RISING STARS - Elbphilharmonie

 
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RISING STARS - Elbphilharmonie
FESTIVAL

RISING
   STARS

21.–26. JANUAR 2020
ELBPHILHARMONIE
KLEINER SAAL
RISING STARS - Elbphilharmonie
THE X5
ELEKTRISIERT
                                                                                                       Freude am Fahren

BMW X5 xDrive45e: Kraftstoffverbrauch in l/100 km (kombiniert): 2,0 –1,7; CO2-Emission in g/km (kombiniert): 47 – 39;
Stromverbrauch in kWh/100 km (kombiniert): 23,5 – 21,5. Die offiziellen Angaben zu Kraftstoffverbrauch, CO2-Emissionen und
Stromverbrauch wurden nach dem vorgeschriebenen Messverfahren VO (EU) 715/2007 in der jeweils geltenden Fassung ermittelt.
Die Angaben berücksichtigen bei Spannbreiten Unterschiede in der gewählten Rad- und Reifengröße. Bei diesem Fahrzeug
können für die Bemessung von Steuern und anderen fahrzeugbezogenen Abgaben, die (auch) auf den CO2-Ausstoß abstellen,
andere als die hier angegebenen Werte gelten. Abbildung zeigt Sonderausstattungen.
RISING STARS - Elbphilharmonie
RISING STARS
18:30 UHR | VORGESTELLT – DAS KÜNSTLERGESPRÄCH
19:30 UHR | KONZERT

DIENSTAG, 21. JANUAR 2020
nominiert von Elbphilharmonie Hamburg, Kölner Philharmonie und Konzerthaus Dortmund

SIMON HÖFELE                            TROMPE TE
FRANK DUPREE               K L AV IER

MIT T WOCH, 22. JANUAR 2020
nominiert von Calouste Gulbenkian Foundation Lisbon,
Casa da Música Porto und Philharmonie Luxembourg

JOÃO BARRADAS                             AKKORDEON
BEN VAN GELDER               S A XOFON |  SIMON MOULLIER               V IBR A FON

LUCA ALEMANNO                KONTR A BA S S | NAÍMA ACUÑA              SCHL AGZEUG

DONNERSTAG, 23. JANUAR 2020
nominiert von Konserthuset Stockholm

MAGNUS HOLMANDER                                       KL ARINE T TE
DAVID HUANG             K L AV IER

FREITAG, 24. JANUAR 2020
nominiert von Cité de la musique – Philharmonie de Paris und Festspielhaus Baden-Baden

GOLDMUND QUARTETT

SAMSTAG, 25. JANUAR 2020
nominiert von Het Concertgebouw Amsterdam und BOZAR Brüssel

NOA WILDSCHUT                             VIOLINE
ELISABETH BRAUSS                 K L AV IER

SONNTAG, 26. JANUAR 2020
nominiert von Palau de la Música Catalana und L’Auditori Barcelona

PABLO FERRÁNDEZ                                  VIOLONCELLO
LUIS DEL VALLE             K L AV IER

Mit Unterstützung von                     In Kooperation mit
RISING STARS - Elbphilharmonie
DIENSTAG, 21. JANUAR 2020
18:30 UHR | VORGESTELLT – DAS KÜNSTLERGESPRÄCH
19:30 UHR | KONZERT

                                                                                                                         Frank Dupree

                                                                                                             SIMON HÖFELE
                                                                                                             TOP 5 PLAYLIST
                                                                                                             › Gustav Mahler
                                                                                                               Sinfonie Nr. 9, 4. Satz: Adagio
                                                                                                               (Jansons / Oslo Philharmonic)
                                                                                                             › Parcels
                                                                                                               Lightenup
                                                                                                             › Dendemann
                                                                                                               Keine Parolen
                                                                                                             › Chet Baker
                                                                                                               My Funny Valentine
Simon Höfele                                                                                                 › Bernd Alois Zimmermann
                                                                                                               Nobody knows de trouble I see

ZU DEN WERKEN DES HEUTIGEN ABENDS
Wohl kein anderes Instrument besitzt einen                                                       letzten Satzes Hindemiths Leiden am wü-
derart majestätisch strahlenden, überwäl-                                                        tenden Zweiten Weltkrieg Ausdruck ver-
tigenden und durchdringenden Klang wie                                                           leiht: Die Trompete bläst als Mahnung zum
die Trompete. Wenn man die Orgel sprich-                                                         Schluss eindringlich den Choral Alle Men-
wörtlich als »Königin der Instrumente«                                                           schen müssen sterben.
bezeichnet, so kann man ihr die Trompete                                                            Bis zur Pause richtet sich nun der Blick ins
getrost als König an die Seite stellen. Echte                                                    Nachbarland Frankreich: Maurice Ravel ist
Meisterschaft auf dem goldenen Blechblas-                                                        vor allem durch seinen Boléro zu Weltruhm
instrument hat man allerdings erst dann                                                          gelangt. Das Klavierstück Une barque sur
erreicht, wenn auch die leisen, sanften und     herrschte fast alle Orchesterinstrumente,        l’océan aus dem Zyklus Miroirs gehört zu den
ätherischen Klänge problemlos über die          für die er jeweils auch eine Sonate schrieb,     Schlüsselwerken des Impressionismus. Das
Lippen kommen. Beide Seiten präsentiert         und feierte darüber hinaus große Erfolge als     außerordentlich anspruchsvolle Stück nutzt
Simon Höfele heute in seinem abwechs-           Dirigent. Von den Nationalsozialisten wurde      das komplette klangliche Spektrum des Kla-
lungsreichen Programm mit Musik des 20.         er jedoch als »atonaler Geräuschemacher«         viers, um äußerst vielfältige und raffinierte
und 21. Jahrhunderts.                           diffamiert und seine Musik verboten, wes-        Farbnuancen hervorzurufen.
   Im Gegensatz zu Geige, Cello oder Flöte      halb er vor den Nazis erst in die Schweiz floh      Gabriel Parès war Sohn eines Militär­
ist das kammermusikalische Repertoire für       und später in die USA emigrierte.                kapellmeisters und wuchs mit Blasmusik
die Trompete relativ klein. Ein wahres Meis-       Der kraftvolle erste Satz seiner Trom-        auf. Sein kurzes Werk Crépuscule (Dämme-
terwerk der Literatur ist jedoch die im No-     petensonate strahlt die königliche Selbst-       rung) entstand ursprünglich für das trom-
vember 1939 entstandene Sonate des vor 125      sicherheit des Instruments aus. Im zweiten       petenähnliche Kornett, liegt aber auch für
Jahren in Hanau bei Frankfurt geborenen         Satz zeigt sich die Trompete dann von der        verschiedene andere Instrumente vor.
Paul Hindemith. Er war einer der univer-        humorvollen Seite, während die trauer-              Der gebürtige Rumäne George Enescu
sell gebildetsten Musiker seiner Zeit, be-      marschähnliche Musik des ergreifenden            konnte seine größten Erfolge in Frankreich
RISING STARS - Elbphilharmonie
SIMON HÖFELE                           TROMPE TE                                             PROGR AMM

Simon Höfele ist einer der vielversprechendsten Trompeter der                            Paul Hindemith (1895–1963)
jungen Generation. Er debütierte in der Wigmore Hall, der Tonhalle                       Sonate für Trompete und Klavier (1939)
Zürich, dem Konzerthaus Berlin und im Gasteig München sowie in                           Mit Kraft – Mäßig bewegt – Trauermusik: Sehr langsam
zahlreichen weiteren renommierten Konzerthäusern mit Orchestern
wie dem Royal Concertgebouw Orchestra, BBC Philharmonic, Rund-                           Maurice Ravel (1875–1937)
funk-Sinfonieorchester Berlin und dem Mahler Chamber Orchestra.                          Une barque sur l’océan / aus: Miroirs (1904/05)
Im Sommer 2019 war er im Rahmen der »Konzerte für Hamburg« be-
reits in der Elbphilharmonie zu erleben. Darüber hinaus war er Gast                      Gabriel Parès (1862–1934)
großer Festivals wie dem Cheltenham Music Festival, dem Festival                         Crépuscule
de Radio France und dem Schleswig-Holstein Musik Festival.
   Neben dem einschlägigen Repertoire von Georg Philipp Telemann                         George Enescu (1881–1955)
über Joseph Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart bis Bernd Alois                            Légende (1903–1906)
Zimmermann widmet sich Simon Höfele mit großer Hingabe der zeit-
genössischen Musik. So gab er die Uraufführung von Chute d’étoiles,                      Pause
Matthias Pintschers Doppelkonzert für zwei Trompeten und Orches-
ter, und spielte zahlreiche Uraufführungen zeitgenössischer Kom-                         Miroslav Srnka (*1975)
ponisten wie Mark Simpson, Kaan Bulak und Nina Šenk. Mit ebenso                          Milky Way (2019)
großer Begeisterung widmet er sich zudem Kammermusik in ver-                             Kompositionsauftrag von Konzerthaus Dortmund,
schiedenen Besetzungen. Neben seinen musikalischen Projekten                             Kölner Philharmonie, Elbphilharmonie Hamburg
                                                                                         und ECHO
engagiert Simon Höfele sich für kulturpolitische Themen. So ist er
Mitbegründer des Vereins »Kunstverlust«, dessen Ziel es ist, »die
öffentliche Aufmerksamkeit auf den gesellschaftlichen und politi-                        Nikolai Kapustin (*1937)
schen Stellenwert von Kunst und Kultur zu lenken«.                                       24 Jazz Preludes op. 53 (1988)
                                                                                         I. Presto – III. Larghetto – IV. Allegretto

FRANK DUPREE             K L AV IER                                                      George Gershwin (1898–1937)
Frank Dupree sorgte international für Aufsehen, als er 2014 zum ein-                     Three Preludes (1926)
zigen Preisträger des Deutschen Musikwettbewerbs gekürt wurde.                           Allegro ben ritmato e deciso
                                                                                         Andante con moto e poco rubato
Vom Schlagzeug kommend, widmete er sich schließlich vollständig
                                                                                         Allegro ben ritmato e deciso
dem Klavier sowie dem Dirigieren vom Klavier aus. 2012 wurde er
für seine Beethoven-Interpretation als Pianist und Dirigent mit dem
                                                                                         George Antheil (1900–1959)
Ersten Preis beim Internationalen Hans-von-Bülow-Wettbewerb in
                                                                                         Sonate für Trompete und Klavier (1951)
Meiningen ausgezeichnet. Aktuelle Highlights sind sein Debüt mit
                                                                                         Allegretto – Dolce espressivo – Scherzo – Allegretto
dem London Philharmonic Orchestra, Wiedereinladungen in die
Wigmore Hall und in das Konzerthaus Berlin sowie sein Debüt als
Pianist und Dirigent bei den Stuttgarter Philharmonikern.                                Ende gegen 21:15 Uhr

verbuchen. Die Légende entstand 1906 für      Die drei noch folgenden Werke sind alle
einen Trompetenwettbewerb des Pariser         mehr oder weniger vom Jazz inspiriert,
Konservatoriums. Das lyrische und doch        in dem die Trompete – man denke etwa an
überbordend virtuose Werk erinnert an seine   Louis Armstrong – schon immer eine große
französischen Kollegen Massenet oder De-      Rolle spielte. Der ukrainische Komponist
bussy und verlangt der Trompete auf kleinem   Nikolai Kapustin wird in den letzten Jahren
Raum unterschiedliche Charakterzüge ab.       auch in Deutschland immer mehr gespielt.
  Der zweite Teil des Konzerts beginnt mit    Besonders beliebt sind seine Klavierstücke
der eigens für Simon Höfele entstandenen      wie die 24 Preludes im Jazz-Stil.
Komposition Milky Way des in Prag gebore-        George Gershwin ist einer der bekann-         dien Süd- und Nordamerikas. Im ersten Satz
nen Miroslav Srnka. Der Komponist schreibt    testen Komponisten Amerikas. Der Verfas-         ertönen Fanfaren, der zweite Satz ist eine
dazu: »Von überall in der Milchstraße be-     ser des American in Paris und der Rhapsody       Art sentimentales Lied, im dritten Satz hört
trachtet ist unsere Sonne ein aufgehender     in Blue war selbst ein genialer Pianist, der     man schräge Zirkusmusik, und der tänzeri-
Stern«, und nimmt so direkt Bezug auf die     aber nur wenig für sein eigenes Instrument       sche Schlusssatz erlangt seine eigenartige
»Rising Stars«.                               geschrieben hat. Die Three Preludes kann         Unruhe durch ständige Taktwechsel.
                                              man als Tanzfolge von Charleston, Blues und        Ein altes chinesisches Sprichwort lautet:
                                              Foxtrott bezeichnen.                             »Wenn dir jemand etwas Böses getan hat,
                                                 Zum Abschluss steht noch einmal eine          schenke seinem Kind eine Trompete.« Nach
                                              ausgewachsene Sonate für Trompete und            dem heutigen Konzert darf man das getrost
                                              Klavier auf dem Programm. Das 1951 ent-          abwandeln: »Wenn dir jemand etwas Gutes
                                              standene Stück von George Antheil, der sich      getan hat, schenke seinem Kind eine Trom-
                                              selbst gern als »Bad Boy of Music« bezeich-      pete, denn es könnte einmal ein Rising Star
                                              nete, spielt mit eingängigen Volksliedmelo-      werden …«         Christian Münch-Cordellier
RISING STARS - Elbphilharmonie
PROGR AMM                                                     JOÃO BARRADAS                              AKKORDEON

Johann Sebastian Bach (1685–1750)                             João Barradas ist einer der führenden europäischen Akkordeonisten
Passacaglia c-Moll BWV 582 (nach 1709)                        der jüngeren Generation. Geboren im portugiesischen Porto Alto,
ca. 15 Min.                                                   begann er im Alter von sechs Jahren mit dem Akkordeonspiel und
                                                              gewann nur wenig später die ersten Auszeichnungen bei nationalen
Yann Robin (*1974)                                            Wettbewerben. Später folgten internationale Preise, darunter zwei-
E[N]IGMA (2019)                                               mal die World Accordion Trophy, den Coupe Mondale of Accordion
Kompositionsauftrag von Calouste Gulbenkian
                                                              sowie Preise des International Castelfidardo Contest und der Okud
Foundation Lisbon, Casa da Música Porto,                      Istra International Competition. Er bewegt sich mühelos zwischen
Philharmonie Luxembourg und ECHO                              verschiedenen Genres, ist in Klassik, Jazz und Improvisation glei-
ca. 10 Min.                                                   chermaßen zu Hause. Dabei ist der vielseitige Künstler im klassi-
                                                              schen und zeitgenössischen Repertoire sowohl als Solist als auch
Astor Piazzolla (1921–1992)                                   als gefragter Partner in der Kammermusik zu erleben. Er arbei-
Las cuatro estaciones porteñas (1965–70)                      tet eng mit zeitgenössischen Komponisten zusammen; viele Werke
Fassung für Akkordeon solo                                    wurden eigens für ihn geschrieben und von ihm uraufgeführt.
Primavera portena
                                                                 João Barradas ist darüber hinaus einer der herausragendsten
Verano porteno                                                Jazz-Akkordeonisten. Als solcher hat er für das New Yorker Label
Otono porteno                                                 Inner Circle Music aufgenommen und mit zahlreichen renommierten
Inviemo porteno                                               Musikern weltweit zusammengearbeitet. 2016 nahm er sein erstes
ca. 20 Min.                                                   Album Directions auf, das von der Kritik hoch gelobt wurde und vom
                                                              amerikanischen Jazz-Kultmagazin Down Beat zu einem der besten
Pause                                                         Alben des Jahres 2017 gekürt wurde.
                                                                 Begleitet wird João Barradas in der zweiten Konzerthälfte
»The João Barradas Portrait«                                  von einer vierköpfigen Band: Ben van Gelder gilt international
ca. 40 Min.                                                   als Autorität des Altsaxofons. Seine Musik gründet in der Jazz-
                                                              tradition, integriert jedoch Einflüsse vieler anderer Genres und
                                                              Disziplinen. Schlagzeugerin Naíma Acuña studierte an der Guild­
Gefördert durch                                               hall School of Music and Drama in London und ist regelmä-
                                                              ßig auf Festivals wie den Langnau Jazz Nights und in Konzert-
                                                              häusern wie der Philharmonie de Luxembourg zu erleben. Der
                                                              Bassist Luca Alemanno studierte am Thelonious Monk Insti-
                                                              tute und stand schon mit Jazzgrößen wie Herbie Hancock, Miguel
                                                              Zenon und Dee Dee Bridgewater auf der Bühne. 2019 erschien sein
                                                              Debütalbum I Can See Home From Here. Vibrafonist, Produzent, Kom-
                                                              ponist und Bandleader Simon Moullier teilte sich die Bühne bereits
                                                              mit Künstlern wie Herbie Hancock und Wayne Shorter und ist regel-
                                                              mäßiger Gast der weltweit größten Festivals und Jazzclubs.

ZU DEN WERKEN DES HEUTIGEN ABENDS
Das Licht der Welt erblickte das Akkordeon    der selbsternannten Hochkultur belächelt,      tionslehrerin Nadia Boulanger wieder daran
1829 — genauer gesagt am 6. Mai. An jenem     seine musikalischen Fähigkeiten lange Zeit     erinnerte: »Tun Sie, was Ravel, Strawinsky
Tag wurde nämlich seinem »Vater«, dem         nicht ernst genommen. Erst Mitte der 1970er    und Bartók getan haben, die aus der Musik
Klavier- und Orgelbauer Cyrill Demian, ein    Jahre verwandelte sich das »hässliche Ent-     ihrer Völker etwas Neues, etwas Wunder-
Patent auf die Erfindung des »Accordions«     lein« der großen Musikinstrumentenfamilie      schönes geschaffen haben.«
erteilt. Und dieses Instrument hatte es in    in einen allseits respektierten Klangerzeu-       Es muss ein tiefgreifender Wendepunkt
sich: Mit der Technik des Blasebalgs war es   ger. Von Rock und Pop über Jazz und expe-      für Piazzolla gewesen sein. Die musikali-
möglich, durch das Drücken einer Taste eine   rimentelle Musik — überall entdeckte man       sche Tradition seines Heimatlandes stand
ganze Reihe von Tönen zum Klingen zu brin-    sein lange Zeit unterschätztes Potenzial.      nun nicht mehr länger den Strömungen
gen. Ein einzelner Musiker konnte nun mit        Zu verdanken ist diese musikalische Ent-    der europäischen Musikgeschichte gegen-
einfachen Mitteln einen beeindruckenden       deckung vor allem Astor Piazzolla. Das         über — er führte einfach beides zusammen.
Auftritt hinlegen. »Eine Mandoline und eine   Bandoneon, ein kleiner Bruder des Akkor-
Gitarre machen noch kein Orchester, aber      deons, war für den 1921 in Argentinien ge-
ein Akkordeon schon«, weiß ein Sprich-        borenen Musiker Fluch und Segen zugleich.
wort aus Korsika. Als das Instrument dank     Nachts spielte er in den Kneipen, Revues
der vielfachen Produktion erschwinglicher     und Tanzlokalen von Mar del Plata in Tango-­
wurde, betraten mehr und mehr Hobby­          Orchestern; tagsüber versuchte er, Johann
musiker die öffentliche Bühne. Das Akkor-     Sebastian Bachs Musik auf das Instrument
deon konnte seinen Siegeszug um die Welt      zu übertragen, studierte Harmonielehre
antreten.                                     und Komposition. Hin- und hergerissen zwi-
   Doch so beliebt das Akkordeon in der       schen den verschiedenen Musikstilen be-
Volksmusik Europas, der Karibik und Latein-   gann er, an seinen musikalischen Wurzeln
amerikas auch war, so sehr wurde es von       zu zweifeln. Bis ihn in Paris seine Komposi-
RISING STARS - Elbphilharmonie
MITTWOCH, 22. JANUAR 2020
18:30 UHR | VORGESTELLT – DAS KÜNSTLERGESPRÄCH
19:30 UHR | KONZERT

 JOÃO BARRADAS
 TOP 5 PLAYLIST
  › Peter Eötvös
    Atlantis
  › Sergej Rachmaninow
    Etudes-Tableux, op. 33/2
  › Ambrose Akinmusire
    Maurice & Michael
  › Keith Jarrett
    Paris / London – Testament
  › György Ligeti                                                                                                  João Barradas
    Lux Aeterna

Indem er den Tango für Einflüsse des Jazz                                                    falls bewusst entgegen. Auf eindrucksvolle
und der klassischen Musik öffnete, wurde er                                                  Weise beweist er, dass das Akkordeon sehr
nicht weniger als die Leitfigur der modernen                                                 viel mehr kann, als man ihm manchmal zu-
Tangomusik. Seine Cuatro estaciones porte-                                                   trauen möchte. Ganz selbstverständlich
ñas, hierzulande auch als Die vier Jahres-                                                   knüpft er daher auch an die Jazz-Geschichte
zeiten von Buenos Aires bekannt, entstanden                                                  des Instrumentes an. Dabei wird ihm immer
zwischen 1965 und 1970 und gehören zu sei-                                                   wieder auch bewusst, dass sein Instrument
nen beeindruckendsten und sicherlich be-                                                     in der Kunst der Improvisation oft noch als
rühmtesten Werken.                                                                           »etwas anderes« wahrgenommen wird.
  Die Erfahrungen Astor Piazzollas zeigen                                                       The João Barradas Portrait komponierte er
einmal mehr: Der Impuls, verschiedene                                                        speziell für Mark Turner (an dessen Stelle
Musikstile strikt voneinander zu trennen,      Musikalisch zwischen den Stühlen fühlt sich   am heutigen Abend Ben van Gelder zum
sie in bestimmte Gruppen einzuteilen und       auch Yann Robin sehr zu Hause. Der 1974       Saxofon greift), Simon Moullier, Luca Ale-
diese oder jene als mehr oder weniger an-      geborene Franzose studierte in Marseille      manno und Naíma Acuña – und natürlich für
spruchsvoll zu bewerten, stellt sich immer     sowohl Jazz als auch klassische Kompo-        sich selbst. Es enthält Einflüsse aus zeit-
wieder als Trugschluss heraus. Denn schon      sition; später am Konservatorium von Pa-      genössischer Musik, die für Barradas eine
Johann Sebastian Bach griff mit seiner         ris Kontrapunkt und Musikwissenschaft.        wichtige Inspirationsquelle darstellt: »Im
Passacaglia auf einen spanischen Volkstanz     Eigens für João Barradas hat er nun ein       Moment zu sein, ohne vorgefasste Ideen,
zurück. Denn obwohl sie im Barock ihren        neues Werk mit dem kr yptischen Titel         das ist das Allerwichtigste«, sagt der portu-
Weg in die europäische Kunstmusik fand,        E[N]IGMA verfasst.                            giesische Künstler – und bezieht sich damit
hat sie ihre Ursprünge in der Gitarren-           Der allzu menschlichen Verlockung, in      auf die Spontaneität, die er beim Improvisie-
tradition Spaniens und ist heute noch Teil     musikalisch starren Kategorien zu den-        ren braucht.
der lateinamerikanischen Volksmusik.           ken, stellt sich João Barradas selbst eben-                               Susanne Zorbach
RISING STARS - Elbphilharmonie
DONNERSTAG, 23. JANUAR 2020
18:30 UHR | VORGESTELLT – DAS KÜNSTLERGESPRÄCH
19:30 UHR | KONZERT

                                                                                                                          David Huang

                                                                                                              MAGNUS HOLMANDER
                                                                                                              TOP 5 PLAYLIST
                                                                                                               › Gustav Mahler
                                                                                                                 Sinfonie Nr. 9
                                                                                                               › Michael Jackson
                                                                                                                 Man in the Mirror
                                                                                                               › Claude Debussy
                                                                                                                 Clair de Lune
                                                                                                               › Dirty Loops
                                                                                                                 Next to You
Magnus Holmander                                                                                               › Aaron Copland
                                                                                                                 Klarinettenkonzert

ZU DEN WERKEN DES HEUTIGEN ABENDS
»Zieht der etwa einen durch?!« Das mag           wesentlich von dem heutiger Instrumente         derem eine Klarinetten-Sonate. Im stolzen
man sich bei Magnus Holmanders Künstler­         unterscheidet. Diese neuen klanglichen          Alter von 85 Jahren gelang ihm damit ein
foto fragen, auf dem Rauchschwaden aus           Möglichkeiten wusste der Franzose Claude        Stück, das sich mit Humor, Witz und feiner
seinem Instrument zu steigen scheinen.           Debussy zu nutzen, als er 1909 für einen        Ironie einen Platz weit oben im Repertoire
Nun, wer seine Klarinette zum Schweben           Klarinettenwettbewerb am Pariser Konser-        für Klarinette eroberte.
bringen kann, für den ist das ein leichter       vatorium die Première Rhapsodie schrieb.           Während Saint-Saëns 1921 von der Bühne
Trick. Kurz: Die vielfältigen Potenziale der     Das Stück, das laut Debussy »zum Gefäl-         des Lebens abtrat, erblickte im selben Jahr
Klarinette sind offensichtlich. Mit ihrem rie-   ligsten gehört, was ich jemals komponiert       Malcolm Arnold die Welt. Dass der Brite
sigen Tonumfang von fast vier Oktaven sticht     habe«, schlug ein wie eine Bombe und gilt       später einmal mit einem Filmmusik-Oscar
sie alle anderen Blasinstrumente aus, ihre       bis heute als ein Schlager des Klarinet-        ausgezeichnet und aufgrund seiner Ver-
Dynamik reicht vom zarten Hauch bis zum          ten-Repertoires. Mit einem »verträumten«        dienste für die Musik zum Ritter geschla-
fulminanten Getöse, und ihr Klang ist mal        langsamen Teil beginnend, entwickelt sich       gen werden würde, konnte damals noch
von mysteriösem, mal von schrillem Cha-          die Musik über schwelgende Melodien und         niemand ahnen. Seine Fähigkeiten machte
rakter. Zentral für die Tonerzeugung ist ein     endet »lebhaft scherzend«.                      er aber bereits 1951 deutlich, als er für die
am Mundstück befestigtes Rohrblatt, das             Eine fast schon legendäre Rivalität
durch das Anblasen zu vibrieren beginnt          unterhielt der fortschrittliche Debussy mit
und die Luftsäule zum Schwingen bringt –         seinem fast 30 Jahre älteren Landsmann
und das im Übrigen berüchtigte Tücken hat,       Camille Saint-Saëns, dessen Werke eher
sodass von seiner Laune oft auch die Laune       als konventionell galten. Quasi mit den letz-
des Klarinettisten abhängt.                      ten Atemzügen konzentrierte Saint-Saëns
   Etwa um 1900 erreichte die Klarinette –       sich darauf, »den selten bedachten Instru-
rund 200 Jahre nach ihrer Erfindung – den        menten die Möglichkeit zu geben, zu Gehör
hohen technischen Standard, der sich nicht       zu kommen«, und komponierte unter an-
RISING STARS - Elbphilharmonie
MAGNUS HOLMANDER                                      KL ARINE T TE                           PROGR AMM

Der schwedische Klarinettist Magnus Holmander zeichnet sich                               Claude Debussy (1862–1918)
durch seine besondere Vielseitigkeit und Experimentierfreude als                          Rhapsodie Nr. 1 (1909–1910)
Musiker und Performer aus, die zu engen Kooperationen mit vielen                          ca. 10 Min.
zeitgenössischen Komponisten geführt haben. Unter anderem hat
er Klarinettenkonzerte von Rolf Martinsson und Anders Hillborg in                         Camille Saint-Saëns (1835–1921)
der Grieg-Halle in Bergen, der Royal Festival Hall in London, dem                         Sonate Es-Dur op. 167 (1921)
Konzerthaus Stockholm und im Auditorium in Mailand aufgeführt.                            Allegretto
Zudem präsentierte er Werke schwedischer Komponisten wie Jacob                            Allegro animato
Mühlrad, Andrea Tarrodi, Benjamin Stearn und Klara Stirner. Erst                          Lento
kürzlich schrieb die Komponistin Ylva Fred ein Stück für Klarinette                       Molto allegro
und Klavier, in dem der experimentierfreudige Künstler seine Fähig-                       ca. 15 Min.
keiten als Zauberkünstler einsetzt und seine Klarinette scheinbar
zum Schweben bringt.                                                                      Malcolm Arnold (1921–2006)
   Seit 2013 trat Magnus Holmander wiederholt europaweit als                              Sonatina op. 29 (1951)
Klarinettist, Tänzer und Magier in Martin Frösts Produktionen                             Allegro con brio – Andantino – Furioso
von Dollhouse und Genesis auf. 2017 gewann er gemeinsam mit der                           ca. 10 Min.
Akkordeonistin Irina Seroytuk Schwedens größten Kammermusik-
wettbewerb »Ung & Lovande« (Jung und vielversprechend). Die Jury
                                                                                          Pause
lobte dabei besonders die Virtuosität, natürliche Bühnenpräsenz,
das Zusammenspiel und die technische Brillanz des Duos. Magnus
                                                                                          Molly Kien (*1979)
Holmander hat einen Bachelor und Master des Royal Collage of
                                                                                          Hydrozoa (2019)
Music in Stockholm und studierte bei Hermann Stefánsson und
                                                                                          Kompositionsauftrag von
Emil Jonason.                                                                             Konserthuset Stockholm und ECHO
                                                                                          ca. 10 Min.

DAVID HUANG K L AV IER
David Huang gilt als einer der meistgefragten und vielseitigsten                          Arvo Pärt (*1935)
Künstler Schwedens. Er gewann den Soloist Prize 2014, Schwedens                           Spiegel im Spiegel (1978)
größten Wettbewerb für klassische Musik, und tritt regelmäßig als                         ca. 10 Min.

Solist mit großen Sinfonieorchestern auf, darunter das Royal Stock-
holm Philharmonic Orchestra, das Nordic Chamber Orchestra und                             Rolf Martinsson (*1956)
die Göteborger Symphoniker. Auch als Kammermusikpartner ist Da-                           Suite fantastique op. 90
vid Huang aktiv. Zudem engagiert er sich für die Vermittlung klassi-                      ca. 15 Min.
scher Musik. Zu diesem Zweck gründete er 2018 mit dem Dirigenten
                                                                                          Gefördert durch
Christian Karlsen das Festival »Gränslandet – Symfonisk Fest«, das
sich insbesondere an ein junges Publikum richtet.

Klarinette eine Sonatine komponierte, also                                                      wie ein friedlicher Herzschlag anmuten.
eine knackige und leicht anmutende Sonate.                                                      Dabei entsteht ein auf das Wesentliche
Diese ist aber alles andere als leicht zu                                                       beschränkter Dialog, der große Ruhe und
spielen, denn die Musik entwickelt sich in-                                                     Empfindsamkeit ausstrahlt. Manchmal ist
nerhalb kürzester Zeit von jazzigen Einflüs-                                                    weniger eben mehr.
sen über gesangartige Linien bis hin zum                                                           Ganz anders kommt die Suite Fantastique
wilden Tanz. Kein Wunder, dass das Stück                                                        des Schweden Rolf Martinsson daher, die er
heute als eines der beliebtesten Instrumen-                                                     2011 ursprünglich als Konzertstück für Kla-
talwerke von Arnold gilt.                                                                       rinette und Orchester komponiert hat. Ge-
   Spätestens in der zweiten Konzerthälfte     rikanische Komponistin Molly Kien, die wie       widmet ist dieses Werk dem schwedischen
wird sich Ihre Realitätswahrnehmung er-        Holmander am Royal College of Music in           Klarinettenstar Martin Fröst, dessen Schü-
weitern, denn »Augmented Reality« ist dank     Stockholm studiert hat.                          ler Magnus Holmander war. Der Kompo-
einer Technik namens »Sensor Augmen-              Arvo Pärt hingegen ist Effekthascherei        nist bezeichnet den Stil seines Stückes als
ted Clarinet« nun auch mit der Klarinette      völlig fremd, steht seine Musik doch vor al-     »aufgeschlossen«. Ob langsame, lyrische
möglich: Über einen Sensor am Instrument       lem für äußersten Minimalismus. Sein Werk        Passagen oder schnelle, virtuose Läufe,
und einen Computer kann der Klarinet-          Spiegel im Spiegel, das er 1978 ursprünglich     ob dissonante Akkorde oder wunderschöne
tist durch seine Bewegungen beim Spielen       für Violine und Klavier geschrieben hat, ist     Melodien – die Musik nimmt wortwörtlich
Sound-­E ffekte erzeugen, beispielsweise       auch aufgrund zahlreicher Zitate in Filmen       fantastische Wendungen. Genau richtig für
Töne wiederholen oder in die Höhe ziehen.      wie Gravity eines der populärsten Stücke         Magnus Holmander, den Martinsson als
Diese völlig neue Technik nimmt das Stück      des Esten. Wie tiefe Atemzüge wirken die         »absolut brillant« bejubelt. Fazit: Dieser
Hydrozoa auf, das von Quallen, Anemonen,       ausschließlich langen Töne in der Melodie-       Konzertabend bietet alles – nicht nur Schall
Nesseltieren und anderen Seekreaturen          stimme, während die durchgehend glocken-         und Rauch.
inspiriert ist. Geschrieben hat es die ame-    artigen Dreiklänge in der Klavierbegleitung                          Jan Michael Meyer-Lamp
RISING STARS - Elbphilharmonie
EUROPA, DEINE KONZERTHÄUSER
DIE MITGLIEDER DER EUROPEAN CONCERT
HALL ORGANISATION

                 Concertgebouw   Philharmonie   Konserthuset   Elbphilharmonie   Laeiszhalle
                  Amsterdam      Luxembourg      Stockholm        Hamburg         Hamburg

Sage Gateshead   Bozar Brüssel                                                   Konzerthaus
                                                                                  Dortmund

 Town Hall &                                                                        Kölner
Symphony Hall                                                                    Philharmonie
 Birmingham
Barbican Cen-                                                                       Festspielhaus
   tre London                                                                         Baden-Baden

  Casa da Música       Philharmonie       Théâtre des                                Palast der Künste
      Porto              de Paris       Champs-Elysées                                   Budapest

                                                                                         Megaron
                                                                                          Athen

     Fundação           Palau de la       L’Auditori       Wiener      Musikverein
Calouste Gulbenkian   Música Catalana     Barcelona      Konzerthaus      Wien
      Lisboa
FREITAG, 24. JANUAR 2020
18:30 UHR | VORGESTELLT – DAS KÜNSTLERGESPRÄCH
19:30 UHR | KONZERT

                                                                                                           GOLDMUND QUARTETT
                                                                                                           TOP 5 PLAYLIST
                                                                                                           › Johann Sebastian Bach
                                                                                                             Mein teurer Heiland
                                                                                                           › Queen
                                                                                                             Don’t Stop Me Now
                                                                                                           › Tom Waits
                                                                                                             Downtown Train
                                                                                                           › Leonard Cohen
                                                                                                             Hallelujah
Goldmund Quartett                                                                                          › Ludwig van Beethoven
                                                                                                             Cavatina (Quartett Nr. 13)

ZU DEN WERKEN DES HEUTIGEN ABENDS
HAYDN: STREICHQUARTETT D-DUR                                                                  freundeten Kollegen Ernest Chausson. Und
»Man hört vier vernünftige Leute sich unter-                                                  doch fand er in dieser Schaffensperiode und
einander unterhalten«, so beschrieb Goethe                                                    speziell mit diesem Werk zu seinem ganz
einmal das Streichquartett. In der intimen                                                    persönlichen Stil, der ihm zum wichtigsten
Besetzung und dem transparenten Zusam-                                                        Komponisten des musikalischen Impressio-
menklang gewinnt die Stimme des Einzel-                                                       nismus machte.
nen an Bedeutung. Darin liegt aber auch die                                                      Zwar hielt sich Debussy an den klassi-
Schwierigkeit: vier solistische Instrumente,                                                  schen Aufbau von vier Sätzen, allerdings
von denen jedes zu Wort kommen soll.                                                          nicht an die bis dahin üblichen Satzmuster
   Joseph Haydn als der »Vater« des Streich-    Bild von Idylle und Frieden. Das rhythmisch   oder periodischen Gliederungen. Stattdes-
quartetts schuf die Norm, an der sich die       diffuse Menuett greift unbeschwert wie-       sen bilden sich im Verlauf Strukturen und
folgenden Generationen orientierten. Be-        der die Grundtonart auf; auch im Presto-­     Themen aus nur drei Tönen. Dieses Motiv
sonders in späten Werken überrascht er mit      Finale bietet Haydn bei der Verarbeitung      beherrscht alle vier Sätze in variantenrei-
Einfallsreichtum und Witz, wie auch im fünf-    des fast bäuerlichen Themas viel Witz und     chen Ausführungen, etwa in Triolen geführt
ten seiner Quartett-Serie op. 76. Es beginnt    Raffinesse auf und führt das Quartett so zu   oder im Pizzicato gespielt. Besonders im
mit einem anmutig wiegenden Allegretto im       einem heiteren, überschwänglichen Ende.       zweiten Satz, einem lebhaften und rhythmi-
6/8-Takt, das an eine Siciliana erinnert. Die                           Johannes Schröder    schen Scherzo, kommt diese Variantentech-
Form des Satzes bleibt unklar, das Thema                                                      nik zur Geltung. Die ungewohnten Klänge
pendelt in freien Variationen zwischen Dur      DEBUSSY: STREICHQUARTETT G-MOLL               wurden bei der Uraufführung vom Publikum
und Moll. Als der wahre Kern des Werkes         Mit der Komposition seines einzigen           noch kritisch bewertet, erst bei der zweiten
offenbart sich der in Fis-Dur stehende          Streichquartetts tat sich Claude Debussy      Aufführung wussten die Zuhörer die farben-
zweite Satz. Anmutig gleitet die zarte Melo-    1893 schwer. »Dreimal habe ich wieder von     reichen Klänge zu schätzen.
die dahin und zeichnet ein tief emotionales     vorne angefangen«, schrieb er an den be-                                Miriam Steinhardt
GOLDMUND QUARTETT                                                                            PROGR AMM

FLORIAN SCHÖTZ V IOLINE                                                                  Joseph Haydn (1732–1809)
PINCHAS ADT V IOLINE                                                                     Streichquartett D-Dur op. 76/5 (1797)
CHRISTOPH VANDORY V IOL A                                                                Allegretto – Allegro
RAPHAEL PARATORE V IOLONCELLO                                                            Largo cantabile e mesto
                                                                                         Menuetto: Allegro – Trio
                                                                                         Finale: Presto
Bereits seit zehn Jahren begeistert das Goldmund Quartett sein
                                                                                         ca. 20 Min.
Publikum weltweit durch Innerlichkeit, die unglaublich feine Into-
nation und die bis ins kleinste Detail erarbeiteten Phrasierungen.
Zu den jüngsten Auszeichnungen gehören der Zweite Preis und                              Claude Debussy (1862–1918)
Sonderpreis für die beste Interpretation eines Streichquartetts des                      Streichquartett g-Moll op. 10 (1893)
20. Jahrhunderts bei der Wigmore Hall International String Quar-                         Animé et très décidé
tet Competition 2018 sowie ein Erster Preis und Preis für die beste                      Assez vif et bien rythmé
                                                                                         Andantino, doucement expressif
Interpretation des Auftragwerkes bei der Melbourne International
                                                                                         Très modéré – Très mouvementé et avec passion
Chamber Music Competition 2018. Ferner ist das Quartett Preisträ-
                                                                                         ca. 25 Min.
ger des Bayerischen Kunstförderpreises und des Karl-Klinger-Prei-
ses des ARD-Wettbewerbs 2016.
                                                                                         Pause
   Seit 2019 spielen sie auf den Instrumenten des sogenannten
Paganini Quartetts von Antonio Stradivari, zur Verfügung gestellt
von der Nippon Music Foundation. Darüber hinaus wird dem Quartett                        Dobrinka Tabakova (*1980)
im März 2020 der Musikpreis der Jürgen-Ponto-Stiftung verliehen.                         The Smile of the Flamboyant Wings (2019)
Höhepunkte der aktuellen Saison sind neben der Rising-Stars-Reihe                        Kompositionsauftrag von Cité de la Musique –
                                                                                         Philharmonie de Paris, Festspielhaus Baden Baden
unter anderem Tourneen in Schweden und Australien sowie Auftritte
                                                                                         und ECHO
bei den Frankfurter Museumskonzerten, der Streichquartett-Bien-
                                                                                         ca. 10 Min.
nale Amsterdam und der Hörtnagel-Reihe in München. Zu den
Highlights vergangener Jahre zählen Debüts im Musikverein Graz,
im Pierre Boulez Saal Berlin und beim Fjord Classics Festival in                         Felix Mendelssohn Bartholdy (1809–1847)
Norwegen.                                                                                Streichquartett f-Moll op. 80 (1847)
   2016 erschien die Debüt-CD des Quartetts mit Werken Joseph                            Allegro vivace assai – Presto
                                                                                         Allegro assai
Haydns, die hervorragende Rezensionen erhielt. 2018 erschien ihre
                                                                                         Adagio
zweite CD mit Werken von Dmitri Schostakowitsch. Neben Studien                           Finale. Allegro molto
bei Mitgliedern des Alban Berg Quartetts, bei Günter Pichler an der                      ca. 25 Min.
Escuela Superior de Música Reina Sofia und dem Artemis Quartett
in Berlin, besuchten die vier Musiker Meisterkurse bei Mitgliedern
des Hagen, Borodin, Belcea, Ysaÿe und Cherubini Quartetts. Auch
Ferenc Rados, Eberhard Feltz und Alfred Brendel gaben dem Quar-
tett wichtige musikalische Impulse.

DOBRINK A TABAKOVA:                           Charakter aber sehr ruhig und atmosphä-          verstanden werden kann. Die besondere
THE SMILE OF THE FLAMBOYANT WINGS             risch, melancholisch und doch rhythmisch.«       Tragik liegt darin, dass der Komponist kurze
Dobrinka Tabakova komponierte ihr neues          In ihren Orchester- und Chor werken           Zeit später selbst verstarb. Das Werk ist ge-
Streichquartett – Das Lächeln der flammen-    spannt die bulgarisch-britische Komponis-        prägt von getriebener Verzweiflung, was
den Flügel – im Auftrag großer Konzerthäu-    tin Klangflächen auf, die berühren und dyna-     durch Gesten wie Synkopen und Tremoli
ser wie der Philharmonie Paris – und eigens   misch und rhythmisch mitreißen. Tabakova         zum Ausdruck gebracht wird. Von anderen
für das Goldmund Quartett, das in einem       wurde 2014 schon für ihr Debütalbum String       Stücken seiner Zeit hebt es sich durch seine
Interview auch selbst schon etwas über die    Paths für einen Grammy nominiert. 2017 war       Expressivität ab, die sich in melodischer
Komposition verraten konnte: »Der Titel be-   sie Composer in Residence des BBC Concert        Bruchhaftigkeit, einer extremen Klangfülle
zieht sich auf das gleichnamige Gemälde       Orchestra, 2019 kürte die PRS Foundation         und dynamischer Spannweite manifestiert.
von Joan Miró; wie dieses hat es etwas Ex-    (so etwas wie die britische Gema) ihr Stück      Das Adagio hingegen bildet dazu einen
pressionistisches und Abstraktes, ist im      Centuries of Meditations für Chor und Strei-     schwermütigen Ruhepunkt.
                                              cher zu den elf besten britischen Orchester-       So verbindet das Quartett zwei interes-
                                              stücken der der der vergangenen 25 Jahre.        sante Aspekte: Zum einen seinen bewe-
                                                                         Antonia Brinkers     genden, autobiografischen Ursprung, zum
                                                                                               anderen seine gewagte Kompositions-
                                              MENDELSSOHN:                                     weise, die in diesem Maße erst Jahrzehnte
                                              STREICHQUARTETT F -MOLL                          später wieder aufgegriffen wurde. Was bei
                                              Die Trauer über den frühen Tod seiner ge-        der Uraufführung wegen der vielen Neu-
                                              liebten Schwester Fanny verarbeitete Felix       heiten noch als zu abstrakt wahrgenommen
                                              Mendelssohn Bartholdy im Streichquartett         wurde, gilt heute als ein besonders innovati-
                                              op. 80, das als eine Art Requiem für seine       ves und einzigartiges Dokument seiner Zeit.
                                              Muse und engste künstlerische Beraterin                                   Alexandra Gadowicz
PROGR AMM                                                        NOA WILDSCHUT                             VIOLINE

Franz Schubert (1797–1828)                                       »Ein musikalisches Wunder, originell, spontan und immer frei«,
Fantasie C-Dur D 934 (1827)                                      schrieb die Süddeutsche Zeitung über die niederländische Geigerin
Andante molto                                                    Noa Wildschut, die mit 17 Jahren bereits ihren Platz in der interna-
Allegretto                                                       tionalen klassischen Musikszene eingenommen hat. Bereits im Alter
Andantino
                                                                 von sieben Jahren gab sie ihr Debüt im Concertgebouw Amsterdam
Allegro
Presto
                                                                 bei der »Night of the Promising«; seit 2016 ist sie Exklusivkünstlerin
                                                                 bei Warner Classics. Im Folgejahr veröffentlichte sie ihre erste CD,
ca. 30 Min.
                                                                 ein reines Mozart-Album. Höhepunkte dieser Saison sind ihre De-
                                                                 büts beim Royal Scottish National Orchestra, der Deutschen Radio-
Joey Roukens (*1982)
                                                                 philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern sowie eine Wiederein-
Sarasvati (2019)
                                                                 ladung des Gürzenich-Orchesters Köln und eine Tournee mit dem
Kompositionsauftrag von Het Concertgebouw
                                                                 Konzerthausorchester Berlin.
Amsterdam und ECHO
                                                                    Darüber hinaus arbeitete sie mit Orchestern wie dem Pittsburgh
ca. 10 Min.
                                                                 Symphony Orchestra und musizierte mit Musikgrößen wie Anne-­
                                                                 Sophie Mutter, die Noa Wildschut als »eine der musikalischen
Pause                                                            Hoffnungen ihrer Generation« beschreibt. Sie ist Preis­trägerin
                                                                 zahlreicher Wettbewerbe: Sie erspielte sich Erste Preise beim Inter-
Piotr I. Tschaikowsky (1840–1893)                                nationalen Violinwettbewerb Louis Spohr in Weimar oder beim Con-
Souvenir d’un lieu cher op. 42 (1878)                            certgebouw Nachwuchspreis 2013. Noa Wildschut spielt eine Geige
Méditation                                                       von Giovanni Grancino aus dem Jahr 1714, die ihr von der Nieder­
Scherzo                                                          ländischen Stiftung für Musikinstrumente zur Verfügung gestellt
Mélodie
                                                                 wurde. Ihr Bogen ist von Benoît Rolland und wurde von der Anne-­
                                                                 Sophie-Mutter-Stiftung für sie erworben. Sie studiert bei bei Antje
Sergej Prokofjew (1891–1953)                                     Weithaas an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin.
Sonate D-Dur op. 94a (1943/44)
Moderato
Scherzo: Presto
Andante
                                                                 ELISABETH BRAUSS K L AV IER
Allegro con brio                                                 Elisabeth Brauß gastiert regelmäßig an großen Konzerthäusern
ca. 20 Min.
                                                                 wie der Tonhalle Zürich, dem Barbican Centre in London und dem
                                                                 Konzerthaus Berlin und bei Festivals wie den Festspielen Mecklen-
                                                                 burg-Vorpommern. Als Solistin konzertiert sie mit Orchestern wie
                                                                 dem hr-Sinfonieorchester, dem BBC Scottish Symphony Orchestra
                                                                 und der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen. Darüber hinaus
                                                                 gewann sie Erste Preise beim internationalen Steinway-Wettbewerb
                                                                 sowie den Haupt- und Publikumspreis beim TONALi Grand Prix,
                                                                 beide in Hamburg. Aktuell ist sie New Generation Artist der BBC.

ZU DEN WERKEN DES HEUTIGEN ABENDS
SCHUBERT: FANTASIE C-DUR                         Das Werk besitzt die für den späten Schu-      Seine Komposition Sarasvati bezieht sich
Franz Schubert prägte mit seinen Orches-         bert typische Aura und verkörpert die Idee     auf die gleichnamige Göttin der Lehre und
ter- und Kammermusikwerken die ausge-            einer höheren Poetik. Schubert griff dafür     Musik im Hinduismus sowie auf einen my-
hende Klassik wie kaum ein anderer Kom-          auch auf Eigenkompositionen zurück. So         thologischen Fluss. Wörtlich übersetzt be-
ponist. In den Jahren 1826/27 komponierte        zitierte er im Finale sein Lied Sei mir ge-    deutet der Titel »das, was fließt«. Und dieser
er seine Fantasie in C-Dur für Violine und       grüßt. Die Kritik von einst ist mittlerweile   Name ist Programm: Die Musik wirkt wie
Klavier, die sein letzter Beitrag zu dieser      verflogen: Heute wird die Fantasie häufig      ein einziger Fluss in all seinen Facetten –
Gattung bleiben sollte. Seine Inspirations-      als Schuberts großartigste und schönste        mal friedlich und sanft, dann wieder rau und
quelle war das virtuose Violinspiel von Josef    angesehen.                      Tim Helssen   wild, schlussendlich fließt er rauschend ins
Slawik, den Chopin einmal als »böhmischer                                                       Meer. Angereichert durch indischen Musik-
Paganini« bezeichnete. Die Aufführungs-          JOEY ROUKENS: SAR ASVATI                       elemente schafft Rouken einmal mehr die
dauer von fast einer halben Stunde war dem       Der in Amsterdam geborene Komponist            Brücke zwischen Ländern, Stilen und Stim-
Wiener Publikum bei der Uraufführung im          Joey Roukens begann schon während seines       mungen.                          Hannah Tropf
Januar 1828 allerdings eindeutig zu lang. Ein    Studiums in Komposition und Psychologie,
großer Teil der Zuhörer, darunter auch ein       Orchester wie das Royal Concertgebouw
Kritiker, verließen das Konzert vorzeitig. Ei-   Orchestra und das New York Philhamonic
nige der Konzertbesucher warfen Schubert         mit Kompositionen zu füttern. Er produ-
anschließend vor, er habe diese Fantasie         ziert nicht nur Sinfonisches, sondern auch
eher für ein »Kenner-Publikum« geschrie-         Solowerke, Opern und Tanzmusik. Sein Stil,
ben. Doch er hatte einfach einen neuen Weg       der vor allem durch den Mix verschiedener
gewählt, bei dem er Gattungsmerkmale der         Elemente gekennzeichnet ist, verbindet ge-
Sonate frei mit liedhaften Fantasieformen        konnt Alte Musik, romantische Elemente,
verband.                                         Minimalismus und Züge der Popmusik.
SAMSTAG, 25. JANUAR 2020
18:30 UHR | VORGESTELLT – DAS KÜNSTLERGESPRÄCH
19:30 UHR | KONZERT

Elisabeth Brauß

 NOA WILDSCHUT
 TOP 5 PLAYLIST
  › Franz Schubert
    Fantasie C-Dur
  › Richard Strauss
    Vier letzte Lieder
  › Ernest Chausson
    Chanson Perpetuelle
  › Etta James
    At Last
  › Leonard Cohen                                                                                                    Noa Wildschut
    Anthem

TSCHAIKOWSK Y:                                                                                 David Oistrach, der den Komponisten zur
SOUVENIR D’UN LIEU CHER                                                                        Umarbeitung des Werks für sein Instrument
Piotr Tschaikowsky und Nadeshda von Meck                                                       anregte. Prokofjew arbeitete dafür eng mit
verband eine besondere Beziehung. Nie ließ                                                     ihm zusammen und ließ sich hinsichtlich al-
sie es zu einem persönlichen Treffen kom-                                                      ler virtuosen Spielweisen der Geige beraten.
men, und doch unterstützte die wohlha-                                                         Die hohe Lage und die Arpeggien, die dem
bende Witwe den Komponisten großzügig.                                                         Flötisten in der ursprüng­lichen Fassung ei-
Nach Tschaikowskys Hochzeit (die nur dazu                                                      niges abverlangen, bieten sich für die Natur
diente, seine Homosexualität zu verbergen)                                                     der Geige ja auch förmlich an. Nur Details
und seinem folgenden Selbstmordversuch                                                         wie Tempobezeichnungen und Doppelgriffe
gewährte sie ihm Zuflucht auf ihrem Land-                                                      änderte er für die Violinfassung; der Klavier-
sitz im ukrainischen Brailovo. Dort fühlte er   komponierten Satz folgt ein dreiteiliges       part blieb gleich.
sich so wohl, dass er seine Dankbarkeit an      Scherzo mit einem ruhigen, gesang­lichen,         Die lyrischen und tänzerischen Motive
seine Mäzenin mit dem Stück Erinnerung an       Mittelteil. Zum Abschluss erklingt eine ru-    lassen nicht erahnen, dass Prokofjew kurz
einen liebgewonnenen Ort ausdrückte.            hige kurze Mélodie.              Nico Egidi   vor der Entstehung 1943 nach Perm eva-
   Ursprünglich war die einleitende Médi-                                                      kuiert wurde, um der Gefahr des Zweiten
tation als langsamer Satz seines Violin-        PROKOFJEW: SONATE D-DUR                        Weltkriegs zu entfliehen. Über seine Sonate
konzerts vorgesehen. Sein Bruder Modest         Seine Zweite Violinsonate schrieb Sergej       sagte er selbst, sie vereine seine vier kom-
hielt das Stück jedoch trotz der schönen        Prokofjew ursprünglich für Klavier und         positorischen Grundlinien: Es lassen darin
Melodien für ungeeignet, und Tschaikowsky       Flöte, die der russische Komponist für »in     sich klassische, lyrische, moderne und mo-
komponierte einen völlig neuen Satz. Die        der musikalischen Literatur vernachlässigt«    torische Elemente erkennen. Bis heute ist
überarbeitete Méditation verwendete er nun      hielt. Besonders angetan war bei der Ur-       ihre Beliebtheit in beiden Versionen unge-
für das Souvenir. Nach diesem in Rondoform      aufführung 1943 der allerdings Starviolinist   brochen.                       Laura Gaudlitz
SONNTAG, 26. JANUAR 2020
18:30 UHR | VORGESTELLT – DAS KÜNSTLERGESPRÄCH
19:30 UHR | KONZERT

                                                                                                                     Luis del Valle

                                                                                                          PABLO FERRÁNDEZ
                                                                                                          TOP 5 PLAYLIST
                                                                                                           › B. B. King
                                                                                                             Blues Boys Tune
                                                                                                           › Janis Joplin
                                                                                                             Ball and Chain
                                                                                                           › The Notorious B.I.G
                                                                                                             Hypnotize
                                                                                                           › 2Pac
                                                                                                             How Do You Want It
Pablo Ferrández                                                                                            › B. B. King
                                                                                                             The Thrill Is Gone

ZU DEN WERKEN DES HEUTIGEN ABENDS
BRUCH: KOL NIDREI                                                                            Die hochromantische Sonate beginnt mit
Um das »Adagio nach jüdischen Melodien«                                                      einem energiegeladenen ersten Thema und
von Max Bruch in seiner Schwermütigkeit                                                      entwickelt nicht zuletzt durch den gewich-
besser verstehen zu können, muss man                                                         tigen Klaviersatz eine hohe Dynamik. Der
sich mit seiner Grundlage befassen, dem                                                      zweite Satz ist dagegen durch kleine Inter-
jüdischen Gebet Kol Nidrei. Dieses wird tra-                                                 vallschritte und Chromatik gekennzeichnet
ditionell von Juden vor dem Abendgebet des                                                   und von eher innigem Charakter. Fast schon
Jom Kippur, dem Versöhnungstag, dreimal                                                      mystisch huschen die Motive durch den
hintereinander gebetet. Inhaltlich geht es                                                   dritten Satz, der sich stetig aufbaut und den
darum, dass Gelübde und Versprechen, die                                                     dramatischen Höhepunkt des Werkes bildet.
man unachtsam aussprach und aus vollem                                                       Freundlich und deutlich entspannter lässt es
Herzen bereut, von Gott vergeben werden.                                                     Brahms wieder im vierten Satz zugehen, der
   Mit diesem Hintergrund wird der kla-        BR AHMS: SONATE F-DUR                         gleichzeitig das Ende der Sonate einleitet.
gende Beginn in Moll verständlich. Dann        Für den Hamburger Komponisten Johannes                                          Simon Czaja
steigert und verdichtet sich das Gebets-       Brahms war der Sommer 1886 die Blütezeit
thema, bis es auf dem Höhepunkt nach Dur       seiner musikalischen Schaffenskraft. Er       ABRIL: DESDE EL GRITO DEL SILENCIO
umschlägt. Danach klingt es langsam und        schrieb zwei Violinsonaten, ein Klaviertrio   Antón García Abril, geboren 1933 im spani-
versöhnlich aus – wie es auch beim Gebet       und auch die Cellosonate F-Dur. All diese     schen Teruel, kam an einer Nahtstelle der
der Fall ist. Ursprünglich für Cello und Or-   Werke entstanden in seinem Feriendomizil      Geschichte zur Welt: Die Zweite Spanische
chester komponiert, schuf Bruch mit Kol        am Thuner See, das für Brahms eine Inspi-     Republik kämpfte um ihre Legitimation; drei
Nidrei ein eindrucksvolles Konzertstück,       rationsquelle war und auch in den Jahren      Jahre später führte ihr Scheitern zu langen
das seine Wirkung auch in der Kammermu-        davor schon als Rückzugsort zum Kompo-        Jahren des Faschismus. In seiner Kindheit
sikfassung voll entfaltet.     Leoni Coenen   nieren gedient hatte.                         lernte Abril eine konservative Musikwelt
PABLO FERRÁNDEZ                                 VIOLONCELLO                                    PROGR AMM

Mit überragender Technik, Ausdrucksstärke und Musikalität kündigt                          Max Bruch (1838–1920)
sich Pablo Ferrández als einer der Top-Cellisten unserer Zeit an. Der                      Kol Nidrei / Adagio über hebräische
junge Spanier studierte an der Escuela Superior de Música Reina So-                        Melodien op. 47 (1881)
fía und an der Kronberg Academy. Er ist unter anderem Stipendiat                              ca. 10 Min.
der Anne-Sophie-Mutter-Stiftung und Preisträger der International
Tchaikovsky Competition, der Paulo International Cello Competition                         Johannes Brahms (1833–1897)
und ICMA 2016 »Young Artist of the Year« und zeichnet sich durch                           Sonate F-Dur op. 99 (1886)
seine Zusammenarbeit mit zahlreichen international renommierten                            Allegro vivace
Musikern und Orchestern aus.                                                               Adagio affetuoso
   Jüngste Höhepunkte seiner Karriere waren Konzerte in der                                Allegro passionato
Holly­wood Bowl mit dem Los Angeles Philharmonic unter Gustavo                             Allegro molto
Dudamel, das Doppelkonzert von Johannes Brahms mit Anne-                                   ca. 25 Min.
Sophie Mutter und Auftritte mit den Bamberger Symphonikern,
dem Gürzenich Orchester, dem Israel Philharmonic Orchestra und                             Pause
dem Orchestre de la Suisse Romande. In der laufenden Spielzeit
unternimmt er eine Europatournee mit Anne-Sophie Mutter, Khatia                            Antón García Abril (1933)
Buniatishvili und dem London Philharmonic Orchestra, ferner gibt                           Desde el grito del silencio (2019)
er Debüts beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks                                Kompositionsauftrag von L’Auditori Barcelona,
unter Daniele Gatti, beim Orchestre National de France und den                             Palau de la Música Catalana und ECHO
Sinfonieorchestern von Basel und Düsseldorf. Zu seinen Kammer-                             ca. 10 Min.
musikpartnern gehören Künstler von Weltrang wie Gidon Kremer,
Martha Argerich, Joshua Bell, Yuja Wang und und Alice Sara Ott.                            Dmitri Schostakowitsch (1906–1975)
Pablo Ferrández spielt das Stradivari-Cello »Lord Aylesford« von                           Sonate d-Moll op. 40 (1934)
1696, zur Verfügung gestellt von der Nippon Music Foundation.                              Moderato – Largo
                                                                                           Moderato con moto
                                                                                           Largo
LUIS DEL VALLE K L AV IER                                                                  Allegretto
Der im spanischen Málaga geborene Luis del Valle ist besonders                             ca. 20 Min.
in der Welt der Kammermusik zu Hause. Hier spielt er in wechseln-
den Formationen, unter anderem als Duopartner und als Liedpia-
nist. Mit seinem drei Jahre älteren Bruder bildet er das Klavierduo
Duo del Valle, das sich seit dem Gewinn des Internationalen ARD­
Musikwettbewerbs 2005 schnell einen Namen machen konnte. Ne-
ben seinen zahlreichen künstlerischen Projekten lehrt Luis del Valle
derzeit an den Musikhochschulen von Madrid und Saragossa und
gibt Meisterkurse im In- und Ausland.

kennen. Das hielt ihn jedoch nicht davon ab,   Mit seinem neuen Stück Desde el grito del si-       auch für die Musik. Doch nicht alle Künst-
regionale Musiktraditionen Spaniens zu er-     lencio (Aus dem Schrei der Stille), geschrie-       ler hielten sich an diese neuen ästhetischen
neuern und mit der zeitgenössischen euro-      ben eigens für Pablo Ferrández, leistete            Richtlinien. Dmitri Schostakowitsch etwa
päischen Klassik zu verbinden.                 er musikalische Maßarbeit: »Ich entschied           war zeit seines Lebens hin- und hergerissen
  Abril studierte Klavier in Madrid sowie      mich, die Struktur des Werkes auf die at-           zwischen Auflehnung und Anpassung. Viele
Komposition, Orchesterleitung und Film-        traktive Kompositionstechnik aufzubauen,            seiner damals modernen und aufrüttelnden
musik in Italien, wo seine kompositorische     die mir das Solo-Cello gewährt.« Und so             Stücke provozierten das Regime. Mit an-
Karriere in Schwung kam. Als Dozent an         wiesen ihm »die vielfachen expressiven              deren wiederum schien er sich zumindest
der Madrider Musikhochschule und als           Möglichkeiten der mächtigen Stimme des              oberflächlich den Vorgaben zu beugen.
Komponist erhielt er unzählige Preise und      Cellos im puren Zustand« den Weg .                     Seine 1934 erstmals aufgeführte Celloso-
Anerkennungen, unter anderem den Natio-                                     Santiago Gomez        nate vereint beide Komponenten. Einerseits
nalen Spanischen Musikpreis.                                                                       hatte rein instrumentale Musik ohne außer-
                                               SCHOSTAKOWITSCH: SONATE D-MOLL                      musikalisches Programm in den Augen Sta-
                                               Am 23. April 1932 beschloss das Zentral-            lins den unangenehmen Beigeschmack des
                                               komitee der Kommunistischen Partei der              »dekadenten« Westens. Andererseits trägt
                                               Sowjetunion, dass alle Kunstwerke der               sie spätromantisch-konservative Züge und
                                               Sowjetunion die Eigenschaften des Sozia-            zeugt von einer gewissen »Verständlich-
                                               listischen Realismus tragen sollten. Jedes          keit«, die ganz auf Linie der Kulturfunktio-
                                               künstlerische Werk musste demnach reali-            näre lag. Das macht sie auch heute noch zu
                                               tätsnah, leicht verständlich und patriotisch        einem der interessantesten Werke Schosta-
                                               angehaucht sein. Außerdem wurde gern                kowitschs.                     Julian Kuhardt
                                               gesehen, wenn der Alltag des Sozialismus
                                               in den Werken dargestellt wurde. Dies galt
WIR DANKEN UNSEREN PARTNERN
PRINCIPAL SPONSORS                           PRODUCT SPONSORS                          FÖRDERSTIFTUNGEN
BMW                                          Coca-Cola                                 Kühne-Stiftung
Montblanc                                    Hawesko                                   Körber-Stiftung
SAP                                          Lavazza                                   Hans-Otto und
Julius Bär                                   Meßmer                                    Engelke Schümann Stiftung
Deutsche Telekom                             Ricola                                    Haspa Musik Stiftung
                                             Ruinart                                   Hubertus Wald Stiftung
                                             Störtebeker                               G. u. L. Powalla Bunny’s Stiftung
                                                                                       Commerzbank-Stiftung
                                                                                       Cyril & Jutta A. Palmer Stiftung
                                             CL A SSIC SPONSORS                        Mara & Holger Cassens Stiftung
                                             Aurubis                                   Programm Kreatives Europa
                                             Bankhaus Berenberg                        der Europäischen Union
                                             Commerzbank AG
                                             DZ HYP                                    Stiftung Elbphilharmonie
                                             Edekabank
                                             GALENpharma                               Freundeskreis Elbphilharmonie
                                             Gossler, Gobert & Wolters Gruppe          + Laeiszhalle e.V.
                                             Hamburg Commercial Bank
                                             Hamburger Feuerkasse
                                             Hamburger Sparkasse
                                             Hamburger Volksbank
                                             HanseMerkur
                                             Jyske Bank A/S
                                             KRAVAG-Versicherungen
                                             Wall GmbH
                                             M.M.Warburg & CO

                                             ELBPHILHARMONIE CIRCLE

IMPRESSUM                                    VORGESTELLT –                             BILDNACHWEIS
Herausgeber: HamburgMusik gGmbH              DAS KÜNSTLERGESPR ÄCH                     Die Fotos der europäischen Konzertsäle
Geschäftsführung: Christoph Lieben-Seutter   Moderation: Dorothee M. Kalbhenn          sind Eigentum der jeweiligen Häuser.
(Generalintendant), Jochen Margedant
                                                                                       Sofern bezeichnet: Simon Höfele (Marco
Redaktion: Clemens Matuschek,                WERKEINFÜHRUNGSTEXTE                      Borggreve); Frank Dupree (Sebastian
Simon Chlosta, François Kremer,              Studierende des Musikwissenschaftlichen   Heck); Paul Hindemith (1945, Hindemith
Laura Etspüler, Nina Schulze                 Instituts der Universität Hamburg;        Institut Frankfurt); George Antheil (1928,
                                             Dozent: Simon Chlosta                     Boston Globe); João Barradas (Márcia Sofia
Lektorat: Reinhard Helling                                                             Lessa); Astor Piazzolla (Juan Sandoval);
                                             sowie weitere Autoren                     Yann Robin (Jean Radel); Magnus Holman-
Gestaltung: breeder typo –                                                             der (Christopher Hästbacka); David Huang
alatur, musialczyk, reitemeyer                                                         (Richard Frantzén); Molly Kien (Louisa
                                                                                       Sundell); Goldmund Quartett (Gregor
Druck: Flyer-Druck.de                                                                  Hohenberg); Joseph Haydn (Ölgemälde
                                                                                       von Thomas Hardy; 1791, Royal College of
Anzeigenvertretung:                                                                    Music); Dobrinka Tabakova (Sussie Ahl-
Antje Sievert, +49 (0)40 450 698 03                                                    burg); Noa Wildschut (Simon van Boxtel);
antje.sievert@kultur-anzeigen.com                                                      Elisabeth Brauß (Monika Lawrenz); Pablo
                                                                                       Ferrández (Igor Studio);
Es ist das Besondere,
das Wellen schlägt.

     Der offizielle Weinpartner
       der Elbphilharmonie

                                    Mehr Infos unter:
                                  hawesko.de/elphi
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                    Julius Bär ist Principal Sponsor
                    der Elbphilharmonie Hamburg.

                                    juliusbaer.com
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