Sanitätsbroschüre - Ärztekammer für Oberösterreich - Ärztekammer für Oberösterreich
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Sanitätsbroschüre von Dr. Sylvia Hummelbrunner, MBL 2. Auflage, 2/2018 Ärztekammer für Oberösterreich
2. Auflage, 02/2018 Sprachliche Gleichbehandlung Personenbezogene Bezeichnungen, die nur in männlicher oder weiblicher Form angeführt sind, gelten für Männer und Frauen in gleicher Weise. In der Broschüre angeführte Normen stehen im Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramtes unter www.ris.bka.gv.at zum Download zur Verfügung. Impressum: Eigentümer, Verleger, Herausgeber: Ärztekammer für Oberösterreich, Körperschaft öffentlichen Rechts, Dinghoferstraße 4, 4010 Linz Fotos: Adobe Stock, Fotolia, Tom Mesic Layout: Monika Falkner-Woutschuk Autorin: Dr. Sylvia Hummelbrunner, MBL UZ24-844 PEFC/06-39-27 Druckerzeugnisse 2
VORWORT Administratives und Rechtliches außerhalb der Routine eines niedergelassenen Arztes Im Berufsalltag des niedergelassenen Arztes – insbesondere des niedergelassenen Arztes für Allgemeinmedizin – kommt es immer wieder zu Fragestellungen, Situationen und Vorfällen, die nicht zur Routine gehören. Während die Anforderungen in der Regel medizinisch eindeutig sind, ergeben sich aus rechtlicher oder administrativer Sicht auch Fragen, deren Lösung viel Zeit kos- tet, weil für die korrekte Abwicklung aufwändige Recherchen nötig werden. In der gegenständlichen Broschüre sind jene Themen abseits der alltäglichen beruflichen Frage- stellungen zusammengefasst, deren Bearbeitung sich für uns Mediziner als besonders aufwändig herausgestellt hat. MR Dr. Wolfgang Ziegler Kurienobmann-Stellvertreter Arzt für Allgemeinmedizin in Kremsmünster 3
VORWORT Interessant nicht nur für Ärzte für Allgemeinmedizin Obwohl die in der Broschüre abgehandelten Themen hauptsächlich das Tätigkeitsfeld der niedergelasse- nen Allgemeinmediziner berühren, bieten sie dennoch einen interessanten Einblick, was von dieser Ärzte- gruppe zusätzlich zum üblichen kurativen Leistungsspektrum erbracht wird. In den hier angesprochenen Bereichen ist der niedergelassene Arzt für Allgemeinmedizin Erstansprechpartner, Berater und Sachver- ständiger, ohne dessen Expertise und Unterstützung die Behörden ihre Aufgaben nicht erfüllen könnten. Jene, die den niedergelassenen Arzt auf eine kurative Basisversorgung zu reduzieren versuchen, würden sich wundern, welche Leistungen den Patienten, aber im Besonderen auch der Gesellschaft ohne Allge- meinmediziner fehlen würden! Fakt ist, dass die Polizei beispielsweise Tatverdächtige laufen lassen müss- te, wenn für Randzeiten kein niedergelassener Arzt vorhanden und gewillt ist, eine Haftfähigkeits- oder Drogenuntersuchung durchzuführen. Es geht bei weitem nicht nur um kurative, medizinische Kassenleis- tungen, sondern weit darüber hinaus. Die niedergelassenen Allgemeinmediziner tragen durch ihren Einsatz und die Zusammenarbeit mit den Behörden entscheidend zur Sicherheit der Gesellschaft bei. Für diesen Einsatz gebührt den niedergelassenen Ärzten für Allgemeinmedizin Dank und Anerkennung! Dr. Peter Niedermoser OMR Dr. Thomas Fiedler Präsident Kurienobmann niedergelassene Ärzte 5
VORWORT Zweck der Broschüre Diese Broschüre soll helfen, schnell praktische Informationen zu erlangen. Weiters soll die Bro- schüre mit der Darstellung von gebräuchlichen Formularen für die Abrechnung und die Tarife und Musterhonorarnoten eine Vereinfachung bieten. In der Praxis hat sich gezeigt, dass Formular- muster, Tarifübersichten und Musterhonorarnoten für den niedergelassenen Arzt schon eine gro- ße Arbeitserleichterung bedeuten, weil der gewöhnliche Arbeitsprozess damit weiterlaufen kann und nicht wegen notwendiger Recherchen unterbrochen werden muss. Die Formulare finden Sie natürlich zusätzlich auch auf der Homepage der Ärztekammer für Oberösterreich unter www.aekooe.at, wo diese zum Download zur Verfügung stehen. Zur Erleichterung sind bei den einzelnen Formularen die Links angegeben. Im Vergleich zur ersten Auflage der Broschüre aus 2013 wurde diese aufgrund von Anregungen um einige neue Bereiche ergänzt, so beispielsweise um die Beiträge Bestätigungen für private Versicherungsanstalten und Anzeigepflichten bei übertragbaren Krankheiten. Sollten Sie ein Thema vermissen, das in diese Broschüre aufgenommen werden sollte, lade ich Sie ein, mir dieses mitzuteilen. Im Fall einer Neuauflage dieser Broschüre werde ich das gerne berücksichtigen. Dr. Sylvia Hummelbrunner, MBL 7
INHALTSVERZEICHNIS I Anforderungen an den Arzt im HÄND 14 – 16 II Die Unterbringungsuntersuchung 17 – 24 III Die Totenbeschau 25 – 31 IV Die Haftfähigkeitsuntersuchung 32 – 43 V Die kriminalpolizeiliche Leichenbeschau 44 – 51 VI Die Obduktion 52 – 58 Alkohol- und Drogenuntersuchungen gemäß der VII 59 – 62 Straßenverkehrsordnung (StVO) Untersuchungen und Bestätigungen für Kinder VIII 63 – 72 in Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen Anzeige- und Meldepflichten bei übertragbaren IX 73 – 78 Krankheiten X Bestätigungen für private Versicherungsanstalten 79 – 82 8
INHALTSVERZEICHNIS I Anforderungen an den Arzt im HÄND 14 1. Wofür ist der HÄND in erster Linie eingerichtet? 14 2. Fragestellungen an den niedergelassenen Arzt 14 3. Rechtsgrundlagen des HÄND und des ÄND Linz 15 4. Woraus ergibt sich die Verpflichtung zur Leistung von Notfalldiensten? 15 Unter welchen Voraussetzungen dürfen Ärzte, die keine Dienstverpflichtung 5. 16 trifft, am HÄND teilnehmen? 6. Wo bekomme ich weitere Informationen zum HÄND und zum ÄND Linz? 16 II Die Unterbringungsuntersuchung 17 Besteht eine Verpflichtung des niedergelassenen Arztes zur Durchführung 1. 17 einer Unterbringungsuntersuchung? 1.1 Verpflichtung zur Leistung Erster Hilfe 17 1.2 Verpflichtung der Gemeindeärzte und der am HÄND teilnehmenden Ärzte 17 2. Unterbringungsuntersuchung und Bescheinigung gemäß § 8 UbG 18 3. Zusammenarbeit mit den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes 20 4. Bescheinigung nur nach persönlicher Untersuchung 21 Begutachtung stationärer Patienten durch den im öffentlichen 5. 21 Sanitätsdienst stehenden Arzt? 6. Tarif und Abrechnung der Unterbringungsuntersuchungen 22 7. Abrechnung mit der gesetzlichen Krankenversicherung 24 Tätigwerden für die Polizei über die Unterbringungsuntersuchung/Beschei- 8. 24 nigung hinaus 9
INHALTSVERZEICHNIS III Die Totenbeschau 25 1. Wer ist zur Durchführung der Totenbeschau verpflichtet? 25 2. Zweck der Totenbeschau 25 3. Todesfallsanzeige 26 4. Fristen für die Durchführung der Totenbeschau 26 5. Maßnahmen bei besonderen Todesfällen 27 6. Verhaltensregeln für die Bevölkerung 27 7. Totenbeschauschein 27 8. Formulare nach dem Personenstandsgesetz 29 9. Vergütung 30 10. Enterdigung 30 Interview mit MR Dr. Wolfgang Ziegler 11. 31 Die Totenbeschau IV Die Haftfähigkeitsuntersuchung 32 1. Wozu dienen Haftfähigkeitsuntersuchungen? 32 2. Rechtliche Grundlage 32 3. Zuständigkeit 33 4. Ersuchen um Mitwirkung zur Gewährleistung der allgemeinen Sicherheit 33 5. Behinderung der Untersuchung und Begutachtung 33 6. Honorarabrechnung 34 6.1 Strafrechtliche Angelegenheiten (Tatverdächtige) 34 6.2 Fremdenrechtliche Angelegenheiten (z.B. Schubhäftlinge) 34 6.3 Vergütung 34 10
INHALTSVERZEICHNIS V Die kriminalpolizeiliche Leichenbeschau 44 1. Rechtsgrundlagen 44 In welchen Fällen hat die Polizei einen Arzt zur kriminalpolizeilichen 2. 45 Leichenbeschau hinzuzuziehen? 3. Formular 46 4. Rechnungslegung mittels Abrechnungsformular 49 5. Empfehlungstarif und Musterhonorarnote 49 VI Die Obduktion 52 1. Allgemeines 52 2. Rechtsgrundlagen – Rechtlicher Schutz des Körpers eines Verstorbenen 52 3. In welchen Fällen ist eine Obduktion zulässig? 52 3.1 Sanitätspolizeiliche (-behördliche) Obduktion 52 3.2 Gerichtlich angeordnete Obduktionen 54 Obduktion von in Krankenanstalten verstorbenen Patienten (Klinische 3.3 55 Obduktionen) Obduktion auf Wunsch des Verstorbenen zu Lebzeiten und der 3.4 56 nächsten Angehörigen 4. Kosten 56 5. Körperspende für wissenschaftliche Zwecke 58 Alkohol- und Drogenuntersuchungen gemäß der VII 59 Straßenverkehrsordnung (StVO) 1. Allgemeines 59 2. Alkoholuntersuchungen 59 2.1 Rechtsgrundlage 59 Wer ist zur Durchführung solcher Blutabnahmen/klinischer Untersuchungen 2.2 60 verpflichtet? Sind Gemeindeärzte zur Durchführung der Alkoholuntersuchungen 2.3 60 verpflichtet? Sind auch die in öffentlichen Krankenanstalten diensthabenden 2.4 60 Ärzte zur Durchführung von Alkoholuntersuchungen verpflichtet? 11
INHALTSVERZEICHNIS 3. Suchtgiftuntersuchungen 61 3.1 Rechtsgrundlage 61 Sind Gemeindeärzte zur Durchführung der Suchtgiftuntersuchungen 3.2 61 verpflichtet? 3.3 Ärztepool für Suchtgiftuntersuchungen 61 4. Tarif 61 Untersuchungen und Bestätigungen für Kinder in VIII 63 Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen 1. Allgemeines 63 2. Kinderbetreuungseinrichtungen 63 2.1 Rechtsgrundlagen für Kinderbetreuungseinrichtungen in Oberösterreich 63 2.2 Jährliche Untersuchung der Kindergartenkinder und des Personals 64 Ärztliche Bestätigungen über die Erkrankung eines Kindergartenkindes sind 2.3 68 Privatleistungen 3. Kopfläuse 68 4. Fragen im Zusammenhang mit dem Schulbesuch 69 Ist der Gemeindearzt tatsächlich zur Durchführung der Schuluntersuchun- 5. 69 gen verpflichtet? 5.1 Gemeindeärzte nach dem alten System 69 5.2 Gemeindeärzte nach dem neuen System 70 5.3 Für welche Schulen ist der Gemeindearzt zuständig? 70 Bestätigungen zur Rechtfertigung des Fernbleibens von Pflichtgegenstän- 6. 71 den für Schüler 7. Schülerkrankmeldung 71 8. Wissenswertes über Schulimpfungen 72 8.1 Rechtsgrundlagen 72 8.2 Besteht eine Impfpflicht? 72 8.3 Ist die Teilnahme der Schüler an den Schulimpfungen Pflicht? 72 8.4 Ist für Schulimpfaktionen eine reine Formularaufklärung ausreichend? 72 12
INHALTSVERZEICHNIS Anzeige- und Meldepflichten bei übertragbaren IX 73 Krankheiten 1. Anzeige- und Meldepflicht versus Verschwiegenheitspflicht 73 2. Was ist anzeige- oder meldepflichtig? 73 3. Anzeigepflicht nach dem Epidemiegesetz 73 3.1 Anzeigepflichtige Erkrankungen (Dezember 2017) 74 3.1.1 Im Verdachts-, Erkrankungs- und Todesfall 74 3.1.2 Im Erkrankungs- und Todesfall 74 4. Meldepflicht nach dem Tuberkulosegesetz 76 4.1 Was ist meldepflichtig? 76 4.2 Wer ist zur Erstattung der Meldung verpflichtet? 77 5. Meldepflicht nach dem Geschlechtskrankheitengesetz 77 6. Meldepflicht nach dem AIDS-Gesetz 78 6.1 Was ist meldepflichtig? 78 6.2 Meldepflicht, Frist, Inhalt und Form der Meldung? 78 X Bestätigungen für private Versicherungsanstalten 79 1. Allgemeines 79 2. Was gilt für die Honorierung? 79 3. Tarif für Versicherungsuntersuchungen oder Auskünfte an Versicherungen 80 Wie ist mit Auskünften von Versicherungen über eine angebliche Kostenfrei- 4. 82 heit umzugehen? 5. Sonderfall Lebensversicherung 82 5.1 Für wen gilt die Vereinbarung? 82 5.2 Was kann angefordert werden und wie hoch ist der Tarif? 82 5.3 Tarife (Jänner 2018) 82 13
I Anforderungen an den Arzt im HÄND¹ 1. Wofür ist der Hausärztliche Notfalldienst in erster Linie eingerichtet? Der hausärztliche Notfalldienst (im Folgenden kurz: HÄND) dient in erster Linie der medizini- schen Behandlung von Patienten in – vereinfacht ausgedrückt – dringenden Fällen. Unter einem dringenden Fall in diesem Zusammenhang ist zu verstehen, dass ein Zuwarten bis zur nächsten regulären Ordination – ex ante betrachtet – medizinisch nicht vertretbar ist. Der HÄND ist kein Substitut für die reguläre Ordinationszeit, wie das immer wieder von Patienten, die sich Wartezeiten ersparen wollen, missverstanden wird! Klar ist deshalb, dass im HÄND die Dringlichkeit der Berufungen aufgrund der Angaben der Patienten oder Angehörigen oder den Informationen des Rettungsdienstes (141) vom Arzt einge- schätzt wird und sich daraus die Reihenfolge der Behandlung bzw. in nicht dringlichen Angele- genheiten der Verweis auf die nächste reguläre Ordinationszeit ergibt. 2. Fragestellungen an den niedergelassenen Arzt Neben der Behandlung Kranker werden Ärzte noch mit zahlreichen weiteren Anliegen und Auf- trägen befasst. Das ist zum Beispiel die Unterbringungsuntersuchung samt erforderlichenfalls der Ausstellung einer Bescheinigung gemäß § 8 UbG, die Totenbeschau, die Haftfähigkeitsun- tersuchung, die kriminalpolizeiliche Leichenbeschau und die Alkohol- und Drogenuntersuchung. In Zusammenhang mit der Totenbeschau können sich weitere Pflichten wie die Verständigung der Polizei oder des Amtsarztes bei einem Verdacht auf das Vorliegen gefährlicher übertragbarer Krankheiten ergeben. Die erste Frage, die sich stellt, ist, ob eine Verpflichtung zur Übernahme dieser Aufgaben und der Erbringung solcher Leistungen überhaupt und im Speziellen im HÄND besteht? Um zur Erleich- terung bei der Lösung dieser Fragen beizutragen, befasst sich diese Broschüre in den nächsten Kapiteln mit den angeführten Bereichen im Detail, enthält Formular- und Tarifvorschläge und Abrechnungsmuster. ¹ Hausärztlicher Notfalldienst nach der Verordnung über die Einrichtung und Organisation eines ärztlichen Notfalldiens- tes in Oberösterreich, Nr 2/2014, kundgemacht auf www.aekooe.at/Kundmachungen/KundmachungenOberösterreich 14 am 06.02.2014.
3. Rechtsgrundlagen des HÄND und des ÄND Linz Die organisatorische Regelung des HÄND und des ÄND Linz ist in der Notfalldienstverordnung der Ärztekammer für Oberösterreich in der derzeit geltenden Fassung Nr. 2/2014 festgelegt. Die Notfalldienstverordnung ist auf der Homepage der Ärztekammer für Oberösterreich www.aekooe.at in der Rubrik Kundmachungen verlautbart und steht zum Download zur Verfügung. 4. Woraus ergibt sich die Verpflichtung zur Leistung von Notfalldiensten? Kassenvertragsärzte für Allgemeinmedizin und Gemeindeärzte nach dem Oö GSDG 1978 idF 2002 sind zur Leistung von Notfalldiensten ver- pflichtet. Für Kassenvertragsärzte für Allgemein- medizin ergibt sich die Verpflichtung von Sonn- und Feiertagsdiensten aus den zwischen den Krankenversicherungsträgern und der Ärzte- kammer abgeschlossenen Gesamtverträgen², die einen integrierenden Bestandteil eines jeden Kasseneinzelvertrages darstellen. Für Kassen- vertragsärzte besteht damit eine Verpflichtung zur Leistung von Sonn- und Feiertagsdiensten aufgrund des Kasseneinzelvertrages. Für Gemeindeärzte nach dem Oö GSDG 1978 idF 2002 ergibt sich die Verpflichtung zur Rund- um-die-Uhr-Versorgung und damit zur Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit für das vom Gemeinde- arztvertrag umfasste Gebiet aus dem abgeschlossenen Gemeindearztvertrag. Ist der Gemeinde- arzt nach dem Oö GSDG 1978 idF 2002 darüber hinaus auch Kassenvertragsarzt, gilt zusätzlich die Verpflichtung zur Leistung von Diensten nach dem Kassenvertrag. Rechtsgrundlage für die Verpflichtung zur Leistung von Wochentagsdiensten ist Verordnung über die Einrichtung und Organisation eines ärztlichen Notfalldienstes in Oberösterreich, Nr 2/2014, kundgemacht auf www.aekooe.at → Kundmachungen → Kundmachungen Oberöster- reich am 06.02.2014. ² § 16 Gesamtvertrag mit der OÖGKK, § 20 Gesamtvertrag mit der VAEB, § 17 Gesamtvertrag mit der BVA, § 17 Gesamtvertrag mit der SVA. 15
5. Unter welchen Voraussetzungen dürfen Ärzte, die keine Dienstverpflichtung trifft, am HÄND teilnehmen? Unter bestimmten Voraussetzungen ist die Teilnahme von Nicht-Vertragsärzten möglich. Diese Voraussetzungen sind insbesondere Meldung als ordentliches Mitglied in der Ärztekammer für Oberösterreich Jus practicandi Berufshaftpflichtversicherung kein Ausschlussgrund und Einverständnis der im Sprengel tätigen Ärzte Angelobung in einer oberösterreichischen Gemeinde zur Legitimation der Durchführung der Totenbeschau und der Unterbringungsuntersuchung. 6. Wo bekomme ich weitere Informationen zum HÄND und zum ÄND Linz? Ansprechpartner für die Teilnahme am HÄND, insbesondere ob eine Teilnahme in einem be- stimmten Sprengel möglich ist, ist der jeweilige Sprengelverantwortliche. Es besteht kein Rechts- anspruch auf die Teilnahme am HÄND oder am ÄND Linz. Zur Anmeldung für die Teilnahme am HÄND oder am ÄND Linz ist das Anmeldeformular auszufüllen und einzusenden. Das Anmelde- formular für Nicht-Vertragsärzte und weitere Informationen dazu finden Sie unter www.aekooe.at → Infopakete → HÄND. 16
II Die Unterbringungsuntersuchung 1. Besteht eine Verpflichtung des niedergelassenen Arztes zur Durchführung einer Unterbringungsuntersuchung? Es gibt mehrere rechtliche Anknüpfungspunkte für die Bejahung dieser Verpflichtung. 1.1 Verpflichtung zur Leistung Erster Hilfe Jeder zu beurteilende Fall bedeutet in erster Linie eine kurativ-medizinische Herausforderung, ihm wird in diesen Fällen meist schon deshalb eine hohe Dringlichkeit beizumessen sein. Deshalb ist an dieser Stelle an die berufsrechtliche Pflicht eines jeden Arztes zur Leistung Erster Hilfe gemäß § 48 ÄrzteG, die für den Fall drohender Lebensgefahr gilt, hinzuweisen. Diese Pflicht zur medizinischen Be- treuung eines Patienten, der Erster Hilfe bedarf, besteht unabhängig davon, ob und von wem der Arzt um eine Unterbringungsuntersuchung oder die Prüfung der Voraussetzung für eine Zwangseinweisung gebeten wird und auch unabhängig davon, ob er zur Ausstellung einer Bescheinigung berechtigt ist. 1.2 Verpflichtung der Gemeindeärzte und der am HÄND teilnehmenden Ärzte In § 197 Abs 1 ÄrzteG ist festgelegt, dass Gemeinde- ärzte verpflichtet sind, Unterbringungsuntersuchungen vorzunehmen, wenn hiefür ein anderer im öffentlichen Sanitätsdienst stehender Arzt oder ein Polizeiarzt nicht zur Verfügung steht. Diese Regelung gilt sowohl für Gemeindeärzte mit Pensionsvorteil nach dem alten oö Gemeindearztsystem als auch für Gemeindeärzte ohne Pensionsvorteil, die seit 2006 bestellt wurden. Die Ver- pflichtung der Gemeindeärzte ist in diesem Zusammen- hang subsidiär zu Amts- und Polizeiärzten. Darüber hinaus gelten die Unterbringungsuntersuchun- gen und die Totenbeschau gemäß der Verordnung über die Einrichtung und Organisation eines Notfalldienstes in Oberösterreich als unaufschiebbare gemeindeärztliche Agenden, zu deren Durchführung alle Notfalldienst leistenden Ärzte verpflich- tet sind. Jeder Notfalldienst leistende Arzt muss sich dafür in einer Gemeinde in Oberösterreich angeloben lassen. Die Angelobung bildet die Legitimationsgrundlage für die Durchführung die- ser der jeweils zuständigen Behörde zurechenbaren Leistungen. Es ist zu empfehlen, sich eine Kopie der Dokumentation über die erfolgte Angelobung durch die Gemeinde geben zu lassen und diese als Nachweis aufzubewahren. 17
2. Unterbringungsuntersuchung und Bescheinigung gemäß § 8 UbG Aufgrund einer Unterbringungsuntersuchung ist festzustellen, ob die rechtlichen Voraussetzun- gen des UbG für eine Unterbringung ohne Verlangen der betroffenen Person vorliegen. Gemäß § 3 UbG darf in einer psychiatrischen Abteilung nur untergebracht werden, wer an einer psychischen Krankheit leidet und im Zusammenhang damit sein Leben oder seine Gesundheit oder das Leben oder die Gesundheit anderer ernstlich und erheblich gefährdet und nicht in anderer Weise, insbesondere außerhalb einer psychiatrischen Abteilung, ausreichend ärztlich behandelt oder betreut werden kann. Das abgebildete Formular „§ 8 Unterbringungsgesetz – Bescheinigung“ bildet die Voraussetzungen ab. 18
§ 8 Unterbringungsgesetz Bescheinigung Untersuchte Person: Name: Geburtsdatum: Adresse: Geschlecht: Beruf: Staatsbürgerschaft: Angehörige: Telefon: Untersuchung: Datum: Uhrzeit: Ort: wurde veranlasst durch: Außenanamnese und Sachverhaltsdarstellung: Hinweise auf eine psychische Krankheit bei der Untersuchung Störung: des Bewusstseins der Orientierung der Aufmerksamkeit des Gedächtnisses des Gedankenablaufs der Verstandestätigkeit Stimmungslage normal agitiert getrieben aggressiv dysthym depressiv Affektlage normal abgeschwächt nur im negativen Bereich affizierbar Auffälligkeiten: in der Erscheinung im Verhalten in der aktuellen Beziehung zum Arzt im sozialen Verhalten allgemein Sonstiges: Wahnideen Sinnestäuschungen Verfolgungswahn religiös politisch optisch akustisch taktil Auffälligkeiten des körperlichen Zustandes: verwahrlost Suchtgiftbeeinträchtigung alkoholisiert Verletzung Gefährdung des Lebens/der Gesundheit der betroffenen Person selbst durch: Suizidversuch oder Selbstverletzung Suizid-Gedanken sonstiges aktuelles selbstschädigendes Verhalten Gefährdung des Lebens/der Gesundheit anderer Personen durch: unbestimmte Drohungen Tätlichkeiten aktuell andere Personen gefährdende Verhaltensweisen Vorläufige Diagnose (laut Schema) Welche Alternativen zur Unterbringung wurden versucht: ambulante Therapie/Versorgung durch Facharzt/PSD derzeit nicht ausreichend derzeit stationär aufgenommen, keine ausreichende psychiatrische Versorgung möglich Es wird bescheinigt, dass eine ärztliche Untersuchung gemäß § 8 Unterbringungsgesetz durchgeführt wurde. Die Voraussetzungen zur Unterbringung liegen vor (siehe vorherige Beschreibung) liegen nicht vor An die Anstalt: Anmerkung für die Polizei: Anmerkungen für die Anstalt: (Datum, Uhrzeit) (Arzt/Ärztin, Stempel, Unterschrift) 19
3. Zusammenarbeit mit den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes § 9 UbG normiert, dass die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, wenn ein Verdacht auf die Notwendigkeit einer Unterbringung gegeben ist, berechtigt und verpflichtet sind, die Person zur Untersuchung zum Arzt zu bringen oder diesen beizuziehen. Bescheinigt der Arzt das Vor- liegen der Voraussetzungen zur Unterbringung, haben die Organe des öffentlichen Sicherheits- dienstes die betroffene Person in eine psychiatrische Abteilung zu bringen oder dies zu veranlas- sen. Es kann der örtliche Rettungsdienst beigezogen werden. Wird eine Bescheinigung nicht ausgestellt, weil die Unterbringungsvoraussetzungen nicht vorlie- gen, darf die betroffene Person nicht länger angehalten werden. Bei Gefahr in Verzug können die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die betroffene Per- son auch ohne Untersuchung und Bescheinigung in eine psychiatrische Abteilung bringen. Im Hinblick auf die Entscheidung, wohin die betroffene Person gebracht wird, ist auf eine interne Dienstanweisung der Landespolizeidirektion Oberösterreich hinzuweisen. Die Polizeibeamten sind angewiesen, die betroffenen Personen grundsätzlich in die örtlich nächstliegende Kranken- anstalt mit einer psychiatrischen Abteilung zu bringen. Wenn sich aus medizinischen Gründen eine Notwendigkeit der Unterbringung in eine andere – weiter entfernt liegende – Krankenanstalt mit einer psychiatrischen Abteilung ergibt, ist die Polizei vom Arzt entsprechend anzuweisen und die Anordnung in die Bescheinigung aufzunehmen. Medizinisch begründete Anordnungen sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei Zwangseinweisungen zu befolgen. Weigern sich diese, sollte diese Weigerung mit der dargelegten Begründung dokumentiert und im Idealfall vom Beamten gegengezeichnet werden, damit im Haftungsfall ein entsprechendes Beweismittel vorhanden ist. 20
4. Bescheinigung nur nach persönlicher Untersuchung Die Entscheidung über das Vorliegen oder Nichtvorliegen der Unterbringungsvoraussetzungen erfordert eine persönliche Untersuchung durch den dazu legitimierten Arzt. Die Ausstellung der Bescheinigung, weil die Person schon „ortsbekannt“ ist und bereits ein- oder mehrmalig ohne Verlangen eingewiesen wurde ohne diese persönlich untersucht zu haben, ist nicht zulässig. Die Ausstellung einer Bescheinigung basierend bloß auf Informationen Dritter wie z.B. der Polizei, Angehöriger oder durch Anruf beim behandelnden Facharzt ist ebenfalls nicht zulässig.³ 5. Begutachtung stationärer Patienten durch den im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt? Eine Untersuchung durch den im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt gemäß § 8 UbG für innerhalb des Krankenhauses zu verlegende Patienten ist nach herrschender juristischer Meinung⁴ nicht nötig. Im Krankenhaus ist ohnehin eine Aufnahmeuntersuchung samt Erstellung eines ärztlichen Zeugnisses durch den Abteilungsleiter oder seinen Vertreter gemäß § 10 UbG durchzuführen. Rechtlich gesehen kommt der psychiatrisch-fachärztlichen Aufnahmeuntersu- chung ein höherer Stellenwert zu, als der Bescheinigung gemäß § 8 UbG. Der Abteilungsleiter oder sein Stellvertreter einer psychiatrischen Abteilung kann sich daher in die andere Abteilung begeben, dort den Patienten untersuchen und in einem ärztlichen Zeugnis im Sinn des § 10 UbG das Vorliegen der Unterbringungsvoraussetzungen bestätigen. Dann kann der Patient auf die psychiatrische Abteilung verlegt werden. ³ Halmich, Unterbringungsgesetz Praxiskommentar (2014) 104. ⁴ Kopetzki, Grundriss des Unterbringungsrechts 2 Rz 184; Auch in einem Schreiben des BMJ vom 1.6.2011, GZ: BMJ-Z4.907/0003-I 1/2011 wird der Rechtsansicht von Kopetzki gefolgt, wenngleich auf die zu dieser Frage fehlende Rechtsprechung hingewiesen wird. 21
6. Tarif und Abrechnung der Unterbringungsuntersuchungen Der Tarif für die Durchführung einer Unterbringungsuntersuchung bzw. die Ausstellung der Be- scheinigung gem § 8 UbG ist in § 197 Abs 2 ÄrzteG mit € 87,00 gesetzlich vorgegeben. Zusätz- lich gebührt eine Abgeltung der Kosten für die Benützung eines eigenen Kraftfahrzeugs nach der Reisegebührenvorschrift für Bundesbeamte. Zu beachten ist, dass bereits mit der Durchführung der Unterbringungsuntersuchung das Hono- rar zusteht, auch wenn mangels Vorliegen der Voraussetzungen für eine Bescheinigung gemäß § 8 UbG diese nicht ausgestellt wird oder es nicht zur Unterbringung kommt. Die Abrechnung einer Unterbringungsuntersuchung erfolgt gegenüber der örtlich zuständigen Bezirkshauptmannschaft. Vereinzelt wird von Bezirkshauptmannschaften behauptet, die Beteiligung der Polizei sei Voraus- setzung für die Abrechenbarkeit der Leistung, was allerdings nicht zutrifft. Das Unterbringungsge- setz räumt der Polizei Berechtigungen ein, jedoch ist ihre Hinzuziehung oder Beteiligung an einer Unterbringung nicht Voraussetzung für den ärztlichen Honoraranspruch.⁵ Wenn jedoch die Polizei involviert war, ist die Aktennummer der Polizei, unter der diese den Akt führt, auf der Honorarnote anzuführen. Diese ist durch Nachfrage bei der Polizei zu ermitteln. Für die Abrechnung kann ein Formular verwendet werden. KO-Stv. MR Dr. Wolfgang Ziegler hat das rechts abgebildete Abrechnungsformular entwickelt und zur Verfügung gestellt. ⁵ Halmich, Unterbringungsgesetz Praxiskommentar (2014)106. Födermayr, Kostentragungspflicht des Krankenver-- sicherungsträgers für einen Rettungstransport an der Schnittstelle von Sozialversicherungsrecht und UbG, RdA 2012/53. 22
(auf Briefpapier des ausstellenden Arztes mit Namen und Ordinationsadresse) Dient zur Vorlage bei der Bezirksverwaltungsbehörde ___________________________________ GPZ: _______________________________ Dienststelle Herr/Frau Dr. _________________________________________________________________________ (Name des Arztes / der Ärztin) hat am ___________________________ in ___________________________________________ (Datum) (Ortsgemeinde) einen Menschen untersucht, um festzustellen, ob die Voraussetzungen für dessen Unterbringung nach § 8 UbG vorliegen. _____________________________________ Dienstnummer, Unterschrift HONORARNOTE (einzureichen innerhalb von 6 Monaten nach erbrachter Leistung) Für oben angeführte Handlung erlaube ich mir folgende Honorarnote zu stellen: Untersuchung nach § 8 UbG à € 87,00 € _____ Fahrtspesen ___ km à € 0,42 € _____ SUMME: € _____ Ich ersuche um Überweisung auf das Konto lautend auf _______________________ IBAN:__________________________________BIC__________________________ ________________________ _____________________________________ Datum Arztstempel und Unterschrift 23
7. Abrechnung mit der gesetzlichen Krankenversicherung Stellt sich im Zusammenhang mit einer Unterbringungsuntersuchung heraus, dass beim Patien- ten eine Erkrankung und eine Behandlungsbedürftigkeit gegeben sind, hat die Behandlungs- und damit in Zusammenhang stehenden Transportkosten der zuständige Krankenversicherungsträger zu tragen. Liegt keine Behandlungsbedürftigkeit vor, sondern dient die Unterbringung allein dem öffentlichen Interesse der Gefahrenabwehr, ist die Krankenversicherung des Patienten für die Übernahme der Transportkosten nicht zuständig. Die Rechtsprechung ist hiezu eindeutig. Als Grundsatz gilt, dass die gesetzlichen Krankenversicherungsträger für in ausschließlichem Zusammenhang mit der Asylierung stehende Kosten (z.B. Rettungstransporte), ohne dass ex ante betrachtet eine Behandlungsbedürftigkeit gegeben ist, nicht aufkommen müssen. Für solche Transportkosten hat der betroffene Patient selbst aufzukommen.⁶ 8. Tätigwerden für die Polizei über die Unterbringungs- untersuchung/Bescheinigung hinaus Wie sich aus den obigen Punkten ergibt, ist die Kostentragung und Abrechnung gegenüber der zuständigen Bezirkshauptmannschaft und der sozialen Krankenversicherung relativ klar geregelt. Was nicht geklärt ist, ist die Kostentragung für Leistungen, die der Arzt im Interesse der und für die Polizei darüber hinaus – also zusätzlich – er- bringt. Bemüht sich beispielsweise ein Arzt nach Abschluss einer Unterbringungsuntersuchung, bei der festgestellt wurde, dass die Voraussetzungen für die Unterbringung ohne Verlangen in eine psychiatrische Abteilung nicht vorliegen, anstatt der Polizei um die persönliche Sicherheit für eine Minderjährige, weil die Polizei keinerlei Initiative ergreift und sich ratlos gibt, bleibt die Honorarnote des Arztes an die Polizei für seinen Zeitauf- wand unberichtigt. In einem konkreten Fall hatte ein Arzt eine Übernachtungsmöglichkeit in einer Gesundheitseinrichtung für die Gefährdete organisiert. Die Polizei argumentierte damit, dass alles mit der Honorierung der Unterbringungsuntersuchung durch die Bezirkshauptmannschaft und allenfalls der Krankenkasse abgegolten und für weitere Leistungen sonst kein gesonderter Auftrag erteilt worden sei. Es ist daher zu empfehlen, nach Abschluss der Unterbringungsuntersuchung bzw. dem Ausstel- len der Bescheinigung bei bloß mündlichem Ersuchen der Polizei die Honorierungsmodalitäten vor Erbringung von Zusatzleistungen für die Polizei vor Ort schriftlich zu vereinbaren. ⁶ Födermayr, Kostentragungspflicht des Krankenversicherungsträgers für einen Rettungstransport an der Schnittstelle von Sozialversicherungsrecht und UbG, RdA 2012/53. 24
III Die Totenbeschau 1. Wer ist zur Durchführung der Totenbeschau verpflichtet? In erster Linie trifft die Verpflichtung zur Durchfüh- rung der Totenbeschau die bestellten Gemeindeärzte. Darüber hinaus stellt die Totenbeschau gemäß der Notfalldienstverordnung eine unaufschiebbare gemein- deärztliche Tätigkeit dar, zu deren Durchführung alle Notfalldienst leistenden Ärzte verpflichtet sind. Jeder Notfalldienst leistende Arzt hat sich in zumindest einer oberösterreichischen Gemeinde angeloben zu lassen. 2. Zweck der Totenbeschau Die Totenbeschau ist nach dem Oö. Leichenbestattungs- gesetz 1985 ein geregeltes, fixes Verfahren. Sie sollte ursprünglich sicher stellen, dass keine Lebenden be- stattet werden und keine Kriminalfälle unentdeckt blei- ben. Sie dient daher in erster Linie zur Feststellung des eingetretenen Todes und der Todesursache. Bei Ver- dacht auf einen gewaltsam herbeigeführten Tod oder bei ungeklärter Todesursache ist ein behördliches Verfahren einzuleiten. Wurde der eingetretene Tod durch den Notarzt oder einen anderen Arzt bereits festgestellt, ersetzt das die Todesfeststellung durch den Totenbeschauer nicht. Die Todesfeststellung des Totenbeschauers hat – anders als die eines anderen Mediziniers, der eine solche zuvor getroffen hat – einen behördlichen Charakter. Die Todes- feststellung des Totenbeschauers ist daher nicht ver- zichtbar. 25
3. Todesfallsanzeige Das Verfahren beginnt mit der Todesfallsanzeige. Nach dem Oö. Leichenbestattungsgesetz 1985 ist jeder Todesfall unverzüglich dem Totenbeschauer, und zwar in der Regel diesem selbst, anzuzeigen. Das Gesetz lässt aber auch eine Anzeige beim nächsten Gemeindeamt und im Fall des Auffindens der Leiche an die nächste Sicherheitsdienststelle zu. In jenen Fällen, in denen die Todesfallsanzeige nicht an den Totenbeschauer erstattet wurde, ist diese sofort an den Totenbe- schauer weiterzuleiten. Die Verpflichtung zur Erstattung der Todesfallsanzeige richtet sich nach dem Ort, an dem der Tod des Verstorbenen eingetreten ist. Wenn der Tod des Verstorbe- nen an seinem Wohnsitz oder an seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort eingetre- ten ist, sind in erster Linie die Familienangehörigen, die mit ihm im gemeinsamen Haushalt gelebt haben, zur Erstattung der Todesfallsanzeige verpflichtet. Gibt es solche nicht, trifft die Verpflichtung andere Wohnungsgenossen oder Pflegeper- sonen des Verstorbenen, den Wohnungsinhaber, den Hausbesitzer oder Haus- verwalter in der angeführten Reihenfolge. Eine Sonderbestimmung besteht für Todesfälle in Anstalten oder Heimen. Die Verpflichtung zur Todesfallsanzeige trifft in diesen Fällen generell die Leitung der Einrichtung. In allen übrigen Fällen ist zur Erstattung der Todesfallsanzeige die Person ver- pflichtet, die den Todesfall zuerst bemerkt oder die Leiche aufgefunden hat. 4. Fristen für die Durchführung der Totenbeschau Der Totenbeschauer hat die Totenbeschau ehestmöglich, jedenfalls aber binnen 24 Stunden nach Erhalt der Todesfallsanzeige vorzunehmen. Bezüglich der Todesfeststellung ist wichtig, dass ein sicheres Todeszeichen vorliegt. Anlässlich der Totenbeschau hat der Totenbeschauer festzustellen, ob die Merkmale des eingetretenen Todes an der Leiche vorhanden sind, ob die erhobenen Befunde mit den Angaben der Angehörigen übereinstimmen, falls der Totenbeschauer nicht der zuletzt behandelnde Arzt gewesen ist, ob die von ihm erho- benen Befunde mit den Angaben des Behandlungsscheins übereinstimmen, ob der Verdacht auf fremdes Verschulden an dem Eintritt des Todes ausgeschlossen werden kann und ob sich in der Leiche ein Herzschrittmacher befindet. Dieser ist zu entfernen, wenn eine Feuerbestattung durchgeführt werden soll und geht nach der Entfernung in das Eigentum der Gemeinde über. Andere Pumpen oder Implantate, Defibrillatoren und im Herz selbst implan- tierte Mini-Herzschrittmacher sind nicht zu entfernen. Bei Entfernung anderer Gegenstände als einem Herzschrittmacher findet auch keine analoge Abrechnung des Tarifpostens „Toten- beschau mit Herzschrittmacherentfernung“ mit der Gemeinde statt. 26
5. Maßnahmen bei besonderen Todesfällen Bei besonderen Todesfällen, insbesondere wenn der Verdacht be- steht, dass der Tod durch fremdes Verschulden herbeigeführt oder mitverursacht wurde, hat der Totenbeschauer Anzeige an den Staats- anwalt oder an die nächste Sicherheitsdienststelle zu erstatten. Kann die Todesursache sonst nicht einwandfrei festgestellt werden oder liegen andere Umstände vor, die eine verwaltungsbehördliche Anordnung einer Obduktion der Leiche für erforderlich erschei- nen lassen, hat der Totenbeschauer Anzeige an die Bezirksverwaltungsbehörde zu erstatten. 6. Verhaltensregeln für die Bevölkerung Damit die korrekte Durchführung der Totenbeschau gewährleistet ist, enthält das Oö. Leichenbe- stattungsgesetz 1985 in § 5 allgemeine Verhaltensregeln für die Bevölkerung. So muss beispiels- weise die Leiche bis zur Totenbeschau am Sterbeort belassen werden, ausgenommen der To- tenbeschauer hat seine Zustimmung zur Verlegung erteilt. Ebenso darf die Aus- und Ankleidung, Aufbahrung und Einsargung erst nach Zustimmung des Totenbeschauers erfolgen. Darüber hinaus ist jedermann verpflichtet, dem Totenbeschauer die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und seine Anordnungen zu befolgen. 7. Totenbeschauschein Am Totenbeschauschein ist das Ergebnis der durchgeführten Totenbeschau einzutragen. Toten- beschauschein-Formulare haben die Gemeinden zur Verfügung zu stellen. Wichtig zu wissen ist, dass der Totenbeschauschein nicht nur für die weitere Verfahrensweise bezüglich der Bestattung relevant ist, sondern, speziell wenn sich – unter Umständen auch nachträglich – irgendwelche Bedenken bezüglich der Todesursache ergeben, dieser auch als Beweismittel in allfälligen zivil- oder sozialrechtlichen Verfahren herangezogen werden kann. Wird beispielsweise in einer Landwirtschaft eine Leiche in einer Jauchegrube aufgefunden und stellt sich heraus, dass diese Person der Landwirt selbst ist, ist es im nachfolgenden Verfahren um eine allfällige Rente für die Witwe durch die Sozialversicherung relevant, ob anlässlich der Totenbeschau etwas aufgefallen ist, das Klarheit darüber bringen könnte, ob es ein Unfall oder ein Selbstmord war. In einem allfälligen gerichtlichen Verfahren kann der Totenbeschauer, dem die Funktion eines Zeugen zukommt, daher gefragt werden, ob Verletzungsspuren an der Leiche festgestellt wurden (abgerutscht?) oder nicht (gesprungen?) oder welche Bekleidung – falls noch erkennbar – die Person getragen hat (Gummistiefel, Stallkleidung; Hausschlapfen und Pyjama). In solchen Fällen kann die Diagnose „Suizid“, wenn dies nicht eindeutig bewiesen ist, für die Hin- terbliebenen schwerwiegende finanzielle Konsequenzen haben, wenn nämlich eine Versicherung bei Suizid leistungsfrei wäre. Angaben wie Selbstmord oder Suizid als Todesursache am Toten- schein sollten vermieden werden. 27
TOTENBESCHAUSCHEIN Für die Gemeinde Oö. Leichenbestattungsgesetz 1985 (als Sanitätsbehörde) Name Familienname __________________________________ □m □w Geschlecht Vorname ______________________________________ PLZ _____________ Ort __________________________________ Letzte Wohnanschrift Straße ________________________________ Nummer ____________ Geburtsdatum Geburtsort Staatsangehörigkeit Religionszugehörigkeit Tag, Monat, Jahr, Stunde und Minute des Todes (bei aufgefundenen Leichen Angabe des engstmöglichen Zeitraumes) Ort des Todes (bei aufgefundenen Leichen der Fundort) Die unmittelbar zum Tod führende Krankheit, Verletzung oder Komplikation (nicht die Art des Annähernde Zeitdauer Todeseintritts wie z.B. Herz- zwischen Beginn der Kreislaufversagen oder Erkrankung und Tod Atemstillstand) Vorausgegangene Ursachen, falls vorhanden: Krankheitszustände, Annähernde Zeitdauer welche zu der oben angeführten zwischen Beginn der unmittelbaren Todesursache geführt Erkrankung und Tod haben Andere wesentliche Krankheitszustände die zum Tode beigetragen haben Bei gewaltsamen Todesfällen (Unfall, Selbstmord, Mord etc.) Einzelheiten über Art und Weise sowie Ursache des gewaltsamen Todes Wurde eine Obduktion vorgenommen? (Zutreffendes ankreuzen) ja □ nein □ Befindet sich in der Leiche ein Herzschrittmacher? (Zutreffendes ankreuzen) ja □ nein □ Entfernung des Herzschrittmachers? (Zutreffendes ankreuzen) ja □ nein □ Sanitätspolizeiliche Bedenken gegen die Überführung der Leiche? (Leichenpasspflicht) (Zutreffendes ankreuzen) ja □ nein □ Tag und Stunde der Totenbeschau Name und Adresse des allfällig behandelten Arztes Etwa getroffene Anordnungen und sonstige Bemerkungen _________________________________, am __________________ ___________________________________________ Ort Datum Unterschrift und Stampiglie des Totenbeschauers Form.-Nr. 443 – Totenbeschauschein - Drucksortenverlag Jos. Feichtingers Erben GmbH & Co. KG., 4020 Linz, Herrenstraße 6 – 1054 (2004) Nachdruck und fototechnische Vervielfältigung dieses Formulars verstoßen gegen § 1 UWG und werden gerichtlich verfolgt. Bezüglich der Ausfüllung des Totenbeschauscheins hier einige Tipps: Suizid ist keine Todesursache. Mit Todesursache ist gemeint, woran – aus medizinischer Sicht – eine Person gestorben ist. Beispiele: Springt eine Person von einer Brücke und verstirbt an den Folgen des harten Aufpralls, sind die Verletzungen infolge des Aufpralls todesursächlich. Lösung der Frage, ob der Verstorbene aus eigenem Willen gesprungen ist um sein Leben zu beenden oder dazu gedrängt wurde oder gestoßen wurde, ist Aufgabe der Polizei. Verstirbt eine Person infolge der Verletzungen nach einem Autounfall, ist die medizinische Todesursache nicht der Autounfall, sondern die Verletzungen, die zum Tod geführt haben. Angaben über gewaltsame oder ungewöhnliche Todesfälle können im Feld „Vorausgegangene Ursachen…“, das sich etwa in der Mitte des Totenbeschauscheines befindet, gemacht werden. 28
8. Formulare nach dem Personenstandsgesetz Zusätzlich zur Ausfüllung des Totenbeschauscheins bestehen Anzeigepflichten für den Totenbe- schauer nach dem Personenstandsgesetz. Auszufüllen ist jeweils der für den Totenbeschauer vorgesehene Teil des Formulars. Das Formular dient nicht der Totenbeschau, sondern statisti- schen Zwecken. BGBl. II - Ausgegeben am 31. März 2017 - Nr. 87 1 von 1 Anlage 2 ANZEIGE DES TODES* Hinweis: grau hinterlegte Felder sind von der Behörde auszufüllen Behörde Zahl/Jahr Familiennamen Akademische Grade/Standesbezeichnungen Vornamen Sonstige Namen Geschlecht Religionsbekenntnis (sofern freiwillig bekanntgegeben) Letzter Wohnort Tag und Ort der Geburt Eintragung der Geburt (Behörde und Zahl) Staatsangehörigkeit Familienstand zur Zeit des Todes ledig verheiratet verwitwet geschieden Ehe aufgehoben Ehe für nichtig erklärt in aufrechter EP3) aufgelöste EP3) EP3) für nichtig erklärt hinterbliebener eingetragener Partner Tag, Monat, Jahr, Stunde und Minute, sowie Ort 1) des Todes BGBl. II - Ausgegeben am 31. März 2017 - Nr. 87 1 von 1 Anlage 2a Letzte Eheschließung/letzte Eingetragene Partnerschaft sowie Behörde und Zahl Behörde Statistik-Code: / / Familiennamen des hinterbliebenen Ehegatten oder eingetragenen Partners Code der zuständigen Standesamtsgemeinde / Jahr der Eintragung ins ZPR / eindeutige Laufnummer pro Behörde und Kalenderjahr Hinweise: Die folgenden Angaben zur Person (Name, Geburtsdatum, Todeszeitpunkt und –ort) sind hier nur dann einzutragen, wenn sie nicht schon auf der Akademische Grade/Standesbezeichnungen Vorderseite eingetragen wurden. Grau hinterlegte Felder sind von der Personenstandsbehörde auszufüllen; Familienname (unterstreichen), Vorname: Tag, Monat, Jahr, Stunde und Minute sowie Ort 1) des Todes: Vornamen Sonstige Namen Tag, Monat und Jahr der Geburt: Tag und Ort der Geburt 1) Name und Anschrift der Krankenanstalt/des Heimes oder Anschrift der Wohnung, in der der Tod eingetreten ist, sonst möglichst genaue Bezeichnung des Todesortes. TODESURSACHE Geschlecht Die Todesursache, die Vornahme einer Obduktion sowie Angaben zur Müttersterblichkeit sind vom Leiter der Krankenanstalt, in der der Tod eingetreten ist, sonst vom Arzt, der die Totenbeschau vorgenommen hat, nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten in elektronisch verarbeiteter und verschlüsselter Form an die Bundesanstalt Statistik Österreich im Wege des ZPR zu übermitteln. Liegen die technischen Voraussetzungen dafür nicht vor, muss die Staatsangehörigkeit Anzeige in Papierform der Personenstandsbehörde am Ort des Todes übermittelt werden (§ 28 Abs. 5 PStG 2013). Ungefähre Zeitdauer Anzeigende/r Bitte mit Maschine oder in gut lesbarer Schrift ausfüllen Todesursache oder Kausalkette der Todesursachen zw. Beginn der in deutscher wissenschaftlicher Bezeichnung; Bezeichnung und Anschrift der Krankenanstalt bzw. Familiennamen, Vornamen und Wohnort bzw. Zutreffendes ankreuzen! Erkrankung und Tod, Abkürzungen bitte vermeiden. falls bekannt 1. Die unmittelbar zum Tod führende Krankheit, (Datum und Unterschrift) Verletzung oder Komplikation (nicht die Art des Todeseintritts wie z.B. Herz-Kreislaufversagen oder Todesbestätigung Atemstillstand a) Der Tod der bezeichneten Person wird bestätigt. vorausgegangene Ursachen, falls vorhanden: Krankheitszustände, welche zu der unter a) ange- bedingt durch (Folge von): führten unmittelbaren Ursache geführt haben, mit (Datum und Unterschrift des Arztes) 2) der zugrunde liegenden Todesursache b) 1 ) Anschrift der Krankenanstalt oder der Wohnung, in der der Tod eingetreten ist; sonst möglichst genaue Bezeichnung des Todesortes. bedingt durch (Folge von): 2 Beispiele für eine Kausalkette ) Zur Ausstellung der Todesbestätigung ist der Arzt verpflichtet, der die Totenbeschau vorgenommen hat. Die Bestätigung ist nicht erforderlich, wenn der Tod vom Leiter einer Krankenanstalt angezeigt wird. a) Ösophagusvarizenblutung (= unmittelbare c) 3 ) Eingetragene Partnerschaft. Todesursache) *Hinweis: Nur zu verwenden wenn eine Übermittlung nach § 28 Abs. 1 erster Satz PStG 2013, BGBl. I Nr. 16/2013, nicht möglich ist. b) portale Hypertonie bedingt durch (Folge von): c) alkohol. Leberzirrhose (= Grundleiden) www.ris.bka.gv.at d) ------------------ d) Falls der Krankheitsverlauf nur durch ein Das Grundleiden soll in der untersten ausgefüllten Zeile Geschehen bestimmt ist, reicht der Eintrag in Zeile stehen! a) aus. 2. Andere wesentliche Krankheitszustände, die zum Tode beigetragen haben, ohne mit der Krankheit selbst oder mit dem verursachenden Zustand im Zusammenhang zu stehen Beispiele: Diabetes mellitus, Bluthochdruck 3. Bei gewaltsamen Todesfällen (Unfall, Selbstmord, Mord etc.) Einzelheiten über Art, Weise sowie Ursache des gewaltsamen Todes Beispiele: Suizid durch Erhängen, Fahrradfahrer von PKW angefahren 4. Wurde eine Obduktion durchgeführt? klinisch sanitätsbehördlich gerichtlich nein Ist das Ergebnis in die Bescheinigung eingeflossen? ja nein 5. Bei Frauen: Lag zum Todeszeitpunkt eine Schwangerschaft vor? ja nein unbekannt Erfolgte eine Entbindung, eine Interruptio oder ein Abort ... .... innerhalb der letzten sechs Wochen vor dem Tod? ja nein unbekannt .... zwischen sechs Wochen und einem Jahr vor dem Tod? ja nein unbekannt Stampiglie der Krankenanstalt bzw. des Beschauarztes, Datum, Unterschrift des Beschauarztes www.ris.bka.gv.at 29
9. Vergütung Seit 1. April 2017 gelten folgende Tarife für die Totenbeschau: Leistungsgegenstand Tarif (seit 1.4.2017) ohne Herzschrittmacherentfernung € 54,21 50 % Nachtzuschlag (22:00 Uhr bis 06:00 Uhr) mit Herzschrittmacherentfernung € 87,04 amtliches Kilometergeld pro km € 0,42 Die Städte Linz, Wels und Steyr haben als Statutarstädte jeweils eigene Honorierungssysteme und Tarife. 10. Enterdigung Gelegentlich kommt es vor, dass ein Verstorbener enter- digt werden muss. Ausgenommen bei behördlich angeord- neten Enterdigungen, etwa zu Beweiszwecken in einem Strafverfahren, ist für eine Enterdigung in Oberösterreich die Bewilligung des Bürgermeisters der Gemeinde notwen- dig, in deren Gebiet der Friedhof liegt, auf dem die Leiche bestattet ist. Dabei hat der Bürgermeister die Enterdigung zu bewilligen, wenn keine sanitätspolizeilichen Bedenken bestehen. Wenn die Bewilligung zur Enterdigung erteilt wird, sind die vom sanitätspolizeilichen Standpunkt not- wendig erscheinenden Bedingungen oder Auflagen vorzu- schreiben. Die Frage, ob sanitätspolizeiliche Bedenken bestehen, kann in der Regel der Bürgermeister, wenn er nicht selbst Arzt ist, nicht beantworten. Zur Beantwortung der Frage, ob sanitätspolizeiliche Bedenken bestehen, ist der Ge- meindearzt als Sachverständiger der Gemeinde zuständig. 30
11. Interview mit MR Dr. Wolfgang Ziegler, Sektionsobmann und Arzt für Allgemeinmedizin in Kirchdorf Dr. Hummelbrunner: Herr MR Dr. Ziegler, wie erleben Sie die Durchführung von Totenbeschauen? MR Dr. Ziegler: In der Praxis ist die Totenbeschau häufig mit Unannehm- lichkeiten verbunden: Zum einen ist es nie erfreulich, eine Todesnachricht zu übermitteln oder trauernden Angehörigen die Gegebenheiten, unter denen es zum Ableben gekommen ist, näher bringen zu müssen. Zum anderen sind es aber häufig auch missliche und belastende Umstände, die eine Totenbeschau begleiten, wie bei Todesfällen z.B. eben in Jauche- gruben, durch Suizid, durch Schusswaffengebrauch, durch einen Sprung aus großer Höhe, sich vor einen Zug werfen oder bei schweren Unfällen. Dr. Hummelbrunner: Was ist Ihrer Meinung nach besonders zu beachten, wenn man zu einer Totenbeschau gerufen wird? MR Dr. Ziegler: In jedem Fall ist darauf zu achten, sich voll und ganz von der Aufgabe der Totenbeschau leiten zu lassen. In aller Regel wird die Feststellung des Todes kein Pro- blem darstellen, eher sind es rechtlich relevante Fragestellungen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Wahrung der Pietät und eine angemessene höfliche Begegnung mit den Angehörigen oder sonst beim Verstorbenen Anwesenden. Dr. Hummelbrunner: Wie gehen Sie in der Praxis bei schwierigen Verhältnissen bei einer Totenbeschau vor? MR. Dr. Ziegler: Hier gilt es, sich die Voraussetzungen dafür zu schaffen oder unter Mitwirkung von Bestatter, Feuerwehr oder Polizei schaffen zu lassen, beispielsweise durch Aufsammeln von Leichen- teilen, Reinigung der Leiche, Transport in eine entsprechende Aufbahrungshalle z.B. auch zur allfäl- ligen Entfernung eines Schrittmachers. Niemand verlangt eine sofortige und unmittelbare Festlegung auf ein Ergebnis. Ein pietätvolles, vor allem aber ein sehr rationales, klares und korrektes Vorgehen ist dabei wichtig und hilfreich. Eine Totenbeschau hat keine notärztliche Priorität und ist daher nicht – auch und schon gar nicht in Heimen – mitten in der Nacht erforderlich. Dr. Hummelbrunner: Gibt es einen Fall, der Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist? MR Dr. Ziegler: Auf einem Bauernhof ist ein 48-jähriger Knecht (gibt es noch in OÖ!) verstorben. Er wurde leblos in seinem Bett aufgefunden, daneben befand sich eine leere unbeschriftete Flasche, die nach Most roch. Das Verhältnis zwischen den Bauersleuten und dem Knecht wurde von Nachbarn als bekannt schwierig beschrieben; desöfteren sollen Schreiduelle wahrgenommen worden sein. Die To- desursache konnte zunächst nicht eindeutig festgestellt werden, denn die Möglichkeit einer Vergiftung stand im Raum. Es wurde zur Abklärung der Todesursache eine Obduktion veranlasst. Diese ergab eine Ösophagusvarizenblutung, d. h. Fremdverschulden konnte ausgeschlossen werden. 31
IV Die Haftfähigkeitsuntersuchung 1. Wozu dienen Haftfähigkeitsunter- suchungen? Haftfähigkeitsuntersuchungen sind für die Polizei für vorläufige Ver- wahrungen im Dienste der Strafjustiz unter bestimmten Vorausset- zungen erforderlich. 2. Rechtliche Grundlage Die Polizei unterliegt bei der Ausübung ihrer Tätig- keit, insbesondere bei der Kriminalitätsbekämpfung – genau wie andere Berufe auch – Vorschrif- ten, die sie genau einzuhalten hat. So ist die Polizei nach § 7 Anhalteordnung⁷ verpflichtet, bei Menschen, die Krankheitssymptome oder Verletzungen aufweisen oder die solche behaupten oder wenn bestimmte Tatsachen solche auch nur vermuten lassen, eine ärztliche Untersuchung zu veranlassen, bevor eine Anhaltung erfolgen darf. Darüber hinaus schreibt die Anhalteordnung vor, dass alle Häftlinge innerhalb von 24 Stunden ab der Inhaftierung ärztlich auf ihre Haftfähig- keit zu untersuchen sind. 3. Zuständigkeit Grundsätzlich ist für die Durchführung von Verletzungsbegutachtungen und Haftfähigkeitsun- tersuchungen der Polizeiarzt zuständig. Ist der Polizeiarzt aber nicht erreichbar, muss sich die Polizei an eine Krankenanstalt oder an die niedergelassenen Ärzte wenden, sofern eine Untersu- chung sofort notwendig ist. Festzuhalten ist, dass keine rechtliche Verpflichtung für nieder- gelassene Ärzte besteht, solche Untersuchungen und Begutachtungen durchzuführen. Das gilt für jeden Arzt, gleich ob er Gemeindearzt nach dem alten oder dem neuen System ist, oder HÄND-Ärzte. ⁷ Verordnung der Bundesministerin für Inneres über die Anhaltung von Menschen durch die Sicherheitsbehörden und Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Anhalteordnung - AnhO) BGBl. II Nr. 128/1999 idF BGBl. II Nr. 439/2005 32
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