Sonografisch navigierte Elektromyografie des Larynx
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Sonografisch navigierte Elektromyografie des Larynx Dissertation Zur Erlangung des akademischen Grades doctor medicinae (Dr. med.) vorgelegt dem Rat der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena von Anne Naumann geboren am 30.06.1989 in Freiberg 1
Gutachter 1. Prof. Dr. Orlando Guntinas-Lichius 2. Prof. Dr. Hans-Joachim Mentzel 3. apl. Prof. Dr. Andreas Müller Tag der öffentlichen Verteidigung: 27.07.2021 2
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis ............................................................................................................................3 Abkürzungsverzeichnis ..................................................................................................................5 Zusammenfassung............................................................................................................................6 1. Einleitung ........................................................................................................................................8 1.1 Larynxanatomie ................................................................................................................................... 8 1.2 Neuromuskuläre Funktionsstörungen des Larynx ................................................................ 9 1.3 Larynx-EMG ........................................................................................................................................ 12 1.3.1 Anwendung und Material ..................................................................................................... 12 1.3.2 Durchführung ............................................................................................................................ 14 1.3.3 Auswertung ................................................................................................................................ 16 1.4 Larynxsonografie .............................................................................................................................. 18 1.4.1 Anwendungsgebiete und Limitierungen ........................................................................ 18 1.4.2 Untersuchungstechnik und Sono-Anatomie .................................................................. 20 1.5 Sonografisch gestützte Punktion ................................................................................................ 22 2. Ziele der Arbeit .......................................................................................................................... 26 3. Material und Methoden .......................................................................................................... 27 3.1 Studienteilnehmer ........................................................................................................................... 27 3.2 Untersuchungsablauf ...................................................................................................................... 27 3.3 LEMG ..................................................................................................................................................... 29 3.4 Sono-Navigation................................................................................................................................ 29 3.5. Statistische Auswertung ............................................................................................................... 30 4. Ergebnisse ................................................................................................................................... 31 4.1 Patienteneigenschaften .................................................................................................................. 31 4.2 Sonografie vor EMG-Untersuchung ........................................................................................... 33 4.3 Untersuchungszeiten ...................................................................................................................... 35 4.4 Ergebnisse des navigierten LEMGs ........................................................................................... 40 4.5 Ausgewählte Patientenbeispiele ................................................................................................ 43 4.5.1 Patient 18 .................................................................................................................................... 43 4.5.2 Patient 3 ....................................................................................................................................... 46 3
5. Diskussion ................................................................................................................................... 49 5.1 Orientierende Sonografie vor der LEMG ................................................................................. 50 5.2 Untersuchungszeiten ...................................................................................................................... 52 5.3 Ergebnisse der navigierten LEMG.............................................................................................. 53 5.4 Patientenbeispiele............................................................................................................................ 60 5.4.1 Patient 18 .................................................................................................................................... 60 5.4.2 Patient 3 ....................................................................................................................................... 61 5.5 Stellenwert der navigierten Sonografie zur Unterstützung der LEMG ....................... 62 5.6 Methodenkritik.................................................................................................................................. 66 6. Schlussfolgerungen .................................................................................................................. 69 7. Literatur- und Quellenverzeichnis ..................................................................................... 71 8. Anhang .......................................................................................................................................... 79 Lebenslauf ........................................................................................................................................ 82 Danksagung ..................................................................................................................................... 83 Ehrenwörtliche Erklärung ......................................................................................................... 84 4
Abkürzungsverzeichnis A. Arteria Abb. Abbildung CAP Musculus cricoarytenoideus posterior CT Musculus cricothyroideus EMG Elektromyografie Geschl. Geschlecht IQR Interquartilabstand LEMG Larynxelektromyografie Lig. Ligamentum Ligg. Ligamenta M. Musculus männl. männlich Mm. Musculi N. Nervus NLR Nervus laryngeus recurrens NLS Nervus laryngeus superior Nr. Nummer Rr. Rami TA Musculus thyroarytenoideus V. Vena weibl. weiblich 5
Zusammenfassung Die Elektromyografie des Larynx gilt als hilfreiches diagnostisches Verfahren zur Prognoseabschätzung und Therapieplanung bei Rekurrensparesen. In der klinischen Routine kommt die LEMG jedoch bisher wenig zum Einsatz, da vor allem das korrekte Platzieren der Nadelelektrode Probleme bereiten kann und die Untersuchung vom Patienten oft als unangenehm empfunden wird. Ein sonografisches Navigationssystem könnte die LEMG unterstützen und die Lernkurve verbessern. Ziel der Studie war es zu untersuchen, inwieweit die gleichzeitige Anwendung beider Methoden praktikabel war und ob dadurch die Durchführung und die Qualität der LEMG verbessert werden konnte. Dazu erfolgten am SRH Waldklinikum Gera im Rahmen einer Stimmlippenparese- Sprechstunde 20 Patientenuntersuchungen mit 56 einzeln evaluierten Muskeln an 10 weiblichen und 9 männlichen Probanden durch immer die gleiche Untersucherin. Es wurde zunächst eine orientierende Sonografie des vorderen Halses durchgeführt, um die für die LEMG wichtigen Landmarken (Schildknorpel, Ringknorpel, Arytenoidknorpel, Trachea, Schilddrüse, M. thyroarytenoideus und M. cricothyroideus) aufzusuchen. Anschließend erfolgte die navigationsgestützte Punktion des M. thyroarytenoideus und des M. cricothyroideus sowie die Ableitung des EMG-Signals. Der gesamte Ablauf wurde videoaufgezeichnet und nachfolgend durch die Untersucherin sowie zwei weitere Ärzte evaluiert. Außerdem wurde die Dauer einzelner Untersuchungsschritte und das Auftreten von Störungen der Navigationsfunktion analysiert. Mittels orientierender Sonografie vor der EMG-Untersuchung konnten bei allen Probanden die genannten Landmarken zu 100% visualisiert werden. Die Dauer der einzelnen Untersuchungsschritte wurde für alle Patienten erfasst und der jeweilige Median ermittelt. So betrug die mediane Dauer der orientierenden Sonografie vor LEMG 1:36 Minuten, der Median der Gesamtuntersuchung eines Kehlkopfmuskels 1:55 Minuten und der aller vier Muskeln 7:58 Minuten. Der Vergleich einzelner Patientensubgruppen zeigte, dass Frauen eine statistisch signifikant längere Gesamtuntersuchungsdauer eines Kehlkopfmuskels als Männer hatten. Für Patienten mit vorangegangener Hals-Operation wurde für die orientierende Sonografie vor LEMG signifikant länger benötigt als für Probanden ohne vorherige Eingriffe. Die Auswertung des Punktionserfolges der Kehlkopfmuskeln ergab bei 55% der Muskeln ein adäquates 6
EMG-Signal und eine nach sonografischen Kriterien erfolgreiche Muskelpunktion. 23% der Versuche erreichten nicht den Zielmuskel und bei 22% der Punktionen konnte keine sichere Aussage getroffen werden. Störungen der Navigationsfunktion traten bei 30% der Untersuchungen auf, 70% der Versuche verliefen mit zufriedenstellender Funktion des elektromagnetischen Trackings. Zusammenfassend konnte sich durch die orientierende Sonografie vor der eigentlichen EMG-Untersuchung ein guter Überblick über die anatomischen Verhältnisse verschafft werden, sodass die Durchführung dieses Untersuchungsschrittes aus Sicht dieser Arbeit weiterzuempfehlen ist. Die erfasste Dauer einzelner Untersuchungsschritte vermittelte einen Eindruck vom zeitlichen Rahmen der Untersuchung und lieferte Hinweise zu möglichen Einflussfaktoren auf die Anwendung der neuen Methode. Die navigierte LEMG unterscheidet sich im Wesentlichen von der herkömmlichen Untersuchung durch die gleichzeitige Koordinierung der Sonografie und der Platzierung der Nadelelektrode. Besonders Bewegungen des Kehlkopfes, intralaryngeale Schallauslöschungen, Probleme bei der Ankopplung der Schallsonde und das veränderte Einstechen der Elektroden stellen neue Herausforderungen dar. Auch die Vielzahl an Informationen durch das Navigationssystem konnten teilweise erst beim Betrachten der Videoaufzeichnungen voll erfasst werden. Trotzdem überwog für die Untersucherin der Vorteil des Informationszugewinns, sodass aus ihrer Sicht eine Empfehlung zur Nutzung des in der Studie verwendeten elektromagnetischen Trackingsystems zusammen mit der LEMG ausgesprochen werden kann. Die Auswertung des Punktionsergebnisses der navigierten LEMG erbrachte unerwartet wenige erfolgreiche Muskelpunktionen. Zu möglichen Ursachen kann diese Arbeit keine definitiven Aussagen treffen, da es sich um eine initiale Erprobungsstudie handelt, es konnten jedoch erste Erfahrungen gesammelt werden. Störungen der Navigationsfunktion, das Verzeichnungsphänomen und die partiell anspruchsvolle Handhaltung während der Versuche haben bei der Untersucherin gelegentlich zur Verunsicherung geführt und dadurch möglicherweise die Beurteilung der Muskelpunktion negativ beeinflusst. Einige Versuche zeigten jedoch auch in der Sonografie Fehlplatzierungen vor allem in der prälaryngealen Muskulatur, die lediglich anhand der Beurteilung der Elektrodenführung und des EMG-Signals nicht aufgefallen wären. Diese Ergebnisse geben Anlass, die herkömmliche LEMG kritisch zu überdenken, jedoch muss dieser Fragestellung in weiteren geeigneten Studien genauer nachgegangen werden, um verlässliche Daten sammeln zu können. 7
1. Einleitung 1.1 Larynxanatomie Der Larynx trennt den Atem- und Speiseweg und dient neben der Atemgaspassage der Stimmbildung und dem Schutz der unteren Atemwege vor Aspiration. Zum besseren Verständnis von Kehlkopferkrankungen und verschiedenen diagnostischen Maßnahmen sollen nachfolgend die wesentlichen anatomischen Strukturen basierend auf den Angaben von Zilles und Tillmann (Zilles und Tillmann 2011) rekapituliert werden. Das Larynx-Skelett wird gebildet vom Schildknorpel, Cartilago thyreoidea, und dem Ringknorpel, Cartilago cricoidea, die über das Ligamentum conicum und Gelenke miteinander verbunden sind. Zwischen den dorsal aufsitzenden Arytenoidknorpeln und der Schildknorpelrückseite spannen sich die Stimmbänder, Ligg. vocalia, auf, unmittelbar kranial grenzen die Taschenfalten an. Über die Membrana thyreohyoidea steht der Larynx mit dem Zungenbein in Verbindung. Abb. 1.1: Kehlkopfmuskeln in seitlicher Ansicht (Tillmann 2016) 8
Die motorische Innervation der inneren Kehlkopfmuskeln und die sensible Versorgung der Subglottis erfolgt über den N. laryngeus recurrens (NLR) des N. vagus. Der N. laryngeus superior (NLS), ebenfalls ein Ast des N. vagus, versorgt den M. cricothyroideus (CT) als einzigen äußeren Kehlkopfmuskel und sensibel den Kehlkopfeingang. Durch den M. cricoarytenoideus lateralis und die Mm. interarytenoideus obliquus und transversus wird eine Adduktion und durch die M. thyroarytenoideus (TA) und M. cricothyroideus eine Straffung der Stimmlippen ermöglicht. Der M. cricoarytenoideus posterior (CAP) gilt als einziger Öffner der Glottis (Abb. 1.1). Das genaue Zusammenspiel aller Kehlkopfmuskeln, insbesondere nach Auftreten von Lähmungen und Synkinesien, ist komplex und noch nicht bis ins letzte Detail erforscht (Benjamin 2003, Crumley 2000). Elektromyografische Untersuchungen des Kehlkopfes leisten zur Analyse der neuromuskulären Integrität insbesondere bei Lähmungen einen wichtigen Beitrag. 1.2 Neuromuskuläre Funktionsstörungen des Larynx Nachfolgend sollen Larynxerkrankungen gewürdigt werden, die mittels Elektromyografie (EMG) des Larynx diagnostisch weiterführend abgeklärt werden können. Läsionen der den Kehlkopf innervierenden Nerven führen zu Einschränkungen der Motilität bzw. der Sensibilität des Organs und geben am häufigsten Anlass zur Durchführung einer Larynx-Elektromyografie (LEMG). Je nach Ausmaß der Nervenschädigung können nach Seddon drei Schweregrade unterschieden werden (Chhabra et al. 2014). Besteht durch Druck oder Dehnung des Nervs ohne Kontinuitätsunterbrechung, jedoch mit lokaler Demyelinisierung eine temporäre Funktionseinschränkung, wird diese als Neurapraxie bezeichnet. Bei Schädigung des Axons mit erhaltenem Hüllgewebe liegt eine Axonotmesis, bei kompletter Durchtrennung des Nervs eine prognostisch ungünstige Neurotmesis vor. Klinisch resultiert je nach Schädigungsgrad eine teilweise oder vollständige Lähmung, bezeichnet als Parese bzw. Paralyse, die transient oder permanent bestehen kann. In Abhängigkeit vom Ort der Schädigung können periphere von zentralen Lähmungen unterschieden werden. Letztgenannte haben oft einen Apoplex, ein Schädel-Hirn- 9
Trauma, eine Multiple Sklerose, eine Bulbärparalyse oder eine intrakranielle tumoröse Raumforderung als Ursache. Periphere Läsionen sind deutlich häufiger und zumeist Folge chirurgischer Eingriffe. Sie können aber auch durch raumfordernde Prozesse im Nervenverlauf am Hals und im Thorax links bedingt sein (Takano et al. 2012, Dankbaar und Pameijer 2014). Durch Schädigung des Nervus vagus kommt es zum Ausfall aller inneren Kehlkopfmuskeln einer Seite und des äußeren Spanners, des M. cricothyroideus. Durch die Beteiligung des N. laryngeus superior ist auch die Sensibilität des Kehlkopfeingangs gestört. Deshalb bestehen bei Vagusparesen häufiger Schluckbeschwerden und eine Aspirationsneigung. Bei Vagusläsionen proximal des Abgangs der Rr. pharyngei treten außerdem Paresen der Gaumen- und Rachenmuskulatur sowie vegetative Begleitsymptome hinzu. Eine Läsion des Nervus laryngeus recurrens ist am häufigsten Folge einer Schilddrüsen- oder Nebenschilddrüsenoperation. Bis zu 1% der Eingriffe bedingen eine permanente Funktionseinschränkung, 10,6% eine transiente Störung (Joliat et al. 2017). Auch andere chirurgische Interventionen am Hals, insbesondere ventrale Zugänge zur Halswirbelsäule sowie Raumforderungen der Lunge, des Mediastinums und der Speiseröhre, können unter Berücksichtigung des Nervenverlaufs für die Parese verantwortlich sein. Ebenso können Infektionen mit neurotropen Erregern wie Herpes- und Influenza-Viren sowie Borrelien die Ursache sein. Ein idiopathisches Geschehen liegt bei ca. einem Drittel der Fälle vor (Behkam et al. 2017). Bei isolierter Lähmung der inneren Kehlkopfmuskeln bei erhaltener Funktion des CT steht die Stimmlippe meist in Paramedianstellung. Patienten mit einseitiger Parese leiden deshalb oft kaum unter Atem-, aber immer an Stimmbeschwerden. Bei doppelseitiger Parese des N. laryngeus recurrens mit engem Glottisspalt besteht eine ausgeprägte Dyspnoe. Ein Ausfall des Nervus laryngeus superior führt meist zu weniger ausgeprägten Beschwerden und ist daher eher unterdiagnostiziert. So schwanken die Angaben zu Verletzungen nach Schilddrüseneingriffen zwischen 0% und 58% (Jansson et al. 1988). Durch Schwäche des CT ist die Grobspannung der Stimmlippe gemindert. So resultiert eine nicht steigerungsfähige Stimme mit eingeschränktem Stimmumfang und Höhenverlust der Singstimme. Aufgrund des supraglottischen Sensibilitätsverlustes können wie bei der Vagusparese Schluckstörungen und Aspiration auftreten. 10
Prinzipiell ist aufgrund der Strecke vom Schädigungsort bis zu den Zielmuskeln im Kehlkopf die Rückbildung einer Lähmung bis zu einem Jahr nach Symptombeginn möglich, sofern der Nerv nicht durchtrennt wurde. Permanente Therapiemaßnahmen sollten daher nur in begründeten Ausnahmefällen zeitiger erfolgen. Nach traumatischer Nervenläsion können im Rahmen des Reinnervationsprozesses Axone aus antagonistischen Nervenästen oder benachbarten Nerven in die terminalen Kehlkopfnervenhüllen einsprossen und zu einer fehlerhaften Innervation mit Ausbildung von Synkinesien führen. So tritt oft im Verlauf einer Verletzung des NLR eine ungewollte Aktivitätssteigerung der Schließmuskeln bei intendierter Öffnung durch den Musculus cricoarytenoideus posterior bei Inspiration oder Schnüffelmanöver auf. Eine Bewegungsstörung der Stimmlippen kann auch durch Gelenkerkrankungen (Rheuma, Trauma) bedingt sein. Nach Traumen zum Beispiel bei Strangulation oder bei Crashintubationen kann es zu Einblutungen und Einrissen der Gelenkkapsel mit anschließender Ankylose des Krikoarytenoidgelenkes kommen (Shin et al. 2013, Hamdan und Sarieddine 2013). Eine Myopathie des Musculus vocalis, welche Folge einer chronischen Entzündung sein kann, aber auch der altersbedingte Muskelabbau verursacht eine allmähliche Muskeldegeneration mit Glottisschlussinsuffizienz (Heman-Ackah und Batory 2003). Bei einer spasmodischen Dysphonie tritt eine krampfartige muskuläre Hyperaktivität von Kehlkopfmuskeln auf, die eine fokale Störung im motorischen Kortex als Ursache hat und auch psychischen Einflussfaktoren unterliegt. Häufiger sind dabei die Adduktoren des Kehlkopfes betroffen, der Abduktor-Typ kommt seltener vor. Als therapeutischer Ansatz kann unter EMG-Kontrolle gezielt Botulinumtoxin in die Muskelareale mit übersteigerter Aktivität injiziert werden (Blitzer et al. 1998). Zusammenfassend führen oben genannte Erkrankungen zu Bewegungsstörungen der Stimmlippen, die mittels EMG weiter differenziert werden können. Besonders zur Kontrolle des Erkrankungsverlaufs und zur Abschätzung der Prognose, z.T. aber auch zur Therapiesteuerung, leistet die Untersuchung einen nützlichen Beitrag. 11
1.3 Larynx-EMG Die Elektromyografie ist eine elektrophysiologische Methode zur Messung von elektrischen Muskelaktionspotentialen, welche nach transmittervermittelter Signalübertragung vom Neuron zur motorischen Endplatte entstehen. Mit Hilfe von Oberflächen- oder in den Muskel eingebrachten Nadelelektroden können diese Potentiale registriert und als akustisches oder visuelles Signal wiedergegeben werden (Heman-Ackah 2002). 1.3.1 Anwendung und Material Bereits im 19ten Jahrhundert konnten erstmals in experimentellen Untersuchungen Muskelpotentiale registriert werden (Finger et al. 2009). Später war mit der Einführung von konzentrischen Nadelelektroden die Durchführung einer intramuskulären EMG und dadurch die gezielte Ableitung einzelner motorischer Einheiten möglich geworden (Adrian und Bronk 1929). Die elektromyografische Untersuchung des Larynx ist in den 40er Jahren von Weddell erstmals beschrieben worden (Weddell et al. 1944). Faaborg- Anderson und weitere Kollegen waren in den darauffolgenden Jahren maßgeblich an der Weiterentwicklung der Methode beteiligt, sodass sie ab den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts zunehmend an Bedeutung gewann (Kotby 1975, Buchthal 1959, Faaborg- Andersen et al. 1958, Volk et al. 2015). Nach anfänglicher Euphorie in den 80er Jahren verlor die Larynx-EMG im klinischen Alltag an Bedeutung. Lediglich als Hilfsmittel für die Aufsuchung des Zielortes für intralaryngeale Botulinumtoxininjektionen wurde ihr Ende der 90er Jahre noch nachweisbarer Nutzen zugeschrieben (Sataloff et al. 2004). Später wurde die Indikation um die Diagnostik von Stimmlippenparesen und Dysphonien erweitert (Rickert et al. 2012, Sataloff et al. 2010). Neue Therapiemöglichkeiten, wie die laryngeale Reinnervation (Marina et al. 2011) oder die Versorgung durch einen Kehlkopfschrittmacher (Mueller 2011), kommen nicht ohne eine gründliche elektrodiagnostische Untersuchung des Larynx aus. 12
Durch Überprüfung der neuromuskulären Integrität des Kehlkopfes hilft die EMG bei der Differenzierung von Motilitätsstörungen durch Erkrankungen der laryngealen Muskulatur, der Innervation oder der Krikoarytenoidgelenke. Bei Rekurrensparesen ergänzt sie so die videostroboskopische Diagnostik, wodurch nachweisbar weniger Fehldiagnosen auftreten (Sataloff et al. 2010). Grundsätzlich sollte die Untersuchung frühestens ab dem 10.-14. Tag nach Beginn der Beschwerdesymptomatik erfolgen, da erst ab diesem Zeitpunkt pathologische Signalveränderungen, bedingt durch eine mögliche axonale Degeneration, auftreten (Rickert et al. 2012). Zur Durchführung einer transkutanen EMG werden in der Regel konzentrische Nadelelektroden von mind. 50 mm Länge und 0,45 mm Dicke genutzt (Storck et al. 2012). Diese Elektroden bestehen aus hohlen Stahlnadeln mit einem isolierten Draht im Inneren, dessen Spitze frei liegt. Die Spannungsdifferenz zwischen diesem Elektrodenpol und der Metallhülle wird gemessen und so die elektrische Aktivität in einem sphärischen Bereich mit einem Durchmesser von ca. 0,5-1,5 mm registriert. Dieser wird von der Ausrichtung des Nadelanschliffs beeinflusst, wodurch bereits lediglich durch axiale Rotation der Nadel andere Muskelfasern detektiert werden können (Merletti und Farina 2009). Alternativ dazu werden Hooked-wire-Elektroden transoral unter endoskopischer Sicht in den Larynx eingebracht. Zwei isolierte Drähte in einer Führungsnadel haben freiliegende, hakenförmige Enden, welche im Muskel haften und bei guter Toleranz auch länger verbleiben können als Nadelelektroden. Verschiedene Muskeln können gleichzeitig abgeleitet werden, indem mehrere Elektroden parallel verwendet werden. Eine Lagekorrektur ist nach Platzierung nicht mehr möglich, durch ihren geringen Durchmesser und ihre Biegsamkeit lassen sich die Elektroden jedoch problemlos wieder entfernen (Basmajian und Stecko 1962, Hillel 2001). Ihre Platzierung erfordert jedoch eine gründliche Larynxanästhesie oder Narkose. Bipolare Nadelelektroden mit zwei isolierten Drähten in einer hohlen Stahlnadel untersuchen einen kleinen Bereich zwischen den abisolierten, freiliegenden Drahtenden (Elektrodenpolen). Sie messen damit selektiver, sind aber am Markt und in der Praxis unüblich (Volk et al. 2012). Zur Injektion von Botox in laryngeale Muskeln, z. B. bei spasmodischer Dysphonie kommen hohle, monopolare Nadelelektroden zum Einsatz. Anders als bei den o. g. Elektroden muss hier eine Oberflächenelektrode an einer myoelektrisch inaktiven Stelle, 13
meist am lateralen Halsdreieck, angebracht werden. Unter kontinuierlichem EMG- Monitoring kann so die Lage der Nadelspitze kontrolliert und das Medikament gezielt in hyperaktive Muskelareale verabreicht werden (Volk et al. 2012, Robert T. Sataloff 2003). Neben den Elektroden zur Messung der Muskelpotentiale besitzt jedes EMG-Gerät eine Elektrode zur Erdung des Patienten. Beim Larynx-EMG wird diese in der Regel am Handgelenk angebracht. Sie schützt die empfindliche Elektronik des Messgerätes und leitet elektrische Störströme vom Patienten ab. Die Potentialdifferenz zwischen den Nadelelektroden wird vorverstärkt und durch einen Differenz-Verstärker von Störsignalen getrennt und digitalisiert. So kann das EMG-Signal über einen Computer verarbeitet und als Graph sowie Tonsignal wiedergegeben werden. Ein Mikrophon kann bei einem Mehrkanalgerät zeitgleich zum elektrischen Signal die Patientenstimme aufzeichnen und ermöglicht einen Abgleich zu Manövern wie Schnüffeln oder der Phonation des Vocals „I“. Das Monitoring der Atmung als weiterer Parameter kann über einen Gurt mit piezoelektrischen Elementen erfolgen, der die Thorax-Exkursionen misst. Eine andere Möglichkeit ist die Anlage eines Thermistors an Mund oder Nase, der die Temperaturdifferenz der in- und exspirierten Luft registriert und so die gleiche Information liefert. 1.3.2 Durchführung Ein europäischer Konsens zum Vorgehen bei der LEMG wurde von Volk und Kollegen 2012 publiziert (Volk et al. 2012). Vor Durchführung der LEMG sollte der Patient mittels Laryngoskopie untersucht werden, um anatomische Besonderheiten oder Gefährdungspotentiale durch Verschwellung des Atemweges zu erkennen. Besondere Vorsicht ist bei Patienten mit beidseitiger Stimmlippenparese ohne vorbestehende Tracheotomie und schmalem Glottisspalt geboten. Durch Schwellung oder Einblutung kann die Atmung rasch dekompensieren. Blutungsneigung, bedingt z. B. durch medikamentöse Antikoagulation, sowie organische oder angeborene Koagulopathien stellen relative Kontraindikationen dar und müssen kritisch abgewogen werden. 14
Die LEMG erfordert die aktive Mitarbeit des Patienten und kann unter Umständen unangenehm sein. Eine genaue Aufklärung und klare Anweisungen zur Prozedur sind daher unerlässlich. Während der Untersuchung befindet sich der Patient in liegender oder sitzender Position mit rekliniertem Kopf. Zunächst werden Ringknorpel, die Unterkante des Schildknorpels, Incisura thyroidea und Zungenbein als wichtige Landmarken aufgesucht und palpiert. Durch Lokalanästhesie im Bereich der Membrana cricothyroidea und der Trachealschleimhaut soll der Elektrodeneinstich weniger spürbar und Husten während der Untersuchung vermieden werden. Vorsicht ist jedoch geboten, da ausgiebige Infiltration die Palpation und so die spätere Orientierung stören kann. Die Auswahl der abzuleitenden Muskeln richtet sich nach den zuvor erhobenen Befunden und Verdachtsdiagnosen, aber auch nach der Patiententoleranz. Vor allem bei einer einseitigen Nervenläsion sollte neben der vermeintlich paretischen auch die laryngoskopisch mobile Seite untersucht werden, um so das EMG-Signal im Vergleich besser interpretieren zu können. Bei Verlaufskontrollen kann sich hingegen auf die Re- Evaluierung von pathologischen Befunden beschränkt werden. Begonnen wird meist mit der Untersuchung des M. thyroarytenoideus. Sie spiegelt die Funktion des Schließerastes des N. recurrens wider und wird als vergleichsweise weniger unangenehm empfunden. Um die Nadelelektrode korrekt platzieren zu können, wird die Elektrode am Unterrand des Schildknorpels median angesetzt, anschließend in Bezug zur Sagittalebene 30° nach lateral und in Bezug zu einer Geraden zwischen Incisura thyroidea und Schildknorpelunterrand 15° nach kranial gerichtet. Nach Punktion der Membrana cricothyroidea wird die Nadelspitze ca. 15 mm bis zu ihrem Ziel vorgeschoben. Dabei sollte eine Penetration der Kehlkopfschleimhaut vermieden werden. Ist dies der Fall, kann starker Hustenreiz eintreten. Ein sinusförmiges EMG- Signal zeigt an, dass sich die Nadelspitze im Luftweg befindet. Sie sollte dann zurückgezogen und replatziert werden. Zur Lagekontrolle wird der Patient aufgefordert den Vokal „iii“ lang zu phonieren oder die Luft anzuhalten. Die dadurch erreichte Muskelaktivitätssteigerung zeigt sich in einer Verdichtung des Interferenzmusters und einem Anstieg der Amplituden des EMG-Signals. Eine Abschwächung entsteht während Exspiration und bei ruhiger Atmung. 15
Wird die Nadelelektrode zu weit lateral vorgeschoben, ist eine Punktion des ebenfalls vom N. recurrens versorgten M. cricoarytenoideus lateralis möglich. Dieser ist für die Adduktionsbewegung der Stimmlippen von Bedeutung. Zur Punktion des M. cricothyroideus wird der Oberrand des Ringknorpels in der Mediansagittalebene aufgesucht. Der Einstich sollte 5 mm seitlich dieses Punktes mit 50° Neigung nach lateral und 15° Neigung nach kranial in Bezug auf die Vorderfläche des Ringknorpels geschehen. Die Nadelspitze muss ca. 15-20 mm vorgeschoben werden, um im Muskel abzuleiten. Sie bewegt sich dabei tangential auf den Ringknorpelbogen zu. Der Kontakt zum Perichondrium macht eine korrekte Lage wahrscheinlicher, ist jedoch für den Patienten schmerzhaft. Während der Phonation eines „iii“ von tiefen zu hohen Tönen hin steigert sich beim gesunden Muskel das EMG-Signal rasch. Um den M. cricoarytenoideus posterior zu untersuchen, sind zwei Vorgehensweisen beschrieben. Der häufig angewandte transluminale Zugangsweg sieht eine zur Unterlage annähernd senkrechte Nadelführung mit 15° Neigung nach lateral vor. Dabei wird nach der Membrana cricothyroidea der Luftweg gequert und anschließend die Ringknorpelplatte penetriert. Meist tritt dadurch trotz Anästhesie leichter Hustenreiz auf. Eine starke Verkalkung der Ringknorpelplatte kann ein korrektes Platzieren der Nadel erschweren. Bei guter Lage der Elektrode kann eine EMG-Signal-Aktivitätssteigerung durch Schnüffeln im gesunden CAP ausgelöst, durch Phonation oder Schlucken reduziert werden. Wird die Nadel zu weit vorgeschoben, deutet eine konstant hohe EMG-Aktivität mit Abschwächung beim Schlucken auf Fehlplatzierung im M. constrictor pharyngis hin. Eine Alternative zum transluminalen Zugang zum CAP stellt der laterale Zugangsweg dar. Dabei muss der Larynx jedoch ausreichend mobil sein, um vom Untersucher etwas rotiert werden zu können, was für den Patienten recht unangenehm sein kann. Zusätzlich muss der Untersucher die A. carotis tasten und vor der Nadel schützen. 1.3.3 Auswertung Die Interpretation des Larynx-EMGs wird entweder vom untersuchenden Arzt oder durch einen Elektrophysiologen vorgenommen. Einen Überblick zur Auswertung des Signals gibt Heman-Ackah (Heman-Ackah 2002). 16
Bewertet werden die Einstichaktivität, Spontanaktivität, Recruitment und Wellenform des Signals. Das Einbringen der Elektrode in den Muskel verursacht einen kurzen Anstieg der elektrischen Aktivität für wenige Millisekunden, da zwischen Nadel und Muskel zunächst eine Potentialdifferenz besteht. Diese Einstichaktivität ist bei beginnenden Muskel- oder Nervenschäden aufgrund des instabilen Membranpotentials verstärkt. Liegen die Schäden hingegen längere Zeit zurück, hat sich bereits elektrisch weniger aktives Narben- oder Fettgewebe ausgebildet und das Signal schwächt sich ab. Nachfolgend kann die Aktivität im ruhenden Muskel, die so genannte Spontanaktivität, beobachtet werden. Diese ist unphysiologisch, tritt 2-3 Wochen nach Denervierung eines Muskels auf und gilt als schlechter prognostischer Faktor. Gesunde motorische Einheiten oder ein sich erholender Schaden weisen keine Spontanaktivität auf. Als Recruitment bezeichnet man die steigende Anzahl und Dichte der Potentiale bei zunehmender willkürlicher Muskelkontraktion. Bei Nervenfaserverlust schwächt dieses Interferenzmuster ab. Ein isolierter Muskelschaden führt zu einem zeitiger einsetzenden Recruitment mit kleineren Amplituden und unveränderter Potentialdichte. Anhand der Wellenform der Potentiale kann zwischen muskulärem und nervalem Schaden unterschieden werden. Die Amplitude spiegelt die Anzahl und Stärke der innervierten Muskelfasern wider, die Potentialdauer wird durch die Nervenleitgeschwindigkeit beeinflusst. Eine normale motorische Einheit weist in der Regel ein biphasisches Potential mit einer Amplitude von 200-500 Mikrovolt und einer Dauer von 5-6 Millisekunden auf. Muskelfasern, die sich gemeinsam eine Nervenfaser teilen müssen, zeigen oft ein polyphasisches Potentialmuster. Insgesamt kann die Dauer und Schwere eines bestehenden Nerven- oder Muskelschadens abgeschätzt und der Verlauf einer möglichen Regeneration beobachtet werden. Ein normales Larynx-EMG bei eingeschränkter Stimmlippenbeweglichkeit schließt eine Rekurrensschädigung weitgehend aus. Infiltrationen durch Tumore oder Entzündungen oder Krikoarytenoidgelenkerkrankungen sind dann auszuschließen (Rontal et al. 1993). Mit Hilfe dieser Informationen kann eine bessere Therapieplanung erfolgen. Trotz des Zugewinns für die HNO-Diagnostik wird die Larynx-EMG in der klinischen Routine noch zu selten angewandt (Volk et al. 2018). Die Durchführung der Untersuchung, insbesondere das korrekte Platzieren der Elektroden in den vergleichsweise kleinen laryngealen Muskeln, aber auch die Interpretation der Befunde 17
erfordern reichlich Erfahrung und unterliegen oft subjektiven Einflüssen. Schwierige anatomische Verhältnisse vor allem bei adipösen Patienten, nach Bestrahlung oder chirurgischen Eingriffen am Hals können ein Hindernis darstellen und die Untersuchungszeit deutlich verlängern. Einheitliche Richtlinien bezüglich klinischer Anwendung, Vorgehen, Interpretation und Aussagekraft des Larynx-EMGs bestanden lange Zeit nicht. Erst 2012 wurde ein Vorschlag zur Formulierung einer Guideline für Europa veröffentlicht (Volk et al. 2012) 1.4 Larynxsonografie 1.4.1 Anwendungsgebiete und Limitierungen Die Sonografie hat sich in Deutschland auch für den HNO-Arzt als gut verfügbare, schnelle und preisgünstige Untersuchungsmethode im klinischen Alltag etabliert und findet breite Anwendung insbesondere in der Tumordiagnostik. Historisch begann die medizinische Sonografie im Jahre 1942 mit der von Dussik (Woo 2002) vorgestellten Darstellung der Seitenventrikel. Erste Beschreibungen zur Anwendung der Sonografie am Larynx erschienen Ende der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts (Bohme 1989, Bohme 1988, Raghavendra et al. 1987). Besonders der Einsatz im Kindesalter galt von Beginn an als Alternative zur bei Kindern schwierigen Laryngoskopie (Grunert et al. 1989). Gegenwärtig wird die Sonografie des Halses vordergründig zur Erkennung von Raumforderungen der Schilddrüse, Lymphknotenschwellungen und Metastasen sowie als Screeninguntersuchung nach Traumen verwendet (Arens et al. 2011). Auch zur nicht invasiven Beurteilung des Atemwegs in der Anästhesie und Intensivmedizin kann sie genutzt werden (Kundra et al. 2011). Der Einsatz zur Larynxdiagnostik wird noch kontrovers diskutiert. Bozzato und Kollegen befassten sich ausführlicher mit den Limitierungen der Larynxsonografie (Bozzato et al. 2007). Die Sicht auf eine Vielzahl an kleinen Strukturen auf engem Raum wird durch intraluminale Luft und die Ossifikation des Schildknorpels behindert. Diese beginnt in der dritten Lebensdekade im Bereich der Muskelansätze, betrifft bevorzugt 18
Männer und nimmt ab dem 50. Lebensjahr deutlich zu. Zusätzlich erschwert die prominente Form des Schildknorpels die Ankopplung der Ultraschallsonde. So sind vor allem dorsale Strukturen wie die Arytenoidknorpel und der Bereich der vorderen Kommissur durch Schallschatten der Verknöcherungszonen schlecht darstellbar, zum Teil können sogar keine intralaryngealen Strukturen beurteilt werden. Dennoch konnten andere Studien den Nutzen der Untersuchung belegen. Die Larynx-Sonografie kann zur Erkennung von Stimmlippenparesen vor und nach Schilddrüseneingriffen genutzt werden und weist dabei eine sehr hohe Sensitivität und Spezifität auf (Woo et al. 2016, Klinge et al. 2016). Speziell die Darstellung der Glottis gelang in einer Studie von Hu und Kollegen bei Frauen zu 100% und bei Männern zu 75%. Ab dem 60. Lebensjahr lag diese Rate für männliche Probanden jedoch nur noch knapp über einem Drittel (Hu et al. 2010). Als Standardverfahren zur Bildgebung von Larynxkarzinomen gelten weiterhin die Computertomografie und Magnetresonanztomografie (Keberle et al. 2002, Arens et al. 2011). Der Stellenwert der Sonografie wird oft unterschätzt. Insbesondere die Schildknorpelinvasion gilt als negativer prognostischer Faktor und kann mit der Sonografie suffizient untersucht werden. Aber auch die Tumorgröße und die extralaryngeale Ausbreitung kann beurteilt werden, sodass einige Autoren die Untersuchungsqualität von transkutaner Sonografie in Kombination mit der Endoskopie für Larynxkarzinome der Computertomografie und Magnetresonanztomografie gleichsetzen (Mende et al. 1996, Bozzato et al. 2007, Hu et al. 2011, Hu et al. 2012). Zieht man einen Vergleich zur Endoskopie, so bleibt die Laryngoskopie der Goldstandard, die Sonografie kann aber subepitheliale Strukturen besser darstellen. In Kombination erhobene Larynx-Befunde können mittels Sonografie reproduziert werden, sodass die Sonografie vor allem im Kindesalter eine Ausweichmöglichkeit zur Verlaufs-Endoskopie darstellt (Schade et al. 2003). Die Endosonografie des Kehlkopfes wurde Ende der 90er Jahre durch Arens und Kollegen vorgestellt. Sie umgeht die wesentlichen Limitierungen der transkutanen Larynxsonografie und liefert bei einer Eindringtiefe bis 25 mm detailreiche Bilder. Jedoch kann sie nur im Rahmen eines Narkoseeingriffes bei einem mit Wasser ausgefüllten Kehlkopf erfolgen (Kraft und Arens 2008). Damit relativieren sich manche der eingangs genannten Vorteile dieser Endosonografie, wodurch die Untersuchung bisher nicht Einzug in die klinische Routine halten konnte. 19
1.4.2 Untersuchungstechnik und Sono-Anatomie Zur Durchführung der Larynxsonografie wird in der Regel ein Linearschallkopf mit einem Frequenzbereich von 6-13 MHz genutzt. Der Patient befindet sich in liegender oder sitzender Position mit leicht überstrecktem Kopf, um eine bessere Exposition des Kehlkopfs und Ankopplung der Sonde zu ermöglichen. Es können auch Vorlaufstrecken verwendet werden. Als Standardschallfenster werden meist eine median transversale und sagittale sowie eine parasagittale Einstellung gewählt. Ein seitliches Aufsetzen des Schallkopfes parallel zu den Schildknorpelplatten verbessert insbesondere bei Männern wegen der dort geringeren Verknöcherung die Sicht auf intralaryngeale Strukturen. (Woo et al. 2016). Während der Untersuchung sollte der gesamte Bereich zwischen Zungenbein und laryngotrachealem Übergang betrachtet werden (Abb. 1.4.1-1.4.5). Prinzipiell reflektieren knöcherne Strukturen vollständig Ultraschallwellen und erscheinen als stark hyperechogene Linien mit distaler Schallauslöschung. Kranial findet sich so das u- förmige Zungenbein als wichtige Landmarke. Auch Luft führt zu einer starken Schallreflexion, wodurch sich die Luft-Mukosa-Grenze ebenfalls als echoreiche Linie mit darunterliegendem Schallschatten und Wiederholungsechos darstellt. Das hat zur Folge, dass die hintere Kommissur und die Tracheahinterwand nicht einsehbar sind. Schildknorpel und Ringknorpel bestehen aus hyalinem Knorpel und weisen damit ein hypoechogenes, homogenes Schallbild auf, welches von hyperechogenen Kalzifizierungen durchsetzt sein kann. Umgebendes Perichondrium bildet eine zarte, hyperechogene Linie. Muskel- und Bindegewebe erscheinen leicht hypoechogen mit inhomogenen, strähnigen oder gefiederten, echoreichen Binnenstrukturen. So sind die infrahyoidale Muskulatur und der M. sternocleidoideus gut vom Larynx abgrenzbar. Die sich leicht hyperechogen, homogen darstellende Schilddrüse ist dem laryngotrachealen Übergang aufgelagert. Die Membrana thyreohyoidea und der präepiglottische Fettkörper ermöglichen die Sicht auf den größten Teil der Epiglottis. Diese bildet eine hypoechogene, gebogene Struktur und grenzt sich nach ventral vom echoreichen, präepiglottischen Fettkörper und nach dorsal zur intraluminalen Luft ab. Kraniale Anteile der Epiglottis werden meist durch das Zungenbein verdeckt oder durch Luft in der Vallecula abgeschottet. Die Darstellung der Glottis und der Taschenfalten gelingt meist durch den Schildknorpel hindurch. Letztgenannte erscheinen durch Drüsen- und 20
Bindegewebe hyperechogen und lassen sich dadurch gut von den in gleicher Verlaufsrichtung darunter gelegenen Stimmlippen unterscheiden. Diese beinhalten den Musculus vocalis und sind dadurch eher hypoechogen. Nach lateral werden sie durch paraglottisches Bindegewebe und das Perichondrium des Schildknorpels, nach medial durch das echoreiche Ligamentum vocale begrenzt, welches jedoch oft durch die stark reflektierende Luft-Mukosa-Grenze überstrahlt wird. Der Morgagni-Ventrikel kann als echoreicher Punkt im parasagittalen Bild zwischen Taschenfalte, Stimmlippe und Schildknorpel erkannt werden. Die Vorderseite der Stellknorpel ist oft gut durch echoreiche Reflexionen an ihrer Schleimhaut dorsal der Stimmlippen sichtbar. Die Membrana cricothyroidea ermöglicht den Blick auf infraglottische Abschnitte und grenzt sich vor allem im sagittalen Bild als hyperechogene Linie ab. Weitere Beschreibungen der Sonoanatomie finden sich bei Arens, Singh, Kundra und Klinge (Arens et al. 2011, Singh et al. 2010, Kundra et al. 2011, Klinge und Mueller 2013). Abb. 1.4.1 Taschenbandebene: Abb. 1.4.2 Ringknorpelebene: 1 Ringknorpel, 1 Schildknorpel, 2 gerade Halsmuskulatur, 2 gerade Halsmuskulatur, 3 M. cricothyroideus 3 Taschenband 21
Abb. 1.4.3 Glottis axial median: Abb. 1.4.4 Glottis axial lateral: 1 Schildknorpel, 1 Schildknorpel, 2 gerade Halsmuskulatur, 2 gerade Halsmuskulatur, 3 M. vocalis, 3 Stimmlippe, 4 Arytenoidknorpel 4 Stimmlippenkante mit Lig. vocale, 5 paraglottisches Bindegewebe Abb. 1.4.5 Larynx sagittal: 1 Schildknorpel, 2 gerade Halsmuskulatur, 3 Ringknorpel, 4 Taschenband, 5 Stimmlippe, 6 Morgagni-Ventrikel, 7 Lig. cricothyroideum 1.5 Sonografisch gestützte Punktion Zur Durchführung von anspruchsvollen medizinischen Punktionen wird zunehmend die Sonografie als Hilfsmittel genutzt. So kann vor allem bei schwierigen anatomischen Verhältnissen unter Sichtkontrolle ein Instrument, meist eine Nadel, zum Ziel gelenkt werden (Miller et al. 2002, Narouze und Provenzano 2013). Im Vergleich zu Computertomografie oder Fluoroskopie, welche ebenfalls zur Navigation eingesetzt werden können, bietet der Ultraschall eine detailreichere Gewebsdarstellung und kommt ohne ionisierende Strahlen aus. Der größte Vorteil liegt jedoch in der guten Verfügbarkeit der oft transportablen, kleinen Geräte (Gadsden et al. 2015). 22
Regelmäßig zum Einsatz kommt die Sonografie zur Unterstützung von Gefäßpunktionen, Leitungsanästhesien, Biopsien, Feinnadelpunktionen und Gelenkpunktionen (Herth et al. 2006, Damera et al. 2003, Fredrickson und Danesh‐ Clough 2013). Bei Punktionen am Hals mit anschließender Feinnadelaspirationszytologie zur Differenzierung von Raumforderungen der großen Kopfspeicheldrüsen oder suspekten Lymphknoten gehört die Methode zur Routine (Cho et al. 2011, De Jong et al. 1991). Auch der Einsatz am Larynx zur Gewinnung von Gewebsproben wurde beschrieben (Ansarin et al. 2007). Studien konnten zeigen, dass so im Vergleich zur alleinigen Orientierung an Landmarken das Risiko für Fehlpunktionen gesenkt werden konnte (Miller et al. 2002, Denys et al. 1993). Die Technik ist jedoch nicht leicht zu erlernen und der Untersucher kann sich in falscher Sicherheit wähnen. Erfolgen Punktionen entlang der langen Schallkopfachse, auch als „in-plane“ bezeichnet, ist fortwährend auf die Darstellung der gesamten Nadel zu achten. Bei ungewollter Verdrehung der Ultraschallsonde wird lediglich ein Teil der Nadel im B- Bild dargestellt, wodurch die tatsächliche Lage der Spitze verkannt werden kann. Außerdem verschlechtert sich mit steilerem Einstichwinkel die Sichtbarkeit der Nadel in der Tiefe. Bei Punktionen senkrecht zur Schallebene, „out-of-plane“, wird die Nadel lediglich als echoreicher Punkt sichtbar, wodurch die Unterscheidung von Schaft und Spitze erschwert wird (Gadsden et al. 2015). Aktuell richtet sich die Forschung daher auf die Entwicklung von Systemen, welche die Visualisierung der Instrumente verbessern. Eine Methode ist das elektromagnetische Tracking. Die Firma eZono hat basierend auf diesem Prinzip ein eigenes Navigationssystem, eZGuide (eZono AG, Jena, Deutschland), entwickelt, welches in Europa seit November 2013 für klinische Anwendungen zugelassen und auf verschiedenen Geräten der Firma verfügbar ist. Auch Systeme anderer Hersteller nutzen das elektromagnetische Tracking zur Navigation von Instrumenten, so zum Beispiel Sonix GPS (UltraSonix, Richmond, BC, Kanada) (Kopac et al. 2013), Aurora (Northern Digital Inc., Waterloo, Kanada) (Poulin et al. 2015) und eTRAX (CIVCO medical solutions, Iowa, USA) (Ewertsen et al. 2011). 23
Eine Übersicht über das Wirkprinzip von eZGuide geben die Artikel von Gadsden (Gadsden et al. 2015) und Franz (Franz et al. 2014). Eine Nadel, die zuvor mit Hilfe eines Dauermagneten in einen magnetischen Dipol verwandelt wurde, verursacht in dem als magnetisches Referenzfeld genutzten Erdmagnetfeld Induktionsströme. Diese werden von einem Detektor, der sich im Sondenkopf der speziellen Ultraschallgeräte befindet, registriert und in eine farbcodierte Grafik umgerechnet, welche die Nadelposition in Echtzeit im B-Bild anzeigt. Bis in eine Tiefe von 4 cm kann so das Instrument verfolgt werden. Sobald sich die magnetisierte Nadel innerhalb von 2 cm Abstand zum Schallkopf befindet, wird diese registriert und anhand ihrer Orientierung der extrapolierte Stichverlauf als gestrichelte Linie dargestellt. Der tatsächliche Nadelvorschub entlang dieser Markierung wird durch zwei parallele, durchgängige Geraden widergegeben, innerhalb derer sich die zu navigierende Nadel mit 95% Sicherheit befinden soll. Bei Nadelführung im „in-plane“-Modus (Abb. 1.5.1) zeigt ein Quadrat am Ende des Nadelvorschubs die Position der Spitze an. Befindet sich das Instrument parallel und direkt in der Schallebene, erscheinen alle Grafiken grün. Bei zunehmender Abweichung ändert sich die Farbe über gelb zu rot. Erfolgt die Nadelführung „out-of-plane“ oder auch schräg zum Schallkopf (Abb. 1.5.2), werden Stichrichtung und Vorschub in gleicher Weise dargestellt, das Quadrat jedoch markiert nun die Stelle, an der die Nadelspitze die Schallebene durchqueren wird. Die Farbcodierung zeigt hier die Entfernung der Spitze zur Ebene an. Ein Piktogramm am linken Bildrand informiert fortwährend über die Stellung von Schallkopf und Instrument zueinander und gibt so eine Orientierungshilfe. 24
Abb. 1.5.1: eZono Navigation in-plane Abb. 1.5.2: eZono Navigation out-of-plane (Gadsden et al. 2015) (Gadsden et al. 2015) Störungen können durch elektrische Geräte oder selbst eisenhaltige Instrumente in naher Umgebung verursacht werden. Deshalb sind eine Kalibrierung der Navigation und die Einhaltung eines Mindestabstandes von 1 m zu magnetischen Gegenständen oder Geräten nötig. Ein wesentlicher Vorteil von eZGuide ist der Verzicht auf die Verwendung spezieller Navigationsnadeln. Stattdessen kann eine Vielzahl an kommerziell verfügbaren Nadeln genutzt werden, deren Eigenschaften zuvor im System erfasst sein müssen. Studiendaten weisen darauf hin, dass mit Hilfe von eZGuide die Rate an erfolgreichen Punktionen gesteigert sowie die Punktionszeit und die Anzahl an Fehlpunktionen gesenkt werden können. Bei weniger erfahrenen Anwendern konnte so mehr Sicherheit beim Erlernen sonografisch gestützter Punktionen erzielt und die Trainingszeit verkürzt werden (Auyong et al. 2015, Kim et al. 2016, Meiser et al. 2015, Backhaus et al. 2018). Besonders bei der LEMG könnte durch diese Navigationsmethode die Anwendung erleichtert und die Auswertung valider gestaltet werden, was es jedoch noch zu prüfen gilt. 25
2. Ziele der Arbeit Die EMG-Untersuchung der Larynxmuskulatur gilt als hilfreiches diagnostisches Verfahren zur Prognoseabschätzung und Therapiesteuerung bei Rekurrensparesen. Da EMG-Untersuchungen für den HNO-Arzt nicht zum Routinerepertoire gehören, die Gerätetechnik bislang nur in wenigen Kliniken vorgehalten wird und die Untersuchungstechnik anspruchsvoll ist, findet die Methode zu Unrecht bisher zu wenig Eingang in die klinische Praxis. Um die Lernkurve zu erleichtern und eine bessere Lagekontrolle der EMG-Nadel zu erzielen, sollte das aus der Anästhesie zur Erleichterung von Gefäßpunktionen und Leitungsanästhesien bekannte Verfahren der sonografiegestützten Navigation der EMG- Nadel evaluiert werden. Mit der vorliegenden Arbeit soll nun herausgefunden werden, inwieweit Ultraschall mit elektromagnetischem Tracking am Larynx zur Unterstützung der EMG-Untersuchung praktikabel ist. Dazu soll nach sonografischer Identifikation der anatomischen Landmarken unter kontinuierlicher Navigation die Punktion definierter Kehlkopfmuskeln vorgenommen und das EMG-Signal abgeleitet werden. Es ist zu prüfen, ob die Darstellung aller wesentlichen Strukturen möglich ist und die korrekte Platzierung der EMG-Nadel verfolgt und bestätigt werden kann. Inwieweit das Verfahren dadurch die Durchführbarkeit und Qualität des Larynx-EMGs positiv beeinflusst, gilt es zu klären. Anhand von Patientenbeispielen sollen Vor- und Nachteile der konventionellen und sonografiegestützten LEMG aufgezeigt werden. 26
3. Material und Methoden 3.1 Studienteilnehmer Im Zeitraum von Juni 2016 bis Dezember 2017 wurden nach positivem Votum der Ethikkommission der Landesärztekammer Thüringen 23 Patienten am SRH Waldklinikum Gera mittels sonografisch navigiertem LEMG untersucht. Nach ausführlicher Aufklärung über das Procedere und die anonymisierte Nutzung ihrer Daten wurde das schriftliche Einverständnis der Probanden eingeholt (Anhang 1-2). Eingeschlossen wurden Patienten, bei denen eine laryngeale bzw. stimmliche Pathologie vorlag, die der weiteren Abklärung durch die LEMG bedurfte. Probanden mit Adipositas per magna, Entzündung nach operativer Intervention, starker Verschwellung oder Vernarbung am Larynx wurden ausgeschlossen. Des Weiteren musste eine störungsfreie Videoaufzeichnung der Sonografie und des Untersuchungssettings vorliegen. Diese Einschluss- und Qualitätskriterien erfüllend konnten 18 ambulant durchgeführte LEMG im Rahmen einer Sprechstunde und 2 LEMG stationär behandelter Patienten in die Studie aufgenommen werden. Die Untersuchungen von 3 Patienten mussten aufgrund technischer Probleme ausgeschlossen werden. Insgesamt konnten so LEMG- Messungen unter sonografischer Navigationskontrolle an 56 Einzelmuskeln vorgenommen und ausgewertet werden. Bei den 10 weiblichen und 9 männlichen Patienten reichte die Altersspanne von 33 bis 79 Jahren, der Altersmedian betrug 65 Jahre. 3.2 Untersuchungsablauf Die Untersuchung aller Patienten als auch die einzelnen Schritte des sonografisch navigierten LEMG wurden immer durch die gleiche Ärztin durchgeführt. Vorbereitend erfolgte die Erhebung einer ausführlichen Anamnese sowie eines laryngostroboskopischen und eines Stimmbefundes. Begonnen wurde mit der Anlage aller Messsonden. Der Patient nahm eine bequeme, aufrecht sitzende Position ein, die während der gesamten Untersuchungszeit beibehalten wurde. 27
Danach fand zunächst eine orientierende Sonografie des Larynx statt, wobei die zur Orientierung wichtigen Landmarken und zu messenden Muskeln (Schildknorpel, Ringknorpel, Arytenoidknorpel, Luftröhre, Schilddrüse, CT und TA) aufgesucht wurden. Um die Schmerzhaftigkeit der LEMG-Nadelpunktion zu reduzieren, wurden der Bereich um die Membrana cricothyroidea und die Trachealschleimhaut nachfolgend durch Injektionen von 0,5-1 ml Lidocain 2% (Mibe GmbH, Brehna, Deutschland) anästhesiert. Nach einer Einwirkzeit von 1-2 Minuten erfolgte die navigationsgestützte Punktion der Larynxmuskeln und Ableitung des EMG-Signals. Dabei wurden die Reihenfolge und der Umfang der zu untersuchenden Muskeln abhängig von der Fragestellung, Vorbefunden und der patientenseitigen Toleranz der Untersuchung individuell festgelegt. Der gesamte Ablauf wurde als Videoaufzeichnung durch eine Kamera (Sony HDR-SR11 60 GB Camcorder, Sony, Tokio, Japan) festgehalten, woraus später kurze, prägnante Sequenzen herausgeschnitten wurden, in denen die wesentlichen Untersuchungsabschnitte zu sehen waren. Das separat aufgenommene sonografische B- Bild wurde zeitsynchron und vergrößert mit eingeblendet. Im Abschluss an die Messungen am Patienten erfolgte die Auswertung des EMG durch die Untersucherin. Dabei wurde das Signal für jeden einzelnen Muskel und die zugehörige Nervenversorgung interpretiert und die Qualität der Ableitung bewertet. Zudem wurden die sonografische Darstellbarkeit der anatomischen Strukturen vor dem LEMG und die Übereinstimmung der Sono-Navigation mit dem LEMG-Signal beurteilt. Die Ergebnisse wurden als schriftlicher Befund (Anhang 3) und in einer Auswertungsübersicht gespeichert. Um die Reliabilität der Bewertung der Ultraschall-Filmsequenzen beurteilen zu können, wurden diese später zusätzlich durch zwei weitere sonografisch erfahrene HNO-Ärzte des SRH Waldklinikums Gera bezüglich erfolgreicher Punktion der zu untersuchenden Muskeln und Störungen der Nadelnavigationsfunktion reevaluiert. Als ‚getroffen‘ wurde gewertet, wenn der Nadelspitzenreflex sichtbar im Muskel zu liegen kam oder das die Nadelspitze markierende Quadrat sich an entsprechender Stelle befand. Auch die Dauer in Minuten der Untersuchungsschritte „Sonografie des Larynx ohne Navigation“, „Einstellung des optimalen Schallfensters mit Navigation“ und „LEMG unter Navigation“ wurden erfasst, ebenso das Vorliegen von Störungen der Nadelnavigationsfunktion (Abbruch oder Unterbrechung der Navigationsfunktion mit fehlender Anzeige der Navigationsgrafik im B-Sonogramm). 28
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