HORIZONTE ROBUSTER AUFSCHWUNG - Sparkasse UnnaKamen
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
HORIZONTE Kapitalmarktausblick des Berenberg Wealth and Asset Management ROBUSTER AUFSCHWUNG Das Wachstum liegt über Vorjahresniveau, aber das außergewöhnliche Umfeld positiver Wachstumsüber- raschungen ohne Inflationsbefürchtungen endet VOLATILITÄT ZURÜCK Politische Unsicherheit, anziehende Zinsen und Infla- tionssorgen führen zu Volatilität und geringeren Ren- diteerwartungen – taktisches Agieren notwendig AKTIEN ATTRAKTIVER Steigende Unternehmensgewinne und geringere Be- wertung nach der Korrektur machen Aktien attraktiver – vorerst stabilere Anleiherenditen unterstützen Q2 2018
VORWORT Dies alles bedeutet nicht das Ende des Bullenmarktes bei Aktien, auch wenn sich der Trend verlangsamt haben dürfte. Trotz Nachlassen positiver Überraschungen erwarten wir die Fortset- zung des soliden und synchronen Wachstums. Löhne, Rohstoff- Dr. Bernd Meyer preise und die Inflation sollten langsam anziehen und der Pfad Chefstratege Wealth and Asset Management moderat steigender Zentralbankzinsen in den USA sowie in Großbritannien sollte sich fortsetzen. Eine sich abzeichnende Liebe Leserinnen, liebe Leser, Rezession und damit eine größere und nachhaltigere Korrektur an den Märkten ist die Volatilität zurück. Nach den überraschend bei Aktien prognostizieren wir in diesem Jahr weiterhin nicht. starken amerikanischen Lohninflationsdaten von Anfang Februar Aktien bleiben die attraktivere Anlageklasse, auch wenn der größ- ging das Inflationsgespenst um und es herrschte Zinsangst. Die te Teil des Anleiherenditeanstiegs vorerst hinter uns liegen dürfte. Suchhäufigkeit des Begriffes „US-Inflation“ in Google stieg im Steigende Gewinne und die Korrektur Anfang Februar haben die Februar auf den höchsten Stand seit 2008. Solche Inflationsüber- Aktienbewertung reduziert. Mit der gestiegenen Volatilität hat raschungen schüren Befürchtungen, dass die amerikanische Zent- jedoch die taktische Asset-Allokation an Bedeutung gewonnen. ralbank die Geldpolitik erheblich stärker straffen könnte als bis- her erwartet. Gestiegene Anleiherenditen, geringere Aktien- Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre. marktbewertungen und die erhöhte Volatilität sind Spiegelbild dieser Unsicherheit. Der starke Kursrückgang Anfang Februar hatte damit einen fundamentalen Hintergrund, auch wenn auto- matische Verkäufe regelbasiert agierender Anleger den Abverkauf deutlich verstärkt haben. Nachfolgend moderatere Inflationszah- INHALT len dämpften zwar die Zinsängste, aber die politische Unsicher- heit aufgrund der von Donald Trump angezettelten Zolldiskussi- on sorgte weiterhin für große Kursschwankungen. Multi-Asset-Strategie Seite 3 Zwischen Inflationshoffnung und Inflationsangst Insbesondere im Vergleich mit dem Vorjahr dürfte die Volatilität Volkswirtschaft Seite 6 erhöht bleiben. Das Wirtschaftswachstum ist zwar solide und Robuster Aufschwung trotz neuer Risiken besser als im Vorjahr, aber das außergewöhnlich positive Umfeld mit zunehmender Wirtschaftsdynamik, positiven Wachstums- Aktien Seite 8 überraschungen und ohne Preisdruck, welches seit Frühjahr 2017 Chancen für eine Erholungsrallye stehen gut die Märkte bestimmte, scheint beendet. Inflationsüberraschungen Anleihen Seite 10 und Wachstumsenttäuschungen sind wahrscheinlicher geworden. Anleihechancen liegen jenseits von Staatspapieren Dennoch erwarten wir nicht, dass sich die Konsumentenpreisin- flation stark beschleunigt. Letztlich bleibt es ein weiter Weg von Rohstoffe Seite 12 der Lohninflation zu steigenden Preisen von Endprodukten. Dies Wenig Phantasie für Rohstoffe gilt insbesondere im aktuellen Umfeld steigender Produktivität, Währungen Seite 13 begrenzt anziehender Lohnstückkosten, fortschreitender Digitali- Währungen: unruhige Zeiten sierung, hoher Preistransparenz und hoher Gewinnmargen der Unternehmen. Befürchtungen vor zu hohen Preissteigerungen Berenberg Insights Seite 14 dürften wieder zurückgehen, auch angesichts der sich nicht weiter Interview mit Peter Kraus beschleunigenden Konjunktur. Trotzdem dürften die Märkte in Impressum Seite 16 den kommenden Monaten besonders sensitiv auf die Veröffentli- chung von Inflationsdaten reagieren. 2 HORIZONTE Q2 | 2018
MULTI-ASSET-STRATEGIE ZWISCHEN INFLATIONSHOFFNUNG UND INFLATIONSANGST Präferenz für Aktien gegenüber Anleihen. Auf der anderen be- AUF DEN PUNKT vorzugen wir Alternative Investments gegenüber Liquidität. Da weder starke Inflation und damit eine restriktivere Geldpolitik • Die Wirtschaftsdynamik bleibt hoch, auch wenn das Um- noch realwirtschaftliche Exzesse auszumachen sind, sollte der feld zunehmender Dynamik und positiver Wachstumsüber- Wirtschaftszyklus weit in das nächste Jahr tragen. Ein solides raschungen ohne Inflationsbefürchtungen beendet scheint. Wachstum der Unternehmensgewinne sowie akzeptable absolute • Politische Unsicherheit und Inflationssorgen führen zu und attraktive relative Bewertungen sprechen weiterhin strate- höherer Volatilität und geringeren Renditeerwartungen – gisch für eine Übergewichtung von Aktien. Zudem möchten wir taktisch antizyklisches Allokieren ist notwendig. durch antizyklisches Steuern des Ausmaßes dieser Übergewich- • Vorerst dürfte der wesentliche Anleiherenditeanstieg hinter tung taktisch von der höheren Volatilität profitieren. Entspre- uns liegen. Dennoch bleiben Aktien attraktiver. Nach den chend haben wir im Februar eine deutlichere Aktienübergewich- Kursrückgängen im Februar haben wir die Aktienüberge- tung aufgebaut. Im Gegenzug wurden Positionen bei Unterneh- wichtung ausgebaut. Dabei bevorzugen wir insbesondere mensanleihen reduziert, die von den Kursrückgängen kaum be- Schwellenländer, Japan und Small Caps im Euroraum. troffen waren. Innerhalb der Aktienregionen sehen wir mehr Potenzial in Japan, dem Euroraum und den Schwellenländern als in den USA oder Großbritannien. Auch wenn Staatsanleihen Portfoliopositionierung auf einen Blick – erhöhte Aktienquote sicherer Emittenten bereits verloren haben, gibt es in 2018 kaum Die zwei wesentlichen Bestandteile unserer aktiven Positionie- Potenzial. Bei Unternehmensanleihen sieht es nicht viel besser rung haben sich nicht verändert. Auf der einen Seite eine klare aus. Wir präferieren Schwellenländer- und Wandelanleihen. AKTIEN ANLEIHEN ALTERNATIVE INVESTMENTS – + – + – + Europa Staatsanleihen Gold / Edelmetalle Deutschland Kern-Eurozone Sonstige AI Großbritannien Eurozone-Peripherie Sonstiges Europa USA Inflationsindexierte Anleihen USA WÄHRUNGEN Pfandbriefe/Covered Bonds Japan USD Schwellenländeranleihen Schwellenländer Unternehmensanleihen GBP EUR Investmentgrade ohne Finanzanleihen LIQUIDITÄT CHF – + EUR Investmentgrade Finanzanleihen EUR Hochzinsanleihen Schematische Darstellung der Gewichtungsabweichungen USD Investmentgrade Anleihen von der strategischen Benchmark-Allokation für in Euro DURATION denominierte Multi-Asset- Strategien. Innerhalb der USD Hochzinsanleihen Anlageklassen entspricht die durchschnittliche Abweichung der Gesamtabweichung der Anlageklasse. – + Q2 | 2018 HORIZONTE 3
MULTI-ASSET-STRATEGIE Rückblick – Rückkehr der Volatilität Zeitgleich haben wir uns dem Punkt genähert, an dem die positi- Die Aktienmärkte sind zunächst fulminant in das Jahr gestartet, ve Hoffnung auf Inflation in Angst vor zu viel Inflation kippen so legte der S&P 500 Index in den ersten vier Wochen um 7,5 % könnte. Nun könnte ein Umfeld nachlassender Wirtschaftsdyna- zu, der Dax um 3,3 %. Mit zunehmender Wirtschaftsdynamik mik und zunehmender Inflation (Stagflation) befürchtet werden. und kontinuierlichen Wachstumsüberraschungen zogen auch Aber eine fehlende weitere Beschleunigung der Wirtschaftsdy- Anleiherenditen deutlich an und sichere Staatsanleihen verzeich- namik reduziert auch die Gefahr einer Überhitzung – mit weniger neten herbe Verluste. Prozyklisch ausgerichtete Portfolios profi- positiven Wachstumsüberraschungen dürften Inflationssorgen tierten. Inflationszahlen, die stärker als erwartet ausfielen, bereite- und Zinsängste vorerst wieder abebben. Wir erwarten die Fort- ten Anfang Februar diesen Entwicklungen jedoch ein jähes Ende. setzung des soliden und synchronen Weltwirtschaftswachstums, Die lange Phase geringer Volatilität an den Märkten hatte insbe- bei Nachlassen positiver Überraschungen. Löhne, Rohstoffpreise sondere bei modellbasierten Investitionsstrategien zu einer er- und die Inflation dürften weiter langsam anziehen und der Pfad höhten Risikoneigung geführt. Portfolioanpassungen speziell moderat steigender Zentralbankzinsen in den USA sowie in solcher Anleger lösten starke Kursverluste aus, vor allem bei Großbritannien sollte sich fortsetzen. Eine Rezession und damit westlichen Blue Chips. Small Caps und Aktien aus den Schwel- einhergehend eine größere und nachhaltigere Korrektur bei Ak- lenländern waren weniger betroffen. Die Volatilität an den Märk- tien – einen Bärenmarkt – prognostizieren wir weiterhin nicht. ten sprang deutlich an – der VIX Index, der die Schwankungs- Inflationsunsicherheit beeinträchtigt Aktienbewertung breite amerikanischer Aktien misst, erreichte das höchste Niveau Die Märkte dürften im weiteren Jahresverlauf zwischen Hoff- seit 2015. Im Verlauf des Februars und zu Beginn des März tru- nung auf Inflation und Inflationsangst hin und her schwanken gen dann noch Unsicherheit über den zukünftigen Kurs der und dabei sensitiv auf die Veröffentlichung von Inflationsdaten amerikanischen Zentralbank unter ihrem neuen Vorsitzenden reagieren. Die Unsicherheit bzgl. der Zentralbankpolitik und des Jerome Powell, zunehmende Befürchtungen hinsichtlich des US- adäquaten Anleiherenditeniveaus für das nicht mehr so außerge- Haushaltsdefizits und die von Präsident Trump angezettelte wöhnliche Umfeld ist hoch. Was bedeutet das für Aktien? Die Diskussion über Einfuhrzölle zur Verunsicherung bei. Beziehung zwischen Inflationserwartungen und den Renditen Solides Wachstum mit weniger positiven Überraschungen voraus nominaler Anleihen auf der einen und der Aktienbewertung auf Die Wachstumsdynamik bleibt hoch, mit Wachstumsraten über der anderen Seite wird von Anlegern kontrovers diskutiert. Von dem Vorjahresniveau, doch weder beschleunigt sich das Wirt- den regelmäßig diskutierten Theorien überzeugt weder die herr- schaftswachstum aktuell weiter, noch dominieren positive Kon- schende Meinung, steigende Anleiherenditen seien generell junkturüberraschungen in dem Ausmaß der letzten Monate. schlecht für die Aktienbewertung, noch die Theorie, Aktien seien Stärkster Anstieg der Aktienmarktvolatilität seit 2015 Verbreitet Verluste in 2018 – europäische Aktien enttäuschen Index für die Schwankungsbreite am amerikanischen Aktienmarkt (VIX) und S&P Gesamtrendite der Assetklassen seit Jahresanfang, seit der Korrektur Anfang 500 Februar (Tiefstand des MSCI Welt Index) und über 5 Jahre (%, EUR) GM, Chrysler 5 Jahre 95 9/11- und Ford Brexit- 4800 Verkaufswelle Lehman-Pleite beantragen Abstimmung Zins- und MSCI EM 40,2 Bailout 80 Asien- & Inflations- Brent -52,9 ängste Russland- Angst vor Renminbi- EUR Staatsanleihen 14,3 Krise Zinserhöhung Abwertung S&P 500 65 in China USA verliert 2400 104,2 AAA-Rating Eonia -0,7 50 EUR Unternehmensanleihen 16,5 Gold -13,8 35 1200 USDEUR 5,7 US Staatsanleihen 9,4 20 EM Staatsanleihen 26,5 DAX 53,8 5 600 Stoxx Europa 50 29,7 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 -6 -4 -2 0 2 4 6 VIX S&P 500 (Log, RS) Seit Jahresanfang Seit Tiefpunkt im MSCI Welt (8. Feb. 2018) Zeitraum: 01.01.1998–20.03.2018 Zeitraum: 20.03.2012–20.03.2018 Quelle: Bloomberg, eigene Berechnungen Quelle: Bloomberg, eigene Berechnungen 4 HORIZONTE Q2 | 2018
reale Vermögenswerte, auf deren Bewertung Inflation oder die Positive Wachstumsüberraschungen laufen aus Erwartung einer solchen keinen Einfluss haben. Stattdessen ist Indizes gewichteter Wachstums- und Inflationsüberraschungen (Datenrealisie- rung im Vergleich mit Konsenserwartungen) der letzten drei Monate die Aktienbewertung in einem Umfeld niedriger Inflation ge- 60 wöhnlich am höchsten, denn in einem Niedriginflationsumfeld ist Überraschungen nach oben sowohl das reale Wachstum am stärksten als auch die Aktienrisi- 40 koprämie am niedrigsten. Der Anstieg der Aktienbewertung seit 20 Mitte 2016 war damit angesichts des Anstiegs der Inflationser- 0 wartungen und der Renditen nominaler Anleihen gerechtfertigt, weil Deflationsängste ausgepreist wurden. Mit langfristigen US- -20 Inflations-Erwartungen im Bereich 2–2,5 % befinden wir uns positive Wachstums- -40 überraschungen aber nahe dem Punkt, an dem sich sowohl mehr als auch weniger Überraschungen nach unten ohne Inflations- -60 überraschungen Inflation negativ auf die Bewertung von Aktien auswirken sollte. 2013 2014 2015 2016 2017 2018 G10 Wachstumsüberraschungen G10 Inflationsüberraschungen Erhöhte Unsicherheit erfordert taktisches Agieren Zeitraum: 01.01.2013–20.03.2018 Weniger eindeutige Wachstums- und Inflationszahlen in Verbin- Quelle: Bloomberg, eigene Berechnungen dung mit höherer politischer Unsicherheit dürften im Vergleich Aktienbewertung ist im Umfeld niedriger Inflation am höchsten zum Vorjahr zu erhöhter Volatilität und verringerten unterlie- Theoretischer Zusammenhang zwischen KGV* und Inflationserwartungen: Gerin- genden Trends an den Kapitalmärkten führen. Taktisch antizykli- ge Inflation bedeutet hohes reales Wachstum und niedrige Aktien-Risikoprämie 21 sches Agieren – solange nicht das Ende des Zyklus droht – hat Deflation 19 damit an den Märkten an Bedeutung gewonnen. 17 Vorerst dürfte der wesentliche Anleiherenditeanstieg hinter uns 15 Geringe liegen. Die Anlegerpositionierung in Futures-Kontrakten, die auf Inflation KGV 13 fallende amerikanische Staatsanleihen setzen, ist auf Rekordni- 11 veau. Der Anstieg der Rendite von 10-jährigen US-Staatsanleihen Defla- 9 übertraf zudem erheblich den Anstieg langfristiger Inflationser- tions- Höhere Inflation 7 ängste wartungen. Sicher spielt beim Anstieg der Realverzinsung auch 5 die Rückführung der Fed-Bilanz eine Rolle, aber in einem Umfeld -1 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 nachlassender positiver Wachstumsüberraschungen dürften die Inflationserwartung *KGV = Kurs-Gewinn-Verhältnis Anleiherenditen vorerst eher seitwärts tendieren. Dies bedeutet Quelle: Berenberg jedoch nicht, dass Staatsanleihen bereits wieder attraktiv sind, Bodenbildung und Erholung nach Kurskorrektur erfordern Geduld denn mittelfristig dürften die Renditen weiter steigen. Für uns Aktuelle Entwicklung im Vergleich mit der durchschnittlichen Entwicklung des bedeutet die Erwartung kurzfristig nicht wesentlich weiter stei- S&P 500 Index vor und nach starken Kursrückgängen seit 1945 gender Anleiherenditen, dass von dieser Seite kein weiteres Stör- 105 feuer für riskantere Anlageklassen wie Aktien kommen sollte. 100 Wir haben die Korrektur im Februar genutzt, um eine deutliche 95 Übergewichtung von Aktien aufzubauen. Nach einer solchen 90 Korrektur braucht es aber Geduld, bis eine Bodenbildung vollzo- 85 gen ist. Eine Analyse aller Kursrückgänge zwischen 10 % und Anzahl Ø-Drawdown 20 % des S&P 500 Index seit 1945 zeigt, dass die Bodenbildung 80 Bärenmarkt 11 -23% im Schnitt ca. sechs Wochen nach dem vorherigen Höchststand Korrektur 22 -15% 75 lag und es weitere ca. 30 Wochen dauerte, bis der alte Höhepunkt -52w -44w -36w -28w -20w -12w -4w 4w 12w 20w 28w 36w 44w 52w wieder erreicht wurde. Wir würden die Aktienquote nach einer Ø-Bärenmarkt (
Volkswirtschaft Aktien Anleihen Rohstoffe Währungen Insights ROBUSTER AUFSCHWUNG TROTZ NEUER RISIKEN Schwung gewonnen. Nach Jahren ungewöhnlicher Vorsicht sind AUF DEN PUNKT Haushalte und Unternehmen mittlerweile eher bereit als zuvor, die günstigen Finanzierungsbedingungen zu nutzen. Die Investi- • Weiterhin robustes Wachstum bei nur leichter Zunahme tionen sind angesprungen, der private Verbrauch steigt spürbar. der Inflation in den USA, Europa und Japan. Mit der vermehrten Kreditnachfrage und dem Ende der übertrie- • Langame Zinswende: Zentralbanken können sich an ihren benen Deflationssorgen haben auch die Renditen an den Anlei- Zeitplan halten. Fed erhöht die Zinsen viermal in 2018, hemärkten etwas angezogen. Sie sind ein Ausdruck der besseren EZB beendet Anleihekäufe im Dezember. Konjunktur, aber keine Gefahr für den Aufschwung. • Die guten Zeiten dauern nicht ewig. Überhöhte Lohninfla- tion und ein echter Handelskrieg sind die größten Risiken. In der westlichen Welt hat damit die normale konjunkturelle Dynamik eingesetzt. Erst kommt der Boom, dann die Korrektur. Trotz vereinzelter Probleme in einigen Sektoren des US- Robuster Aufschwung – trotz neuer Risiken Kreditmarktes zeigen sich bisher beim gesamtwirtschaftlichen Nachdem der Aufschwung 2017 in weiten Teilen der Welt Fahrt Zuwachs der Kredite in den USA und der Eurozone noch keine aufgenommen hat, zeichnet sich für 2018 ein ähnlich solides gefährlichen Blasen. Unternehmen haben keine Überkapazitäten Wachstum ab. Allerdings haben mit Trump’schen Zöllen auf US- aufgebaut, der Inflationsdruck bleibt bei weiterhin maßvollen Stahl- und Aluminiumeinfuhren sowie dem Wahlsieg populisti- Lohnabschlüssen gering. scher Protestparteien in Italien die Risiken etwas zugenommen. Wir haben deshalb unseren Ausblick für 2018 angepasst. Wir Obwohl die Gefahren zunehmen, dass die Konjunktur zu heiß erwarten unverändert ein robustes Wachstum von 2,9 % in den laufen könnte, zeichnet sich dies für 2018 noch nicht ab. Statt- USA und 2,5 % in Deutschland und der Eurozone. Damit liegen dessen spricht die Ausgangslage dafür, dass die Weltwirtschaft wir oberhalb des Marktkonsenses. Während wir bisher eher noch mindestens zwei gute Jahre genießen kann, bevor sich im Chancen für ein rascheres Wachstum gesehen hatten, halten wir Überschwang des Aufschwungs derart ausgeprägte Exzesse oder jetzt die Aufwärts- und Abwärtsrisiken für etwa ausgeglichen. Ungleichgewichte aufgebaut haben könnten, dass sie durch eine Rezession bereinigt werden müssten. Die USA gönnen sich 2018 Zurück zum normalen Auf und Ab der Konjunktur einen Fiskalstimulus, den die robuste Konjunktur nicht braucht. Nach dem Ende der Schwellenlandkrise von 2015/2016 hat die Da die Reform der Unternehmenssteuer gleichzeitig Investitio- Konjunktur in der westlichen Welt im Laufe des Jahres 2017 an nen fördert, dürfte dies die Inflation aber nur wenig anheizen. Welthandel stützt den Aufschwung – was steht auf dem Spiel? Nur leichter Anstieg der Lohninflation in den USA Welthandel und –wirtschaftswachstum im Jahresvergleich. G7: USA, Japan, Arbeitskosten und durchschnittlicher Stundenlohn im Jahresvergleich in %, Deutschland, Frankreich, Vereinigtes Königreich, Italien, Kanada Durchschnitt von Januar und Februar für Q1 2018 6 20 9 15 8 4 10 7 2 6 5 5 0 0 4 -5 3 -2 -10 2 -4 1 -15 0 -6 -20 1990 1995 2000 2005 2010 2015 1993 1998 2003 2008 2013 Arbeitskosten-Index Ø Stundenlohn: Privatsektor G7 reales BIP (%) Welthandelsvolumen (%, RS) Fed-Zinssatz Zeitraum: 01.01.1993–31.12.2017, Quartalsdaten Zeitraum: 01.01.1990-28.02.2018 Quelle: OECD, Niederländisches Wirtschaftsministerium, eigene Berechnungen Quelle: US-Büro für Arbeitsstatistik 6 HORIZONTE Q2 | 2018
Kräftiges Wachstum Langsame Rückkehr zur normalen Geldpolitik Für 2018 erwarten wir weiterhin Wachstum oberhalb des lang- Der verhaltene Inflationsdruck ermöglicht es den Zentralbanken, fristigen Trends in den USA, der Eurozone, Japan und nahezu sich langsam von ihrer ausgesprochen expansiven Geldpolitik zu allen anderen Regionen der entwickelten Welt. Die einzige Aus- verabschieden. Für die USA erwarten wir, dass die Fed ihre Leit- nahme bildet Großbritannien, das sich mit seinem Beschluss zum zinsen in jedem Quartal um jeweils 0,25 Prozentpunkte anheben Austritt aus der EU ins konjunkturelle Abseits katapultiert hat. wird. Gleichzeitig wird sie den Fahrplan zum langsamen Ab- Sofern die radikalen Wahlsieger in Italien nicht wider Erwarten schmelzen ihrer Bilanz beibehalten, indem sie weniger fällig wer- doch einen Euroaustritt anstreben, dürfte die verworrene politi- dende Anleihen durch neue Papiere ersetzt. sche Lage in Italien den Ausblick für Europa kaum trüben. Auch die EZB wird sich an den Zeitplan halten können, den sie Nachdem Chinas starker Mann Xi Jinping in den letzten Mona- bereits in Aussicht gestellt hat. Bis einschließlich September 2018 ten seine Macht immer weiter gefestigt hat, wird China wohl wird sie das auf 30 Milliarden EUR pro Monat verringerte Volu- energischer als vorher versuchen sein übermäßiges Kreditwachs- men ihrer Anleihekäufe beibehalten und die Käufe zum Jahres- tum in den Griff zu bekommen. Das kann kurzfristig auf der ende dann ganz einstellen. Danach wird sie vermutlich im Früh- Konjunktur und Stimmung lasten. Aber eine harte Landung steht jahr 2019 den Strafzins für Bankeinlagen von –0,4 % auf –0,25 % China vorerst nicht bevor. Notfalls kann das Land eine echte abmildern und dann im Juni und Dezember 2019 jeweils ihre drei Krise durch ein neues Öffnen der Kreditschleusen noch für lange Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte anheben. Zeit vertagen. Langfristig könnte die unbegrenzte Machtfülle für Chinas neuen Quasi-Kaiser allerdings politische Gefahren ber- Lohninflation derzeit noch kein echtes Risiko gen, die sich aus jeder Machtkonzentration ergeben. Die größten Gefahren für unseren positiven Ausblick könnten sich aus einem transatlantischen Handelskrieg oder einem ra- „China: kurzfristig stabil, aber langfristig ist die schen Anstieg der US-Lohninflation ergeben. Der Welthandel neue Machtfülle für den Quasi-Kaiser gefährlich“ trägt maßgeblich zum Aufschwung bei. Sofern der aktuelle Han- delsstreit nicht weiter eskaliert, dürfte der Schaden gering bleiben, Für andere Schwellenländer ist der Ausblick überwiegend positiv. auch wenn einige Stimmungsindikatoren in Europa kurzzeitig Die zusätzliche Nachfrage aus den USA und Europa sowie die rückläufig sein könnten. Auch die US-Lohninflation ist mit rund wieder stabilen Rohstoffpreise stützen die Konjunktur in vielen 2,6 % noch weit von der Gefahrenschwelle entfernt, die bei etwa Ländern, die sich von ihrer Anpassungskrise der Jahre 2015/2016 3,5 % beginnen könnte. erholt haben. Allerdings gibt es Ausnahmen wie die Türkei. Dr. Holger Schmieding, Chefvolkswirt Wachstums- und Inflationsprognosen BIP-Wachstum (in %) Inflation (in %) 2017 2018 2019 2017 2018 2019 ∅** ∅** ∅** ∅** ∅** ∅** USA 2,3 2,3 2,9 2,7 2,7 2,4 2,1 2,1 2,6 2,3 2,4 2,2 Eurozone 2,5 2,5 2,5 2,3 2,1 1,9 1,5 1,5 1,4 1,5 1,7 1,6 Deutschland 2,5 2,5 2,5 2,4 2,0 1,9 1,7 1,7 1,6 1,8 1,8 1,8 Frankreich 2,0 1,9 2,3 2,1 2,3 1,8 1,2 1,2 1,4 1,4 1,6 1,5 Italien 1,5 1,5 1,5 1,5 1,5 1,2 1,3 1,3 1,1 1,2 1,4 1,4 Spanien 3,0 3,1 2,8 2,6 2,7 2,2 2,0 2,0 1,7 1,6 2,0 1,7 Großbritannien 1,7 1,7 1,7 1,5 1,8 1,5 2,7 2,7 2,7 2,5 2,4 2,1 Japan 1,7 1,6 1,5 1,3 1,0 1,0 0,5 0,5 1,0 1,0 1,1 1,0 China 6,9 6,9 6,4 6,5 6,1 6,2 1,6 1,6 2,3 2,3 2,2 2,3 Welt* 2,8 3,5 3,0 3,6 2,9 3,4 – 3,0 – 3,0 – 3,0 * Berenberg-Daten zu tatsächlichen Wechselkursen, nicht Kaufkraftparität. KKP messen den schnell wachsenden Schwellenländern mehr Gewicht bei ** Durchschnitt, Bloomberg-Konsens Q2 | 2018 HORIZONTE 7
Volkswirtschaft Aktien Anleihen Rohstoffe Währungen Insights CHANCEN FÜR EINE ERHOLUNGSRALLYE STEHEN GUT Elections zu gewinnen. Im Negativszenario anhaltender Unsi- AUF DEN PUNKT cherheit drohen allerdings Auswirkungen auf die Investitionstä- tigkeit der Unternehmen – unabhängig davon, ob es wirklich zu • Verbaler Handelskrieg belastet Sentiment. Wir rechnen in gravierenden Handelsbeschränkungen kommt oder nicht. In unserem Basisszenario aber mit keiner Eskalation, die nur jedem Fall belastet ein möglicher Handelskrieg nicht nur das Verlierer produzieren würde. Unternehmer-, sondern auch das Anlegersentiment. Auch die • Fundamentales Aktienumfeld bleibt dank Weltwirtschafts- Gewinnschätzungen der Analysten dürften mit größerer Unsi- boom, steigenden Unternehmensgewinnen und günstigeren cherheit behaftet sein, sodass Investoren eine Prämie für Aktien Bewertungen konstruktiv. in Form von niedrigeren Bewertungskennziffern verlangen. Dies • Insbesondere Europa und Japan dürften von einer Erho- erklärt auch, wieso sich die Aktienkurse nach der „technischen“ lungsrallye profitieren. Schwellenländer weiterhin attraktiv. Korrektur Anfang Februar nur langsam erholen, obwohl die Gewinnschätzungen weiter angestiegen sind. Für den MSCI Welt erwarten die Analysten mittlerweile einen Anstieg der 2018er- Nervosität ist an den Aktienmärkten zurück Unternehmensgewinne von 14 % gegenüber dem Vorjahr, d. h., Am 8. Februar markierte der MSCI Welt seinen bisherigen die Schätzungen dürften die Effekte der US-Steuerreform nun Tiefststand in diesem Jahr – in der Spitze ist das globale Aktien- voll berücksichtigen. Ende des letzten Jahres lag die Erwartung barometer um mehr als 10 % gefallen. Anschließend konnten sich noch bei 10 % Gewinnwachstum in 2018 für globale Aktien. vor allem US-Aktien wieder erholen, während ihre europäischen Folglich sehen wir in den nächsten Monaten die Risiken für den Pendants nicht mithalten konnten – auch aufgrund der US- Revisionsbedarf bei den Gewinnschätzungen auf der Unterseite. Steuerreform. Europäische Aktien entwickelten sich damit seit Volatilität sollte anhalten, Aktienumfeld bleibt konstruktiv Jahresanfang am schlechtesten, Schwellenländer-Aktien am bes- Wir rechnen mit einer anhaltend erhöhten Volatilität an den ten. Wie schon im letzten Jahr entwickelten sich zyklische Aktien, Aktienmärkten – nicht nur wegen steigender Inflationssorgen die von der guten Konjunkturlage profitieren, deutlich besser als und Anleiherenditen. Die positiven Wachstumsüberraschungen defensive. Small Caps schnitten auch besser als Large Caps ab. lassen nach, da die Analysten und Volkswirte ihre Schätzungen Möglicher Handelskrieg hat die Aufwärtsrevisionen bei den Gewinn- bereits nach oben revidiert haben. Zudem haben die politischen schätzungen in den Hintergrund gerückt Risikofaktoren zuletzt wieder zugenommen. In Italien dürfte sich Wir interpretieren die von Donald Trump angezettelte Zolldis- eine Regierungsbildung schwierig gestalten, während die Zolldis- kussion als Säbelrasseln, um Wählerstimmen für die Midterm kussion auf die Anlegerstimmung drückt. Das fundamentale Aktienmärkte mehrheitlich im Minus, vor allem in Europa Aufwärtsrevisionen bei Gewinnschätzungen dank US-Steuerreform Gesamtrendite (inklusive reinvestierter Dividenden) für ausgewählte Aktienindi- Konsensusschätzung für die jährliche Gewinnwachstumsrate globaler Aktien, in zes, in Euro gerechnet, in Prozent Prozent 5 Jahre 18 MSCI Emerging Markets 40,2 16 Russell 2000 86,4 14 S&P 500 104,2 12 Stoxx Europa Small 200 68,6 10 Stoxx Europa Zyklisch 49,7 8 Topix 70,2 6 Euro Stoxx 50 44,1 4 Stoxx Europa Defensiv 37,2 2 DAX 53,8 0 Stoxx Europa 50 29,7 -2 MSCI Großbritannien 27,4 -4 2013 2014 2015 2016 2017 2018 -8 -6 -4 -2 0 2 4 6 8 10 Seit Jahresanfang Seit Tiefpunkt im MSCI Welt (8. Feb. 2018) 2015 2016 2017 2018 Zeitraum: 20.03.2013-20.03.2018 Zeitraum: 01.01.2013-28.02.2018 Quelle: Bloomberg Quelle: Factset 8 HORIZONTE Q2 | 2018
Umfeld für Aktien bleibt jedoch konstruktiv, zumal auch die Bewertungskennzahlen nach der Korrektur im Februar deutlich WAS DIE UNTERNEHMEN BEWEGT heruntergekommen sind. Die Weltwirtschaft boomt weiterhin Stabiles Wachstum – gedämpfte Euphorie und das synchrone Wachstum der größten Wirtschaftsregionen geht weiter. Dank der US-Steuerreform nehmen zudem die Un- Die Unternehmen starten mit einer gesunden Vorsicht ins ternehmensinvestitionen und Aktienrückkaufprogamme zu. neue Jahr. In vielen Geschäftsberichten und Pressemittei- lungen ist von politischer Unsicherheit, Gegenwind des Europa und Japan mit Aufholpotenzial, Schwellenländer attraktiv starken Euros und steigenden Rohstoffkosten die Rede. Wir haben die Korrekturphase im Februar genutzt, die Überge- Das Thema Importzölle sollte in den nächsten Monaten wichtung von Aktien antizyklisch von moderat auf deutlich an- mehr Beachtung finden. zuheben. Analog würden wir bei einer Aktienrallye überlegen, das Was bewegt die Unternehmen neben diesen nicht beein- Aktienengagement wieder zu reduzieren. Von einer Erholungsral- flussbaren Faktoren? Ganz oben auf der Agenda stehen lye dürften neben europäischen Aktien vor allem japanische Digitalisierung und künstliche Intelligenz. Dies betrifft alle Werte profitieren. Beide Regionen sind zuletzt aufgrund des Branchen, vom Gesundheitssektor bis zur Automobilbran- Zollstreits und ihrer heimischen Währungsaufwertung unter che. Bessere Diagnostik in der Medizin, eine noch stärkere Druck geraten. Folglich haben sie Aufholpotenzial gegenüber Automatisierung in der Produktion, schnellere Finanztrans- US-Aktien, die von einem schwachen US-Dollar und der nun aktionen wie auch autonomes Fahren sind hierbei Anwen- eingepreisten Steuerreform profitiert haben. Innerhalb Europas dungsbeispiele, die durch intelligente Verarbeitung großer haben wir die starke Untergewichtung von GB-Aktien reduziert, Datenmengen möglich gemacht werden. Die Ausgaben für nach der starken Underperformance in den letzten Monaten. Applikationen in diesen Bereichen werden sich laut IDC Für Japan sprechen eine attraktive Bewertung, Wirtschaftsrefor- von 8 Mrd. USD in 2016 auf 48 Mrd. USD in 2020 hoch- men sowie die Unterstützung der japanischen Zentralbank in schrauben. Viele Unternehmen werden weitere Effizienz- Form von Aktienkaufprogrammen – und zwar für mehr als 50 steigerungen erleben, nach dem Internet wohl der nächste Milliarden Dollar im Jahr. Zudem mögen wir Schwellenländer- Produktivitätsschub. Die Investitionen sind aber auch not- Aktien, die insbesondere vom synchronen Wirtschaftsauf- wendig, um den Anschluss nicht zu verlieren. Von diesem schwung profitieren und deren Wachstumsvorteil sich gegenüber strukturellen Trend dürften insbesondere Lieferanten von Industrienationen in den nächsten Jahren weiter deutlich auswei- Maschinen zur Halbleiterfertigung sowie einige Halbleiter- ten dürfte. hersteller in den nächsten Jahren profitieren. Ulrich Urbahn, Leiter Multi Asset Strategy & Research Matthias Born, CIO Aktien Profitabilität ist in Japan zuletzt deutlich gestiegen Prognoseübersicht: Europa mit Aufholpotenzial gegenüber US- Profitabilitätskennzahlen für den japanischen Aktienindex Topix Aktien 10 Aktuell ∅* 9 Indexprognosen 21.03.2018 31.12.2018 30.06.2019 In 12 Monaten 8 S&P 500 2.712 2.850 2.850 3.075 7 Dax 12.309 13.700 14.200 14.699 6 EuroStoxx 50 3.401 3.650 3.700 3.943 5 4 MSCI Großbritannien 2.038 2.250 2.250 2.374 3 2 Indexpotenzial (in %) 1 S&P 500 - 5,1 5,1 13,4 0 Dax - 11,3 15,4 19,4 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 EuroStoxx 50 - 7,3 8,8 15,9 Gewinnmarge (%) Eigenkapitalrendite (%) MSCI Großbritannien - 10,4 10,4 16,5 Zeitraum: 01.01.2010-31.12.2017 * Durchschnitt, Konsens Quelle: Bloomberg Quelle: Bloomberg, Berenberg Q2 | 2018 HORIZONTE 9
Volkswirtschaft Aktien Anleihen Rohstoffe Währungen Insights ANLEIHECHANCEN LIEGEN JENSEITS VON STAATSPAPIEREN Letztgenannten rechnen, dürften in absoluten Zahlen erneute AUF DEN PUNKT Einbußen bei deutschen und britischen Papieren zu erwarten sein. Lediglich US-Treasuries, die bereits einen Großteil des von • Staatsanleihen starten in der Breite mit Verlusten ins Jahr, uns prognostizierten Renditeanstiegs vollzogen haben, bieten bis eine Erholung ist nur vereinzelt in Aussicht. Jahresende positives Ertragspotenzial. Alles in allem bleiben wir • Unternehmensanleihen können den Renditeanstiegen teil- vor allem angesichts steigender US-Leitzinsen, robuster Konjunk- weise mit Spreadeinengungen trotzen und eröffnen zusätz- turentwicklung und reduzierter Anleihenachfrage der EZB bei liche Möglichkeiten. unserer Aussage aus den letzten „Horizonten“: Vorsicht vor • Schwellenländer: Lokalwährungsanleihen mittel- bis lang- vermeintlich sicheren Staatsanleihen. fristig attraktiver als Hartwährungspapiere. Unternehmensanleihen: Steilere Zinskurven bieten neue Chancen Blickt man auf die seit Beginn des Jahres zu beobachtende Ent- Staatsanleihen: Vorsicht bleibt Trumpf wicklung der europäischen Aktienmärkte, die Volatilitätssprünge Im Einklang mit unseren Erwartungen sind die 10-jährigen deut- und den schnellen Renditeanstieg in vielen Anleihesegmenten schen Bundesanleihen ebenso wie US-amerikanische Treasuries zurück, ließe sich für europäische Unternehmensanleihen eben- und britische Gilts negativ in das Jahr 2018 gestartet. Die Rendite falls ein Fehlstart vermuten. Doch weit gefehlt: von Jahresanfang der deutschen Staatspapiere stieg seit Jahresbeginn um fast 20 bis Mitte März sind die Risikoaufschläge im Investmentgrade- Basispunkte (Bp), in Großbritannien waren es über 30 Bp und in Bereich lediglich um 2 Bp gestiegen und notieren nur knapp über den USA sogar rund 50 Bp. Entsprechend standen für Anleihen ihren Mehrjahrestiefs. Im europäischen Hochzinsmarkt waren 10-jähriger Laufzeiten Verluste zwischen rund 1 % und 3 % auf ebenfalls nur moderate Spreadausweitungen von 12 Bp zu be- dem Kurszettel. Dieser für die Kern-Eurozone sowie außereuro- obachten. Unterstützung erfuhren beide Segmente durch die päische Industriestaaten weitgehend einheitlichen Entwicklung nach wie vor positive Konjunkturlage, das anhaltende, wenn- vermochten sich lediglich die Länder der südlichen „Euro- gleich reduzierte Ankaufprogramm der EZB und eine deutlich Peripherie“ zu entziehen: Spanien, Portugal und Italien verzeich- unterdurchschnittliche Neuemissionstätigkeit im Segment der neten spürbar sinkende Renditen. Nur vorübergehend kam es in Investmentgrade-Papiere. So lag beispielsweise das Emissionsvo- Italien im Zusammenhang mit den dortigen Parlamentswahlen zu lumen von Nichtfinanzunternehmen per Ende Februar mit 29 leichten Spreadausweitungen. Während wir weiterhin mit einer Mrd. EUR ca. 33 % unter dem des entsprechenden Vorjahreszeit- vergleichsweise besseren Entwicklung von Staatsanleihen der drei raums. Prognosen: Leitzinsen und Staatsanleiherenditen (in %) Staatsanleihen: vergangenes/erwartetes Ergebnis (Total Return) Berenberg- und Konsensprognose im Vergleich, Werte zum Jahresende 2018 und Vergangene und erwartete Wertentwicklung 10-jähriger Staatsanleihen, Ge- zur Jahresmitte 2019 samtergebnis aus Rendite-/Kursveränderung, Kuponertrag und Roll-down-Effekt 21.03.2018 31.12.2018 30.06.2019 Deutsche Bunds US Treasuries UK Gilts Aktuell ∅* ∅* 4% USA 2% Leitzins 1,50-1,75 2,25-2,50 2,35 2,50-2,75 2,75 10J US-Rendite 2,88 3,00 3,14 3,10 3,33 0% Eurozone Leitzins 0,00 0,00 0,00 0,25 0,05 -2% 10J Bundrendite 0,59 1,10 0,99 1,25 1,19 -4% Großbritannien Total Return (5J) 14,6% 5,0% 14,9% Leitzins 0,50 1,00 0,85 1,25 0,95 10J Gilts-Rendite 1,53 1,80 1,85 1,90 2,04 Total Return (TR) 2017 TR seit Jahresanfang TR bis Jahresende "Berenberg" TR bis Jahresende "Konsens" *Durchschnitt, Konsens Zeitraum: 20.03.2013–20.03.2018 Quelle: Bloomberg, Berenberg Quelle: Bloomberg, eigene Berechnungen, iBoxx-Staatsanleihe-Indizes (7–10 Jahre, TR) 10 HORIZONTE Q2 | 2018
Der Anstieg der Renditen hatte zudem auch einen positiven Unternehmensanleihen: Verschiebung der Kurven bietet Chancen Aspekt: Rentierten zum Jahresende 2017 noch 23,5 % aller euro- Laufzeitverlängerung auf der BBB-Kurve bietet Mehrrendite (Pfeilbewegung), Ratingverbesserung ohne größere Renditeeinbuße ist möglich (großer Kreis) päischen Investmentgrade-Anleihen im negativen Terrain, so ist 1,75 dieser Anteil per Anfang März auf 9,8% gesunken. Die nebenste- 1,50 Effektivverzinsung in % hende Grafik zeigt, dass bei mittlerweile steileren Renditestruk- 1,25 turkurven zwei Strategien Mehrwert bieten können: Zum einen 1,00 1. 0,75 ist durch eine Durationsverlängerung um zwei bis drei Jahre bei 0,50 vielen Emittenten eine signifikante Erhöhung der Verzinsung bei 0,25 2. verbesserten Roll-down-Eigenschaften möglich. Zum anderen 0,00 haben sich die europäische Single-A- und BBB-Kurve einander -0,25 -0,50 angenähert. Folglich ist bei ähnlichen Laufzeiten eine Ratingver- 3M 6M 1Y 2Y 3Y 4Y 5Y 6Y 7Y 8Y 9Y 10Y besserung ohne nennenswerte Renditeaufgabe möglich. Speziell BBB-Kurve Akt. BBB-Kurve per Jahresende Zweiteres erscheint vorteilhaft, erwarten wir doch für die zweite A-Kurve Akt. A-Kurve per Jahresende Jahreshälfte schwächere Bondmärkte mit moderaten Spreadaus- Zeitraum: 31.12.2017–21.03.2018 Quelle: Bloomberg weitungen aufgrund anziehender Inflation und des Auslaufens des EZB-Ankaufprogramms. Kapitalflüsse in Schwellenländeranleihen: kurzfristig volatil Laufender 4-Wochen-Durchschnitt der Zuflüsse in Lokalwährungsanleihen (sch- Schwellenländeranleihen: Währung und Politik entscheidend warze Linie) fällt zuletzt unter den Wert für Hartwährungspapiere (rote Linie) 4.000 Wie prognostiziert zeigt sich im ersten Quartal eine deutliche Divergenz zwischen in Hartwährung denominierten Schwellen- 2.000 länderanleihen und jenen, die in lokaler Währung emittiert wur- in Mio. USD den. Die Investoren favorisieren in diesem Jahr Lokalwährungs- 0 anleihen gegenüber ihrem Pendant in Hartwährung, weshalb die Performance diametral ist (Hartwährungsanleihen stehen bei -2.000 einem negativen Ertrag in Höhe von ca. –2,8 %, während Lokal- währungsanleihen einen positiven Wertzuwachs von 0,3 % auf- -4.000 KW 1 KW 2 KW 3 KW 4 KW 5 KW 6 KW 7 KW 8 KW 9 KW 10 weisen). Entsprechend gingen auch von den Zuflüssen im Laufe Hartwährung (HW) Lokalwährung (LW) des ersten Quartals mehr als zwei Drittel auf das Konto der Lo- 4-Wochen Ø HW 4-Wochen Ø LW kalwährungsanleihen, was der entgegengesetzten Verteilung aus Zeitraum: 31.12.2017–09.03.2018 (Kalenderwochen 1 bis 10 des laufenden Jahres) Quelle: JP Morgan dem Vorjahr entspricht, als mehr als 60 % aller Anlagen in das Hartwährungssegment geflossen waren. Mittel- bis langfristig ist Schwellenländer: Lokalwährungsanleihen mit Aufholpotenzial zu erwarten, dass beide Trends auch weiterhin Bestand haben Performance von Hartwährungsanleihen aus Europerspektive (schwarze und graue Linien) und Lokalwährungsanleihen aus Eurosicht (orangefarbene Linie) werden. Dafür sprechen im Durchschnitt höhere Laufrenditen 160 von Lokalwährungsanleihen, gepaart mit soliden Fundamentalda- ten, die sich wiederum in einer zukünftigen Aufwertung der loka- 140 Indexiert auf 100 len Währung widerspiegeln sollten, sowie nicht zuletzt das unver- ändert vorhandene Aufholpotenzial von Seiten der Kapitalzuflüs- 120 se und der Kapitalerträge. Kurzfristig ist jedoch Vorsicht gebo- 100 ten, da gerade Kapitalflüsse und Performance von Lokalwäh- rungsanleihen durch politische Ereignisse stark beeinflusst wer- 80 den können, was beispielsweise die aktuelle Diskussion rund um 2013 2014 2015 2016 2017 2018 das Thema Protektionismus und „Handelskrieg“ verdeutlicht. Index EM Hartwährung (EUR unhedged) Index EM Hartwährung (EUR hedged) Martin Mayer, Senior Portfolio Manager Multi Asset Index EM Lokalwährung (EUR unhedged) Christian Bettinger, Leiter Fixed Income Zeitraum: 01.01.2013–20.03.2018 Robert Reichle, Leiter Emerging Markets Selection Quelle: Bloomberg Q2 | 2018 HORIZONTE 11
Volkswirtschaft Aktien Anleihen Rohstoffe Währungen Insights WENIG PHANTASIE FÜR ROHSTOFFE Der Weltmarkt ist ausreichend mit Rohöl versorgt US-Ölproduktion steigt auf Rekordhoch Die OPEC und mit ihr kooperierende Förderländer halten sich Im Zuge der höheren Rohölpreise ist die Anzahl an aktiven US-Ölbohrlöchern gestiegen und die US-Rohölproduktion erreicht knapp 10,4 Mio. Barrel pro Tag bislang diszipliniert an die beschlossenen Produktionskürzungen 11,0 2.000 von 1,8 Mio. Barrel am Tag, wobei auch Produktionsausfälle in 10,5 1.800 Venezuela und Libyen dazu beitragen. Der Ölmarkt ist dennoch 10,0 1.600 ausreichend versorgt, da die US-Schieferölproduktion rasant 9,5 1.400 9,0 1.200 wächst. Die US-Energiebehörde erwartet einen Anstieg der US- 8,5 1.000 Ölproduktion auf 11 Mio. Barrel pro Tag bis Jahresende, womit 8,0 800 die USA zum weltgrößten Produzenten avancieren würden. Zu- 7,5 600 sammen mit der steigenden Produktion weiterer Länder werden 7,0 400 die OPEC-Förderkürzungen kompensiert und der Anstieg der 6,5 200 2013 2014 2015 2016 2017 2018 globalen Ölnachfrage vollständig gedeckt. Wir erwarten eine US-Ölproduktion (in Millionen Barrel pro Tag) Seitwärtsentwicklung des Brent-Ölpreises um die Marke von 65 Anzahl US-Ölbohrlöcher (RS) US-Dollar je Barrel, solange geopolitische Risiken ausbleiben. Zeitraum: 04.01.2013–16.03.2018 Quelle: Bloomberg Das Potenzial bei Edelmetallen ist begrenzt Schwacher US-Dollar treibt den Goldpreis Der Goldpreis in US-Dollar entwickelte sich in den letzten Monaten in hohem Nach einem freundlichen Jahresstart haben sich die Edelmetall- Gleichlauf mit dem schwächeren handelsgewichteten US-Dollar preise überwiegend seitwärts entwickelt. Der wesentliche Treiber 1.700 75 war die Entwicklung des US-Dollars, gefolgt von den Realzinsen. 1.600 80 Der Goldpreis profitiert von einem schwächeren US-Dollar und 1.500 85 wird konträr von einem festeren Greenback belastet. Auch die 1.400 90 aufgrund höherer US-Staatsanleihe-Renditen gestiegenen US- 1.300 95 Realzinsen sind nicht förderlich für den Goldpreis. Hingegen 1.200 100 sind steigende US-Leitzinsen, die wir auch für 2018 erwarten, 1.100 105 nicht zwangsläufig ein Belastungsfaktor, wie das Jahr 2017 ge- 1.000 110 zeigt hat. Von einer temporär höheren Risikoaversion der Inves- 2013 2014 2015 2016 2017 2018 toren hat Gold nur in begrenztem Ausmaß profitiert. Da sich die Goldpreis in USD je Feinunze Pro- und Contra-Argumente die Waage halten, erachten wir das Handelsgewichteter USD-Index, invers (RS) Zeitraum: 01.01.2013–21.03.2018 Potenzial in 2018 für begrenzt. Wir halten jedoch eine Beimi- Quelle: Bloomberg schung im Multi-Asset-Portfolio zur Diversifikation für sinnvoll. Industriemetalle stark abhängig vom Risikoappetit der Investoren Der LME-Industriemetallindex auf Basis der Metalle Kupfer, Aluminium, Blei, Ein möglicher Handelskrieg belastet Industriemetalle Zinn, Zink und Nickel stieg die letzten beiden Jahre mit dem Aktienmarkt 3.800 2.300 In den letzten beiden Jahren haben Industriemetalle aufgrund der 2.200 weltweit anziehenden Konjunktur und Nachfrage sowie der 3.400 2.100 höheren Risikobereitschaft von Investoren hinzugewonnen. 2.000 Sinkende Lagerbestände aufgrund der geringen Investitionstätig- 3.000 1.900 1.800 keit in den Vorjahren sind ein weiterer Treiber. Der Aufwärts- 2.600 1.700 trend verlief sehr synchron mit den weltweiten Aktienmärkten. 1.600 Dies war jedoch auch im Zuge der Korrektur im Februar der 2.200 1.500 1.400 Fall. Zudem haben sich die Aussichten für Industriemetalle ange- 1.800 1.300 sichts der angekündigten US-Importzölle für Stahl und Alumini- 2013 2014 2015 2016 2017 2018 um sowie der Gefahr einer Eskalation im Handelsstreit einge- LME-Industriemetallindex MSCI World Aktienindex (RS) trübt, sodass wir bis auf weiteres von einem Investment absehen. Zeitraum: 01.01.2013–21.03.2018 Guido Urban, Analyst Multi Asset Strategy & Research Quelle: Bloomberg 12 HORIZONTE Q2 | 2018
WÄHRUNGEN: UNRUHIGE ZEITEN Der Devisenmarkt richtet sich neu aus. Insbesondere für den US- Euro/US-Dollar: Der Markt sucht nach Orientierung Dollar haben sich die Rahmenbedingungen im ersten Quartal Geld-, währungs- und handelspolitische Ungewissheiten lassen die Marktakteure nach dem neuen Wechselkurstrend suchen deutlich verändert. Die amerikanische Währung war zunächst 1,50 0,0 schwach in das neue Jahr gestartet, weil andere Währungsräume (zum Beispiel die Eurozone und Japan) für die Marktakteure 1,40 0,5 attraktiver wurden. Hinzu kam die Äußerung von US- 1,30 1,0 Finanzminister Mnuchin, die Amerikaner würden sich an einem schwächeren Dollar nicht stören. Und schließlich sorgt die Pro- 1,20 1,5 tektionismus-Offensive des amerikanischen Präsidenten für 1,10 2,0 Druck auf den US-Dollar. Im Ergebnis hat der US-Dollar gegen- über dem Euro im ersten Quartal weiter nachgegeben. 1,00 2,5 2013 2014 2015 2016 2017 2018 EUR/USD Prognose EUR/USD US-Dollar: Geld- und Handelspolitik im Fokus 10J Zinsdifferenz (inv., RS) Prognose Zinsdiff. (inv., RS) Die Dollar-Schwäche kam mit Blick auf die höheren US-Zinsen Zeitraum: 01.01.2013–31.12.2018 Quelle: Bloomberg überraschend. Amerikanische Staatsanleihen haben seit Jahren einen deutlichen Zinsvorsprung gegenüber Bundesanleihen und Euro/britisches Pfund: anhaltende Seitwärtsbewegung Die britische Währung pendelt weiter zwischen Brexit-Sorgen und Zinshoffnun- bei den Leitzinsen dürfte der Vorsprung noch weiter ausgebaut gen werden. Während die EZB den Leitzins von aktuell 0 % erst im 1,00 4 kommenden Jahr anheben dürfte, erwartet der Markt von der amerikanischen Notenbank noch in diesem Jahr drei Zinsschritte 0,90 3 (wir erwarten sogar vier Schritte auf dann 2,25–2,50%). Der 0,80 2 in GBP Wechselkurs dürfte sich im Jahresverlauf um den fairen Wert bei in % 1,25 US-Dollar je Euro bewegen. Der Kurs kann dabei durchaus 0,70 1 kräftig schwanken. Die Furcht vor einem möglichen Handels- krieg, gegebenenfalls einhergehend mit einem Währungskrieg, 0,60 0 kann zu Nervosität unter den Marktteilnehmern führen, auch 2013 2014 2015 2016 2017 2018 wenn die von Präsident Trump bisher angekündigten Maßnah- EUR/GBP Prognose EUR/GBP men für sich genommen quantitativ relativ unbedeutend sind. Inflation (RS) Inflationsprognose (RS) Zeitraum: 01.01.2013–31.12.2018 Quellen: Bloomberg, Office for National Statistics Britisches Pfund trotzt den Brexit-Risiken Wechselkursprognosen Die Brexit-Verhandlungen ziehen sich hin und sorgen immer Der Markt versucht sich neu zu orientieren, starke Trends sind aber noch nicht wieder für Verunsicherung. Es ist bemerkenswert, dass sich die erkennbar 21.03.2018 31.12.2018 30.06.2019 britische Währung in diesem Umfeld weiter innerhalb der von uns erwarteten Bandbreite knapp unter der Marke von 0,90 Wechselkursprognose Aktuell ∅* ∅** EUR/USD 1,23 1,26 1,26 1,27 1,27 Pfund je Euro behauptet. Die relativ robuste Konjunktur unter- EUR/GBP 0,87 0,87 0,89 0,86 0,90 stützt dabei die Währung. Auch die Geldpolitik trägt zur Stabilität EUR/CHF 1,17 1,2 1,18 1,21 1,19 des britischen Pfundes bei: Nachdem die Bank of England An- EUR/JPY 131 139 135 139 135 fang November den Leitzins um 0,25 % angehoben hatte (erst- mals seit zehn Jahren), hat sie den Zins seitdem nicht verändert. Veränderung zum Euro (in %) USD - -2,1 -2,1 -2,9 -2,9 Es zeichnet sich aber jeweils ein Schritt nach oben für die Mai- GBP - 0,3 -2,0 1,5 -3,1 Sitzung sowie für die November-Sitzung ab. CHF - -2,3 -0,7 -3,2 -1,5 Dr. Jörn Quitzau, Senior Economist JPY - -5,9 -3,1 -5,9 -3,1 *Durchschnitt, Konsens; ** Konsensus zum 31.03.2019 Quellen: Bloomberg, Berenberg Q2 | 2018 HORIZONTE 13
Volkswirtschaft Aktien Anleihen Rohstoffe Währungen Insights INTERVIEW MIT PETER KRAUS Herr Kraus, Sie sind nun seit einem halben Jahr Leiter Portfolio- management Small-Cap-Aktien bei Berenberg. Warum sind Sie in unser Haus gekommen? Ich war immer schon ein begeisterter Aktieninvestor und be- schäftige mich leidenschaftlich gerne mit dem Aufspüren und der Analyse interessanter kleiner Unternehmen. Nachdem ich zuletzt rund 11 Jahre lang als Portfoliomanager für Small und Micro Caps bei Allianz Global Investors tätig war, ergab sich die einma- lige Möglichkeit, gemeinsam mit einem erfahrenen und motivier- ten Team entsprechende Fonds bei Berenberg aufzubauen. Ich kenne Berenberg bereits seit vielen Jahren aufgrund des ausge- zeichneten Aktien-Researchs und schätze insbesondere die un- ternehmerische Kultur sowie die visionäre Führung. Berenberg hat zudem eine große Affinität zu kleinen Unternehmen und bietet ein einzigartiges Netzwerk im Bereich Small Caps. Die aus, das Management ist regelmäßig signifikant am Unternehmen Arbeit macht unheimlich viel Spaß und ich bin optimistisch, dass beteiligt und hat damit einen Anreiz, langfristig erfolgreich zu wir für unsere Kunden langfristig erfolgreiche Produkte anbieten sein. Das mögen wir als Aktionär besonders gerne! Das sind die können. Unser Start war zumindest schon mal erfreulich! wesentlichen Gründe für die langfristig bessere Wertentwicklung von kleinen Unternehmen gegenüber großen Pendants. Aufgrund Wie definieren und unterscheiden Sie Small- und Micro-Cap-Aktien? der Größe des Investmentuniversums und der teilweise stark Wir unterscheiden diese beiden Aktiensegmente allein auf Basis vernachlässigten Research-Abdeckung einzelner Aktien bietet der Marktkapitalisierung und definieren Micro Caps als Unter- sich für uns die Chance, durch eine erfolgreiche Aktienauswahl nehmen mit einer Kapitalisierung von bis zu 500 Mio. EUR. Im vergleichbare Aktienindizes übertreffen zu können. Small-Cap-Segment fassen wir alle Unternehmen mit einer Kapi- talisierung zwischen 500 Mio. und 5 Mrd. EUR zusammen. In Sind diese Aktien für einen risikoscheuen Multi-Asset-Anleger nicht Europa gibt es über 5.500 Micro-Cap-Unternehmen und ca. ein zu spekulatives Investment? 1.200 Small-Cap-Unternehmen – also ein riesiges Universum, in Ganz klar nein! Das Gegenteil ist der Fall. Nebenwerte liefern dem wir äußerst attraktive Wachstumsunternehmen finden, die langfristig eine höhere Rendite als Aktien von Großunternehmen. auch als „Hidden Champions“ gelten. Natürlich ist die Liquidität Die akademische Literatur hat dies in zahlreichen Studien und für bei Micro Caps eingeschränkt, weshalb Micro Cap Fonds ir- verschiedenste Märkte bewiesen. Selbst risikoadjustiert erzielen gendwann beim verwalteten Vermögen an Grenzen stoßen. Small Caps langfristig höhere Renditen als Large Caps. Zusätzlich können wir als aktiver Manager einen Mehrwert generieren und Warum ist es aus Sicht eines Multi-Asset-Investors sinnvoll, in Ne- Vergleichsindizes übertreffen. Zudem senkt die Beimischung von benwerte zu investieren? Was ist daran das Besondere? Nebenwerten aufgrund der geringen Korrelation zu Blue Chips Nebenwerte weisen eine leicht höhere Volatilität auf, jedoch die Volatilität des gesamten Aktien- und Multi-Asset-Portfolios. werden Anleger für diese durch eine höhere Rendite entschädigt. Gegenüber hoch kapitalisierten Unternehmen unterscheidet sich Ist ein direktes Aktieninvestment nicht attraktiver als ein Fonds? zudem die Sektorstruktur. Da defensive Sektoren wie Versorger, Das fragen Sie mich als überzeugten aktiven Portfolio Manager? Telekommunikation, Pharma oder Lebensmittel üblicherweise in Wenn Sie sich zutrauen aus über 5.500 bzw. über 1.200 europäi- Small-Cap-Indizes eine geringere Gewichtung aufweisen, ist die schen Unternehmen die besten Aktien herauszufinden, dann ja, Sektorstruktur tendenziell zyklischer. Die Anlageklasse Aktien- sonst ist ein Fondsinvestment erfolgversprechender. Zudem Nebenwerte bietet jedoch viele strukturelle Vorteile für den An- bietet ein Fonds den Vorteil einer breiten Diversifikation und leger: Kleine Unternehmen wachsen tendenziell deutlich stärker, dadurch eine geringere Volatilität als das Investment in einige sie zeichnen sich durch eine hohe Innovationskraft und Dynamik wenige Einzeltitel. 14 HORIZONTE Q2 | 2018
Was zeichnet sonst Ihre Investmentphilosophie aus? Small Caps erzielen langfristig höhere Renditen als Large Caps Wir beteiligen uns an den aussichtsreichsten kleinen Unterneh- Indexierte Wertentwicklung des MSCI Europe Small Cap Index TR, des MSCI Europe Large Cap Index TR und die Differenz zwischen beiden Indizes men, die sich in ihrer besten Wachstumsphase befinden. Dabei 500 wird strikt selektiert und intensiv analysiert. Sind wir einmal über- zeugt, investieren wir strategisch und lassen uns durch kurzfristi- 400 ge Schwankungen nicht irritieren. 300 Wie selektieren Sie diese aussichtsreichen Unternehmen? 200 Aus dem riesigen Universum sortieren wir erst einmal diejenigen 100 Aktien aus, die zu illiquide sind und die über keine erfolgreichen 0 Geschäftsmodelle verfügen. Anschließend konzentrieren wir uns 2000 2005 2010 2015 im Rahmen einer Ideengenerierung auf die interessantesten Un- MSCI Europe Large Cap Index TR MSCI Europe Small Cap Index TR ternehmen mit einer erfolgreichen Leistungsbilanz und einer Differenz Small vs. Large Cap Zeitraum: 31.12.2000–20.03.2018 vielversprechenden Zukunft. Diese Unternehmen analysieren wir Quelle: Bloomberg, eigene Berechnungen genau und treffen das Management vor Ort oder bei uns. Nur wenn alle unsere Analysekriterien (z. B. Geschäftsmodell, Markt- umfeld, Wettbewerbsposition, Management, Finanzen und Be- KURZVITA wertung) erfüllt sind, investieren wir in die Aktie. Peter Kraus, CFA, 42, war ab dem Jahr 2000 zunächst für drei Das klingt alles nach viel Arbeit! Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus? Jahre als Aktienanalyst für eine Corporate-Finance-Beratung Auf dem Weg ins Büro lese ich bereits alle meine E-Mails in der tätig, bevor er 2003 zu Deka-Investment wechselte. Dort war S-Bahn und bin voll informiert über alle relevanten Ereignisse er als Analyst für europäische Nebenwerte tätig. Ab dem Jahr und Quartalszahlen, bevor die Märkte öffnen. Die meiste Zeit 2006 arbeitete er bei Allianz Global Investors als Fondsmana- verbringe ich dann mit der Analyse von neuen Investmentideen ger für europäische Small und Micro Caps, wo er in den Folge- und den Ergebnissen unserer Portfoliounternehmen. Telefonate jahren maßgeblich zum großen Erfolg des Nebenwerte-Teams und Meetings mit Analysten und dem Top-Management sind beigetragen hat. Peter Kraus war verantwortlich für das Ma- ebenfalls an der Tagesordnung. Natürlich reise ich auch viel, um nagement von diversen europäischen Small- und Micro-Cap- mir vor Ort kleine Unternehmen anzuschauen, die noch unent- Fonds sowie für die Akquisition und die Betreuung bedeuten- deckt sind. Zudem sind Präsentationen bei Kunden auch ein der internationaler institutioneller Mandate. Seit seinem Wech- wichtiger Teil meiner Arbeit. sel zu Berenberg im Jahr 2017 managt er die Fonds Berenberg European Micro Cap und Berenberg European Small Cap. Was dürfen Investoren von Ihren Fonds in der Zukunft erwarten? Was sind die größten Herausforderungen für Sie? Wer sehr langfristig – und damit meine ich kaufen und liegen lassen („buy and hold“) – investiert, sollte durchschnittlich eine jährlich prozentual zweistellige Rendite erzielen können. Das aber nur, wenn man sich nicht bei jeder kleinen Erschütterung wieder aus dem Aktienmarkt raustreiben lässt! Das ist auch zugleich unsere größte Herausforderung: Diszipliniert bleiben und Ruhe bewahren, wenn der Aktienmarkt oder der Kurs einzelner Aktien korrigieren. Der größte Fehler, den ich selbst als Investor ge- macht habe, war, gute Aktien zu früh zu verkaufen bzw. über- haupt zu verkaufen. Q2 | 2018 HORIZONTE 15
Sie können auch lesen