht für alle Menschen ohne Unterschied des Geschlechtes eingeführt. Seitdem sind Frauen in Parlamenten und Regierungen vertreten. Gleichermaßen vertreten wie Männer sind Frauen allerdings bis heute nicht – weder auf Bundes-, auf Landes- noch auf Gemeindeebene. Von gleichbe- rechtigter Repräsentanz und Partizipation kann heute noch keine Rede sein. Inhalt Das vorliegende if:faktum setzt sich mit dem langen 03_Frauen Mut machen Frauenlandesrätin Weg zur Erreichung des Frauenwahlrechts auseinan- Katharina Wiesflecker. der, mit der derzeitigen Situation der Frauen in der Politik und der Einschätzung der Entwicklung der politi- 04_Bündnisse der Frauen 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahl- schen Beteiligung der Frauen auf allen Ebenen. Denn der rechts startet ein neues Frauenvolksbegehren. Frauenanteil in politischen Gremien ist in den letzten hundert Jahren im Schneckentempo gewachsen und sinkt mancherorts sogar 08_Ein Meilenstein der Frauenbewegung wieder. Die beste Lösung ist deshalb eine, die seit Jahren diskutiert wird Frauen mussten sich das Wahlrecht lange und hart erkämpfen. und endlich auch von allen Parteien umgesetzt werden sollte – die verpflichtende Frauenquote. Denn wer möchte, dass in der Politik 09_Wandel? Stillstand? Rückschritt? tatsächlich die Bevölkerung repräsentiert wird, wird um die Quote Andrea Urthaler vom Netzwerk Geschlechterforschung im Gespräch. nicht herumkommen. 10_Drei Generationen Feminismus 100 Jahre Frauenwahlrecht sind Anlass, um die politische Teilhabe Monika, Marion und Magdalena Jarosch bringen es in drei Generationen gemeinsam auf von Frauen in den Mittelpunkt zu stellen. Die Länder Tirol und fast 100 Jahre frauenpolitisches Engagement. Vorarlberg haben für die Jubiläumsjahre 2018/2019 eine gemeinsame Initiative zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Politik 12_Ohne Furcht und Adel gestartet. Eine Wanderausstellung begleitet 2018 und 2019 Veranstal- Die Geschichte der Suffragetten zeugt von Mut und großer Entschlossenheit. tungen rund um die gesellschaftlichen und politischen Geschehnisse von der Einführung des Frauenwahlrechts bis heute. In einer be © Land Vorarlberg 13_#metoo und die Folgen gleitenden Broschüre sind die Meilensteine der Frauenbewegung der Das Outing zahlreicher von sexuellen Übergriffen betroffener Frauen hat weltweit letzten hundert Jahre aufgezeigt. Und es kommen Frauen zu Wort, die eine sehr erhellende Debatte ausgelöst. sich aktiv am politischen Geschehen beteiligten oder beteiligen. 14_Frauen erzählen Geschichte(n) Das Frauenmuseum Hittisau ist einzigartig und gibt Frauen ihren Platz in der Geschichte. 15_Lokale Expertinnen zum Thema 16_Menschen zum Thema 100 Jahre Frauenwahlrecht impressum if:faktum gleichstellung kompakt. Aktuelle Information zu Frauen- und Gleichstellungsthemen für MultiplikatorInnen sowie interessierte Frauen und Männer. Herausgeberin: Referat für Frauen und Gleichstellung des Amtes der Vorarlberger Landesregierung Chefredakteurin: Yvonne Schwarzinger Bundeslandredaktion: Monika Lindermayr Organisation: Janine Meinrad Artdirektion, Layout, Grafik und Bildbearbeitung: Martin Renner, rennergraphicdesign Druck: Samson Druck Auflage: Vorarlberg 4.000, Gesamtauflage 16.300 Beratung, Konzept, Koordination der Produktion: „Welt der Frau“ Corporate Print für das Amt der Vorarlberger Landesregierung, Referat für Frauen und Gleichstellung www.welt-der-frau.at 2 if..faktum 1_2018
standpunkte 3 Fragen an … E in ganzes Jahrhundert liegt zwischen dem heurigen Jahr und der Einführung des Frauenwahlrechts im Susanne Willi Jahr 1918. Geändert hat sich seitdem viel. Verein Amazone Frauen sind in fast allen Bereichen des politischen und gesellschaftlichen Lebens Wie können Mädchen und junge Frauen für Politik vertreten. Jedoch ist die paritätische Teil begeistert werden? habe in der Politik, der Wirtschaft und am Wichtig ist es, Mädchen und junge Frauen darin zu ermutigen Arbeitsmarkt noch nicht gegeben. Bis heute und darin zu bestärken, sich für Entscheidungsgremien zu stehen weniger Politikerinnen als Politiker zur interessieren und ihre Anliegen an die Politik zu formulieren. Wahl und werden auch weniger gewählt. Der Verein Amazone wurde deshalb im Rahmen des Inter- reg-Projekts „betrifft:frauen entscheiden“ mit der Vorberei- Daher sind Maßnahmen wie die Politiklehr tung und Durchführung eines Mädchenparlaments beauf- gänge für Frauen, Mentoring und Frauennetz- tragt, bei dem im November 2016 rund 60 junge Frauen werke notwendig, um Frauen Mut zu machen, zwischen 14 und 17 Jahren aus Vorarlberg, Graubünden und mitzugestalten und mitzuentscheiden. Liechtenstein in Bregenz tagten. Ein überaus mächtiges Instrument ist die Was waren die Anliegen, die im Mädchenparlament Quote, die Frauen gerade im politischen erarbeitet und vorgetragen wurden? Bereich die Mitsprache und die Mitver Die Themen wurden zur Gänze von den Mädchen bestimmt antwortung sichern soll. und die Reihenfolge der Dringlichkeit demokratisch gewählt. Die Anträge beschäftigten sich mit der Integration von Ich möchte vor allem Flüchtlingen, der Gleichstellung von Frau und Mann in ver- Mädchen und schiedenen Bereichen, aber auch Themen wie „Frei(zeit) Frauen räume“ und Schönheitsideale bzw. die unrealistische Darstel- motivieren, lung von Körperbildern in den Medien wurden behandelt. den Schritt zu machen, in Wie wurden diese Anliegen und Forderungen später die Politik zu in den drei beteiligten Regionen verarbeitet? gehen. Die von den Teilnehmerinnen erarbeiteten Anträge wurden an die anwesenden Politikerinnen und Politiker überreicht und von diesen der parlamentarischen Bearbeitung in den jeweiligen Ländern zugeleitet. Die Mädchen wurden über Katharina Wiesflecker diesen Prozess auf dem Laufenden gehalten. Frauenlandesrätin Informationen zum Projekt: www.frauenentscheiden.org t und Ko Frauen in Gemeindevertretungen und auf Landesebene P unk m m u f Auch 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts sind Frauen in der A a Politik nicht gleichermaßen vertreten wie Männer – weder auf Bundes- noch auf Landesebene und auch nicht auf Gemeindeebene. Im Vorarlberger 30,5 % Landtag beträgt der Frauenanteil mit Stand 31. Jänner 2018 30,5 % (Nationalrat: 35 %). Vor knapp 20 Jahren, nach den Landtagswahlen 1999, betrug er ebenfalls 30,5 % . Unter den sieben Mitgliedern der Vorarlberger Landesregierung sind seit 2009 zwei Frauen (Frauenanteil: 28,6 %). © Land Vorarlberg, Verein Amazone Auf Gemeindeebene ist der Frauenanteil noch um einiges geringer; der Frauen anteil an der Gemeindevertretung beträgt nicht einmal ein Viertel, sondern 23,6 %. Allerdings ist auch auf Gemeindeebene der Frauenanteil in den letzten 20 Jahren sukzessive gestiegen: 1999 betrug er nur 13,1 % und 2000 16,9 %. der Vorarlberger Derzeit haben sieben der 96 Vorarlberger Gemeinden eine Bürgermeisterin. Landtagsabgeordneten Vor 20 Jahren gab es in Vorarlberg nur eine einzige Bürgermeisterin. sind Frauen. Stand 31. Jänner 2018 1_2018 if..faktum 3
cover Frauen*Volksbegehren 2.0 www.frauenvolksbegehren.at 12. Februar bis 12. März 2018 Seit 12. Februar 2018 können Unterstützungserklärungen für das Frauen*Volksbegehren 2.0 abgegeben werden. Laut gesetzlichen Vorgaben müssen österreichweit mindestens 8.401 Unterschriften gesammelt werden, damit das Volksbegehren zur Eintragung aufgelegt werden kann. Die Unterstützung kann bei jedem Gemeindeamt (unabhängig vom Wohnsitz) oder auch mit der Bürger*innenkarte bzw. Handysignatur erfolgen. Mit diesen Unterschriften kann der Antrag auf Einleitung eines Verfahrens für ein Volksbegehren beim Innenministerium eingebracht werden. Dieses setzt in der Folge den Termin für die Eintragungswoche für das © Shutterstock, Ayham Frauen*Volksbegehren 2.0 (in den sechs Monaten nach Einreichung) fest. Weitere Details dazu: https://frauenvolksbegehren.at/wo-unterschreiben/ 4 if..faktum 1_2018
bündnisse der frauen Im November 1918 wurde in Österreich das allgemeine, gleiche, d irekte und geheime Wahlrecht für alle Menschen ohne Rücksicht auf das Geschlecht eingeführt. Damit erhielten Frauen erstmals das aktive und passive Wahlrecht. Ein Meilenstein der Emanzipationsbewegung, der über viele Jahrzehnte hart erkämpft werden musste. Wo aber stehen wir im Gleichstellungsprozess heute, 100 Jahre später? Was wurde erreicht, wofür gilt es noch zu kämpfen? if:faktum widmet sich in dieser Ausgabe genau diesen Fragen und hat sich dazu auf Recherche bei Feministinnen mehrerer Generationen begeben. 100 Jahre sind vergangen seit der Ein des ersten Frauenvolksbegehrens umgesetzt wurden, ist führung des Frauenwahlrechts in Eva Rossmann dabei bewusst. So verdienen in Öster- Österreich. Seitdem ist in Sachen reich Frauen immer noch rund 20 Prozent weniger als Emanzipation und Gleichstellung viel passiert (siehe Männer. Und Österreichs Chefetagen sind auch im dazu auch Seite 9). Doch in manchen Bereichen Jahr 2018 noch weitgehend männlich. Nur rund kämpfen die Frauenrechtlerinnen von heute noch um 18 Prozent der Führungskräfte in mittelständischen dieselben Dinge wie die Feministinnen vergangener Unternehmen sind Frauen. In 40 Prozent der Firmen Generationen. Im Sommer wird es deshalb auch ein sitzt gar keine einzige Frau in der Führungsetage. neues Frauenvolksbegehren in Österreich geben. Und eine aktuelle Studie des Beratungsunternehmens EY zeigt, dass es in Österreich diesbezüglich sogar Wir begehren! eine rückläufige Entwicklung gibt. So gaben etwa Als 1997 das erste österreichische Frauenvolksbegehren 2016 bei einer Befragung 51 der interviewten durchgeführt wurde und mit 650.000 Unterzeichne- Unternehmensvertreterinnen und -vertreter an, dass rinnen und Unterzeichnern auch äußerst erfolgreich ihrer Meinung nach ein höherer Frauenanteil in war, war Eva Rossmann eine der Mitbegründerinnen. Führungspositionen den Unternehmenserfolg Die Autorin und Journalistin ist auch heute wieder positiv beeinflusse. Ein Jahr später waren nur mehr (oder noch immer) in Sachen Emanzipation aktiv. 43 Prozent dieser Ansicht. Und nur 23 Prozent der Unter anderem unterstützt sie in beratender Unternehmen gaben bei der letzten Befragung Funktion die Initiatorinnen des neuen an, Frauen aktiv zu fördern. Frauenvolksbegehrens 2.0, das heuer über die Bühne gehen soll. Dass selbst Für Eva Rossmann ist deshalb auch bis heute längst nicht alle Forderungen eine verbindliche Frauenquote von 50 Prozent für öffentliche Unternehmen und politische Gremien einer der zent- „Frauen müssen ralen Punkte im Kampf für Geschlech- den Mund tergerechtigkeit und Gleichstellung. aufmachen!“ Und Förderungen der öffentlichen Hand Eva Rossmann sollte es laut ihr nur mehr für Unternehmen geben, die aktive Frauenförderung betreiben. 1_2018 if..faktum 5
Ein Vorbild für viele Fragt man Feministinnen der letzten beiden Generationen heute, wer für sie das größte Vorbild der öster Den Erfolg des ersten Frauenvolksbegehrens schmälert reichischen Frauenbewegung in der die mangelnde Umsetzung der Forderungen für Eva Rossmann jedoch keineswegs. „Der Erfolg hängt nicht Zweiten Republik sei, so antworten allein an der Umsetzung, sondern vielmehr an der die meisten spontan mit einem Bewusstseinsbildung, die durch diese breite Kampagne Namen: Johanna Dohnal! geschah“, meint sie. Entsprechend positiv sieht sie das neue Frauenvolksbegehren, das derzeit lanciert wird. Sie war ab 1990 die erste österreichische Frauen- „Ich beobachte derzeit wieder eine verstärkte Vernet- ministerin und hat die Frauenpolitik sowie Polit- zung unter den Frauen. Und das ist auch ganz wichtig. frauen quer durch alle Parteien entscheidend ge- Wir müssen uns zusammenschließen. Es freut mich prägt und beeinflusst. „Johanna Dohnal war eine daher, dass das neue Frauenvolksbegehren ganz viele Orientierungsfrau. Sie stand für eine sehr kämpfe- Bündnispartnerinnen hat“, sagt Eva Rossmann. rische, aber auch sehr an den Realitäten der Frauen orientierte Politik. Sie vereinte viel Alte Forderungen, neue Kämpferinnen fundiertes Wissen, Ahnung und viel Schifteh Hashemi ist 31 Jahre alt und eine der Überlegung in ihrer politischen Arbeit. Mitbegründerinnen und Sprecherinnen des Sie hat Furchen gelegt und Standards Frauen*Volksbegehrens 2.0. Mit dem Wort Emanze gesetzt“, schwärmt etwa Sonja könne sie wenig anfangen, sagt sie. „Dieses Wort ist Ablinger, Vorsitzende des Österrei- für mich negativ besetzt und ich verbinde nichts da- chischen Frauenrings. „Erst Johanna mit. Auf jeden Fall aber bin ich Feministin“, sagt die Dohnal hat in der SPÖ ein Selbstver- im Iran geborene Sozialökonomin. Und auch wenn ständnis geschaffen dafür, dass man sich die Begrifflichkeiten in den letzten Jahrzehnten sich als Feministinnen und Feministen wohl v erändert haben, die Forderungen des neuen begreift. Das kam mit ihr“, so Ablinger – Frauenvolksbegehrens sind dem vom 1997 in weiten selbst Jahrgang 66 und damit die Nach Bereichen noch erstaunlich ähnlich. Gefordert wer- folgegeneration Dohnals. den eine Frauenquote in Unternehmen und Entscheidungsgremien von 50 Prozent, die Beseiti- Johanna Dohnal war bereits unter Bruno Kreisky gung von Einkommensunterschieden und die gerech- im Jahr 1979 als Staatssekretärin für allgemeine te Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit Frauenfragen in die Bundesregierung eingetreten. durch die Einführung einer allgemein gültigen Schon ein Jahr davor war auf ihr Betreiben hin 30-Stunden-Woche. Weiters auf dem Forderungska- das erste Frauenhaus in Wien entstanden. Wäh- talog: die Bekämpfung von Armut vor allem bei Al- rend ihrer unermüdlichen Aktivität auf dem Feld leinerziehenden, der Ausbau von kostenlosen und der Gleichberechtigungspolitik wurden so ele- qualitativ hochwertigen Kinderbetreuungsmöglich- mentare Frauenrechte wie die Beseitigung der keiten, der Abbau von t raditionellen Rollenklischees Amtsvormundschaft für ledige Mütter, das Recht und selbstverständlich verbesserter Gewaltschutz. zur Betretungsverweigerung bei Gewalt in der Ehe sowie das gesetzliche Verbot der sexuellen Mitte März 2018 wird das Frauen*Volksbegehren 2.0 Belästigung umgesetzt. beim Innenministerium eingereicht. Die Eintragungs woche wird dann voraussichtlich im Frühsommer sein. Mitte der 90er-Jahre setzten dann allerdings in Mindestens 100.000 Unterschriften müssen in Österreich mit dem politischen Erstarken von Jörg dieser Woche dann zusammenkommen, damit das Haider ein Stimmungsumschwung und eine kon- Frauen*Volksbegehren 2.0 im Parlament behandelt wird. servative Wende ein. Und die schon zuvor wegen © Manfred Werner (GNU-FDL), Gerhard Gruber, DJAKOB.at ihrer Konsequenz und Streitbarkeit nicht unum- Schifteh Hashemi erzählt, dass viele junge Frauen strittene Johanna Dohnal geriet zusehends unter heutzutage zum Feminismus kommen, weil sie mit politischen Druck. Trotz aller persönlichen Gegen- dem Einstieg ins Berufsleben erstmals in ihrem Leben wehr wurde sie 1995 von Kanzler Franz Vranitzky die persönliche Erfahrung machen müssen, dass ihr gegen ihren Willen aus der Bundesregierung ent- Geschlecht sich negativ auf Möglichkeiten und Er- lassen. Sie zog sich aus der Parteipolitik zurück folgschancen auswirkt. Neben diesen persönlichen und kandidierte nie mehr für ein politisches Amt. Erfahrungen seien für die junge Generation Frauen- Sie blieb aber zeitlebens – Dohnal verstarb 2010 – rechtlerinnen aber auch Vorbilder ungemein wichtig, der autonomen Frauenbewegung mit ihrem meint Hashemi. „Wir haben den Feministinnen der frauenpolitischen Wirken verbunden. 6 if..faktum 1_2018
„Frauen brauchen starke letzten Jahrzehnte viel zu verdanken. Und wir wissen, Bündnisse.“ dass wir auf den Schultern von starken Frauen Sonja Ablinger stehen“, sagt sie. Sie selbst nennt als ihre Vorbilder so unterschiedliche Frauen wie Johanna Dohnal und Heide Schmidt. „Es geht um Frauen, die sich Positio- nen erkämpft und sich darin behauptet haben“, er- klärt sie und fügt an: „Dazu gehören auch Frauen da sie seit den 90er-Jahren gewisse Rückschritte vorbilder, die sonst unsichtbar sind, wie etwa die im Gleichstellungsprozess ortet. „Mit dem Rückbau erste Linienbusfahrerin in Wien.“ des Wohlfahrtsstaates ging auch eine Zäsur in der Gleichstellungspolitik einher. Plötzlich war das Wider den Rückschritt Private, wie etwa die Kindererziehung, nicht mehr In die Riege der prominenten Unterstützerinnen des politisch. Vereinbarkeit von Familie und Beruf wurde neuen Frauenvolksbegehrens reiht sich mit Sonja wieder zum Thema der einzelnen Person und damit Ablinger auch eine weitere Frauenrechtlerin der meist der Frauen. Ich beobachte generell, dass Frauen „Generation Frauenvolksbegehren 1997“ ein. Sie will wieder verstärkt im Familienzusammenhang gesehen als Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings den werden. Das ist ein Rückschritt in ein patriarchales Initiatorinnen des heurigen Frauenvolksbegehrens System, gegen den etwas unternommen werden eine starke Bündnispartnerin sein. Nicht zuletzt, muss“, sagt sie. Juliane Bogner-Strauß ist neue Frauenministerin Sie ist die politische Senkrechtstarterin zu reduzieren. Ganz wesentlich hierfür wird schlechthin: Die 46-jährige steirische nter anderem, gemeinsam mit den Sozial u Molekularbiologin und dreifache Mutter Juliane partnern, die Überprüfung und Beseitigung von Bogner-Strauß war noch nicht lange in der Diskriminierungen in allen Kollektivverträgen Politik, als sie von Sebastian Kurz sein. Ebenso soll es zu einer Neubewertung der im Dezember als neue Ministe- Arbeitsfelder kommen. Unser Ziel ist gleicher rin für Frauen, Familie und Lohn für gleichwertige Arbeit. Jugend rekrutiert w urde. Die zielstrebige Karrie- Gleichstellung existiert auf dem Papier, aber refrau will als Ministe- nicht in der Realität – siehe Gender Pay Gap, rin übrigens teilweise Frauenanteil in Führungspositionen, Aufteilung von zu Hause aus der unbezahlten Arbeit etc. Was kann dagegen arbeiten. Etwas, was unternommen werden? Wie stehen Sie etwa zu gut zu ihrem Ressort einer Quotenregelung? passe, meint sie – die Ein erster wichtiger und guter Schritt zu mehr Vereinbarkeit von Fa- Gleichberechtigung ist die Verpflichtung zu milie und Beruf. Dement- 30 Prozent Frauenanteil in Aufsichtsräten bei sprechend liegen ihr auch börsennotierten und großen Unternehmen. eine (noch nicht näher konkre- Die Zusammenführung der bestehenden tisierte) Flexibilisierung der Kinder- Einkommensberichte und eine bundesweite betreuungsmöglichkeiten sowie das Angebot Standardisierung sollen zu mehr Einkom- einer Sommerbetreuung am Herzen. menstransparenz führen. if:faktum hat die neue Frauenministerin in Welche Vorkenntnisse und Erfahrungen ihren ersten Tagen nach Amtsantritt zu ihren bringen Sie für Ihre neue Tätigkeit mit? wichtigsten frauenpolitischen Plänen befragt: Ich habe mich mehrere Jahre neben meiner Frau Ministerin, was werden bezüglich Lehrtätigkeit an der TU Graz in diversen Gleichstellung die Arbeitsschwerpunkte der Arbeitskreisen und auch in der Gleichstellungs- nächsten Jahre sein? kommission sowohl mit dem Thema Frauen Juliane Bogner-Strauß: Es bedarf weiterer förderung als auch mit der Vereinbarkeit von Maßnahmen, um Benachteiligungen für Frauen Beruf und Familie beschäftigt. 1_2018 if..faktum 7
Ein Meilenstein der Frauenbewegung Das Wahlrecht mussten sich Frauen lange und hart erkämpfen. Doch nicht alle Frauen begrüßten es. A m 18. Dezember 1918 wurde das allgemeine, freie, geheime und gleiche Wahlrecht unabhän- gig vom Geschlecht in der österreichischen Verfas- stellten, zu großen Teilen die jeweils gegnerische Partei wählen würden. Die Christlichsozialen hatten zudem Schwierigkeiten, Frauen für ihre Partei zu sung verankert. Das Wahlrecht für Frauen war ein rekrutieren. Und es gab durchaus auch unter den echter Meilenstein in der Geschichte der Frauen Frauen Stimmen gegen das Frauenwahlrecht. Im bewegung, was sich auch darin spiegelte, dass bei der katholischen Umfeld sprach man nicht von einem ersten Wahl 1919 82 Prozent der Frauen von ihrem Recht, sondern ‚einer schweren Pflicht‘ für Frauen.“ neuen Stimmrecht Gebrauch machten. Diese Befürchtungen stellen sich aber als unbegrün- Österreich zählte mit Deutschland zu jenen europäi- det heraus. Nachdem 1920 die Forderung nach schen Ländern, die das Frauenwahlrecht sehr früh verschiedenfarbigen Kuverts für Frauen und Männer einführten. Eine Vorreiterrolle kam durchgesetzt wurde und bei den darauffolgenden wie bei vielen emanzipatori- Wahlen die Stimmen getrennt ausgezählt wurden, schen Fortschritten den hat man rasch erkannt, dass die Frauen keine skandinavischen Ländern politisch geschlossene Gruppe darstellen. Völlige zu. Finnland führte als politische Gleichberechtigung für Frauen gab es in erstes Land 1906 das Österreich übrigens erst 1923. Denn bis dahin durf- Frauenwahlrecht ein, ten Prostituierte nicht wählen. „Es gab den gesell- 1915 folgte Däne- schaftlichen Konsens, dass das Wahlrecht an Moral mark. In vielen Län- und Sitte gebunden sei“, erklärt dazu Veits-Falk. dern Südeuropas, aber „Auf der anderen Seite steht die vielleicht über auch in Frankreich raschend wirkende Tatsache, dass in einigen Ländern und Belgien erhielten und Gemeinden der Habsburgmonarchie Frauen Frauen erst nach dem schon in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts das Zweiten Weltkrieg das Wahlrecht besaßen. Damals entschied die Höhe der Stimmrecht. Die Schweizerinnen Steuerleistungen über die Zulassung zur Wahl und durften erst 1971 auf Bundesebene das Gewicht der einzelnen Stimme. Die begüterten wählen, und die Liechtensteinerinnen erhielten Steuerzahlerinnen durften allerdings nicht selbst zur dieses Recht gar erst 1990 zugesprochen. Wahlurne gehen, sondern mussten sich von ihrem Ehemann oder einem anderen männlichen Bevoll- Und in einigen Ländern bedeutete die Einführung mächtigten bei der Stimmabgabe vertreten lassen“, des Frauenwahlrechts nicht sofort die völlige Gleich- schildert Veits-Falk. stellung der Geschlechter in den Wahlkabinen. So durften zum Beispiel in Großbritannien 1919 Frauen Dass das lange umstrittene Frauenwahlrecht ausge- erst ab einem Alter von 28 Jahren wählen. „Auch in rechnet nach dem Ersten Weltkrieg eingeführt wur- Österreich gab es Überlegungen, für Frauen ein hö- de, ist für die Salzburger Historikerin natürlich kei- heres Wahlalter festzulegen“, berichtet die Salzburger neswegs Zufall. „Der Krieg ermöglichte den Frauen Historikerin und Genderforscherin Sabine Veits-Falk. einen wichtigen emanzipatorischen Schritt. Die alte „Es gab eine große Unbekannte – die Frage: Wie Ordnung war aufgebrochen und Frauen verrichteten © shutterstock werden die Frauen wählen? Und alle politischen an der Heimatfront die typischen Männerarbeiten“, Lager hatten Angst, dass die Frauen, die noch dazu ortet Veits-Falk damals die Entstehung eines neuen mit 52 Prozent die Mehrheit der Wahlberechtigten Selbstbewusstseins der Frauen. 8 if..faktum 1_2018
Wandel? Stillstand? Rückschritt? Ein Gespräch mit Andrea Urthaler vom Netzwerk Geschlechter forschung, Innsbruck, über die Entwicklung der Frauenbewegung seit Einführung des Frauenwahlrechts vor 100 Jahren. if:faktum: Frau Urthaler, bitte bschaffung der Stellung des Mannes A Ich persönlich sehe die derzeitige erklären Sie unseren Leserinnen und als Familienoberhaupt in der Familien- Situation zwiespältig. Auf der einen Lesern kurz, was der Verein Netzwerk rechtsreform, die Entkriminalisierung Seite sehe ich einen zunehmenden soge- Geschlechterforschung macht und des Schwangerschaftsabbruchs und nannten „Anti-Genderismus“, das heißt warum seine Arbeit wichtig ist. schließlich für den Gewaltschutz auch eine gezielte Abwehr gegen Gender und Andrea Urthaler: Der Verein Netzwerk die Errichtung des ersten Frauenhauses alles, was damit verbunden wird. Auch Geschlechterforschung wurde 2011 von in Wien 1978. die zunehmend prekären Arbeitsverhält- der Politikwissenschaftlerin und nisse, von denen häufig Frauen betrof- Geschlechterforscherin der Universität Wenn Sie auf 100 Jahre Emanzipation fen sind, sehe ich in emanzipatorischer Innsbruck Univ.-Prof.in Dr.in Erna zurückblicken: Gab es so etwas wie eine Hinsicht als sehr problematisch an. Appelt gegründet. Sein Ziel ist es, den Hochkonjunktur des Feminismus? Dasselbe gilt für die Entwicklungen im Austausch zwischen Wissenschaft und Eine Hochkonjunktur des Feminismus Bereich der unbezahlten Betreuungs Gesellschaft zu stärken und damit ein sehe ich vor allem in der Zeit der arbeit, der nach wie vor vor allem von gegenseitiges Voneinanderlernen zu Neuen Frauenbewegung, also in den Frauen getragen wird. Auf der anderen initiieren. Das Netzwerk möchte damit 1970er- und 1980er-Jahren, welche die Seite sehe ich junge engagierte Men- eine Brücke zwischen Wissenschaft und Gesellschaft nachhaltig verändert und schen, die ein Leben außerhalb traditio- Gesellschaft bzw. Theorie und Praxis die Moderne mitgestaltet und wesent- neller Geschlechterrollen anstreben, bilden. In diesem Sinne setzt es sich lich geprägt hat. So ist die Erwerbs sowie aktive feministische Bewegungen jährlich mit einem aktuellen Thema tätigkeit von Frauen und Müttern heute und Zusammenschlüsse. auseinander und arbeitet dieses mög- in zahlreichen Ländern selbstverständ- lichst facettenreich und auch für ein lich geworden und das nicht mehr zeit- „außeruniversitäres“ Publikum ver gemäße Bild des Mannes als Familien ständlich auf. ernährer wurde infrage gestellt. In den letzten 100 Jahren gab es aber Aus Ihrer Sicht: Was sind die auch große Rückschritte in Sachen zentralen Errungenschaften im Gleichberechtigung. Die Zeit des Nati- Gleichstellungsprozess seit Einfüh- onalsozialismus warf die Frauenbewe- rung des Frauenwahlrechts 1918? gung sozusagen um drei Schritte zu- Die wichtigsten Errungenschaften rück. Aber auch nach den Erfolgen der seither sehe ich vor allem in diversen 1970er- und 1980er-Jahre gab und gibt gesetzlichen Verankerungen, in der es immer wieder Rückschritte auf unter- Institutionalisierung frauenspezifischer schiedlichen Ebenen. So wurde etwa Einrichtungen und Gleichstellungs unter der Regierung Schüssel und Andrea maßnahmen sowie der Einrichtung von Riess-Passer im Jahr 2000 das Frauen- Urthaler Gremien, Abteilungen und Kommissio- ministerium aufgelöst und Frauen nen, die das Ziel haben, die Verwirk agenden in das Sozialministerium einge- lichung von Gleichstellung voranzu gliedert. Und von den Forderungen des treiben. In diesem Zusammenhang Frauenvolksbegehrens 1997, das fast muss man auch die EU erwähnen, die 650.000 Österreicherinnen und Öster- 2009 mit dem Vertrag von Lissabon die reicher unterschrieben haben, wurde © fotostudio heinz stanger Gleichheit von Frauen und Männern als nicht viel umgesetzt. gemeinsamen Wert der Staatengemein- schaft verankert hat. In Österreich gab Wie beurteilen Sie die derzeitige es vor allem in den 1970er-Jahren Situation? Wandel, Stillstand, wesentliche Errungenschaften: Die Rückschritt, Fortschritt? 1_2018 if..faktum 9
drei Monika Jarosch (77) ist Juristin und Politologin. Sie hat als Anwältin und Richte- generationen rin gearbeitet. 1991 wurde sie Mitarbeiterin des Vereins Arbeitskreis Emanzipation und Partnerschaft (AEP), in dessen Vorstand sie auch heute als Obfrau ist. An der Universi- feminismus tät Innsbruck ist sie assoziiertes Mitglied der Forschungsplattform Geschlechter forschung. Die Anfänge ihres frauen politischen Engagements liegen im Kampf um die Fristenregelung. Als eines ihrer Leitbilder nennt sie Johanna Dohnal. Marion Jarosch (45) ist Psychotherapeutin und n eben ihrer einschlägigen Tätigkeit auch an der Universität Innsbruck tätig, wo sie Koordinatorin der Forschungsplattform Geschlechterforschung ist. Zudem ist sie im Verein Netzwerk Geschlechterforschung engagiert, mit dem sie sich stark für das Magdalena Đukanović (17), geht Frauen*Volksbegehren 2.0 einsetzen will. noch zur Schule, bereitet sich auf die Matura vor und ist in der Aktion Kritischer Schüler_innen engagiert. Ihr ist wichtig, dass Genderbewusst- sein bereits in der (Schul)Bildung vermittelt wird. © Jarosch 10 if..faktum 1_2018
Monika und Marion Jarosch und Magdalena Đukanović bringen es in drei Generationen gemeinsam auf fast 100 Jahre frauenpolitisches Engagement. Sie haben damit zweifellos viel bewegt und werden noch viel bewegen. if:faktum hat Mutter, Tochter und Enkelin zu einem Gespräch über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Feminismus in Österreich an einen Tisch gebeten. W er sich mit drei Generationen feministischen Engagements an einen Tisch setzt, stellt schnell fest, dass Verhältnisse so ändern. Gerade derzeit scheint die Frau wieder auf ihre Biolo- gie, ihre Gebärmutter zurückgeführt zu Marion Jarosch. Und ihre Mutter Monika fügt sofort an: „Vereinbarkeit muss für beide Geschlechter gelten.“ sich dabei im Gespräch alles finden werden. Wir Feministinnen müssen im- Einig sind sich Mutter und Tochter: Es lässt: Stolz und Freude über die Erfolge, mer wieder von vorne anfangen. Und ist heute leichter, die Männer im Kampf Ärger über die Rückschläge, manchmal ich bin froh, dass es immer wieder jun- um Gleichstellung als Mitstreiter zu auch ein bisschen Resignation und ge engagierte Frauen gibt“, sagt Monika gewinnen. Frust, entillusionierter Pragmatismus, Jarosch, die mit ihren 77 Jahren vieles emotionale Aufbruchsstimmung und zwar pragmatisch sieht, aber Enkelin Magdalena wiederum ist der realistische Reflexion. In einem nichts von ihrem Kampfgeist Meinung, dass Männer sich ohnehin sind sich die drei Jarosch-Ge- verloren hat. mehr Raum in der Gesellschaft neh- nerationen – Mutter, Tochter men. Raum, den Frauen sich erst schaf- Marion Jarosch und Enkelin – aber einig: „Ich bin froh über das, fen müssen. Eine Erfahrung, die man 100 Jahre nach Einführung was die Frauenbewegung im heutigen Österreich offenbar mit erreicht hat. Aber im Grun- des Frauenwahlrechts, 20 Jahre de haben wir die Proble 17 Jahren bereits gemacht hat. Eines ih- nach dem ersten Frauenvolksbe- matik nur verschoben. Viele rer großen Anliegen, für das sie kämpft, junge Frauen glauben heute, dass gehren und kurz vor dem zweiten ist sie alle Möglichkeiten haben. Und wenn ist deshalb auch, dass der Gleichstel- der Kampf für gleiche Rechte und sie dann 30 sind, wird sichtbar, was die lungsgedanke vermehrt in die Bildung Lebensbedingungen von Frauen und Wahrheit ist. Nämlich, dass sie sehr einfließt. „Früher mussten Frauen für schnell an Grenzen stoßen.“ Männern noch lange nicht beendet. das Wahlrecht kämpfen – heute darum, dass in Schulen gegendert wird“, meint Dass sie sich aktiv für das Frauen*Volks Für zwei Generationen feministischen Magdalena. begehren 2.0 engagieren, steht für Nachwuchs hat Monika Jarosch – di- Im Gespräch mit Feministinnen aus Monika und Marion Jarosch deshalb rekt und indirekt – selber gesorgt. „Ich drei Generationen wird deutlich: Von auch fest. Vor allem da sie beide klar bin aufgewachsen in einer Familie, wo Wahlrecht über Fristenregelung darauf hinweisen, dass nicht viele der Gleichstellung immer ein Thema und Vereinbarkeit von Forderungen aus dem ersten Frauen- war. Bei uns gab es eine offene Familie und Beruf bis zur volksbegehren jemals realisiert wurden. politische Gesprächskultur, in „Der damalige Bundeskanzler Viktor der alles thematisiert wurde Klima hat uns versprochen, dass alles und ich einen kritischen Blick Magdalena Đukanović „Ich habe das Gefühl, dass es umgesetzt wird. Und was war? Praktisch erlernte“, erinnert sich Marion heute so dargestellt wird, als nichts davon wurde umgesetzt“, sagt Jarosch an den Einfluss ihres wäre bezüglich Gleichberechti- Monika Jarosch nicht ohne Verärge- Elternhauses. Kritisch sieht Marion gung alles erreicht. Aber die alte Denkweise ist nicht aus den Köpfen ver- rung. Vor allem sie, als älteste der drei Jarosch deshalb ebenfalls die momen schwunden. Ich erlebe immer wieder, dass Jarosch-Frauen, hat das Gefühl, immer tane Situation. „Ich bin immer wieder Lehrpersonen offen gegen Feminismus auftreten.“ wieder Rückschläge im Gleichstellungs- erstaunt, dass Sachen, die man für erle- prozess erleben zu müssen. „Es digt hält, es eben nicht sind. Wir ist schon ein gewisser Frust, sind bis zu einem gewissen geschlechtergerechten Sprache – die wenn sich die politischen Punkt gekommen bei der Kampfgebiete mögen sich ändern. Gleichstellung, aber dann Doch eines bleibt gleich: Was eine fliegt uns alles wieder um die Generation erreicht hat, muss die Monika Jarosch „Bezüglich Gleichberechtigung Ohren. Und für viele Frauen nächste verteidigen und umsetzen. hat sich in den letzten Jahrzehn- scheitert es eben im prakti- Und der Kampf um Gleichstellung ten schon viel getan. Heute ist es selbstverständlich, dass Frauen stu- schen Leben an der Vereinbar- von Frauen und Männern geht in die dieren. Das Entscheidende ist aber, dass keit von Familie und Beruf“, meint immer wieder nächste Runde. das alte Rollenbild der typischen Frau noch immer in den Köpfen verankert ist. Und das muss geändert werden!“ 1_2018 if..faktum 11
Ohne Furcht und Adel Die bürgerlichen Kämpferinnen für das Frauenwahlrecht in England und Amerika, die als Suffragetten bekannt wurden, taten sich durch große Entschlossenheit und Streitbarkeit hervor und schreckten auch vor gewaltsamen Aktionen nicht zurück. B lickt man in die Geschichte der Frauenbewegung, so war der Kampf um ein allgemeines und gleiches Wahlrecht sicherlich einer der wesentlichen Motoren und Meilensteine. Bei den Suffragetten handelte es sich Großteils um bürger liche Frauen. Untrennbar verbunden ist die Bewegung mit den Namen Emmeline und Christabel Pankhurst. Mutter Vor allem die sogenannten Suffragetten haben sich dabei An- Emmeline gründete 1903 die Women’s Social and Political fang des 20. Jahrhunderts in England und Amerika mit ihrem Union, und Tochter Christabel galt als eine der führenden Mut, ihrer Entschlossenheit, aber auch ihrem Bekenntnis zu Suffragetten. Immer wieder kam es bei Aktionen der Suffra- nicht notwendigerweise gewaltfreien Aktionen hervorgetan. getten in Großbritannien zu Massenverhaftungen der Frauen. So schreckten sie zum Beispiel nicht davor zurück, Schaufens- So etwa 1912, als 150 Suffragetten mit Hämmern und Stei- ter einzuschlagen oder Brandanschläge zu verüben, und oft nen bewaffnet Hunderte Schaufenster im Londoner Westend traten die Suffragetten bewaffnet auf. Der Großteil der Aktio- zerstörten. 220 Frauen wurden damals verhaftet. nen der Suffragetten war aber durchaus friedlicher Natur und zeugte nicht selten von Humor. Meistens ging es dabei um Nicht weniger dramatisch ist auch die Geschichte von Emily öffentlich zelebrierte Tabubrüche, wie etwa das demonstrative Davison, die nach ihrem Tod 1913 von ihren Mitstreiterinnen Rauchen in der Öffentlichkeit, das damals nur Männern zu- als Märtyrerin verehrt wurde. Davison wurde als Tochter eines gestanden und bei Frauen als Anmaßung empfunden wurde. Kaufmanns geboren und schaffte es, an der renommierten Universität von Oxford Studien der Biologie, Chemie sowie Der Begriff Suffragette leitet sich übrigens ganz konkret vom der englischen Sprache und Literatur abzuschließen. Wobei zentralen Anliegen der Erkämpfung des Wahlrechts ab. Be- ihr als Frau, wie damals üblich, die akademischen Grade jedoch deutet doch das Wort „suffrage“ sowohl im Englischen als verwehrt blieben. Sie schloss sich früh den Suffragetten an, auch im Französischen schlicht Wahlrecht. Die wurde bei zahlreichen Aktivitäten mehrmals verhaftet und Suffragetten hatten sich diesen Namen ur- zu mehrmonatigen Freiheitsstrafen verurteilt. Einmal sprünglich selbst gegeben. Er wurde aber in unter anderem, weil sie in einer Halle in London im der Folge von ihren Gegnern oft abwer- Beisein des damaligen Schatzkanzlers eine Rede tend gebraucht. Ein Schicksal, das übri- halten wollte. Im Gefängnis trat die streitbare gens viele Jahrzehnte später auch die Davison wiederholt in Hungerstreik und wurde, deutschen Emanzen ereilte. wie viele ihrer Kampfgenossinnen, zwangsernährt. Hervorgegangen waren die Suffragetten Emily Davison starb 1913, vier Tage nachdem aus einer Bewegung von Gegnerinnen der sie sich bei einem Galopprennen vor das Pferd Contagious Diseases Acts, jener Gesetze, die von König Georg V. geworfen hatte und von diesem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die überrannt worden war, an ihren schweren Verletzungen. Zwangsuntersuchungen von Prostituierten in Großbritannien Da Davison nach dem Vorfall nie mehr das Bewusstsein regelten. Diese Kampagne konnte nach langem Kampf 1886 erlangte, ist bis heute unklar, ob diese Aktion wirklich als © shutterstock von den Frauen zum Erfolg geführt werden. Ein Umstand, Demonstration für das Frauenwahlrecht und als Suizid der die Befürworterinnen des Frauenwahlrechts erstarken und geplant war. Die Inschrift auf ihrem Grabstein lautet: „Deeds, zu neuen Methoden des politischen Protests greifen ließ. not words“ („Taten, nicht Worte“). 12 if..faktum 1_2018
#metoo und die Folgen Das Outing zahlreicher von sexuellen Übergriffen betroffener Frauen hat weltweit eine sehr erhellende Debatte ausgelöst. Sie könnte dazu führen, dass sich künftig nicht mehr die Opfer, sondern die Täter schmutzig fühlen. Heute jedenfalls – 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts – kämpfen Frauen gegen sexualisierte Gewalt. 2017 wird wohl als das Jahr in die Ge- schichte der Frauenbewegung einge- hen, in dem Frauen in großer Zahl erstmals weltweit In Österreich wurde die Schauspielerin Maxi Blaha zu einem der ersten prominenten Gesichter der #me- too-Bewegung. Als junge Schauspielerin musste die thematisiert haben, was die meisten erwachsenen heute 45-Jährige erleben, dass ihr eine vertraglich Angehörigen des weiblichen Geschlechts zumindest zugesicherte Hauptrolle wieder entzogen wurde, in minder schwerer Form bereits am eigenen Leib nachdem sie den Regisseur des Stücks nicht bei sich erlebt haben: sexuelle oder sexistische Übergriffe übernachten lassen wollte. Dessen Argument damals: oder Belästigungen durch einflussreiche Männer in Er könne nicht mit jemandem arbeiten, der keine Machtpositionen. „Nähe“ zuließe. Damals sei ihr das alles sehr peinlich gewesen, erinnert sich Maxi Blaha. „Zumal ich von Das mutige Voranschreiten einiger niemandem Unterstützung erhielt. Alle in meiner Frauen, die ihre Erlebnisse öffentlich Umgebung – auch Kolleginnen und Kollegen – gemacht haben, und die Verbrei- wussten Bescheid, aber keiner hat mir geholfen. Ich tungs- und Beteiligungsmöglich fühlte mich im Gegenteil eher bedroht.“ Bedroht vor keiten der sozialen Medien von allem von möglichen negativen Folgen für ihre Karri- Twitter bis Facebook haben eine ere. „Ich war jung und allein. Ich hatte kein Geld. Debatte in Gang gesetzt, die in Als junge Schauspielerin lebst du ohnehin immer am Zukunft niemand mehr wird Rande des Prekariats. Ich hab mich gefürchtet. Eine ignorieren können. Und das aner- verlorene Klage hätte ich mir einfach nicht leisten kannte amerikanische „Time Ma- können“, erzählt sie. gazine“ hat die „Schweigebreche- rinnen“ von #metoo kollektiv zur Heute freut sich Maxi Blaha über die zahlreiche posi- Person des Jahres gewählt. Ob tive Resonanz auf ihr #metoo-Outing. „Ich bin froh dadurch die Zahl an Übergriffen und stolz, dass ich das gemacht habe. Ich will Femi- und Belästigungen zurückgehen nistin sein. Das bedeutet für mich auch, ein Vorbild wird, muss die Zukunft zeigen. zu sein mit beispielhaftem Verhalten – auch wenn es Zwei Dinge stehen allerdings mal nicht so sympathisch auf jemanden wirkt“, sagt jetzt schon fest: #metoo hat es für Blaha. Ihren Blick für Sexismus haben Maxi Blahas viele Frauen leichter gemacht, ihre eigene Erfahrungen auf jeden Fall geschärft. „Es gibt Belästiger beim Namen zu nen- keine Probe, auf der die Männer nicht in irgendeiner nen, über ihre Erfahrungen öffent- Form Körperliches kommentieren. Ich gehe nur lich zu sprechen und dagegen mehr in Jogginghosen, um nichts herauszufordern.“ rechtlich vorzugehen. Das ist positiv. Zum anderen hat sich aber Dass sich Missbrauchserfahrungen quer durch alle rasch gezeigt, dass auch 2017 keine Gesellschaftsbereiche ziehen, zeigt nicht zuletzt das Frau vor Spott und Häme auch aus Outing von Nicola Werdenigg. Die Tiroler Ex-Ski- den eigenen Reihen gefeit ist, wenn rennläuferin hatte im Dezember von Übergriffen bis sie sich als Opfer sexistischer Über- hin zur Vergewaltigung durch einen Mannschaftskol- griffe outet. Das ist – um es legen berichtet, als sie 16 Jahre alt war. Als Motivati- vorsichtig zu sagen – nicht on für diesen Schritt nannte Werdenigg: Aufklärung, so schön. Aufarbeitung und Prävention. #WeTogether gegen Missbrauch im Sport Schauspielerin Maxi Blaha Nicola Werdenigg hat eine Plattform gegen sexualisierte © Peter Rigaud Gewalt und Machtmissbrauch im Sport ins Leben gerufen. Der Verein #WeTogehter soll Anlaufstelle für Betroffene sein, aber auch in Vorbeugung und Forschung aktiv werden. Weitere Informationen: wetogether.eu 1_2018 if..faktum 13
Frauen erzählen Geschichte(n) Das Frauenmuseum Hittisau ist in vielerlei Hinsicht einzigartig. Es ist nicht nur das erste und einzige Frauenmuseum Österreichs, sondern auch weltweit das einzige im ländlichen Raum. Zudem geht es in der Art der Vermittlung einen ganz persönlichen Weg. vielfältig. Die aktuelle Ausstellung widmet sich dem Thema Pflege, von dem Frauen massiv betroffen sind. Frühere Ausstellung beschäftigten sich zum Beispiel mit Frauen in der Alpingeschichte oder auch mit Zirkusartistinnen. Stefania Pitscheider Soraperra versteht ein Museum dabei als einen Ort der Auseinandersetzung, an dem Gesellschaft mitgestaltet wird. Deshalb geht man im Frauenmuseum Hittisau auch einen sehr speziellen Weg der Vermittlung, bei dem Frauen aus der Regi- on ganz bewusst einbezogen werden. Dabei handelt es sich um Frauen mit höchst unterschiedlichem sozialem Hintergrund Stefania und jedweden Alters D ie Geschichtsschreibung ist männlich und erzählt meist eine Abfolge von großen Taten und Schlachten. Doch daneben gibt es eine Alltags- Pitscheider Soraperra (von 16 bis 87). Diese Mitarbeiterinnen erar- beiten dabei mit der geschichte, in der Frauen als Role Models und Museumsleitung und Kulturträgerinnen immer schon eine zentrale Rolle Expertinnen einen ganz gespielt haben. Das Frauenmuseum Hittisau im persönlichen Blick Bregenzerwald will diese Geschichte der Frauen winkel zum jeweiligen vermitteln. „Die Auseinandersetzung mit Geschichte Thema, um diesen dann den Besucherinnen und und Kultur aus Frauenperspektive gibt Frauen ein Besuchern vermitteln zu können. Das Museum soll ganz neues Selbstbewusstsein und zeigt auf, dass es damit für Gestalterinnen und Besucherinnen und vielfältige Wege der Lebensgestaltung gibt. Es ist Besucher zu einem Ort der Begegnung werden. wichtig, dass Frauen verstehen, wer sie sind und was „Es geht uns um eine ernsthafte Auseinandersetzung sie sind“, sagt Stefania Pitscheider Soraperra, die das mit den jeweiligen Themen. Ein Museum soll Frauenmuseum Hittisau seit 2009 leitet. Im Bregen- Fragen stellen, nicht Antworten geben“, meint zerwald schaut man dabei auch über den eigenen Stefania Pitscheider Soraperra. Tellerrand hinaus. Eine der beiden jährlichen Aus- stellungen zeigt Frauengeschichte aus dem inter Informationen zum Frauenmuseum Hittisau: nationalen Blickwinkel. Die Themen sind dabei sehr www.frauenmuseum.at 100 Jahre Frauenwahlrecht sind Anlass, um die politische Teilhabe von Frauen in den Fokus des Interesses zu stellen. Die Länder Tirol und Vorarlberg haben für die Jubiläumsjahre 2018/2019 eine gemeinsame Initiative zur © Werner Lutz, Ines Agostinelli (2) Gleichstellung von F rauen und Männern in der Politik gestartet. Eine Wanderausstellung begleitet 2018 und 2019 Veranstaltungen zu den gesellschaftlichen und politischen Geschehnissen von der Einführung des Frauenwahlrechts bis heute. Die Auftaktveran staltung findet am 8. März im Landhaus Bregenz statt. www.vorarlberg.at/frauen 14 if..faktum 1_2018
Defizite bei der Beteiligung Mut und Engagement müssen beseitigt werden auf allen Ebenen 100 Jahre Frauen*wahlrecht – eine wichtige Errungenschaft Das Wahlrecht ist für uns heute normal und für manche der Frauen*bewegung! Doch mit Blick auf die aktuelle sogar manchmal lästig. Wer sich die Sache aber genauer Zusammensetzung von Parlament und Landtagen in Öster- anschaut, sieht, wie hart die Pionierinnen der Frauen reich kommt es mir vor, als wäre das erst zehn Jahre her. bewegungen für das Frauenwahlrecht gekämpft haben. N ach wie vor beeinflusst das soziale Geschlecht (Gender) Möglichkeiten und Zugänge, wie Mädchen* und Jungen* Beteiligung leben und umsetzen können. Mädchen* sind nach N och heute gibt es kein Wahlrecht für Frauen in Saudi- Arabien! Als Landessprecherin des Frauennetzwerks Vorarlberg halte ich es daher für äußerst wichtig, dass Frauen wie vor an Modellen politischer Partizipation weniger beteiligt, von dieser Errungenschaft – ihrem Wahlrecht – Gebrauch vor allem bei repräsentativen und offenen Beteiligungsformen machen. Nur so können wir in unserem Bestreben nach wie Jugendparlamenten und Versammlungen. Gleichstellung in allen Bereichen weiterkommen. Die gesell- schaftliche Position in unserer westlich-liberalen Welt hat sich Gerade wenn Themen wie Familien auf jeden Fall verbessert. Die Lebensrealitäten der Frauen sind bonus, flexible Arbeitszeiten, Ehe für allerdings nach wie vor von strukturellen Ungleichheiten alle etc. diskutiert werden, ist es geprägt. Die immer noch stark in den Köpfen verankerten wichtig, dass Mädchen* ihre Stand- Rollenbilder tragen mit dazu bei, dass für den Aufstieg von punkte spürbar und sichtbar ein- Frauen nicht nur das eigene Engagement, sondern auch das bringen (können). Geschlechter soziale, politische und kulturelle Umfeld entscheidend ist. gerechtigkeit ist ein primäres Das Frauennetzwerk ist daher bemüht, durch „Netzwerken“ Handlungsprinzip der Offenen die Frauen in diesen Themen zu sensibilisieren und ihnen Jugendarbeit und sollte bei der deutlich zu machen, dass es wichtig ist, nicht Mag.a (FH) Olivia Mair, MA Planung und Durchführung von mit dem Erreichten zufrieden zu sein, son- Geschäftsführung koje – Koordinationsbüro für Partizipationsprojekten und -aktivi- dern genau hinzusehen und sich auch mit Offene Jugendarbeit täten zentral sein. Mut und Engagement auf allen Ebenen und Entwicklung Die Offene Jugendarbeit setzt einzubringen. bewusst Angebote für Mädchen*, um diesem Defizit ent Sabine Wäger ist Regional- gegenzuwirken und alternative, geschlechtergerechte und Landessprecherin des Beteiligungsformen zu bieten. Frauennetzwerks Vorarlberg. Das Frauennetzwerk Vorarlberg ist ein Projekt des Referates für Frauen und Anm.: Der Stern „*“ steht für die Offenheit in Bezug auf Ge- Gleichstellung der Vorarlberger Landes regierung und wurde im Herbst 2000 gegrün- schlechtsidentitäten und soll zum Ausdruck bringen, dass alle det. Das Frauennetzwerk Vorarlberg will die persön- Menschen einbezogen sind, auch diejenigen, die sich nicht in das liche Lebensqualität und die gesellschaftspolitische Mitsprache von Frauen in Vorarlberg durch Vernetzung und zweigeschlechtliche System aus „Mann“ und „Frau“ einordnen Information verbessern. Es schafft Eigenständigkeit bei können oder wollen. Entscheidungen in Familie, Beruf und Politik. Schritt für Schritt zur Geschlechtergerechtigkeit Lea Putz-Erath, Leiterin FEMAIL FrauenInformationszentrum Meine Omas (* 1922 und 1928) gehörten der ersten Generation von Frauen an, die mit dem Frauenwahlrecht aufgewachsen sind. Für beide war es immer Pflicht, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Wahltag war etwas Besonderes – fast schon wie ein Feiertag. Ich erinnere mich an den Wahlgang der beiden Frauen vor oder nach dem sonntäglichen Kirchenbesuch mit Kopftuch oder Hut (die eine Bäuerin, die andere Ehefrau eines Gewerbe- treibenden), Handtasche und Festtagsmantel. Und an meine Mischung aus Stolz, Neugier- de und Unsicherheit, wenn ich sie dabei als Kind begleiten durfte. Innerhalb einer © Ioannis Revekis, Stefan Sandholzer, wäger Generation ist das Frauenwahlrecht zur Selbstverständlichkeit geworden. Und jetzt – 100 Jahre später? Was sind die nächsten Schritte zur Geschlechtergerechtigkeit, die unseren Enkelinnen und Enkeln selbstverständlich werden? MMag.a (FH) Dr.in Lea Putz-Erath ist Sozialarbeiterin mit den Schwerpunkten Organisationsanalyse, Frauen und Inklusion in E rwerbsarbeit und leitet das FEMAIL F rauenInformationszentrum Vorarlberg. Berufliche Erfahrungen sammelte sie bisher in Österreich, Deutschland und den USA. 1_2018 if..faktum 15
menschen zum thema 100 jahre frauen- wahlrecht Elisabeth Stöckler, Gründerin des Frauenmuseums Hittisau Frauenemanzipation ist ohne Kenntnis von Frauengeschichte nicht möglich. Es war und ist mir ein Anliegen, Reflexionsprozesse über die gesellschaftliche Bedingtheit von Geschlechterrollen anzuregen und damit mich selbst und andere zur bewussten Gestaltung von Alltag, Geschichte und Gesellschaft zu ermächtigen. Angela Alicke, Frauennetzwerk Vorarlberg Als ich zum Frauennetzwerk kam, fiel es mir schwer, vor Leuten zu sprechen. Dies hat sich geändert! Der Politiklehrgang des Landes Vorarlberg hat mich sehr in meiner Persönlichkeitsbildung bestärkt. Ich habe mich im Laufe der Jahre mit dem Frauen netzwerk positiv weiterentwickelt und profitiere ungemein davon. Ich habe gelernt, wieder auf mich selbst zu hören, mich wahr- und wichtig zu nehmen und meine Bedürfnisse zu stillen. Diesen Ratschlag werde ich allen Frauen geben. Karin Fitz, Verein Amazone Unsere Erfahrungen zeigen, dass weibliche Jugendliche ein distanzierteres Verhältnis zur etablierten Politik haben als männliche. Sie stehen den Formen der Beteiligung skeptischer gegenüber und nutzen Partizipationsmöglichkeiten seltener. Mädchen erfahren oft, dass ihre Stimme nicht gehört wird. Im Verein Amazone werden sie im Sinne einer gleichberechtigten Teilhabe sensibilisiert, gestärkt und gefördert. © Tiziana Condito, Susi Bell/Foto Hebenstreit, verein amazone Bestellungen und Änderungen: E frauen@vorarlberg.at T 05574/511-24136. Amt der Vorarlberger Landesregierung Referat für Frauen und Gleichstellung, Römerstraße 15, 6900 Bregenz. Österreichische Post AG MZ 02Z031539 M if..faktum 1_2018 Amt der Vbg. LR, Ref. für Fr. und Gleichst., Römerstr. 15, 6900 Bregenz
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