Rara DAS MAGAZIN VON PROSPECIERARA AUSGABE 2 /2022 40 JAHRE PROSPECIERARA - UNSER NETZWERK FÜR DIE VIELFALT

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Rara DAS MAGAZIN VON PROSPECIERARA AUSGABE 2 /2022 40 JAHRE PROSPECIERARA - UNSER NETZWERK FÜR DIE VIELFALT
rara
DAS MAGAZIN VON PROSPECIERARA
AUSGABE 2 /2022

40 JAHRE PROSPECIERARA –
UNSER NETZWERK FÜR
DIE VIELFALT

        Schweizerische Stiftung
        für die kulturhistorische
        und genetische Vielfalt
        von Pflanzen und Tieren

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Rara DAS MAGAZIN VON PROSPECIERARA AUSGABE 2 /2022 40 JAHRE PROSPECIERARA - UNSER NETZWERK FÜR DIE VIELFALT
NADJA KALMBACH-WYSS        ANJA STOLLBERG         CLAUDIO NIGGLI            GERTRUD BURGER
     Vermarktung             Buchhaltung        Beeren & Datenbank            GL & Pflanzen

                          DAS
                          PRO
                          SPECIE
                          RARA
 CLAUDIA STEINACKER
  Animaux & marchés       TEAM                   FLORIAN BÄRTSCHI
                                                       Obst
                                                                             HELENA RÖMER
                                                                             Hof Tannenberg

  PHILIPP HOLZHERR         CATHERINE SABATO          DIETER ROTH             NICOLE EGLOFF
Garten- & Ackerpflanzen       Sekretariat       Stiftungsratspräsident       Kommunikation

VALERIO SCHAUWECKER         JESSICA TÜRLER        PHILIPPE AMMANN              MAYA GRAF
Animali & comunicazione     Samengärtnerei    Stv. Geschäftsführer, Tiere     Stiftungsrätin

     ERWIN KUMP           MAURIN OBERHOLZER         LINA SANDRIN              SAVA BUNCIC
        Tiere                 Stiftungsrat      Zierpflanzen & Kräuter         Fundraising
Rara DAS MAGAZIN VON PROSPECIERARA AUSGABE 2 /2022 40 JAHRE PROSPECIERARA - UNSER NETZWERK FÜR DIE VIELFALT
Editorial

            Hape Grünenfelder, Gründer und bis 1995 Geschäftsführer ProSpecieRara

            40 Jahre ProSpecieRara –
            eine erfolgreiche, lange Zeit …
… und ein Engagement, das uns voll in Beschlag nahm. 1982
rutschten wir in ein grosses Abenteuer. ­Immer wieder standen
wir vor neuen Herausforderungen und ­immer war jemand zur
Stelle, der Lösungen anbot. Wir suchten in den hintersten Tälern
nach Relikten alter Rassen und Sorten. Als der erste Hof mit
aufgefundenen Tieren gefüllt war und wir nicht wussten, wohin
mit den weiteren Tieren, hatte Kurt Utzinger die Idee, Zuchtgrup­
pen an interessierte Landwirt*innen auszu­leihen. Um den Über­
blick über die Zucht zu bewahren und die genetische Präsenz
der Gründertiere im Auge zu behalten, schrieb Kurt Steiner für
uns sein sich während Jahrzehnten bewährendes Herdebuch­
programm. Max Staege und Hans Müller motivierten eine wach­
sende Zahl Interessierter, die rare Obst­sorten auf ihre Bäume
zweiten oder Samen zur Vermehrung ­entgegennahmen. Und
­Pavel Beco r­ ealisierte den ersten Schaubauernhof, der für die
Öffentlichkeits­arbeit wichtig war. So kamen wir rasch voran.
Heute erfüllt es mich mit Stolz, zu sehen, wie sich die Stiftung
weiterentwickelt hat!
       All dies war nur möglich, weil immer mehr Leute mitwirkten.
Der Erfolg von ProSpecieRara ist daher ein Erfolg aller, ob sie
nun ­Projekte initiierten, praktisch bei deren Umsetzung halfen
oder die Vorhaben mit Spenden unterstützten. Es ist also Euer
aller E
      ­ rfolg, liebe Leser*innen. Ganz herzlichen Dank!
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Rara DAS MAGAZIN VON PROSPECIERARA AUSGABE 2 /2022 40 JAHRE PROSPECIERARA - UNSER NETZWERK FÜR DIE VIELFALT
Wir von ProSpecieRara
sind viele
                  Béla Bartha, Geschäftsführer

                  Einige Menschen aus unserem Netzwerk
                  ­kommen in dieser rara-Spezialausgabe zu
Wort. Sie stehen stellvertretend für viele weitere,
die sich für die Vielfalt stark machen.

Was 1982 in St. Gallen mit einer Handvoll
                                                  PROSPECIERARA DEUTSCHLAND
gut vernetzter Enthusiasten begann, hat
sich zu e ­ iner anerkannten Non-Profit-Organi-
sation entwickelt, die in der ganzen Schweiz
präsent ist. Von Anfang an war das Engage-
ment für die bedrohte Vielfalt nur möglich
durch Kooperation mit unterschiedlichen
Einzelpersonen, Gruppen und bald auch
schon mit staatlichen Akteuren. Heute kann
die Stiftung auf ein tragfähiges Netz aus           Seit 2012 ist ProSpecieRara im süddeut­
­einer erfreulichen Anzahl Gönner*innen und         schen Freiburg im Breisgau und seit 2021
 privaten A ­ ktiven, wie Sortenbetreuende,         auch in Sachsen mit einer Tochterorga­
 Tier­halter*innen, Gastro­nom*innen,               nisation tätig und verstärkt damit die
 Vermarkter*innen und viele mehr zählen.            NGO-Stimme in Europa. Viele Entscheidun­
 Für die Erreichung ihrer Ziele unterhält Pro-      gen zu Sortenschutz, Patenten und Pflan­
 SpecieRara auch gute Kontakte zu Politik           zengesundheit werden in Brüssel gefällt
 und Forschung in der Schweiz und über              und ­haben direkte Auswirkungen auf die
 die Landesgrenzen hinaus.                          Schweiz. Zudem ist der Zugang zu EU-For­
                                                    schungsprogrammen und Expertenwissen
VIELFALT FÜR ALLE                                   für ProSpecieRara sehr wichtig. Dank
Drehte sich ursprünglich alles um die Absi-         der deutschen Tochterorganisation ist
cherung der genetischen Vielfalt von Tieren         ­ProSpecieRara legitimiert, in Brüssel
und Pflanzen, geht es inzwischen auch                ­mitzureden und an EU-Forschungspro­
­darum, die bewahrten Raritäten langfristig           grammen teilzunehmen.
 durch deren Nutzung abzusichern oder sie

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Rara DAS MAGAZIN VON PROSPECIERARA AUSGABE 2 /2022 40 JAHRE PROSPECIERARA - UNSER NETZWERK FÜR DIE VIELFALT
Die Sorten- und Rassenvielfalt ist nicht nur für eine abwechs-
     lungsreiche Ernährung wichtig, sondern auch für unsere
     Ernährungssicherheit und die Landwirtschaft der Zukunft.

gar züchterisch für die Vermarktung wieder       gewiesen, noch «viele» mehr zu werden … Wir
fit zu machen. Denn damals wie heute             danken ganz herzlich all denen, die heute schon
soll die Vielfalt der Sorten und Rassen pri-     mit dabei sind und uns auf diesem Weg unter-
mär der Ernährungssicherheit dienen. Zur         stützen.
Konkretisierung dieses Ziels führten wir            Auf den folgenden Seiten lernen Sie einige
2005 das ProSpecieRara-Gütesiegel ein,           Menschen aus unserem Netzwerk kennen.
mit dem u. a. Produkte aus gefährdeten
­Rassen und Sorten ausgezeichnet werden.
 Hierzu arbeiten wir eng mit Züchter*innen
 und dem Handel zusammen.                                       IMPRESSUM
                                                                Das Magazin «rara» für Unterstützer*innen
BIODIVERSITÄT                                                   von ProSpecieRara erscheint viermal
FÜR DIE ZUKUNFT                                                 jährlich auf Deutsch und Französisch und
Der Trend zu einer immer stärker auf Mono-                      dreimal auf Italienisch.
kulturen ausgelegten Landwirtschaft mit                         Porträttexte: Nicole Egloff
Hochleistungssorten und -rassen muss                            Redaktion: Nicole Egloff, Anna Kornicker
­gestoppt werden. Denn vielfältige landwirt-                    Gestaltung: Reaktor AG, Aarau
                                                                Druck: ZT Medien AG, 4800 Zofingen
 schaftliche Systeme sind resilienter und                       Auflage: 23 700 Ex. deutsch, 5200 Ex. französisch,
 ­tragen zu einer gesunden, biodiversen                         2000 Ex. italienisch
  Land(wirt)schaft bei. Hier können die Pro­                    www.prospecierara.ch

  SpecieRara-Schützlinge wertvolle Dienste                      Gönnerschaft Plus: CHF 120.–
  leisten und mithelfen, die Herausforde­                       Gönnerschaft Erwachsene: CHF 70.–
                                                                Paargönnerschaft: CHF 90.–
  rungen der Zukunft zu meistern.                               Juniorgönnerschaft (bis 25 Jahre): CHF 35.–
      Um in diesen brisanten Bereichen erfolg-
                                                                      Für Spenden:
  reich zu sein, ist ProSpecieRara darauf an-                         IBAN CH29 0900 0000 9000 1480
                                                                      oder www.prospecierara.ch/spenden
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Rara DAS MAGAZIN VON PROSPECIERARA AUSGABE 2 /2022 40 JAHRE PROSPECIERARA - UNSER NETZWERK FÜR DIE VIELFALT
Für die Zukunft
      SORTEN FIT MACHEN FÜR DIE ZUKUNFT
      «Eine Sorte verändert sich in jeder Pflanzen-     essant sein, die ihrer Kundschaft etwas
      generation ein wenig – das kann in eine           Besonderes bieten wollen. Und natürlich für
      gute oder auch in eine weniger vorteilhafte       Hobbygärtner*innen. Das ist aber auch gut
      Richtung gehen. Ich bin bei Sativa Rheinau        so. Es ist toll, wenn Coop gewisse Sorten
      dafür verantwortlich, dass die ProSpecieRa-       ins Gemüsesortiment aufnimmt und so
      ra-Sorten sich in eine gute Richtung entwi-       ­einem breiten Publikum die alten Sorten
      ckeln, sowohl aus kulinarischer aber auch          ­näherbringt, aber man darf nicht vergessen,
      agronomischer Sicht. Zusammen mit Pro-              dass dies nur ein kleiner Teil der gesamten
      SpecieRara, Coop und Wyss Samen ­mache              Vielfalt ist, die als Ganzes unbedingt erhal-
       ich z­ udem Vorschläge, welche ProSpecie­         ten bleiben soll.»
       Rara-Sorten bei Coop ins Saatgut­sortiment
      aufgenommen werden könnten.
          Für mich ist klar, dass sich nur wenige
      der ProSpecieRara-Sorten im Profianbau
      ­wieder breiter durchsetzen werden können –
       auch wenn wir sie züchterisch verbessern.
       Die meisten werden primär für die Direktver-
       marktung, Solidarische Ladwirtschaftssyste-
                                                          ELVIRA EBERHARD
       me oder innovative Gastronom*innen inter-                                        g und
                                                          Verantwortliche für Züchtun
                                                                                         a Rheinau
                                                          ­Qualitätssicherung bei ­Sativ

  Wie kam es …
… DASS DU PROSPECIERARA-GÖNNER GEWORDEN BIST?
«Durch mein Interesse für Samen und alte                Meine neueste Leidenschaft gilt den Weiden.
Sorten bin ich auf ProSpecieRara aufmerk-               Hier suche ich verschiedene Farben und
sam geworden. Es ist die erste Organisation,           ­Eigenschaften zum Flechten. Im letzten Jahr
die ich unterstütze, weil ich hier Vieles gefun-       konnte ich 44 Stecklinge verschiedener
den habe, das mich interessiert – vor allem           ­Sorten erwerben. Mit den Ruten versuche
die Samenbaukurse und natürlich auch der              ich, eine Hütte zu errichten, da der Bau von
Austausch von Saatgut.                               ­Gebäuden auf meiner landwirtschaftlichen
                                                    ­Fläche nicht erlaubt ist. Als Physiotherapeut
                                                    beschäftige ich mich auch mit dem Gedan-
                                                    ken, e   ­ inen Vita-Parcours einzurichten, des-
                                                    sen Posten aus Weiden gestaltet sind.
                                                    Ein weiteres Projekt für die Zukunft ist die
                                                   ­Gestaltung eines Waldgartens mit alten,
                                                   widerstands­fähigen Obstsor ten.»

                             I
                 BILAL KOUT
                               Outes/GE,
                 aus Plan-les-            ara
                              ProSpecieR
                 unterstützt           er
                            al s Gö nn
                  seit 2021
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Mein Liebling

                                                          DIE STEINZEIT WIEDER
                                                         ­AUFLEBEN LASSEN
                                                           «Das Leben von früher faszinierte mich
                                                           schon als Kind. Als dann mit ca. 14 Jah-
                                                           ren die Gärtnerleidenschaft hinzukam
                       FAMILIE JAKOB                       und ich ProSpecieRara kennenlernte,
                       hatte am ProSpecieRara-             konnte ich nicht anders, als mich als
                       Reutenmarkt in Zofingen            ­Sortenbetreuerin zu engagieren. Denn in
                       2021 zum ersten Mal
                       ­einen Stand mit vielfälti­        diesem Fundus gab es t­atsächlich noch
                        gem Kartoffelangebot.             Arten, welche die ersten sesshaften
                        www.berchtoldshof.ch              Menschen in unserer Gegend schon an-

« Das Publikum am
                                                          gebaut hatten.
                                                              Während eines Arbeitseinsatzes im
                                                          Freilichtmuseum Ballenberg habe ich

Reutenmarkt ist ein                                       den ’Weissen Faserlein Ballenberg’ ken-
                                                          nengelernt und ihn zu ProSpecieRara

spezielles Völkli: sehr                                  ­gebracht. Seither vermehre ich ihn
                                                        ­regelmässig und biete ihn auch im Sor-

interessiert, offen für                                 tenfinder an. Zwar gefallen mir die blau
                                                        blühenden Sorten besser, aber aus sei-

Ungewohntes und                                         nen besonders langen Stängeln kann ich
                                                        Fasern gewinnen, die sich hervorragend

dankbar. Entsprechend                                   zum Herstellen von Stoffen eignen – die-
                                                        ses Handwerk ist ein weiteres Stecken-

toll ist die Stimmung                                   pferd von mir.
                                                              Lein ist eine der ältesten Kulturpflan-
vor Ort. Wir freuen uns                                 zen der Menschheit und wird schon seit
                                                        der Jungsteinzeit sehr vielseitig verwen-

schon jetzt auf den                                     det. Dieses Erbe in meinem Garten wei-

                                        »
                                                        ter zu pflegen, finde ich grossartig.»

Reutenmarkt 2022!
Regula & Christoph Jakob,
Berchtoldshof in Bätterkinden/BE

    Zu den ProSpecieRara-
       Veranstaltungen:
 www.prospecierara.ch/kalender

                                                                  HÄPPI
                                                     KATHRIN SC
                                                                  hä ologin im
                                                     Kantonsarc
                                                           on Sc ha ffh ausen und
                                                     Kant
                                                                 So  rt en betreuerin
                                                      seit 1999
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Rara DAS MAGAZIN VON PROSPECIERARA AUSGABE 2 /2022 40 JAHRE PROSPECIERARA - UNSER NETZWERK FÜR DIE VIELFALT
« Den Pfirsichbaum der Sorte
       ’Blut­roter aus Ottenbach’ haben
       meine Frau und ich vor einigen
       Jahren in unserem Naturgarten
       gepflanzt – und erst später heraus­
       gefunden, dass er für ProSpecieRara wichtig ist.
       Wir haben uns dann erkundigt und schliesslich
       als Sortenerhalter angemeldet. Heute sind unsere ­
       Fotos sogar im O
                      ­ nlinesortenfinder zu sehen.
       Da sind wir schon ein wenig stolz darauf.                                                             »          finder:
       Bruno Wermelinger, Giswil/OW, Sortenerhalter                                                     Zum Sorten                   nder
                                                                                                       os pe ci er ar a.ch/sor tenfi
                                                                                                www.pr

REGULA STRÜ
                BIN
                                 n                                                                                        Porträt
      er in in de n Merian Gärte
Gärtn
                                         Bild: Benedikt Dittli

                                                                 SCHWEIZER SORTENVIELFALT IN BASEL
                                                                 Neben dem Krautstiel ’Glatter Genfer’ wächst im Bauerngar-
                                                                 ten der Merian Gärten der Mais ’Aus Mergoscia’ und die Dah-
                                                                 lie ’Gelbe Pompon von Menziken’. Jede Region der Schweiz
                                                                 hat ihre Spezialitäten hervorgebracht. Diese zu kennen und zu
                                                                 pflegen ist es, was Regula Strübin, verantwortliche Gärtnerin,
                                                                 so gut gefällt. Pro Jahr gedeihen hier rund 170 ProSpecieRara-
                                                                 Sorten. Sie werden vermehrt, genau beobachtet oder machen
                                                                 die Besuchenden «gluschtig» auf alte Sorten. Daneben wach-
                                                                 sen 80 alte Beerensorten und im Obstgar ten stehen 400 Bäu-
                                                                 me mit ebenso vielen Sorten. Die traditionellen Sorten passen
                                                                 bestens ins historische Umfeld der Merian Gärten.
                                                                    Dennoch sind die Sorten spürbar hochaktuell. Viele Besu-
                                                                 chende aus der ganzen Schweiz tauschen sich im Garten über
                                                                 die aufregenden Formen und Aromen oder über die Herausfor-
                                                                 derungen beim Anbau aus. Regula spürt dabei den Sinn für
    i In den Merian Gär ten
                                am Stadt­                        Nachhaltigkeit und die Liebe zum Handwerk. Ihr persönlicher Fa-
       rand von Basel ist auc
                                h der Haupt­
                                                                 vorit ist der zartschmelzende, gelbgrüne Wirz ’Heller Butterkohl’.
                Pro Spe cie Rar a zuhause.
       sitz von
                       erte n.c h
        www.merianga

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Rara DAS MAGAZIN VON PROSPECIERARA AUSGABE 2 /2022 40 JAHRE PROSPECIERARA - UNSER NETZWERK FÜR DIE VIELFALT
Engagement
    ÜBERRASCHENDE AROMENVIELFALT
    Gabriela Wagner, Andeer/GR,
    Beerensortenbetreuerin

     «2016 suchte ProSpecieRara Gärten auf
     mindestens 1000 Meter über Meer, um ver-
     schiedene Beerensorten auf ihre Eignung für           Die rosarote Johannisbeere
                                                           ’Gloire des S
                                                                       ­ ablons’
     Höhenlagen zu testen. Unser damals neuer
     Garten in Andeer/GR liegt auf dieser Höhe
     und da für mich Beeren einfach in jeden Gar-         meine Kinder grosse Beerenfans sind, habe
     ten gehören, habe ich mich gemeldet. Seit-           ich sowieso kein Problem damit, die Ernte
    her wachsen bei uns zwölf verschiedene                zu bewältigen. Obwohl ich mit Beeren aufge-
    Himbeer-, Stachelbeer- und vor allem Johan-           wachsen bin, habe ich erst jetzt mit den
    nisbeersorten auf jeweils zwei Sträuchern.           ­alten Sorten gemerkt, wie unterschiedlich
        Das Schöne an dieser Sortenvielfalt ist,         z. B. verschiedene Johannisbeersorten
    dass sie über rund zwei Monate reif wird, wir        schmecken können. Die rosarote ’Gloire des
    also nicht einfach zu einem Zeitpunkt eine          ­Sablons’ mögen wir besonders gerne – sie
    riesige Beerenschwemme haben. Und da                wächst bei uns auch ausgesprochen gut.»

                                                        Damals
VON DER BERUFUNG ZUM BERUF
«Alte Rebensorten aufzuspüren und sie in             neu entdeckte Sorten gepflanzt, um sie beob-
meine Sammlung aufzunehmen, beschäftigt              achten, beschreiben und gegebenenfalls ver-
mich schon seit Anfang der 1990er-Jahre –            mehren zu können. Denn noch immer stosse
damals noch als Hobby. Ungefähr 1998 kon-            ich ab und zu, z. B. wenn ich zu Beratungen in
taktierte mich das Tessiner ProSpecieRara-           Rebberge gerufen werde, auf mir unbekannte
Büro, ob ich die Sortensammlung des                  Sorten auf alten Rebstöcken, von denen ich
Rebsor tenkenners Marcel Aeberhard aus               dann Pflanzmaterial mitnehme, um sie in mei-
Bern übernehmen wolle, da diese aufgelöst            ner Sammlung aufzunehmen.
werde. Rund 10 Sorten mit Bezug zum Tessin                Auf rund 10 – 15 % meiner Rebbergflächen
 habe ich in der Folge übernommen. Wenig              wachsen heute alte Sorten, aus denen ich
 später legte ich mit ProSpecieRara die erste         auch Wein herstelle, der je länger je gefragter
 gemeinsame Sortensammlung an und heute               ist. Ja, die Nachfrage übersteigt inzwischen
 betreibe ich in Minusio eine vom Bund unter-        sogar das Angebot!»
 stützte Einführungssammlung. Darin werden

                         STEFANO HALDEMANN
                                               rte
                         Minusio/TI, Rebenexpe
                         und Winzer

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Rara DAS MAGAZIN VON PROSPECIERARA AUSGABE 2 /2022 40 JAHRE PROSPECIERARA - UNSER NETZWERK FÜR DIE VIELFALT
3 Fragen an …
  DANIELA PAULI, LEITERIN FORUM
 ­BIODIVERSITÄT, ­AKADEMIE DER
 ­NATURWISSENSCHAFTEN SCHWEIZ
 Wo kommst du in deinem beruflichen Alltag bei
 der Förderung der Biodiversität mit der domesti­
 zierten Biodiversität, wie sie ProSpecieRara pflegt,
 in Kontakt?                                            sich besonders gut für die schonende Pflege na-
 Eigentlich ständig. Gemäss Definition ist die do-      turnaher Flächen. Das sind nur zwei von zahlrei-
 mestizierte Biodiversität ja Teil der biologischen     chen weiteren Beispielen. Die Vielfalt macht das
 Vielfalt, mit der wir uns beim Forum Biodiversi-       System robuster gegenüber Umweltveränderun-
 tät als Ganzes beschäftigen. Gerade wenn es            gen wie dem Klimawandel und erlaubt es, den
 um genetische Vielfalt innerhalb von Arten geht,       Einsatz von Pestiziden und Düngern zu verrin-
 beziehe ich mich zur Illustration meistens auf         gern. Solche nachhaltigen Landwirtschaftssyste-
 Tomaten oder Äpfel. Hier hat der Mensch aus            me voranzubringen, müssten ProSpecieRara und
 der Wildart unzählige Sorten gezüchtet, die ganz       das Forum Biodiversität noch stärker anstreben.
 unterschiedliche Ansprüche erfüllen.
                                                       Kannst du denn von der Tätigkeit von
     Wo spielen die beiden Aspekte der Biodiversität ProSpecieRara auch profitieren?
     zusammen?                                         ProSpecieRara schafft es, die Bedeutung der
     Ich glaube, in der Landwirtschaft der Zukunft     Vielfalt ins Bewusstsein zu bringen, und zwar
     werden die Synergien   zwischen  kultivierter und über den Teller. Die verschiedenen Tomaten-
     wilder Biodiversität ein wichtiger Aspekt  sein.  oder Erdbeersorten sind ein Genuss. So wird ein
     Vielfältig blühende Wiesen locken zahlreiche      «Gschpüri» für die Vielfalt geschaffen. Auf diese
     ­Insekten an, die dann wiederum für eine gute     neue Begeisterung für Vielfalt können wir beim
      Bestäubung der vielfältigen Nutzpflanzen sorgen. Forum Biodiversität bauen – auch wenn es bei
      Bestimmte Ziegen- oder Schafrassen eignen        uns meist eher um die wilde Biodiversität geht.

                                                                                  Porträt
       WISSEN SAMMELN UND WEITERGEBEN
       Sollen Gemüseproduzent*innen ProSpecie­           muss natürlich abgegolten werden, weshalb
       Rara-Sorten für den Handel anbauen, ist           die ProSpecieRara-Sorten eher im oberen
       eine Beratung sehr gefragt. Bei den alten         Preissegment anzutreffen sind – zumal sie
       Sorten oder Arten wissen viele nicht (mehr),      in Bioqualität produziert werden. Gewis-
       wie man sie am besten professionell an-           se Kulturen bringen jedoch auch agrono-
       baut. Oder dies muss erst wieder erforscht        mische Vorteile mit sich, z. B. dann,
       werden. Hier ist Martin Koller, Anbauberater      wenn eine Art mit keiner anderen Gemü-
       Biogemüse für die Produzentenvereinigung          seart verwandt ist und so in der Frucht-
       Terraviva, der Mann für alle Fälle. Ein weite-    folge zur Schonung des Bodens bestens
       res Thema, das Martin mit den Produzent*in­       eingesetzt werden kann. Der Winterpor-
       nen bespricht, ist das Finanzielle. Denn die      tulak oder der Neuseeländerspinat sind
       ProSpecieRara-Sorten bedeuten meist einen         solche Beispiele. Martin kennt sie alle
       Mehraufwand und/oder einen Minderertrag           und weiss die Produzent*innen für die
       gegenüber herkömmlichen Sorten. Dies             ­Raritäten zu begeistern.

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Zukunft

      STABILISIERENDE VIELFALT
                                                         wieder Überraschendes. So z. B. die Mai­
       «Vielfalt macht ein System stabil – das gilt
                                                         rübe ’Bosco Gurin’, die super abgeschnitten
       auch fürs Ernährungssystem und unsere Ge-
                                                         hat – die würde ich sofor t kaufen! Viele alte
       sundheit. Entsprechend muss der Trend,
                                                         Sorten sind zwar vielversprechend, bräuch-
       dass wir uns von immer weniger Sorten und
                                                         ten aber oft noch einen züchterischen
       Arten ernähren, unbedingt umgekehrt wer-
                                                         «Stupf», um wieder vermarktet ­werden zu
       den. Zusammen mit ProSpecieRara und
                                                         können. Die Sortenvielfalt
        ­anderen Partnern sind wir vom FiBL deshalb
                                                         von ProSpecieRara beinhal-
         laufend daran, neue alte Sorten für den
                                                         tet jedenfalls viele Eigen-
         ­professionellen Anbau und die Vermarktung
                                                         schaften, die für den
          zu testen. Wir bauen zusammen mit Land­
                                                    n-   ­Biolandbau in Zukunft
          wirt*innen verschiedene Sorten nebeneina
                                          vergle ichen    ­interessant sein können.»
          der an – moderne und alte – und
          sie bezüglich Anbaueigenschaften, Ausse-          ANJA VIEWEGER
          hen, Geschmack, Lagerfähigkeit und weite-         Gruppenleiterin Anbautechn
                                                                                        ik
                                                                                        institut
          ren Faktoren. Dabei entdecken wir immer           ­Gemüsebau am Forschungs
                                                                                      (FiBL)
                                                             für biologischen Landbau

                                                                                                   Engag
                                                                                                           ement
                                         EIN WACHSENDES ENGAGEMENT
                                            «Wir sind erst durch die Mitgliedschaft im Zuchtverein für die
                                            Skuddenschafe auf ProSpecieRara aufmerksam geworden.
                                           ­Damals wussten wir noch nicht, dass es so viele bedrohte
                                           Rassen gibt! Ursprünglich hatten wir nicht nur seltene Rassen
                                           – aber als wir uns mehr mit ProSpecieRara beschäftigten,
                                          ­begannen wir, die Rassen unter neuen Gesichtspunkten
                                         ­aus­zuwählen und gemäss Zuchtbuch zu züchten.
                                              Aktuell haben wir 27 Tiere, darunter Skudden, Schweizer-
      ANJA UND JEAN-CLAUDE BURRI         hühner, Appenzeller Barhühner, Schweizer Fuchs- und Dreifar-
      Castelrotto/TI, bei der Schur      ben-Kleinschecken-Kaninchen. Abgesehen von unserem Hund
      ­eines ihrer Skuddenschafe
                                         und einigen Kaninchen gehören alle zu ProSpecieRara-Rassen.
                                         Es ist nicht nur schön zu wissen, dass wir zur Erhaltung dieser
                                         Rassen beitragen, sondern sie sind auch sehr pflegeleicht.
                                        Die tägliche Zusammenarbeit schafft eine besondere Bindung.
                                        Diese ist bei den Skudden besonders stark: Um ihr Vertrauen
                                        zu gewinnen, braucht es viel Zeit und Geduld. Heute engagiere
                                        ich mich im Züchterverein für ursprüngliches Nutzgeflügel als
                                        Tessiner Stimme des Vereins und koordiniere z. B. die Tier­
                                        vermittlung hier. Seit ich mich so i­ntensiv mit dem Thema aus-
                                        einandersetze, habe ich einen genaueren Blick für meine Tiere
                                        entwickelt. Ich achte mehr auf ihre E  ­ igenschaften, ihr Verhal-
                                        ten und ihr Aussehen. Vermutlich fragen sie sich manchmal,
                                        warum ich sie so anstarre …»
MARTIN KOLLER
                          für die
Anbauberater Bio­gemüse
                              viva
Pro­duzentenvereinigung ­Terra
    11
DANIEL HANDSCHIN
                          Grünstadt Zürich,
                          Stv. Leiter Stadtgär tnerei

Wie kam es …
 … ZUR ZUSAMMENARBEIT
                                                        « Ich finde es unglaub­
 ­ZWISCHEN DER STADTGÄRTNEREI                           lich wichtig, dass alle
  ZÜRICH UND PROSPECIERARA
 «2005 organisierten wir zusammen mit der Bio-          Zugang zu freiem,
 terra Regionalgruppe Zürich und ProSpecieRara
 den ersten Tomatensetzlingsmarkt in der Stadt-         ­selber vermehrbarem
 gärtnerei mit dem Ziel, die Tomatenvielfalt, die
 es sonst nirgends zu kaufen gab, unter die             Saatgut haben. Was
 Leute zu bringen. Der Markt war von Beginn
 weg ein grosser Erfolg und zählt auch heute            mit den Saatgutmultis
 noch zu unseren Höhepunkten im Jahr.
     In den ersten Jahren haben wir das Saat-           und den Patenten etc.
 gut, welches wir für die Setzlingsproduktion
 brauchten, direkt aus der Samenbibliothek              läuft, ist eine Katastro­
 von ProSpecieRara bezogen. Mit der Zeit wur-
 de das zu viel, sodass ProSpecieRara uns ge-           phe. Deshalb unter­
 beten hat, zumindest von einigen Sorten das
 Saatgut selber zu vermehren. Seither vermeh-           stütze ich ProSpecie­
  ren wir jährlich zehn Tomatensorten im grösse-
  ren Stil – einen Teil des geernteten Saatgutes        Rara schon lange aus
  brauchen wir selber, der Rest geht in die Sa-
  menbibliothek.
      Die Zusammenarbeit intensivierte sich
                                                        tiefster Überzeugung.                    »
  über die Jahre, so dass wir heute auch rund           Nicole Müller-Huser,
  25 weitere Gemüse- und Zierpflanzensorten             Lungern/OW, Gönnerin seit 2009
  vermehren, zahlreiche Stauden erhalten, Platz
  für Versuche wie z. B. Schnittblumentests oder             Ebenfalls spenden:
  Mischbepflanzungen zur Verfügung stellen und          www.prospecierara.ch/spenden
  in Schaubeeten die Besucher*innen der öf-
  fentlich zugänglichen Anlage auf die ProSpe-
  cieRara-Schützlinge aufmerksam machen.
      Für uns ist die Zusammenarbeit nicht zu-
  letzt auch deshalb spannend, weil unsere Ler-
  nenden so gärtnerische Fähigkeiten mitbe-                                     RICCARDO BOCCI
                                                                                Geschäftsführer
  kommen, die sie sonst nirgends lernen – z. B.                                 der italienischen
     den Samenbau.»                                                             ­Erhalterorganisation
                                                                                 «Rete semi rurali»

12
PROF. DR. CORD
                                                                         DRÖGEMÜLLER
                                                      Professor am Ins
                                                                        titut für Genetik
 Engagement                                           der Vetsuisse Fa
                                                                       kultät, Uni Bern

DANK ALTEN RASSEN WISSENSLÜCKEN SCHLIESSEN
 «Wieso haben die Appenzeller Spitzhauben-       und wir so unmittelbaren Zu-
 hühner eine Haube und Barthühner einen          griff auf diese genetischen
 Bart? Wieso gibt es rot-weisse und schwarz-     Besonderheiten ­haben.
weisse Evolèner Rinder? Schon in meiner              Neben den wissenschaft-
Kindheit auf dem Bauernhof habe ich mir so       lichen Fragestellungen, die
ähnliche Fragen gestellt – und heute bin ich     wir so beantworten können,
in der Position, diese Fragestellungen wis-      geben unsere Resultate aber auch den
senschaftlich zu untersuchen.                    Züchtenden mehr Gewissheit bei der Zucht.
    Zwar kennt man bei allen Nutztierar ten     So haben wir z. B. herausgefunden, dass
ähnlich wie beim Menschen rund 20 000           das braune Farbgen bei der Kupferhalsziege
Gene, aber von den allermeisten weiss man       dominant vererbt wird und nicht etwa – wie
nicht, was sie bewirken. Dank der Untersu-      bis dahin angenommen – das schwarze.
chungen, die wir zusammen mit ProSpecie-        Und wir suchten schon gezielt nach beson-
Rara seit rund 10 Jahren immer mal wieder       ders seltener und damit speziell zu fördern-
machen, können wir zumindest punktuelle         der Genetik innerhalb einzelner Rassen.
Wissenslücken schliessen. Ich bin den           Für die Rasseerhaltung sind solche Informa-
Tierhalter*innen sehr dankbar dafür, dass       tionen sehr wertvoll.»
sie diese Rassenvielfalt lebendig erhalten

                                                                                 Porträt
 GEMEINSAME STIMME DER ZIVILGESELLSCHAFT
 Rund 80 so genannte Community Seedbanks              Riccardo Bocci, Geschäftsführer der italieni-
 gibt es in Europa. Diese sind ganz unterschied-      schen Erhalterorganisation «Rete semi rurali»,
 lich organisiert. Allen gemein ist, dass sie loka-   koordiniert das Netzwerk und ist als Experte
 le Sorten sammeln und zugänglich machen.             ­regelmässig an Konferenzen und Verhandlun-
 Viele von ihnen sind im Netzwerk «Let’s liberate      gen mit dabei. Die Zusammenarbeit mit
 Diversity» verbunden, tauschen dort regelmä-          ­ProSpecieRara-Geschäftsführer Béla Bartha
 ssig ihre Erfahrungen aus und treten bei den in-       ist dabei eng. Nicht zuletzt deshalb, weil
  ternationalen Verhandlungen über die Erhaltung        ­ProSpecieRara in vielerlei Hinsicht als Vorbild
  und nachhaltige Nutzung der pflanzengeneti-            dient. In keinem anderen Land ist die Zusam-
                          schen Ressourcen als           menarbeit zwischen Staat und Nichtregierungs-
                           Stimme der Zivilgesell-       organisation so etablier t wie in der Schweiz,
                           schaft auf, wovon auch        was sich auch in der Gesetzgebung zeigt. So
                           ProSpecieRara profi-          gibt es z. B. in der Schweiz die einzigar tige
                            tiert, denn Gesetzge-        ­«Nischensortenregelung», welche das Inverkehr-
                            bungen auf EU-Ebene           bringen von seltenen Sorten erlaubt. Von die-
                             haben meist auch Ein-        sen Erfahrungen kann das Netzwerk profitieren.
                             fluss auf die Schweiz.

13
Bild: Andrea Herger

                                                     Wie kam es, dass…

                                                  … DU EINE PROSPECIERARA-GÄRTNEREI ­
                                                  ERÖFFNET HAST?
                                                   «‹Was kann ich zu einer     men, sobald wir sie in genügendem Umfang
                                                   besseren Welt beitra-       vermehrt haben.
                                                   gen?›, habe ich mich           Den einen Verkaufsschlager gibt es
                                                   gefragt und als ersten      bei uns nicht. Zu uns kommen Leute, die
                      PATRICK BIEDERMANN           Schritt aufgehört, im      Aussergewöhnliches suchen und Freude
                      Inhaber Kulturgärtnerei     Winter Tomaten zu kau-      an der Vielfalt haben. Die Wertschätzung
                      ­Homatt, Ruswil/LU
                       www.homatt.ch              fen. Ich wurde Gönner       und Dankbarkeit zu spüren, welche die
                                                 und anschliessend Sor-       Kund*innen für unsere Arbeit haben, treibt
                              tenbetreuer bei ProSpecieRara – und eröff-      mich an.
                              nete schliesslich 2016 die «Kulturgärtnerei         Jeweils dienstags und samstags sind wir
                             Homatt», wo ich mit meinem Team primär           am Luzerner Wochenmarkt, haben jüngst in
                             auf ProSpecieRara-Sorten setze. Von den          der Luzerner Kleinstadt einen kleinen Laden
                             1280 Sorten, die wir übers Jahr verteilt als     eröffnet und nehmen an allen ProSpecie­
                             Pflanzen im Angebot haben, sind 750 von          Rara-Setzlingsmärkten in der Deutschschweiz
                             ProSpecieRara. 150 weitere ProSpecieRara-        und an zwei weiteren Biomärkten teil. Das
                             Sorten haben wir in unseren Sammlungen.          Herzstück bleibt aber meine Gärtnerei in
                             Diese werden ebenfalls in den Verkauf kom-       Ruswil.»

                        Engagement
                      AGROBIODIVERSITÄT AUF DEM POLITISCHEN PARKETT
                      «Seit über 30 Jahren bin ich politisch aktiv und    ProSpecieRara bin ich e   ­ xtrem dankbar, dass
                      setze mich für eine nachhaltige, öko­logische       sie schon seit 40 Jahren dafür sorgt, dass
                      Landwirtschaft ein. Da gehört die A  ­ rten- und    wir heute noch auf einen so grossen Schatz
                      Sortenvielfalt selbstverständlich mit dazu und      an lokalen S  ­ orten und Rassen zurückgreifen
                      entsprechend ist ProSpecieRara schon lange          können – sei es für die lokale Produktion
                      eine bedeutende Partnerin für mich.                 von regionalen Spezialitäten und auch als
                          2022 wird ein wichtiges Jahr für die Agro-      Ausgangs­lage für Neuzüchtungen. Nur mit
                      biodiversität: Das Gentechmoratorium wird           ­Agrobiodiversität können wir den
                      hoffentlich verlängert, die Diskussion über          ­Herausforderungen
                      die Agrarpolitik 2022+ wird im Parlament              des Klimawandels
                      ­erneut angegangen und meine Motion, welche           begegnen. Vielfalt
                       mehr Transparenz bei Patentrechten in der            ist ­Sicherheit.»
                       Pflanzenzucht für die Schweizer Pflanzen­
                       züchter*innen verlangt, ­findet hoffentlich eine            MAYA GRAF
                                                                                   Ständerätin und
                       Mehrheit.
                                                                                   ProSpecieRara-
                                                                                   Stiftungsrätin

                 14
3 Fragen an …
KATHRIN FREI, OBSTEXPERTIN
Was fasziniert dich an den alten Obstsor ten?      baum. Da ich es schade
Die Vielfalt an Formen, Farben und Aromen ist      finde, wenn Bäume zu
faszinierend. Jeder Baum sieht anders aus,         Museumsstücken ver-
selbst im Winter ohne Blätter erkennt man an       kommen, ist es mir
der Form und den Knospen, welche Sorte auf         wichtig, herauszufinden,
                                                                                   KATHRIN FREI
diesem Baum wächst. Und als leidenschaftli-        für welche Verwendungs-
                                                                                  betreut zusammen mit ihre
                                                   zwecke sich die einzel-                                   m
che Köchin ist es natürlich genial, aus der                                       Mann Lukas auf dem Bioh
                                                                                                            of
ganzen Vielfalt wählen zu können. Zudem bin         nen Sorten eignen. Da         Margel in ­Knonau/ZH eine
                                                                                  ProSpecieRara-Obstsorten­
ich überzeugt, dass wir schon bald sehr froh        sind wir jetzt, wo unsere
                                                                                  sammlung.
 sein werden, diesen genetischen Schatz, den        Bäume langsam in den
 die alten Sorten darstellen, zu haben. Denn        Vollertrag kommen,
 es gibt darunter Sorten, welche mit den heuti-     stark am Experimentieren. Ich will Ge-
 gen Bedingungen ganz ohne Spritzmittel bes-        schmackserlebnisse an die Leute bringen und
 tens zurechtkommen. Soll die Landwir tschaft       sie so für die alten Sorten begeistern.
 in Richtung pestizidfrei gehen, sind sie wohl
 ein Schlüssel. In einem System braucht es    Woher hast du das Wissen rund um die Obst­
Vielfalt, damit es stabil ist.                baumpflege?
                                              Als ich ziemlich unerwar tet zu diesem Obst-
Wie engagierst du dich für die Obstraritäten? garten gekommen bin, hatte ich als studierte
Einerseits pflege ich unseren Obstgar ten mit Umweltingenieurin zwar eine Ahnung von
                                                                 kein fundiertes Wissen. Da
den 100 verschiedenen Sorten auf 200 Bäu- Baumpflege, aber
                                              es damals   noch  keine entsprechenden Kurse
men. Dieser wurde 2003/2004 im Rahmen
                                                                 das  Wissen  im Gespräch
des Nationalen Aktionsplanes Pflanzengeneti- gab, habe ich mir
scher Ressourcen und zusammen mit Pro-        mit Fachleuten mit der Zeit angeeignet. Ich
SpecieRara angelegt. Zudem gebe ich für       und mein Wissen sind quasi zusammen mit
­ProSpecieRara Kurse rund ums Thema Obst-     unseren 200 Bäumen gewachsen.

                                              Engagement
  EIN ERFÜLLENDES HOBBY
   «Sie sind für einen Hobbybetrieb wie den unseren perfekt – Krank-
   heiten oder Probleme bei der Geburt gibt es nur äusserst selten
                                                                    …
   Die Haltung der alten Rassen geht wirklich «gäbig», das macht Freu-
   de. Und natürlich sind sie auch wunderschön! Der finanzielle Gewinn
   steht bei unserer Tierhaltung nicht an erster Stelle.
      Uns haben es die Walliser angetan: Sowohl Walliser Landschafe
   als auch Kupferhalsziegen leben auf unserem Hof. Bei diesen bei-
   den Rassen engagiere ich mich auch in den Zuchtleitungskommis- ANDI HENGGELER                         d­
                                                                            rägeri/ZG, hält Walliser Lan
   sionen des jeweiligen Zuchtvereins, bei den Schafen bin ich zudem Unte Kupferhalsziegen, Appen­
                                                                       scha fe,
  ­Experte. Das heisst, an zwei bis drei Vereinsschauen im Jahr und                                nenten
                                                                       zeller Bar thühner, Pommer
                                                                            Sch weiz er Fuc hskaninchen
  bei bis zu 10 Hofbesuchen bewerte ich die Schafe für die Zucht und   und
  berate die Besitzer*innen. Mich so zusammen mit meiner Familie
  für das Überleben der Rassen zu engagieren, finde ich grossar tig.»

15
Mein Liebling
   DEM HINTERWÄLDER RIND VERFALLEN
                                                     an der BEA und
   «Mein Mann entdeckte das Hinterwälder Rind
                                               ren  kleine  n Stall und ins
   fand, dass es eigentlich ganz gut in unse
                                                        fallte in unserer
   stotzige Gelände passt. Kurze Zeit später verun
                                                       fhin in die Metzg
   Nähe ein Bauer, dessen Hinterwälderkuh darau
                                                     da an hat es mir
   sollte. Wir haben sie günstig gekauft und von
                                      , so hiess  die   Kuh, war eine so
   ’den Ärmel reingenommen’. Käthi
                                               aben  .  Obwo   hl sie schon
    Herzliche, man musste sie einfach gernh
                          9 Jahre alt war, habe    ich  sie  decke  n las-
                          sen und sie schenkte uns in        den   folge n-
                          den Jahren fünf Kälber – die Basis         für un-
                          sere Zucht. Wegen dieser Langlebigkeit,                     PASCAL HAAG
                                                                                      erforscht in unserem Auftrag
                          der Geländegängigkeit und der Tatsache,                     die fürs ­Kochen besonders
                           dass in unserem alten, eher kleinen Stall                  interessanten ­Eigenschaften
                                                                                      der ProSpecie­­Rara-Sorten.
                           mehr Tiere als von einer grossen Rasse
                                                                                      Einige seiner ­Rezepte sind in
                           Platz haben, haben wir die «normalen»                      unserer Rezeptesammlung
                           Milchkühe, die wir zuvor hielten, nach und                  aufgeschaltet.
                           nach durch Hinterwälder ersetzt. Und na-
                           türlich gefällt mir die Rasse mit ihren roten                  Zu den Rezepten:
                           Flecken auch optisch sehr – ich freu mich                 www.prospecierara.ch/rezepte
KATHRIN BERGER
Gohl/BE, Präsidentin         immer, wenn ich sie sehe.»
des ­Schweizerischen
Hinterwälder Zuchtvereins

                                                                                    Zukunft
      VIELFALT UNTER DIE LEUTE BRINGEN
   «ProSpecieRara und Coop haben sich zum Ziel            Ich persönlich freue mich immer, wenn ich
   gesetzt, möglichst vielen Menschen den Zugang         Chioggia-Randen kaufen kann. Im Ofen fein­ge-
   zur gefährdeten Kulturpflanzenvielfalt zu ermög-      schmor t bei tiefer Hitze mit Olivenöl und Kräu-
   lichen und damit die Biodiversität in der Land-       tern, dazu Ziegenfrischkäse auf einigen Salat-
   wirtschaft zu vergrössern. Da haben wir schon         blättern: Dieses Gericht liebt meine ganze
   erfreulich viel erreicht, bleiben aber natürlich      Familie. Und im Frühling kaufe ich zudem Setz-
  weiter dran und evaluieren gemeinsam, welche           linge von fast allen ProSpecieRara-Sorten, die
  Sorten künftig noch ins Sortiment aufgenom-            wir anbieten.»
  men werden können. Denn die ProSpecieRara-
                                                                                        PHILIPP WYSS
  Sorten bieten einen spannenden Mehrwert für
                                                                                        CEO Coop
  unsere Kund*innen, die das Besondere suchen
  und einen Beitrag zur Erhaltung der Sortenviel-
  falt leisten möchten: ProSpecieRara steht für
  Schweizer Saisonalität und hohe kulinarische
  Qualität. Insbesondere die junge, urbane Kund-
  schaft ist sehr affin für diese Produkte.

 16
Bild: Jürg Waldmeier

                           « Die Zwiebel ’Rouge de Genève’ hat eine schö­
                           ne ­Süsse – mit der habe ich sogar schon einen
                           Schoggikuchen gebacken. Solche Überraschun­
                           gen erlebe ich beim Erforschen der alten Sor­
                           ten immer wieder, das ist extrem bereichernd.
                           Auch in den Acker­bohnen, die man als Trocken­
                           bohnen, als Mehl oder als Griess verwenden
                           kann, sehe ich grosses Potential für ganz unter­
                           schiedliche Verwendungszwecke. Und viele
                           ­ProSpecieRara-­Sorten können natürlich auch
                           optisch auftrumpfen, so dass man sie auf dem
                           Teller schön in S
                                           ­ zene setzen kann.                               »
                           Pascal Haag, Vegi-Koch und Rezepteentwickler

                                                                                      Engagement

                       WO VIELFALT AUF VIELFALT TRIFFT
                       «Die Ressourcen unserer Mitarbeiten-       lingen an und vermehren diverse
                       den sind so vielfältig wie die ProSpe-     Zierpflanzensorten. Diese sind
                       cieRara-Sorten und die Arbeiten, welche    unser Steckenpferd. So verfügen
                       rund um deren Erhaltung anfallen. Des-     wir über eine Sammlung von rund
                       halb passt es so gut, dass wir uns für     50 ProSpecieRara-Dahliensorten
                       diese Sorten einsetzen. Wir haben im-      und pflegen einen Schaugarten
                       mer Nutzer*innen, die über die Feinmo-     mit 24 Chrysanthemensorten,
                       torik und Konzentrationsfähigkeit verfü-   zahlreichen Phlox, vielen Polster-
                       gen, um ausdauernd Samen zu reinigen,      pflanzen, Iris und weiteren Stau-
                       während ich anderen das zuverlässige       denarten. Unsere Mitarbeitenden
                       Ausgraben, Beschriften und Einwintern      für diese Vielfalt zu begeistern,
                       der Knollen der verschiedenen Dahlien-      macht mir Spass – und ist nicht
                       sorten übertragen kann.                     allzu schwierig …»
                           Wir ziehen zahlreiche ProSpecieRara-
                                                                       PETER BIBERSTEIN
                       Gemüsesorten für den Verkauf von Setz-                                           der Solodaris Stiftung
                                                                       ist Arbeitsagoge und Gär tner
                                                                                                 m   für Menschen mit einer
                                                                       – dem Kompetenzzentru
                                                                                hen Bee inträ chti gun g im Kanton Solothurn.
                                                                       psychisc
17
« Mit der Ratifizierung der Biodi­
                                  versitätskonvention 1992 hat
                                  sich die Schweiz auch zur Erhal­
                                 tung der Schweizer Nutztier­
                                 rassen verpflichtet. Hierzu unter­
                                 stützt der Bund v­ erschiedene
Massnahmen mit Beiträgen und übernimmt die
­Koordination für tiergenetische Ressourcen in der
Schweiz. Die Rassenvielfalt stellt eine wichtige Pro­
duktionsgrundlage für die Ernährung des Menschen
dar und der Erhalt der tiergenetischen Ressourcen
ist zentral, um Änderungen der Umweltbedingungen
und des Marktes zu begegnen. Die Rassen mit
Schweizer Ursprung sind bestens an die topogra­
phischen und klimatischen Verhältnisse in der
Schweiz angepasst und eng mit der Kultur ver­
bunden. Der Erhalt dieser Rassen ist eine unent­
behrliche Investition in die Z
                             ­ ukunft.                        »
­ elissa Raemy, Wissenschaftliche Mitarbeiterin und nationale Koordinatorin
M
für tiergenetische Ressourcen beim Bundesamt für Landwirtschaft

18
LUCCIO SCHLETTWEIN
     Engagement                                                            Basel, Stiftungsrat bei
                                                                           der Margarethe und
                                                                           ­Rudolf Gsell-Stiftung
     HERZENSPROJEKTE UNTERSTÜTZEN
                                                         viel Herzblut für die gefährde-
     «Altes zu bewahren und die Vielfalt in der
                                                         ten genetischen Ressourcen
     Tier- und Pflanzenwelt zu fördern hat nicht
                                                         einsetzen und nicht bloss ei-
     nur Tradition in unserer Familie, sondern
                                                         nen Job erledigen.
     wurde von meinen Eltern bei der Gründung
                                                             Das Bewahren kultureller
     der Margarethe und Rudolf Gsell-Stiftung als
                                                 -       Werte stand auch im Vorder-
     deren Zweck festgehalten. Seit 1994 unter
                                            Mutte  r      grund als in der Nachbar-
      stützen wir ProSpecieRara. Da meine
                                                          schaft unseres Tessiner Feri-
      viele Kindheitserinnerungen mit Beeren ver-
                                                          enhauses ein alter Bauernhof
      bindet, war die Unterstützung des Beerenbe-
                                                          zum Verkauf stand und wir diesen erwarben,
      reiches naheliegend. Deshalb stellen wir ein
                                                          um so das traditionelle Ortsbild zu erhalten
      Grundstück für die nationale Beerensamm-
                                                          – und die Zusammenarbeit mit ProSpecie-
      lung in Riehen/BS zur Verfügung und finan-
                                                          Rara ­auszubauen. 2007 konnten wir dort
      zieren Erhaltungs- und Forschungsarbeiten
                                                           das Centro ProSpecieRara in San Pietro di
      auf diesem Gebiet.
                                                           Stabio mit Schaugarten, Tieren und dem
         Für ProSpecieRara-Projekte engagieren
                                                           Büro von ­ProSpecieRara Svizzera italiana
      wir uns gerne, weil uns bewusst ist, dass
                                                           feierlich ­eröffnen.»
      hier Menschen am Werk sind, die sich mit

                                                                                                     Porträt
            HOF NEUE ZELG: IM ZENTRUM STEHT DER KREISLAUF
             Bevor und nachdem auf einem Feld eine                nen Farbschlägen, leben seit fünf Jahren
             ­ emüsekultur gedeiht, bereiten die Woll-
             G                                                    auf dem Hof Neue Zelg oberhalb von
             schweine den Boden vor bzw. fressen                 ­Bettlach/SO.
            ­danach die Überreste. Wird ein Tier ge-                 Familie Müller hat die Vorzüge der alten
            schlachtet, wird alles verwertet. Ausrangier-        Rassen erkannt – und ihre Kundschaft
                          te Zuchthennen werden zu               ebenso. Die Nachfrage nach dem Fleisch
                          Suppenhühnern verarbeitet.             dieser Rassen wächst von Jahr zu Jahr. Und
                          Zudem werden die Schafe als           dies, obwohl die Vermarktung ausschliess-
                          natürliche Mähmaschinen               lich im kleinen Hofladen, der täglich 24
                          z. B. an Bahnborden einge-            Stunden geöffnet ist, stattfindet. Die
                          setzt. Und all dies geschieht         Kund*innen schätzen es, dass sie sich auf
                          mit robusten, alten Rassen:           dem Hof vom Wohlergehen der Tiere über-
                          Rund 30 Wollschweine, 150             zeugen können. Sie werden mit Infotafeln
                          Saaser Mutten und Engadi-             oder im direkten Gespräch darüber aufge-
                          nerschafe, 150 Skuddenscha-           klärt, weshalb es wichtig ist, die ProSpe-
                          fe und Zuchtgruppen aller drei        cieRara-Rassen zu erhalten, aber auch zu
                          Pro­SpecieRara-Hühnerrassen,          nutzen – und sind so bereit, den angemes-
                          teilweise gar in verschiede-          senen Preis für diese Produkte zu bezahlen.

FAMILIE MÜLLER
Hof Neue Zelg Bettlach/SO                                        finden:
                               Weitere ProSpecieRara-Betriebe
www.neuezelg.ch                     www.pros pecie rara. ch/k arte

   19
3 Fragen an …
              Unser Liebling
     DIE PROSPECIERARA-­                          LJUPCHO VASILEV, MITGRÜNDER
     SETZLINGSMÄRKTE: FIX­                        ­COMMUNITY SEEDBANK FABIA IN
     PUNKTE IN DER AGENDA                          NORDMAZEDONIEN
      «Seit 2005 besuchen wir regelmä-            Was machst du in Nordmazedonien für die
      ssig die ProSpecieRara-Setzlings-           ­Agrobiodiversität?
      märkte in Weggis, Bern und am                Seit 2019 suche ich in Genbanken aber vor
      liebsten denjenigen in Wildegg.              ­allem auch «im Feld» nach alten nordmazedo-
      Die Auswahl dort ist immens, es               nischen Sorten. Die spannendsten unter ihnen
     gibt immer wieder etwas neues                  vermehre ich mit dem Ziel, sie wieder in den
     Altes zu entdecken, das in unse-               Handel zu bringen und sie so nachhaltig abzu-
     rem grossen Garten noch nicht                  sichern. Gefunden habe ich unter anderem
     wächst. Und natürlich ist es auch              eine schöne Melonenvielfalt, verschiedene
     schön, hier Gartenfreund*innen                 Linsen-, Schlafmohn- und Okrasor ten und spe-
     zu treffen und gemeinsam zu                  zielle Kürbisse.
     fachsimpeln.»
                          URSULA HELLER           Machst du das alleine?
                                             &
                          PETER RUTSCH
                                          MAN     Nein, natürlich nicht. Ich arbeite mit einer Uni
                          Ebnet/LU, Setzl
                          markt-Begeister
                                          ings­   zusammen, deren Studierende als Projektar-
                                           te
                                                  beit Sorten zuhause anbauen, dokumentieren
                                                  und vermehren. Mit ihnen und weiteren Ehren-
                                                  amtlichen haben wir inzwischen ein Netzwerk
                                                  aufbauen können. Zudem arbeite ich eng mit
                                                  ProSpecieRara zusammen. Dank der Hilfe aus
                                                  der Schweiz konnten wir z. B. ein Gewächs-
                                                  haus für die Samenproduktion bauen. Aber
                                                  noch wichtiger ist der Austausch von Wissen:
                                                   Wie kann ein Erhalternetzwerk aufgebaut wer-
                                                   den? Wie bringt man die alten Sorten wieder
                                                   in den Handel? Wie funktioniert eine so ge-
                                                   nannten Community Seedbank? … Hier profi-
                                                   tieren wir von den 40 Jahren Erfahrung, die
                                                   ProSpecieRara hat. Nicht zuletzt bekam ich so
                                                   auch wertvolle Kontakte zu anderen europäi-
                                                   schen Organisationen.

                                                   Wie kommt das Projekt in der Bevölkerung an?
                                                   Sehr gut! Vor allem bei der jungen, städti-
                                                   schen Bevölkerung wächst das Interesse an
                                                   den alten Sorten stark. Es gibt in der Haupt-
                                                   stadt Skopje z. B. ein Urban-Agriculture-Projekt,
                                                   mit dem wir seit diesem Jahr eng zusammenar-
                                                   beiten. Dort soll unser Saatgut angebaut und
                                                   verkauft werden. So kommen wieder viele
                                                   ­Leute mit den Sorten in Kontakt.

20
« Über die Ländergrenzen hinweg
Erfahrungen auszutauschen und
sich dadurch zu stärken, ist bei der
Erhaltung der seltenen Nutztier­-
rassen unablässig. Mit der langen
Erfahrung und grossen Professionalität,
die ProSpecieRara mitbringt, ist sie                                         roSpecieRara ist dur
                                                                          i P
                                                                                                       ch

                                              »
                                                                                                        eichs­
                                                                            ­Philippe Ammann, Ber
                                                                                                    tun gsr at
eine wertvolle Partnerin.                                                    leiter Tie re, im Stif
                                                                             von SAVE (Sicher ung der
                                                                                                          en
                                                                              landwirtschaftlichen Art
                                                                                                        treten.
Dr. Boink Geert, Vorsitzender SAVE Stiftungsrat                               Vielfalt in Europa) ver

       Damals
    SEIT ÜBER 20 JAHREN ERFOLGREICH GEMEINSAM UNTERWEGS
      «Als ich 1994 beim Schloss Wildegg , Museum liebtes Ziel für Verein-
      Aargau angestellt wurde, stand auf der Ge-    sausflüge und Garten­
     ländeterrasse des heutigen ProSpecie­Rara-­ interessierte.
     Gartens eine Obstanlage. Bald schon kam        Schon im Jahr 2000 fand
     jedoch der Wunsch auf, den 3300 m2 gro-       der erste Setzlingsmarkt
     ssen historischen Nutz- und Lustgar ten ge-   statt, der seither ­immer
     mäss seinem Zustand im 18. /19. Jahrhun- am ersten Maiwoc
                                                                        henen-
     dert zu rekonstruieren. Bei der Partnersuche de tausende Leute                      ERLAND EICHMAN
                                                                                                          N
                                                                         aufs
     für dieses Projekt stiessen wir rasch auf     Schloss lockt. Ich bin ehr-           Betriebs lei ter
                                                                                                            G
    ­ProSpecieRara, welche das nötige Wissen                                             Schloss Wildegg /A
                                                   lich gesagt erleichtert,
    und pflanzliche Material für eine historische dass es inzwischen
                                                                         auch an anderen Orten
    Pflanzung mitbrachte. Von Anfang an war        ProSpecieRara-Setzlingsmärkte gibt, denn
    klar, dass im Schaugarten auch Saatgut ver- das Gedränge nahm
                                                                          ein Ausmass an, das
    mehrt werden soll und so dem Publikum in- nicht mehr angene
                                                                        hm war und auch viele
    teressante Einblicke geboten werden           Besuchende gestört hat. Ein weiteres High-
   ­können.                                       light für mich ist, dass die Schlossgärtnerei
        Mit der Garten-Eröffnung 1998 verdoppel- seit 2019 die ProSpec
                                                                            ieRara-Samengärtne-
   te sich die Besucherzahl auf dem Schloss       rei ­beherbergt und das Schloss ­Wildegg zum
   auf einen Schlag – der ProSpecieRara-Garten ­eigentlichen Hotspot
                                                                          für die ­Erhaltung tradi-
   war bald in aller Munde und ist seither be-    tioneller Kulturpflanzensorten geworden ist.»

21
Porträt
                        SORTENVIELFALT ALS KAPITAL
                          1000 Sorten sind im Angebot     ein grosses Anliegen. Denn es werden im-
                          der Baumschule Toni Suter im    mer wieder Eigenschaften in Sorten ent-
                          aargauischen Birmenstorf,       deckt, die heutige Bedürfnisse erfüllen. Das
     TONI SUTER
     Baum  schuli st,     rund 700 davon sind alte Sor-   kann z. B. eine Resistenz gegen eine neue
     Birmenstorf/AG,
                          ten. Auch wenn das Gros des     Pflanzenkrankheit oder die besonders gute
     www.tonisuter.ch
                          Umsatzes mit modernen Sor-      Eignung fürs neue Trendgetränk Cider sein …
          ten gemach  t wird, so sind die alten Sorten    Entsprechend ist es auch nicht verwunder-
          doch ein wichtige Standbein, da oft ganz
                             s                            lich, dass die Zusammenarbeit zwischen Pro-
          spezifisch nach dem Apfel gesucht wird, mit     SpecieRara und Toni Suter schon seit mehr
          dem schon das eigene Grosi die Wähe geba-       als 30 Jahren fruchtet. Neben der Baumschu-
          cken hat, oder nach einer Birne, deren Her-     le betreibt er auch einen Edelreiserschnitt-
          kunft aus der eigenen Region belegt ist.        garten, in dem besonders rare Sorten im
              Die Erhaltung der Sortenvielfalt – auch      Rahmen des Nationalen Aktions­planes pflan-
           wenn einige der Sorten auf den ersten Blick     zengenetischer Ressourcen wachsen, um
           wenig attraktiv erscheinen – ist Toni Suter     von dort aus vermehrt werden zu können.

 3 Fragen an …
 MARKUS HARDEGGER, LEITER FACHBEREICH GENETISCHE RESSOURCEN
 UND TECHNOLOGIEN IM BUNDESAMT FÜR LANDWIRTSCHAFT
 Wieso finanziert der Bund ­Projekte von Organi­      Grundlagenarbeit notwendig und der Erfolg
 sationen wie ProSpecieRara, anstatt diese            nicht garantiert ist. Solche Projekte können
 gleich selber umzusetzen?                            nach einigen Jahren selbsttragend oder für
 ProSpecieRara hat sich schon um das kulturhis-      ­andere Sponsoren interessant sein.
 torische Erbe gekümmert, bevor die Staaten
 mit der Biodiversitätskonvention von Rio 1992       Welche Bedeutung haben die seltenen geneti­
 in diesem Bereich aktiv wurden. Entsprechend        schen Ressourcen aus Sicht des Bundes?
 war da schon viel Erfahrung vorhanden, auf          In den Augen des Bundesamts für Landwirt-
 die der Bund gerne zurückgegriffen hat. Dieses      schaft sind die seltenen Sorten und Rassen
­Vorgehen unterscheidet die Schweiz von den         ­sowohl als kulturhistorisches Erbe wichtig, als
meisten anderen Ländern, in denen die Erhal-        natürlich auch als Genpool, auf den bei Bedarf
tungsprojekte heute staatlich organisiert sind.     für Neuzüchtungen zurückgegriffen werden
Der Vorteil unseres Systems ist, dass die Erhal-    kann. Im Rahmen der Agrarpolitik haben sie
tungsarbeit nicht im «Elfenbeinturm» stattfindet,   aber – ehrlich gesagt – eine minimale Bedeu-
sondern breite Bevölkerungsschichten mitein-        tung, hier stehen ertragreichere Sorten und
bezogen und sensibilisiert werden.                  Rassen im F­ okus.

 Worauf legt der Bund besonders Wert bei der         1)
                                                        NAP (PGREL) = Nationaler
­F inanzierung der NAP 1-Projekte?                   Aktionsplan zur Erhaltung
                                                     von Pflanzengenetischen
Die Bundesgelder sind primär eine Anschubfi-
                                                    ­Ressourcen in Ernährung
nanzierung. Auf diese Weise kann man auch           und Landwirtschaft
mal in neue Bereiche vorstossen, in denen

22
FRANÇOIS MEIENBERG     MATHIAS BAMERT      CAROLINE S. WECKERLE        ANNA KORNICKER
      Politik             Kulinarik            Stiftungsrätin          GL, Kommunikation

                                           DAS
                                           PRO
                                           SPECIE
                                           RARA
  MANUELA GHEZZI
      Piante
                         MIRA OBERER
                      Saatgutmanagement    TEAM                       CHRISTOPH KÖHLER
                                                                            Fruits

MATTHIAS GUDINCHET    ANDRÉ BREITENSTEIN    PETER HOSTETTLER          EVA-MARIA SALOMON
 Plantes & semences           IT               Stiftungsrat                Sekretariat

 FRITZ SCHNEIDER        MARTIN GRÖGER          BÉLA BARTHA             NATALIE STIMAC
    Stiftungsrat        Hof Tannenberg        Geschäftsführer     Communication & administration

   NOEMI SCHÄR          MARK SURBEK        ALESSANDRA ROVERSI            MAIK ZIMMERLI
  Kartoffelversand      Beerengarten           Stiftungsrätin            Hof Tannenberg
Agenda

                                         UNSER NETZWERK
                                         LÄDT EIN
                                         Entdecken Sie die Vielfalt in             FÜHRUNGEN
                                         unserem Netzwerk!                         Erfahren Sie mehr über die
                                        Setzlingsverkauf                           ProSpecieRara-Sorten, die in
                                        mehrere Daten ab 30. April 2022            verschiedenen Schaugärten
                                        Schaugewächshaus
                                                                                   wachsen.
 UNSERE SETZLINGS­                      5524 Niederwil /AG
                                                                                   Alpenpflanzengar ten
 MÄRKTE                                 Saisoneröffnung Homatt
                                                                                   26. Mai und 17. September 2022
                          für
 Hier finden Sie Vielfalt               30. April und 1. Mai 2022
                                                                                   16 – 17 Uhr
                  er Ba lko n!          Kulturgärtnerei Homatt
 Ihren Garte n od                                                                  bei der Felsenkappelle
                                        6017 Ruswil /LU
                                                                                   6356 Rigi Kaltbad /LU
 Tomatensetzlingsmarkt                 Setzlingsmarkt Schloss Hegi
                          Uhr
 29. April 2022, 10 –18                7. Mai 2022, 10 – 16 Uhr
                                                                                   Schaugarten Wildegg
         il 202 2, 10 –16 Uhr                                                      Juni bis September 2022,
 30. Apr                               Schloss Hegi
 Stadtgärtnerei Zürich                                                             an den meisten Sonntagen,
                         7 Zürich      8409 Winterthur
  Sackzelg 25 /27, 804                                                             jeweils um 13 und 15 Uhr
                                       Setzlingsmarkt Obere Wanne                  Schloss Wildegg
                           g
     Setzlingsmarkt Wildeg             7. und 8. Mai 2022                          5103 Wildegg /AG
                           –17 Uhr
     7. und 8. Mai 2022, 9             Hofgut Obere Wanne
     Schloss Wildegg                                                               Kreuzganggarten Grossmünster
                                       4410 Liestal /BL
     5103  Wildegg /AG                                                             15. Juni 2022, 17 – 18 Uhr
                                       Archehof-Fest                               Grossmünster
     Setzlingsmarkt Wil                21. und 22. Mai 2022                        8001 Zürich
     14. Mai 2022, 8 –14 Uhr           Archehof
                           Wil
     Gär tnerei Heimstätte             6197 Schangnau /BE
                                                                                    Bauerngarten
     Zürcherstr ass e 40­                                                           Seltene Beeren für den
     9500  Wil /SG                                                                  eigenen Garten
                                                                                    20. Juni 2022, 18 – 19 Uhr
                            s
      Setzlingsmarkt Weggi                                                          Merian Gärten
      15. Ma i 202 2, 10 –16 Uhr
                                              WEITERE ANLÄSSE                       4052 Basel
      Seepromenade                                                   ng
      6353  Weggis /LU                        Offene Beerensammlu                   Zierpflanzengarten Erlacherhof
                                                                       2,
                                              21. Mai bis 16. Juli 202              8. August 2022, 17.30 – 18.30 Uhr
       Setzlingsmarkt Chur                                           9 – 12 Uhr
                                              jeweils samstags von                  Junkerngasse 47, 3011 Bern
       21. Mai 2022, 8 –14 Uhr                4125 Riehen /BS
       Arcasplatz                                                                   Bauerngarten
                                                                       inum
       7000  Chur /GR                          Markt im Culinarium Alp              Frühe Äpfel & rare Zwetschgen
                                               11. Juni, 10 – 17 Uhr                15. August 2022, 18 – 19 Uhr
                             n
       Zierpflanzenmarkt Ber                   Culinarium Alpinum                   Merian Gärten
       22. Mai 2022, 9 –16 Uhr                 6370 Stans /NW                       4052 Basel
       Stadtgrün Bern
                             6  Bern
       Elfenauweg  94 d, 300

                                                      Weitere Veranstaltungen und aktuelle, detaillier te Informa-
                                                      tionen zu den hier aufgeführten Anlässen finden Sie auf
                                                                                                                        © iStock.com/sorendls

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