Geschäftsbericht 2017 - Wohlstand Traditions ferrovia maioritad pasch - SGG-SSUP

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Geschäftsbericht 2017 - Wohlstand Traditions ferrovia maioritad pasch - SGG-SSUP
Patriotismus dretgs fundamentals
Démocratie ospedali Fédéralisme 1291
guerra civilas Bratwurst diligente
minoranza Majorité Grundrechte Svizra
     Geschäftsbericht 2017
liongia da brassar Schokolade Paix
maggioranza Spitäler patriotissem
Droits fondamentaux chantuns Eisenbahn 1848
dretg da vuschar Banques Hôpitaux
Tourismus Cantons referendum
Saucisse à rôtir Rütli salsiccia arrosto Fondue
Jungfraujoch Prosperité viafier iniziativa
tradiziuns Bürgerkriege Minorité cioccolato
pace federalissem    Spécificité   Demokratie
Lavurus Föderalismus               Glaciers AVS
iniziativa travailleur Minderheit caso particolare
Wohlstand Traditions ferrovia maioritad pasch
Geschäftsbericht 2017 - Wohlstand Traditions ferrovia maioritad pasch - SGG-SSUP
Inhalt
Einleitung
Vorwort des SGG-Präsidenten Jean-Daniel Gerber                                                                          3

1.-August-Rede von Bundeskanzler Walter Thurnherr: Vom Unterschied zwischen «anders sein» und «anders machen»           4

Aus unserer Arbeit
SGG Lagebericht                                                                                                         8

Donatorenliste                                                                                                         14

Förderung Freiwilligenarbeit                                                                                           16

SeitenWechsel                                                                                                          20

Job Caddie                                                                                                             22

Intergeneration                                                                                                        24

Einzelfallhilfe                                                                                                        26

Pojektförderung                                                                                                        28

Zuwendungen an Organisationen I Contributions aux organisations                                                        30

Neue Nationalhymne                                                                                                     32

Rütli und Bundesfeier / Impressionen                                                                                   34

Gremien der SGG / Organes de la SSUP                                                                                   38

Jahresrechnung (Kurzfassung)
Kommentar zur Jahresrechnung                                                                                           40

Bilanz                                                                                                                 41

Erfolgsrechnung, Cashflow                                                                                              42

Veränderung des Kapitals                                                                                               43

Titelbild: Die Wörter auf der Titelseite stammen aus der Festrede von Bundeskanzler Walter Thurnherr (s. Seite 4ff.)

    Impressum
    Herausgeberin | Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft (SGG)
    Schaffhauserstrasse 7, 8042 Zürich, Telefon 044 366 50 30, info@sgg-ssup.ch, www.sgg-ssup.ch

    Redaktion | Lukas Niederberger
    Gestaltung, Layout | Claudia Staub
    Anzeigen | Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft
    Druck | FO-Fotorotar AG, 8132 Egg

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Geschäftsbericht 2017 - Wohlstand Traditions ferrovia maioritad pasch - SGG-SSUP
Editorial SGG-Präsident

Werte Mitglieder
und Freunde der SGG
Der vorliegende Bericht ist Ausdruck dafür, dass es in der      Das Programm Seiten-
Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft nicht an            Wechsel wird im Jahr 2018 sein Ziel, die gesellschaftliche
Aktivitäten mangelt und dass die SGG in der Ideenrealisie-      Verantwortung der Wirtschaft zu stärken, neu fokussieren
rung von Dynamismus geprägt ist. Der SGG-Vorstand dankt         und entsprechende Massnahmen erarbeiten. Die durchge-
dem SGG-Team für die ausgezeichnete Zusammenarbeit.             führte Evaluation von Intergeneration bestätigte die Aktuali-
Der Vorstand ist sich bewusst, dass der Erfolg der SGG stark    tät des Themas Generationenbeziehungen und die positiven
von den Impulsen und operativen Aktivitäten des Geschäfts-      Ergebnisse des Programms. Die Verbreitung des neuen
leiters und seiner Mitarbeitenden abhängt. Davon zeugen         Textvorschlags zur Schweizer Nationalhymne wird fortge-
die nachstehenden Ausführungen, die das gerüttelt Mass an       setzt. An der 1.-August-Feier 2017 wurden auf dem Rütli, in
Initiativen im Berichtsjahr und einige der in den kommenden     mehreren Gemeinden (z.B. Bern und Winterthur) sowie am
Monaten zu realisierenden Vorhaben zumindest teilweise          traditionellen Unspunnenfest der aktuelle wie auch der neue
widerspiegeln.                                                  Hymnentext gesungen. Die SGG ist sich bewusst, dass es
Die SGG-Geschäftsstelle organisierte im Jahr 2017 erfolg-       sich beim Hymnen-Projekt um einen langfristigen Prozess
reich mehrere Anlässe: die Generalversammlung in                handelt und dass erst mit der Zeit mit breitem Anklang
Obwalden samt vorausgehender Impulsveranstaltung, die           gerechnet werden kann.
gelungene 1.-August-Feier auf dem Rütli. Die Rede des           Die SGG kann zur Finanzierung ihrer Aktivitäten auf ein
Bundeskanzlers Walter Thurnherr war gepaart mit ge-             Kapital zurückgreifen, das gemäss den Kriterien der Nach-
sundem Patriotismus und Humor. Und die von der SGG              haltigkeit und der Werterhaltung verwaltetet wird. Im
organisierte Freiwilligen-Tagung des Schweizer Netzwerks        Berichtsjahr hat der Finanz-Ausschuss des Vorstands die
freiwillig.engagiert mit über 240 Teilnehmenden lieferte        Finanzstrategie der SGG überprüft und wo nötig angepasst.
wertvolle Impulse.                                              Damit soll sichergestellt werden, dass die finanziellen
Der Vorstand hat die Gültigkeit der zwei Haupt-Tätigkeits-      Ressourcen weiterhin nach professionellen Standards ver-
felder der SGG für die kommenden Jahre bestätigt:               waltet werden und dass die SGG noch jahrzehntelang ihre
                                                                beiden Kernanliegen – Förderung der Freiwilligenarbeit und
Förderung der Freiwilligenarbeit                                des sozialen Zusammenhalts der Gesellschaft – nicht bloss
Dazu gehört das Projekt Job Caddie, das mit freiwilligen        mit Worten, sondern mit konkreten Taten unterstützen kann.
Mentorinnen und Mentoren in drei Kantonen (Zürich, Zug,         Der vorliegende Geschäftsbericht beschreibt zahlreiche
Bern) jungen Erwachsenen den Einstieg in die Arbeitswelt        weitere Tätigkeitsfelder, welche die SGG beschäftigten.
ermöglicht. Wir sind froh, dass die Prof. Otto Beisheim-        Noch einmal sei hier der grosse Dank an all jene Mitwirken-
Stiftung eine finanzielle Partnerschaft mit Job Caddie einge-   den ausgesprochen, die geholfen haben, die SGG-Vorhaben
gangen ist.                                                     erfolgreich umzusetzen.
Die Durchführung der vierten landesweiten Befragung des
freiwilligen Engagements und deren Publikation im Freiwilli-    Danken möchte ich schliesslich all jenen, die der SGG Spen-
gen-Monitor 2020 wurde ebenso entschieden wie die Suche         den und Legate anvertraut haben und weiterhin anvertrauen
nach einem weiteren Projekt zur Förderung der Freiwilligen-     werden. Dadurch ermöglicht die SGG zahllosen Armuts-
arbeit im lokalen Bereich.                                      betroffenen in der Schweiz den Wiedereinstig ins Erwerbs-
                                                                leben oder die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben.
Förderung der nationalen Kohäsion
Dazu gehören die beiden Programme SeitenWechsel und
Intergeneration, die Verwaltung des Rütli sowie der Vor-
schlag eines neuen Texts für die Schweizer Nationalhymne.       Jean-Daniel Gerber, Präsident SGG

                                                                                                                           3
Geschäftsbericht 2017 - Wohlstand Traditions ferrovia maioritad pasch - SGG-SSUP
1.-August-Rede Bundeskanzler Walter Thurnherr

Vom Unterschied zwischen «anders
sein» und «anders machen»
Im Geschäftsbericht der SGG werden in der Regel keine 1.-August-Reden abgedruckt,
weil es dafür die SGG-Webseite gibt und weil die Reden im Moment der Publikation
schon fast ein Jahr alt sind. Doch bei manchen Reden ist es wie bei erlesenen Weinen.
Und zu dieser Kategorie gehört zweifellos die Festrede zur Bundesfeier vom
1. August 2017 auf dem Rütli – gehalten vom geistreichen Schweizer Bundeskanzler
Walter Thurnherr.

1.-August-Reden sind schwierige Ansprachen. Denn es geht        und gelangweilt über Reden gerammelt voller Füllsätze. Ein
nicht um ein konkretes Problem, das einer Lösung harrt: Wie     einmaliges Schauspiel, oft rührig, feierlich, manchmal klug
ein Tunnel finanziert werden kann. Wann eine AHV refor-         und manchmal peinlich. Und immer wieder um die Frage
miert werden soll. Oder ob eine Ex-Miss Schweiz die Arena       kreisend: «Wer sind wir? Und warum genau sind wir anders
moderieren darf. Noch geht es um eine Analyse, bei der man      als die andern? Und wer redet schon gern und gut und
die Zuhörer mit Statistiken, Kennziffern und Powerpoint-        ehrlich über sich selber?» Und genau deshalb sind
Präsentationen erschlagen kann. Es geht nicht um eine           1.-August-Reden schwierige Ansprachen.
Abstimmung, die ansteht. Und es geht auch nicht um eine
globale Herausforderung, über die sich trefflich unverbind-     Mangelndes Selbstbewusstsein
lich philosophieren lässt. Es geht um uns selbst. Und wer       Wenn es um uns selbst geht, glauben wir lieber anderen: Es
redet schon gern über sich selbst!                              braucht nur das WEF oder eine internationale Organisation
                                                                eine Rangliste zu veröffentlichen, auf der die Schweiz
Überdosis 1.-August-Reden                                       zuoberst steht, und schon geht es uns merklich besser. Und
Ich persönlich – das möchte ich entschuldigend gleich zu        sobald ein ausländischer Politiker oder Beamter eine
Beginn einschieben – war in meiner Jugend einer Überdosis       schweizkritische Bemerkung macht, selbst wenn sie nur
1.-August-Ansprachen ausgesetzt. Im Nachhinein frage ich        mittelmässig gescheit daherkommt, so findet sich bestimmt
mich, ob das Fest bei uns im Dorf jährlich zwei oder drei Mal   eine Schweizer Zeitung, die daraus einen Titel mit Ausrufe-
gefeiert worden ist. Es waren auch gute Reden darunter. An-     zeichen zimmert, damit wir kollektiv und reuig Busse tun.
dere aber waren derart missraten, dass man unweigerlich in      Wenn es um uns selbst geht, sind wir auch nicht mehr so
Gedanken zur Bratwurst abschweifte, welche die wartende         sicher: Parallel zum Börsenkurs und BIP-Wachstum scheint
Menge für das geduldige Zuhören belohnen sollte. Viele          unser Selbstbewusstsein Höhen und Tiefen zu durchlaufen,
Jahre später las ich bei Upton Sinclair den Satz: «I aimed at   ohne dass wir uns selbst verändert hätten. Bleiben die
the public’s heart, and by accident I hit it in the stomach»    Wachstumszahlen unten, so beichten wir uns gegenseitig
(Ich zielte auf das Herz des Publikums – aber aus Versehen      wie in einer nationalen Therapiegruppe unsere angeblichen
schlug ich ihm auf den Magen). Und ich war mir sicher, der      Fehler. Ist die Konjunktur oben, so fühlen wir uns beinahe
war an denselben Reden dabei wie ich.                           genetisch besser als alle andern, nichts scheint unser Glück
Hier auf dem Rütli wurde schon viel Brillantes verlesen. Von    und unseren Wohlstand gefährden zu können. Und fast
General Guisan und von Peter von Matt und ab und zu von         tröstend ist der Umstand, dass Herbert Lüthy, der Historiker,
einem Bundesrat. Aber was haben wir am 1. August auf un-        bereits 1961 die Beobachtung machte:
seren Gemeinde-, Schul- und Kirchenplätzen jeweils für
schwerstsentimentales Einst-Weh anhören müssen. Welch           «Die Zeit liegt nicht allzu weit zurück, in der die Schweizer es
stereotypen, zur Schau gestellten Schweiz-Schmerz ausge-        liebten, der Welt ihre Einrichtungen und Traditionen mit jenem
halten. Was haben wir uns aufgeregt über selbstgefällige        Brustton der Überzeugung zu erklären, als müssten wir den
Verkürzungen, die mit Patriotismus verwechselt werden,          anderen die rechte Lebensart beibringen: wenn sie nur auf uns

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1.-August-Rede Bundeskanzler Walter Thurnherr

hören würden, es stünde besser um die Welt! Seit anderthalb      austreten. Andere wollten ihre Nachbarkantone fressen. Nur
Jahrzehnten war daraus ein bald demütiges, bald querulantes      die Siegermächte des Krieges gegen Napoleon verhinderten
Bedürfnis geworden, uns der Welt nicht etwa als Vorbild,         den Bürgerkrieg. Wir hatten weder eine Hauptstadt noch
sondern als «Sonderfall» zu erklären, als hätten wir für unser   eine Regierung. Dafür Typhus und Malaria. Und grosse,
Festhalten an unserer Lebensweise, die nichts weiter als die     heute unvorstellbare Armut: Die Hungersnot von 1816, dem
unsere ist, um Verständnis zu bitten.»                           Jahr ohne Sommer, verursachte in kaum einem Land Euro-
                                                                 pas so viel Leid. Jedes Jahr haben Tausende die Schweiz
Engagierte Gelassenheit                                          verlassen. Wir hatten keine Industrie, ausser der Textilindu-
An diesem unberechenbaren Hin und Her der Selbstein-             strie, die aber in der Krise war. Keine Banken, keine Eisen-
schätzung scheint sich nicht so viel geändert zu haben.          bahnen, keinen Tourismus, keine Schokolade und auch kein
Dabei hätten wir allen Grund, gelassen selbstbewusst zu          Fondue. Kurz, es wäre ein armseliger, trauriger Anblick
sein. Nicht, weil wir ausersehen sind, besonders schaffig        gewesen, hätte man über die schroffen Felsen hinter uns zu
oder überaus scharfsinnig. So verschieden sind wir nicht         dem frommen Völklein runter schauen können. Romantisch
von den Franzosen und den Vorarlbergern. Nein, nicht weil        höchstens für jene, die sich den romantischen Blick auch
wir anders sind, sondern weil wir gewisse Dinge anders           leisten konnten.
machen: Wir regieren uns anders, wir organisieren uns
anders, und wir entwickeln uns anders.                           Der grosse Aufschwung
Nicht schon seit ewig und auch nicht seit 1291. Wenn wir es      Aber dann, nur 70 Jahre später, was für ein anderes Bild:
genau nehmen: Es ist noch gar nicht lange her. Nehmen Sie        1882 eröffnete die Schweiz den längsten Eisenbahntunnel
die Schweiz vor zwei hundert Jahren: Die Kantone waren           der Welt. Durch den Gotthard. Kurz darauf bauen sie eine
untereinander zerstritten. Einzelne wollten aus der Schweiz      Eisenbahn bis hinauf aufs Jungfraujoch. Obwohl erst 1847

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1.-August-Rede Bundeskanzler Walter Thurnherr

die ersten Meter Schienen zwischen Baden und Zürich             damit Gegendruck zur Neigung, sich nur noch mit seines-
verlegt worden waren, war die Schweiz am Ende des Jahr-         gleichen zu treffen und sich dort gegenseitig zu versichern,
hunderts das Land mit dem dichtesten Eisenbahnnetz der          dass alle andern – ausserhalb der eigenen Blase – begriffs-
Welt. Und ist es bis heute geblieben. Ende des 19. Jahrhun-     stutzige und bornierte und schwachköpfige und absonder-
derts verfügte das Land über eine überaus erfolgreiche          lich irrgeleitete Menschen sind. Der Austausch gerade auch
Industrie. Brown Boveri. Sulzer und Escher Wyss. Nestlé.        mit Leuten, die eine andere Meinung haben, wird für unsere
Sandoz und Ciba. Hotelpaläste schossen wie Pilze aus dem        Gesellschaft wichtiger denn je. Unsere Verfassung schafft
Boden. Überall sah man Engländer, die an unseren Gipfeln        dafür wichtige Plattformen.
herumpickelten. Banken wurden gegründet. Die ETH und            Wenn wir deshalb auf etwas besonders stolz sein können,
mehrere Universitäten. Es wurden zahllose Wohnungen,            dann ist es auf diese Software, die vor unserer Zeit erkämpft,
Spitäler und Schulen gebaut. Ein sehr modernes Fabrik-          erprobt und weiterentwickelt worden war. Wenn wir am
gesetz eingeführt, welches die Arbeiter schützte und die        1. August ohne selbstgefälligen Dünkel zufrieden sein
Kinderarbeit verbot. Innerhalb von nur wenigen Jahren ist       können, dann weil wir einige Dinge anders machen.
die Schweiz zu einem der fortschrittlichsten und wohlha-        Beziehungsweise präziser: Weil wir bis anhin einige Dinge
bendsten Länder Europas geworden. Warum eigentlich?             anders machen konnten, Dinge welche uns Frieden und
Was war passiert, damit eine solche Entwicklung möglich         Wohlstand gebracht haben. Diese Präzisierung ist aus zwei
war? Von einem Land, das humanitäre Spenden vom russi-          Gründen notwendig:
schen Zaren erhielt, bis zu einem Land, das weitherum als
reich und glücklich galt?                                       Wir machen manches anders
                                                                Erstens, wir konnten einige Dinge anders machen, weil wir
Wundermittel Binnenmarkt                                        auch Gelegenheit dazu hatten. Weil wir viel Glück hatten,
Im Wesentlichen sind zwei Dinge passiert: Erstens die           und manchmal eine gehörige Portion Dusel. Wir wurden
Schweiz schuf 1848, was die EU 140 Jahre später anstrebte:      von einigen Kriegen verschont, die auf diesem Kontinent
den Binnenmarkt: Freier Warenverkehr, die Abschaffung von       wüteten. Selbst Bürgerkriege haben wir einigermassen gut
über 400 Binnenzöllen. Freier Personenverkehr, alles andere     verdaut. Ich erachte es immer noch als eine der grössten
als unumstritten. Und freier Kapitalverkehr. Zweitens, die      und am meisten unterschätzten Leistungen der letzten
Schweiz schuf 1848 und 1874 eine der modernsten Ver-            hundert Jahre, dass wir das Zerwürfnis, die Zwietracht, den
fassungen Europas. Nicht nur in ihrer Form und wegen den        Zank und Zoff zwischen Protestanten und Katholiken,
neuen Grundrechten. Das Revolutionäre daran, gerade auch        welche noch bis vor 50 Jahren in der Schweiz ganze Dörfer
im Unterschied zur amerikanischen Verfassung, an der sie        spaltete, getrennte Schulen und abendliche Schlägereien
sich orientiert hatte, ist folgender Punkt: Die Verfassung      bedeuteten, heute weitgehend überwunden haben. Es ist
enthielt im Kern auch die Anleitung, wie die Verfassung         den wenigsten bewusst, dass eine der blutigsten Schlachten
selbst sich ändern soll. Heute würden wir sagen, sie war und    auf Schweizer Boden in Villmergen stattfand, als wir uns
ist ein verdammt raffinierter Algorithmus.                      selbst die Köpfe einschlugen. Am Morgarten, als es gegen
Denn mit wenigen, einfachen Instrumenten der direkten           die Habsburger ging, haben wir ein eindrückliches Schlacht-
Demokratie wird sie immer wieder angepasst, an die              denkmal errichtet, in Sempach eine schöne Schlachtkapelle.
Umstände und an den Willen jener, die sie respektieren und      Aber in Villmergen, wo an einem einzigen Tag Tausende, zu
leben müssen. Andere Länder behalten ihre Verfassung            Teil flüchtende, im Morast stecken gebliebene Schweizer
und ändern ständig ihre Regierung. Wir halten an der            von Schweizern niedergemetzelt wurden, weil sie den ande-
Regierung fest und ändern laufend die Verfassung. Das ist       ren, den sogenannt falschen Glauben hatten (auch wenn es
ein wesentlicher Unterschied!                                   nicht nur um den Glauben ging) — so viele, dass man die
Er bedingt zum Beispiel, dass wir uns alle drei Monate natio-   Leichen auf dem Feld zurückliess — dort steht heute ein
nal abgleichen, das heisst zuerst überall konsultieren, dann    bescheidenes Brünnlein. Und auch das erst seit einigen
eine oder mehrere Vorlagen diskutieren und darüber              Jahren. Wir haben dies gut überstanden, weil einige kluge
streiten, und schliesslich die Mehrheit über die Minderheit     Köpfe unserer Geschichte die Gemeinsamkeiten immer
entscheiden lassen, um alsogleich aber die Minderheit           mehr gewichteten und öfter unterstrichen als die Unter-
wieder ins Boot zu holen. Und gleichzeitig schaffen wir         schiede. Und weil wir in unserer Verfassung Platz für den

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Geschäftsbericht 2017 - Wohlstand Traditions ferrovia maioritad pasch - SGG-SSUP
1.-August-Rede Bundeskanzler Walter Thurnherr

Föderalismus schufen und Geduld bewiesen, wenn es               Demokratie verpflichtet
einmal ein Kanton hat anders halten wollen als der Rest         Und manchmal muss man sich über eine Sache beugen und
der Schweiz.                                                    dazulernen. Georg Lichtenberg schrieb einmal: «Wenn ein
                                                                Buch und ein Kopf zusammenstossen, und es klingt hohl,
Zweitens, wir können stolz sein, dass wir bis anhin einige      dann muss es nicht unbedingt am Buch liegen.» Direkte
Dinge anders, und alles in allem nicht so schlecht gemacht      Demokratie verpflichtet. Nicht nur zur Nutzung des persönli-
haben. Aber was in der Vergangenheit so war, muss nicht         chen Stimmrechts, sondern auch zum Gebrauch der
zwingend für die Zukunft gelten. Wo steht geschrieben,          eigenen Hinterstube.
dass wir – einfach so – in Zukunft alles richtig machen?        1.-August-Ansprachen sind keine einfachen Reden. Wer
Dass uns – wie Jacob Burckhardt schrieb – das Schicksal         spricht schon gerne über sich selber? Und dann noch ehrlich
immerfort besondere Küchlein backen wird? Die Schweiz           und vor allem, wenn er weiss, dass es nicht genügt, histori-
ändert sich. Sie ist nicht mehr dieselbe, wie vor 100 und vor   sche Bilanz zu ziehen. Zufrieden, und mit eitlem Stolz über
50 Jahren. Das Umfeld in Europa ändert sich. An seinen          die Grenzen zu schauen, wie ein Drittklässler, der seinem
Rändern häufen sich die Krisen, und schnell sind die Krisen     Sitznachbarn das für einmal gelungene Zeugnis unter die
auch bei uns. Das globale Klima - das politische und das ei-    Nase hält. Der 1. August ist auch Gelegenheit, sich bewusst
gentliche Klima - ändern sich. Und man hat nicht immer das      zu machen, dass neue Probleme bestehen, dass neue Denk-
Gefühl zum Guten. Und wir alle wissen: Viele dieser Risiken     arbeit notwendig ist und dass wahrscheinlich auch neue
und Probleme können wir nur zusammen mit andern lösen.          Antworten gefunden werden müssen. Wir haben gute
Wir werden in unserer eigenen Verfassung keine Lösung für       Voraussetzungen in unserem Land. Aber wir sollten auch
das globale Flüchtlingsproblem finden. Keine Initiative wird    etwas daraus machen.
garantieren, dass uns die Gletscher nicht wegschmelzen.
Kein Referendum wird uns davor schützen, wenn die Wirt-         So, jetzt habe ich Sie aber genügend lange warten lassen.
schaft flächendeckend einen Taucher macht. Die Dinge sind       Würde ich hier am Grill arbeiten, hätte ich längst eine
nicht einfacher, sondern komplexer geworden.                    Bratwurst nach vorne geschossen.

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Geschäftsbericht 2017 - Wohlstand Traditions ferrovia maioritad pasch - SGG-SSUP
SGG-Lagebericht

Begegnen und vernetzen
Im Jahr 2017 hat die SGG zu zahlreichen Begegnungen und Tagungen, Round-Tables
und Fachgesprächen eingeladen, oft zusammen mit Partnerorganisationen. Die
Netzwerke der SGG wachsen kontinuierlich.

Fast im Wochentakt nahm die SGG an wichtigen Netz-              ihren Kindern, die immer länger im «Hotel Mama» verblei-
werk-Treffen teil, sei es als Gastgeberin an der Geschäfts-     ben. Mit Eltern im Pensionsalter lebt fast niemand im glei-
stelle in Zürich oder als Partnerorganisation in verschiede-    chen Haushalt. Vergleicht man die Länder Europas mitein-
nen Gegenden der Schweiz. In den meisten Fällen ging es         ander, kann man feststellen, dass da, wo der Wohlfahrtsstaat
darum, wie sich die Zivilgesellschaft noch besser aus-          stark unterstützt, die Zivilgesellschaft zwischen den Genera-
tauschen, vernetzen und gemeinsam wirken kann, damit die        tionen sich finanziell auch stärker unter die Arme greift, da-
Freiwilligenarbeit in der Schweiz gefördert und der soziale     für gegenseitig weniger Zeit und Raum zur Verfügung stellt.
Zusammenhalt der Gesellschaft wachsen kann. Durch die           Sandro Cattacin, Professor für Soziologie an der Universität
Zusammenarbeit mit Hochschulen und NPO, Unternehmen             Genf, sprach über die Abnahme von drei Grundpfeilern des
und Vergabestiftungen, staatlichen Stellen und Dachver-         Gemeinsinns: Reflexivität, Empathie und Zivilisierungs-
bänden wie Profonds, Netzwerk freiwillig.engagiert, Careum,     prozesse. In Zukunft gehe es darum, dass man speziell in
Gemeinde- und Städteverband, SKOS, ZEWO, Economiesuis-          urbanen Gebieten dafür sorgt, dass sich die Menschen dort
se und SwissFoundations erhält die SGG einen breiten Ein-       vertraut und heimisch fühlen. Dies sei die Voraussetzung
blick in die soziale Wirklichkeit der Schweiz und kann nicht    für die Entwicklung von Empathie, Solidarität und Gemein-
selten als Brückenbauerin wirken zwischen Organisationen,       sinn. Lea Stahel vom Soziologischen Institut der Universität
die sich sonst eher nicht an einen gemeinsamen Tisch            Zürich sprach über die Bedeutung von Social Media für den
setzen. Neben diesen Treffen im kleinen Kreis hat die SGG       Gemeinsinn. Primär dienen Facebook, Instagram und
im 2017 auch mehrere grössere Anlässe gestemmt. Auf             Whatsapp der Pflege privater Freundschaften. Das Soziale
Seite 24 wird über die Tagung über generationenverbinden-       Kapital der Gesellschaft werde dadurch aber nicht gefördert.
de Arbeit in Betreuungs-Institutionen informiert. Diese         Vielmehr würden Neo-Stammesgemeinschaften gebildet.
wurde vom SGG-Programm Intergeneration zusammen mit
dem Pflege-Verband Careum organisiert.

Event N° 1: Gemeinsinn im Wandel
Am 8. Juni führte die SGG im Vorfeld ihrer jährlichen Gesell-
schaftsversammlung die dritte Impulsveranstaltung im
Bereich Gemeinnützigkeit und Freiwilligenarbeit durch.
Über 100 Personen kamen nach Flüeli-Ranft, wo das 600.
Jubiläum des Landespatrons gefeiert wurde. Thema war der
sich wandelnde Gemeinsinn, der letztlich die Basis bildet für
das zivilgesellschaftliche Engagement. Bettina Isengard,
Privatdozentin am Soziologischen Institut der Universität
Zürich, sieht die Veränderung von Eigeninteressen und Ge-
meinsinn in einem engen Zusammenhang mit den Verände-
rungen im familiären Zusammenleben. Über 70% der Perso-
nen in der Schweiz leben in Ein-Generationen-Haushalten. In
Mehr Generationen-Haushalten leben primär Eltern mit            Alphorn-Virtuose Enrico Lenzin

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SGG-Lagebericht

Tagung Netzwerk freiwillig.engagiert, Podiumsdiskussion v.l.n r.: Denise Moser (Innovage), Sandrine Cortessis (EHB/IFFP), Emilia Pasquier (foraus),
Lukas Niederberger (SGG/SSUP), Stefan Güntert (FHNW), Latha Heiniger (CHUV)

Event N° 2: Armbrust, Jodel und Alphorn                                        die Organisationen und letztlich die gesamte Gesellschaft.
An der Bundesfeier vom 1. August auf dem Rütli begeisterte                     Emilia Pasquier, Geschäftsführerin von foraus, moderierte
Bundeskanzler Walter Thurnherr die 1 300 Gäste mit seiner                      die drei Podiumsgespräche zusammen mit dem SGG-
geistreichen Festansprache (siehe S. 4). Armbrust-Welt-                        Geschäftsleiter. Der gesellschaftliche Nutzen von Freiwilli-
meister Joel Brüschweiler traf aus 10 Meter Distanz eine                       genarbeit liegt vor allem auf der Ebene Teilhabe und Partizi-
Kirsche. Und Alphorn-Virtuose Enrico Lenzin begleitete                         pation. Kontrovers wurde über die Frage der materiellen
MISS HELVETIA Barbara Klossner beim Singen des neuen                           Vergütungen von Freiwilligenarbeit debattiert. Während die
Nationalhymnen-Textes. Rütlipächter Mike McCardell und                         Einen in Vergütungen eine weitere Ökonomisierung unserer
sein Team verwöhnten die Gäste mit Älplermagronen, Hörnli                      Lebensbereiche befürchten und auf Umfragen verweisen,
und Öpfelmues sowie Würsten. Über 120 Diplomaten, die in                       die Vergütungen als Motivationskiller bestätigen, sehen die
der Schweiz und an der Uno in Genf ihre Länder vertreten,                      Anderen in kleinen finanziellen Anreizen Möglichkeiten, um
genossen das Natur- und Kulturereignis. Eveline                                Menschen zur Freiwilligenarbeit zu motivieren, die sich ein
Widmer-Schlumpf sprach über die Geschichte und Zukunft                         Engagement sonst nicht leisten könnten.
der von ihr präsidierten Pro Senectute, die 100 Jahre zuvor
von der SGG gegründet wurde. Über die Herausforderungen                        Kaiserwetter an der GV in Obwalden
ihrer Organisation sagte sie: «Es liegt an uns allen, die                      Die Gemeinnützige Stiftung Alte Ersparniskasse Obwalden
Toleranz und das Verständnis zwischen den Generationen                         bescherte der SGG zwei wunderbare GV-Tage in Flüeli-Ranft.
immer wieder neu zu beleben und vor allem auch ausserhalb                      SGG-Präsident Jean-Daniel Gerber leitete im eindrücklich
der Familie immer wieder den Kontakt mit jüngeren oder                         renovierten Jugendstilhotel Paxmontana die 186. Gesell-
älteren Menschen zu suchen. So können wir auch in Zukunft                      schaftsversammlung. Landammann Franz Enderli hielt ein
von der gegenseitigen Solidarität einer Mehrgenerationen-                      gehaltvolles Referat über den 600-jährigen Bruder Klaus und
gesellschaft profitieren.»                                                     die Suche des Menschen nach Sinn. Der SGG-Präsident und
                                                                               der Geschäftsleiter der SGG warfen den Blick zurück auf das
Event N° 3: Was bringt Freiwilligenarbeit – und wem?                           Berichtsjahr 2016 und voraus auf die kommenden
Innerhalb des Schweizer Netzwerks freiwillig.engagiert wech-                   Jahre. Vorstands-Mitglied Rolf Hänni präsentierte die
selt die Leitung wie in Regierung und Parlament im Jah-                        Jahresrechnung 2016 und Röbi Grüter, Präsident der
resturnus. Im Jahr 2017 war die SGG an der Reihe, vier                         SGG-Geschäftsprüfungskommission, empfahl der Gesell-
Newsletter zu gestalten und die Fachtagung vom                                 schaftsversammlung, die Jahresrechnung 2016 zu geneh-
6. November in Bern zu organisieren. Der Fokus lag auf dem                     migen und den strategischen Gremien Décharge zu erteilen,
Nutzen der Freiwilligenarbeit für die verschiedenen Ziel-                      was prompt und klar geschah. Neu in die Zentralkommis-
und Anspruchsgruppen: die Begünstigten, die Freiwilligen,                      sion wurde Andreas Helbling als Vertreter der Thurgau-

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SGG-Lagebericht

ischen Gemeinnützigen Gesellschaft gewählt. Und Katja           gedankt für die erstklassige Planung und Durchführung des
Wiesendanger, Direktorin von Pro Juventute, wurde als Gast      Rahmenprogramms der GV.
mit beratender Stimme in die Zentralkommission gewählt.
Die Revisionsstelle PricewaterhouseCoopers (PwC) wurde          Mit der ZK «Heimat» erleben
für ein weiteres Jahr wiedergewählt. Speziell geehrt wurde      Die Zentralkommission, in welcher die Präsidenten grosser
Heinz Külling, der 10 Jahre lang in der ZK wirkte und im Jahr   kantonaler Gemeinnütziger Gesellschaften sowie Vertreter
2013 die SGG zu ihrer GV nach Weinfelden einlud. Das ehe-       wichtiger NPO die Geschäfte der GV vorbereiten und
malige SGG-Vorstandsmitglied Doris Lüscher wurde speziell       wichtige Entscheide treffen, tagte am 7. April in Zürich und
geehrt für ihr Engagement als Delegierte der SGG im             am 6. Oktober in Lenzburg.
Stiftungsrat Schloss Turbenthal. Nach der GV besichtigten       In der April-Sitzung hatte die ZK für die Ausstellung
manche Gäste das Wohnhaus sowie das Geburtshaus von             «HEIMAT» im Stapferhaus Lenzburg CHF 50 000 gespro-
Bruder Klaus. Und nach dem Apéro, den die Obwaldner             chen. Der SGG-Präsident informierte über die Themen des
Kantonalbank spendierte, genossen rund 85 SGG-Mitglieder        Vorstands: die Neuformulierung der Finanzstrategie sowie
ein feines Abendessen mit Obwaldner Spezialitäten und mit       die Sondierung neuer Förderprojekte in den Bereichen
der lokalen Musikgruppe «Siidhang». Beim Essen ehrten           Freiwilligenarbeit und soziale Kohäsion. Die ZK genehmigte
auch Ständerat Erich Ettlin, Nationalrat Karl Vogler,           zu Handen der GV den Geschäftsbericht und die Jahres-
Kantonsratspräsident Willy Fallegger und Paul von Wyl,          rechnung 2016. Sie beschloss die weitere Finanzierung für
ehemaliger Präsident der Obwaldner Gemeinnützigen, die          die 40%-Koordinations-Stelle der «Plattform Zivilgesell-
SGG durch ihre Präsenz. Am nächsten Morgen berichteten          schaft in Asyl-Bundeszentren» (ZIAB). Ferner genehmigte
Sachselns Gemeindepräsident Peter Rohrer sowie der frühe-       sie die Durchführung eines 4. Freiwilligen Monitors im Jahr
re Kantons-Oberförster Peter Lienert über die Hochwas-          2020 und sprach dafür einen Betrag von CHF 173 000.
ser-Katastrophe in Sachseln vom 15.08.1997. Danach              Schliesslich wurden Ort und Datum für die GV 2019 genannt:
hatten die rund 50 Gäste die Wahl, das Museum Bruder            13./14. Juni in St. Gallen.
Klaus in Sachseln oder die Sammlung Meinrad Burch-              Der ZK-Sitzung vom 6. Oktober ging ein Treffen mit den
Korrodi in Sarnen zu besuchen. Von beiden Orten kehrten         Geschäftsleitungen der kantonalen und regionalen Gesell-
die Besucher begeistert zurück. Beim Mittagessen sprach         schaften voraus, wo wertvolle Erfahrungen ausgetauscht
Cécile Comina als Vertreterin der «Société vaudoise d’utilité   wurden. Die Führung durch die Ausstellung «HEIMAT» im
publique» (SVUP) den «Toast à la patrie», was bedeutet,         Stapferhaus Lenzburg stiess auf ein starkes Interesse. An
dass die SVUP am 7.—8. Juni 2018 zur nächsten SGG-GV            der eigentlichen ZK-Sitzung wurde in einer Schweigeminute
nach Yverdon-les-Bains einlädt. Dem Obwaldner Organisa-         des verstorbenen Ulrich Pfister, Präsident der GG des
tionskomitee, Hugo Amrhein und Peter Bucher, sei herzlich       Kantons Zürich, gedacht. Die ZK genehmigte das Budget
                                                                2018 der SGG.

                                                                Finanzstrategie verlangt Sondersitzungen
                                                                Der Vorstand traf sich 2016 fünf Mal. Daneben kamen ein-
                                                                zelne Vorstandsmitglieder in unterschiedlichen Formatio-
                                                                nen zusammen. Der Finanz-Ausschuss, die REKO, sowie die
                                                                Arbeitsgruppe Finanzstrategie trafen sich regel-
                                                                mässig mit externen Fachpersonen, um die Anlagericht-
                                                                linien der Finanzen für die nächsten zehn Jahre neu zu
                                                                definieren. Dieser Prozess hat mehrere Gründe. Erstens sind
                                                                Aktien und Immobilien seit einiger Zeit sehr hoch bewertet.
                                                                Und zweitens sind Zinsen sehr tief bis negativ. In der zwei-
                                                                tägigen Klausursitzung des Vorstands vom 19./20. Januar
                                                                in Dürrenroth wurde über die Finanzstrategie sowie über die
                                                                möglichen neuen Förderprojekte in den Bereichen Frei-
Schmuck aus der Sammllung von Meinrad Burch-Korrodi in Sarnen   willigenarbeit und soziale Kohäsion beraten. Auch wurden

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SGG-Lagebericht

Der SGG-Vorstand v.l.n r. oben: Jean-Daniel Gerber, Heinz Altorfer, Elisabeth Baume-Schneider, Beate Eckhardt
v.l.n.r. unten: Rolf Hänni, Martin Hofer, Urs W. Studer, Filip Uffer

Möglichkeiten für ein stärkeres Engagement der SGG in der                      men. Der Vorstand beschloss, die Finanzstrategie und das
Romandie erwogen.                                                              Anlagereglement der SGG für die kommenden 10 Jahre neu
                                                                               zu definieren. Gutgeheissen wurde auch die Publikation und
Buchhaltung geht extern                                                        Übersetzung des SOS-Beobachter-Ratgebers «Wenn das
In der Sitzung vom 16. März teilte Filip Uffer mit, dass er                    Geld nicht reicht», der Armutsbetroffene wie auch Fachleute
seinen Platz im Vorstand für eine jüngere Person aus der                       bei Stiftungen und in Sozialfachstellen über die Sozialhilfe
Romandie frei geben möchte. Präsident Jean-Daniel Gerber                       informiert. Mehrere Fördergesuche wurden behandelt und
bedauert den Entscheid und dankte dem früheren Direktor                        für zwei Forschungsprojekte der Universitäten Genf und
der Waadtländer Pro Senectute-Sektion für sein langjähri-                      Neuenburg im Bereich Freiwilligenarbeit Förderbeiträge be-
ges Engagement im Vorstand. Die Geschäftsleitung infor-                        schlossen. Bundeskanzler Walter Thurnherr hat als Redner
mierte über die neue Organisation der SGG-Buchhaltung.                         für die Bundesfeier vom 1. August 2017 zugesagt. Der neue
Nach der Frühpensionierung von Hanspeter Saxer würde ab                        Textvorschlag zur Schweizer Nationalhymne soll im Vorfeld
Juni das Treuhandbüro Treuvision Buchhaltung, Reporting                        des 1. August in den Gemeinden verbreitet und parallel dazu
sowie die Personaladministration übernehmen. Der Lagebe-                       ein breites Unterstützungskomitee aufgebaut werden.
richt, die Jahresrechnung und die detaillierte Rechnung                        Schliesslich wird ein Antrag an die ZK beschlossen, einen
2016 wurden einstimmig zu Handen ZK und GV angenom-                            weiteren Freiwilligen-Monitor im Jahr 2020 herauszugeben.

    Die SGG in Zahlen                                                               2017              2016           2015         2014
    Anzahl SGG-Mitglieder                                                             866               927           976         1 200
    Anzahl Empfänger Newsletter                                                     4 344             4 521          3 740            0
    Einnahmen SGG-Mitgliedschaften in CHF                                          68 570            74 160         81 089      106 235

    Einnahmen Mitgliedschaften GGs in CHF                                           3 500             3 600          4 035        4 080
    Einnahmen Spenden/Legate in CHF                                            1 040 885           135 927          54 425      252 692
    Gesamtvermögen in CHF                                                   87 225 603        83 448 707        86 028 626   87 491 251

                                                                                                                                          11
SGG-Lagebericht

Suche nach Vorstandsmitglied                                                Intergeneration präsentiert. Die Online-Plattform, die
In der Sitzung vom 18. Mai diskutierte der Vorstand über                    Präsenz in den Sozialen Medien sowie die organisierten
eine Liste möglicher Kandidatinnen und Kandidaten für die                   Tagungen erhielten sehr gute Bewertungen und werden
Nachfolge von Filip Uffer. Eine Reihe von Förderge-                         darum im gleichen Rahmen weiter gefördert. Der Vorstand
suchen wurde besprochen und darüber entschieden. Und                        genehmigte den Wahlvorschlag der GG des Kantons Zürich,
die Vernehmlassung des Bundesrats gegen die weitere                         den neuen Präsidenten Johannes Brühwiler als Nachfolger
Unterstützung des von der SGG gegründeten Elementar-                        von Ulrich Pfister in die ZK aufzunehmen. Diskutiert wurde
schädenfonds wurde erörtert.                                                über den Stand der Neudefinition der Finanzstrategie. Der
                                                                            Vorstand beschloss mehrere Förderbeiträge: für die geplan-
Die Sitzung vom 14. September fand im Berner Generatio-                     te Studie von Prof. Carlo Knöpfel über die künftigen Ein-
nenhaus statt. Das Vorgehen zur Kontaktnahme mit Kandi-                     kommensverhältnisse der Rentner, eine Studie über Gender-
datinnen und Kandidaten für den Vorstand sowie personelle                   gerechtigkeit in Generationen-Projekten sowie ein Projekt
Fragen zu den von der SGG verwalteten Stiftungen wurden                     der Uni St. Gallen zur Förderung gemeinnütziger Freiwilli-
besprochen. Mögliche Themen für die Vorstands-Retraite                      genarbeit durch Studierende. Gesprochen wurde auch ein
vom Januar 2018 wurden gesammelt. Das Budget 2018                           Förderbeitrag für eine geplante Forschungsarbeit über
wurde besprochen und als Antrag an die ZK genehmigt. Zu-                    Freiwilligenarbeit an der Hochschule für Soziale Arbeit
dem hiess der Vorstand die Förderung der Smartphone-App                     in Lausanne.
«SQWISS» gut, die mit Videoclips über die Geschichte des
Rütli und später über insgesamt 5 000 bedeutsame Orte der                   Sinkende Mitgliederzahl
Schweiz informieren soll.                                                   Der Verein SGG hat wie in den Vorjahren um weitere 50
                                                                            Personen abgenommen. Alter und Tod sind dafür die Haupt-
In der Sitzung vom 14. Dezember wurde die vom Vorstand                      gründe. Den rund 80 Austritten standen erfreulicher Weise
gewünschte externe Evaluation des SGG-Programms                             32 Eintritte von neuen Mitgliedern gegenüber.

Seit 2015 bietet die SGG jeweils eine Lehrstelle im kaufmännischen Bereich an. v.l.n.r. Angela Gallmann 2016/2017, Fatima Elmi 2017/2018,
Niyati Prayaga 2015/2016, Christa Erb, Lehrlingsausbildnerin.

12
SGG-Lagebericht

SGG-Team v.l.n.r. oben: Lukas Niederberger, Gabrielle Ballmer, Monika Blau, Christa Erb, Fatima Elmi, Mitte: Helene Hofer, Tamara Jucker,
Renata Kubova, Claudia Manser, Nina Meili, unten.: Andrea Ruckstuhl, Jacqueline Schärli, Ruedi Schneider, Claudia Staub

    Mitarbeitende an der SGG-Geschäftsstelle
    Name                             Arbeitsbereiche                                                                           Stellen-%
    Ballmer Gabrielle                Einzelfallhilfe (französisch/italienisch)                                                   30
    Blau Monika                      Intergeneration                                                                             70
    Erb Christa                      Administration, Rütli und Bundesfeier                                                     100

    Elmi Fatima                      Administration (in Ausbildung, seit Juli 2017)                                            100
    Gallmann Angela                  Administration (in Ausbildung, bis Juli 2017)                                             100
    Hofer Helene                     Administration, Rütli und Bundesfeier                                                       60
    Jucker Tamara                    SeitenWechsel, Einzelfallhilfe, Administration SGG, Job Caddie                              80
    Kubova Renata                    SeitenWechsel                                                                               60
    Manser Claudia                   Job Caddie Zürich                                                                           60
    Meili Nina                       Job Caddie Schweiz                                                                          50

    Niederberger Lukas               Geschäftsleitung                                                                          100
    Ruckstuhl Andrea                 Job Caddie Zürich                                                                           80
    Saxer Hanspeter                  Finanzen, Liegenschaften (bis Juni 2017)                                                    80
    Schärli Jacqueline               SeitenWechsel                                                                               70
    Schneider Ruedi                  Intergeneration                                                                             50
    Staub Claudia                    Kommunikation, Web, Projektförderung                                                        70

                                                                                                                                                13
Donatorenliste / Liste des donateurs

Donatorenliste der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft 1997–2017
Liste des donateurs de la Société suisse d'utilité publique 1997–2017

Legate, Nachlässe, Spenden und errichtete Fonds / Legs, successions, dons et fonds créés

1997—2010
Legat Arthur und Rosa Knechtli-Kunz               20 000 000   Hans Weinmann                                        29 000
Geschwister Baltischweiler                        13 278 000   Legat Fritz Weilenmann                               27 000
Ch. & W. Bosch                                     5 487 000   Martha Bürki, Sigriswil BE                           22 000
Legat Elisabeth Ebner-Kesselring, Zürich           4 632 000   August Bosshard, Oberengstringen ZH                  20 000
Legat Armin Huber, Steinhausen ZG                  3 990 000   PricewaterhouseCoopers, Zürich                       12 750
Legat Alice Hardmeier-Benz, Zumikon ZH             3 289 000
Dr. S. & M. Popper                                 2 762 000   2011
Stiftung Hilfe im Berggebiet                       2 579 000   PricewaterhouseCoopers, Zürich                       12 200
Max Raths                                          2 413 000   Hermann Klaus-Stiftung, Zürich                       10 000
Legat Armin Huber                                  2 370 000   Dr. Arthur und Estella Hirzel-Callegari-Stiftung,
Legat Viktor Bohren, Zürich                        1 744 000   Zürich                                                5 000
Hans Kreis                                         1 626 000
Georges-Claraz                                       568 000   2012
Legat Frieda Hübscher, Zollikerberg                  478 000   Nachlass Lutz Nelly                                 300 000
Lotte Nelly Haggenmacher                             447 000   Nachlass Frick Anna Susanna                          11 340
Legat Rudolf von Ballmoos                            308 000   Hermann Klaus-Stiftung, Zürich                       10 000
Dr. Fritz Bek                                        290 000   PricewaterhouseCoopers, Zürich                        9 200
Legat Otto Plüss                                     210 000   Dr. Arthur und Estella Hirzel-Callegari-Stiftung,
Legat Hermann Tobler, Amriswil TG                    160 000   Zürich                                                5 000
Hermann Klaus-Stiftung, Zürich                       140 000
Dr. Arthur und Estella Hirzel-Callegari-Stiftung,              2013
Bad Zurzach AG                                       105 000   Nachlass Ernst Tanner, Winterthur                   299 902
Legat Charles Gamper, Luzern                         100 000   Von ungenannt                                        51 000
Legat Alcide Birbaum                                 100 000   Geschwister Kahl Stiftung                            30 000
Heinrich Krause-Senn                                 100 000   Hermann Klaus-Stiftung, Zürich                       10 000
Legat Hedwig Bindschedler, Küsnacht ZH               100 000   PricewaterhouseCoopers, Zürich                        9 200
Adolf Vollenweider                                    93 000
Emil Zimmermann                                       91 000   2014
Carl Breny                                            81 000   Schenkung Frau N. Oetiker Zürich                    201 562
H.&H. Schubiger-Plüss                                 72 000   Valüna-Stiftung, FL-Vaduz                            20 000
Emil Zimmermann                                       65 000   Gerber Jean-Daniel, Jegenstorf                       12 000
Kurt Wetzel-Ilg, Zürich                               64 000   Hermann Klaus-Stiftung, Zürich                       10 000
Legat Josef Bättig Josef, Zürich                      59 000   PricewaterhouseCoopers, Zürich                        9 000
Legat Hermann Tobler                                  56 000
Legat Otto Rüedi, Zürich                              50 000   2015
Heinrich Huber                                        50 000   Valüna Stiftung, FL-Vaduz                            20 000
Legat Corinne Rose Stütz-Zurbrügg, St. Gallen         50 000   Gerber Jean-Daniel, Jegenstorf                       12 000
Legat Hedwig Fritsche, Zürich                         50 000   Hermann Klaus-Stiftung, Zürich                       10 000
Otto Bébié                                            43 000   PricewaterhouseCoopers, Zürich                        9 000
Lako                                                  36 000
14
Donatorenliste / Liste des donateurs

2016                                                            2017
Legat aus Grabfonds Jeanne Bebler-Kling            67 999       Legat Ursula Marie Lustenberger-Eils, Zürich      1 000 000
Paul Schiller-Stiftung, Lachen                     30 000       Gerber Jean-Daniel, Jegenstorf                       12 000
Gerber Jean-Daniel, Jegenstorf                     12 000       Hermann Klaus-Stiftung, Zürich                       10 000
Hermann Klaus-Stiftung, Zürich                     10 000       PricewaterhouseCoopers, Zürich                        9 000
PricewaterhouseCoopers, Zürich                      9 000

  Danke! Merci! Grazie! Grazia fitg!

  Dank grosszügiger Spenderinnen und Spender, Legate und Nachlässen darf die SGG viele armutsbetroffene
  Personen und Familien in der Schweiz unterstützen sowie soziale Projekte fördern.

  Personen, die zu Lebzeiten sowie über den Tod hinaus ein bestimmtes sinnvolles Anliegen unterstützen wollen, können
  bei der SGG mit einem Legat unterstützen. Bei Interesse können Sie gerne persönlichen Kontakt aufnehmen mit der
  SGG-Geschäftsleitung.

  Merci! Grazie! Grazia fitg! Danke!

  Grâce à la générosité de donatrices et donateurs privés, administrant des legs et des successions, la SSUP est en
  mesure d’encourager des projets à caractère social et d’assister financièrement de nombreuses personnes et familles
  vivant en Suisse affectées par la pauvreté.

  Ceux et celles qui, de leur vivant ou à la suite de leur décès, souhaitent soutenir une cause précise peuvent donner un
  legs à la SSUP. Veuillez contacter directement la direction de la SSUP.

                                                                                                                            15
Förderung Freiwilligenarbeit

Freiwillig — ein Begriff im Wanken
Im Berichtsjahr hat die SGG zwei Tagungen zum Thema Freiwilligenarbeit organisiert,
erstmals spezifische Factsheets zur Freiwilligenarbeit in elf Bereichen verbreitet,
mehrere Forschungsarbeiten unterstützt und ein neues Förderprojekt sondiert.

Präsidium des nationalen Netzwerks                                Monitor Nummer 4 in Planung
Im Geschäftsbericht der SGG (s. Seite 8) wurde die SGG-           Die drei Freiwilligen-Monitore von 2006, 2010 und 2016
Freiwilligen-Tagung vom 7. Juni in Flüeli-Ranft über den          haben schweizweit zu einer stärkeren Wahrnehmung der
Wandel des Gemeinsinns bereits erwähnt. Auch die von der          unbezahlten, gesellschaftlich notwendigen Dienste geführt.
SGG organisierte Freiwilligen-Tagung vom 6. November in           Viele Gemeinden zeichnen am 5. Dezember Freiwillige aus,
Bern über den Nutzen von Freiwilligenarbeit fand dort             bei SRF werden zum Jahresbeginn jeweils «Helden des
Erwähnung. Die Tagung in Bern führte die SGG im Rahmen            Alltags» gewählt, und viele NGO und NPO haben Stellen zur
des Schweizerischen Netzwerks freiwillig.engagiert durch.         Freiwilligen-Koordination geschaffen. Der vierte Freiwilli-
In diesem Netzwerk fördern 16 nationale Organisationen            gen-Monitor ist für das Jahr 2020 geplant. Dieser wird
seit 2012 das Thema Freiwilligenarbeit. Drei Organisationen       speziell die Bereitschaft zu Freiwilligenarbeit bei jenen
bilden im Turnus die Steuergruppe, eine von ihnen präsidiert      befragen, die bisher noch nicht freiwillig wirken. Der Monitor
für ein Jahr das Netzwerk. Im Jahr 2017 war die SGG an der        wird auch die Betreuungsaufgaben gegenüber Angehörigen
Reihe. Neben der Planung, Organisation und Leitung der            genauer untersuchen, um die Schnittmenge zwischen
Tagung vom 6. November bestand die Arbeit in der Redak-           Familienarbeit, informeller Freiwilligenarbeit im per-
tion von vier Online-Newsletters.                                 sönlichen Umfeld und formeller Freiwilligenarbeit in
                                                                  Vereinen und Organisationen genauer zu bestimmen und
Knackpunkt Vergütungen                                            eventuell neu zu definieren.
An der Freiwilligen-Tagung vom 6. November wurde enga-
giert über die kontroverse Frage der materiellen Vergütung        Factsheets – ein einfacher Zusatz-Service
von Freiwilligenarbeit diskutiert. Professor Theo Wehner          Die SGG liess von Lamprecht & Stamm auf der Basis der
sieht in finanziellen Vergütungen eine unnötige Förderung         Monitor-Daten im Berichtsjahr 2017 erstmals Factsheets
der Ökonomisierung all unserer Lebensbereiche. Carine             kreieren für 11 verschiedene Bereiche der Freiwilligenarbeit.
Fleury Bique vom Schweizerischen Roten Kreuz betonte,             Die Factsheets bieten auf je 2 Seiten Detailanalysen zur
dass jede Tätigkeit, für die mehr als reine Spesen ausbezahlt     Freiwilligenarbeit in den Bereichen Sport, Kirchen, Soziales,
werden, als Erwerbsarbeit bezeichnet und darum als solche         Kultur, Menschenrechte, Umwelt, Spiel und Freizeit, Inte-
deklariert werden müsse. Ansonsten sei sie Schwarzarbeit          ressenverbände, öffentlicher Dienst, Jugendorganisationen,
zu prekärem Lohn. Für andere Exponenten stellen monetäre          politische und öffentliche Ämter sowie politische Parteien.
Vergütungen eine Möglichkeit dar, um Menschen zur Frei-           Hält man die Factsheets nebeneinander, fallen zwischen
willigenarbeit zu motivieren, die sich ein Engagement sonst       den gesellschaftlichen Bereichen starke Unterschiede auf.
nicht leisten könnten. Einig waren sich alle, dass der Frei-      In Sportvereinen wirken 14% der erwachsenen Männer frei-
willigenbegriff einer Differenzierung bedarf. Einerseits ist zu   willig und nur 7,5% der Frauen. In den politischen Parteien
klären, ob und wann die Betreuung von Angehörigen, die an         wirken je nach Altersgruppe bis zu 4 Mal mehr Männer als
sich zur Haus- und Familienarbeit gehört, als Freiwilligenar-     Frauen freiwillig. Handkehrum wirken doppelt so viele Frau-
beit gelten kann. Andererseits könnte neben «Freiwillige» ein     en als Freiwillige im kirchlichen Bereich. Die Factsheets
zweiter Begriff für gemeinnützig Engagierte geschaffen            zeigen auch auf, dass das freiwillige Engagement in den
werden, die eine materielle Vergütung erhalten – analog zu        verschiedenen Sprachregionen differenziert zu betrachten
den «Volontaires», die im Gegensatz zu den «Bénévoles»            ist. In der Deutschschweiz wirken mehr Personen freiwillig
finanziell entschädigt werden.                                    in Sportvereinen und in politischen Parteien, aber in

16
Förderung Freiwilligenarbeit

             Factsheet für Freiwilligenarbeit in politischen Parteien

Umwelt-, Menschrechts- und Sozialkaritativen Organisatio-    travail social et de la santé in Lausanne über die Freiwilligen-
nen sind Romands und Tessiner ebenso stark oder gar          arbeit von Frauen seit 1971 in der Quartierarbeit von
stärker freiwillig engagiert als in der Deutschschweiz.      Lausanne. Ein Forschungsgesuch über informelle kommu-
                                                             nale Freiwilligenarbeit im Dienst der Integration wird derzeit
Freiwilligenforschung fördern                                noch beurteilt. Und zwei Gesuche über die Zukunft des
Bei der SGG-Kommission Forschung Freiwilligkeit (KFF)        Milizamts und über die Vereinbarkeit von Beruf und Amt aus
wurden im Berichtsjahr vier Forschungsgesuche im Bereich     Sicht von Miliztätigen wurden abgelehnt. Vier weitere
Freiwilligenarbeit eingereicht. Die SGG sprach CHF 40 000    Forschungs-arbeiten, die von der SGG seit 2015 unterstützt
für eine Studie von Carola Togni an der Haute école de       und begleitet werden, werden im Jahr 2018 vollendet.

                                                                                                                          17
Förderung Freiwilligenarbeit

          Factsheet für Freiwilligenarbeit in Sportvereinen

     Wussten Sie, dass …
     … über 30% der erwachsenen Bevölkerung der Schweiz in mindestens einem der 19 500 Sportvereine Mitglied sind und
        dass die rund 335 000 Freiwilligen im Durchschnitt 11 Stunden pro Monat in Sportvereinen wirken, was 2 000 bezahl-
        ten Vollzeitstellen entspricht?

     … sich auf dem Land nicht darum mehr Freiwillige engagieren als in Agglomerationen und Städten, weil es auf dem
        Land besonders viele Vereine gibt, sondern weil dort mehr Freiwillige im öffentlichen Dienst und in öffentlichen
        Ämtern tätig sind als in Städten und Agglomerationen, wo diese Arbeiten von Beamten wahrgenommen werden?

18
Förderung Freiwilligenarbeit

Mehr als 240 Interessierte wohnen der Tagung des Schweizerischen Netzwerks freiwillig.engagiert in Bern bei.

Das haben wir 2017 erreicht                                                     Ziele 2018
   ublikation von Factsheets zur Freiwilligenarbeit in
  P                                                                                 E ntwicklung eines neuen Projekts zur Förderung
  11 verschiedenen Bereichen.                                                        der Freiwilligenarbeit vor Ort.

  Durchführung der dritten Impulsveranstaltung über                                 urchführung der vierten Impulsveranstaltung über
                                                                                    D
  Gemeinnützigkeit und Freiwilligenarbeit.                                          Freiwilligenarbeit am 7. Juni 2018 in Yverdon-les-Bains.

  Präsidium Schweizerisches Netzwerk freiwillig.engagiert                          E ntwicklung des Fragebogens für den
   (inkl. Newsletters und Tagungsleitung).                                           Freiwilligen-Monitor 2020.

  Unterstützung und Begleitung neuer Forschungsprojekte.

  F örderung von Projekten Dritter mit hohem Anteil an
   Freiwilligenarbeit.

    Förderung der Freiwilligenarbeit in                            2017                     2016                   2015               2014
    Zahlen

    Einnahmen Monitor-Partner                          CHF       43 200                   37 200                 42 000            141 453
    Forschungsbeiträge                                 CHF     –88 915                 –125 749                 –63 671            –35 160
    Freiwilligen-Monitor                               CHF     –55 400                 –112 206                 331 250           –196 344
    Tagungen/Publikationen                             CHF       24 879                   –8 000                 –7 856               –250
    Personalkosten und Diverses                        CHF     –68 847                  –41 477                 –32 754            –12 451
    Projekt «Engagement vor Ort»                       CHF       –2 033                          0                    0                   0
    Infrastrukturkosten                                CHF     –15 726                    –5 428                 –4 441             –1 889
     Gesamtergebnis                                   CHF –162 842                    –255 660                 –397 972          –104 641

                                                                                                                                              19
Programm SeitenWechsel

Neue Workshops für Teams & Lernende
SeitenWechsel ist neu auch eine Kurzzeit-Weiterbildung. Seit 2017 sind neben der
5-tägigen Weiterbildung auch Tages-Einsätze für Teams im Angebot. Für zwei Unter-
nehmen hat SeitenWechsel bereits Team-Workshops organisiert, davon eine Weiter-
bildung für 44 Lernende gleichzeitig in zwei sozialen Institutionen.

1-Tages-Team-Workshop erlebte Première                          mit einer geistigen Behinderung) in Jona, nahm SeitenWech-
SeitenWechsel hat auf die Nachfrage nach kurzen Formen          sel die Herausforderung an. Die jungen Menschen arbeite-
reagiert: Neu gibt es eintägige Einsätze in sozialen Institu-   ten zwei Tage in der Haustechnik, der IT, im Zweiradatelier,
tionen. Ein Team der Siemens testete einen solchen Work-        am Fliessband, im Personalrestaurant und in der Montage.
shop im Wohnhaus Bärenmoos der Stiftung WFJB. Die               Trotz der Kürze wurden sie sich der sozialen Verantwortung
7 Teilnehmenden setzten sich am eigenen Leib dem Thema          zumindest ansatzweise bewusst, wie die Auswertung zeigte:
Körperbehinderung im Arbeitsalltag aus und erfuhren, wie        «Strengt euch an und macht etwas aus eurem Leben»,
das Wort Zusammenarbeit eine neue Bedeutung bekam. Der          schrieben sie, oder: «Keine Vorurteile, man sieht nicht alles
Einsatz bekam viel Zuspruch. Bereits sind vier weitere Work-    auf den ersten Blick».
shops im Bärenmoos, in der Psychiatrie, in einem sozialpä-
dagogisch geführten Gasthaus und in einer Gassenküche           Teilnahmezahlen spiegeln den Druck in Firmen wider
terminiert. Neben exklusiver Mitarbeit umfassen sie praxis-     Manche Grosskunden von SeitenWechsel sind langjährige
nahe Auseinandersetzungen mit Themen wie Zusammen-              Partner: UBS, LGT, Crédit Suisse, Bank Vontobel sowie
arbeit, wertschätzende Kommunikation, Umgang mit Belas-         Migros Luzern, seit einigen Jahren auch die SBB und PwC.
tung oder Konflikten am Arbeitsplatz.                           Wie jedes Jahr variiert die Teilnahme von Kaderleuten aus
                                                                Wirtschaft und Verwaltung. Sobald neue Strategien,
44 Lernende von Sonova lernen in einer anderen Welt             Strukturwandel sowie Chefwechsel in der HR-Abteilung
44 Lernende, 3 Tage und das Thema soziale Verantwortung         anstehen, werden als eine der ersten Massnahmen die Wei-
und Erlebnis im Team: So lauteten die Eckdaten zur Anfrage      terbildungsmöglichkeiten sistiert. Im Berichtsjahr 2017
der Lehrlingsverantwortlichen des Hörgeräte-Herstellers         gönnten 15 Unternehmen insgesamt 99 Führungsleuten
Sonova. Zusammen mit dem Werk- und Technologiezen-              einen SeitenWechsel.
trum Linthgebiet im Industriegebiet von Rapperswil (für
stellenlose Menschen) und der Stiftung Balm (für Menschen       Weitere Informationen: www.seitenwechsel.ch

           Wussten Sie, dass …
           … die Produktpalette von SeitenWechsel aus 5-tägiger Intensiv-Weiterbildung, eintägigen Team-Workshops
             und massgeschneiderter Inhouse-Beratung besteht?

           … aus den sozialen Partner-Institutionen 17 Personen einen «umgekehrten» SeitenWechsel bei unseren
              Partnern in der Wirtschaft machten?

20
Programm SeitenWechsel
Foto: SeitenWechsel

                      Am Offenen Markt, wo Weiterbildungsplätze vermittelt werden, informieren sich Teilnehmende über das Angebot in den sozialen Institutionen.

                      Das haben wir 2017 erreicht
                                                                                                      In der Romandie und im Tessin haben sich vier neue
                        99 Kaderleute aus 15 Unternehmen haben den 5-tägigen
                                                                                                       soziale Institutionen bereit erklärt, Teilnehmer im Seiten-
                         SeitenWechsel in einer sozialen Institution verbracht.
                                                                                                       Wechsel zu begleiten.
                        Dafür hat SeitenWechsel 9 Vermittlungs-Märkte und
                                                                                                       Bei den «Wirtschaftsfrauen Basel» konnte SeitenWechsel
                        9 Auswertungen durchgeführt. In den Workshops setzten
                                                                                                        sein Programm vorstellen und wurde als Partner-Organisa-
                        sich insgesamt 51 Teilnehmende mit dem Thema Soziale
                                                                                                        tion der «Wirtschaftsfrauen Schweiz» aufgenommen.
                        Verantwortung auseinander. Zusammen mit den eintägi-
                        gen Team-Workshops haben 150 Personen ein Angebot
                        von SeitenWechsel genutzt.                                                  Ziele 2018
                         Erstmals veranstaltete der SeitenWechsel einen Offenen
                                                                                                        Ausbau der eintägigen Team-Workshops.
                          Markt, wo Weiterbildungsplätze in sozialen Institutionen
                          vermittelt wurden für einzelne Interessierte aus Unterneh-                     eitere Durchführung von offenen Vermittlungs-
                                                                                                        W
                          men, die noch nicht Partner sind von SeitenWechsel.                           Märkten für individuell Interessierte.

                          SeitenWechsel in Zahlen                                     2017                   2016                    2015                   2014

                          Anzahl SeitenWechsler                                     150*                     146                     148                    143
                          Anzahl Unternehmen                                         17**                     18                      22                     13
                          Einnahmen in CHF                                        190 546                280 834                 278 247                269 466
                          Direkte Kosten in CHF                                   –17 191                –17 951                 –10 962                –39 887
                          Ausgaben Jubiläum in CHF                                      0                      0                       0                –23 594
                          Personalaufwand in CHF                                 –251 239               –256 751                –264 224               –262 817
                          Infrastrukturkosten in CHF                              –48 070                –35 827                 –40 602                –31 270
                          Gesamtergebnis                                        –125 954                 –29 695                 –37 541                –88 102

                          * enthält 51 Workshop-Teilnehmende und 99 Intensiv-Woche-Teilnehmende (von denen 14 Einsatzplätze 2016 bezahlt wurden)
                          ** davon zwei Unternehmen für Team-Workshops

                      SeitenWechsel Programmleitung: Jacqueline Schärli und Renata Kubova / Koordination Romandie: Sonia Weil / Administration: Tamara Jucker

                                                                                                                                                                   21
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