Schön - Deutsche Kinderkrebsnachsorge

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Schön - Deutsche Kinderkrebsnachsorge
schön
Das Magazin der Deutschen Kinderkrebsnachsorge   01/2021

STANDORTÜBUNGSPLATZ
DER BUNDESWEHR

Generalinspekteur
vom Konzept der
Familienorientierten
Nachsorge äußerst
beeindruckt

GROSSARTIGE SOLIDARITÄT:

Spendenaktion
zu Corona-Folgen
toller Erfolg

FÜHRENDES KOMPETENZZENTRUM
BEI MUKOVISZIDOSE:

„Tannheim fühlt
sich an wie nach
Hause kommen“
  Kolummnentitel
Schön - Deutsche Kinderkrebsnachsorge
Stiftung Deutsche Kinderkrebsnachsorge
Wenn Sie helfen wollen...
Ihre Spende ermöglicht es uns,
im Dienst von Familien mit schwer
chronisch kranken Kindern und
­Familien, die ein Kind verloren
 haben, deutschlandweit eine ganze
 Fülle an Aufgaben zu bewältigen
 und den Betroffenen die dringenden
 Hilfen zu geben. Unsere
 Stiftung finanziert ihre Tätigkeit
 ­ausschließlich über Spenden
  und Zuwendungen.

                                      • Beratung und Begleitung
                                        betroffener Familien sowie
                                        gegebenenfalls finanzielle
                                        Unterstützung bei Rehabili­
                                        tationsaufenthalten durch den
                                        Hilfsfonds

                                      • Hilfe für verwaiste Familien
                                                                           Was wir leisten ...
                                      • Unterstützung der
                                        Nachsorgeklinik Tannheim           • Sozialfonds für Familien in Not

                                      • Sozialrechtsberatung               • Bereitstellung von
                                                                             Appartements für Ferien von
                                      • Förderung von Forschung              Familien mit schwer chronisch
                                        und Projekten zur Weiterent­         kranken Kindern
                                        wicklung und Umsetzung von
                                        Familienorientierten Reha­­bili­   • Öffentlichkeitsarbeit
                                        tationskonzepten                     und Fundraising

 Unsere Spendenkonten :
 Sparkasse Schwarzwald-Baar           Deutsche Bank AG                              Sparda-Bank BW eG
 IBAN DE41 6945 0065 0000 0050 00     IBAN DE12 6007 0024 0128 1666 00              IBAN DE37 6009 0800 0000 3333 33
                                                                                                   Kolummnentitel
 BIC SOLADES1VSS                      BIC DEUTDDBSTG                                BIC GENODEF1S02
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INHALTSVERZEICHNIS
            SEITE 05                                   SEITE 15                                               SEITE 24
          Zum Geleit                           Mit sehr viel Herz für                             Wir sagen „Dankeschön“
                                              die Familien­orientierte                                 Spendenspiegel
                                                  Nachsorge aktiv
            SEITE 06                       Schauspielerin Barbara Wussow
                                                feiert 60. Geburtstag
            Magazin
Nachgefragt: Michael A. Grimm /
  Tannheimer Bienenwiese ist
   eingesät / Neues Buch von
 Tom Belz: „Do what you can‘t“

                                                                                                              SEITE 28
                                                                                                    Dank Förderverein:
                                                                                                    Endlich ein moderner
                                                                                                       Traktor für die
                                                       SEITE 16                                   Nachsorgeklinik Tannheim

                                                Standortübungsplatz
            SEITE 08                              der Bundeswehr
                                                Nach dem Besuch von
 Wirtschaftliche Folgen von                       Generalinspekteur
  Corona eine schwere Last                    Eberhard Zorn schöpft die
 Verluste belaufen sich bislang               Nachsorgeklinik Tannheim
      auf über 2 Mio. Euro                         neue Hoffnung

            SEITE 10
    Schicksale – Leben mit
        Mukoviszidose
„Tannheim fühlt sich an wie nach
       Hause kommen“

                                                       SEITE 22                                 Unser „Dankeschön“ können
                                                    Wie wir helfen –                            Sie auch digital lesen. Unter
                                                   Jahresbericht 2020                          www.kinderkrebsnachsorge.de
                                                                                              steht für Sie eine PDF-Datei zum
                                                                                                      Download bereit.

Impressum                                                  Redaktion:
                                                           Wilfried Dold, Margit Weißer, Stefanie Rothmund
DEUTSCHE KINDERKREBSNACHSORGE –
Stiftung für das chronisch kranke Kind
Gemeindewaldstraße 75                                      Bildnachweis:
78052 Villingen-Schwenningen (Ortsteil Tannheim)           Wilfried Dold: 1, 2, 3, 4, 7 ob. l. u. u.l., 8-9, 10-14, 15 u., 16-21, 23, 28
Telefon: 07705 / 920 500                                   Alle weiteren Fotos: Deutsche Kinderkrebsnachsorge
Telefax: 07705 / 920 191
info@kinderkrebsnachsorge.de                               Gesamtrealisation: dold.media, Vöhrenbach
www.kinderkrebsnachsorge.de                                Druck: Mueller Offset Druck, VS-Villingen

                                                                                                                           Dankeschön   |   3
Schön - Deutsche Kinderkrebsnachsorge
Lebensfreude schenken – Impression aus der Kinder- und Jugendabteilung der Nachsorgeklinik Tannheim.

4   |   Dankeschön
Schön - Deutsche Kinderkrebsnachsorge
Zum Geleit
Liebe Freunde der Deutschen Kinderkrebsnachsorge,

wenn für uns alle durch die Corona-Pandemie    „Es verdient größte Wertschätzung, dass es
bislang Unvorstellbares erschreckende Wirk­    seit über 20 Jahren dieses familienorientier­
lichkeit wird, was soll in dieser Situation    te Angebot gibt, bei dem der Patient und
eine Stiftung unternehmen, deren Behand­       seine Familie im Mittelpunkt stehen. Wir
lungskonzept der Familienorientierten          wünschen Ihnen, dass Sie die Nachsorge­
Nachsorge auf Begegnung, auf intensive         klinik Tannheim erfolgreich durch die Corona-­
Zuwendung gründet? Die Verantwortlichen        Krise steuern.“ Damit ist zugleich ausge­
der Deutschen Kinderkrebsnachsorge und         drückt, dass die Familienorientierte Nachsor­
an der Spitze der Nachsorge­klinik Tannheim    ge eben auch und gerade in Pandemie-­
waren sich einig:                              Zeiten gebraucht wird.
                                                     Bedrohlich bleiben weiterhin die wirt­
KÄMPFEN! BEISTAND LEISTEN! WIE STETS           schaftlichen Folgen von Corona: Seit
AN DER SEITE DER BETROFFENEN STEHEN!           ­Ausbruch der Pandemie musste die Nachsor­
                                                geklinik Tannheim durch den Ausfall von
     Der Alltag mit Corona bedeutet für die     Reha-Maßnahmen und die coronabedingte
Mitarbeiter von Tannheim und ­unserer Stif­     Reduzierung der Patientenzahl einen Verlust
tung seit nunmehr fast eineinhalb Jahren        von mittlerweile zwei Millionen Euro
ihre Arbeit für und mit chronisch kranken       ­hinnehmen. Diese wirtschaftliche Last konn­
Kindern, Jugend­lichen und Erwachsenen          te nur dank vieler Spenden und durch die
sowie deren Familien unter schwierigen          Gewährung staatlicher Hilfen eingegrenzt
­Rahmenbedingungen zu leisten. Besonders        werden. Noch ist ungewiss, wie hoch die Ver­
 schwer wiegt: Ärzte und Therapeuten tra­        luste schlussendlich tatsächlich ausfallen.
 gen bei der Behandlung ihrer krebs-, herz-
oder mukoviszidosekranken Patienten                Dieses „Dankeschön“ – es erscheint mit
gezwungenermaßen eine Maske. Gerade            einem überarbeiteten Erscheinungsbild – ist
dort, wo Nähe ganz besonders erforderlich      ein S­ piegel unserer aktuellen Situation und
ist, zwingt Corona zu Distanz!                 Ihrer großartigen Unterstützung: Es berich­
     Und doch zeigt die Reaktion der Patien­   tet über Corona, die Proteste gegen den
ten, dass sie auch unter Corona-Vorzeichen     geplanten Standortübungsplatz der Bundes­
für die in Tannheim erfahrene Hilfe dankbar    wehr, unsere Hilfe für an Mukoviszidose
sind. Der Nutzen übersteige die Risiken bei    erkrankte Patienten – oder das Engage­
Weitem, lautet der allgemeine Tenor. Diese     ment, das auf einzigartige Weise unser För­
Einschätzung kommt ebenso in einem             derverein zeigt. Alle unsere Freunde ziehen
Schreiben des Ministeriums für Soziales und    an einem Strang, helfen mit, dass die Fami­
Integration des Landes Baden-­Württemberg      lienorientierte Nachsorge ihren Aufgaben
vom April 2020 an die Nachsorgeklinik          weiter erfüllen kann. Nur dank Ihrer Hilfe
Tannheim zum Ausdruck. Das Ministerium:        ist uns das möglich!

im Mai 2021

Roland Wehrle, Stiftungsvorstand               Sonja Faber-Schrecklein, Stiftungsvorstand

                                                                                                Dankeschön   |   5
Schön - Deutsche Kinderkrebsnachsorge
MAGAZIN

                                              Nachgefragt | Michael A. Grimm
                                              Michael A. Grimm ist seit 1997 als professioneller Schauspieler
                                              und Sprecher aktiv. Er arbeitet in vielen verschiedenen Sparten, sowohl
                                              auf Bühnen als auch vor Kameras und Mikrofonen. Der populäre K   ­ ünstler
                                              kennt die Arbeit der Nachsorgeklinik Tannheim aus eigener E­ rfahrung
                                              heraus und ist vom interdisziplinären Behandlungsansatz der Familien­
                                              orientierten Nachsorge begeistert. Michael A. Grimm engagiert sich seit 2020
                                              als Mitglied im Kuratorium unserer Stiftung für die Belange der Deutschen
                                              ­Kinderkrebsnachsorge.

        Was tun Sie gerne, haben Sie eine L­ eidenschaft?               Was gefällt Ihnen an Ihrem Beruf?
        Meine Familie, meinen Beruf und meine Freunde möchte            Menschen zu begegnen, Menschen zu schaffen, zwi­
        ich als größte Leidenschaften nennen, gut essen und             schenmenschliche Mechanismen zu erzählen, Geschich­
        trinken sowie noch bessere Gespräche mit Inhalt kämen           ten, die die Welt vielleicht ein bisschen erklärbarer und
        gleich danach.                                                  damit hoffentlich etwas besser lebbar zu machen; das,
                                                                        was wir sind, veranschaulichen. Ich darf mich mit dem
        Was macht Sie glücklich?                                        Leben von Menschen beschäftigen, von so vielen fiktiven
        Mit dem oben genannten zu leben. Sich genügend zu               und realen Menschen, mit dem was Leben ausmacht. Das
        sorgen, sich also auf andere einlassen, um Halt zu haben        gefällt mir aufs Ärgste.
        und zu geben. Aber auch Hilfe zu bekommen bei den zu
        großen Sorgen, auf dass sie nicht zu schwer werden.             Warum engagieren Sie sich für die Deutsche
                                                                        Kinderkrebsnachsorge?
        Welche drei Dinge dürfen in Ihrem                               Wie gesagt: Sorgen sind wichtig, sie zeigen, dass wir
        Reisegepäck nicht fehlen?                                       menschlich sind, empathisch, dass wir mit anderen
        Als Tribut an die Arbeit und die Zeit in der wir leben: das     verbunden sind – am stärksten mit Kindern, unseren
        Handyladekabel, als Tribut an die Biologie und die Zivili­      Kindern, die am Beginn ihres Lebens Unterstützung
        sation: etwas frische Wäsche und zumindest ein Mini­            brauchen, um die sich gesorgt werden muss. Wenn aber
        kulturbeutel und drittens für die Seele: ein mir von der        das Leben unserer Kinder in Gefahr ist, von Krankheit be­
        jüngsten mitgegebenes Andenken, z.B. ein aus einer alten        droht, ergriffen oder schon beendet wurde, dann können
        Socke, Paketschnur und einem Filzstift selbst gebasteltes       diese so wichtigen, uns zu Menschen machenden, eigent­
        Stofftier, einen Gummiball oder einfach ein kleiner, selbst     lich helfenden Sorgen um das Kind zu einer belastenden
        beschriebener Zettel mit Botschaft (und mag sie noch so         Bürde werden. Diese Last gilt es tragen zu helfen. Klingt
        banal scheinen).                                                arg pathetisch, ist aber meiner Meinung nach einfach so.
            Das ist ein Stück Liebe zum Mitnehmen. Das ist das
        Wichtigste.                                                     Was denken Sie, ist die wichtigste Aufgabe
                                                                        der Stiftung?
        Wo hat es Ihnen bisher am besten gefallen?                      Ein großer Schritt war die Ermöglichung Tannheims, wo
        Im Kreise liebenswerter Menschen.                               diese oben erwähnte Hilfe stattfinden kann. Das zu erhal­
                                                                        ten (Standortübungsplatz vermeiden, finanzielle Extrahil­
        Welchem Menschen möchten Sie einmal begegnen?                   fen, etc.), weiterzutragen (weitere Rehazentren einzurich­
        Dem, den es gerade ansteht zu treffen.                          ten oder anzuregen) und somit einen gangbaren Weg für
                                                                        unsere ganze Gesellschaft zu zeigen und mitzugestalten,
        Welche Eigenschaften schätzen Sie an                            wie mit Krankheit und Tod unserer Jüngsten umgegangen
        Menschen besonders?                                             wird und werden kann, ist meines Erachtens die Aufgabe
        Empathie, Unvoreingenommenheit, Urteilsvermögen                 der Stiftung.
        und Mut.                                                             Gerade der zähe Kampf mit einem eigentlich wertvol­
                                                                        len, aber oft zu starren Gesundheitssystem, das hoch­
        Was ist Ihre größte Stärke?                                     reguliert ist und sich schwer tut, sich anzupassen, auf
        Ich denke, das Sich-Einlassen, auch meine große Bandbreite      neues einzulassen, verdient Unterstützung. Die Stiftung
        an Interessen, aber das sollen besser andere beurteilen.        ist hier ein Lichtblick.

6   |   Dankeschön                                                                                                             Magazin
Schön - Deutsche Kinderkrebsnachsorge
MAGAZIN
                                                                                                    Tom Belz hat ein
                                                                                                    Buch geschrieben:

                                                                                                    Mit einem
                                                                                                    Bein auf den
                                                                                                    Kilimand­scharo
                                                                                                    „Mit einem Bein auf den Kili­
                                                                                                    mandscharo“ – die Nachrich­
                                                                                                    tenagenturen verbreiten
                                                                                                    diese Schlagzeile im Herbst
                                                                                                    2018 weltweit. Tom Belz
                                                                                                    bezwingt nach Knochen­
SWR-Moderatorin Andrea Müller und Volker Kugel, Direktor des blühenden Barock, mit den Tannheim     krebs-Diagnose und vollstän­
Kindern am Beginn der Bienenwiese-Aktion.
                                                                                                    diger Amputation des linken
                                                                                                    Beins im Kindesalter mit

D     ie SWR-Moderatorin und                                          Die Spendensumme über­        31 Jahren den höchsten Berg
                                   Förderverein erzielt                                             Afrikas. Mit Tränen in den
      Mitglied des Förderver­                                     steigt mit 15.137 Euro das not­
                                   15.137 Euro an Spenden                                           Augen steht er am 9. August
eins der Deutschen Kinder­                                        wendige Budget zur Bienen­
                                                                                                    2018 auf dem Gipfel eines
krebsnachsorge, Andrea Mül­        Tannheimer                     wiese bei Weitem. So wird
ler, sowie Volker Kugel, Direk­                                   nun zusätzlich in einen Imker
tor des Blühenden Barock in        Bienenwiese                    mit Bienenvolk investiert.
Ludwigsburg, haben im              ist eingesät                   Deshalb könnte es in abseh­
Umfeld der Reittherapie der                                       barer Zeit einen „Tannheimer
Nachsorgeklinik Tannheim                                          Nachsorge-Honig“ geben.
rund 150 Quadratmeter Bie­        eine solche Unterstützung zu        Zum Hintergrund: 14 Jahre
nenwiese eingesät. Unter­         erfahren, macht uns als Vor­    lang war die Sendung „Grün­
stützt wurden sie dabei von       stände des Fördervereins        zeug“ aus dem Fernsehpro­
den Patientenkindern der          mächtig stolz. Vielen herz­     gramm des SWR nicht wegzu­
Nachsorgeeinrichtung.             lichsten Dank an 163 Spend­     denken. Sie war bis 2017 ein
     Fördervereinsvorsitzen­      erinnen und Spender.“           Quotenhit und wurde von
der Günter Przyklenk hatte            Eigentlich stand in Tann­   Andrea Müller und Volker
diese Idee zur Blumenwiese        heim am 26. April die Abreise   Kugel präsentiert. Vier Jahre
sprich Bienenwiese begeis­        der Fami­lien­reha im Mittel­   später trafen sich die beiden
tert aufgegriffen und um          punkt. Als dann ein SWR-        nun erneut zu einem beson­
Spenden geworben. Der Vor­        Fern­sehteam sein Kommen        deren Gartenprojekt.
sitzende: „Mit 15.137 Euro        ansagte, waren natürlich
Spenden sind wir fast vom         noch einige Kinder und Fami­    Einsäen der Bienenwiese bei       Seven Summits. Dies auch
berühmten „Hocker“ gefal­         lien zur Mitwirkung gerne       der Koppel der Tannheimer         dank der Unterstützung sei­
len. In solch unsicherer Zeit     bereit.                         Reittherapie.                     nes Arztes Dr. Klaus Siegler
                                                                                                    und durch Physiotherapeut
                                                                                                    Günter Hermann. Beide
                                                                                                    arbeiten in der Nachsorge­
                                                                                                    klinik Tannheim, deren
                                                                                                    Gesellschafter die Deutsche
                                                                                                    Kinderkrebsnachsorge ist.
                                                                                                    Unsere Stiftung unterstütz­
                                                                                                    te das Vorhaben von Tom
                                                                                                    mit 5.000 Euro. Nun hat
                                                                                                    Tom Belz ein Buch über sein
                                                                                                    Abenteuer geschrieben:

                                                                                                    „Do what you can‘t“
                                                                                                    EAN/ISBN 9783596001385
                                                                                                    FISCHER-Verlag

Magazin                                                                                                         Dankeschön   |   7
Schön - Deutsche Kinderkrebsnachsorge
Die wirtschaftlichen Folgen von Corona sind eine schwere Last:

In Tannheim belaufen sich die
Verluste bislang auf über 2 Mio. Euro
,,Corona hinterlässt sowohl im wirtschaftlichen als auch emotionalen Bereich tiefe Spuren“, unter­streichen
Roland Wehrle und Sonja Faber-Schrecklein mit Blick auf die aktuelle Situation der Familien­orientierten
Nachsorge. Die Stiftungsvorstände sind sich einig: Ohne staatliche Unterstützung und die großartige Hilfe so
vieler Spender wären die Deutsche ­Kinderkrebsnachsorge und die Nachsorge­klinik Tannheim noch stärker
von den Pandemie-Folgen betroffen, als es eh bereits der Fall ist. Auf über zwei Mio. Euro belaufen sich die
Corona-Verluste in Tannheim mittlerweile, etwa die Hälfte davon konnte durch staatliche Hilfen und Zahlun­
gen von Versicherungen ausgeglichen werden. Teils hohe Spenden haben mitgeholfen, das restliche Defizit
zumindest abzufedern, so Tannheim-Geschäftsführer Thomas Müller, der die Nachsorgeeinrichtung zusam­
men mit Roland Wehrle leitet. Doch die wegen Corona derzeit nur 80-prozentige Auslastung verursacht stän­
dig neue Verluste. Größer und größer wird derweil der Patientenstau – mit Wartezeiten von teils anderthalb
Jahren und mehr für die Betroffenen.

                                      Kreatives Gestalten in der Nachsorgeklinik Tannheim.

Ein Rückblick: Der positive Corona-­       deshalb fortsetzen könne, doch unter         essensverbände im Übrigen. Der
Test beim Vater eines Patienten ver­       Corona-Vorzeichen den Alltag zu              Wiedereinstieg in die Patientenbe­
ursachte am 17. März 2020 umge­           stemmen, ist eine gewaltige Heraus­           handlung erfolgte in Verbindung mit
hend die Schließung der Nachsorge­        forderung. Um ihren Versorgungs­              einschneidenden Maßnahmen: Die
klinik Tannheim, die erst sechs           auftrag zu erfüllen und die                   Mitarbeiter der Nachsorgeklinik
Wochen später wieder ö   ­ ffnen konn­    ­Pa­­tien­­­­tenversorgung zu sichern,        Tannheim und der Stiftung Deutsche
te, denn auch die April-Reha musste        nahm die Nachsorgeklinik Tannheim            Kinderkrebsnachsorge arbeiten jetzt
ausfallen. Zwar bekam die Klinik auf       in Absprache mit dem Sozialministe­          tagtäglich mit Maske und hatten sich
Nachfrage vom Sozialministerium            rium Baden-­Württem­berg schließlich         seither unzähligen Corona-­­Ab­strichen
schriftlich bescheinigt, dass die Fami­    ab dem 2. Mai 2020 die Rehabilita­           zu unterziehen. Nur so konnte die
lienorientierte Nachsorge unverzicht­      tionsmaß­nahmen wieder auf – ent­            Fortführung der Reha-Maßnahmen
bar sei und sie ihre Behandlungen          gegen der Empfehlung einiger Inter­          sichergestellt werden.

8   |   Dankeschön                                                                                                       Corona
Schön - Deutsche Kinderkrebsnachsorge
Die Nachsorgeklinik Tannheim kämpft nach wie vor gegen die enormen finanziellen Folgen der Pandemie.

     Um diese Rehabehandlungen                                                           Unterstützung für die Familienorien­
                                                             Mit den Corona-
unter erschwerten Bedingungen                                                            tierte Nachsorge zu bitten, die drin­
anbieten zu können sowie den                                 Folgen kämpfen              gend erforderlichen Spenden zu sam­
­laufenden Betrieb zu sichern, hat die                       wir wie viele               meln. So sei es um die Spenden­
 Deutsche Kinderkrebsnachsorge die              weitere Betroffene nach                  eingänge zwangsläufig ruhiger
 Nachsorgeklinik ­Tannheim mit einer                                                     geworden, unterstreicht Stefanie
                                                wie vor. Aber wir stehen
 Corona-Soforthilfe in Höhe von                                                          Rothmund. Und die Geschäftsstellen­
 340.500 Euro unterstützt. „Ermög­              nicht allein! Das lässt uns              leiterin befürchtet weitere Rückgän­
 licht hat diese Hilfe ein Corona-Spen­         zuversichtlich sein. |                   ge. Dabei liege es keinesfalls am Wil­
 denaufruf im April 2020“, so Stif­             Roland Wehrle, Sonja Faber-Schrecklein   len der Menschen, die Stiftung zu
 tungsvorstand Roland Wehrle. Ein                                                        unterstützen, es fehlten vielmehr
 geradezu überwältigender Erfolg,                                                        schlicht die Möglichkeiten, entspre­
 wie er dankbar unterstreicht.                                                           chende Aktionen umzusetzen.
     Wie sehr diese Hilfe benötigt                                                           Auch die Arbeit der Deutschen
 wird, zeigt ein weiteres Beispiel: Allein      heim anbelangt, unterstreichen die       Kinderkrebsnach­sorge selbst hat
 die Finanzierung der Coronatests für           Geschäftsführer, es sei schön, dass      unter den Folgen von Corona vielfach
 die Patienten und Mitarbeiter ist für          die Unterstützung nicht abreiße und      gelitten. Bedingt durch die Pandemie
 Tannheim eine große Herausforde­               die Klinik sich nach wie vor über eine   konnten 2020 zahlreiche Veranstal­
 rung, so die Geschäftsführer Roland            große Solidarität freuen dürfe.          tungen nicht stattfinden. Besonders
 Wehrle und Thomas Müller. Mittler­             Erfreulich sei weiter, dass bislang      schmerzhaft war, dass nahezu sämtli­
 weile sind die Kosten für einen PCR-           keine Reha unterbrochen oder abge­       che Feierlichkeiten zum 30-jährigen
 Test zwar von anfangs 160 auf 50 Euro          brochen werden musste. Dankbar sei       Jubiläum und das Gala Diner zuguns­
 gesunken, dennoch sind die Aufwen­             man ebenso, dass sich ein Großteil       ten der Nachsorgeklinik Tannheim
 dungen enorm. Aber nur so kann die             der Mitarbeiter mittlerweile impfen      ausfallen mussten.
 Klinik größtmögliche Sicherheit vor            lassen konnte. Nach wie vor stehe            Die weiteren Pandemie-Konse­
 Corona gewährleisten.                          aber die alles belastende Frage im       quenzen seien ebenfalls enorm, so
     Erfreulich für die engagierten             Raum, wie Tannheim die Pandemie          Stefanie Rothmund: Von sechs Nach­
 Mitarbeiter ist: Kurzarbeit konnte in          insgesamt wirtschaftlich durchstehen     treffen für Verwaiste Familien konn­
 Tannheim bislang verhindert werden,            könne.                                   ten nur vier stattfinden. Und: Die
 dies auch mit Blick auf die zahlrei­                                                    Anzahl der Gäste in den Ferien­
 chen Teilzeitbeschäftigten. Für sie                                                     appartements der Stiftung ist um
 würde Kurzarbeit eine besondere                Sorgen um Aktionen und Spenden           knapp die Hälfte gesunken: „Zeitwei­
 finanzielle Härte bedeuten, so                 Für Stefanie Rothmund, die Leiterin      se durften wir aufgrund des Beher­
 Geschäftsführer Thomas Müller.                 der Geschäftsstelle der Deutschen        bergungsverbotes keine ­Familien mit
                                                Kinderkrebsnachsorge in Tannheim,        einem schwer chronisch kranken Kind
                                                sind die Corona-Folgen fatal. Da         als Feriengast aufnehmen“, steht im
Solidarität reißt nicht ab                      keine Veranstaltungen stattfinden, ist   kürzlich fertiggestellten Geschäftsbe­
Was die aktuelle Situation in Tann              es vielen Helfern nicht möglich, um      richt zum Jahr 2020 zu lesen.

Wirtschaftliche Folgen sind eine schwere Last                                                                     Dankeschön   |   9
Schön - Deutsche Kinderkrebsnachsorge
„TANNHEIM FÜHLT SICH AN WIE
NACH HAUSE KOMMEN“

Ilka Dobel und ihre an Mukoviszidose erkrankten Töchtern Lina (17)                                        Foto:
                                                                                               Ronja, Ilka und
und Ronja (13) sind mit Tannheim gut vertraut, sie besuchen die                                   Lina Dobel.
Reha-­Einrichtung mittlerweile zum dritten Mal. Die 1997 eröffnete
Nachsorge­klinik gilt bei der B ­ ehandlung von Mukoviszidose – einer
unheilbaren Lungenkrankheit – als deutschlandweit führendes Kompe­
tenzzentrum. „Es fühlt sich an wie nach Hause kommen“, schildert Ilka
Dobel ihre Eindrücke von Tannheim. Die 40-jährige Sozialarbeiterin aus
der Nähe von Kassel weiß ihre Töchter hier b     ­ estens therapeutisch
­versorgt. Ilka ­Dobel ist 22 Jahre jung, als im Oktober 2003 bei Tochter
 Lina die Diagnose Mukoviszidose gestellt wird. „Ich hatte Angst, dass
 das Kind mir jeden Moment erstickt“, blickt sie zurück. Vier Jahre
 später wird Ronja ­geboren – auch sie leidet an dieser unheilbaren
 Erbkrankheit.

10   |   Dankeschön                                                         Schicksale – Leben mit Mukoviszidose
I
    n der freundlich-hellen Bibliothek der Nachsorge­
    klinik erzählt Ilka Dobel am Ende ihrer vierwöchigen
    Reha, dass Lina 2003 vermeintlich völlig gesund zur     Was ist Mukoviszidose ?
Welt kam. Ein Glücksfall ist: Es erfolgt zu dieser Zeit
bereits das Neu­geboren­en-­Screening, bei dem die          Die mit beste Informationsquelle für
Gen-Mutation entdeckt werden kann, die die seltene,         Mukoviszidosekranke ist der Internet-
unheilbare Mukoviszidose auslöst. Von ca. 4.500 Neu­        auftritt der Mukoviszidose e.V., der über
geborenen erkrankt im Durchschnitt ein Kind an Muko­        „muko.info“ erreichbar ist. Von ihr stam-
viszidose (Cystische Fibrose, kurz CF). Eine möglichst      men die nachfolgenden Informationen:
frühzeitige Diagnose ist für den weiteren Krankheitsver­
lauf ex­trem wichtig: Zwar ist die Krankheit nach wie vor   • Mukoviszidose wird durch eine Verände­
unheilbar, doch können die Patienten bei rechtzeitiger      rung im CFTR-Gen verursacht. CFTR steht für
Therapie dank der medizinischen Fortschritte heute in       das englische Wort „Cystic Fibrosis Trans­
immer mehr Fällen ein Lebens­alter von 60 und mehr          membrane Conductance Regulator“. Ein
Jahren erreichen.                                           solcher Regulator ist ein Protein, das auf der
                                                            Oberfläche einiger Zellen sitzt und wie ein
                                                            Kanal wirkt.
„Ich hatte einfach zu wenig Ahnung“
Ilka Dobel blickt im Gespräch mit dem „Dankeschön“          • Die Mutation im CFTR-Gen führt zu einem
auf die Wochen nach der Geburt ihrer ältesten Tochter       defekten Kanal in der Zelloberfläche. Dieser
Lina zurück: „Ich hatte einfach zu wenig Ahnung“, fasst     Kanal sorgt normalerweise dafür, dass Salz
sie die Ereignisse zusammen. Ein Anruf der Hebamme          und Wasser aus der Zelle ein- und ausströ­
informierte damals den Vater kurz und knapp: „Der IRT-      men. Ist der Kanal defekt, kommt es zu
Wert ist erhöht“. Was diese Aussage zur Folge hat, ist      einem Ungleichgewicht im Salz-Wasser-Haus­
den Eltern anfangs nicht klar, denn weitere Informatio­     halt der Zelle. Deshalb enthält der Schleim,
nen gibt es zunächst nicht. „Immerhin keine Mukoviszi­      der die Zellen bedeckt, bei Mukoviszidose zu
dose!“, denkt sie noch. Aufgrund persön­licher Erfahrun­    wenig Wasser und wird dadurch zäh.
gen im Bekanntenkreis mit schwerstkranken Mukoviszi­
dose-Fällen hat Ilka Dobel gerade vor dieser Erbkrank­      • Der zähe Schleim verstopft eine Reihe
heit größte Angst. Und dann tut sich für die jungen         lebenswichtiger Organe. Da das Mukoviszi­
Eltern exakt diese Krankheit wie ein Abgrund auf.           dose-Gen in fast allen Geweben des Körpers
    Zur Abklärung des auffälligen IRT-Werts wird bei        vorkommt, können viele verschiedene Orga­
Lina ein Schweißtest, bei dem der Kochsalzgehalt im         ne betroffen sein. Hierzu zählen vor allem die
Schweiß gemessen wird, durchgeführt. Ist dieser Wert        Lunge (Husten, Atemnot, wiederkehrende
erhöht, gilt die Diagnose Mukoviszidose als gesichert.      Entzündungen), die Bauchspeicheldrüse
Ein Gentest, der damals nur die 37 häufigsten Mutatio­      (Unterernährung, Gedeihstörung, Diabetes),
nen nachweisen kann, soll zusätzlich die Art der Verän­     die Galle (Verstopfte Gallengänge), die Leber
derung im CFTR-Gen (siehe Infokasten) ermitteln. Nicht      sowie der Darm (Chronische Verstopfung,
jede genetische Veränderung hat den gleich schweren         möglicher Darmverschluss).
Verlauf der Mukosviszidose zur Folge. Heute sind indes
etwa 2.000 verschiedene Mutationen bekannt, die ver­        • Mukoviszidose tritt als Krankheit nur auf,
schiedene Funktionseinschränkungen bewirken. Manche         wenn bei einem Menschen beide Kopien
dieser Auswirkungen können inzwischen durch Medika­         des CFTR-Gens mutiert sind. Wenn sowohl
mente – sogenannte CFTR-Modulatoren – behandelt             Vater als auch Mutter Träger eines mutierten
werden. Bei Lina fällt 2003 der Schweißtest positiv aus,    CFTR-Gens sind, besteht eine Wahrschein­
die Genanalyse bringt jedoch kein Ergebnis, da ihre         lichkeit von 25%, dass das Elternpaar ein
genetische Veränderung damals noch nicht bekannt war        Kind mit Mukoviszidose bekommt. Tritt die
und erst Jahre später ans Licht kommt.                      Mutation nur auf einem Gen auf, ist man
    Für die junge Familie sind all diese Nachrichten nie­   Merkmalsträger, aber selbst nicht an Muko­
derschmetternd. Und es ergeht ihr wie so mancher            viszidose erkrankt.
Familie mit an Mukoviszidose erkrankten Kindern: Die
ärztliche Beratung empfindet sie als mangelhaft und es      Weitere Informatione siehe:
fehlt an Unterstützung. Ilka Dobel: „Ich hätte mal          www.muko.info
jemanden gebraucht, der mit mir spricht und mir ver­
nünftig erklärt, was das alles bedeutet.“ So bleibt Ilka

„Tannheim fühlt sich an wie nach Hause kommen“                                                   Dankeschön   |   11
Lina beim Bogenschießen: Für an Mukoviszidose erkrankte Patienten ist die Sporttherapie von großer Bedeutung.

                      Ich hätte mal jemanden                        Auch Ronja hat Mukoviszidose
                                                                    Vier Jahre nach der Geburt von Lina kommt im Mai 2007
                      gebraucht, der mit mir
                                                                    ihre Schwester Ronja zur Welt – auch sie leidet an Muko­
                      spricht und mir vernünftig                    viszidose. Wie schon bei Lina wird Ronja ohne Ergebnis
                      erklärt, was das alles                        auf die damals häufigsten Gen-Mutationen getestet. Erst
                      bedeutet. | Ilka Dobel                        im Jahr 2013 werden bei Lina und Ronja im Rahmen
                                                                    einer Forschungsarbeit zwei äußerst seltene und identi­
                                                                    sche Mutationen diagnostiziert. Ein Glück im Unglück ist
                                                                    für sie: Im Gegensatz zu den meisten anderen Patienten
                                                                    sind sie bislang körperlich relativ stabil und können mit
Dobel letztlich nur, sich über die für sie noch unbekann­           vergleichsweise milden Krankheitssymptomen leben. So
te Krankheit im Internet einzulesen. Dass es tatsächlich            müssen Lina und Ronja täglich inhalieren, kommen hier
auch milde Formen von CF gibt, die es den Erkrankten                jedoch mit einer Kochsalzlösung aus und benötigen der­
erlaubt, ein fast normales Leben zu führen und ein                  zeit bis auf die Gabe von Vitamin-D keine weiteren Medi­
hohes Lebens­alter zu erreichen, weiß sie zu diesem                 kamente. Glücklicherweise arbeitet bei beiden die im Fall
Zeitpunkt noch nicht. Allein die eigene Mutter gibt ihr             der Mukoviszidose besonders gefährdete Bauchspeichel­
Kraft und den Mut, die täglichen Herausforderungen                  drüse. Das bedeutet: Die Schwestern müssen keine Enzy­
anzunehmen. Die ständige Angst um Lina und die vielen               me für die Verdauung zu sich nehmen und können größ­
unbeantworteten Fragen sind schließlich der Grund                   ten­teils auf die ansonsten sehr strenge Diät verzichten.
dafür, dass Ilka Dobel sich in psychotherapeutische
Behandlung begibt: „Es ging mir wirklich schlecht“,
schaut sie auf diese Zeit zurück.                                   Schwere Jahre
    Weiter unzufrieden und sehr unglücklich mit der                 Ilka Dobel trennt sich schließlich nach langem Ringen
medizinischen Behandlung begibt sich die Familie                    von ihrem Ehemann und Vater von Lina und Ronja. Die
schließlich auf die Suche nach einer besseren ärztlichen            Frage, ob die Psyche der Kinder die Trennung verkraftet
Versorgung. Dann jedoch tut sich ein Lichtblick auf: Ein            und damit eventuell auch die relative Stabilität der
neuer Arzt in der Ambulanz der Universitätsklinik                   Krankheit ins Ungleichgewicht kommt, belastet die Mut­
Gießen bringt die lang erhoffte Sensibilität mit und                ter sehr. Und tatsächlich fällt die damals bereits unter­
berät die jungen Eltern umfassend und verständnisvoll.              gewichtige Lina ins Mangelgewicht. Die mittlerweile auf

12   |   Dankeschön                                                                                 Schicksale – Leben mit Mukoviszidose
Mukoviszidose spezialisierte Ambulanz des Gießener
Klinikums rät daher dringend zu einer Familienorientier­
                                                                                 Zum ersten Mal wurde mir
ten Reha in Tannheim. Ilka Dobel, die von diesem Vor­                            klar, wie krank ein Kind mit
schlag zunächst wenig überzeugt ist, stimmt schließlich                          Mukoviszidose sein kann.
zu, sodass die Familie im April 2014 erstmalig nach                              Ich dachte, ich weiß doch
Tannheim fährt. Und sie wird positiv überrascht, die
Nachsorgeklinik ist für die Familie Dobel der genau rich­                        alles über diese Krankheit.
tige Ort. Ilka Dobel: „Den Kindern hat der Aufenthalt in                         Das hat mich umgehauen.
Tannheim sehr gutgetan. Bis dahin hatte Lina wahnsin­                            Aber ich habe auch viel
nig Angst über ihre Krankheit zu reden – hat sich                                gelernt – auch, wie gut wir
geschämt – wollte nicht, dass jemand davon weiß. Tann­
heim hat die CF für Lina selbstverständlicher gemacht,                           es haben. | Ilka Dobel
sie entdeckte, dass es etliche Leidensgenossen gibt.“
    Für die Mutter war die Reha in Tannheim wie ein Ein­
tauchen in eine andere Welt. Die Konfrontation mit ande­
ren, teils schwer erkrankten Kindern belastete sie zunächst
sehr: „Zum ersten Mal wurde mir klar, wie krank ein Kind
mit Mukoviszidose sein kann. Ich dachte, ich weiß doch
alles über diese Krankheit. Das hat mich umgehauen. Aber
ich habe auch viel gelernt – auch, wie gut wir es haben.“
    Doch wenige Monate nach der Reha verstirbt nach lan­
ger Krankheit im November 2014 der mit Lina und Ronja
eng verbundene Vater. Eine weitere psychische Belastung
tut sich auf, die bei den Mädchen eine stetige Verschlech­
terung ihrer Lungenfunktion mit sich bringt: Sie liegt 2016
nur noch bei ca. 70 Prozent, was einen weiteren Aufent­
halt in Tannheim dringend erforderlich macht. Wieder
erweist sich die Klinik auch für Familie Dobel als die so oft
beschriebene „Insel im Meer der Sorgen“.

Zum dritten Mal in Tannheim
Dass an Mukoviszidose Erkrankte immer wieder neu an
einer Reha in Tannheim teilnehmen, hängt mit der im Fall
der CF lebenslang erforderlichen Therapie zusammen.
Diese tagtäglich und richtig anzuwenden, seine Lungen
effizient vom Schleim zu befreien, körperlich fit zu blei­
ben oder sich auch ernährungstechnisch ständig fortzu­
bilden, entscheidet in den meisten Fällen maßgeblich mit,
welches Lebensalter an CF erkrankte Patienten erreichen
können. Dazu benötigen gerade jugendliche Patienten
eine andauernde Unterstützung von Seiten der Eltern,
da sie altersbedingt ihre Therapie oft vernachlässigen.
Eine ständige Herausforderung – deshalb profitieren
Jugendliche von einer Reha in Tannheim besonders.
    Ilka Dobel nimmt vor diesem Hintergrund mit ihren
beiden Töchtern im März 2021 zum bereits dritten Mal
an einer Reha in Tannheim teil. Wieder fällt ihr Fazit
ausgesprochen positiv aus: „Es tut immer sehr gut, mit
anderen Betroffenen sprechen zu können. Noch nie
habe ich so viele nette Menschen kennengelernt, mit
denen ich mich so gut austauschen kann, wie bei dieser
Reha. Ich muss mich in Tannheim nicht erklären, muss            Inhalationen zur Schleimlösung und die richtige Atemtechnik sind
nicht sagen, warum ich Zukunfts­ängste mit mir herum­           für das möglichst optimale Abhusten des Schleims aus der Lunge
trage. Alle hier wissen, wie es ist, ein chronisch krankes      entscheidend.

„Tannheim fühlt sich an wie nach Hause kommen“                                                                   Dankeschön   |   13
Wegen der Keim­belastung kann nicht jeder Mukoviszidose-Patient an der Reit­therapie teilnehmen – der 13-jährigen Ronja ist es möglich.

                      Natürlich mache ich mir                         getrennt von Mutter und Schwester. Für Ilka Dobel ein
                                                                      spannender Moment des Loslassens und beruhigend zu
                      manchmal Sorgen, weil
                                                                      erfahren, wie Lina gerade auch durch den Austausch mit
                      man auch nicht weiß, was                        anderen Jugendlichen ein gesteigertes Selbstbewusstsein
                      noch kommt. Wir hoffen                          in Bezug auf ihre Krankheit entwickeln kann. Lina mana­
                      so sehr, dass alles bleibt                      ged ihre Reha-Termine inzwischen alleine – das Ziel der
                                                                      100-prozentigen Lungenfunktion bei Abreise vor Augen.
                      wie es ist. | Ilka Dobel                        Der große Wunsch der 17-jährigen Schülerin, die 2022 ihr
                                                                      Fach­abitur mit Richtung Sozialwesen anstrebt, ist es,
                                                                      Erzieherin zu werden. Sie hofft, dass ihr Gesundheitszu­
Kind zu haben“. Das gegenseitige Aufbauen tut gut und                 stand es erlaubt, sich der mit dem Umgang mit Kindern
ist immens wichtig für die alleinerziehende Mutter. Fra­              verbundenen stets hohen Keimbelastung auszusetzen.
gen rund um die Zukunft der Mädchen und deren
Berufsaussichten beschäftigen sie jetzt besonders. Auch
hier hilft die Aussprache mit anderen Betroffenen.                    „Hoffen, dass alles so bleibt, wie es ist“
Fester Bestandteil für Eltern der Familienorientierten                Für die 13-jährige Ronja ist das Reit­angebot der Nachsor­
Reha ist eine Gesprächsrunde zwischen betroffenen                     geklinik Tannheim besonders wichtig, kümmert sie sich
Jugendlichen und Eltern. Ilka Dobel erfährt sozusagen                 doch auch zu Hause um das Pferd ihrer Tante. Der
aus erster Hand, wie die Krankheit von anderen schwer­                Umgang mit Tieren ist gerade für an Mukoviszidose
kranken jungen Menschen empfunden wird und insbe­                     Erkrankte oft nicht möglich, da Tiere zugleich eine hohe
sondere, was diese sich von ihren Eltern im Umgang mit                Keimbelastung bedeuten. In Tannheim genießt Ronja es,
der Krankheit wünschen.                                               während des vierwöchigen Aufenthaltes draußen bei den
     In Tannheim kann Ilka Dobel endlich die Anstrengun­              Pferden sein zu können und auszureiten. Regelmäßiger
gen der letzten Jahre, in denen sie zusätzlich zum Beruf              Sport bzw. Lauftraining helfen außerdem dabei, ihr
ein weiterbildendes Studium der Sozialen Arbeit erfolg­               gesetztes Ziel insgesamt fitter zu werden – und somit die
reich absolviert hat, hinter sich lassen und entspannen.              Lungenfunktion zu verbessern – zu erreichen.
Die ruhige und freundliche Atmosphäre in der Klinik, die                  „Es geht beiden wirklich gut“, so die Mutter. „Natür­
schöne Umgebung, die absolute Hilfsbereitschaft aller                 lich mache ich mir manchmal Sorgen, weil man auch
und die stets gute Laune der Mitarbeiter sorgen dafür,                nicht weiß, was noch kommt. Wahrscheinlich wird
dass sie sich so gut aufgehoben fühlt und gestärkt in                 irgendwann die Bauchspeicheldrüse betroffen sein, aber
den Alltag nach Hause zurückkehren kann.                              wir hoffen natürlich, dass alles so bleibt wie es ist“.
                                                                          Alle drei wünschen sich, dass in drei bis vier Jahren
                                                                      ein weiterer Aufenthalt in der Nachsorgeklinik Tannheim
Lina absolviert eine Junge Reha                                       möglich sein wird. Lina und Ronja werden dann erst­
Lina ist während dieses dritten Aufenthaltes in der Jun­              mals ohne den Beistand der Mutter als selbstständige
gen Reha untergebracht – zum ersten Mal räumlich                      Teilnehmerinnen einer Jungen Reha anreisen.

14   |   Dankeschön                                                                                     Schicksale – Leben mit Mukoviszidose
Bilderbogen eines tollen Engagements:
                                                                                            Barbara Wussow beim Besuch der
                                                                                            Nachsorge­klinik Tannheim, oben rechts
                                                                                            zusammen mit ihrem Vater, Schauspieler
                                                                                            Klausjürgen Wussow, Mitbegründer der
                                                                                            Deutschen Kinderkrebsnachsorge und der
                                                                                            Nachsorgeklinik Tannheim. Unten: Mit Bru-
                                                                                            der Alexander Wussow, der sich gleichfalls
                                                                                            für Tannheim engagiert, und den Stiftungs­
                                                                                            vorständen Sonja ­Faber-Schrecklein sowie
                                                                                            Roland Wehrle an der Ehrentafel, die in
                                                                                            Tannheim an Klausjürgen Wussow erinnert.

                                                                                                Starken Einfluss auf das Handeln
                                                                                            von Barbara Wussow hat der Glauben,
                                                                                            wie sie kürzlich in einem Interview mit
                                                                                            der Tageszeitung SÜDKURIER unter-
                                                                                            strich: „Mein christlicher Glaube ist für
                                                                                            mich eine ganz wichtige seelische
                                                                                            Bereicherung. In vielen Situationen
SCHAUSPIELERIN BARBARA WUSSOW FEIERT 60. GEBURTSTAG                                         meines Lebens war mir mein Glaube
                                                                                            schon eine große Stütze“, betonte sie.
Mit sehr viel Herz für die
Familien­orientierte Nachsorge aktiv                                                        Mit dem guten Namen helfen
                                                                                            Befragt wurde die Schauspielerin
                                                                                            ebenso zu Ihrem Engagement für
                                                                                            Tannheim: „Mein Bruder und ich
Die Schauspielerin Barbara                  bekräftigt: „Ohne Klausjürgen Wussow            haben dort die Schirmherrschaft über-
­Wussow feierte am 28. März                 gäbe es unsere Nachsorgeklinik nicht.“          nommen und versucht, wann immer
 ihren ­60. Geburtstag. Zu den Gra-            Im Juni 2007 verstarb Klausjürgen            wir können, vor Ort zu sein und zu
tulanten zählen auch die Kinderkrebs-       Wussow 78-jährig in der Nähe von                helfen. Sie betonte weiter: „Wenn ich
nachsorge und die Nachsorge­klinik Tann-    Berlin. Auch wenn der große Förderer            es geschafft habe, mir im Lauf der
heim, für die sich die Tochter des Schau-   nicht mehr da ist: Sein Name lebt in            Jahre einen Namen zu machen, dann
spielers Klausjürgen Wussow vielfach        Tannheim weiter – auch dank des                 sollte ich den auch einsetzen für den
engagiert. Die Nachsorgeklinik Tann-        Engagements seiner Kinder, die das              guten Zweck.“
heim hat ihr Vater – „Prof. Brinkmann“      Lebenswerk fortsetzen. Ein Einsatz,                 Diesen guten Namen setzt sie u.a.
aus der ZDF-Kult­serie Schwarzwaldkli-      den die Stiftungsvorstände Roland               als prominentes Mitglied im Kuratori-
nik – als sein Lebenswerk bezeichnet.       Wehrle und Sonja Faber-Schrecklein              um der Deutschen Kinderkrebsnach­
Roland Wehrle, Tannheim-Geschäftsfüh-       aus Anlass des 60. Geburtstages von             sorge für die Belange der Familienori-
rer sowie Vorstand unserer Stiftung,        Barbara Wussow be­sonders würdigen.             entierten Nachsorge ein.

BARBARA WUSSOW – DIE VITA                   Theater in der Josefstadt, am Vienna‘s          die Verfilmung des Hera Lind-Bestsellers
                                            English Theatre und an der Komödie im           „Mord an Bord“ und spielte die Hauptrolle
Die Künstlerin lebt mit ihrem Mann Albert   Bayrischen Hof München.                         im Mehrteiler „Liebe, Lüge, Leidenschaf-
Fortell und ihren zwei Kindern Nikolaus          In ihrer Rolle als Lernschwester Elke in   ten“ mit Maximilian Schell.
und Johanna in Wien. Sie studierte an der   der ZDF-Erfolgsserie „Die Schwarzwaldkli-            In Österreich stand die gebürtige
Akademie der Bildenden Künste in Wien       nik“ wurde sie 1985 einem Millionenpubli-       Münchnerin, die in Wien aufgewachsen
Bühnenbild und Kostüm. Ihre Schau-          kum bekannt. Danach folgten u.a. TV–Hits        ist, u.a. in der Neuverfilmung des Klassi-
spielausbildung erhielt sie an der Schau-   wie „Alte Freunde küsst man nicht“,             kers „Wenn der Vater mit dem Sohne“ im
spielschule Krauss, nahm Privatunterricht   „Ge­heimnis des Rosengartens“ sowie die         Jahr 2004 mit Erol Sander vor der Kamera.
und besuchte div. acting workshops bei      Fortsetzung „Zauber des Rosengartens“           Außerdem war sie den TV-Reihen „Rosa-
Nina Foche in Los Angeles. Es folgten       oder „Singapure Express“. Weiter wirkte         munde Pilcher“, „Das Traumschiff“ sowie
­Theaterengagements u.a. am Wiener          sie in verschiedenen TV-Serien mit, drehte      „Das Traumhotel“ zu sehen.

Barbara Wussow                                                                                                         Dankeschön   |   15
STANDORTÜBUNGSPLATZ DER BUNDESWEHR IM WEISSWALD
BEI TANNHEIM/BRIGACHTAL:

Nach dem Besuch von
Generalinspekteur Eberhard Zorn
schöpft die Nachsorgeklinik
Tannheim neue Hoffnung

Generalinspekteur Eberhard Zorn mit den Tannheim-­
Geschäftsführern Thomas Müller (rechts) und Roland
Wehrle (links). Im Hintergrund oben das angedachte
Übungsgelände im Weißwald, 3.000 Meter Luftlinie
von der Nachsorgeklinik entfernt.

16   |   Dankeschön                                  Kolummnentitel
„Das habe ich hier nicht erwartet“, räumt Bundeswehr-Generalinspekteur Eberhard Zorn
beim Besuch der Nachsorgeklinik Tannheim am 8. April 2021 ein. Der ranghöchste Soldat in
Deutschland zeigt sich von seinen Gesprächen mit schwer chronisch kranken Kindern und Jugendlichen beein­
druckt und anerkennt die wertvolle Arbeit der Nachsorgeeinrichtung. Auf der Anhöhe bei der Spielburg
Zindelstein stehend räumt Eberhard Zorn ein, dass die Nachsorge­klinik Tannheim in der Tat ein Ort der Stille
sei. Die Tannheim-Geschäftsführer Roland Wehrle und Thomas Müller sind sich am Schluss des dreistündigen
Klinik-­Rundganges einig: „Wir sind davon überzeugt, dass Eberhard Zorn alles unternimmt, um unsere ­Existenz zu
sichern. Wir können unsere Nachsorge­klinik nicht ver­legen, die Bundeswehr ihren Standortübungsplatz zwischen
Brigachtal und Tannheim sehr wohl.“ Ein Übungsplatz auf dem jährlich 150 (!) Übungen geplant sind – auch
nachts. Bald jeden zweiten Tag im Jahreslauf sollen nur 3.000 Meter von der Nachsorgeklinik entfernt Übungen
stattfinden, deren Lärm in Tannheim sicher zu hören wäre, wie der Generalinspekteur unumwunden einräumt.

Kolummnentitel                                                                                      Dankeschön   |   17
Massive Proteste der Bevölkerung
Einen ganzen Tag lang hielt sich der Generalinspekteur
der Bundeswehr in Tannheim auf, um mit den Verant­
wortlichen für den geplanten Standortübungsplatz im
Weißwald über die Folgen ­des Projektes zu sprechen. Ein
Standortübungsplatz, der so groß wie 724 Fußballfelder
ausfallen soll. Riesig somit, denn diese Fläche entspricht
521 Hektar. Sie soll dem in Donaueschingen sta­tionierten
Jägerbataillon 292 dienen. Dieses ist über 900 Soldaten
stark und beschäftigt 62 Zivilangestellte. Es ist der
Deutsch-französischen Brigade mit Standort Donau­
eschingen unterstellt (siehe „Dankeschön“ 02/2020).
    Keinen Zweifel an ihrem Standpunkt lässt – neben der     Auch die Einwohner des Großraumes Tannheim/Brigachtal
Nachsorgeklinik Tannheim, deren Existenz auf dem Spiel       sind sich einig: „Kein Donauschinger Standortübungsplatz im
steht – die Bevölkerung des gesamten Großraums Bri­          ­Brigachtaler Weißwald“ lautet ihre Forderung. Diese wurde beim
gachtal/Tannheim: Sie lehnt den Standortübungsplatz mit       Besuch des Generalinspekteurs auch mit einem Auto-Korso
großer Mehrheit kategorisch ab. Da Corona jeglichen Pro­      untermauert.
testzug aus Anlass des hochrangigen Besuchs verhinderte,
organisierten Gegner über die sozialen Netzwerke für den
8. April spontan einen Autokorso. In Tannheim versam­
melten sich 63 Fahrzeuge, um gegen das Projekt zu pro­
testieren. „Die Bundeswehr missbraucht das Gebiet für
ihre Zwecke“, betont ein Brigachtaler Bürger im Gespräch
mit der zahlreich erschienenen Presse. Das Waldgebiet
werde von den Leuten aus der Region als Naherholungs­
ort genutzt. „Ein Militärübungsplatz so dicht am Dorf
macht das zunichte“, lautete ein weiterer Kommentar.
Zudem stand auf Plakaten, die in den Heckscheiben der

18   |   Dankeschön                                                                       Generalinspekteur Zorn besucht Tannheim
Mit klarer Aussage (siehe Transparente oben) aber sehr freund-
                    „Kein Übungsplatz in                     lich fiel der Empfang der Patienten der Nachsorgeklinik Tannheim
                    Brigachtal. Bleibt doch in               für Generalinspekteur Eberhard Zorn aus, als er am Donnerstag,
                                                             den 8. April die Nachsorgeklinik Tannheim besuchte.
                    der Stadt, wo CDU-Frei
                    wohnt.“ Gerade dieses
                    Argument ist in Tannheim                 entsetzt die Nachsorgeklinik Tannheim: Sollte die Bun­
                    und Brigachtal aus den                   deswehr an den Plänen festhalten, weil sonst ein Ver­
                    Reihen der Bevölkerung                   bleib in der Region nicht sinnvoll sei, solle sie auf das
                                                             Naturschutzgroßprojekt Baar, die Tannheimer Nachsor­
                    besonders oft zu hören.
                                                             geklinik und den Tourismus größtmögliche Rücksicht
                                                             nehmen, so die Mehrheit aus Stimmen der CDU, FDP,
                                                             SPD und Teilen der FDP. Die Tannheim Geschäftsfüh­
                                                             rung dazu: „Wir sind enttäuscht, dass die Kreispolitik zu
Fahrzeuge ausgelegt waren, zu lesen: „Kein Übungsplatz       keiner klaren Aussage in der Lage ist. Ein Kompromiss­
in Brigachtal. Bleibt doch in der Stadt, wo CDU-Frei         vorschlag ist nicht in unserem Sinne, da gefällt uns die
wohnt.“ Und gerade dieses Argument ist in Tannheim und       Haltung der GRÜNEN deutlich besser.“
Brigachtal besonders oft zu hören. Die Bevölkerung ver­          Positioniert hat sich mittlerweile ebenso der frühere
langt, dass die Bundes­wehr doch auf dem Areal ihres         Donaueschinger Oberbürgermeister und heutige CDU-
Donaueschinger Standortes üben soll. Dort, wo es gegen       Bun­destagsabgeordnete Thorsten Frei. Er führte aus,
den Übungsplatz keine Einwände gebe.                         man könne nicht einfach sagen, dass das so nicht gehe“.
    Auf Seiten der Politik indes ist keinesfalls von einer   Frei sprach von den zwei Seiten der Medaille und dass
überwiegend ablehnenden Haltung auszugehen, was              es auch um die Sicherheit des Landes gehe. Und er wird
allein schon die Entscheidung des Kreistages des             in der regionalen Presse am Rande der Schau-Übung im
Schwarzwald-Baar-Kreises im März des Jahres 2021 sig­        Weißwald aus Anlass des hochrangigen Besuchs ebenso
nalisiert. Der Vorschlag der GRÜNEN, für eine Ableh­         mit dem Satz zitiert: „Ich glaube, dass den Kritikern
nung des Standortübungsplatzes zu votieren, wurde            heute klar geworden ist, dass ihre Belange vollumfäng­
abgelehnt. Die dann beschlossene gemäßigtere Variante        lich berücksichtigt werden.“ Das sieht die Nachsorge­

Nachsorgeklinik fürchtet um ihre Zukunft                                                                      Dankeschön   |   19
Der Generalinspekteur beim Unterricht in der Klinikschule.

                                                             sätzlich. Die Bundeswehr wolle eine Übungsmöglichkeit
                      Mit großer Überraschung                „nahe bei den Truppen“ schaffen.
                      nahm die Öffentlichkeit die                Mit großer Überraschung nahm die Öffentlichkeit die
                      Dimensionen des Vorhabens              Dimensionen des Vorhabens auf: Erstmals wurde be­
                      auf: Erstmals wurde be­kannt,          kannt, dass im Weißwald jährlich 150 Übungen geplant
                                                             sind, viele davon nachts. In dieser ruhigen Gegend wären
                      dass im Weißwald jährlich              die dabei fallenden Schüsse und die Detonation der
                      150 Übungen geplant sind,              Übungsgranaten deutlich zu hören, daran ändert auch die
                      viele davon nachts.                    Übungsmunition nichts, wie der Generalinspekteur auf
                                                             dem Gelände der Nachsorgeklinik Tannheim stehend bei
                                                             einem Vor-Ort-Termin selbst einräumte.
                                                                 Die Bundeswehr plant auf dem Standortübungsplatz,
                                                             die Soldaten für Auslandseinsätze und die Landesvertei­
                                                             digung auszubilden. Vorgesehen seien u.a. verschiedene
klinik Tannheim und mit ihr die Stiftung Deutsche Kin­       Schießanlagen und ein Wurfplatz für Übungshandgrana­
derkrebsnachsorge völlig anders. Ebenso der Großteil         ten, weiter ein großes Zielfeld für die Ausbildung am
der Bevölkerung von Brigachtal und Tannheim.                 Laserentfernungsmesser und eine Waldkampf-Schießan­
                                                             lage. Nicht vorgesehen sei ein Übungsbetrieb der
                                                             schweren Kompanie des Jägerbataillons, diese bleibe in
Jährlich sind 150 Übungen geplant                            Stetten am kalten Markt.
Für den Generalinspekteur stand am 8. April das Bemü­            Der Schau-Übung im Weißwald wohnten zahlreiche
hen im Mittelpunkt, in diesem Verfahren möglichst viel       Politiker und Behördenvertreter bei, auch die Geschäfts­
Transparenz zu schaffen. Den Auftrag dazu erteilte ihm       führung der Nachsorgeklinik Tannheim war vor Ort. Ein­
Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer.          geladen waren u.a. der Bundestagsabgeordnete
Bei seinem Besuch sprach Eberhard Zorn von einem             Thorsten Frei, Landrat Sven Hinterseh, Oberbürgermeis­
offenen und sachgerechten Austausch zu den verschie­         ter Jürgen Roth (Villingen-Schwenningen), Oberbürger­
denen Positionen. „Wir wollen an dem Standort Donau­         meister Erik Pauly (Donaueschingen), Bürgermeister
eschingen festhalten und dieses Waldgebiet eignet sich       Michael Schmitt (Brigachtal), MdL Martina Braun
für die Übungen“, erklärte der Generalinspekteur grund­      (Grüne) sowie weitere Kreis- und Kommunalpolitiker.

20   |   Dankeschön                                                                   Generalinspekteur Zorn besucht Tannheim
Eberhard Zorn im Gespräch mit den Chefärzten Dr. med. Philipp Bludau (links) und Dr. med. Stefan Weis (rechts).

    Geschossen wurde im Rahmen dieser ersten Übung                       Im Gespräch mit Jochen Künzel, Psychosozialer Lei­
überraschender Weise noch nicht, eine Gefechtssitu­                  ter, Dr. med. Philipp Bludau, Ärztlicher Leiter, sowie
ation soll jedoch nachgeholt werden. Zu den Gründen                  Dr. med. Stefan Weis, Stellvertretender Ärztlicher Leiter,
hierzu schwieg sich die Bundeswehr aus.                              erfuhr der ranghöchste deutsche Soldat die grundlegen­
                                                                     den Fakten zur Arbeit der Nachsorgeklinik. Vor allem,
                                                                     wie dringend die schwer chronisch kranken Patienten
Von den Patienten-Schicksalen sichtlich bewegt                       die in Tannheim herrschende Stille für ihren Genesungs­
Nach der Schauübung im Weißwald besuchte der Gene­                   prozess benötigen. Und wie belastend es für alle Patien­
ralinspekteur die Nachsorgeklinik Tannheim. Dort führte              ten der Einrichtung wäre, wenn im gegenüberliegenden
er vor den im Foyer der Klinik versammelten Patienten                Weißwald an so gut wie jedem zweiten Tag des Jahres
aus, es sei noch längst nicht entschieden, dass der                  militärische Übungen stattfinden würden.
Standortübungsplatz so wie auf dem Papier skizziert,                     Zum Abschluss seines Besuches bat Eberhard Zorn
auch ausgeführt werde. Man stehe erst am Beginn des                  die Verantwortlichen in Tannheim, mit ihm in einem
Entscheidungsprozesses zum Standortübungsplatz,                      engen und vertrauensvollen Austausch zu bleiben. Ent­
beschwichtigte der Generalinspekteur. Mit Entscheidun­               scheidend sei letztlich, in welche Richtung die Verteidi­
gen sei frühestens im Sommer 2022 zu rechnen, dann                   gungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer tendiere.
lägen die Ergebnisse von Machbarkeits-, Umwelt- und
Lärmschutzstudien vor.
    Mit Eberhard Zorn führten die beiden Tannheim-­                  Weitere Politikerbesuche stehen bevor
Geschäftsführer einen sehr mensch­lichen und äußerst                 Wohl mit dem anstehenden Wahlkampf ist geschuldet,
interessierten Gast durch ihre Nachsorgeklinik. Der                  dass sich in der Nachsorgeklinik weiterer politischer
Generalinspekteur zeigte sich überrascht von der hohen               Besuch zum Standortübungsplatz angekündigt hat. Die
Qualität und der Ganzheitlichkeit der Arbeit, die Tann­              Geschäftsführer Thomas Müller und Roland Wehrle
heim leistet. Die schweren Patienten-Schicksale beweg­               unterstreichen, das Thema sei politisch angekommen,
ten ihn sichtlich. Er räumte unumwunden ein: „Das habe               auch die Medien würden verstärkt berichten. Verwun­
ich so nicht erwartet!“ Roland Wehrle und Thomas                     derlich sei aus der Sicht von Tannheim weiter, dass die
Müller sind sich einig: „Wir haben im Generalinspekteur              Planungen nun bereits bald 20 Jahre andauern und man
eine Persönlichkeit angetroffen, die unsere Arbeit sehr              somit zwei Jahrzehnte lang ohne diese angeblich wichti­
schätzt.“                                                            ge Übungsmöglichkeit ausgekommen sei.

Nachsorgeklinik fürchtet um ihre Zukunft                                                                          Dankeschön   |   21
Wie wir helfen – Jahresbericht 2020
                                DEUTSCHE KINDERKREBSNACHSORGE – Stiftung für das chronisch kranke Kind

                            Einnahmen
                             Spenden, Bußgelder und freiwillige Zuwendungen                                                        1.883.739 €
                             Sonstige Einnahmen                                                                                       22.921 €
                             insgesamt                                                                                           1.906.660 €

                            Ausgaben
                             Zuschüsse Nachsorgeklinik Tannheim gGmbH                                                             1.109.739 €
                                davon Betreuung verwaiste Familien                                                                   90.000 €
                                davon Corona-Hilfe                                                                                  340.500 €
                                davon Erweiterungsbau Kinderhaus Tannheim                                                           500.000 €
                             Weiterleitung zweckgebundener Spenden 2013-2019 an die                                                  174.614 €
                             Stadt Strausberg für die künftige Nachsorgeklinik Strausberg
                             Individualhilfe für Patientenfamilien (Hilfsfonds)                                                         8.639€
                             Zuwendungen für sonstige Projekte1                                                                     30.000 €
                             Mietausgaben für Ferienappartements Patientenfamilien                                                   65.052 €
                             Pädagogisch betreutes Ferienprojekt „Inselhüpfen“                                                        25.639 €
                             Sozialrechtsberatung Patientenfamilien            2                                                       7.740 €
                             Kunsttherapie                                                                                             3.050 €
                             Nachsorge- und Anerkennungspreis der Deutschen Kinderkrebsnachsorge                       3             10.000 €
                             Aufwendungen für Veranstaltungen                                                                          33.331 €
                             Aufwendungen im Zusammenhang mit Zuwendungen                                                                3,22 €
                             Personal-, Betreuungs- und Verwaltungsaufwand                                                           210.941 €
                             Sachausgaben                                                                                            297.819 €
                                davon Songprojekt „Zurück ins Leben“ und „Herzproblem“                                                12.494 €
                             insgesamt                                                                                            1.976.570 €

                            Ausgaben aus dem Investitionsbereich
                             Ausgaben für Investitionen in das Anlagevermögen                                                                -€

                            Einnahmen aus dem Finanzbereich
                             Tages- und Festgeldzinsen                                                                                 2.032 €
                             Wertpapiererträge, Dividenden aus Erbschaften                                                             5.001 €
                             Wertaufholung/Veräußerungserlöse                                                                                   -
                             insgesamt                                                                                                 7.033 €

                            Ausgaben aus dem Finanzbereich
                             Kursverlust Wertpapiere aus Erbschaften                                                                    3.782 €

                              Ausgabenüberschuss (im Vorjahr Mittelüberschuss)                                                       66.658 €

1
    2019: Bundesverband Herzkranker Kinder; Uni Freiburg Nephro Freizeit; Groko Haus2020: LQM Universitätsklinik Ulm
2
    Angebot für Familien während der Reha-Maßnahme bei Fragen im Bereich Recht
3
  Im Jahr 2019 verlieh die Deutsche Kinderkrebsnachsorge den Nachsorgepreis an das Deutsche Krebsregister; Zum ersten Mal verlieh die Deutsche Kinderkrebsnachsorge einen
Anerkennungspreis an den Verein Anna e. V.. Der Verein Anna e.V. kümmert sich um Familien mit einem an Krebs erkrankten Kind sowie deren Geschwisterkinder. Besonder
liegen dem Verein die Geschwisterkinder am Herzen. 2020 verlieh die Deutsche Kinderkrebsnachsorge den Nachsorgepreis an den Buntenkreis e.V. in Augsburg

22   |    Dankeschön                                                                                                                                  Jahresbericht 2020
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