Ankommen und - Hochschule Luzern Das Magazin

Die Seite wird erstellt Dirk Schreiber
 
WEITER LESEN
Ankommen und - Hochschule Luzern Das Magazin
Hochschule Luzern
                                Juni 2014

Das Magazin
Crowdfunding
Die Investitionsform
etabliert sich

INTERVIEW
David Bosshart,
Leiter Gottlieb-
Duttweiler-Institut

TRinkwasser
Leitungslecks
schnell orten

                       Heimat

         Ankommen und
           aufblühen
Ankommen und - Hochschule Luzern Das Magazin
2 / 14

                                                                                                                                           Inhalt
                                                                                                                                           04 Spektrum                                                                              Dossier:
                                                                                                                                               News und Namen                                                                        Heimat

                                                                                                                                           28 Interview
                                                                                                                                               David Bosshart, Leiter
                                                                                                                                               Gottlieb-Duttweiler-Institut

                                                                                                                                           31	Plädoyer
                                                                                                                                               Leonardo da Vinci, Held des
                                                                                                                                               21. Jahrhunderts

                                                                                                                                           32	Wasserversorgung
                                                                                                                                               Lauschangriff aufs Leitungsnetz

Unsere Muse
                                                                                                                                           34	Notfallkommunikation
                                                                                                                                               Brennstoffzellen gegen
                                                                                                                                               Funkstille

                                                                                                                                           36	Finanzierung
                                                                                                                                               «Das Vertrauen ins Crowd-
                                                                                                                                               funding wächst»

                                                                                                                                           38	Regelungstechnik
                                                                                                                                               Sicherheit aus der Vogel-         10	Tradition                                                20	WalliserVerein
                                                                                                                                               perspektive                            Die akustische Identität der                           	Deheimu is am schönschtu
                                                                                                                                                                                      Schweiz ist zeitlos
                                                                                                                                           40	WErkschau                                                                                      22 Interkulturelle Gärten
                                         Die besten Ideen                                                                                      Alle Augen auf den                14 Quartierentwicklung                                           Neue Wurzeln schlagen
                                         für die Bekämpfung einer Krankheit                                                                    Nachwuchs                         	Die Kunst des Brückenschlagens
                                                                                                                                                                                                                                             24 Infografik
                                         finden wir oft im Verursacher selbst:
                                                                                                                                           42 Solar Decathlon                    17 Übersetzung                                              	Hin und weg – Wanderungs­
                                         indem wir zum Beispiel einem Virus                                                                    «Smart Sharing» in Versailles     	Mani Matters Lieder fürs Auge                               bewegungen in die und aus der
                                                                                                                                                                                                                                               Zentralschweiz
                                         auf den Grund gehen.
                                                                                                                                                                                 18	Aufbruch

                                                                                 Fotos: Isabel Peterhans ( Illustration), Beat Brechbühl
                                                                                                                                                                                 	Die Departemente Musik und                                27	Umfrage
Konzertkarten Lucerne Festival 2014:
                                         Unsere Innovationen                                                                                                                       Kunst & Design erhalten ein                               	Was ist Heimat für Sie?
Studierende und Roche-Mitarbeitende
                                                                                                                                                                                   neues Zuhause
erhalten im Vorverkauf 50 % Rabatt auf   helfen Millionen Menschen,
ausgewählte Konzerte.
                                         indem sie Leid lindern und

Details und Buchung auf:
                                         Lebensqualität verbessern.
http://commissions.roche.ch              Wir geben Hoffnung.                                                                               46	Agenda

                                                                                                                                           49	Medienecho
                                                                                                                                                                                 Isabel Peterhans arbeitet seit ihrem Abschluss 2012 an der Hochschule Luzern als frei­schaffende Illustratorin
                                                                                                                                                                                 in Luzern. Ihre Diplomarbeit «Yallabyebye» ist diesen Frühling bei der Edition Moderne erschienen.
                                                                                                                                           50	Absolventin                        www.isabelpeterhans.ch

                                                                                                                                                                                                                                                                 Hochschule Luzern 2 | 2014       3
Ankommen und - Hochschule Luzern Das Magazin
Spektrum                                                                                                                                                                                              Spektrum

Studentisches
Know-how im All                                                                                                                                                                                                                                    Philip Schaufelberger
                                                                                                                                                                                                                                                   Zeichnet den Alltag
Informatik- und Elektrotechnik-Studie-                                                                                                                                                                                                             von Prostituierten
rende der Hochschule Luzern arbeiten
mit Kommilitonen mehrerer Schweizer                                                                                                                                                                                                                Philip Schaufelberger, Illustrator und As-
Hochschulen am Projekt CubeETH. Der                                                                                                                                                                                                                sistent Illustration Fiction am Departe-
winzige Satellit – seine Seitenlänge be-                                                                                                                                                                                                           ment Design & Kunst, machte schon
trägt zehn Zentimeter, und er wiegt rund                                                                                                                                                                                                           mit seiner Abschlussarbeit vor vier Jahren
ein Kilo – soll 2016 in eine Erdumlauf-                                                                                                                                                                                                            von sich reden. Damals erhielt er den
bahn geschossen werden. Während sich                                                                                                                                                                                                               «Gender & Diversity»-Preis der Hoch-
Studierende der ETHs unter anderem um                                                                                                                                                                                                              schule Luzern für seinen Comic «Hier.
seine mechanische Struktur, die Energie-                                                                                                                                                                                                           Dort. Diese Strasse», eine Reportage
versorgung und die Experimente küm-                                                                                                                                                                                                                über Frauen im Rotlichtmilieu. Schaufel-
mern, werden an der Hochschule Luzern                                                                                                                                                                                                              berger entwickelte diese Arbeit nach
die Hard- und die Software für die Steu-                                                                                                                                                                                                           dem Studium weiter und wurde erneut
erung der Satellitennavigationsempfän-                                                                                                                                                                                                             ausgezeichnet: mit einem Comic-Stipen-
ger entwickelt. Auf dem Campus Horw                                                                                                                                                                                                                dium im Wert von 30’000 Franken, das
soll auch die Bodenstation installiert wer-                                                                                                                                                                                                        die Städte Bern, Luzern, St. Gallen, Win-    ziehbar machen, wie sie in diesem Milieu
den. Der Austausch mit dem Satelliten                                                                                                                                                                                                              terthur und Zürich erstmals gemeinsam        gelandet sind.» Mit dem Stipendium
läuft über Amateurfunkfrequenzen. Dem         Der Minisatellit                                                                                                                                                                                     am letzten Fumetto-Festival verliehen.       möchte er seine Arbeit an der Comic­
                                              CubeETH hat eine
Amateurfunkverein der Hochschule Lu-          Grösse von 1'000                                                                                                                                                                                     Der 32-Jährige über sein ungewöhnliches      Reportage weiterführen und diese vor-
zern wurde dafür vom Bundesamt für            Kubikzentimetern                                                                                                                                                                                     Comic-Thema: «Ich möchte die Schick-         aussichtlich Ende 2015 veröffentlichen.
                                              und wiegt gerade
Kommunikation das internationale Ruf-         mal ein Kilo.                                                                                                                                                                                        sale der Frauen abbilden und nachvoll-       www.daslip.ch
zeichen HB9HSLU zugeteilt.

                                                                 Fussball für                                                                                                                         IT-Innovations-                                                                           Film drehen: Diese Idee trieb Sebastian
                                                                                                                                                                                                                                                                                                Strinning aus Kriens (LU) schon seit Län-
                                                                 Bildung                                                                                                                              preis: 1’000 Fran-                                                                        gerem um. Nun bekommt der 29-jährige

                                                                 Don Bosco Jugendhilfe weltweit sammelt                                                                                               ken gewinnen                                                                              Saxophonist und Bassklarinettist die
                                                                                                                                                                                                                                                                                                Möglichkeit, sie zu verwirklichen. Anfang

                                                                                                              Fotos: Sw iss Space Center / Reto Wiesendanger, zweik raf t GmbH / Miroslav Jurendic,
                                                                 anlässlich der Fussball-Weltmeisterschaft                                                                                                                                                                                      Mai wurde ihm an den Stanser Musik­
                                                                 Spenden für Bildungsinstitutionen. Un-                                                                                               Das Institut für Wirtschaftsinformatik                                                    tagen der 4. Credit Suisse Förderpreis
                                                                 terstützt wird beispielsweise eine Metall-                                                                                           IWI der Hochschule Luzern lanciert an-                                                    Jazz überreicht. Sebastian Strinning ge-
                                                                 und Mechanikwerkstatt der Organisation                                                                                               lässlich seines 25-Jahr-Jubiläums den IT-                                                 winnt damit unter anderem eine CD-Pro-
                                                                 in São Paulo, in der Jugendliche aus den                                                                                             Innovationspreis für Jugendliche. Schü-                                                   duktion im Wert von 7’500 Franken. «Es
                                                                 Favelas ausgebildet werden. Das Online-                                                                                              lerinnen und Schüler von Schweizer                                                        war ein mutiger Entscheid der Jury, mich
                                                                 konzept für die Spendenkampagne ent-                                                                                                 Berufsschulen, höheren Fachschulen und                                                    als Solomusiker auszuzeichnen – ich ar-
                                                                 warfen drei Studierende des Departements                                                                                             Mittelschulen sind aufgerufen, sich krea-                                                 beite sehr experimentell», sagt Strinning,
                                                                 Wirtschaft. Der Vorschlag von Alma Ci-                                                                                               tiv mit Wirtschaftsinformatik auseinan-                                                   der im vergangenen Herbst den Master
                                                                                                              Philip Schaufelberger, Heiko P ur nlagen, zVg
                                                                 lurzo, Catherine Styger und Remo Werme-                                                                                              derzusetzen. Die Auszeichnung wird in                                                     of Arts in Music mit Major Performance
                                                                 linger unter dem Motto «Fussball für Bil-                                                                                            den drei Kategorien «Bester Essay ‹Die In-                                                Jazz an der Hochschule Luzern abschloss.
                                                                 dung» wird realisiert, die 28-jährige Alma                                                                                           formatik im Jahr 2039›», «Beste Mobile       Sebastian Strinning                          Der Preis ermutige ihn, seinen Weg
                                                                 Cilurzo singt zudem gleich noch den                                                                                                  App» und «Bester Youtube- oder Werbe-                                                     weiterzuverfolgen. Zeit für die CD- und
    Ein Jugendlicher                                             «Bosco Arena»-Charity-Song. Begleitet                                                                                                film für das IWI oder die Informatik         Musiziert unter                              Filmproduktion wird er aber frühestens
    spielt Fussball
    in Itaquera,
                                                                 werden die Aktionen im Internet von Ver-                                                                                             allgemein» verliehen. Als Hauptpreis         freiem Himmel                                im Winter haben. Derzeit ist Strinning oft
    São Paulo, wo in                                             anstaltungen, etwa einem internationalen                                                                                             winken pro Kategorie 1’000 Franken.                                                       als Matrose auf dem Vierwaldstättersee
    Kürze die Welt-                                              Fussballtennisturnier in Sarnen vom                                                                                                  Einsendeschluss für die Beiträge ist der     Seine Musik an verschiedenen Orten in        unterwegs. «Um mich über Wasser zu
    meisterschaft
    startet.                                                     20. bis 22. Juni.                                                                                                                    15. September 2014. Infos und Teilnah-       der Natur aufnehmen und darüber einen        halten», sagt er – und lacht schallend.
                                                                 www.boscoarena.ch                                                                                                                    mebedingungen: www.hslu.ch / iwi25

4   Hochschule Luzern 2 | 2014                                                                                                                                                                                                                                                                                  Hochschule Luzern 2 | 2014   5
Ankommen und - Hochschule Luzern Das Magazin
Spektrum                                                                                                                                                                                                                                  Spektrum

Roter Punkt für                               Flaggschiff – auch bei der                                                                                                                                                                  Der Tourismus                                                                                                        Die Stanserhorn-
Leuchtvorhänge                                Energieeffizienz                                                                                                                                                                            lebt von der                                                                                                         Ranger erklären
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Touristen Berggipfel,

Sie leuchten und begeistern: Die Vorhänge
                                                                                                                                                                                                                                          Freiwilligenarbeit                                                                                                   Fauna und Flora,
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               knipsen Fotos und
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               orten Murmeli.
                                                So soll das Dreideck-
«eLumino» verbinden hochstehendes Tex-          schiff «MS2017» einst                                                                                                                                                                     Viele Aktivitäten, die für die Ausstrahlung
tildesign mit moderner LED-Technolo-            aussehen.                                                                                                                                                                                 einer Destination wichtig sind, würden
gie. Entwickelt wurden sie von der St. Gal-                                                                                                                                                                                               ohne Freiwillige nicht stattfinden. Das zeigt
ler Stickerei Forster Rohner AG und dem                                                                                                                                                                                                   eine gemeinsame Untersuchung des Insti-
Langenthaler Unternehmen Création                                                                                                                                                                                                         tuts für Tourismuswirtschaft ITW und des
Baumann zusammen mit einem For-                                                                                                                                                                                                           Instituts für Soziokulturelle Entwicklung
schungsteam der Hochschule Luzern –                                                                                                                                                                                                       der Hochschule Luzern. Eventverantwort-
Design & Kunst. Nachdem die Leuchtvor-                                                                                                                                                                                                    liche und Tourismusorganisationen ste-
hänge im letzten Jahr für den Design Preis                                                                                                                                                                                                hen vor der Herausforderung, weiterhin
Schweiz nominiert waren, erhalten sie                                                                                                                                                                                                     genügend freiwillig und ehrenamtlich
jetzt den Red Dot Award Product Design                                                                                                                                                                                                    Engagierte zu finden. Was bei ihrer Rekru-
2014 in der Kategorie «Wohnen und                                                                                                                                                                                                         tierung zu beachten ist und wie sie moti-
Schlafen». Eine 40-köpfige Expertenjury                                                                                                                                                                                                   viert werden können, fassen die Expertin-
bewertete rund 4’800 Einreichungen aus                                                                                                                                                                                                    nen und Experten der Hochschule Luzern
aller Welt. An der Thematik Licht und                                                                                                                                                                                                     in Empfehlungen zusammen.
Textilien wird bereits in einem Nachfol-                                                                                                                                                                                                  www.hslu.ch /freiwilliges-engagement-
geprojekt weitergeforscht.                                                                                                                                                                                                                tourismus

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           Energiewende
                                                                                                                                                                                                                                             Studierende zieht es über                                                                     mitgestalten
                                                                                                                                                                                                                                             Europas Grenzen hinaus                                                                        Um den Ausstieg aus der Kernenergie bis
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           2035 umzusetzen, muss das Potenzial
                                                                                                                                                                                                                                             100

                                                                                                                                    Fotos: Stanserhor n-Bahn / Chr istian Per ret, SGV Gr uppe, judel / v rolijk & co, Création Baumann
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           erneuerbarer Energien erschlossen wer-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           den. Mit dem Aktionsplan «Koordinierte
                                                                                                                                                                                                                                              80
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           Energieforschung Schweiz» vernetzt der
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           Bundesrat die Kompetenzen der Schwei-
                                                                                                                                                                                                                                              60
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           zer Hochschulen. Er rief sieben Swiss
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           Competence Centers for Energy Research
                                                                                                                                                                                                                                              40
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           (SCCER) ins Leben, die sich beispiels-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           weise mit den Themen Biomasse,
                                                                                                                                                                                                                                              20
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           Speicherung und Effizienz befassen. Im
                                              Die Kiellegung des «Motorschiffes 2017»     Technologie (KTI) mitfinanzierten Pro-                                                                                                               0
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           Bereich Effizienz ist das Know-how der
                                              in der Werft am Vierwaldstättersee          jekt. Urs-Peter Menti, Leiter des Zent-                                                                                                                     2009/10          2010/11            2011/12         2012/13           2013/14        Hochschule Luzern gefragt. Ihre Exper-
                                              steht kurz bevor. Das erste Dreideck-       rums für Gebäudetechnik, hat mit sei-                                                                                                                                                                                                            ten für Gebäudetechnik, thermische
                                              schiff der Flotte der Schifffahrtsgesell-   nem Team Messungen auf einem der                                                                                                                       Studierende an Hochschulen in Europa      Studierende an Hochschulen ausserhalb Europas   Energiesysteme und Verfahrenstechnik
                                              schaft Vierwaldstättersee (SGV) ist we-     bestehenden Motorschiffe durchge-                                                                                                                                                                                                                werden gemeinsam mit Vertretern der
                                              gen seiner Eleganz das zukünftige           führt. Diese dienen als Basis für ein                                                                                                              Immer mehr Studierende der Hochschule Luzern nutzen die Möglichkeit, ein oder                 ETH und der Materialforschungs- und
                                              Flaggschiff unter den Motorschiffen.        energieoptimiertes Konzept für Hei-                                                                                                                zwei Semester an einer Hochschule im Ausland zu studieren. Dabei zeigt sich,                  Prüfungsanstalt Empa daran forschen,
                                              Und es soll möglichst energieeffizient      zung, Kühlung und Lüftung sowie wei-                                                                                                               dass sie sich dafür vermehrt aussereuropäische Bildungsinstitutionen aussuchen, die           Gebäude und industrielle Prozesse ener-
                                              und schad­stoffarm fahren. Das ist das      tere Zusatzsysteme. Weil bisher dieser                                                                                                             nicht dem Austauschprogramm Erasmus angeschlossen sind. Dieser Trend wird                     gieeffizienter zu gestalten. Für die Ener-
                                              Ziel der Zusammenarbeit der Hoch-           Energieverbrauch bei Schiffen wenig                                                                                                                gemäss Fachleuten auch in den kommenden Jahren anhalten. Auch dank der Bemü-                  gieforschung im Rahmen des SCCER
                                              schule Luzern mit der SGV-Tochter­          Beachtung fand, wird hier ein grosses                                                                                                              hungen einzelner Departemente der Hochschule Luzern, die bis nach China reisen,               erhält die Hochschule Luzern 3,5 Milli-
                                              gesellschaft Shiptec AG in einem von        Einsparpotenzial vermutet, das beim                                                                                                                um neue Partnerschaften zu knüpfen.                                                           onen Franken. Die Arbeiten starten
«eLumino» erhält einen Red Dot Award.         der Kommission für Innovation und           «MS2017» genutzt werden soll.                                                                                                                                                                                                                    bereits diesen Sommer.

6   Hochschule Luzern 2 | 2014                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Hochschule Luzern 2 | 2014   7
Ankommen und - Hochschule Luzern Das Magazin
Um an einem Ort
                                                                                                                                                               heimisch zu werden,
                                                                                                                                                                 muss man ihn sich

                          Heimat
                                                                                                                                                              erst aneignen – durch
                                                                                                                                                                    Interaktion und
                                                                                                                                                              Auseinandersetzung.

                Andere Länder besuchen und digital vernetzt überall auf der
         Welt Freundschaften pflegen, sich sein Leben lang weiterbilden und
         darauf einstellen, verschiedene Berufe auszuüben. Beweglich sein, phy-
         sisch und im Geist, sich bietenden Möglichkeiten hinterherreisen –
         wollen und müssen … In einer globalisierten Welt mit immer
         weniger Gewissheiten und Kontinuitäten ist Heimat ein Gegenent-
         wurf, der Verwurzelung und Geborgenheit bietet. Heimat ist kein
         Ort, etwa das Land, in dem man geboren ist, oder die Stadt, in
         der man wohnt. Heimat ist vielmehr ein Gefühl. Ein sehr persönli-
         ches. Es setzt sich aus vielen Fragmenten zusammen: aus Erinne-
         rungen und Geschichten, aus Bildern, Gerüchen und Klängen.
                Heimat ist da, wo man sich mit Selbstverständlichkeit be-
         wegt, wo man sich wohlfühlt und nicht erklären muss. Heimat kann
         man sich aber auch neu schaffen, durch Freundschaften und
         Beziehungen, durch Mitwirkung in kleineren und grösseren sozialen
         Einheiten. Unser Dossier zum Thema «Heimat» spiegelt die
         Vielfältigkeit des Begriffs. Erfahren Sie mehr über die akustische
         Identität der Schweiz, das besondere Heimatgefühl der Walliser
         Studierenden oder über die Kunst als Mittlerin zwischen Kulturen
         und als Anstifterin, sich für seinen Lebensraum zu engagieren
         und ihn aktiv zu gestalten. Gerade Letzteres zeigt, dass Heimat
         nicht Rückzug bedeuten muss, sondern immer auch Aufbruch –
         um anzukommen.
                                                                                  Illustration: Isabel Peterhans, Absolventin der Hochschule Luzer n

                                 Sigrid Cariola, Chefredaktorin

8   Hochschule Luzern 2 | 2014                                                                                                                         Hochschule Luzern 1 | 2014 13
Ankommen und - Hochschule Luzern Das Magazin
Heimat                                                                                                                                                                           Heimat

  Die akustische Identität der                                                                                                                                                     Schweizer Radio International (SRI), dem
                                                                                                                                                                                   damaligen Auslandsdienst von SRF. Er
                                                                                                                                                                                                                                zuwählen. «So trugen die Sender wesent-
                                                                                                                                                                                                                                lich zur Verbreitung des volksmusikali-
                                                                                                                                                                                                                                                                                Medium, fast jeder Staat betrieb auch
                                                                                                                                                                                                                                                                                einen Auslandssender. SRI hatte den Auf-

      Schweiz ist zeitlos
                                                                                                                                                                                   sollte für den Sendebetrieb eine Samm-       schen Schaffens der damaligen Zeit bei»,        trag, als «Stimme der Schweiz» die Ver-
                                                                                                                                                                                   lung mit Schweizer Volksmusik anlegen.       sagt Kulturwissenschaftlerin Patricia           bindung der Auslandschweizer zur Hei-
                                                                                                                                                                                   In der Folge trug Fritz Dür zwischen 1957    Jäggi, wissenschaftliche Mitarbeiterin          mat zu sichern, ein umfassendes Bild der
                                                                                                                                                                                   und 1967 fast 8’000 Tonbänder zu einer       am Departement Musik. Da Schweizer              Schweiz im Ausland zu vermitteln und
                                                                                                                                                                                   «klingenden Visitenkarte der Schweiz»        Radio International kein eigenes Auf-           Verständnis für ihre Anliegen zu schaf-
                                                                                                                                                                                   zusammen. Nach intensivem Gebrauch           nahmestudio hatte, musste sich Dür für          fen. Damit richtete es sich an Ausland-
                                                                                                                                                                                   kam die Sammlung mit den Jahren aus          seine Sammlung aus den Aufnahmen der            schweizer, aber auch an Bürger anderer
                                                                                                                                                                                   der Mode und landete schliesslich in der     Regionalsender bedienen, was die vielen         Länder. Zunächst sendete SRI in Deutsch,
                                                                                                                                                                                   Schweizer Nationalbibliothek.                regionalen Stile in seiner Sammlung er-         Französisch und Italienisch, später auch
                                                                                                                                                                                                                                klärt. Ein beachtlicher Teil der Archive        in Englisch, Spanisch, Portugiesisch, Ara-
                                                                                                                                                                                   Ein Schatz wird gehoben Die For-             der Regionalsender wurde im Lauf der            bisch, Rätoromanisch und Esperanto.
                                                                                                                                                                                   schenden der Hochschule Luzern unter-        Zeit zerstört. «Viele Stücke haben nur in           «Zur Zeit des Kalten Krieges erhielt
                                                                                                                                                                                   suchen die klanglich-musikalische Seite      der Sammlung Dür überlebt, das macht            der Auslandsrundfunk eine besondere
                                                                                                                                                                                   der Sammlung Dür, die Programme von          sie kulturhistorisch besonders wertvoll»,       Bedeutung. Während der Osten nach
                                                                                                                                                                                   SRI sowie die volksmusikalischen Prak-       sagt Jäggi.                                     Westen sendete, um dessen Bevölkerung
                                                                                                                                                                                   tiken der 1950er- und 1960er-Jahre. Dazu          Ein wichtiges Ziel des Projektes ist,      zu beeinflussen, versuchte der Westen,
                                                                                                                                                                                   mussten sie sich in einem ersten Schritt     die einzigartige Sammlung wieder einer          mit seinen Sendern die staatliche Propa-
                                                                                                                                                                                   einen Überblick über die Fülle an Ton-       breiten Öffentlichkeit zugänglich zu ma-        ganda in den Ostblockstaaten zu unter-
                                                                                                                                                                                   bändern verschaffen. «Wir waren sehr         chen. Bis zum Projektabschluss Ende 2015        wandern», sagt Thomas Hengartner, Lei-
                                                                                                                                                                                   überrascht, als wir erkannten, wie breit     ist dazu eine ganze Reihe von Massnah-          ter des Instituts für Sozialanthropologie
                                                                                                                                                                                   das Repertoire der Sammlung ist. Volks-      men geplant: Ein Teil der Sammlung wird         und Empirische Kulturwissenschaft an
                                Ein Männerchor beim Jodeln in typischer Appenzellertracht, aufgenommen am                                                                          musik, Ländler und Jodel machen nur          derzeit beim Schweizer Radio und Fern-          der Universität Zürich und Gesamtlei-
                                Schwing- und Älplerfest von 1953 in Winterthur.                                                                                                    etwa die Hälfte aus, daneben gibt es Blas-   sehen digitalisiert und fliesst später in die   ter des Forschungsprojekts «Broadcasting
                                                                                                                                                                                   musik, volkstümlichen Schlager, Jazz,        Online-Datenbank von Memoriav, dem              Swissness». SRI setzte seine Berichterstat-
                                                                                                                                                                                   Klassik und Chorstücke», sagt Marc-          Verein zur Erhaltung audiovisueller             tung zum aktuellen Weltgeschehen un-
                 Jodeln, Alphorn, Chlefeli – Forschende der Hochschule Luzern untersuchen                                                                                          Antoine Camp. Damit dokumentiert die         Schweizer Kulturgüter, ein. Die Stücke          ter das Credo der Neutralität und gehörte
                          anhand der jüngst wiederentdeckten Sammlung Dür die                                                                                                      Sammlung Dür fast das gesamte musi-          werden an den Hörstationen der Natio-           dadurch weltweit zu den anerkanntesten
                                                                                                                                                                                   kalische Schaffen ihrer Zeit.                nalphonothek in Lugano hörbar sein. In          Radiostationen. Neben Nachrichtensen-
                  akustische Seite von «Swissness». Dabei entdecken sie eine ungeahnte                                                                                                 Bisher fanden die Wissenschaftler        der Sendung «Fiirabigmusig» der «Musik-         dungen und politischen Kommentaren
                              Vielfalt – und einen kulturhistorischen Schatz.                                                                                                      keine Unterlagen, die auf eine offizielle    welle» präsentiert Daniel Häusler, Dozent
                                                                                                                                                                                   Sammelstrategie hindeuten. Sie gehen         an der Hochschule Luzern – Musik, be-
                                                                                                                                                                                   davon aus, dass Fritz Dür bei der Aus-       reits heute jeden Mittwoch eine Perle aus           Alphornblasen im Wandel
                                                                                                                                                                                   wahl der Stücke freie Hand hatte, die er     der Sammlung. Darüber hinaus soll es                Anlässlich des Eidgenössischen Jod-
                                                                                                                                                                                   als Musikwissenschaftler jedoch umsich-      Notenpublikationen geben. Live erleben              ler-Forums am Vorabend des Eid-
         Seit einigen Jahren erlebt das tra-    päischen Staaten bestand damals auch in       tische Nationalsymbole», sagt Marc-                                                  tig walten liess. «An der Sammlung lässt     lässt sich die Sammlung Dür im Rahmen               genössischen Jodlerfestes lädt die
ditionelle Schweizer Heimatbild ein Re-         der Schweiz das Bedürfnis nach identi-        Antoine Camp, Musikwissenschaftler                                                   sich ableiten, dass Dür im Hinblick auf      des Festivals Alpentöne am 16. August               Hochschule Luzern zu einer Diskus-
vival. Jodelklubs freuen sich über Zulauf       tätsstiftenden Nationalsymbolen mit Al-       und Musik­ethnologe an der Hochschule                                                musikalische Vielfalt und spielerische       2015 in Altdorf, wo die Big Band der Stu-           sionsrunde zum Thema «Ich und
junger Mitglieder, und die Migros Klub-         leinstellungscharakter. Gleichzeitig trieb    Luzern. «Heute gehören beide zum offi-                                               Qualität entschied, ob ein Stück in sein     dierenden der Hochschule Luzern eine                unsere Tradition – Alphornblasen
schule bietet schweizweit gut besuchte          die aufkommende Industrialisierung im-        ziellen immateriellen Kulturerbe der                                                 Archiv einging», sagt Camp. Die meisten      Auswahl an Stücken präsentieren wird.               im Wandel» ein. Die Teilnehmenden
Alphorn-, Schwyzerörgeli- und Jodel-            mer mehr Menschen in die Städte. Vor          Schweiz.»                                                                            Stücke stammen zudem von Schweizer                                                               tauschen sich über den Wandel des
kurse an. In einer globalisierten Welt, die     diesem Hintergrund und unter dem Ein-             Marc-Antoine Camp untersucht in ei-                                              Komponisten oder sind von Schweizer          Ein Kind des Kalten Krieges Wäh-                    Alphorns aus, diskutieren die unter-
                                                                                                                                            Fotos: Keystone / Photopress-A rchiv

dem Einzelnen fast unüberschaubar viele         fluss der Romantik entstand ein ideali-       nem interdisziplinären Forschungspro-                                                Interpreten gespielt.                        rend sich die Luzerner mit dem Inhalt               schiedlichen Zugänge zum Instru-
Möglichkeiten bietet, ist Heimat für viele      siertes, rurales Heimatbild, das auch der     jekt die Frage, wie «Swissness» mittels Mu-                                              Radiostationen waren damals die at-      der Sammlung Dür und dem Programm                   ment und sprechen über die vielfälti-
wieder ein positiv besetzter Begriff. Sie       damals aufblühende Tourismus für seine        sik konstruiert und vermittelt wird. Dazu                                            traktivste Möglichkeit, Musik aufzuneh-      von SRI befassen, untersuchen ihre Kol-             gen Formen des Alphornblasens.
stiftet Identität und Orientierung, bietet      Zwecke nutzte und festigte. «Damals er-       dient den Wissenschaftlern der Hoch-                                                 men und sie einem breiten Publikum zu        legen von den Universitäten Basel und
Geborgenheit und Vertrautheit.                  wachte auch das Interesse an einer ge-        schule Luzern sowie der Universitäten                                                präsentieren. Denn die Regionalsender        Zürich die Resonanz bei den Hörern                  Donnerstag, 3. Juli 2014
     Entstanden ist das traditionelle           meinsamen Volksmusiktradition. Im             Zürich und Basel die Sammlung Dür, die                                               liessen regelmässig Musiker aus ihrem        sowie den institutionellen und gesell-              16.30 bis 18.30 Uhr
Schweizer Heimatbild im Verlauf des             20. Jahrhundert etablierten sich schliess-    in den 1950er- und 1960er-Jahren ent-                                                Einzugsgebiet vorspielen, um geeignete       schaftlichen Kontext der Sammlung. Da-              Kongresszentrum Davos
19. Jahrhunderts. Wie in anderen euro-          lich das Alphorn und das Jodeln als akus-     stand. Fritz Dür leitete die Sonothek von                                            Interpreten für Studioaufnahmen aus-         mals war das Radio noch das führende                www.jodlerfest-davos.ch/programm

10 Hochschule Luzern 2 | 2014                                                                                                                                                                                                                                                                  Hochschule Luzern 2 | 2014 11
Ankommen und - Hochschule Luzern Das Magazin
Heimat                                                                                                                                                                            Heimat

                                       «Im internationalen                                                                                                                        produzierte SRI aber auch Sendungen,           liegt es zudem jenseits politischer oder re-    che Schweiz», sagt Jäggi. Wie aber klingt
                                                                                                                                                                                  die bewusst der positiven Selbstdarstel-       ligiöser Konfliktlinien, was es beständig       die Schweiz, wenn sie nicht durch die
                                Vergleich sind unsere Grossstädte                                                                                                                 lung der Schweiz dienten – in politischer      macht», sagt Hengartner. So nutzen vor          Kunstform Musik repräsentiert, sondern

                                     klein und beschaulich»                                                                                                                       und kultureller, wirtschaftlicher und tou-
                                                                                                                                                                                  ristischer Hinsicht. So gab es beispiels-
                                                                                                                                                                                                                                 allem Politik und Tourismus dieses Bild
                                                                                                                                                                                                                                 noch heute, wenn die Schweiz repräsen-
                                                                                                                                                                                                                                                                                 dokumentarisch abgehorcht wird? Patri-
                                                                                                                                                                                                                                                                                 cia Jäggi erstellte für das Bundesamt für
                                                                                                                                                                                  weise Beiträge zur Schweizer Uhr-                                                                   Kultur eine Klangcollage, die eine
                         Barbara Taufer vom Institut für Tourismuswirtschaft befasst sich mit der                                                                                 macherkunst und Reportagen aus                                                                      akustische Reise durch das immate-
                              touristischen Nutzung von Schweizer Traditionen. Im Interview                                                                                       den verschiedenen Regionen der                                                                      rielle Kulturerbe der Schweiz erlaubt
                         erklärt sie die Bedeutung des traditionellen Heimatbildes für den Schweizer                                                                              Schweiz sowie bereits 1950 einen                                                                    – vom Hornussen über die Basler und
                                                                                                                                                                                  Mitschnitt einer Live-Sendung vom                                                                   die Luzerner Fasnacht, die Walliser
                                      Tourismus, weshalb es Asiaten besonders anspricht
                                                                                                                                                                                  Gipfel des Matterhorns zu hören.                                                                    Kuhkämpfe, die Klänge von Musik-
                              und wo Schweizer Städte im internationalen Wettbewerb stehen.                                                                                            Schweizer Volksmusik, wie sie in                                                               automaten und das Zentralschweizer
                                                                                                                                                                                  Form der Sammlung Dür zur Verfü-                                                                    Wildheuen bis hin zum Lawinen-
                                                                                                                                                                                  gung stand, war ein wichtiges Ele-                                                                  warnsystem. Da tönt es mal laut und
Welche Rolle spielt das traditionelle                                                         der Städtetourismus in der Schweizer                                                ment bei der Vermittlung von «Swiss-                                                                roh, klingt es mal sanft und leise. Und
Schweizbild mit Alpen, Kühen und Heidi                                                        Tourismuswerbung bisher zu kurz?                                                    ness» in alle Welt. Sie machte rund                                                                 so machen diese Collage wie auch die
für den Schweizer Tourismus?                                                                  Es ist tatsächlich so, dass der Städtetou-                                          die Hälfte der Sendezeit aus. «Bei den                                                              Sammlung Dür in ihrer Vielfalt sehr
Eine sehr wichtige, und zwar schon seit                                                       rismus erst in den letzten Jahren stärker                                           vielen Sprachräumen, die SRI be-                                                                    deutlich, wie die Schweiz klingt:
den Anfängen des hiesigen Tourismus. Ei-                                                      beworben wurde. Es ist aber auch hier so,                                           diente, vereinfachte ein hoher Musik­                                                               föderal vieltönig.     Simona Stalder
nerseits deckt es vieles ab, was man in den                                                   dass unsere verhältnismässig kleinen                                                anteil die Produktion», sagt Hengart-          Fritz Dür, ehemaliger Leiter der Sonothek von
                                                                                                                                                                                                                                 SRI, mit seiner Tochter Christina (1953).
Ferien sucht: Natur, Ruhe und Erholung.                                                       Städte nicht das Grossstadtflair vermit-                                            ner. Zudem nutzte der Sender den                                                                   Klangcollage zu den lebendigen
Andererseits spielte der Alpinismus seit                                                      teln können, das Städtetouristen in Ber-                                            Wiedererkennungswert der Musik,                                                                    Traditionen der Schweiz
jeher eine wichtige Rolle im Schweizer                                                        lin, New York oder London finden. Und                                               weil auf den damaligen Radiogerä-                                                                  http://soundcloud.com / norient /
Tourismus. Und auch wenn wir uns die                                                          auch bei Kultur, Nachtleben und Shop-                                               ten die Frequenzen oftmals nicht ange-         tiert werden soll. Für den Tourismus ist            sound-collage-living
Alpen mit anderen Ländern teilen, so ist            Barbara Taufer ist senior wissen-         ping können sie mit der Angebotsfülle                                               schrieben waren. «Man ‹schraubte› sich         es immer noch eines der wichtigsten
                                                    schaftliche Mitarbeiterin am Insti-
unsere bergige Landschaft letztlich das,            tut für Tourismuswirtschaft der           dieser Städte nicht mithalten.                                                      durch die Sender, bis man hörte, was man       Verkaufs­  argumente (siehe links). So              Sammlung Fritz Dür bei SRF
was uns im globalen Tourismuswettbe-                Hochschule Luzern – Wirtschaft.               Der Tourismus vermarktet Brauch-                                                suchte. Akustische Eigenständigkeit war        begrüsst und verabschiedet der Flugha-              www.srf.ch /sendungen / fiirabigmusig /
werb einzigartig macht, wo wir gegen                                                          tum und Tradition im Interesse eines wirt-                                          ein Vorteil für einen Sender, der schnell      fen Zürich etwa Einheimische und Gäste              sammlung-fritz-duer
Destinationen mit Palmenstränden, Wüs-                                                        schaftlichen Profits. Welche Gefahren                                               gefunden werden wollte», so Hengartner.        aus aller Welt mit einer Bild-Ton-Collage
ten oder antiken Kulturen antreten.             Das Leben in der modernen Schweiz un-         sind damit verbunden?                                                               Als Pausenzeichen diente SRI ein Aus-          zu Heidi und dem Matterhorn, während
   An wen richtet sich die Tourismus-           terscheidet sich stark vom Schweizbild,       Es kommt vor, dass Brauchtum und Tra-                                               schnitt aus dem bekannten Volkslied            sie die Skymetro zwischen Terminal E und            Breite Trägerschaft
werbung, die mit diesem Bild spielt?            mit dem die Tourismuswerbung spielt.          dition zu reiner Show verkommen und                                                 «Lueget vo Berg und Tal».                      dem Hauptgebäude nutzen.                            Das Projekt «Broadcasting Swiss-
Die aktuelle Grundkampagne von Schweiz          Sind Touristen da nicht zwangsläufig          verfremdet werden. Der Tourismus kann                                                    Die Kulturpolitik stand damals noch            Immerhin hat sich bei der offiziellen          ness» wurde von Memoriav, einem
Tourismus mit dem Claim «Schweiz – ganz         enttäuscht?                                   Brauchtum und Tradition aber auch för-                                              unter dem Einfluss der Geistigen Landes-       Repräsentation der Schweiz seit der                 Verein zur Erhaltung des schweize­
natürlich» richtet sich an ausländische wie     Werbung fokussiert stets die positiven        derlich sein. Er kann im Aussterben                                                 verteidigung, die mit der Besinnung auf        Landi 39 einiges verändert. Hier rückte             rischen audiovisuellen Kulturguts,
                                                Aspekte einer Destination. Die Kunden         begriffene Traditionen wiederbeleben,                                               schweizerische Werte erst den National-        die Inszenierung als attraktiver Wirt-              initiiert. Als Partner beteiligen sich
   «Unser Heimatbild deckt                      wissen das aber und informieren sich vor      finanziellen Nutzen in wirtschaftlich                                               sozialismus und nun den Kommunismus            schaftsstandort, innovativer Forschungs-            die Schweizerische Nationalpho-
                                                der Reise weitergehend. Auch hier darf        schwächeren Regionen stiften und den                                                abwehren sollte. In den 1930er-Jahren          platz und verlässlicher internationaler             nothek, SRF Schweizer Radio und
      vieles ab, was man
                                                man aber die Relationen nicht ausser          Personen, die die Tradition pflegen,                                                hatte sie den in bürgerlichen Kreisen als      Partner in den Fokus. Patricia Jäggi un-            Fernsehen, Radio SRF Musikwelle,
     in den Ferien sucht.»                      Acht lassen: Selbst unsere Grossstädte                                                                                            anrüchig geltenden Ländler salonfähig          tersuchte, wie sich die akustische Insze-           die Abteilung Dokumentation und
                                                mit ihren pittoresken, gepflegten Altstäd-                                                                                        gemacht und dem traditionellen, ruralen        nierung der Schweiz an der Landi 39 von             Archive der SRG, das Haus der
                                                                                                   «Es kommt vor, dass
an inländische Touristen. Sie ist nicht auf     ten, den sauberen Seen und den Gebirgs-                                                                                           Schweizbild mit der Landesausstellung          jener an der Expo 1964 unterschied. «Die            Musik in Altdorf, die Gesellschaft für
bestimmte Nationalitäten ausgerichtet.          ketten am Horizont sind für Touristen
                                                                                                Tradition und Brauchtum                                                           von 1939 einen neuen Höhepunkt ver-            Landi präsentierte sich mit dem volks-              Volksmusik in der Schweiz (GVS),
Tatsächlich ist es aber so, dass sich asiati-   aus asiatischen Metropolen vergleichs-
                                                                                                 zur Show verkommen.»                                                             schafft. Die Lücke zwischen diesem             liedhaften Stück ‹Landidörfli›, dem Lan-            die Forschungsgruppe zu Cultural
                                                                                                                                           Fotos: zVg, Pr ivatarchiv Fr itz Dür

sche Touristen davon besonders angezo-          weise klein und beschaulich. Insofern                                                                                             Schweizbild und gesellschaftlicher Rea-        dimarsch und einem fanfarenhaften Ton-              Property der Universität Göttingen,
gen fühlen. Einerseits spielt hier sicherlich   unterscheidet sich das touristisch ver­       Wertschätzung und Identität vermitteln.                                             lität war inzwischen noch grösser als zu       signet sehr traditionell. Die Expo in               die Forschungsgruppe Intangible
der Exotikfaktor eine Rolle. Andererseits       mittelte Bild aus asiatischer Perspektive     Wichtig ist, dass diese Personen in die                                             seinen Anfängen. Daran schien sich aber        Lausanne setzte hingegen auf musikali-              Cultural Heritage der Universitäten
kommen viele Asiaten aus dicht besiedel-        gar nicht so sehr von der Realität, die sie   Gestaltung und Umsetzung des touris-                                                niemand zu stören. «Damals wie heute be-       sche Avantgarde. Eine elektronisch her-             Neuchâtel und Basel sowie die Zür-
ten, urbanen Räumen, manche aus Me-             hier antreffen.                               tischen Angebots einbezogen und auch                                                friedigt das Bild aufgrund seiner Allein-      gestellte Erkennungsmelodie und ein                 cher Hochschule der Künste. Das
gastädten. Für sie ist die saubere und idyl-       Beim Städtetourismus hinkt die             am wirtschaftlichen Nutzen beteiligt                                                stellungskraft den Wunsch nach nationa-        Orchester aus Büromaschinen verkör-                 Projekt wird vom Schweizerischen
lische Schweiz eine heile Welt.                 Schweiz anderen Ländern hinterher. Kam        sind.         Interview: Simona Stalder                                            ler Identität. Da es wenig reale Bezüge hat,   perten eine moderne und fortschrittli-              Nationalfonds finanziert.

12 Hochschule Luzern 2 | 2014                                                                                                                                                                                                                                                                   Hochschule Luzern 2 | 2014 13
Ankommen und - Hochschule Luzern Das Magazin
Heimat                                                                                                                               Heimat

                                                                                                                                        Nicht nur für Touristen, auch                                                         Stadtverwaltung zu erforschen. In
                                                                                                                               für viele Einheimische endet Luzern                                                            Luzern heisst die Versuchsreihe «Spu-
                                                                                                                               bei der Talstation der Gütschbahn                                                              rensuche», wobei zwei Künstlerduos
                                                                                                                               hinter dem Kasernenplatz. Was da-                                                              ihre Ideen in direktem Kontakt mit
                                                                                                                               nach kommt, passt nicht so recht zur                                                           der Bevölkerung ausprobiert haben.
                                                                                                                               Postkartenidylle der Leuchtenstadt.                                                                Barbara Kuzhnini war sofort da-
                                                                                                                               Dicht gebaut, eng und verkehrsreich,                                                           bei, als sie von den Konzeptkünst-
                                                                                                                               ist die Baselstrasse zweifellos die ur-                                                        lern Frank und Patrik Riklin ange-
                                                                                                                               banste, bunteste und internationalste                                                          fragt wurde, ob sie bei der Aktion
                                                                                                                               Meile der Stadt, mit mexikanischen,                                                            «Quatschmobil» mitmachen wolle,
                                                                                                                               türkischen, indischen und afrikani-          In die Aktion «Quatschmobil» war auch das         ebenso der Schuhmacher Rosario
                                                                                                                               schen Läden. Barbara Kuzhnini be-            Gewerbe des Stadtteils eingebunden.               Terranova und Agim Jashari von
                                                                                                                               treibt hier seit zehn Jahren ihren                                                             «Gimi’s Pizza & Panini». Mit dem
                                                                                                                               Coiffeursalon «Kreuzstutz». Sie mag                                                            «Quatschmobil» haben die Riklin-
                                                                                                                               das Quartier, nur habe es jenseits seiner    inwiefern mit künstlerischen Projekten        Zwillinge vom St. Galler Atelier für Son-
                                                                                                                               Grenzen einen schlechten Ruf, was es         und Aktionen die soziale und kulturelle       deraufgaben Ende März während dreier
                                                                                                                               schwierig mache, neue Kunden zu gewin-       Entwicklung von Lebensräumen unter            Tage einen Taxidienst der anderen Art
                                                                                                                               nen: «Da kann man noch so ein schönes        der Beteiligung der Bevölkerung ange-         getestet. Ihr Taxi fuhr nicht gegen Geld,
                                                                                                                               Geschäft haben», sagt sie.                   regt und gefördert werden kann.               sondern gegen «Quatschen».
                                                                                                                                                                                Dazu hat man in Zürich und Luzern
                                                                                                                               Mit Kunst die Menschen erreichen             drei «Achsen» ausgewählt, die als beson-      Fahrgast fördert Baselstrasse Stets
                                                                                                                               Es habe sich zwar einiges getan zwischen     ders sensibel gelten: neben den zwei          dann, wenn das Taxi erneut zehn Kilo-
                                                                                                                               Kasernenplatz und Reussbühl in den letz-     Zürcher Achsen Wehntalerstrasse und           meter zurückgelegt hatte, rief der Chauf-
                                                                                                                               ten Jahren, sagt Ruedi Frischknecht, Lei-    Hohlstrasse eben auch die Achse Kaser-        feur bzw. die Chauffeurin einen der drei
                                                                                                                               ter der Luzerner Stadtentwicklung. Das       nenplatz–Seetalplatz. Alle drei zeichnet      Ladenpartner an und meldete, dass der
                                                                                                                               Sicherheitsproblem sei viel geringer als     eine schwierige städtebauliche Situation      dort gerade anwesende Kunde seinen
                                                                                                                               früher und es hätten sich mehr Studierende                                                 Haarschnitt, seine Schuhreparatur oder
                                                                                                                               und Kulturschaffende angesiedelt. «Den-                                                    die Pizza nicht bezahlen müsse, sondern
                                                                                                                                                                               «Die Kunst hat gesiegt,
                                                                                                                               noch besteht nach wie vor die Gefahr ei-                                                   von der Stadt offeriert erhalte.
                                                                                                                                                                                 wenn sie sich selbst
                                Das «Quatschmobil» bietet Zeit und Raum für Begegnungen.                                       ner Ghettoisierung, und die Fluktuation                                                         Barbara Kuzhnini erzählt, es sei ein
                                                                                                                               bei den Bewohnern ist sehr hoch.»
                                                                                                                                                                               überwindet und etwas                       Riesenspass gewesen: «Die beschenkten
                                                                                                                                   Viele Bewohner denken wie Barbara         Selbstverständliches wird.»                  Kunden freuten sich sehr.» Auch Milo Sre-
                                                                                                                               Kuzhnini: Wegziehen, sobald man es                    Patrik Riklin, Künstler              len, einer der Chauffeure, die die Riklins

                              Die Kunst des
                                                                                                                               sich leisten kann. So etwas wie ein Hei-                                                   an der Achse als Freiwillige rekrutiert hat-
                                                                                                                               matgefühl stellt sich bei vielen gar nicht   aus, alle drei sind emissionsbelastete Ver-   ten, ist begeistert von der Aktion. Es ge-
                                                                                                                               erst ein, weshalb sie auch wenig Inter-      kehrsadern und werden zum Wohnen,             fiel ihm, auf diese Weise ganz unter­

                            Brückenschlagens
                                                                                                                               esse daran haben, sich an der Gestaltung     Arbeiten, Einkaufen und Ausgehen              schiedliche Leute kennenzulernen. Das
                                                                                                                               ihres Lebensraums zu beteiligen. Das         genutzt. An diesen drei Achsen sind im        Künstlerduo hat den Test mit einer tollen
                                                                                                                               weiss Ruedi Frischknecht aus früheren        letzten halben Jahr Versuchsreihen durch-     Bilanz abgeschlossen: Das Quatschmobil
                                                                                                                               Projekten. Was es also braucht, sind neue    geführt worden, um verschiedene For-          hat rund 30 Leute über 200 Kilometer weit
                                                                                                                               Ideen und Ansätze, damit sich die Situ-      mate von Kunst im öffentlichen Raum           gefahren. An der Baselstrasse wurden sie-
                  Kunst im öffentlichen Raum kann Menschen motivieren, sich mit ihrem                                          ation stabilisiert und die Leute gerne an    sowie für das Potenzial von Kooperatio-       ben Haarschnitte, neun Pizzen und vier
                          unmittelbaren Lebensraum auseinanderzusetzen, und                                                    der Baselstrasse bleiben.                    nen zwischen Kunstschaffenden und             Schuhreparaturen offeriert.
                                                                                                                                   Genau darum geht es im Forschungs-                                                          «Es war schön, zu sehen, wie die Fahr-
                                                                                           Fotos: Bodo Rüedi, Philip Matesic

                    ihnen helfen, darin heimisch zu werden. Wie das gelingt, erforscht                                         projekt «Stadt auf Achse» der Hochschule                                                   gäste ins Nachdenken kamen, wenn sie
                          das Projekt «Stadt auf Achse» der Hochschule Luzern,                                                 Luzern und der Zürcher Hochschule der            Quatschmobil und Achsen­                  merkten, dass sie indirekt eine Aktion und
                                                                                                                               Künste, an dem neben der Stadt Luzern            geschichten live erleben                  damit auch Gespräche an der Baselstrasse
                    der Zürcher Hochschule der Künste, der Städte Luzern und Zürich                                            auch die Stadt Zürich, Heller Enterpri-          Am 14 . Juni 2014 , von 11 bis 13 Uhr,    auslösten.» Patrik Riklin nennt das «posi-
                               sowie des Unternehmens Heller Enterprises.                                                      ses und die JRP | Ringier Kunstverlags           präsentieren die beiden Künstlerduos      tive Anschläge» oder «gute Bömbchen».
                                                                                                                               AG als Projekt- und Umsetzungspartner            ihre Aktionen auf dem Lädeliplatz in      Die Riklins wünschen sich, dass das
                                                                                                                               beteiligt sind. Die zentrale Frage lautet,       Luzern.                                   Quatschmobil nicht nur ein dreitägiger

14 Hochschule Luzern 2 | 2014                                                                                                                                                                                                            Hochschule Luzern 2 | 2014 15
Ankommen und - Hochschule Luzern Das Magazin
Heimat                                                                                                                                                                                 HEImat

                                                    meln. «Sobald die Menschen merk-
                                                    ten, dass es nicht darum ging, ihnen
                                                                                            waltung künftig vermehrt und erfolgrei-
                                                                                            cher zusammenwirken können. Ziel des                                                                                      Mani Matters
                                                                                                                                                                                                                    Lieder fürs Auge
                                                    etwas anzudrehen, haben sie gerne       Projekts ist die Erarbeitung eines Hand-
                                                    erzählt. Etwa von ihrer Heimat, wie     buchs für Stadtverwaltungen und Kul-
                                                    sie nach Luzern kamen, was sie im       turunternehmen, das die Erfahrungen
                                                    Krieg erlebt haben», erzählt Rahel      aus den Versuchsreihen aufarbeitet. Es
                                                    Grunder. Das reiche Material, das die   soll Beispiele von Kunstaktionen im öf-
                                                    beiden Künstler auf der Achse fan-      fentlichen Raum enthalten und zeigen,                                                                                    Kein anderer Liedermacher hat den Schweizer
                                                    den, möchten sie den Leuten in Form     welche Möglichkeiten diese bieten, wo
                                                    eines Theaterstücks zurückgeben:        sie an Grenzen stossen und welche Pro-
                                                                                                                                                                                                            Alltag so liebevoll seziert, oft noch ins Absurde überzeichnet wie
                                                    «Wir machen nicht Kunst fürs Mu-        bleme bei der Planung und Durchfüh-                                                                                     Mani Matter. Einige seiner Lieder hat der Berner
                                                    seum, sondern wir wollen den Kreis      rung auftauchen können.                                                                                          Silvan Zurbriggen in seiner Abschlussarbeit in Illustrationen
                                                    wieder schliessen», sagt Philip Mate-                             Susanne Gmür
                                                    sic. «Im besten Fall können wir das                                                                                                                         übertragen. Von der Resonanz war er selbst überrascht.
                                                    Stück im Quartier aufführen und da-
                                                    mit etwas zu einem Gemeinschafts-          Noch mehr Kunst an der Achse
                                                    gefühl an der Achse beitragen.»            Kasernenplatz–Seetalplatz
                                                    Weshalb sollen gerade Künstler be-         Im Master Kunst der Hochschule                                                                «Kunscht isch gäng                                                                                    rascht von den vielen posi-
                                                    wirken können, dass die Menschen           Luzern – Design & Kunst setzen sich                                                   es Risiko», sang einst Mani                                                                                   tiven Rückmeldungen. Be-
                                                    sich für die Entwicklung ihres Le-         Studierende in ihren Abschluss-                                                       Matter. Der Illustrator und                                                                                   sonders schön war ein Brief
Rahel Grunder und Philip Matesic (Bild oben,        bensraums engagieren? Die Riklins          arbeiten mit Kunst im gesellschaftli-                                                 Graphic Designer Silvan                                                                                       einer älteren Dame aus
rechts) sammelten «Lebens-Geschichten».             wie auch Matesic und Grunder sind          chen und öffentlichen Kontext                                                         Zurbriggen hat diese Lied-                                                                                    St. Gallen, die fragte, ob sie
                                                    sich einig, dass es unter anderem das      auseinander. «Da sich die Master-                                                     zeile zum Thema seiner Ab-                                                                                    ein Replikat des ‹Ysebahn›-
                                                    Spielerische der Kunst ist, das Neu-       Arbeiten auf einen konkreten öffent-                                                  schlussarbeit im Master of                                                                                    Comics kaufen könne.»
«Gag» bleibt, «sondern etwas Selbstver-        gierde weckt und die Lust, mitzumachen.         lichen Raum beziehen, lag es nahe,                                                    Arts in Design gemacht. Er
ständliches wird. Die Kunst hat gesiegt,       Tom Steiner vom Institut für soziokultu-        für diesen Jahrgang denselben                                                         zeichnete fünf sogenannte                                                                                     Mit Bern verbunden Zur-
wenn sie sich sozusagen selbst überwin-        relle Entwicklung der Hochschule Luzern         Raum zu wählen, mit dem sich das                                                      One-Page Comics – Comics                                                                                      briggen, in San Diego gebo-
det.» Würde der Taxidienst permanent eta-      – Soziale Arbeit ergänzt: «Kunst spricht        Forschungsprojekt ‹Stadt auf Achse›                                                   also, die auf einer Seite eine                                                                                ren, lockt nicht die grosse
bliert, sollen nicht nur die Leute an der      die Leute auf eine besondere Weise an, sie      beschäftigt», sagt Peter Spillmann,                                                   abgeschlossene Geschichte                                                                                     weite Welt. In seinem Berner
Achse miteinander ins Gespräch gebracht        ist unabhängiger und anarchischer. Bei          Leiter des Schwerpunkts «Art in Pub-                                                  erzählen – zu Liedern des                                                                                     Atelier illustriert er Konzert-
                                               konventionelleren Interventionen, die von       lic Spheres» und zugleich Leiter der                                                  berühmtesten Troubadours              Silvan Zurbriggen in seinem Atelier in Bern.                            plakate oder entwickelt Cor-
   «Kunst spricht die Leute                    der Verwaltung aus kommen, hat die Be-          Versuchsreihe «Spurensuche» an der                                                    der Schweiz. «Als Künstler                                                                                    porate Designs für lokale
                                               völkerung vielleicht eher das Gefühl, dass      Achse Kasernenplatz–Seetalplatz.                                                      tätig zu sein, ist tatsächlich                                                                                Geschäfte. «Inspiration für
   auf eine besondere Weise
                                               es sich um eine Alibiübung handelt.»                Die Diplomanden werden ihre                                                       immer ein Wagnis, man kann die Reak-            im Bild erst auf den zweiten Blick zu er-      meine Arbeit finde ich hier genügend. Und
    an, sie ist unabhängiger                                                                   Projekte vom 13. bis 29. Juni 2014                                                    tion auf seine Arbeit nicht vorhersehen»,       kennen gibt: «Es stellt für mich einen Klas-   ich mag es, durch die Strassen zu gehen
      und anarchischer.»                       Kunst und Verwaltung im Dialog                  im Rahmen der Werkschau Design                                                        sagt Silvan Zurbriggen. Für seine Ab-           siker des One-Page Comics dar.»                und hie und da meinen Werken zu begeg-
    Tom Steiner, Hochschule Luzern –           Steiner begleitet das Forschungsprojekt,        & Kunst auf der Achse Kasernen-                                                       schlussarbeit wollte er ursprünglich selbst         Eine ganze Geschichte auf einen Blick,     nen.» Kürzlich durfte er für ein renom-
             Soziale Arbeit
                                               um die Prozesse und den Austausch zwi-          platz–Seetalplatz präsentieren.                                                       kleine Geschichten entwickeln, merkte           als «Einseiter» serviert zu bekommen –         miertes Designmagazin die Schrift
                                               schen den Künstlern und den Verant-             So wird etwa der gemischte Chor                                                       aber bald, dass dies sehr aufwändig ist         das scheint perfekt zum Zeitgeist zu pas-      «Helvetica» bildnerisch umsetzen. Seine
werden, sondern auch Vertreter der Stadt-      wortlichen in der Verwaltung zu analy-          von Emmenbrücke und Luzern, die                                                       und ihn von seinem eigentlichen Fach,           sen. «Doch der One-Page Comic ist eine         Illustration bildet ein Stück Heimat ab: das
verwaltung im Quatschmobil mitfahren           sieren und zu evaluieren. Denn das, so          lumen singers, auftreten. In Zu-                                                      dem Illustrieren, abhält. Mani Matters          der ältesten Formen des modernen Co-           typische Schweizer Zmorge. Stoff, der gut
                                                                                               sammenarbeit mit einer Diploman-
                                                                                                                                       Foto: Pius A mrein / Neue Luzer ner Zeitung

und im direkten Kontakt mit der Bevölke-       die Leiterin des Forschungsprojekts,                                                                                                  Liedgut – mit dem der 28-jährige Berner         mics. Um 1900 war er praktisch in jeder        ins Matter-Repertoire gepasst hätte – un-
rung brennende Fragen erörtern können.         Rachel Mader, sei eine der grössten Her-        din, die der Frage nachging, wie                                                      «selbstverständlich» aufgewachsen ist –         amerikanischen Tageszeitung zu finden»,        terhielt der Liedermacher doch schon mit
     Weniger rasant, aber nicht minder         ausforderungen: «Es treffen sehr unter-         sich die Identität eines Orts in sei-                                                 erschien ihm vor allem wegen seiner Ein-        erklärt Zurbriggen, der seine Arbeit im        «Betrachtige über nes Sändwitsch».
spielerisch ist die Aktion von Philip Ma-      schiedliche Perspektiven, Ansprüche und         ner Klangwelt spiegelt, haben                                                         fachheit und treffenden Pointen geeignet.       Siebdruckverfahren umgesetzt hat.                                             Simone Busch
tesic und Rahel Grunder, dem zweiten           auch Sprachen aufeinander. Oft kommt            sie den spezifischen «Sound» ihrer                                                                                                        Das Risiko, sich mit einem in der Öf-
Künstlerduo. Von Januar bis Mai waren          es zu grundlegenden Diskussionen dar-           Quartiere erforscht und daraus                                                        Zeitlose Erzählkunst Zu fünf Liedern            fentlichkeit so bekannten und beliebten
sie einmal pro Woche mit ihrem «Achsen­        über, was Partizipation, Kunst oder Stadt-      neue Kompositionen geschaffen.                                                        zeichnete er One-Page Comics: Beson-            Werk auseinanderzusetzen, hat sich für              Silvan Zurbriggens Abschlussarbeit
geschichten»-Anhänger unterwegs. Sie           entwicklung überhaupt bedeuten.» Diese                                                                                                ders stolz ist Zurbriggen auf «Dr Eskimo».      Zurbriggen gelohnt – so löste seine Ab-             ist an der Werkschau Design & Kunst
sprachen Leute an, um mit ihnen zu plau-       Auseinandersetzungen seien jedoch not-          Weitere Informationen unter:                                                          Die Illustration fällt vor allem dadurch        schlussarbeit bereits ein grosses Echo in           der Hochschule Luzern zu sehen:
dern und Geschichten und Spuren zu sam-        wendig, um zu sehen, wie Kunst und Ver-         www.hslu.ch/kunst-master                                                              auf, dass sich manches Element als Bild         den Medien aus. «Ich war wirklich über-             21. bis 29. Juni 2014, Messe Luzern

16 Hochschule Luzern 2 | 2014                                                                                                                                                                                                                                                                       Hochschule Luzern 2 | 2014 17
Ankommen und - Hochschule Luzern Das Magazin
HEIMAT                                                                                                                                                                                         HEIMAT

              Kreative Zentren von                                                                                                                                                               bäude umgebaut wird, entsteht
                                                                                                                                                                                                 in Kriens ein komplett neues
                                                                                                                                                                                                                                                                                                          ments Design & Kunst, ist über-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                          zeugt, dass sich aus dem ge-

             regionaler Ausstrahlung
                                                                                                                                                                                                 Gebäude. Vor wenigen Wochen                                                                              mischten Cluster der Viscosi­
                                                                                                                                                                                                 entschied das Architektenteam                                                                            stadt für angehende Künstlerin-
                                                                                                                                                                                                 Enzmann Fischer & Büro Kons-                                                                             nen und Designer neue Mög-
                                                                                                                                                                                                 trukt AG den Wettbewerb für                                                                              lichkeiten der gesellschaftlichen
                                                                                                                                                                                                 sich. Es wird ein fünfstöckiges                                                                          Beteiligung ergeben: «Sie wer-
                       Die künstlerischen Studienrichtungen der Hochschule Luzern sind                                                                                                           Gebäude mit grauer Klinker­                                                                              den hier die Chance haben, ihr
                          heute auf diverse Standorte verteilt. Zwei grosse Bauprojekte                                                                                                          fassade realisieren, das einem                                                                           Wirken zu erproben und direkt
                                                                                                                                                                                                 komplexen Anforderungsprofil                                                                             in den Alltag zu integrieren.»
                       sollen Studierenden und Mitarbeitenden der Departemente Musik                                                                                                             Rechnung trägt: einem breiten                                                                            Um Ideen und Konzepte zu re-
                                und Design & Kunst nur wenige Busminuten von                                                                                                                     Raumprogramm – vom Putz-                                                                                 alisieren und zu materialisieren,
                                                                                                                                                                                                 raum bis zum Konzertsaal –, ho-                                                                          sind neben Unterrichtsräumen
                           Luzerns Zentrum eine neue Heimat bieten: in Emmen und                                                                                                                 her Flexibilität in der Nutzung                                                                          auch Ateliers geplant, und den
                                             beim Südpol in Kriens.                                                                                                                              und besonderen Ansprüchen                                                                                Studentinnen und Studenten
                                                                                                                                                                                                 hinsichtlich Schallschutz und            Der Neubau des Departements Musik birgt ein flexibel            des Fachbereichs Film werden
                                                                                                                                                                                                 Akustik.                                 nutzbares Raumangebot – inklusive Konzertsaal.                  schallgeschützte Tonstudios so-
                                                                                                                                                                                                     Kern des Entwurfs ist eine                                                                           wie Schnittplätze zur Verfü-
                                                                                                                                                                                                 Mittelhalle mit vier Schächten,                                                                          gung stehen. Das Erdgeschoss
                                                                                                                                                                                                 die gleichzeitig als Klangröhren und als       «In der Viscosistadt werden                      des fünfstöckigen Gebäudes indes ist
                                                                                                                                                                                                 Licht- und Belüftungshöfe dienen. Das                 die Studierenden                          durchlässig gestaltet, es beherbergt eine
                                                                                                                                                                                                 Gebäude ist aufgegliedert in Bereiche,        über sehr gute Bedingungen                        Bibliothek, Ausstellungsräume sowie
                                                                                                                                                                                                 die Privatsphäre für den Unterricht ge-              verfügen, Ideen und                        eine Cafeteria, die nicht allein von der
                                                                                                                                                                                                 währleisten, und in Räumlichkeiten, die                                                         Hochschule Luzern genutzt werden –
                                                                                                                                                                                                                                                  Konzepte zu realisieren.
                                                                                                                                                                                                 explizit eine Öffentlichkeit adressieren,                                                       dieser öffentliche Bereich soll zum kul-
                                                                                                                                                                                                                                                        Sie soll auch ein
                                                                                                                                                                                                 so etwa die zweistöckige Bibliothek, ein                                                        turellen Zentrum des neuen Stadtquar-
                                                                                                                                                                                                 Kammermusiksaal mit rund 250 Plätzen
                                                                                                                                                                                                                                                 Ort der Manufaktur sein.»                       tiers werden.
                                                                                                                                                                                                                                                     Gabriela Christen, Direktorin
                                                                                                                                                                                                 und ein Jazzclub. Michael Kaufmann                                                                   Impulse an die Umgebung werden
                                                                                                                                                                                                                                                  des Departements Design & Kunst
                                                                                                                                                                                                 sieht das neue Gebäude nicht nur als Ar-                                                        auch vom neuen Musikgebäude und sei-
               Ein Teil des Departements Design & Kunst bezieht 2016 dieses Gebäude im bunten Kreativkosmos der Viscosistadt.                                                                    beits- und Begegnungsort für Musiker                                                            nen Nutzern ausgehen. Dass das Projekt
                                                                                                                                                                                                 und Musikerinnen aller Stilrichtungen,                                                          den Namen echea trägt, was so viel heisst
                                                                                                                                                                                                 sondern auch als offenes Haus. «Wir wol-          «Durch die räumlichen                         wie «Resonanzgefäss», scheint im doppel-
                                                                                                                                                                                                 len uns als Kultur- und Spielort für das                                                        ten Sinne ein gutes Omen. Michael Kauf-
                                                                                                                                                                                                                                                  Strukturen entsteht eine
                                                                                                                                                                                                 Publikum etablieren und dabei weiter-                                                           mann: «Unsere Musikerinnen und Musi-
                                                                                                                                                                                                                                                Musikwerkstatt mit grosser
        Die gut 500 Studentinnen und             Departements befindet sich an der Zen-           Musik neben dem Kulturwerkplatz Süd-                                                           hin intensiv mit unseren Partnern, wie                                                          ker werden gerade auch im Zusammenspiel
Studenten des Departements Musik tan-            tralstrasse. Für ein Fachgebiet, das aus         pol in Kriens angesiedelt, die Hälfte des                                                      dem Luzerner Sinfonieorchester, dem
                                                                                                                                                                                                                                                     Ausstrahlung für die                        mit dem Südpol dazu beitragen, dass sich
zen neben und während ihrem Studium              der spartenübergreifenden Zusammen-              Departements Design & Kunst zieht nach                                                         Luzerner Theater, dem Lucerne Festival           ganze    Zentralschweiz.»                      Luzern Süd zu einem neuen Kulturquar-
auf vielen Hochzeiten: Sie geben Kon-            arbeit auch einen Teil seiner Kreativität        Emmen auf das ehemalige Industrieareal                                                         und dem benachbarten Kulturwerkplatz                  Markus  Hodel, Rektor der                 tier entwickelt.»           Sigrid Cariola
zerte, sind auf Festivals und Kellerbüh-         schöpft, sind das nicht die günstigsten          der Monosuisse. Während hier mit dem                                                           Südpol, zusammenarbeiten.»                               Hochschule Luzern
nen zu Gast, machen Kammermusik und              Voraussetzungen.                                 «Bau 745» ein traditionsreiches Fabrikge-
spielen in Bands. «Der direkte Kontakt               Eine ähnliche Ausgangslage hat das                                                       Fotos: Enzmann Fischer & Büro Konstr ukt AG, zVg   Wechselbeziehung mit dem Umfeld                                                                     Departement Musik
zum Publikum ist unser Anker im Zen-             Departement Design & Kunst. Die gut                                                                                                             Die Interaktion mit der Umgebung ist                                                                Ort: Südpol, Arsenalstrasse,
tralschweizer Kulturleben und in der             600 Studierenden und 180 Mitarbeiten-                 Departement Design & Kunst                                                                auch für den neuen Standort des Depar-
                                                                                                                                                                                                                                                  «Das Gebäude ist punkto                            6010 Kriens
Gesellschaft», sagt Departementsdirek-           den sind zurzeit auf sieben Standorte                 Ort: Viscosistadt, Gerliswilstrasse,                                                      tements Design & Kunst in der Viscosi-           Ästhetik, Funktionalität,                          Baubeginn: 2017
tor Michael Kaufmann. Ein eigener Ort            verteilt. Einige davon, etwa die Senti-               6021 Emmenbrücke                                                                          stadt von zentraler Bedeutung. Auf dem              Energieversorgung                               Fläche: rund 9’000 Quadratmeter
fehlt der Institution allerdings bislang.        matt, sind sanierungsbedürftig.                       Fläche: rund 10’500 Quadratmeter                                                          80 ’ 000 Quadratmeter grossen ehemali-          und Haustechnik sehr inno-                          Eigentümer: Luzerner
«Wir sind fast ein wenig heimatlos», so              Für beide Departemente bewilligte                 Eigentümer / Investor: Viscosi­                                                           gen Industrieareal haben sich bereits            vativ. Genauso innovativ                           Pensionskasse
Kaufmann. Studierende der Klassik sind           der Konkordatsrat der Hochschule Lu-                  stadt AG                                                                                  mehr als 50 Firmen und Freischaffende                wie die Musik, die                             Kosten: 70 Mio. CHF (exkl. Land)
auf Dreilinden zuhause, Kirchenmusik             zern im vergangenen Jahr grössere Bau-                Kosten: rund 24 Mio. CHF                                                                  aus Industrie, Gewerbe und Bildung und           hier gespielt werden soll.»                        Architekten: Enzmann Fischer &
wird am Obergrund unterrichtet, Jazz             vorhaben, die von privaten Investoren ge-             Architekten: EM2N, Zürich                                                                 über 15 Branchen niedergelassen. Gab-                 Michael Kaufmann, Direktor                    Büro Konstrukt AG, Zürich / Luzern
am Löwengraben, und die Direktion des            tragen werden. So wird das Departement                Bezugstermin: 2016                                                                        riela Christen, Direktorin des Departe-                des Departements Musik                       Bezugstermin: 2019

18 Hochschule Luzern 2 | 2014                                                                                                                                                                                                                                                                                   Hochschule Luzern 2 | 2014 19
HEIMAT

                                  Deheimu is                                                                                                                           Nicht zuletzt ist es auch der Dialekt, der
                                                                                                                                                                       zusammenschweisst. Obwohl es Ehren-

                                 am schönschtu
                                                                                                                                                                       sache ist, dass die Walliser auch im Exil
                                                                                                                                                                       ihren Dialekt bewahren, ist es Schaller
                                                                                                                                                                       schon passiert, dass er zuhause vom
                                                                                                                                                                       «Chüelschrank» gesprochen hat statt vom
                                                                                                                                                                       «Frigor». Was bei den Daheimgebliebenen
                                         Nennt mir das Land, so wunderschön,                                                                                           nicht ohne «dummen Spruch» durchgehe.
                                            das Land, wo ich geboren bin,                                                                                              Und wenn sich in Luzern ein Walliser mit
                                                                                                                                                                       Nichtwallisern in einer WG zusammen-
                                    wo himmelhoch die Berge stehn und Mannskraft                                                                                       tue, kriegt er ebenfalls zu hören, er sei jetzt
                                             wohnt bei schlichtem Sinn.                                                                                                also zu den Grüezini übergelaufen. Alles
                                                                                                                                                                       nicht sehr ernst gemeint, lacht Schaller:
                                                                                                                                                                       «Man merkt hier ja auch, dass es noch an-
                                              Das ist das Land am Rhonestrand,                                                                                         dere gute Leute gibt.» Und wenn an einem
                                                ist Wallis, unser Heimatland.                                                                                          der Vereinstreffen keiner «es Gascho
                                                                                                                                                                       Blonde», also Walliser Bier, mitbringe,
                                                                                                                                                                       dann sei man auch nicht abgeneigt, einen
                                                                                                                                                                       kulinarischen Schritt ins Ungewisse zu
                                                                                                                                                                       tun und ein Regionales aus Luzern zu
                                                                                                                                                                       trinken.                     Susanne Gmür
         Die Walliser Hymne erklingt                                                             was daheim läuft. Das interessiert die
mindestens einmal im Jahr auch in                                                                Grüezini verständlicherweise nicht.»
der Innerschweiz, nämlich zu Be-                                                                 Die «Grüezini», damit sind die                                             Studieren «im Exil»
ginn des Herbstsemesters an der                                                                  Deutschschweizer in der «Üsser-                                            Im Studienjahr 2013 / 2014 studieren
Hochschule Luzern – Technik &                                                                    schwiiz» gemeint, und die «Üsser-                                          gemäss Bundesamt für Statistik ins-
Architektur, wenn die Walliser Stu-                                                              schwiiz», das ist alles ausserhalb des                                     gesamt 3’209 Walliser und Wallise-
dierenden die Erstsemester aus dem                                                               Rhonetals.                                                                 rinnen an Schweizer Fachhochschu-
Rhoneland festlich begrüssen und                                                                     Dass es Schaller und die anderen                                       len. Fast zwei Drittel davon an der
ermuntern, ihrem Verein beizutre-                                                                Walliser an die Hochschule Luzern                                          Fachhochschule Westschweiz (HES-
ten. Im Laufe des Jahres treffen sich                                                            verschlagen hat, ist dem Fehlen von                                        SO), zu deren Konkordat das Wallis
die derzeit 60 bis 70 aktiven Mitglie-                                                           äquivalenten Ausbildungsmöglich-                                           seit der Gründung 1998 gehört. Am
der zum Grillieren, Boccia-Spielen            Die 170 Kilometer lange Heimkehr ins Wallis        keiten im Heimatkanton geschuldet.                                         zweitmeisten Walliser Studierende
und auch mal zum Paintball oder zu            legen die Absolventen zu Fuss zurück.              Sonst wäre er «deheimu» geblieben.                                         zählt die Berner Fachhochschule                   Mittwoch, 2. Juli 2014, 19.30 Uhr
einem Match des FC Sion gegen den                                                                Er vermisst hier in Luzern die Heimat                                      (146), am drittmeisten die Hoch-                     Konzertsaal KKL Luzern
FC Luzern. Präsident ist der 24 -jäh-                                                            schon ein wenig: Familie, Freunde, das                                     schule Luzern (140), während an der
rige David Schaller, der noch bis zum          gau mit je über 500 Studierenden sehr viel   Vereinsleben und, vor allem im Herbst, die                                      Zürcher Fachhochschule nur 97 ein-            SOLISTENKONZERT
Sommer seines Amtes waltet. Dann wird          stärker vertreten sind als das Wallis mit    Sonne! Vorerst bleibt den Wallisern nur                                         geschrieben sind. Die stärkste Walli-
er sein Maschinentechnik-Studium be-           gerade mal 140 Studierenden. Weshalb         das Wochenende, das sie entsprechend voll                                       ser Fraktion an der Hochschule Lu-             Werke von Carl Philipp Emanuel Bach,
                                                                                                                                                                                                                         Joseph Haydn, Nino Rota, Gustav Mahler,
enden und einen Brauch fortführen, der         vereinen sich also ausgerechnet die Wal-     auskosten: Am Freitag schleppen sie ihr                                         zern hat das Departement Technik              Karol Szymanowski und Maurice Ravel
sich 1983 etabliert hat: die Walliser Heim-    liser? Leichte Frage, denn wenngleich der    ganzes Gepäck an die Hochschule, damit                                          & Architektur (75), die zweitstärkste
reise. Innert sieben Tagen legen die wan-      Kantönligeist in der ganzen Schweiz          sie nach Unterrichtsschluss den ersten Zug                                      das Departement Wirtschaft (39).                      Katharina Pitzen, Flöte
                                                                                                                                                                                                                              Stephanie Szanto, Mezzosopran
derwilligen Walliser Diplomanden 170           umgeht, ist allgemein bekannt, was David     Richtung Süden erwischen. Das viele ge-                                         Dass die Walliser an der Hochschule
                                                                                                                                                                                                                               Witold Moniewski, Kontrabass
Kilometer von Luzern bis Ausserberg zu         Schaller schmunzelnd bestätigt: «Wir sind    meinsame Zugfahren der Walliser ist ein                                         Luzern – Technik & Architektur be-                   Sebastian Bohren, Violine
Fuss zurück.                                   halt besonders heimatverliebt.»              weiterer Grund, weshalb sie an der Hoch-                                        sonders stark vertreten sind, dürfte                Shintaro Kawahara, Klavier
                                                                                                                                          Foto: T homas A ndenmatten

    Der Walliserverein ist an der Hoch-                                                     schule ein eingeschworener Verein sind.                                         auch damit zu tun haben, dass der
                                                                                                                                                                                                                               Luzerner Sinfonieorchester
schule Luzern ein Unikum, der einzige          Eigene Studienangebote fehlen Das            Sowieso kenne man sich meist, bevor man                                         Kanton Wallis bis 1998 zum Konkor-                  James Gaffigan, Leitung
Kantonalverein. Dies, obwohl derzeit mehr      zeigt sich auch daran, dass in der Mensa     hierherkomme, sagt Schaller: «Es gibt nur                                       dat des früheren Zentralschweizeri-
als die Hälfte der insgesamt 5’838 Studie-     auf dem Campus in Horw der «Walliser         eine Schule im Oberwallis, an der man die                                       schen Technikums gehörte, man-                         www.hslu.ch/musik

renden nicht aus der Zentralschweiz            Bote» stets vergriffen ist: «Wir informie-   technische Berufsmaturität abschliessen                                         gels einer eigenen Ausbildungs-
stammt und die Kantone Bern und Aar-           ren uns auch unter der Woche darüber,        kann.»                                                                          stätte für Ingenieure.

20 Hochschule Luzern 2 | 2014                                                                                                                                                                                                                        Hochschule Luzern 2 | 2014 21
Sie können auch lesen