Salzkammergut 2030 - Mit Unterstützung von Bund, Land und Europäischer Union
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Entstehungsgeschichte | Entdecken regionaler Perspektiven | Was ist Kultur? | Wohin wir wollen | Kulturentwicklung im Salzkammergut | Nächste Schritte kulturvision salzkammergut 2030 Mit Unterstützung von Bund, Land und Europäischer Union
kulturvision salzkammergut 2030 1. Einleitung Entstehungsgeschichte 02 2. Salzkammergut 2020 Wo wir stehen 18 3. Prozess Entdecken regionaler Perspektiven 22 4. Kulturvision 2030 Was ist Kultur? 28 5. Mission | Vision Wohin wir wollen 30 6. Strategie 2030 Orte, Menschen, Programm 34 7. Themenfelder Kulturentwicklung im Salzkammergut 46 8. Ausblick Nächste Schritte 66 9. Danke 68 Impressum 70 1
Entstehungsgeschichte HTBLA Hallstatt © Gerhard Mair Einleitung Die Umsetzung einer Kulturvision stellt ein Novum für die Region Salzkammergut dar. Bisher gab es zwar bereits vereinzelt Strategiepläne und Leitbilder, jedoch keine über- greifend koordinierte, regionale Strategie, die über Gemeindegrenzen hinweg Maß- nahmen zur Förderung von Kultur zusammenführte. LEADER ist ein EU-Förderprogramm und steht als Zu Beginn dieser Initiative bestanden in nehmen, soll die vorliegende Kulturvision Abkürzung für: Liason entre Actions de Develop- pement de l´Economie Rurale und bedeutet „Ver- manchen Gemeinden bereits Kulturleitbil- füllen. bindungen zwischen Aktionen zur Entwicklung der der. Zum Teil waren sie allerdings schon ländlichen Wirtschaft”. in die Jahre gekommen und hatten etwas Anstelle vieler einzelner Entwicklungs- LEADER ist eine Gemeinschaftsinitiative der Euro- pläne für jede einzelne Gemeinde ha- päischen Union, kofinanziert durch EU, Bund und Länder. LEADER fördert innovative Strategien, die ben sich die initiierenden Kräfte – die den ländlichen Raum in seiner Entwicklung unter- Die Inhalte wurden in einem drei LEADER Regionen Inneres Salz- stützen und fördern. konsequenten Bottom-Up kammergut (REGIS), Traunsteinregion Es unterstützt regionale AkteurInnen und Or- Prozess in den Jahren 2018 und (Ennstal-)Ausseerland sowie die ganisationen bei der Umsetzung der Lokalen Stadtgemeinde Bad Ischl – dazu ent- Entwicklungsstrategie (LES) durch das „Bot- und 2019 erarbeitet. tom-up-Prinzip“. In LEADER sollen vor allem Pro- schlossen, eine gemeinsame regionale jekte gefördert werden, die von der Bevölkerung kommen und damit ihrem Bedarf und ihren Be- Kulturentwicklungsstrategie auf den dürfnissen entsprechen. Staub angesetzt. Diese Lücke von aktu- Weg zu bringen. Damit wurden be- Um ein Projekt als LEADER-Projekt bezeichnen zu ellen Konzepten, die über den eigenen reits länger existierende Bemühungen können, sollte es bestimmte (einzelne oder auch mehrere) Kriterien erfüllen. (Gemeinde-) Kirchturm hinausblicken und für ein regionales Kulturleitbild (siehe Quelle: https://www.regis.or.at/leader/ Kultur im weitesten Sinne in den Fokus Kulturarbeit entwickelt Regionen von 2
Julia Müllegger S. 4) aufgegriffen und wei- und wuchs mit der Überzeugung, dass die tergetragen. Gemeinden gemeinsam mehr und Grö- ßeres bewirken können als allein – nicht Zum Zeitpunkt dieser Bemühungen war zuletzt auch deshalb, da viele Gemeinden bereits bekannt, dass es im Jahr 2024, mit ähnlichen Problemen und Herausfor- nach Graz 2003 und Linz 2009 wieder eine derungen konfrontiert sind. österreichische Kulturhauptstadt Europas (Stadt oder Region) geben wird. Studie- Die Stärke des ländlichen Raumes lag rende der TU Wien haben sich im Rah- schon immer in der Zusammenarbeit und men der Plattform ‘Kulturhauptstadt2024’, Solidarität der in ihm lebenden Menschen. initiiert und geleitet von Elisabeth Leitner, Und so liegt auch die Zukunft des Salz- österreichweit nach potentiellen Bewer- kammerguts in der Zusammenarbeit und berstädten umgesehen. Sie erkannten Vernetzung von Menschen, Initiativen und die Potenziale Bad Ischls und des Salz- Orten. Damit wollen wir als Beispiel für an- kammerguts und gaben den Anstoß für dere europäische Regionen vorangehen. den Bewerbungsprozess. Die regionalen Entscheidungsträger*innen (s.o.) ermög- Der Titel der Kulturhauptstadt Europas lichten anschließend einen Prozess, in 2024 kann für viele notwendige Entwick- dem die Bewerbung zur Kulturhauptstadt lungen als Motor dienen. Zugleich ist es Europas 2024 und die Erarbeitung der notwendig, das Kulturhauptstadt-Projekt langfristigen Kulturvision inhaltlich wie or- in einer Kulturvision - und damit einer ganisatorisch eng abgestimmt waren. Langzeitstrategie - zu verankern, um erst einen nachhaltigen Mehrwert für die Re- Zum allerersten Mal wurde im Rahmen gion schaffen zu können. Deshalb waren dieses LEADER-Projekts eine regionale langfristig konzipierte Strukturen, Maß- Perspektive von und für 23 Gemeinden nahmen und Partnerschaften wesentlicher in drei Bundesländern erarbeitet. Damit Bestandteil des Bewerbungskonzepts wurde die überkommunale Kooperation und sind nun Gegenstand der Umsetzung auf ein bisher nie dagewesenes Level ge- Salzkammergut 2024 - Kulturhauptstadt Arthof St. Konrad © Gerhard Mair hoben. Die Zusammenarbeit entstand aus Europas. 3
JULIA MÜLLEGGER Kulturarbeit entwickelt Regionen Der Kulturentwicklungsplan (KEP) Salz- stößt Entwicklungsprozesse an, die durch kammergut sollte - in seiner ursprünglichen Beteiligung entstehen. Die Kräfte dieser Idee von Klaus Wallinger im Jahr 2014, Prozesse strahlen in die Gesellschaft hi- angelehnt an den Kulturleitbildprozess nein und führen zu nachhaltigem Wandel. des Landes OÖ und den KEP Linz Ende Initiative Kulturarbeit hat nachweisbar der 2010er Jahre - ein strukturierter inhalt- positive Effekte für dezentrale Gebiete. licher, wie organisatorischer Diskussions- Insbesondere für solche, die besonders prozess in der Region sein. Ziel war es, stark von Zersiedelung, Abwanderung, In- der identitäts- und sinnstiftenden Funktion dividualisierung, Vergreisung, Verarmung von Kunst und Kultur einen neuen Input zu oder aber auch von touristischer Verein- geben, konkrete Handlungsfelder zu er- nahmung betroffen sind. Kulturarbeit kann öffnen und auch die basalen Forderungen solchen Entwicklungen die Stirn bieten! Julia Müllegger ist gelernte Theaterwissenschafte- zu unterstreichen: öffentlicher Zugang zu rin und war von 2012 bis 2017 Vorstandsmitglied der KUPF OÖ, 2014 – 2018 im Projektauswahlgremium regionalen Entwicklungsprojekten, öffent- Regionalentwicklung ist dabei eine der REGIS und Ersatzmitglied im Landeskulturbei- liche Verfahrensstandards und Finanzsi- Chance für Kulturinitiativen mit großen rat für initiative Kulturarbeit. Als aktive Kulturarbei- terin im Kulturverein Kino Ebensee und als Vor- cherheit für Projektträger*innen. Wirkungskräften Partizipation und Nach- standsmitglied im Freien Radio Salzkammergut gilt haltigkeit in ihre jeweilige Region zu ihr Interesse speziell der Kultur- und Medienpolitik und der Regionalentwicklung. Foto: © erlas Im Salzkammergut war und ist das Ziel des tragen und neue Stellenwerte in den Kom- lokalen, zivilgesellschaftlichen Engage- munen zu beanspruchen. Die Interessen- ments im initiativen Kunst- und Kulturbe- vertretung Kulturplattform Oberösterreich reich, ein Kulturverständnis zu etablieren, (KUPF) arbeitete in den Jahren 2012/2013 das anstelle kapitalorientierter Marktvor- sehr intensiv an der Öffnung von Struktur- teile einen „Möglichkeitsraum“ im Sinne und Regionalentwicklungsfonds für ini- regionaler kultureller Vielfalt gewähr- tiative Kulturarbeit und verhalf damit auch leistet. Denn Kulturarbeit kann und soll dem KEP Salzkammergut Wurzeln zu jenseits von Verwertungslogik und Orts- schlagen. Intention der Bemühungen war verschönerung operieren. Ökonomische nicht nur eine nachhaltige Erweiterung Aufwertung oder Rentabilität ist zwar nicht bestehender Kulturförderungen, sondern per se ausgeschlossen, aber keinesfalls vielmehr eine inhaltliche Bereicherung maßgeblich. Vielmehr geht es um gesell- regionaler Prozesse durch freie Kultur- schaftliche Mehrwerte, welche vor allem arbeiter*innen. Die KUPF verfolgte das durch die Arbeit von Kulturinitiativen und Ziel, LEADER als positive Systemstörung Kulturschaffenden in den Fokus gerückt auf kommunaler Ebene zu nutzen und für werden und damit die ländliche Entwick- Kulturinitiativen zugänglicher zu machen. lung bereichern – und das seit vielen Jah- Das schließt vor allem das Einmischen auf ren. Kultur muss als spezifische Form der sämtlichen LEADER Ebenen und die Posi- Sinnstiftung und der Selbstartikulation von tionierung der Kulturarbeit als Schnittstelle Bürger*innen erkannt werden. Kulturarbeit für Akteur*innen vor Ort mit ein. LEADER 4
wurde als zentraler Vernetzungspunkt von unmittelbarem Profit. Die Vision gesehen, weil gemeindeübergreifend in eines KEP Salzkammergut als fruchtbarer Form von lokalen Aktionsgruppen und ge- Diskursraum, stellte eine Antwort auf diese meinsam mit der Bevölkerung langfristige tiefgreifenden Einschnitte dar. Ziele für eine Region ausgearbeitet wer- den müssen. Grundsätzlich bedeutet dies Gemeinsam mit engagierten Personen eine gute Voraussetzung, Kultur(arbeit) vor Ort und gezielten Informationen für ins Spiel zu bringen. Insbesondere auch, LEADER Manager*innen über freie, zeit- weil „Kultur“ in OÖ ein eigener LEADER genössische Kunst- und Kulturarbeit Förderbereich ist und über diesen Weg wurde versucht, LEADER für kultur- und größere Projekte und Investitionen in den zivilgesellschaftliche Initiativen zugäng- Regionen gefördert werden können. licher zu machen und die Aktionsfelder Kunst und Kultur in die LEADER Strate- Die Ausschreibung der EU-Programme gien der Regionen einzubringen. Ergebnis 2014 brachte einen veränderten Sprach- dieser Bemühungen war u.a. im Frühjahr duktus im Sinne einer Neuausrichtung 2014 ein von der REGIS (LEADER Region des Kulturbegriffs mit sich. Dieser zielt auf Inneres Salzkammergut) veranstalteter Marktorientierung und ein instrumentelles „Kultur Workshop“ mit zahlreichen Teil- Kulturverständnis ab. Gleichzeitig ist die nehmer*innen aus dem zeitgenössischen Praxis des europäischen Kulturbetriebs Kunst- und Kulturbereich, dessen Resultat im Wandel begriffen: Gemeinnützige eine richtungsweisende Projekt- und Maß- Kulturarbeit und kreativwirtschaftliche nahmenliste war, auf der sich auch der Selbstständigkeit verquicken sich in der Kulturentwicklungsplan Salzkammergut Arbeitswelt vieler Protagonist*innen. Das befindet. Feld der Kulturarbeit und der Kreativität gilt andererseits zunehmend als zivilge- Der Bewerbungsprozess zur Kultur- sellschaftliches Labor für die Zukunftsfä- hauptstadt Europas 2024 als Zugpferd higkeit unserer Gesellschaften – etwa für und die dadurch erwarteten positiven gemeinschaftlich verwendete Ressourcen, ökonomischen und touristischen Effekte für interdisziplinäre Projekte, für die Ver- ermöglichten letztendlich 2017 in den Ent- netzung von dezentralen und urbanen scheidungsgremien die Umsetzung eines Orten oder schlicht für ein gutes und regionalen KEPs. Der ursprünglichen 1 vgl. Müllegger, Julia; Pilsl, Klemens; Schachin- nachhaltiges Leben vor Ort. Es lässt sich Intention entsprechend, stellt die Kultur- ger, Richard: Kulturarbeit entwickelt Regionen. In: KUPFzeitung 150/2014, S. 10f. bei vielen Akteur*innen selbst also eine vision Salzkammergut 2030 für aktive, der Ökonomisierung entgegenstehende idealistische Sinnstifter*innen einen Aus- Kulturpraxis feststellen – diese beinhaltet gangspunkt dar, mit der wünschenswerten eine Sensibilisierung für gesellschaftliche Perspektive auf einen breiten kulturellen Partizipation und Nachhaltigkeit jenseits Möglichkeitsraum zu fairen Bedingungen. 5
NACHRUF KLAUS WALLINGER Abschied von einem bedeutenden Kulturaktivisten Klaus Wallinger verstarb am 29.12.2020 Jahren organisierte. Bis zuletzt galt sein im Alter von 61 Jahren. Mit ihm verliert die Engagement der lokalen und regionalen Region einen leidenschaftlichen Kultur- freien Szene. arbeiter und Aktivisten. Klaus Wallinger war weit über das Salz- Jahrzehntelang hat sich Klaus Wallinger kammergut hinaus bekannt für seinen als überzeugter Sozialdemokrat in sei- kritischen Geist und sein unermüdliches nem Heimatort Ebensee und weit darüber Eintreten für eine offene Gesellschaft, in hinaus für progressive Kulturpolitik einge- der alle Formen von Kulturarbeit Wert- setzt. Nicht selten hat er dabei mit einer schätzung erfahren. So war er es auch, bewundernswerten Beharrlichkeit Mauern der die Idee eines regionalen Kulturent- in den Köpfen der Menschen eingerissen. wicklungsplans für das Salzkammergut Klaus Wallinger war weit über die Grenzen des anstieß und die Bewerbung zur Kultur- Salzkammergutes als umtriebiger Kulturarbeiter bekannt. Er hat das KINO Ebensee mitbegründet Gemeinsam mit seinem Bruder Konrad hauptstadt Europas 2024 von Beginn an und jahrzehntelang geprägt und war Vorsitzender und vielen Mitstreiter*innen hat er das tatkräftig unterstützte. Er sah darin die der KUPF OÖ. Als leidenschaftlicher Musiker war er einer der Macher des legendären Holzstock-Fes- Kino Ebensee seit den 1980er Jahren zu Chance, sich als Region von altbackenen tivals und setzte sich zeitlebens für eine libertäre einer Wirkungsstätte zeitgenössischer Klischeebildern zu befreien und in einem Gesellschaft in Empathie und Solidarität ein, die Platz für kulturelle Entwicklung bietet. Kultur und zur legendären Veranstaltungs- solidarischen Europa neu zu finden, die Foto: © Privat bühne gemacht. Unvergessen bleiben Perspektiven für künftige Generationen seine Auftritte mit der Band GesmbH und bieten kann. Schade, dass er das nun die Holzstockfestivals, die er mit dem nicht mehr erleben darf. Kulturverein Kino Ebensee in den 1990er 6
ROSA WIMMER & BGM. ALEXANDER SCHEUTZ Kultur ist vieles Der Bedarf nach Zusammenarbeit - auch Kulturbegriff, der ein sehr breites Spekt- in den Bereichen Kunst, Kultur & Krea- rum, wie in Kapitel 4 dargelegt, beinhaltet. tivwirtschaft - über die Regionsgrenzen Besonderes Entwicklungspotenzial sehen hinweg, wurde zuletzt immer deutlicher. wir im Zusammenwirken von Kulturarbeit Einen Kulturentwicklungsplan, der sich und Tourismus, aber auch in Richtung über ein so großes Gebiet, wie über die Handwerk, Jugend und Musik. Die kul- drei LEADER-Regionen (Inneres Salz- turelle Vielfalt und das Bestreben nach kammergut, Traunsteinregion und Aus- breiter Zusammenarbeit waren die Haupt- seerland) erstreckt - von Bad Aussee über gründe für die Bewerbung zur Kulturhaupt- Bad Ischl über den Wolfgangsee bis nach stadt Europas 2024. Gmunden - gab es bisher nicht. Im Kulturhauptstadtjahr 2024 wird die Rosa Wimmer ist Geschäftsführerin des Vereins Wir haben in dieser regionalen Koopera- kulturelle Weiterentwicklung des Salz- Regionalentwicklung Inneres Salzkammergut REGIS und als LEADER Managerin der LAG tion eine große Chance gesehen, denn kammerguts sicherlich einen Höhepunkt Kulturerbe Salzkammergut Mitinitiatorin des Kunst, Kultur & Kreativwirtschaft wirken in erreichen. Darauf abgestimmt, bietet der LEADER Projekts der Bewerbung als Europäische Kulturhauptstadt 2024 sowie der Erarbeitung eines ihren verschiedenen Erscheinungsformen Kulturentwicklungsplan gute Leitlinien, Kulturentwicklungsplans bis 2030 als verbindende Elemente. sodass der gemeinsame Weg bis 2030 Foto: © Privat und darüber hinaus erfolgreich und nach- Durch eine neue Verknüpfung von Moder- haltig weiter gestaltet werden kann. All nem und Traditionellem soll in der Region diese Schritte stärken die Entwicklung des eine positive Entwicklung initiiert werden. ländlichen Raums, wofür wir uns in der LEADER Regionalentwicklung besonders Im Inneren Salzkammergut mit Bad Ischl einsetzen. im Zentrum vertreten wir einen vielfältigen Alexander Scheutz ist Bürgermeister der Gemeinde Hallstatt und Obmann des LEADER-Vereins REGIS. Foto: © Privat 7
AGNES PAUZENBERGER & BGM. GUNTER SCHIMPL Kultur ohne Grenzen Agnes Pauzenberger Vernetzung und Kooperation spielen kunftsfähige Regionalentwicklung können eine wichtige Rolle in der LEADER-Maß- daher vom Motor „Kultur“ ausgehen und nahme des EU-Programms für ländliche bewusst unterstützt werden. In der Kultur- Entwicklung. Nicht ohne Grund sieht man vision Salzkammergut 2030 finden sich die gerade darin für den ländlichen Raum eine Entwicklungsfelder wieder. Es fällt schwer, wesentliche Zukunftschance. Das gelebte sie zu gewichten – sie beeinflussen und „Miteinander“ bekommt immer mehr Ge- bedingen einander. An Tourismus, Land- wicht. Der nun vorliegende Kulturentwick- wirtschaft/Umwelt und Arbeit/Wirtschaft lungsplan erstreckt sich über drei LEADER kommt man nicht vorbei. Doch was wären Agnes Pauzenberger ist Geschäftsführerin der Regionen und zeigt das hohe Potential des diese Bereiche ohne Kunst, Handwerk, LEADER-Region Traunsteinregion. Foto: © Traunsteinregion reichen Kulturlebens im Salzkammergut. Musik, Gastronomie usw.? Es sind unter Kultur spielt in allen Lebensbereichen eine anderem jene Bereiche, die dem Salzkam- Rolle. Maßgebliche Impulse für eine zu- mergut Identität und Strahlkraft geben. Bgm. Gunter Schimpl Kultur ist das Feuer des ländlichen Rau- urbanen Herzschlag. Mit LEADER, dem mes. Inspiriert von der Weite des Rau- europäischen Programm zur Stärkung des mes, seiner natürlichen Grenzen und ländlichen Raumes wird ein wesentlicher des ursprünglichen Charakters findet die Beitrag zur kulturellen Zusammengehö- menschliche Kreativität ihren Zündstoff. rigkeit und für zukunftsweisende Impulse Kultur reißt Zäune nieder und macht gleich- einer Region gesetzt. Kultur ist überall dort, zeitig neugierig auf die eigene Individuali- wo sich Menschen zusammenfinden, sich tät und ihre regionalen und örtlichen Spezi- selbst entdecken, gemeinsame Stärken fika. Kultur ist unfassbar, immer wieder neu fördern und den Moment des Zusammen- und der Motor für das Getriebe, aus dem seins zum Ausdruck bringen. Die indivi- Gunter Schimpl ist Bürgermeister der Gemeinde unsere Gesellschaft Kraft schöpft und von duelle Kultur ist das Feuer des eigenen Vorchdorf und Obmann des LEADER-Vereins Traunsteinregion. Foto: © vorchdorfmedia dem sie angetrieben wird. Kultur sind die Ichs, das andere anfacht. Kultur braucht großen und kleinen Zahnräder, die jedes die kritische Masse um ihre Energie zu für sich individuell und unterschiedlich entfalten. Mit dem Projekt Salzkammergut sind, ineinander greifen und nur mitein- Kulturhauptstadt Europas 2024 schöpft das ander funktionieren. Die ländliche Kultur Salzkammergut aus dem Vollen. Die unter- macht den Unterschied zur Urbanität und schiedlichen Regionalspezifika werden auf bildet gleichzeitig die Brücke zwischen der europäischen Bühne zu einem Mitein- Rückzugsraum und einem modernen ander der kulturellen Identität. 8
BGM. STEFAN KRAPF Kulturentwicklung als Prozess Die Ausrichtung der Kulturhauptstadt Die hervorragende Reputation des Salz- Europas 2024 stellt für das gesamte Salz- kammerguts als die Sinne inspirierende kammergut in verschiedensten Bereichen Gegend wird bis weit über die Grenzen eine Jahrhundertchance dar. Bereits im hinaus Bestätigung erfahren. Zuge des Bewerbungsprozesses wurde eine in hohem Maße positive, fruchtbare Menschen aller Generationen, aber auch und lohnende Entwicklung deutlich. Die so tragende und essenzielle Säulen wie Bundesländer Oberösterreich und Steier- Kultur, Wirtschaft, Tourismus, Mobilität mark sowie alle teilnehmenden Gemein- und Regionalentwicklung werden enorm den dieser einzigartigen Region kamen von diesem nachhaltigen Prozess profitie- einander in der langen gemeinsamen ren und neue, bis dato unbekannte, uner- Historie noch nie so nahe. Stand das Tren- forschte, von Innovation getragene Wege Stefan Krapf ist Bürgermeister der Stadtgemeinde nende oftmals vor dem Einenden, so sind gehen. Gmunden, davor war er Vorsitzender des Sportaus- schusses und AHS-Lehrer in Deutsch und Franzö- nun ein konstruktives Miteinander, der sisch. Foto: © Sadtgemeinde Gmunden überkommunale Fokus auf ein Ziel, sowie Es freut und ehrt mich, dass die Stadt das kollektive Nutzen der Ressourcen und Gmunden ein Mosaikstein dieser Bewe- Potentiale ein wesentlicher Motor. gung sein darf und dadurch einen Beitrag zur Weiterentwicklung des Salzkammer- Durch die Kulturhauptstadt wurde ein Pro- guts leisten kann. Schon jetzt sind bei den zess in Gang gesetzt, von welchem das Menschen eine enge emotionale Bindung Salzkammergut nicht nur im Jahr 2024, und große Euphorie für dieses Großpro- sondern über viele Jahrzehnte erheblich jekt zu spüren. Die Gmundnerinnen und profitieren wird. Die reichhaltige Kultur, Gmundner haben es sprichwörtlich ins das gelebte Brauchtum, die Vielfalt der Herz geschlossen. Landschaft, die Liebenswürdigkeit der hier lebenden Menschen, der Reichtum an Ganz nach dem Motto „Auf zu neuen Traditionen, die interessante Geschichte Ufern“ werden wir am Traunsee die Kultur- in all ihren Facetten, aber auch die Unter- hauptstadt 2024 mit viel Leidenschaft, Es- schiedlichkeit der Städte und Gemeinden prit, Empathie, Engagement und Respekt werden internationales Interesse wecken. beseelen. 9
HANNES HEIDE Kultur denkt neu Warum ich mich mit vielen Mitstreitenden logische Herausforderungen annimmt. für die Bewerbung zur Kulturhauptstadt 2024 eingesetzt habe und nicht locker Der Beschäftigung mit diesen Zielen und gelassen habe, auch als das Projekt ihrer Umsetzung kommt nunmehr ungleich mehrfach vor dem Abbruch hätte stehen Bedeutung zu, weil die Folgen der Coro- können? nakrise die Tourismuswirtschaft sowie die Kultursektoren am stärksten erfasst haben Es war und ist die Überzeugung, die viele und damit das Salzkammergut besonders Menschen im Salzkammergut hatten, mit betreffen. Es sind Tourismus und Kultur, Kultur unsere Region neu zu denken und die die Region stark prägen. dass sie so neu entwickelt werden kann. Alleine der Bewerbungsprozess an sich Dass es einen regionalen Entwicklungs- Hannes Heide ist Abgeordneter des Europaparla- bedeutet(e) eine große Chance für die plan gibt und die Kultur als Katalysator für ments und als ehemaliger Bürgermeister der Stadt- gemeinde Bad Ischl Mitinitiator des LEADER-Pro- regionale Entwicklung - unabhängig von die Verwirklichung eines Leitbilds unserer jekts zur Erarbeitung eines Kulturentwicklungsplans seinem Erfolg. Region wirken kann, ist in dieser Situation sowie der Bewerbung zur Kulturhauptstadt Europas 2024. Foto: © Oskar Neubauer ein Glücksfall. Ebenso die Möglichkeit mit Die Ausschreibung der Europäischen dem Titel einer Europäischen Kulturhaupt- Kulturhauptstadt in Österreich hat die Er- stadt den Folgen der Pandemie entgegen- stellung eines Kulturentwicklungsplanes zutreten. möglich gemacht, den Prozess beschleu- nigt, das Bewusstsein, dass ein solcher Kulturhauptstadt heißt nicht, im Jahr 2024 Sinn macht, geschaffen, die Notwendig- ein Feuerwerk an Veranstaltungen abzu- keit, der Zusammenarbeit aller Sektoren, feuern. Kulturhauptstadt 2024 bedeutet die das Salzkammergut gesellschaftlich viel mehr: Einen langfristigen Entwick- und wirtschaftlich sowie politisch prägen, lungsplan abzuarbeiten und über einen deutlich gemacht und den Menschen, die Zeitraum von zehn Jahren eine Strategie hier leben, die Möglichkeit gegeben, sich umzusetzen. Wir investierten in kulturelle einzubringen. und regionale Infrastruktur, vor allem aber in unsere Köpfe, Wissen und Bewusstsein Ein Kulturentwicklungsplan legt eine Stra- für Wert und Werte des Salzkammergutes. tegie fest. Eine Strategie, die Teil einer erfolgreichen Bewerbung zur Kulturhaupt- Die ersten großen Schritte sind getan. Ich stadt Europas 2024 war. Zum ersten Mal spüre viel - Freude, Emotion, Empathie, ist eine inneralpine Region mit dem Titel Euphorie, Motivation und Bereitschaft zur ausgezeichnet worden, die Herausforde- Tat. Weitere Schritte müssen und werden rungen im ländlichen Raum thematisiert, folgen, wenn es jetzt an die konkrete Um- die Wege für eine nachhaltige Tourismus- setzung geht! wirtschaft aufzeigen möchte und die öko- 10
BGM.IN. INES SCHILLER Kultur vereint Bad Ischl ist bereits vor der erfolgreichen, Die Zusammenarbeit über drei LEADER-Re- oberösterreichischen Landesausstellung gionen hinweg ist ein Signal. Gemeinden aus 2008 daran gegangen, sich über die Bedeu- der Traunsteinregion, aus dem steirischen tung von Kultur Gedanken zu machen und in Salzkammergut und aus dem inneren Salz- einem Kulturleitbild zu formulieren, wohin sich kammergut waren bereit, in einer nie dage- der Ort entwickeln soll. Wenige Jahre später, wesenen Teamarbeit gemeinsame Ziele und zur Landesgartenschau 2015, erarbeitete die Strategien zu entwickeln. Stadt Bad Ischl mit einem Bürgerbeteiligungs- prozess ein Leitbild. Gerade jetzt, wo die Region, die von Kultur und Tourismuswirtschaft geprägt ist, beson- Zahlreiche Ideen und Projekte aus diesen Pro- ders von den Auswirkungen der Corona-Pan- zessen, die vielen engagierten Bad Ischlerin- demie betroffen ist, bieten sowohl die gemein- Ines Schiller ist seit Jänner 2020 im Amt der Bür- nen und Bad Ischlern die Möglichkeit gaben, samen Ziele im Kulturentwicklungsprozess, germeisterin von Bad Ischl. Davor war die bis dahin hauptberufliche Volksschulpädagogin viele Jahre sich einzubringen, konnten erfolgreich umge- als auch die Chancen durch den Titel der als Sozialstadträtin aktiv. Foto: © fotohofer.at setzt werden. Das hat dazu beigetragen, dass Kulturhauptstadt Europas Wege, bestmöglich die Bevölkerung heute eine hohe Lebensqua- auf die Krise zu reagieren und die Region zu lität in Bad Ischl verspürt. Gunsten derjenigen, die hier leben, nachhaltig zu entwickeln. Die Arbeit an den Zielen der Stadtentwicklung, die Landesausstellung, bei der 14 Gemeinden Die Menschen in der Region, die bereits beteiligt waren, ebenso wie die Landesgarten- vor Jahrhunderten die Werte der Solidarität schau 2015 haben aber auch gezeigt, dass der lebten, sind, neben einer unvergleichlichen Blick über die Gemeindegrenzen unerlässlich Kulturlandschaft, prägend für das Salzkam- ist. So ist das Bewusstsein entstanden zusam- mergut. Mit ihnen - über Gemeinde- und menzuarbeiten, Stärken zu erkennen und mit- Ländergrenzen hinweg - wollen wir im Sinne einander eine Strategie erarbeiten zu wollen. eines sich vereinenden Europas unsere Re- gion gestalten. Die Möglichkeit der Bewerbung zur Kultur- hauptstadt Europas 2024 wurde im Salz- Der Kulturentwicklungsplan ist unsere Grund- kammergut als Chance erkannt, einen dyna- lage und Verpflichtung für die Arbeit an unse- mischen Prozess in Gang zu setzen, um das ren Zielen und an unserer Vorstellung von der Gemeinsame in der Region zu erkennen, aber Zukunft für die Menschen im Salzkammergut. auch um die örtlichen Besonderheiten, ja Ein- maliges und Unvergleichliches bewusst zu Der Kulturentwicklungsplan ist unsere Grund- machen. Die Zahl der Gemeinden, die dazu lage und Verpflichtung für die Arbeit an unse- bereit waren und mitmachen wollten, stieg und ren Zielen und an unserer Vorstellung von der der Prozess zur Erarbeitung eines regionalen Zukunft für die Menschen im Salzkammergut. Kulturentwicklungsplanes nahm Fahrt auf. 11
BRIGITTE SCHIERHUBER & BGM. FRANZ STEINEGGER Kultur als gelebte Tradition Brigitte Schierhuber Das Ausseerland hat eine lange und viel- Tourismus eine weithin bekannte Marke, schichtige (Kultur)geschichte, die eng mit die unter anderem für Natur- und Kultur- der Salzwirtschaft verbunden ist. Zumin- vielfalt steht. Das Ausseerland als Teil dest seit dem Mittelalter ist das Salz ein des Salzkammerguts, stellt in seiner geo- wesentlicher und bestimmender Grund- grafischen und kulturellen Position noch- stein für die kulturelle Entwicklung des mals eine völlig eigenständige Marke Ausseerlandes. innerhalb des Salzkammerguts dar. Diese Besonderheiten müssen als Basis für die Darauf aufbauend wurde Ende November Entwicklung betrachtet werden, um die Au- 2017 unter der Federführung von Bürger- thentizität der Region und ihrer Menschen Brigitte Schierhuber ist Geschäftsführerin des meister Franz Steinegger ein Kulturleitbild- zu bewahren. Regionalvereins Ausseerland-Salzkammergut und im LEADER-Management Ennstal-Ausseerland. prozess initiiert. Dieses LEADER-Projekt Foto: © Privat in Kooperation mit den beiden weiteren Kultur im Ausseerland ist gelebte Tradition LEADER-Regionen Inneres Salzkammer- für die einheimische Bevölkerung und für gut und der Traunsteinregion hat sich mit Gäste, die bei zahllosen Veranstaltungen vielfältigen Kulturthemen, wie Sprachkul- Teil einer einzigartigen Gemeinschaft wer- tur/Dialekt, Brauchtum/Volkskultur, Musik, den können und so Brauchtum und Kultur Gesundheit/Sicherheit, Sport, Baukultur, hautnah miterleben. Der Bogen spannt Landwirtschaft/Umwelt, Veranstaltungen, sich dabei von Lechpartien über das Nar- Tourismus, Arbeit, Integration/Soziales, zissenfest, Ausseer Fasching bis hin zum Tracht, Zeitgeschichte, Jugend/Bildung Altausseer Bierzelt. und Kunst, für die vier Gemeinden im stei- rischen Salzkammergut (Bad Aussee, Bad Denn Kultur verbindet – durch Vielfalt und Mitterndorf, Altaussee und Grundlsee) be- Schöngeistigkeit und genau das ist die fasst. Einzigartigkeit des Salzkammerguts – Weltkultur auf 2.500 km². Der Begriff „Salzkammergut“ ist heute im 12
Bgm. Franz Steinegger Der ländliche Raum gewinnt immer mehr Salzkammergut haben wir viele Formen an Bedeutung für Kunst, Kultur & Krea- und Ausprägungen verschiedenster kultu- tivwirtschaft. Jeder Begriff für sich selbst reller Aktivitäten. Diese sollen gestärkt und muss eigens verstanden und für den länd- unterstützt werden, um die Vielfalt und die lichen Raum betrachtet werden. Diversität der Kultur aufrecht zu erhalten und noch weiter ausbauen zu können. Kunst, gerade im Salzkammergut, war seit der Sommerfrische ständige Begleiterin. KKreativwirtschaft birgt für mich das Sie beeinflusste bewusst oder unbewusst größte Entwicklungspotential im Salz- Franz Steinegger ist Bürgermeister von das gesamte Salzkammergut, dessen Be- kammergut. Mittlerweile haben wir alles Grundlsee, Biobauer, Kulturarbeiter und Grafiker. Foto: © Theresa Rothwangl völkerung und die Sichtweise auf uns. Die was eine Kreativwirtschaft benötigt. Gutes beiden Weltkriege zerstörten diese Hoch- Internet, gute Infrastruktur, gute Kontakte, blüte und alles bis dahin aufgebaute. Erst inspirierende Landschaft, interessierte langsam, sehr zaghaft und oft im Kleinen Jugend und mit dem Titel Kulturhauptstadt entwickelte sich wieder eine neue Bezie- auch die nötige Aufmerksamkeit. Kreativ- hung zwischen Künstler*innen, Landschaft wirtschaft kann eine Ergänzung neben den und Bevölkerung. großen Wirtschaftszweigen von Tourismus und Industrie werden. Die Etablierung Künstler*innen haben die Gabe, mit ihrer einer Kreativwirtschaft wäre eine zukunfts- Kunst der Gesellschaft die schwierigsten weisende und nachhaltige Idee und Ent- Fragen der Welt auf einfachste Weise zu wicklung – gerade für das Salzkammergut stellen, zu zeigen, oder in Musikform zu – gerade in Zeiten wie diesen. übersetzen. Kunst dringt direkt in unsere Gefühlswelt ein. Dementsprechend halte Angesichts der großen Chancen und des ich die Kunst für wichtig und lebensnot- Bedarfs stellt ein Kulturentwicklungsplan wendig. Sie macht uns erst zum Men- über das ganze Salzkammergut hinweg schen – wie Nikolaus Harnoncourt so oft den ersten wichtigen Schritt in die richtige trefflich formulierte. Richtung. Dass diese Entwicklung Jahre und Jahrzehnte benötigen wird, ist klar. Ob Kultur im ländlichen Raum bedeutet für und wie das gelingt wird an jedem, jeder mich praktisch alles was eine Gesellschaft einzelnen von uns liegen. kulturell in einem Lebensraum leistet. Im 13
ROBERT OBERFRANK Zukunft findet hier statt! Mit dem Kulturentwicklungsplan ist es end- führte Betriebe prägen unsere Orts- und lich gelungen, drei Salzkammergut-Lea- Stadtkerne und junge Nachfolger*innen der-Regionen, die historisch und kulturell führen sie zuversichtlich in die Zukunft. stark verbunden sind, zusammenzuführen. Dass mit diesem Prozess die Grundlagen Authentisch zu bleiben, unsere Ressour- geschaffen wurden, um den Zuschlag für cen (Natur/Landschaft) zu schützen und die Kulturhauptstadt Europas 2024 zu dabei trotzdem die vielfältigen, wirtschaft- bekommen, hat die Regionen noch mehr lichen Chancen zu verfolgen, muss unser geeint und zusammenrücken lassen. Das Leitsatz sein. Der Tourismus in Verbin- Kirchturmdenken wurde beiseite gelegt dung mit der Kreativwirtschaft ist in der und das große Ganze – das Salzkammer- Lage, zukunftsfähige Arbeitsplätze ins Robert Oberfrank ist Abteilungsleiter der Be- gut – in den Fokus gerückt. Salzkammergut zu bringen. Es werden zirksstellen der WKOÖ und als Leiter der Be- zirksstelle Gmunden seit 2018 ein konsequen- sich neue Möglichkeiten eröffnen, ob für ter Förderer der Kulturhauptstadtbewerbung. Gerade in Zeiten bedeutender Verände- Informations- und Kommunikationstechni- Foto: © WKO Gmunden rungen sehe ich große Chancen für un- ker*innen, Berater*innen, Planungsbüros, sere Region. Neue Lebens-, Arbeits- und unterschiedlichste Dienstleister*innen Wirtschaftsformen entstehen, die an alte oder Kulturschaffende . Damit sich diese Traditionen angeknüpfen werden können. Menschen austauschen können, sind Be- Kultur und Wirtschaft sind im Salzkammer- gegnungsräume wichtig. Im Salzkammer- gut seit jeher eng verknüpft und drücken gut kommt dem Wirtshaus dabei eine der Region seit vielen Generationen ihren zentrale Funktion zu. Die Wirtshauskultur, Stempel auf. Die Landschaft inspiriert(e) die es seit vielen hunderten Jahren bei nicht nur Literat*innen, Komponist*in- uns gibt, ist jedoch durch unnötige behörd- nen oder Maler*innen, sondern genauso liche Auflagen gefährdet. Der Erhalt dieser Handwerker*innen, die ihre Kreativität Kulturgüter muss uns ein besonderes An- im Holzbau, in der Architektur, Tischlerei, liegen sein. Metalltechnik uvm. ausleb(t)en. Zahlreiche nationale und internationale Handwerks- Das Salzkammergut verändert sich. Neh- preise sind ein Indiz für die Innovations- men wir mit Neugier, Offenheit und Mut kraft unserer Unternehmen. Familienge- die kommenden Herausforderungen an. 14
Die Inhalte der ‘Kulturvision 2030 - Kultur macht den Unterschied’ wurden in den Jahren 2018-2019 parallel zur Bewerbung für die Kulturhauptstadt SALZKAMMERGUT 2024 TEAM BIS 2020 Europas 2024 von Stefan Heinisch, Petra Kodym, Kulturentwicklungsplan als Motor Eva Mair, Lisa Neuhuber und Heidi Zednik erarbei- tet. Gottfried Hattinger wurde 2019 Teil des Bewer- bungsteams, Christina Jaritsch kam 2020 nach dem Kulturentwicklung braucht ein Konzept, die Zukunft, über die wir aufgefordert Titelgewinn dazu. Alle bringen Expertisen aus unter- schiedlichen Bereichen ein, u.a. aus Kunst, Kultur, strategisches Vorgehen sowie Begeis- sind, zu philosophieren, die Herausfor- Stadt- und Regionalentwicklung oder Tourismus. terung und Energie aller Beteiligten, um derungen, denen wir nicht ausweichen Foto: © Anette Friedel langfristig wirken zu können. Die Bewer- können und wollen. Die Kulturvision ist bung als Kulturhauptstadt Europas 2024 schlussendlich zum einen die Dokumen- hat den Anstoß gegeben, die schon lange tation dieses Prozesses, zum anderen ein geforderte Entwicklung einer nachhaltigen Festhalten und Aufzeigen von zukunfts- salzkammergutweiten Kulturstrategie um- relevanten Themen des Salzkammerguts. zusetzen. Die Erarbeitung der ‘Kulturvi- Wir haben bewusst eine Struktur für den sion 2030 - Kultur macht den Unterschied’ Kulturentwicklungsplan gewählt, die eine sowie die regionale Bewerbung zur Kultur- größtmögliche Transparenz i.H. auf den hauptstadt Europas 2024 fanden in einem Prozess gewährleistet. Gleichzeitig war eng aufeinander abgestimmten Prozess es uns ein Anliegen, die Stimmen jener statt. So stellen wir sicher, dass unsere Menschen, die diesen Prozess gestartet, Pläne für 2024 in eine langfristige Strate- getragen und bereichert haben, hörbar zu gie eingebettet sind und gleichzeitig das machen. Was wir nicht wollen, ist ein in Kulturhauptstadtprogramm die Umsetzung sich geschlossener Maßnahmenkatalog, der Kulturentwicklungsstrategie fördert. der - wie so viele andere Strategiepapiere - in der Schublade Staub ansetzt. Vielmehr Den Kulturentwicklungsplan als gedruck- soll die Kulturvision zum Durchblättern, tes Werk in Händen zu halten, schafft zwar weiterdenken und aktiv werden einladen. ein gewisses Maß an Befriedigung, den- Wir haben uns deshalb bemüht, die Kultur- noch sehen wir den Prozess, der durch das vision möglichst zugänglich und offen zu Projekt gestartet wurde, als wichtigstes gestalten, denn jede Vision ist am Ende Resultat unserer Arbeit. Die unterschied- nur so viel wert, wie die Menschen, die sie lichen Menschen, die aufeinandertreffen, mit Leben füllen. 15
wo wir stehen Hallstättersee © Gerhard Mair Salzkammergut 2020 Das Salzkammergut steht vor einer Richtungsentscheidung. Als Bewohner*innen einer Region müssen wir die Entscheidung treffen, wohin sich diese in den kommenden zehn Jahren und darüber hinaus entwickeln soll. Das bedeutet: den Blick auf die Her- ausforderungen richten - auch wenn damit unbequeme Fragestellungen einhergehen -, Stärken identifizieren und nutzen, Potenziale erkennen und Mutiges wagen. Das SWOT-Profil1 der Region gestaltet Historisch gewachsene, vielfältige Etablierte Veranstaltungen der sogenann- sich vielfältig und beinhaltet im Wesent- Kunst- und Kulturregion. Das Salz- ten “Hochkultur”, wie die Salzkammergut lichen folgende Themenbereiche: kammergut genießt sowohl in Österreich, Festwochen in Gmunden, ebenso wie jene als auch weit über seine Grenzen hinaus der “freien Kulturszene”, wie das Sprudel, historische und kulturelle Bedeutung. Be- Sprudel & Musik in Grundlsee oder Veran- 1 SWOT steht für Strengths (Stärken), Weaknesses reits im 19. Jahrhundert galt die Region staltungen des Kulturvereins Kino Eben- (Schwächen), Opportunities (Chancen) und Threats (Risiken) als Rückzugsort für weltberühmte Künst- see sind von überregionaler Bedeutung. ler*innen. Sie inspirierte sie dazu, wäh- rend ihrer Sommerfrische hier zu leben Die kulturelle Vielfalt des Salzkammerguts und zu arbeiten. Jenes Image zieht auch ist groß und gerade aus dieser Vielfalt er- heute noch Künstler*innen an. Das roman- geben sich Spannungsfelder, die das Salz- tisierende Bild der Sommerfrische darf kammergut charakterisieren. jedoch nicht die Tatsache verstellen, dass künstlerisches und kulturelles Schaffen in Tourismus. “Salzkammergut” ist eine der Region auf hohem Niveau stattfindet. sehr erfolgreiche Tourismusmarke. Die 16
samten Region sowie darüber hinaus gut vernetzt. Deshalb muss das Ziel für die kommenden Jahre sein, einen Weg des “sanften Tourismus” zu gehen. Auf diesem Weg vermischen sich Tourist*innen mit Einheimischen auf eine für beide Seiten angenehme Art und Weise. Wie dieser “sanfte Tourismus” kon- kret gelebt werden kann, soll Teil der zukünftigen Tourismusstrate- gien werden. Landflucht. Das Salzkammergut teilt das Schicksal vieler ländlicher Regi- onen: Landflucht. Aufgrund mangeln- der Ausbildungsmöglichkeiten (be- sonders im tertiären Bildungsbereich) wandern junge, gut qualifizierte Men- schen in größere Städte ab. Jene, die z.B. fürs Studium weggezogen sind, kehren nur selten wieder zu- rück. Die Gründe für Abwanderung sind so vielschichtig wie die Menschen hinter den Wanderungsbewegungen. Zwei hervorzuhebende Gründe dafür, reichhaltige Geschichte und dass junge Menschen abwandern sind, landschaftliche Schönheit der Re- dass sie keine beruflichen Perspektiven Abbildung 01: Die Grafik verfolgt das Ziel, die Viel- gion sind unter anderem Gründe für die für sich erkennen und attraktive (kultu- falt der Kulturorte und Kulturinitiativen der Region abzubilden und stellt keine vollständige Auflistung weltweite Bekanntheit und Beliebtheit relle) Infrastruktur fehlt, an die sie sich in oder eine Wertung der Kulturstätten dar. dieser Marke. Der Tourismus, wie er sich den urbanen Zentren gewohnt haben. Es im Salzkammergut bis 2019 zuletzt entwi- handelt sich dabei um die Herausforde- ckelt hat, beeinträchtigt an manchen Orten rung des “Braindrain” (Abwanderung von jedoch mittlerweile die Lebensqualität und Fachkräften), die das Salzkammergut mit die Möglichkeiten der Bewohner*innen. vielen anderen Regionen europaweit teilt. “Instagram-Tourismus” (kurzer Stop nur für In Kombination mit dem demographischen ein Foto) oder der Ausverkauf von Tradi- Wandel führt dieser Trend dazu, dass tion als folkloristisches Event sind nur zwei einige Gemeinden des Salzkammerguts damit einhergehende Herausforderungen. von Bevölkerungsrückgang betroffen sind (siehe Abbildung xx Grafik > Heat Map). Die aktiven Tourismusverbände sind zen- tral für das Salzkammergut. Sie arbeiten Mobilität und Umwelt. Es fehlt an prak- auf hohem Niveau und sind in der ge- tikablen, öffentlichen Mobilitätsformen. 17
Abbildung 02: Die Grafik zeigt die Bevölkerungs- Das spüren besonders die jüngeren und zunehmen, speziell, wenn diese abends entwicklung des Salzkammergutes im Zeitraum von 2003 bis 2015. ältesten Menschen der Bevölkerung, die stattfinden. nicht bequem ins Auto steigen und losfah- ren können. Immer mehr Menschen ver- Jetzt, da der Umweltschutz und die Re- suchen zudem, bewusst auf das Auto zu duktion des “ökologischen Fußabdrucks” verzichten - ein Schritt, der derzeit noch zu den wichtigsten Aufgaben der Mensch- mit viel Flexibilität und Planungsaufwand heit geworden sind, wird die Dringlichkeit verbunden ist. Unregelmäßige Fahrpläne entsprechender Schritte in Richtung nach- der Züge, z.T. gänzlich fehlende Ver- haltiger, öffentlicher Mobilitätsformen in bindungen am Abend, kaum koordinierte der gesamten Region ersichtlich. Buslinien über die Bundesländergrenzen hinweg und fehlende Angebote attraktiver Arbeitswelt. Die Arbeitswelt verändert und kombinierter Ticketlösungen, machen sich. Die Industrie ist von Umstrukturie- die Fahrt mit dem Auto schlussendlich oft rung betroffen, was oftmals mit Arbeits- zur einzigen Alternative. Für die jungen platzverlusten einhergeht. Auch die Gast- Menschen in der Region bedeutet die ronomie bleibt nicht verschont: An immer eingeschränkte Mobilität vor allem Abhän- mehr Wirtshaustüren hängt bereits das gigkeit, begrenzte Handlungsspielräume Schild “Geschlossen”. Mit dem Schließen und reduzierte Möglichkeiten, Freizeit- von Wirtshäusern gehen nicht nur Arbeits- angebote in anderen Gemeinden wahr- plätze, sondern auch wichtige, soziale 18
Eine weitere Herausforderung besteht da- rin, dass es an hochqualifizierten Arbeits- plätzen in der Region mangelt. Personen mit höheren Qualifikationen haben es da- durch schwer, in der Region Fuß zu fassen und sind gezwungen, zum Arbeitsplatz zu pendeln oder sogar wegzuziehen. Räume für Kultur. Das Salzkammergut ist reich an kulturellen Orten. Das Erbe der Habsburgermonarchie und der Sommer- frische-Ära trifft hier auf ehemalige, heute oftmals leerstehende Industriegebäude. Dazwischen liegen beeindruckende Natur- schauplätze und öffentliche Räume, die zur (temporären) Nutzung einladen. Auch das Potenzial von Räumen, die bislang nicht als klassische Orte für Kultur erkannt wurden, wie (leerstehende) Bahnhöfe oder Parkplätze, ist bis dato weitestgehend un- genutzt. Diese Vielfalt und Qualität von Orten, an denen Kultur stattfinden kann, zeichnet die Region aus. Querköpfe. Das Salzkammergut ist anders. Wir denken uns gerne als 10. Alte Brauerei Gmunden © Rocky Cody Begegnungsräume verloren, in denen Ge- Bundesland und verstehen uns als wi- meinschaft gestiftet wird. derständische Querköpfe, die mit einer gehörigen Portion Sturheit und Ausdauer Qualifizierte Jobs in den Bereichen Di- ausgestattet sind. Und dieser Ruf eilt uns gitalisierung und Kultur sind rar. Das auch über die regionalen Grenzen hinweg kontinuierliche Wachstum des Dienst- voraus. Für die kommende Transformation leistungssektors sowie das Schrumpfen unserer Region kann diese Beharrlichkeit des primären Sektors (Land- und Forst- von Vorteil sein, vor allem dann, wenn wir wirtschaft) hat zur Folge, dass zunehmend sie positiv einsetzen und mit einer großen mehr Menschen Arbeitsplätze in Bal- Portion Offenheit, Kreativität und Mut paa- lungszentren finden. Frauen* sind über- ren. durchschnittlich oft im Dienstleistungs- sektor beschäftigt, der in urbanen Zentren Enklaven. Die Topographie des Salzkam- Arbeitsplatzsicherheit verspricht und aus merguts macht es einem nicht immer ganz diesem Grund auch häufiger jene, die be- leicht, den Austausch mit den Nachbarge- rufsbedingt abwandern. meinden zu pflegen. Möchte die Grundl 19
die politische Abhängigkeit vom jeweili- Zug nach Hallstatt © Daniel Leitner gen Bundesland. Es wäre wünschenswert, diese Abhängigkeiten in Verbindungen zwischen den Regionen der Bundesländer zu verwandeln. Fehlende Plattformen. Nicht nur räum- lich fehlen uns Verbindungen. Es fehlt an Plattformen, die Kulturschaffende oder kulturelle Institutionen miteinander ver- netzen. Das führt dazu, dass es speziell für junge Kreative kaum Möglichkeiten gibt sich auszutauschen, voneinander zu lernen und sich zu etablieren. Dadurch wird die Professionalisierung der Kunst- und Kulturschaffenden vor Ort erschwert. Auch Potenziale, wie die Vernetzung über die Region hinaus oder der Austausch mit Kunst- und Kulturschaffenden, die das Salzkammergut als Rückzugsort (Zweit- wohnsitz-Salzkammergütler*innen) nut- zen, sind bis dato kaum genutzt. Budget für Kunst und Kultur. Die Förde- rung vielfältiger Kulturarbeit von überre- gionaler Dimension ist spätestens seit der Ratifizierung des UNESCO Übereinkom- seerin etwa den benachbarten Grünauer mens über den Schutz und die Förderung besuchen, liegt eine eineinhalbstündige der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen 2 vgl. https://www.unesco.at/kultur/vielfalt-kulturel- Anreise durch rund 10 Gemeinden vor ihr. Aufgabe des Staates . Ohne Fördergelder ler-ausdrucksformen/die-unesco-konvention Berge und Seen machen die Distanzen ist der Aufbau von handlungsfähigen, un- in der Region - nicht zuletzt auch in den abhängigen und vor allem nachhaltigen Köpfen - oft groß. Strukturen im Kulturbereich nicht realisier- bar. In der Realität findet Kulturarbeit im Grenzen innerhalb der Region werden Salzkammergut nach wie vor großteils auch besonders in jenen Bereichen unter prekären Arbeitsbedingungen oder spürbar, in denen drei bundesländer- ehrenamtlich sowie oft unter lediglich tem- spezifische, unterschiedliche rechtliche porär geschaffenen Rahmenbedingungen Rahmenbedingungen gelten, wie etwa in (zeitlich begrenzte Förderprojekte) statt. der Bauordnung oder beim Versuch, ver- Dadurch wird die Entwicklung eines star- schiedene Öffi-Ticketsysteme unter einen ken, vielfältigen und nachhaltigen Kultur- Hut zu bringen. Dieser Umstand fördert sektors erheblich erschwert. 20
Hipphalle Gmunden © Anette Friedel Der thematische Überblick der Stärken, Lösungsansätze, denkt interdisziplinär Schwächen, Chancen und Risiken zeigt, und schafft einen frischen Blick auf schein- dass wir in einer Zeit leben, die viele Ver- bar Festgefahrenes. Ihr Potenzial liegt in änderungen mit sich bringt und uns vor der Vernetzung von Menschen aus ganz vielschichtige Herausforderungen stellt. unterschiedlichen Sparten und mit ver- Zugleich handelt es sich bei den thema- schiedensten Hintergründen. Aus dieser tisierten Herausforderungen um keine lo- Vielfalt ergeben sich Synergien, die wir kalen Phänomene. Häufig sind es Themen produktiv für unsere Zukunft nutzen kön- von europäischer Dimension. Umso wich- nen (und auch müssen). Dazu braucht tiger ist es nun, gemeinsam eine Vision für es ein breites Kulturverständnis, das alle die Region zu entwickeln und Wege für ein gesellschaftlichen Bereiche umfasst, die Salzkammergut der Zukunft zu skizzieren, unser Leben prägen: von Tradition, Film, das auf die Herausforderungen mit zeitge- Theater, Musik über Sport, Kulinarik, Tou- mäßer und kritischer Kulturarbeit reagiert rismus und Kunst bis zu Umwelt, Archi- und sich nicht vor der Veränderung ver- tektur, Handwerk, Arbeit und noch vieles schließt. Die Transformation des länd- mehr. lichen Raumes ist ein Prozess, der nicht aufgehalten werden kann. Wir können uns Die Kulturvision 2030 bildet den Rahmen aber darauf einlassen, das Leben in länd- für einen breiten Kulturbegriff und ist somit lichen Gebieten aktiv mitgestalten und da- eng mit einer sozial, ökologisch und wirt- durch neue Möglichkeitsräume eröffnen. schaftlich nachhaltigen Entwicklung der Region verknüpft. Dadurch soll die Kultur- Kultur kann Motor und Treiber der Regio- vision in allen Lebensbereichen spürbar nalentwicklung sein. Sie bietet innovative werden. 21
Entdecken regionaler Perspektiven Volxtanz © Daniel Leitner Prozess Schritt 1 Der Prozess wurde im Februar 2018 zu- Schritt auf diese zwei Formate gelegt. Bestandsaufnahme nächst mit einer Bestandsaufnahme ge- An sogenannten Knotenpunkten haben startet. Dazu wurden sämtliche, in den wir uns im Jahr 2018 getroffen, vernetzt einzelnen Gemeinden bereits vorhandene und gemeinsam neue Wege für die Zu- (Kultur-)strategiepläne, Wirtschafts-, Tou- kunft des Salzkammerguts erkundet. rismus- und Bevölkerungsdaten sowie die Wir haben dieses Format bewusst so via LEADER erarbeiteten lokalen Entwick- gewählt, dass ein ergebnisoffenes und lungsstrategien gesammelt und analysiert. zwangloses, temporäres Mitdiskutieren Zudem haben wir uns umgesetzte Maß- oder auch nur Zuhören ermöglicht wurde. nahmen der Kulturpolitik in den letzten 10 Die Knotenpunkte schufen eine lockere, Jahren angesehen. Daran anschließend niederschwellige Atmosphäre, bei der wurde ein offener Prozess umgesetzt, um Meinungen, Perspektiven und Ideen bestehende Lücken zu füllen und aktuelle zum jeweiligen Themenfokus diskutiert Perspektiven einzufangen und unterschiedliche Standpunkte aus- getauscht wurden. Bei rund 20 Knoten- Schritt 2 Neben durchgehenden Beteiligungsan- punkten wurde jeweils ein Themenbe- Knotenpunkte und Zukunftswerkstatt geboten, wie zum Beispiel dem Online reich aus dem breiten Spektrum unseres Fragebogen, der anonym auf der Web- Kulturbegriffes fokussiert: Jugendkultur | site beantwortet werden konnte, sowie Kunst & Kultur | Sprachkultur | Bau- und unserem Offenen Büro jeden Dienstag- Wohnkultur | Kaiserkultur | Salzkultur nachmittag, wurde der Fokus im ersten | Lernkultur | Nahrungs- & Agrarkultur 22
Kultur.Kaleidoskop in Hallstatt © Büro Salzkammergut 2024 | Mobilitätskultur | Tourismuskultur | Zukunftswerkstatt (moderiert und gestaltet 1 vgl. https://www.mehrblick.at/ (12/2020) Veranstaltungskultur | Brauchkultur | vom Ideenstudio Mehrblick1) den Rahmen Sommerfrischekultur | Industrie- und Di- für eine konzentrierte und interdiszipli- gitalkultur | Handwerks- & Designkultur näre Auseinandersetzung mit der Region. | Sommerfrische.Kunst.Kultur. Die Kno- In der Deutschvilla Strobl kamen rund tenpunkte fanden an unterschiedlichen, 20 Akteur*innen aus unterschiedlichen jeweils thematisch passenden Orten im Kultur-, Gesellschafts- und Wirtschafts- gesamten Salzkammergut statt. Wir tra- bereichen zusammen, um gemeinsam an fen uns im Bad Ischler Jugendzentrum, der Kulturvision Salzkammergut 2030 zu in einer Straßenbahn zwischen Vorchdorf arbeiten. Durch eine kreativitätsfördernde und Gmunden, auf dem Hallstätter Salz- Atmosphäre und ermutigende Moderation berg, im Kaiserpark, im Almtaler Fairtei- waren die Teilnehmer*innen angeregt, ler, beim Kirchenwirt in Gosau uvm. Die fantasievolle und ungewöhnliche Lösun- Perspektiven, Anregungen und Ansätze gen für aktuelle und zukünftige Fragestel- der Teilnehmer*innen aller Knotenpunkte lungen zu entwickeln. Wie wollen wir 2030 wurden gesammelt und in den Kulturent- im Salzkammergut leben? Wie soll das wicklungsplan mit eingearbeitet. Salzkammergut auf gegebene Heraus- forderungen - lokaler ebenso wie globaler Als zweites Beteiligungsformat schuf eine Natur - reagieren? 23
Kultur.Kaleidoskop in Bad Aussee © Büro Salzkammergut 2024 Schritt 3 Im Jahr 2019 haben wir unsere Bot- siv gelebt wird. Die Vielfalt der Vereine Vereinstreffen & Mobiles Büro tom-up-Arbeitsweise erweitert und ist enorm. Wir wollten die Menschen intensiviert. Dabei haben wir zwei Vor- besser kennenlernen, die sich bereits gehensweisen verfolgt: jetzt intensiv mit der Gestaltung eines abwechslungsreichen und sehr aktiven 1. an Vereine als bestehende (kultu- Kulturlebens befassen. Dies führte zum relle) Strukturen und Netzwerke, die Vereinstreffen Anfang Juli 2019 in der bereits viele Menschen involvieren, Landesmusikschule Bad Goisern, bei anzudocken; dem wir eine Vielzahl an Vereinen begrü- ßen konnten, die sich gemeinsam mit uns 2. in der Region im öffentlichen Raum für die Kulturentwicklung in der Region präsent zu sein. engagieren wollen. Das Treffen, an dem Vereine aus dem ganzen Salzkammergut Das Salzkammergut ist eine Region, teilnahmen, bot den Rahmen zum Knüp- in der Engagement in Vereinen inten- fen neuer und Intensivieren bestehender 24
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