Prozesssimulation - Fit für die Zukunft? - POSITIONSPAPIER - Dechema
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POSITIONSPAPIER Prozesssimulation – Fit für die Zukunft? Positionspapier des ProcessNet-Arbeitsausschusses Modellgestützte Prozessentwicklung und -optimierung, 2021
IMPRESSUM Inhaltsverzeichnis Autoren: Einleitung 2 Dr. Sönke Bröcker Evonik Operations GmbH, Hanau Dr. Regina Benfer BASF SE, Ludwigshafen Status quo der Prozesssimulation 3 Dr. Michael Bortz Fraunhofer ITWM, Kaiserslautern Zukünftige Herausforderungen 6 Prof. Dr. Sebastian Engell TU Dortmund Dr. Carsten Knösche BASF SE, Ludwigshafen Anbindung an Daten des Prozesslebenszyklus – Aktualität und Nachhaltigkeit 7 Dr. Andreas Kröner Linde GmbH, Engineering Division, Pullach Einbindung datengetriebener Modelle – Genauigkeit und Vorhersagefähigkeit 8 Das vorliegende Positionspapier entstand aus mehreren Diskussionen im ProcessNet-Arbeitsausschuss „Modellgestützte Prozessentwicklung und -optimierung“. Die Autoren möchten allen beteiligten Kollegen, Einbindung datengetriebener Modelle – Genauigkeit und Vorhersagefähigkeit 9 die so am Papier mitgewirkt haben, recht herzlich danken. Intensivere Nutzung der Prozesssimulation in der Produktion 12 Herausgeber Stoffdaten – Einheitliche Verwaltung als Ziel 13 ProcessNet-Arbeitsausschuss „Modellgestützte Prozessentwicklung und -optimierung“ Neue Aspekte für die Ausbildung 14 Verantwortlich im Sinne des Presserechts DECHEMA e.V. Zusammenfassung – Ein Konzept für die Prozesssimulation 2025+ 15 Dr. Andreas Förster Theodor-Heuss-Allee 25 60486 Frankfurt am Main Erschienen im März 2021 Bildnachweise Titel: v.l. © snapfoto105-Fotolia; Evonik Operations GmbH; S. 9: © Prostock-studio-stock.adobe.com; S. 14: © kras99-stock.adobe.com 1
PROZE SSSIMUL AT ION – F IT F ÜR DIE ZUKUNF T ? Einleitung Status quo der Prozesssimulation Seit den Anfängen in den 1970er Jahren hat die Prozess- effiziente Datenanbindungen unerlässlich. Die Nutzung Equipment Design Energy Analysis Parcle Simulaon Physical Properes Hybrid Modelling Real Time Opmisaon Process simulation eine beachtliche Entwicklung durchlaufen. der Prozesssimulation in übergeordneten Anwendungen So ist es heute möglich, sehr umfangreiche Prozesse bringt zusätzliche Anforderungen mit sich wie höhere Digital Twin Virtual Commissioning oder gar Prozessverbunde mit komplexem Stoffverhal- ten stationär und dynamisch mit hoher Genauigkeit zu Genauigkeit, robustere Konvergenz und kürzere Re- chenzeiten. Neue Lösungsansätze hierfür sind mit der Dynamic Simulaon Open Interfaces Simulaon modellieren und zu simulieren. Dies umfasst nicht nur fortschreitenden Digitalisierung absehbar, da sie einen Surrogate Models HPC konventionelle chemische Prozesse, sondern auch viele effizienten Zugang zu umfassenden Informationen sowie Spezialprozesse zum Beispiel aus der Bio- oder Polymer- sehr flexible datenbasierte Modellierungsmöglichkeiten CFD Simulaon chemie. Auch die Kopplung fluider Prozesse mit Fest- bereitstellt. Sie ermöglichen die Einbindung realer Da- stoffsimulationen ist heute in einer Simulation ebenso ten in Simulationen und die Komplettierung physikali- Arficial Intelligence Operator Training Systems darstellbar wie die Integration von CFD-Ansätzen in An- scher Modelle mit datengetriebenen Ansätzen. Virtual Design & CFD Data Driven Modelling lagenmodellen. Aufgrund dieser vielfältigen Möglich- keiten ist die Prozesssimulation ein etabliertes und un- Angesichts des anstehenden Wandels der Prozesssimu- verzichtbares Werkzeug bei der Entwicklung, Auslegung lation zum integralen Bestandteil einer vernetzten Um- und Optimierung chemischer Prozesse geworden. gebung stellt sich die Frage, ob die heute existierenden Methoden und Werkzeuge zur Prozesssimulation bereits Zukünftig wird die Prozesssimulation noch an Bedeu- den hierfür erforderlichen Anforderungen gerecht wer- tung gewinnen, wenn die Digitalisierung in der chemi- den oder welche Entwicklungen notwendig sind. Dieser schen Industrie weiter voranschreitet. Die umfassenden Frage widmet sich dieses Positionspapier aus der Sicht In der chemischen Industrie unterstützen Prozesssimu- Heutige kommerzielle Prozesssimulatoren sind als ei- Informationen über bestehende oder mögliche Zustände von Anwendern der deutschen chemischen Industrie, lationen den gesamten Lebenszyklus eines chemischen genständige Werkzeuge entwickelt worden und sind der Prozesse, die die Prozesssimulation liefern kann, die im ProcessNet-Arbeitsausschuss „Modellgestützte Prozesses von der Entwicklung, über den Entwurf und derzeit weitgehend als geschlossene, autarke Systeme werden in vielfältige übergeordnete Anwendungen Prozessentwicklung und -optimierung“ vertreten sind. Bau bis hin zur Optimierung des Betriebes. Um diese konzipiert. Sie umfassen alle notwendigen Funktiona- einfließen und damit von einem größeren Anwender- Es stellt ein gemeinsames Verständnis der Ausschuss- Unterstützung effizient gewährleisten zu können, müs- litäten für die Prozesssimulation. Hierzu gehören ein kreis genutzt werden. Fließbildsimulationen werden sich mitglieder dar und ist an Entwickler und Anwender von sen die Prozessmodelle für die einzelnen Phasen mög- Modul zur Berechnung der Stoffdaten und Reaktionen, dabei von einem persönlichen Werkzeug des einzelnen Simulationssoftware aus Industrie, Hochschulen und lichst reibungslos entlang des Lebenszyklus entwickelt die Modelle für die Prozessschritte sowie numerische Ingenieurs zur Lösung spezifischer Problemstellungen Entwicklungsinstituten adressiert. Das Positionspapier werden. Dies erfolgt in den Unternehmen, indem um- Gleichungslöser und Optimierer. Neben diesen Funktio- zu einem integralen Bestandteil des Technologiepakets beschreibt die derzeitige Situation und stellt zukünftige fangreiche Programmsysteme zumeist eines Herstellers nalitäten benötigt die Prozesssimulation die Strukturin- entwickeln. Aus dieser Entwicklung resultieren eine Rei- Herausforderungen mit möglichen Lösungsansätzen für eingesetzt werden. Unternehmen mit eigenen Inhouse- formationen des Prozesses, das heißt, die Verknüpfun- he von Anforderungen an die Prozesssimulation. Für die eine zukünftige Simulationslandschaft als Bestandteil Simulatoren haben diese zusätzlich in ihre Arbeitsab- gen der einzelnen Prozessschritte, die zumeist in Form Vernetzung der Prozesssimulation mit anderen Anwen- einer vernetzten Umgebung dar. läufe integriert. Die umfassenden Programmsysteme eines Fließbildes eingegeben werden. Schließlich sind dungen sind offene Schnittstellen, Modularisierung und wurden in den letzten Jahrzehnten von wenigen Herstel- noch Informationen zur Fahrweise notwendig, die über lern langfristig entwickelt und decken stationäre und Spezifikationen in die Prozesssimulation einfließen. Die dynamische Simulationen für Konti- und Batch-Anlagen Grafik stellt das unabhängige Gesamtsystem für eine sowie viele Spezialanwendungen ab. Auch wenn diese konventionelle Prozesssimulation dar. Systeme sehr vielfältig sind, so existiert bis heute noch keine Simulationsumgebung, die alle Aspekte des Le- Die Nutzung eines umfassenden einheitlichen Pro- benszyklus eines Prozesses hinreichend gut abbilden grammsystems für die Prozesssimulation hat sich in kann. Die Nutzung der Programmsysteme stellt daher den meisten Unternehmen bisher erfolgreich etabliert. nicht zwingend eine optimale Lösung für die Prozessin- Ein wesentlicher Grund hierfür ist die Vereinheitlichung, dustrie dar. Diese ist vielmehr auch an offenen, modula- Reduzierung und Pflege von Schnittstellen, über die Er- ren Lösungen für die einzelnen Aspekte des Lebenszyk- gebnisse aus Prozesssimulationen in die Systeme der lus interessiert. Neben dem Vorteil, für jeden Aspekt das Unternehmen fließen. Dies reicht von Auslegungsdaten optimale Simulationswerkzeug nutzen zu können, wür- für das Engineering bis hin zu Prozessmodellen für Echt- de das offene Konzept auch die starke Abhängigkeit von zeitoptimierungen im Betrieb. Für all diese Informati- den Anbietern der Programmsysteme verringern. onsflüsse wurden in den Unternehmen im Laufe der Zeit zahlreiche Schnittstellen erstellt, die häufig speziell auf 2 3
PROZE SSSIMUL AT ION – F IT F ÜR DIE ZUKUNF T ? die jeweils eingesetzte Simulationssoftware zugeschnit- von Bedeutung bei Entwicklungskooperationen oder Fir- CAPE-OPEN ist eine Initiative von Anwendern und Herstel- Die Anpassung von Apparatemodellen an spezifische An- ten sind. Damit wurde in den Unternehmen bisher eine menzusammenschlüssen, Nutzung von Lizenzverfahren lern von Prozesssimulatoren mit dem Ziel, einheitliche forderungen des Prozesslebenslaufs hinsichtlich Model- hohe Effizienz in den Arbeitsabläufen erreicht, die aller- oder bei der Übertragung einer Prozesssimulation auf Schnittstellen zum Austausch von Modellen zu definie- lannahmen, Erhaltungsgrößen, Randbedingungen oder dings mit einer starken Abhängigkeit von der jeweils ein- eine spezielle Software wie zum Beispiel bei Operator- ren. CAPE-OPEN bietet damit prinzipiell die Möglichkeit phänomenologische Korrelationen ist in vielen Fällen gesetzten Simulationssoftware einhergeht. Ein Wechsel Trainingssystemen. Derzeit ist die Übertragung eines be- einer offenen Softwareumgebung mit austauschbaren nur sehr eingeschränkt möglich. Einerseits können Tei- der Simulationssoftware ist in den Unternehmen daher stehenden Prozess- oder Apparatemodells in eine neue Modulen. Leider werden die CAPE-OPEN-Schnittstellen le des Apparatemodells nicht hinreichend dokumentiert aufgrund der starken Einbindung in die Infrastruktur nur Softwareumgebung nur mit hohem manuellem Aufwand nicht von allen Prozesssimulatoren in vollem Umfang sein, oder es stehen keine Softwareschnittstellen für an- langfristig mit sehr hohem Aufwand möglich. möglich. unterstützt. Bei der Einbindung von Stoffdatenmodel- wendungsspezifische Ergänzungen zur Verfügung. Dies len über die CAPE OPEN-Schnittstelle zeigen sich zudem führt dazu, dass auf Prozessmodellebene anwendungs- Die Eigenständigkeit der einzelnen kommerziellen Soft- Die Interoperabilität von Prozesssimulationen ist bei bisher noch Performancedefizite gegenüber den nativen oder bearbeiterspezifische Ergänzungen enthalten sind, warepakete behindert den Austausch von Simulationsmo- weitem nicht ausreichend entwickelt. So erfordert die Stoffdatenberechnungen innerhalb der Simulatoren. die die Komplexität des Fließbilds erhöhen, und oft nicht dellen zwischen verschiedenen Prozesssimulatoren. Es Einbindung externer Modelle in eine Prozesssimulation Dies verlangsamt Prozesssimulatoren spürbar, da ein hinreichend dokumentiert sind. besteht derzeit keine übergreifend genutzte, einheitliche häufig noch einen hohen Aufwand, da die Prozesssimu- erheblicher Teil des numerischen Aufwandes in Prozess- Fließbildsprache für die Prozessstruktur, die einen ein- latoren zumeist individuelle interne Schnittstellen zwi- simulationen auf die Berechnung der Stoffdaten entfällt. Die simulationstechnische Unterstützung des gesamten fachen Austausch von Modellen oder eine automatische schen ihren Modulen nutzen. Zwar stellen die meisten Prozesslebenszyklus erfordert zukünftig, dass neben der Erzeugung von Fließbildsimulationen ermöglichen würde. Prozesssimulatoren Schnittstellen zur Einbindung exter- Die Einführung technischer Neuerungen erfolgt in den stationären Prozesssimulation die dynamische Simulati- Eine noch größere Herausforderung als der Transfer der ner Module zur Verfügung, doch sind diese Schnittstel- kommerziellen Softwarepaketen zur Prozesssimulation on einen viel breiteren Raum einnehmen wird. Allerdings Prozessstruktur stellt jedoch die Übertragung der Berech- len in der Regel Simulator-spezifisch. Der Ansatz, ferti- zum Teil sehr verzögert, da die Hersteller der Simulati- sind beim Übergang von einem stationären zu einem dy- nungsmodelle für Stoffdaten und Reaktionen dar. In den ge spezialisierte Modelle von Herstellern, Lizenzgebern onssoftware aufgrund des Umfangs der Programmsyste- namischen Prozessmodell vielfältige Modellannahmen verschiedenen Prozesssimulatoren stehen unterschiedli- oder aus der Hochschulforschung in Prozesssimulati- me und der Breite der Anforderungen naturgemäß in der zu treffen, wofür ein Anwender in den gegenwärtig ver- che Stoffdaten- und Reaktionsmodelle zur Auswahl, die onen einzusetzen, ist damit sehr eingeschränkt. Auch Umsetzung limitiert sind. Einzelne Unternehmen haben fügbaren Prozesssimulatoren nur unzureichend Unter- nur auf interne Parameterdatenbanken der Simulatoren das Zusammenspiel von Prozesssimulationen unter- häufig nur geringen Einfluss auf die Einführung neuer stützung erfährt. Mit der Erstellung eines dynamischen zurückgreifen. Stoffdaten- und Reaktionsmodelle sind schiedlicher Hersteller in übergeordneten Verbundsimu- Entwicklungen in den kommerziellen Prozesssimula- Prozessmodells beginnt deshalb der Modellierungsvor- daher sehr tief in die Prozesssimulatoren integriert und lationen ist nicht einfach und schnell realisierbar. Dabei toren. Unternehmen mit eigenen Inhouse-Simulatoren gang häufig von neuem. dementsprechend schwer zu migrieren. Andererseits versuchen Unternehmen gerade zunehmend, durch Ver- können dagegen sehr viel flexibler ihre Ideen umsetzen, stellen die erstellten Modelle einen hohen Wert für die bundoptimierungen neue Potentiale zu heben. Für einen sodass diese Unternehmen in den letzten Jahren auf- Unternehmen dar, da viel Aufwand und schützenswertes umfassenden Einsatz von Prozessmodellen ist auch die grund der schnellen Einführung neuer Ansätze, die im Know-how in deren Erstellung einfließen. Der Austausch Einbindung vertraulicher firmeninterner Datensätze zum Umfeld der Digitalisierung aufkamen, technologische von Simulationsmodellen zwischen verschiedenen Pro- Beispiel für Kostenallokation, alternative Kapazitäten Vorsprünge erzielen konnten. zesssimulatoren ist für Industrieunternehmen durchaus oder Reserven notwendig. In den einzelnen Abschnitten des Prozesslebenslaufs werden in den Unternehmen von unterschiedlichen Bear- User / beitern in unterschiedlichen Abteilungen Simulationen Application erstellt, erweitert oder verändert. All dies führt zu einer Vielzahl von Prozesssimulationen für unterschiedliche Aspekte, die zu verwalten und zu aktualisieren sind. Derzeit unterstützt kein kommerzieller Anbieter von Prozesssimulatoren umfassend die Dokumentation, Ver- waltung und Aktualisierung von Prozesssimulationen im Prozesslebenslauf. Da das Problem der Aktualisierung, Wiederverwendung und Verwaltung in den Unternehmen bereits zu Effizienzverlusten führt, besteht seitens der Process Industrie durchaus der Wunsch nach einem geeigneten Simulation Modell-Managementsystem. Dabei sollte ein Modell- Managementsystem mehrere Simulationsumgebungen verwalten können, auch im Hinblick auf zukünftige mo- dulare, offene Systeme. Solver & Optimiser Abb. 1: Gesamtsystem einer konventionellen Prozesssimulation 2 4 5
PROZE SSSIMUL AT ION – F IT F ÜR DIE ZUKUNF T ? Zukünftige Herausforderungen Anbindung an Daten des Prozesslebenszyklus – Aktualität und Nachhaltigkeit Ursprünglich sind Prozesssimulatoren als eigenstän- » Modularisierung der Prozesssimulatoren zur Ein Ziel der Digitalisierung in der chemischen Industrie systemunabhängige Verbindung zwischen Prozesssimu- dige Ingenieurwerkzeuge entwickelt worden, um die besseren Einbindung in das Technologiepaket ist die schnelle und strukturierte Verfügbarkeit von Da- lation und CAE-System von Vorteil, da so beliebige Syste- Prozessentwicklung zu unterstützen. Heute findet die ten aus dem Prozesslebenszyklus. Das heißt, die Struk- me frei miteinander kombiniert werden können. » Offene, standardisierte Schnittstellen zu anderen Prozesssimulation eine weitaus breitere Anwendung, da turinformationen über den aktuellen Stand der Anlagen Prorammpaketen Simulationsmodelle mittlerweile das Verhalten chemi- werden zukünftig fortlaufend aktualisiert und effizient Vom Entwurf bis zum Betrieb eines Prozesses gibt es scher Prozesse in unterschiedlichen Facetten detailliert » Vernetzung mit anderen Anwendungen und verfügbar sein. Dies umfasst die Verschaltung der einzel- verschiedene Anwendungsbereiche für Prozesssimulati- beschreiben können. Prozesssimulationen unterstützen Erweiterung des Anwenderkreises nen Prozessschritte sowie die Spezifikation der aktuell onen, hierzu zählen Entscheidungen in Planung und Betrieb und dienen zu- eingesetzten Apparate. In den Prozesssimulatoren sind dem der Überwachung, Regelung und Optimierung von » Datenanbindung diese Informationen derzeit fest eingegeben und müs- » konzeptioneller Verfahrensentwurf Prozessen. Zukünftig wird die Nutzung der Prozesssimu- sen manuell an den aktuellen Stand angepasst werden. (auch Short-cut-basiert), lation noch weiter zunehmen, da die chemische Indust- In Zukunft werden auch Prozesssimulationen von daten- Es liegt daher nahe, die Prozesssimulation zukünftig mit rie intensiv an der Entwicklung digitaler Zwillinge für ihre getriebenen Methoden profitieren. Mögliche Anwendun- den verfügbaren Daten aus dem Prozesslebenszyklus zu » Prozess- und Apparatedesign, Wertschöpfungsketten arbeitet. Im digitalen Zwilling gen sind die Identifikation von interessanten Betriebs- verknüpfen und damit die Möglichkeit zu schaffen, die » Offline-Optimierung und Engpassanalysen, kommt der Prozesssimulation eine zentrale Rolle als Ver- punkten in großen Datensätzen, die Erstellung effizient Struktur der Simulationsmodelle automatisch zu aktua- haltensmodell des chemischen Prozesses zu. In diesem auswertbarer Surrogatmodelle und die Komplementie- lisieren. Dies wäre ein wichtiger Schritt zur Lösung des » virtuelle Inbetriebnahme, Wandel entwickeln sich Fließbildsimulationen immer rung physikalisch basierter Modelle mit Modellteilen, oben angesprochenen langjährigen Problems, Simulati- » Trainingssimulator sowie mehr von einem persönlichen Werkzeug des einzelnen die auf Messdaten beruhen. Auf die anstehenden Her- onsmodelle nachhaltig aktuell zu halten. Zudem könnten Ingenieurs zur Lösung spezifischer Problemstellungen ausforderungen für die Prozesssimulation wird im Fol- die Arbeitsabläufe in der Prozessentwicklung und -opti- » Betrieb, Echtzeitoptimierung, Zustandsüberwa- zu einem integralen Bestandteil des Technologiepakets genden eingegangen. mierung erheblich effizienter werden. So würden zum chung, vorausschauende Wartung. mit einem erweiterten Anwenderkreis. Aus dieser Ent- Beispiel die Informationen über eine neue Rohrleitung wicklung ergeben sich eine Reihe von Konsequenzen für oder einen ersetzten Wärmetauscher direkt nach den Zwischen diesen Anwendungsbereichen bestehen der- die Prozesssimulation. ausgeführten Arbeiten in das CAE-Datensystem fließen zeit spürbare Brüche, bei denen Wissen in Form von und könnten dann auch unmittelbar in der Prozesssimu- Modellen zum Teil verloren geht. Gleichzeitig nimmt die lation verfügbar sein. Andererseits könnten auch Ergeb- Verfügbarkeit von Labor- und Prozessdaten im Laufe der nisse aus Simulationsstudien direkt in die CAE-Systeme Entwicklung zu. Daher wäre es wünschenswert, zukünf- einfließen. Einschränkend soll hier aber betont werden, tig mehr Modell- und Datendurchgängigkeit zu errei- dass die Verknüpfung der Daten des Prozesslebenszy- chen. Dies ist auch ein Ziel der Digitalisierung. klus mit der Prozesssimulation nur einen ersten Schritt darstellt, denn auf Seiten der Prozesssimulation wirft Voraussichtlich wird die Durchgängigkeit nicht mit einem die automatische Aktualisierung Fragestellungen wie einzigen Simulationstool, wie wir es heute kennen, er- die Modellierung neu eingefügter Prozessschritte oder reicht werden können. So hat der Modellentwickler ganz sogar die Konvergenz der automatisch aktualisierten andere Anforderungen an ein Simulationsmodell als eine Prozesssimulation auf. Betriebsmannschaft, gleiches gilt für die Nutzung der Da- ten. Die Herausforderung für eine zukünftige Simulations- Der Nutzen einer engeren und nachhaltigen Verzahnung und Datenumgebung besteht darin, die Durchgängigkeit zwischen der Prozesssimulation und den CAE-Systemen, von Daten und Modellen zu verbessern, und gleichzeitig in denen die Arbeitsabläufe des Prozesslebenslaufs ab- die „richtigen“, angepassten Mensch-Maschine-Schnitt- gebildet werden, ist von den Softwareherstellern erkannt stellen (Maschine = Computer) zur Verfügung zu stellen. worden. Als Konsequenz entstanden in der letzten Zeit enge Kooperationen zwischen Herstellern von CAE-Syste- Diese Überlegung muss in einer intelligenten Soft- men und Simulationssoftware, die zum Teil sogar in Über- warearchitektur berücksichtigt werden. Dabei geht es um nahmen mündeten. Unternehmen, die Simulationssoft- Schnittstellen, aber auch um gute Entwicklungsumge- ware und CAE-Systeme von zwei kooperierenden Partnern bungen für Teams. Zentrale Modellverwaltungssysteme, im Einsatz haben, werden von dieser Entwicklung sehr („Model Repositories“), die mit Intelligenz für Nutzeran- Abb. 2: Digitaler Zwilling der Wertschöpfungsketten in der chemischen Industrie. Prozesssimulation ist zentraler Bestandteil als profitieren, erhöhen aber gleichzeitig auch ihre Abhängig- forderungen und Konsistenz in der Softwarearchitektur Verhaltensmodell für den Prozess keit von den Partnern. Insgesamt wäre aber eine offene, ausgestattet sind, können hier ein Ansatz sein. 6 7
PROZE SSSIMUL AT ION – F IT F ÜR DIE ZUKUNF T ? Einbindung datengetriebener Modelle – Geschwindigkeit, Robustheit und Optimierung Genauigkeit und Vorhersagefähigkeit Im Gegensatz zu zentralisierten Kommunikationssyste- und IP-Technologien auf der Basis von einfacher Zweilei- men, wie wir sie heute in der Prozessautomation antref- tertechnik in Sicht. APL ist eine 2011 begonnene, durch fen, basieren das weltweite Internet sowie die moderne die IEEE Standards Association koordinierte Initiative Telekommunikation seit vielen Jahren auf verteilten Netz- mit Ziel der Fertigstellung 2022 nach Abschluss aller werken. Dort melden sich Teilnehmer im System mit ihren Konformitätstests. Die Basis stellt eine Zweidraht-Ether- Fähigkeiten an und werden optimal ausgelastet. Unter net-Verbindung nach 10BASE-T1L auf Basis des Ethernet- dem Begriff Industrie 4.0 entwickelte Konzepte führen Standards IEEE 802.3 dar, so dass bestehende Zwei- zu einer „Auflösung der Automatisierungspyramide“ und drahtverbindungen genutzt werden können. Ziel von APL ermöglichen eine flexible Produktion mit adaptiven, sich ist die Überwindung der Abhängigkeit von proprietären selbst konfigurierenden, selbstorganisierenden, flexib- Protokollen. Gleichzeitig wird eine Anpassung an die len Produktionsanlagen mit hohem Vernetzungsgrad und Anforderungen an typische Netzwerkausdehnungen mit hochverfügbaren Informationsdiensten. Hilfsenergie-Versorgung bis 500 mW pro Gerät für bis zu 50 Geräte vorgesehen, die auch eine Installation in Für die störungsfreie Kommunikation aller Automatisie- explosionsgefährdeten Bereichen ermöglichen soll. Al- rungskomponenten untereinander wird ein einheitliches ternativ dazu werden auch drahtlose Standards Einzug Protokoll und ein einheitlicher Feldbus benötigt. Mittler- halten, wie z. B. der 5G-Standard. weile gilt der Standard OPC Unified Architecture (OPC-UA, IEC 62541) als gesetzt und die Verbände arbeiten an der Die Definition offener und zugleich sicherer Schnitt- Ausgestaltung der Semantik. Nicht-Ethernet-Feldbusse stellen ist eine der größten, wichtigsten und zugleich sind vor dem Hintergrund einer gewachsenen Landschaft dringlichsten Aufgaben der Digitalisierung, ohne die Die zukünftige, erweiterte Nutzung der Prozesssimu- » umfangreichere Fließbilder bis hin zu Verbünden mit in bestehenden Anlagen und den oft sehr speziellen An- es nicht weitergeht. Zur Definition einer sicheren Da- lation in neuen Anwendungen setzt hohe Rechenge- Zusammenschaltung einzelner Prozesssimulationen forderungen an Stromversorgung und Explosionsschutz tenübertragung müssen als erstes prinzipielle Anforde- schwindigkeiten und Robustheit voraus. So erzwingt » zunehmende Modellierungstiefe für Stoffdaten, heute weiterhin dominant. Als wesentlicher Nachteil die- rungen und Geschäftsmodelle festgelegt werden. Nur zum Beispiel die Nutzung der Prozesssimulation bei Reaktionen und Grundoperationen ser Situation ist die Komplexität hinsichtlich Installation auf einer solchen Basis kann eine sichere Kommunika- Onlineregelungen sehr robuste und zuverlässige Lö- und Wartung mit erhöhten Anforderungen an das Fach- tionsarchitektur von den Experten für Datensicherheit sungen im Betriebsfenster. Soll die Prozesssimulation » Anbindung der Prozesssimulation an andere Bereiche wissen des Personals zu nennen. OPC-UA wird bereits gestaltet werden. Ein erster Schritt zur Bereitstellung dagegen Entscheidungen in der Planung unterstützen, wie CFD, Equipment Health Monitoring, Supply Chain zur Verbindung von Automatisierungskomponenten in zusätzlicher Datenkanäle wird im NOA-Konzept (NAMUR sind sehr viele, schnelle Lösungen in einem erweiterten etc. den höheren Hierarchien eingesetzt, etwa zu ERP- oder Open Architecture) gemeinsam durch NAMUR und ZVEI Parameterbereich erforderlich. Dies gilt insbesondere Produktionsassistenzsystemen. Zukünftig wird der Stan- vorangebracht. Weil Instandhaltungs- und Betriebs- für multikriterielle Optimierungen, die zunehmend als » Optimierungen und Varianten für zunehmend dard aber auch auf Geräteebene und Feldebene möglich funktionen einen großen Nutzen haben, decken einige Unterstützung von Entscheidungen eingesetzt werden. komplexere Verschaltungen sein und kann hier für smarte Automatisierungskompo- innovative Unternehmen der Prozessindustrie ihre An- Um robuste und schnelle Simulationen zu gewährleis- » dynamische Simulationen mit mehr Varianten und nenten in der Feldebene genutzt werden. Deren Rechen- lagen derzeit flächendeckend mit zusätzlichen Netz- ten, muss vermieden werden, dass Prozesssimulationen größerer Modellierungstiefe leistung wächst, um OPC-UA-Kommunikation und andere werkzugängen aus, meist über Wireless-Technologien. unnötig lange in physikalisch unzulässigen Parameter- Rechenoperationen, wie etwa Verschlüsselungsaufga- Ebenso sind Firmen dazu übergegangen, ihre Asset- und bereichen nach Lösungen suchen. Hierfür sind zukünftig Prozesssimulationen müssen für diese Entwicklung auf ben oder Datenanalysen, energiesparend effizient aus- Anlagenpläne komplett zu digitalisieren. Zur Gewähr- Methoden zu entwickeln, mit denen der Bereich gültiger den High Performance Computing-Systemen lauffähig zuführen. Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass leistung der Datensicherheit erfolgt der Sensorzugriff Parameter abgeschätzt werden kann. sein. Für die Einbindung der Prozesssimulation in kom- Informationen weitergegeben werden, die an anderer über gestufte Zugriffsrechte und Benutzergruppen. plexe übergeordnete Anwendungen sind hier wiederum Stelle im Prozess oder in der Anlage erforderlich sind, Hier ist es eine fortwährende Aufgabe von Anwendern In vielen Unternehmen entstehen zunehmend Möglich- die offenen Schnittstellen ein entscheidender Baustein. um aus deren Kombination Schlüsse ziehen zu können. und Geräteherstellern, einheitliche Standards für die keiten für High Performance Computing durch eigene Hierfür müssen geeignete Standards zur eindeutigen Sicherheit und die Funktionalität zu schaffen und den Rechnercluster oder die Nutzung von Cloud Computing. Die heutigen kommerziellen Prozesssimulatoren nutzen Weitergabe vorverarbeiteter Daten und Merkmale entwi- aktuellen Anforderungen anzupassen. Derzeit werden u. a. Diese Entwicklung nutzt die Prozesssimulation bisher eigene, integrierte Gleichungslöser. Diese Löser sind ckelt werden. Ticket-basierte Zugriffsrechte anstatt von Passwörtern nur in geringem Maße. Es ist aber nach den Erfahrungen vom Hersteller vorgegeben und Teil des Softwarepakets. diskutiert, da letztere in einer Automatisierungsland- aus der Vergangenheit absehbar, dass die zunehmende Es besteht keine Möglichkeit, externe Gleichungslöser Eine durchgängige Ethernet-basierte Kommunikation schaft von mehreren tausend Geräten und vor dem Hin- Rechenleistung dazu führen wird, die Prozesssimulation einzusetzen. Dabei sind heutzutage bereits sehr leis- ist über das Advanced Physical Layer (APL) mit der Ge- tergrund wechselnden Personals nicht handhabbar sind. zur Lösung immer komplexerer und umfangreicherer Fra- tungsfähige Gleichungslöser in breit zugänglichen Pro- schwindigkeit und Flexibilität von Standard-Ethernet- gestellungen einzusetzen. Beispiele hierfür sind grammbibliotheken verfügbar, und es findet eine stetige 8 9
PROZE SSSIMUL AT ION – F IT F ÜR DIE ZUKUNF T ? Weiterentwicklung statt. Dieses Potential leistungsfä- zu entwickeln und effizient mit den Prozesssimulatoren verwenden und liefern sehr schnelle und robuste Simu- Neben der Geschwindigkeit hat der Einsatz von Surrog- higer Lösungsalgorithmen für nichtlineare Gleichungs- zu verbinden. Auch hierfür müssen geeignete Schnitt- lationsmodelle. Zur Erstellung von Surrogatmodellen atmodellen noch weitere Vorteile gegenüber der direk- systeme kann derzeit für die Prozesssimulation nicht stellen vorhanden sein. werden zunächst mit herkömmlichen Prozesssimulati- ten Nutzung der ursprünglichen Prozesssimulationen. vollständig gehoben werden. Ein offenes Konzept, die onen automatisiert mit einer geeigneten Explorations- Formulierung der physikalisch-chemischen Zusammen- Bei der Optimierung setzen kommerzielle Prozesssi- strategie Simulationsrechnungen im interessierenden » Deutlich reduzierte Konvergenzprobleme z.B. durch hänge und die Erstellung des Gleichungssystems von mulatoren durchweg auf interne Algorithmen, wobei es Parameterbereich durchgeführt. Nachfolgend werden effiziente Auswertung oder Vermeidung von dessen Lösung zu entkoppeln und externe Gleichungs- prinzipiell möglich ist, eine Prozesssimulation auch an die Surrogatmodelle an die Ergebnisse der Simulationen Unstetigkeiten, löser einzubinden, wird in kommerziellen Prozesssimu- externe Optimierer eigener Wahl anzubinden. Dies ist je- angepasst. Prinzipiell können in die Anpassungen der latoren nicht angeboten. Ansätze dazu wären, einerseits doch aufwändig und mit Performanceverlusten verbun- Surrogatmodelle auch reale Daten aus Betrieb, Techni- » unter Umständen Möglichkeit der globalen Optimierung auf dem Ersatzmodell (hängt von des- Schnittstellen für die Einbindung externer Gleichungs- den. Der externe Optimierer führt dann eine Suche nach kum oder Labor mit einfließen, was zu einem hybriden sen Struktur ab), löser bereitzustellen und andererseits Residuen und dem Optimum mit Hilfe von Prozesssimulationsrech- Ansatz führt. Die Simulationsrechnungen können auf- Ableitungen des Gleichungssystems für numerische Lö- nungen durch, wobei meist ableitungsfreie Verfahren grund langsamer Konvergenz und aufwendiger Numerik » unabhängig von Installation und Lizenz für Prozess sungsalgorithmen zu exponieren. In Forschung und Ent- verwendet werden müssen. Alternative Löser könnten der ursprünglichen Prozesssimulationen sehr langwie- simulationssoftware oder Einzelmodelle, wicklung werden solche offenen Konzepte erfolgreich eingesetzt werden, wenn das Gleichungssystem der Pro- rig werden, daher sind Methoden zur Versuchsplanung angewendet. Zudem liegt in vielen Unternehmen durch- zesssimulation inklusive der Ableitungen exportiert wer- in der Entwicklung, um die Zahl der zu berechnenden » keine vertieften Kenntnisse zur Bedienung der aus die Kompetenz vor, um komplexe Simulationen hin- den könnte. Dann könnten die Optimalitätsbedingungen Variationen gering zu halten. Dabei ist ein iteratives Simulationssoftware erforderlich, sichtlich Konvergenz und Geschwindigkeit mit einem mit effizienten Verfahren direkt ausgewertet werden. Lei- Vorgehen anzustreben: Es wird zunächst ein Screening » offene Schnittstellen sowie offenen Konzept zu optimieren. der bieten die kommerziellen Prozesssimulatoren noch mit niedriger Punktdichte durchgeführt. Die Nutzer ent- nicht die notwendigen Informationen, um die Freiheit zu scheiden dann darüber, welche Bereiche des gesamten » hybrider Ansatz mit Einbindung externer Daten mög- Generell benötigen Unternehmen in ihren Projekten viel- haben, diesen Weg zu beschreiten. Designraums feiner aufgelöst werden sollen. Hierbei lich. fach Innovationen und Methoden aus den Hochschulen sollte die ursprüngliche Prozesssimulation unverändert und Forschungsinstituten. Prinzipiell sollte daher die Datengetriebene Modelle können sehr komplexe, mehr- bleiben. Insgesamt wird bei der Nutzung von Surrogat- Durch die Nutzung dieser Vorteile von Surrogatmodellen Möglichkeit für Universitäten und Forschungsinstitute dimensionale Zusammenhänge gut beschreiben. Sie modellen der Rechenaufwand von der eigentlichen An- werden sich die Anwendungsbereiche für Prozesssimu- bestehen, Lösungen für spezielle Aufgabenstellungen können daher auch als Ersatz- oder Surrogatmodelle wendung auf die Modellanpassung vorverlagert. lationen in Planungs- und Entwicklungsabteilungen so- bei der Simulation, Optimierung oder Datenverarbeitung für gesamte Prozesssimulationen oder Teilen daraus wie in der Produktion absehbar deutlich erweitern. Define Scope of Application Identify Set of significant Parameters Run Simulations on Process selected Parameter Set Simulation Set of simulated Data Additional Real World Data for Training from Plant, Lab, etc. Training of Surrogate Model optional fast and robust 10 Surrogate Model Abb. 3: Vorgehen zur Erstellung eines Surrogatmodells auf Basis von Prozesssimulationen unter Einbeziehung realer Daten aus Produktion und Entwicklung 10 11
PROZE SSSIMUL AT ION – F IT F ÜR DIE ZUKUNF T ? Intensivere Nutzung der Prozesssimulation Stoffdaten – Einheitliche Verwaltung als Ziel in der Produktion Prozesssimulationen sind Abbilder der realen chemi- nicht „auseinanderdriften“, das stationäre Verhalten Die Berechnung der Stoffdaten ist integraler Bestandteil dieses externe Modul nicht nur in Prozesssimulatoren schen Prozesse, über deren Verhalten sie Daten und darf nur in geringem Maß voneinander abweichen. Die aller kommerziellen Prozesssimulatoren und umfasst verwendet werden kann, sondern auch für andere An- Informationen liefern. Eigentlich sollten die Betriebs- unmittelbare Berechnung eines stationären Zustandes eine Auswahl von Modellen zur Berechnung der physi- wendungen im Unternehmen. Damit kann eine durch- mannschaften daher einen direkten Zugriff auf Prozess- mit einem dynamischen Modell wäre hier von großem kalischen Eigenschaften mit den zugehörigen Modellpa- gängige Berechnung der Stoffdaten unternehmensweit simulationen haben, um unmittelbar Informationen zum Vorteil. Die Entwicklung datenbasierter Modelle von dy- rametern. Innerhalb der Simulatoren sind die Modelle über die Prozesssimulation hinaus realisiert werden. Betrieb des jeweiligen Prozesses abrufen zu können. namischen Vorgängen stellt besondere Anforderungen untereinander kombinierbar und die Parameter frei zu- Dies kann von einem Monitoring des Betriebes, über an die verfügbaren Daten, weil nicht nur der interessante gänglich. Bearbeiter der Simulationen können daher die Die meisten kommerziellen Prozesssimulatoren haben Fallstudien bis hin zu Empfehlungen zur Fahrweise durch Betriebsbereich im Sinne der Bereiche von Prozessvaria- Berechnung der Stoffdaten individuell gestalten, sodass Schnittstellen, über die die Stoffdatenberechnungen ein- Echtzeitoptimierungen reichen. Der unmittelbare Zugriff blen abgedeckt werden muss, sondern auch der relevan- prinzipiell jede Simulation ihre eigene Stoffdatenmetho- gebunden werden können. CAPE-OPEN ist solch eine stan- auf Prozesssimulationen ist in den Anlagen bei weitem te Teil des dynamischen Verhaltens. de mit sich trägt. Diese Individualität kann umfassende, dardisierte Schnittstelle, die von einigen kommerziellen noch kein Standard. Neben den Kosten sind die Hauptur- zeitaufwändige Neuanpassungen erfordern, wenn Pro- Prozesssimulatoren unterstützt wird. Eine externe Stoff- sachen hierfür die Pflege und Aktualisierung der Simula- Die Nutzung von Prozesssimulationen zur Steuerung, zesssimulationen zwischen verschiedenen Softwares datenberechnung mit Anbindung über Schnittstellen führt tionsmodelle, deren Genauigkeit und die Bedienbarkeit Regelung und Optimierung von Prozessen stellt eine transferiert werden sollen. Hierin liegt häufig der bei nach bisherigen Erfahrungen stets zu einem Performance- der Prozesssimulatoren. besondere Herausforderung dar, insbesondere wenn weitem aufwendigste Schritt bei einem Softwarewechsel verlust gegenüber der nativen internen Berechnung. Neue- die Simulationen nicht nur Empfehlungen für das Bedi- und die größte Hürde. Ein weiteres Problem liegt in der re Entwicklungen in der CAPE-OPEN Community zielen auf Für die Pflege und Aktualisierung der Simulationsmo- enpersonal liefern, sondern direkt auf den Prozess zu- Verwaltung der Stoffdaten innerhalb von Unternehmen in eine Steigerung der Effizienz der Schnittstellensoftware. delle ist die CAE-Anbindung wie oben beschrieben ein greifen sollen. Es muss sichergestellt werden, dass die dieser Konstellation, da prinzipiell gleiche Prozesse mit Ein möglicher Ansatz zur Lösung dieses Performance- erster notwendiger Schritt. Allerdings werden sich die Simulationen entweder den gesamten Betriebsbereich unterschiedlichen Stoffdaten berechnet werden können. problems wäre es, ein externes Stoffdatenberechnungs- Modelle für die Anwendung in der Produktion (beispiels- abdecken oder das Verlassen ihres Gültigkeitsbereichs Dabei sind Stoffdaten eigentlich universell und prozes- modul mit einer überschaubaren Zahl von ausgewählten weise Trainingssimulatoren oder Production Optimizer) anzeigen. Gerade für datengetriebene Modelle müssen sunabhängig. Die Verwaltung der Stoffdatenberechnung Methoden zu erstellen und dieses Modul im Quellcode von den Modellen der Prozessentwicklung teilweise un- für diese Anforderung geeignete Prüfmethoden erarbei- sollte daher aus den Simulatoren herausgezogen werden den Herstellern der Prozesssimulatoren zur Verfügung terscheiden, und die Fragestellung, wer die Modelle für tet werden. Auch der Einsatz von Prozesssimulationen mit dem Ziel, in einem Unternehmen einheitliche Stoffda- zu stellen. Diese könnten das Modul dann direkt in ihren die Produktion pflegt und so für Betrieb und Erhalt sorgt, in Good Manufacturing Practice (GMP)-Umgebungen ist tenberechnungen für die Prozesse zu gewährleisten und Simulator einbinden. Einen vergleichbaren Ansatz ver- ist damit nicht umfassend geklärt. Dies könnte in einem, denkbar. Jedoch fehlen derzeit noch entsprechende Ver- damit auch den hohen Wert der firmeninternen Stoffdaten folgte die IK-CAPE-Initiative in den 1980er Jahren. oben bereits erwähnten, Modell Managementsystem er- fahren zur GMP-Zertifizierung von Simulationen mit den zu sichern und strukturiert zugänglich zu machen. folgen, das aus Unternehmenssicht sehr wünschenswert zugehörigen Computersystemen. Datengetriebene Modelle sind auch für die Modellierung ist. In diesem System würden auch die Anwendungen in Der erste Schritt hierzu ist eine Beschränkung der Stoff- physikalischer Stoffdaten und Reaktionen einsetzbar. der Produktion verwaltet. Die Bedienung von Prozesssimulatoren ist vielfach nicht datenberechnung auf die Methoden, die für die jeweili- Dabei können KI-Techniken zur Abschätzung fehlender für die Nutzung durch Betriebspersonal konzipiert. Für gen Prozesse im Unternehmen am besten geeignet sind. Stoffdaten und zur Steigerung der Genauigkeit bestehen- Der Zugriff auf historische und aktuelle Betriebsdaten einen Einsatz in der Produktion muss daher die Bedie- Für diese Methoden müssen die zugehörigen Parameter der Modelle genutzt werden. Herausfordernd ist es dabei aus Prozesssimulationen heraus stellt heutzutage kein nung von Prozesssimulatoren entsprechend konfigu- bestmöglich angepasst und in einer zentralen Daten- sicherzustellen, dass thermodynamische Grundbezie- Problem mehr dar, sodass die Einbindung datengetrie- rierbar werden, um alle Anforderungen des Betriebs- bank abgelegt und gepflegt werden. hungen eingehalten werden, um konsistente Resultate bener Modelle auch bei komplexen Prozessen für aus- personals erfüllen zu können. Ein Rollenkonzept mit zu erhalten. Zudem müssen die angepassten Modelle im reichende Genauigkeit und Übereinstimmung mit der entsprechenden Berechtigungen für die unterschiedli- In den Prozesssimulatoren können die Stoffdatenberech- gesamten Anwendungsbereich zuverlässige Ergebnisse Realität sorgen wird. Auch Surrogatmodelle können hier chen Anwender wäre hier eine Lösung. Darüber hinaus nungen nun folgendermaßen realisiert werden. Sofern die liefern. Kritisch sind hier mögliche Extrapolationen. Auch zukünftig als ausreichend schnelle und robuste Lösun- sollte eine einfache, intuitive Bedienung über ein Fließ- ausgewählten Berechnungsmethoden für die Stoffdaten wenn datengetriebene Stoffdatenmodelle für Prozesssi- gen genutzt werden. bild möglich sein. Ein ganz wesentlicher Aspekt ist auch, in den Prozesssimulatoren verfügbar sind, können diese mulationen noch in der Entwicklung sind, müssen sie in die Möglichkeit zwischen stationärer und dynamischer dort verwendet werden. Jedoch muss die Bereitstellung Prozesssimulatoren kurzfristig verfügbar werden. Für die Nutzung in der Produktion sind oft dynamische Simulation in einem Prozesssimulator einfach in beide der Modellparameter von außen aus der zentralen Para- Modelle erforderlich, deren Entwicklung einen nicht Richtungen umschalten zu können. Diese Funktionalität meterdatenbank erfolgen. Innerhalb der Prozesssimulato- Für die Modellierung chemischer Reaktionen gelten unerheblichen zusätzlichen Aufwand erfordert. Es wäre ist selbstverständlich von generellem Interesse, doch ren muss gewährleistet werden, dass nur die ausgewähl- ähnliche Umstände wie für die Stoffdatenmodellierung. wünschenswert, den Übergang von stationären zu dy- gerade bei Betriebsmannschaften würde es die Akzep- ten Berechnungsmethoden zur Auswahl stehen. Auch die Reaktionsmodelle sind mit ihren Parametern namischen Modellen und Simulationen besser zu un- tanz der Prozesssimulation heben, wenn stationäre und tief in den Prozesssimulatoren integriert, frei konfigu- terstützen damit das in die stationären Simulationen dynamische Untersuchungen in einer Umgebung durch- Alternativ könnte die Stoffdatenberechnung in einem rierbar und nur schwer zu migrieren. Es kann daher für bereits eingeflossene Wissen effizient genutzt wird. Au- geführt werden könnten. externen Modul mit Zugriff auf die zentrale Parameter- die Verwaltung und Modellierung von chemischen Reak- ßerdem dürfen stationäre und dynamische Simulationen datenbank erfolgen. Dieser Ansatz hat den Vorteil, dass tionen ein analoges Vorgehen gewählt werden. 12 13
PROZE SSSIMUL AT ION – F IT F ÜR DIE ZUKUNF T ? Neue Aspekte für die Ausbildung Zusammenfassung – Ein Konzept für die Prozesssimulation 2025+ Abbildung 4 zeigt die Struktur einer Prozesssimulation » Einbindung von datenbasierten Modellen mit Trai- mit den Erweiterungen, die sich aus den zukünftigen ning an historische Betriebsdaten Anforderungen ergeben. Das Konzept der autarken, ge- schlossenen Prozesssimulationsumgebungen aus Ab- » Umschaltung zwischen dynamischer und stationärer bildung 1 wird sich danach zunehmend in ein offenes Simulation und Sicherung der Konsistenz zwischen System flexibler Komponenten, das in eine digitale In- beiden frastruktur eingebunden ist, wandeln. Die wichtigsten Erweiterungen sind dabei hier noch einmal zusammen- » Öffnung für externe Prozessmodelle zur Einbindung gefasst: spezialisierter Modelle » Transparente und umfassend akzeptierte offene » Öffnung für externe Gleichungslöser und Optimierer Schnittstellen zwischen Softwarekomponenten zur Verbesserung der Rechengeschwindigkeit und Robustheit » Anbindung an die Daten des Prozesslebenszy- klus für eine automatische Aktualisierung der » Bereitstellung des Prozessmodells in impliziter Prozessstruktur (0=f(x,u) oder expliziter (x=f(u)) Form mit Ableitungen für externe mathematische Lösungsalgorithmen. » Anbindung an Betriebsdaten für aktuelle prozessbe- gleitende Simulationen » Entkopplung von Stoffdaten und Prozesssimulation Mit dem Wandel der Prozesssimulation vom eigenstän- um ein einen fundierten Bezug zu den Möglichkeiten zur zentralen Verwaltung der konsistenten Stoffda- digen Ingenieurwerkzeug für spezifische Fragestellun- und Grenzen der datengetriebenen Modellierung zu ge- tenberechnung in unterschiedlichen Anwendungen gen hin zu einem integralen Bestandteil des Technolo- winnen. In den Unternehmen werden Prozesssimulatio- giepakets ändern sich auch die Anforderungen an die nen zunehmend umfangreicher und komplexer. Komple- Entwicklerinnen und Entwickler von Prozessmodellen xe Simulationen sollten daher auch für die Ausbildung User / und -simulationen. Während sich früher Ingenieure verfügbar sein, um einen Eindruck zu vermitteln, welcher Visualisation Application und Naturwissenschaftler das zusätzliche Wissen über Aufwand hier notwendig ist. Ein Beispiel wären Echtzeit- Regression Numerik, Informatik und Mathematik noch im Job oder simulatoren größerer Anlagen für Studien des dynami- Central nebenbei aneignen konnten, sind die zukünftigen An- schen Verhaltens. Properties forderungen vielfältiger und umfangreicher, sodass sie Parameter Operations bereits in der Ausbildung vermittelt werden müssen. Die Bei allen Neuerungen mit den zusätzlichen Anforderun- Data Data Bank Grundlagen von stationären und dynamischen Simulati- gen soll nicht vergessen werden, dass das Ziel die Mo- onen müssen im Studium vermittelt werden, in Design- dellierung realer Prozesse ist, wofür der Ersteller ein gu- Process projekten und Abschlussarbeiten sollten entsprechende tes Verständnis des Prozesses haben muss. Eine solide Simulation Training data Werkzeuge eingesetzt werden. Darüber hinaus erfordert Grundausbildung in den klassischen Ingenieurfächern (operation, lab, die Einbindung in das Technologiepaket auch Wissen bleibt daher unerlässlich und darf nicht eingeschränkt über Datenstrukturen, IT-Architekturen, Schnittstellen, werden. Nur sie ermöglicht es dem Entwickler von Pro- simulation, …) Programmierung in modernen Systemen und Sprachen zesssimulationen, die Simulationsergebnisse zu verste- Training of Data Driven Solver & etc. Wichtig ist hierbei insbesondere die effektive Zu- hen und zu bewerten. Models Optimiser sammenarbeit in interdisziplinären Teams. Asset Life Cycle Optimiser Data external external Solver Der Einsatz datengetriebener Modelle setzt Kenntnisse über die verschiedenen, einsetzbaren Ansätze, deren 15 4 Möglichkeiten und Grenzen voraus. Hier sind praktische Erfahrungen in Studienarbeiten oder Praktika wichtig, Abb. 4: Struktur der zukünftigen Prozesssimulation (Surrogatmodell der Gesamtsimulation nicht dargestellt, siehe Abb. 3) 14 15
DECHEMA Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie e.V. Theodor-Heuss Allee 25 60486 Frankfurt am Main Telefon: 069 7564-0 Telefax: 069 7564-117 E-Mail: info@dechema.de
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