Rundbrief 2021 - Fachschule Schwäbisch Hall
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Rundbrief 2021 Komberger Weg 53 74523 Schwäbisch Hall Telefon (0791) 930600 Telefax (0791) 9306030 hall@ev-fs.de www.fachschule-hall.de An der Zusammenstellung dieses Rundbriefes haben mitgewirkt: Dr. C. Becker (verantwortlich), K. Braun, E. Röhler, S. Reusch, M. Seitz Auflage: 2.000, Gestaltung: Christian Werner Inhalt Seite Grußwort 3 Jahreslosung 4 Fachschule 2020 - Rückblicke auf ein besonderes Jahr Der Anfang ist die Hälfte des Ganzen (Aristoteles), aber was für eine Hälfte… 5 Warten auf eine Art Alltag … 7 Gemeinschaftlich wachsen … 9 Mit dem Körper unterwegs in Zeiten von Corona 10 Digitalisierungsprozess in der Fachschule 12 Schulleben Black Lives Matter – zweisprachig gegen Rassismus 14 Blue Eyed 16 Wie kann man da wegsehen? – Safer Internet Day 17 Licht und Schatten gibt es überall 19 Leben teilen und über den Glauben nachdenken 22 Wie helfe ich den Wildbienen? 23 Ein ganz persönliches Bilderbuch 24 Aus dem Berufspraktikum Partizipation im Waldkindergarten 26 Bewegung erklingt, Musik bewegt 27 EFOF Abschluss und Verabschiedung 29 Erzieherinnen Stiftung 29 Evang. Kinder- und Familienhaus „Das ist wegen dem Corona!“ 30 Freundeskreis Bericht 32 Hausnachrichten Ehrungen 33 Neu an der Fachschule 34 Auf zu neuen Ufern ... 35 Vielen Dank für alle eingegangenen Spenden. Bankverbindung der Fachschule: IBAN DE41622500300005044449 BIC SOLADES1SHA; Sparkasse Schwäbisch Hall Wenn Sie keine Zusendung des Jahresbriefs mehr wünschen, können Sie jederzeit formlos widersprechen – per Telefon, Post oder E-Mail an die Fachschule.
Rundbrief 2021 Seite 3 Grußwort von Dr. Cornelia Becker Liebe Ehemalige, liebe Freundinnen und Freunde der Haller Fachschule, was hat Corona mit uns und unserem mussten abgesagt oder umorganisiert Schulleben gemacht? Diese Frage stellen werden. Aber sie haben auch erfahren, wir uns in vielen Beiträgen in diesem wie es sich anfühlt, mit mehr Zeit, im Rundbrief. Natürlich gibt es viele un- eigenen Tempo lernen zu können, sich schöne Auswirkungen: verordnete Kon- mit handlungsfeldübergreifenden Auf- taktbeschränkungen, Abstandsgebote, gaben über eine längere Zeit und nicht Zugangsregelungen, Beeinträchtigung in vorgegebenen Unterrichtsblöcken zu der Schulgemeinschaft und des allge- beschäftigen. meinen Schullebens. Beziehungen leiden unter diesen Bedingungen, keine Frage. Während der Unterrichtsphase in Manche Kontakte sind praktisch von halbierten Klassen haben wir erfahren, heute auf morgen weggebrochen. Kom- dass wir die einzelnen Studierenden munikation über die Entfernung ersetzt besser wahrnehmen, auch die stilleren, eben nicht die persönliche Begegnung. dass die Konzentration und Selbstdis- ziplin gestiegen sind. Natürlich gibt es Trotzdem gab es auch erstaunliche Ne- auch Gruppenerfahrungen, die in Groß- beneffekte dieser Einschränkungen. Man gruppen schöner sind, aber die Qualität hat sich wieder auf wenige Menschen des Unterrichts profitiert von kleineren konzentriert. Menschen haben ihre Zeit Gruppen. anders genutzt als sonst. Wir wurden unfreiwillig etwas entschleunigt, könnte Diese Formen von Entschleunigung man sagen. Nicht nur wir Älteren, auch haben so manches wettgemacht, was an junge Menschen haben den Aufenthalt Dynamik durch die Corona-Pandemie im Freien, in der Natur, wieder zu schät- in unser Leben gekommen ist. Vielleicht zen gelernt, haben alte Hobbies wieder können wir uns einiges davon bewahren. aufleben lassen oder sich in der Kunst erprobt. Herzliche Grüße aus der Haller Fach- schule Während der Schließungszeit haben unsere Studierenden die Schule zwar auch vermisst, vermutlich aber im Be- sonderen die Begegnung mit den Mit- studierenden. Tolle Veranstaltungen Dr. Cornelia Becker
Seite 4 Rundbrief 2021 Jahreslosung 2021 „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!“ Lukas 6,36 Text: Tobias Feldmeyer M ach`s wie Gott – werde Mensch! Als Jugendlicher habe ich diesen Satz an einer Mauer gesehen. Ich fand ihn cool, er hat mich beeindruckt – bis heute! Werde Mensch! Werde das, was Du eigentlich schon bist – ein Mensch – ein Geschöpf, das Gott dazu be- stimmt hat, die Erde liebevoll zu beherrschen. Werde Mensch – ein Mitmensch, dem der Nächste nicht egal ist, der mitfühlt, sich mit- freut und auch mitleidet. Werde Mensch – einer, der sich an seinem Leben freuen kann. Werde Mensch – werde der Partner Gottes 100% an der Barmherzigkeit Gottes messen in seiner Welt! lassen. Wir werden immer wieder scheitern. Seid Im Menschen Jesus ist Gott selber zu uns Aber wir können uns die Liebe Jesu zu den B rüder und Schwestern gekommen und hat uns gezeigt, was es be- Menschen zum Vorbild nehmen. Von ihm A ngenommen von Gott deutet, ein solcher Mensch zu sein. Gott sel- können wir Barmherzigkeit lernen. Barm- R ücksichtsvoll ber ist Mensch geworden, damit wir barm- herzigkeit beginnt, wenn wir uns für unsere M itfühlend herzige und liebevolle Menschen werden. Mitmenschen interessieren, ihnen zuhören H erzlich Mach`s wie Gott – werde Mensch! und unser Herz für sie öffnen. Barmherzig- E infühlsam keit zeigt sich in der Hilfe, die nicht auf Lohn R etter „Seid barmherzig, wie auch euer Vater wartet. Z eitschenker barmherzig ist.“ (Lk 6,36) I nteressiert Das Wie ist das Schwierige in diesen Sät- „Sei barmherzig“ heißt: „Sei ein Mensch“! GOTTES EBENBILD, zen: Wir können nicht wie Gott werden. Sei der Mensch, mit dem Gott seine Welt wie auch Euer Vater barmherzig ist. Unsere Barmherzigkeit kann sich nie zu verändern will.
Rundbrief 2021 Seite 5 2020 – Rückblicke auf ein besonderes Jahr … Der Blick in gängige Online-Nachschlagewerke zum Begriff „2020“ verweist immer wieder auf ein besonders beherrschendes Vorkommen. Wikipedia formuliert beispielsweise: „Bislang wurde das Jahr vor allem durch die weltweite COVID-19-Pandemie geprägt, die zahlreiche Einschränkungen im gesellschaftlichen und wirtschaft- lichen Bereich zur Folge hat.“ [30.10.2020] Diese haben auch den „Normalbetrieb“ der Haller Fachschule stark eingeschränkt und Studierende, Lehrende sowie Leitende vor neue Herausforderungen gestellt. Der Umgang mit der neuen Situation ist so unterschiedlich wie die Menschen selbst – daher soll im folgenden Rückblick zu diesem besonderen Jahr exemplarisch den Erfahrungen, Gefühlen und Wünschen Raum gegeben werden. Der Anfang ist die Hälfte des Ganzen (Aristoteles), aber was für eine Hälfte… Text: Dr. Cornelia Becker, Schulleitung W enn ich mich rückblickend fra- Hall zu bekommen. Schließlich waren meine „Notstand“ vorüber, ohne dass größere Pan- ge, wie ich mir mein erstes Jahr Jahre als Lehrkraft an Fachschulen für So- nen passiert wären. Soweit so gut. Ein ent- als Schulleiterin in Schwäbisch zialpädagogik eine gute Weile her und auch sprechend ausgedehnter Zeitaufwand war Hall vorgestellt habe, ist die Antwort eindeu- an ganz anderen Schulen, sogar in anderen die Folge. tig: Ganz gewiss nicht so, das steht mal fest Bundesländern. Zusätzlich wollte ich alle Aber man kann sich auch vorher gut vor- – jedenfalls seit der zweiten Hälfte des ersten Mitarbeitenden und Lehrkräfte kennenler- stellen, dass die Leitung einer Schule mit Jahres, seit Corona uns im Griff hat, um ge- nen. An die Einladungen zu Hospitationen knapp 250 Studierenden und knapp 30 Mit- nau zu sein. in vielen Unterrichten, die Teilnahme an arbeitenden kein Spaziergang ist. Natürlich Dabei hat es so vielversprechend ange- Veranstaltungen zum Beginn denke ich ger- geht man davon aus, dass in der ersten Zeit fangen. Der Einstieg kann als sanfter Über- ne zurück. Alles und alle kennenzulernen er- der Aufwand höher ist, da die Routine für gang bezeichnet werden: Es gab regelmäßige fordert Zeit, die ich mir aber sehr gerne neh- viele Vorgänge noch fehlt. So ein Schulbe- Übergabegespräche mit dem ehemaligen men wollte. Oft habe ich mich als Lernende trieb ist eine äußerst komplexe Aufgabe mit Schulleiter. Dann folgte ein sehr ruhiger Be- definiert. einem engen zeitlichen Korsett und jeder ginn in der Sommerferienzeit, in der ich in Der erste schwierige Part kam dadurch, Menge formal zu beachtenden Vorgaben. aller Ruhe das zum Teil gänzlich verwaiste dass eine Zeitlang das Sekretariat, die Schalt- Vertagen auf später lässt sich da wenig. Zu or- Schulhaus und das Büro erschließen konnte. zentrale, das Herzstück einer Schule, krank- ganisieren und im Blick zu behalten ist stän- Etwas hektischer wurde es dann zu Be- heitsbedingt nicht besetzt war. Wochenlang dig etwas. Die Erwartungen der Lehrenden ginn des Schuljahres. Teilweise waren noch ohne diese Schaltzentrale auszukommen ist und Lernenden an reibungslose Abläufe sind Planungen zu vervollständigen und das üb- sicherlich schon für eine langjährige Schul- hoch. Alles, was nicht glatt läuft, wird genau liche Programm von Organisatorischem, das leitung eine Herausforderung. Für eine geprüft, weil es die nächsten Schritte wieder am Anfang, glaube ich, immer zu einiger frisch gebackene Schulleitung aber stellt das behindern kann und das System beeinträch- Ballung führt. Dank helfender Hände und schlichtweg eine mittelschwere Katastro- tigt. Dieses System alleine fordert schon sehr Köpfe, vor allem einer gut sortierten Stell- phe dar. Auf jeden Fall weiß ich nun noch viel Kraft und Aufmerksamkeit, vor allem vertretung, kein Problem. mehr als vorher zu schätzen, was dort alles am Anfang. Ach ja, und ganz nebenbei darf Nun hatte ich die Vorstellung, erst einmal so erledigt wird, ohne dass dies immer so man auch den eigenen Unterricht nicht ver- einen Überblick über so ein Schuljahr in auffällt. Aber glücklicherweise ging dieser nachlässigen. Ein schöner Exkurs und eine
Seite 6 — Fachschule: Rückblick 2020 Rundbrief 2021 echte Bereicherung waren mir in dieser Zeit die Besuche bei den Lehrkräften und Klassen im Unterricht. Nur so habe ich einen Blick in die qualitativ hochwertige Arbeit des Lehrerkollegiums erhascht, den ich sonst nicht gehabt hätte. Das Prinzip der für alle Anliegen offenen Tür habe ich bis auf wenige Zeiten auf- rechterhalten, auch wenn dies bedeutet, mit häufigen Unter- brechungen umzu- gehen. Aber ich habe gute Erfahrungen damit gemacht. Vie- le kleine Dinge (und auch größere) lassen sich im persönlichen Kontakt schnell und ohne Missverständnisse klären. Alles, was sortieren, ins Verhältnis zu dem sonst Übli- Hausmeister), die zunächst allein in der aufgeschoben wird, kann sonst vergessen chen zu setzen, welches man noch gar nicht Schule war, hervorragend ging. Wir sind werden. Häufig wurde mir auch zurück- gekannt hat und am besten den nächsten in dieser engen Zusammenarbeit über die gemeldet, dass es schön ist, eine offene Tür Vorgaben schon vorzugreifen. Ein mehr- Schließungszeit zusammengewachsen, da vorzufinden, wenn man nur kurz eine Frage facher Aufwand für die neue Schulleitung, wir fortlaufend gemeinsam überlegen muss- hat (noch schöner wäre es, wenn alle Vorbei- die sich immer parallel mit mindestens zwei ten, wie was umgesetzt werden könnte. Ein gehenden auch einen Gruß hineinrufen wür- Planungsversionen auseinandersetzen muss- dickes Dankeschön muss ich an dieser Stelle den, wenn sie keine Frage haben – denn das te. Dazu kam, dass eine Bestimmung die loswerden: Ich habe meine Zweifel, ob ich machen wenige). Fest steht, dass eine Schule nächste bereits überholt haben konnte, kurz dieses furchtbar anstrengende zweite halbe im Vollbetrieb ein ganz schönes Gewusel ist, nachdem man die erste umgesetzt hatte. Er- Jahr ohne deren unermüdliche Tatkraft so da verliert man schnell den Überblick, wen gänzt wurde dies durch die vielen kleinen unbeschadet überstanden hätte. man schon gesehen bzw. bewusst wahrge- Unsicherheiten und Fragen, die sich aus un- Es ist unglaublich, was so eine Pandemie nommen hat. gewohnten Vorschriften ergaben. Unter die- an organisatorischem Aufwand bedeutet, für sem Druck ist Beteiligung schlicht ein Luxus, Außenstehende kaum nachvollziehbar. Man So in dieser Art hätte ich wirklich gerne für den keine Zeit bleibt. Das Schwierige dar- muss tatsächlich alle Vorgänge aufgrund der meine Erfahrungen mit dem Schulalltag an war, dass in der Hauptsache Anweisungen dynamischen Lage ständig neu überdenken, weiter gesammelt. Glücklicherweise habe ich umzusetzen waren, die im besten Fall einen bewerten, das Risiko einschätzen und um- wenigstens die erste Schuljahreshälfte so er- formal-bürokratischen, wenn nicht gar auto- organisieren. Das normale Leben muss un- leben dürfen, bevor Corona in unser Leben ritären Charakter hatten. Wie schnell wird ter völlig anderen Vorzeichen durchgeführt trat. Das war ein Bruch, der zunächst gar man als Führungsperson darauf reduziert werden. Zeugnisse und Prüfungen hat es nicht so schlimm schien, dann aber doch und alles andere vergessen. Dabei entsteht ja trotzdem gegeben. Und ein Stundenplan zunehmend alles, wirklich alles, beeinflusst eine Gratwanderung: Für die einen regelt musste auch gemacht werden – für mich hat. Von einem Tag auf den anderen war die man zu viel, für die anderen zu wenig…. zum ersten Mal und aufgrund der vielen ver- Schule geschlossen. Plötzlich war die Haupt- Im direkten Kontakt lässt sich auch daran schiedenen Ungeklärtheiten und Szenarien, aufgabe der Schulleitung, die ständigen In- arbeiten, was beispielsweise mit der klei- die das Infektionsgeschehen und damit ein- formationen zu Corona zu verarbeiten, zu nen Taskforce (Sekretariat, Stellvertretung, hergehende politische Entscheidungen mit
Rundbrief 2021 Fachschule: Rückblick 2020 — Seite 7 sich bringen, nicht so leicht zu bewältigen. habe nicht nur ich das so empfunden, son- nochmal durchstarten. Aber nach dem be- Im Verwaltungsbereich waren wir dau- dern auch die Lehrenden und Lernenden. sonderen ersten Jahr sind wir fast nahtlos in erbelastet, aber auch gemeinsam tätig. Die Die Bedeutung dieses Bruchs ist meiner Mei- das zweite schwierige Jahr übergegangen. Zu- Zusammenarbeit mit den Lehrkräften hin- nung nach noch immer deutlich zu spüren. mindest sind wir jetzt etwas besser gerüstet gegen wurde ebenso wie das Schulleben ab- Ich jedenfalls habe das Gefühl, dass davon und haben für manche Szenarien bessere Stra- rupt beendet. Da wir zu diesem Zeitpunkt etwas hängen geblieben ist. Leider ist die tegien. Aber Vieles von dem, was die Ausbil- digital noch nicht gut ausgerüstet waren, wie Pandemie auch noch nicht vorbei und ich dung bereichert und zu schönen Erinnerun- wir dank unseres sehr engagierten Adminis- muss noch immer neue Vorgaben umsetzen gen führt, bleibt momentan auf der Strecke. trators heute sind, war der Kontakt sehr ein- und anweisen. Wie dankbar bin ich für jede Glücklicherweise gibt es immer wieder krea- geschränkt. Eine schwierige Situation, wenn Äußerung von Verständnis, denn meine Ver- tive Ideen aus dem Kollegium, wie trotzdem man eigentlich noch mitten im Kennenler- antwortung kann mir niemand abnehmen. einiges von dem bewahrt werden kann, was nen steckt und noch nicht auf lang gewachse- Konrad Adenauer hat mal gesagt: „Wenn früher nicht in Frage gestellt werden musste. ne Beziehungen setzen kann. Neue Kontakte die anderen glauben, man ist am Ende, so in die Region konnte ich gar nicht knüpfen. muss man erst richtig anfangen.“ Das trifft es Was bleibt, ist die Ungewissheit, wie lan- irgendwie. ge uns diese Pandemie noch zusetzen wird. Meine Schlussfolgerung aus dieser Zeit Ich habe so machen Tag das Gefühl, dass Hoffen wir, dass alle weiter geduldig damit ist, dass die Corona-Pandemie für einen ex- ich gerne noch einmal neu beginnen würde – umgehen, denn Meckern hilft gegen einen tremen Kontaktabbruch gesorgt hat. Sicher ohne diesen Ballast der großen Anspannung Virus nicht. Warten auf eine Art Alltag … Text: Sukanya Weiß, Studierende E s fühlt sich so an, als wäre es gestern Ich habe das Gefühl, dass die Welt ent- heit geworden, aber irgendwie immer noch gewesen, als ich mich mit der Musik- schleunigt, aber die Menschen eher hektisch absurd. zusammenstellung für unsere Zir- werden und nicht wissen, was sie glauben Ich habe mich in den vergangenen acht kusvorführung in der Fachschule beschäftigt oder tun sollen. Seit dem ersten Erlebnis Wochen nie direkt gefährdet gefühlt, doch habe. Und jetzt - acht Wochen später - sitze auf dem Basketballplatz fühle ich mich ko- habe ich immer an andere gedacht. Ich habe ich hier zu Hause und versuche die Gedan- misch, wenn ich in der Öffentlichkeit bin. an die gedacht, die eine schwere Krankheit ken und Gefühle in Worte zu fassen. Ich füh- Bin ich zu Recht gerade draußen? Sollte ich haben oder eine schwere Krankheit erst le mich so gefangen und doch so frei. nicht eigentlich nur zu Hause sein, wie viele durchgemacht haben. Ich habe auch an alle Ich bin so ängstlich in Bezug auf das, was Menschen in anderen Ländern? Man geht älteren Menschen gedacht, für die selbst eine da noch kommt, und doch so gelassen im allen anderen Menschen aus dem Weg, man Erkältung schlimme Folgen haben kann. Ich Hier und Jetzt. kann seine Freunde nicht mehr besuchen habe aber auch gedacht, dass es neben Coro- Ich vermisse die Umarmung, doch genie- und traut sich nicht mehr, in der Öffentlich- na noch andere Krankheiten gibt und es dort ße ich auch den Abstand. keit zu niesen oder gar zu husten. Ich fühle auch zu vielen Toten kommt. Die Medien be- Das sind nur einige Eindrücke meines mich in Dingen eingeschränkt, in denen ich leuchten gerade nur die Krise und alles ande- derzeitigen Gefühlschaos. Ich fühle mich nie eine Einschränkung erwartet hätte. Ich re erscheint außen vor. Dadurch bekomme wie im ewigen Stop- and-Go-Verkehr - nur hätte nie gedacht, dass ich einmal erschro- ich das Gefühl, dass alle anderen Probleme eben ohne Go. Zu Beginn der Krise war alles cken zurückweiche, weil ich die Markierung der Welt in den Stand-by-Modus geschaltet so neu. Was so fern erschien, war plötzlich auf dem Boden vor der Fleischtheke nicht wurden, obwohl das meiner Meinung nach ganz nah. direkt gesehen habe. Ich hätte nie gedacht, nicht vermittelt werden sollte. Am ersten Tag der schulfreien Zeit war ich dass ich vom einen Tag auf den anderen Genau wie die Erde gerade auf Stand-by mit zwei anderen Personen meiner Familie mein liebstes Hobby, das Handballspielen, steht, muss ich in dieser Zeit auf einiges auf dem Basketballplatz. Auf einmal zeigte ein für wer weiß wie lange aufgeben muss. Ich verzichten. Durch die aktuelle Situation Mann mit dem Finger auf uns und sagte em- hätte nie gedacht, dass ich bei strahlendem konnte ich meine dritte Praxisphase im Be- pört: „Genau das! Ihr wisst, was ihr da macht? Sonnenschein nur mit einer Person in der rufskolleg nicht besuchen, in der ich viele Jetzt gibt es nur schwarz und weiß!“. Es sollte Natur sein darf – und das auch nur mit Ab- Erfahrungen gesammelt hätte und viel Ge- nicht bei dieser einen Konfrontation bleiben. stand. All das ist für mich jetzt zur Gewohn- lerntes hätte umsetzen können. Auch kann
Seite 8 — Fachschule: Rückblick 2020 Rundbrief 2021 ich mit meiner Handballmannschaft nicht Verbindung mit der Natur. Ich sehe, wie die ein wenig zum Ursprünglichen zurückfin- den Klassenerhalt feiern und auch ein Jung- Bäume zu blühen beginnen, merke, wie die den. Einmal habe ich am Sonntagvormittag gesellenabschied kann nicht stattfinden. Bienen im Garten einziehen und der Flieder in meiner Nachbarschaft einem kleinen Gar- Ich könnte noch einiges aufzählen, aber ich wunderbar duftet. Ich lebe viel bewusster, tenkonzert mit Blasinstrumenten zuhören möchte es nicht, weil es mir trotz der Verän- weil ich schnell gemerkt habe, wie dankbar können. Ich freue mich darüber, dass Men- derung und des Stillstandes eigentlich sehr ich dafür sein sollte, einen gesunden Kör- schen sich gegenseitig eine Freude machen, gut geht. Ich fühle mich so frei. Ich kann per zu haben und gute Freunde, auf die ich obwohl viele gerade eine schwere Zeit haben. selbst entscheiden, wann ich meine Aufga- in diesen Zeiten über Skype trotzdem noch Wir verbringen mehr Zeit mit der Familie, ben im Homeoffice erledigen will und finde zählen kann. bleiben im kleinsten Kreis und finden den mich selbst in dieser Zeit wieder - mich in Ich habe das Gefühl, dass wir Menschen Spaß an Brettspielen und Kartenspielen wie- der. Wir treffen uns in Skype-Konferen- zen, um zusammen Yoga zu machen oder zusammen „anzu- stoßen“, um ein biss- chen Gemeinschaft genießen zu können. Wir bieten anderen Menschen an, für sie einzukaufen oder mit dem Hund Gassi zu gehen. Wir werden erfinderisch und hel- fen uns und anderen, ohne einander kör- perlich zu nahe zu kommen. Durch diese besondere Zeit finde ich Zeit für mich: Zeit zum Backen, Spazie- ren, Nachdenken, Aufräumen, Umräu- men, sich selbst sortie- ren. Ich finde Abstand zur Schule, zur Arbeit, von den Aktivitäten am Wochenende und finde mich in der Na- tur wieder. Und genau weil es mir gerade eigentlich so gut geht und ich neue Energie tanken konnte, bin ich bereit für all die Din- ge, die ich eigentlich so gern habe und ver- misse. Denn auch ich warte, wie viele ande- re, darauf, wieder eine Art Alltag zurückzu- erlangen.
Rundbrief 2021 Fachschule: Rückblick 2020 — Seite 9 Gemeinschaftlich wachsen ... Text: Marinela Seitz, Dozentin „E s ist alles anders“, das war mein gruppen sind nur wenige Beispiele aus dem Lernende gleichzeitig zu begreifen und, wie erster Gedanke, als ich im April Alltag, die dies belegen. Auch an unserer gesagt, über uns hinauszuwachsen. 2020 nach der Elternzeit wieder Schule entstanden neue Formen des Unter- Eines empfinde ich darüber hinaus noch zum ersten „Unterrichtstag“ an der Fach- richts und des Zusammenseins, außeror- wichtig: Eine gelungene Umsetzung des schule war. Nur dass ich eben gar nicht an dentliche Ideen und Konzepte, differenzier- „Schullebens unter Pandemiebedingungen“ die Fachschule durfte, sondern der Unter- tere Herangehensweisen, spezielle Projekte kann nur gemeinsam geleistet werden. Stu- richt online stattfinden musste. Die neuen, und vieles mehr. Aus der Not geboren und dierende, Lehrende und Leitende arbeiten durch Corona bedingten Bestimmungen ha- unter dem Druck der besonderen Situation am selben „Projekt“ – nur eben an verschie- ben dazu geführt, dass gut Eingespieltes nicht entstanden, erfordert einiges im Rückblick denen Stellen in der Arbeitskette. Wenn es mehr möglich war, einiges Gewohnte ver- noch Nachbearbeitung. Doch die umgesetz- hakt, wirkt es sich im Ergebnis aus – und da boten, Bewährtes eingeschränkt und Alltäg- ten Projekte, Auseinandersetzungen und Er- ist es unwesentlich, an welchem Punkt die liches wie der „Schulbesuch“ gar nicht mehr gebnisse sind beeindruckend vielfältig, inte- Schwachstelle ist. Daher gilt es, gemeinsam selbstverständlich. Studierende, Lehrende ressant und anregend (Beweise liefern auch anzupacken. Dafür wünsche ich uns allen und Leitende mussten mit der neuen Situa- folgende Beiträge). Und das ist doch etwas regen Austausch, Offenheit, Hilfsbereitschaft tion und den neuen Gegebenheiten zurecht- Wunderbares! und nicht zuletzt Verständnis. Verständnis kommen, sich anpassen, handeln. Doch wie, dafür, dass für mich leicht erscheinende Din- wenn man es mit einem unsichtbaren Gegner All das war mit Mehrarbeit verbunden – ge dem anderen schwerfallen; Verständnis zu tun hat, von dem man zudem kaum etwas und dass diese geleistet wird, ist nicht selbst- dafür, dass mein Gegenüber vor anderen He- weiß? Es ist ein Umstand, der viele Unsicher- verständlich! Daher sollte das auch wertge- rausforderungen steht und andere Hürden heiten birgt, der Gefühle des Ausgeliefert- schätzt werden (nur vergessen wir leider oft, überwinden muss; Verständnis dafür, dass seins hervorruft, der überfordert. das bei anderen umzusetzen, was wir von Verantwortung und Aufwand unterschied- Und doch habe ich gleichzeitig wahr- ihnen für uns selbst einfordern). Aber ich lich verteilt sind. Aus der Haut des anderen genommen, dass gerade unter diesen be- persönlich habe auch das Gefühl, dass uns sehen die Schwierigkeiten vielleicht völlig sonderen Bedingungen viele über sich diese Mehrarbeit weiterbringt. Wir sind ge- anders aus und da hilft es eben, die Dinge, hinausgewachsen sind. Fensterkonzerte, zwungen, uns mit Neuem auseinanderzuset- die wir von anderen für uns einfordern, auch Nachbarschaftshilfen oder Online-Sport- zen, flexibler zu sein, sich als Lehrende und dem Gegenüber angedeihen zu lassen.
Seite 10 — Fachschule: Rückblick 2020 Rundbrief 2021 Mit dem Körper unterwegs in Zeiten von Corona – ein Plädoyer für das „Summen und Tönen“ Text: Cornelia Schäfter, Stephanie Geymann und Silvia Butz-Horlacher I n Zeiten von Corona wird unsere Kör- in unserem Körper passiert, auch Auswir- den Körper.“ (Hammer 2019: 67) Die Au- perlichkeit plötzlich zum Problem. Wir kungen auf unser Gehirn hat und damit auf torin lädt dazu ein, zunächst den richtigen dürfen mit anderen in Kontakt treten, Gefühle, Einstellungen und Bewertungen. Summton im Körper zu finden, indem der/ aber auf Abstand. Jeder Körper ist potenziell Die Medizin verwendet das bio-psycho-so- die Übende eine Hand auf den oberen Brust- eine Gefahr, weil er dieses Virus als Wirt an ziale Modell von Krankheit und Gesund- korb legt und nach einem Summton sucht, einen anderen Körper weitertragen könnte. heit, das auf der allgemeinen Systemtheo- der in den Körper zu fallen scheint, um an- Unsere Körperlichkeit erhält somit eine Be- rie aufbaut. Die Systemtheorie geht davon schließend die Vibration mit der Hand zu deutung – wenn auch eine „negative“. aus, dass alles mit allem zusammenhängt, spüren. Die Vibration ist im ganzen Körper dass physiologische und psychologische wahrzunehmen, beispielsweise auch am Auf der emotionalen Ebene können die Prozesse gleichzeitig und wechselseitig auf- Hals oder in den Rippenzwischenräumen. durch den Virus erzwungene körperliche einander einwirken. Bekannt ist, dass wie Sie schreibt, dass dies anstrengungslos ge- Distanz und punktuellen Bewegungsein- an der Körperhaltung eines Menschen des- schehen soll. Auf diese Weise kann das schränkungen von vielen Menschen als sen Befinden ablesen können (aufgerichtet Wohlgefühl im Körper unterstützt werden. gravierender Einschnitt in die eigene Frei- und froh oder hängende Schultern und Diese Summreise kann durch den ganzen heit empfunden werden. Dies löst bei nicht niedergeschlagen). Umgekehrt wurde aber Körper fortgesetzt werden (vgl. ebd.). wenigen belastende Gefühle wie Traurig- gezeigt, dass eine bestimmte, verordnete keit, Hilflosigkeit, Wut und auch Angst aus. Körperhaltung Einfluss auf unsere Bioche- Angst gehört zu einer der im Gehirn ein- Die potenzielle Gefahr, selbst zu erkranken mie und damit auf unser Befinden hat (vgl. programmierten Emotionen und dient vor bzw. andere Menschen anzustecken, kann Tschacher, Storch 2017) allem dem Selbsterhaltungssystem. In einer mit dem Gefühl von andauernder Besorg- als bedrohlich bewerteten Situation wird nis, bis hin zu Angst, einhergehen. Und genau dies nutzen wir in der Pä- vom limbischen System des Gehirns, ge- dagogik, wenn wir Körperlichkeit anre- nauer gesagt vom Mandelkern, ein Alarm- Diese „Aufwertung des Körpers“ ist in gen, Übungen mit Gruppen machen oder signal ausgesandt: Achtung, Gefahr! Darauf unserer Kultur unüblich. „Cogito ergo sum“, Kinder, Jugendliche und Erwachsene mo- kann der Körper mit drei Möglichkeiten re- so die Aussage von René Descartes, einem tivieren, ihre Körper bewusst zu spüren. agieren: erstens – Flucht, zweitens – Erstar- Vater unserer abendländischen Denkkultur Das „Summen und Tönen“ ist hierfür ein ren und drittens – Angriff. Keines der drei – „Ich denke, also bin ich“. Daraus wurde Beispiel. Das Summen oder Tönen von Möglichkeiten ist in Bildungs- und Lernsi- abgeleitet, dass allein unser Denken unser Vokalen ist bekannt als Stimm- oder Ein- tuationen eine angemessene Reaktionswei- Menschsein ausmacht. Aber der Mensch singübung. Es kann aber auch dazu genutzt se, denn sie bewirken, dass die Denkfähig- ist eben viel mehr. „Wenn im Gehirn etwas werden, eine unerwünschte psychische Ver- keit stark eingeschränkt wird, ebenso wie passiert, hat dies Auswirkungen auf den ge- fassung loszuwerden, als Hinwendung zum der Zugriff zu den Kompetenzen und zum samten Körper.“ (Hüther 2017: 75) So kann „Wohlgefühl“ und zur Aktivierung unserer Wissen. Angst erhöht darüber hinaus die beispielsweise ein Alptraum dazu führen, Selbstheilungskräfte (vgl. Schubert 2019). Ausschüttung von Stresshormonen, die den dass man schwitzt, dass das Herz bis zum Das Summen führt Hammer wie folgt ein: Blutdruck ansteigen lassen, den Herzschlag Hals schlägt, der Puls rast. Umgekehrt ha- „Die Selbstregulation, die Pulsation und beschleunigen sowie die Immunabwehr he- ben aber auch Psychologinnen und Psycho- den Lauf der Flüssigkeiten im Körper und runterfahren (vgl. Schubert, 2018; Komarek, logen in den letzten Jahren Experimente damit unser Wohlgefühl können wir auch 2013). Doch nur in einem entspannten Zu- durchgeführt, die nachweisen, dass das, was maßgeblich beeinflussen durch Summen in stand können sich Menschen auf neue Lern-
Rundbrief 2021 Fachschule: Rückblick 2020 — Seite 11 inhalte konzentrieren, bereits gelerntes Wis- sen abrufen und sich auf andere einlassen. Ich summe einfach. Das bewusste Einnehmen einer ressour- Da ist ein Lied in mir, wenn ich Gänge entlang gehe, wenn ich im Aufzug cenvollen Körperhaltung, wie es beim freien Summen oder bewusstem Tönen von Voka- stehe, wenn ich im Auto sitze. len geschieht, kann das individuelle Sicher- Und dieses Lied summt aus mir heraus. Das ist viel weniger eine bewusste heitsgefühl wirksam unterstützen. Das Ste- hen mit beiden Beinen fest auf dem Boden Entscheidung als viel mehr ein Nach-außen-lassen, was einfach da ist und ermöglicht das Gefühl, tief und stabil in der nach außen will. Erde verwurzelt zu sein. Das Zurückneh- men der Schultern, das Herausstrecken der Manchmal frage ich mich, was die Menschen um mich herum denken, wenn Brust, das Nach-oben-nehmen des Kopfes sie dieses leise Summen, diese Melodie, hören. Aber wer weiß das schon. kommt einer Sieger- oder Kompetenzhal- tung gleich, die auf das Stresssystem beru- Was für mich zählt, ist, ich finde es gut zu summen, weil es sich richtig anfühlt. higend wirkt und positive Gefühle auslöst. Nicht weil ich darüber nachdenke, sondern weil es in mir ist und meinen Tag Das beim Summen oder Tönen notwendi- ge tiefe Atmen in den Bauch beruhigt die neben vielem anderen schöner macht. Herzfrequenz und Atemfolge, Verspannun- Und was gibt es Besseres, als beispielsweise „Don’t stop me now“ von Queen im gen lösen sich und die Sauerstoffsättigung nimmt zu. Wer seine Stimmbänder aktiv in Ohr zu haben? Mmm … „I’m gonna have myself a real good time“ … mmm … Schwingung versetzt, wird davon insgesamt „so don’t stop me now … ‚cause I’m having a good time“ … mmm in seinem körperlich-seelischen Sein wieder „beschwingt“, da sich alle Resonanzräume Und so summe ich einfach und freue mich, dass das Summen nun auch das des Körpers mit Klang füllen und sich – wissenschaftliche Nachdenken bereichert... trotz körperlichem Abstand – mit den Kör- pern der Menschen im Raum verbinden. Körper, Geist und Seele finden wieder in Viel Spaß beim Ausprobieren! Balance. (vgl. Croos-Müller, 2017/Willms- Beyard/Bitz-Volkmer, 2018) Literatur – Croos-Müller, Claudia (2017): Alles gut. Das kleine Überlebensbuch: Soforthilfe bei Belastung, Trauma & Co. München: Kösel-Verlag. – Hammer, Cornelia (2019): Im Körper zu Hause sein. Mit Zapchen Somatics zu Leichtigkeit und Wohlbefinden. Heidelberg: Carl-Auer-Verlag. – Komarek, Iris (2013): Ich lern einfach! Das NLP-Programm für effektive Lerntechniken. München: Südwest-Verlag. – Schubert, Christian (2018): Psychoneuroimmunologie und Psychotherapie. Stuttgart: Schattauer-Verlag. – Schubert, Christian (2019): Was uns krank macht, was uns heilt. Aufbruch in eine neue Medizin. Das Zusammenspiel von Körper, Geist und Seele besser verstehen. Mattighofen: Korrektur-Verlag. – Storch, Maja u.a. (2017): Embodiment. Die Wechselwirkung von Körper und Psyche verstehen und nutzen. 3., unveränderte Auflage. Bern: Hogrefe-Verlag – Willms-Beyard, Hildegard/Bitz-Volkmer, Doro (2018): „Die Magie der Musik“. In: Natur & Heilen. 12/2018, 23ff.
Seite 12 — Fachschule: Rückblick 2020 Rundbrief 2021 Digitalisierungsprozess in der Fachschule Text: Dr. Cornelia Becker I n der staatlich anerkannten Ausbildung Die Frage nach unserem Zukunftsbild – Verwaltungsebene, Organisation und Da- zur Erzieherin und zum Erzieher geht haben wir im Schuljahr 2020/21 neu in den tensicherheit es um Bildung – um fachliche Bildung, Blick genommen. Sowohl in der Kollegiums- – Institutionalisierte Vernetzung, didak- aber auch um Menschen- und Herzensbil- konferenz am 13.01.2020 als auch an zwei tische Planung, Austausch mit anderen dung. Die Erstellung eines Medienentwick- pädagogischen Tagen im April und Juli 2020 Schulen lungsplans hat in der ErzieherInnenaus- haben wir zu verschiedenen Aspekten erar- bildung grundsätzlich zwei Sichtweisen im beitet, wie der Traum von Schule in fünf Jah- Am ersten pädagogischen Tag wurden Blick: Wir nutzen Medien in der Ausbildung ren aussieht, was dazu nötig ist und was alle die Themen diskutiert. Im Ergebnis sollten und wir thematisieren die Nutzung von Me- dazu beitragen werden. Folgende Themen- im Laufe des Prozesses beachtet werden: dien, denn Medienpädagogik ist Teil des bereiche zur Vorbereitung für die Arbeits- Didaktik, Work-Life-Balance, Nachhaltig- staatlichen Curriculums. Erzieherinnen und gruppen wurden in der Digitalisierungs-AG keit, Pädagogische Praxis, Handwerkszeug, Erzieher sind für die Bildung und Erziehung festgelegt: Vernetzung, Digitalisierung, Qualität, Kom- von Kindern und Jugendlichen spezialisiert, – Blick auf das Kind, Anforderungen an pä- munikation, Zeitressourcen, Chancenge- dabei gehört auch die Begleitung in der Me- dagogische Praxis in der Zukunft rechtigkeit, Qualifikation, Methodik, Orga- diennutzung mit Aufklärung und Präven- – Blick auf Gesundheit, Balance, Erholung, nisation. tion dazu. Die direkte zwischenmenschliche Vermeidung von Medienverwahrlosung Kommunikation gilt dabei als Grundlage pä- – Differenzierung, Lernpsychologie, Lern- Die Zukunftsvision der Schule stellt indi- dagogischen Handelns. Dies wird unter an- unterstützung auf verschiedenen Kanälen vidualisiertes Lernen als zukunftsorientier- derem dadurch vermittelt, dass Studierende (eventuell räumliche Gestaltung mitden- tes Lernen, freiere Arbeitsbedingungen und an unserer Schule dies auch konkret erfahren ken) vielfältigere Möglichkeiten in den Vorder- und erleben und damit im Sinne des doppel- – Zukunftsfähigkeit des Standorts Schule, grund. Dazu muss die technische Ausstat- ten Bezugs auch in ihre eigene pädagogische Attraktivität des Unterrichts, Werbung, tung der Lehrkräfte, der Schule und der Ler- Handlungskompetenz aufnehmen können. Ökobilanz nenden stimmig sein. Allerdings bietet die digitalisierte Schule auch die Kompensation einer gewissen Einseitigkeit von medial ver- mitteltem Lernen. Zudem ist im Rahmen der Ausbildung der zukünftig in der Bildung von Kindern Tätigen der Kompetenzerwerb für die pädagogische Praxis unabdingbar. Wie in vielen anderen Dingen hat Corona auch die Digitalisierung beeinflusst. Plötz- lich mussten wir reagieren, die Planungszeit war nicht mehr vorhanden und so ging es schnell zur Sache –für Lehrerende ebenso wie für Lernende. In einer Auswertung der Zwangsdigi- talisierung während der coronabedingten Schulschließung wurden über die Klassen- leitungen mit der Schülerschaft die Vorzüge
Rundbrief 2021 Fachschule: Rückblick 2020 — Seite 13 der Digitalisierung erhoben und gesammelt. ten und in der Gruppe zur Verfügung stel- Problematische Stellen wurden thematisiert len können. und analysiert. – Wir sind auf dem Weg zur papierarmen Als positive Erfahrungen wurden folgende Schule und träumen von einer attraktiven Aspekte wahrgenommen: Lernumgebung, die individuelle Lernpfa- – Lernfeldübergreifende Aufgaben können de erlaubt, Inhalte über eine Wissensda- attraktiv gestaltet werden. tenbank verknüpft, spielerische Elemente – Andere Zeitfenster erlauben mehr Diffe- enthält, schnelle Feedbackmöglichkeiten renzierung. bietet … – Übungen mit viel Zeit, Erfahrungslernen – Unser WLAN ist für alle im Schulgebäude und das Lernen im eigenen Tempo sind frei zugänglich und so ausgestattet, dass es möglich. auch einem größeren Ansturm gewachsen ist. Die Studierenden haben nachdrücklich – Dozentinnen und Dozenten begleiten den betont, dass ihnen Struktur und Klarheit in Lernprozess der Studierenden auch auf der Zeiteinteilung sehr wichtig sind, sie aber einer digitalen Lernplattform und geben auch die freiere Zeiteinteilung schätzen. Da- regelmäßig Feedback. her wurden für die weitere Planung nachste- – Wir legen weiterhin Wert auf eine gute fügen über geeignete Endgeräte mit einer hende Ziele formuliert: Kommunikation miteinander: am liebs- einheitlichen Lernplattform. – Koordinierte Selbstlernphasen ten in Präsenzform, aber auch per Live- – Wir haben Freude am Lernen und unter- – Stärkung der Selbstverantwortung Übertragung. Kommunikation ist der stützen uns gegenseitig – digital und im Schlüssel für alle Bildungs- und Betreu- Präsenzunterricht, bei Rechercheaufgaben Für das Lernen an unserer Fachschule hal- ungsprozesse und wird während der Aus- und Präsentationen, beim Austausch zu ten wir die folgenden Ziele fest: bildung intensiv geübt, reflektiert und klassischen Methoden und Online-Tools. – Für Kollegium und Schülerschaft ist es weiterentwickelt. selbstverständlich, neue Methoden und – Unsere Klassenzimmer sind mit gut funk- Vieles davon wurde bereits umgesetzt, dies Online-Tools auszuprobieren. Alle werden tionierenden und einfach zu bedienenden verdanken wir tatsächlich der Corona-Pan- mitgenommen. Für anwendungsbezogene Geräten ausgestattet, so dass Aufzeich- demie. Wir danken unserem Träger, dem und technische Fragen gibt es feste An- nungen, Übertragungen oder wechselnde Verein evangelischer Ausbildungsstätten, sprechpartner. Präsentationen jederzeit möglich und in für die schnelle Ermöglichung. Mittlerweile – Studierende erhalten kostenlos Zugriff auf allen Schulräumen auf dieselbe Weise ab- sind wir gut gerüstet und sehen den weiteren Office-Programme und Lernsoftware, so rufbar sind. Schritten der Digitalisierung mit mehr Ge- dass sie gemeinsam Präsentation erarbei- – Alle Lehrkräfte und alle Studierende ver- lassenheit entgegen.
Seite 14 — Fachschule: Schulleben Rundbrief 2021 Black Lives Matter – zweisprachig gegen Rassismus Text: Katja Bauer, Joanne Boeck May 25, 2020 – a devastating day of the year on which a black American, George Floyd, had to lose his life. It was not only the death of a young man; it was the trigger of many protests in the USA and worldwide demonstrations against racism. This tragic incident, a result of the crucial issue of racism, initiated once again, student and staff recognition of the importance of maintaining serious and necessary reflection and in-depth looks into the burning topic of racism. Concerns about paying constant and conscious attention to this matter must not go astray or be lost from sight, especially during the Child and Youth Care Training. Therefore, an anonymous questionnaire was con- ducted with students from various classes in which information was gathered to provide the reader with some insight into this topic. Die Umfrage von sechsundsiebzig Stu- sind sowie Beleidigungen in sozialen Medien konnten Äußerungen wie „Der ist schwarz, dierenden beleuchtet, wie einige selbst Ras- wurden genannt. Knapp ein Fünftel der Be- mit dem will ich nicht spielen“ wahrgenom- sismus erlebt haben, ob sie diskriminieren- fragten beklagte einen abwertenden Tonfall men werden. Auch von Fachkräften wurden de Äußerungen von Kindern, Eltern oder oder Äußerungen aufgrund ihrer Sprache, Aussagen bemerkt, z.B. „Das muss die Mut- pädagogischen Fachkräften wahrnehmen z.B. „Du sprichst so komisch.“ oder „Sprichst ter von … nicht wissen, das versteht sie ja eh konnten und welche konkreten und konst- du überhaupt Deutsch?“ Ihr Aussehen wur- nicht.“ oder „Die Ausländer!“ bzw. „Ist ja ruktiven Maßnahmen in der pädagogischen de mit unschönen Betitelungen wie „Schlitz- klar, dass die es nicht hinbekommen.“ Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sie auge“, „Neger-Bimbo“, „Angebrannter“ oder vorgeschlagen würden. Mehrfachnennun- „Mohrenkopf “ bezeichnet. Die Studieren- Es ist erfreulich, dass die Zahl der konkre- gen waren möglich. Die Säulendiagramme den berichten von Äußerungen, dass Men- ten Maßnahmen in der pädagogischen Ar- zeigen Rassismuserfahrungen der Befragten schen einer anderen Hautfarbe zurück in ihr beit mit Kindern und Jugendlichen von den gegenüber ihrer Person (Diagramm 1) und Land gehen sollen oder davon, dass Kunden Befragten sehr hoch ist. Die Präventions- während des Praktikums (Diagramm 2). im Geschäft nicht von dunkelhäutigen An- arbeit gegen Rassismus liegt den Befragten Über die Hälfte der Studierenden geben gestellten bedient werden wollten. Deutsche sehr am Herzen. Dazu schlagen sie vor: an, dass sie selbst keinen Rassismus erlebt Studierende wurden im Ausland mit einem – mit Kindern über Rassismus sprechen oder im Praktikum wahrgenommen haben. Hitlergruß begrüßt oder wurden in Süd- – Kindern erklären, dass die Weltgemein- Ausgrenzungen und Bemerkungen aufgrund amerika Gringo genannt. Das Diagramm schaft bunt ist der Herkunft haben über ein Viertel der Be- 2 zeigt die Ergebnisse zu Erfahrungen mit – Bücher unterschiedlicher Kulturen, Reli- fragten erlebt. Aussagen wie „Klar, dass das Rassismus im Praktikum in Kindertages- gionen, Sprachen vorlesen Flüchtlinge waren.“, „Er ist Türke, klar macht und Jugendeinrichtungen, die sich auf die – vermitteln, dass Vielfalt Normalität ist er sowas.“ oder Kommentare, dass Aus- Personengruppen Kinder, Eltern, pädagogi- – Respekt und Höflichkeit vorleben länder nicht arbeiten wollen oder kriminell sche Fachkräfte beziehen. Schon bei Kindern – Team-Aktionen mit Kollegen durchführen Diagramm 2: Rassismuserfahrungen im Praktikum Dafür ist das „interkulturelle Lernen“ ein Diagramm 1: Rassismuserfahrungen gegenüber ihrer Person (Mehrfachnennungen) (Mehrfachnennungen) wichtiger Bestandteil der Ausbildung zum/ zur Erzieher*in. Um die Studierenden zu 60 80 50 70 ermutigen, gegen Rassismus einzutreten, 60 40 50 gibt es durch die gesamte Ausbildung hin- 30 40 durch ein umfassendes Programm, in dem 20 30 20 sie Hintergründe und Auswirkungen von 10 10 0 0 Rassismus besser verstehen lernen und auch Aussehen Herkunft Sprache Sonstiges Nein Kinder Eltern Päd. Fachkräfte Keine motiviert werden, das Denken dahinter in
Rundbrief 2021 Fachschule: Schulleben — Seite 15 Schulen und in Tageseinrichtungen für Kin- Rollen nacherzählen. der und Jugendliche nicht hinzunehmen. Der Auftrag, das Mär- Eine fachliche Grundlage formuliert das chen danach selbst in kompetenzorientierte Qualifikationsprofil kleinen Gruppen auf für die Ausbildung von Erzieherinnen und Englisch zu erzählen, Erziehern, indem als Kompetenz von einer ermöglicht die eige- qualifizierten pädagogischen Fachkraft er- ne Erfahrung, sich in wartet wird, dass sie „Vielfalt, Individualität einer Fremdsprache und Verschiedenheit als Bereicherung und zu artikulieren. In der Normalität“ versteht (Kultusministerkon- gemeinsamen Refle- ferenz 2011). Sie hat die „Bereitschaft zur xion geht es darum, die Situation von Men- unserer Gäste, schwäbischem Blooz und Tee Überprüfung eigener Werte, Normen und schen, die mehr oder weniger geübt in einer aus dem Samowar der Fachschule. Stereotype auf der Grundlage einer stetigen Fremdsprache kommunizieren müssen, Reflexion und Auseinandersetzung mit den nachzuempfinden. Am Tag der Tag der offenen Tür ist es eigenen kulturellen und religiösen Prägun- mittlerweile schon fast Tradition, dass die gen.“1 Im Unterkurs findet an zwei Schwerpunkt- Studierenden einen Raum mit einer gemüt- Auch der Orientierungsplan von Baden- tagen eine intensive Auseinandersetzung mit lichen „interkultureller Sitzecke“ zur Begeg- Württemberg formuliert den Auftrag, das Migration statt. Am ersten Tag besuchen nung, zum Austausch und mit kulturell viel- Hineinwachsen von Kindern in heterogene die Studierenden das Haus der Geschichte fältigen Leckereien gestalten. Die beteiligten kulturelle Kontexte pädagogisch zu unter- in Stuttgart und nehmen an einer Führung Studierenden bringen wechselnde Themen stützen. „Vielfalt und Verschiedenheit von zur Migrationsgeschichte in Baden-Würt- ein, z.B. wurde das Bilderbuch „Die kleine Kindern werden als Herausforderung und temberg teil. Am Ende der Führung be- Raupe Nimmersatt“ auf Russisch vorgelesen, Chance für gemeinsames Spielen und Ler- schäftigen sich die Studierenden mit indi- mehrsprachige und vorurteilsbewusste Bil- nen wahrgenommen. Ein entsprechendes viduellen Schicksalen von Personen, die aus derbücher ausgestellt und eine Befragung pädagogisches Handeln erfordert auch die Baden-Württemberg emigriert oder nach zu Migration durchgeführt. Ein wichtiger Auseinandersetzung mit den eigenen Sicht- Baden-Württemberg immigriert sind. In be- Bestandteil ist auch die Ausstellung „Weltre- weisen, Einstellungen, Vorurteilen, Ängsten gehbaren Reisekoffern können sie anhand ligionen-Weltfrieden-Weltethos“, die durch und Rahmenbedingungen.“2 echter Exponate und persönlicher Berichte die Darstellung der Weltreligionen trotz ih- Welche Erfahrungen und Methoden zur die Begleitumstände, die mit der jeweiligen rer Verschiedenheit die gemeinsamen Werte Reflexion und Begleitung von Vielfalt geben Migration verbunden sind, nachvollziehen. und ethischen Maßstäbe veranschaulicht. wir den Studierenden im Laufe ihrer Ausbil- dung an die Hand? Über den Lehrplan hin- Am zweiten Tag laden wir zum „Tag der Die mittlerweile oft heterogene Zusam- aus ist das „interkulturelle Lernen“ schon seit Begegnung“ Menschen mit Migrationshin- mensetzung der Schüler*innenschaft selbst vielen Jahren ein Schwerpunkt an der Fach- tergrund zu uns an die Fachschule ein, die bietet in der Schul- und Klassengemein- schule. In mehreren Stufen und mit beson- in kleinen Gruppen über ihre Migrations- schaft die Möglichkeit von Erfahrungen ver- deren Lernformen wird die Auseinander- geschichte erzählen und im Gespräch für schiedener Lebenssituationen und Werte. setzung mit Themen heterogener kultureller die Fragen der Studierenden offen sind. Da- Hierzu bietet das Leitbild unserer Schule Kontexte ermöglicht. nach haben die Studierenden den Auftrag, eine Grundlage. „Jeder Mensch hat als Ge- Wir starten im Berufskolleg lernfeld- in kreativen Formen darzustellen, was sie schöpf Gottes einen unverwechselbaren übergreifend mit einer Schulgemeinschaft von diesem Austausch aufgenommen haben. Wert. Für unser Schulleben ist uns lebendige zu den Themen „Erlernen von Deutsch als Dies bewirkt oft ein intensives Hineinver- Vielfalt und ein gutes Miteinander von Leh- Fremdsprache und Kommunikation in einer setzen in die Lebensgeschichte der anderen renden und Lernenden wichtig. Offenheit Fremdsprache“. Die Studierenden sehen Menschen. Abschluss und Highlight dieser und Vertrauen bestimmen das gemeinsame einen Dokumentarfilm, in dem Teilnehmen- Begegnungen ist ein gemeinsames „inter- Leben und Lernen, das in einer persönlichen de eines Sprachkurses das deutsche Mär- kulturelles Buffet“ mit vielen Köstlichkeiten Atmosphäre von gegenseitiger Akzeptanz chen „Der Hase und der Igel“ in verteilten aus den unterschiedlichen Herkunftsländern und Wertschätzung zum Ausdruck kommt.“ 1 Kultusministerkonferenz (2011). Kompetenzorientiertes Qualifikationsprofil für die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern an Fachschulen/Fachakademien. S. 13. Abgerufen am 28.10.2020 von https://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2011/2011_12_01-ErzieherInnen-QualiProfil.pdf 2 Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden Württemberg (Hg.) (2014). Orientierungsplan für Bildung und Erziehung in baden-württembergischen Kindergärten und weiteren Kindertageseinrichtungen. Verlag Herder. Freiburg i.B., S. 52. 3 Leitbild der Evangelischen Fachschule Schwäbisch Hall (2018)
Seite 16 — Fachschule: Schulleben Rundbrief 2021 Blue Eyed Text: Jasmin Laritz N ach der Tötung des Afroameri- kaners George Floyd durch einen Polizisten kam es ab dem 26. Mai 2020 vielerorts zu ausgedehnten Demon-stra- tionen gegen Polizeigewalt und Rassismus. Die „Black Lives Matter“-Bewegung stand im Mittelpunkt der Berichterstattung und hat auch Lehrkräfte sowie Studierende an der Fachschule beschäftigt. Zur Auseinanderset- zung mit dem Thema bot sich der Film „Blue Eyed“ (= Blauäugig) an. Dieser wurde in den Klassengruppen gezeigt und sollte zum Nach- denken und zum Austausch anregen. Der mit 16 internationalen Preisen ausge- zeichnete Dokumentarfilm greift das Thema Rassismus hautnah auf. Er zeigt, wie Jane Elliott die Menschen in ihren Workshops nach willkürlichen körperlichen Merkmalen einteilt: „in BLAUÄUGIGE und BRAUNÄU- GIGE. Letztere erklärt sie für besser und in- telligenter und stattet sie mit Privilegien aus, die sie den Blauäugigen, die sie als schlecht, minderwertig und dümmer abqualifiziert, nicht gewährt.“ Der Film berührt, denn er zeigt die Will- kür solcher Stigmatisierungen. Zudem be- leuchtet er, dass selbst diejenigen, die in die Spielregeln eingeweiht sind, sich dem Mechanismus nicht entziehen können. Die Studierenden der Haller Fachschule waren nach der Filmvorführung aufgefordert, ihre Eindrücke in Form eines Briefes festzuhal- ten. Eine Auswahl haben wir hier zusam- mengestellt.
Rundbrief 2021 Fachschule: Schulleben — Seite 17 Wie kann man da wegschauen? Safer Internet Day am 11. Februar 2020 Text: Heidi Silbermann, Emily Güntsch I n der Evangelischen Fachschule für So- mit dem Publikum zialpädagogik Schwäbisch Hall gab es das Geschehen zu re- für die beiden Klassen des Berufskol- flektieren. legs am Safer Internet Day einen Thementag rund um Mobbing und Gewaltprävention. E. Güntsch: Ich habe Den Schwerpunkt des Vormittags bildete das selbst Mobbing mitbe- Theaterstück „Am Limit!“, gespielt von der kommen. Eine Frage Theatergruppe Q-rage aus Ludwigsburg. habe ich mir beim Zu- Bei diesem interaktiven Jugendtheater- schauen immer wieder stück geht es um Mobbing – Gewalterfah- gestellt: „Wie kann rung – Zivilcourage. Es ist in Kooperation man da wegschauen mit dem Verein „Ein Stern für Lena *Gegen und nicht helfen?“ Ich Gewalt! e.V.“ entstanden. hätte in dieser Situati- on so wie Julia gehan- E. Güntsch: Das Internet ist ein wichtiger Teil delt. Ich kann da nicht im Alltag von Jugendlichen. Ich fand das The- einfach weiterlaufen. ma persönlich sehr ansprechend und bin offen Obwohl ich ein eher in diese Veranstaltung gegangen. Das Thea- schüchternes Mäd- terstück hat sich mit dem Thema Mobbing chen bin, kann ich so gut auseinandergesetzt. Es war ansprechend, eine Ungerechtigkeit weil die Schauspieler immer wieder ein kleines nicht mit ansehen. Im Brainstorming gemacht haben, sie haben uns Theaterstück war Max z.B. gefragt, ob jemand schon Gewalt erlebt die andere Hauptrol- oder Mobbing mitbekommen hat. le. Er hat mit seinem Verhalten die Freund- Kurze Stückbeschreibung: schaft mit Julia aufs Julia und Max gehen in die gleiche Klasse, Spiel gesetzt. sind beste Freunde. Als eine neue Mitschü- lerin in der Klasse von Andi gemobbt wird, Nach dem intensi- kann Julia nicht mehr mitansehen, dass kei- ven Theaterstück kam ner etwas tut und wird aktiv. Ihr Freund Max eine noch intensivere nimmt die Beobachterrolle ein und will sich Gesprächsrunde in nicht einmischen. Es kommt zur Eskalation. Gruppen, bei der wir Max muss sich entscheiden … noch mehr auf das Thema Mobbing einge- digen. Diese Gruppenarbeit hat mir gezeigt, Das Interaktive: Die Bühnenhandlung gangen sind. Wir haben Übungen gemacht, wie andere reagieren und welche Ansichten sie wird an zentralen Stellen unterbrochen, um sollten uns gegenseitig anschreien oder belei- haben.
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