SCHRIFTENREIHE UMWELT NR. 346 - Publikumsintensive Einrichtungen Recht - Bundesamt für ...
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SCHRIFTENREIHE UMWELT NR. 346 Recht Publikumsintensive Einrichtungen Verbesserte Koordination zwischen Luftreinhaltung und Raumplanung Bundesamt für Raumentwicklung ARE Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft BUWAL
SCHRIFTENREIHE UMWELT NR. 346 Recht Publikumsintensive Einrichtungen Verbesserte Koordination zwischen Luftreinhaltung und Raumplanung Con riassunto in italiano Herausgegeben vom Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft BUWAL und dem Bundesamt für Raumentwicklung ARE Bern, 2002
Herausgeber Bezug Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft BUWAL BUWAL Bundesamt für Raumentwicklung ARE Dokumentation CH-3003 Bern Autor Fax + 41 (0) 31 324 02 16 Rudolf Muggli, E-Mail: docu@buwal.admin.ch Direktor der Vereinigung für Landesplanung VLP Internet: www.buwalshop.ch Diese Publikation ist auch in französischer Sprache Begleitgruppe erhältlich. Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft Christoph Zäch (Projektleiter) Bestellnummer und Preis Manon Delisle SRU-346-D / CHF 12.– (inkl. MWSt) Urs Nyffeler Urs Walker Bemerkung Res Isler Die Redaktion des Berichts wurde am 12. Juni Bundesamt für Raumentwicklung: 2002 abgeschlossen und basiert auf den damals Fred Baumgartner (Co-Projektleiter) vorliegenden Dokumenten und Erkenntnissen. Anne-Marie Steiner Friedrich Weber Bundesamt für Gesundheit: Ursula Ulrich Vögtli © BUWAL 2002 Kantonale Fachstellen: 10.2002 1000 71039/139 Hans Mathys, Präsident Cercl’Air, KIGA Bern Bernard Staub, Amtsvorsteher des Kantonalen Amtes für Raumplanung, Solothurn Regionalplanung Zürich und Umgebung: Guenther Arber Zitierung Muggli Rudolf, 2002: Publikumsintensive Einrichtungen. Verbesserte Koordination zwischen Luftreinhaltung und Raumplanung. Schriftenreihe Umwelt Nr. 346 (BUWAL); Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft BUWAL, Bundesamt für Raumentwicklung ARE, Bern, 76 S. Gestaltung Ursula Nöthiger-Koch, 4813 Uerkheim Titelbild ©BUWAL/Docuphot 2 Publikumsintensive Einrichtungen: Verbesserte Koordination zwischen Luftreinhaltung und Raumplanung
Inhaltsverzeichnis Abstracts 5 5 Untersuchte Beispiele und Fallgruppen von publikumsintensiven Einrichtungen 47 Vorwort 7 5.1 Ziel und Grenzen der Untersuchung 47 5.2 Fallgruppen 48 Zusammenfassung 9 5.3 zusammenfassende Erkenntnisse aus den Riassunto 12 Beispielen 55 5.4 Schlussfolgerungen 57 1 Auftrag 15 1.1 Parlamentarische Vorstösse zum Thema 6 Koordinierte Luftreinhalte- und Koordination Luftreinhaltung – Raumordnungspolitik 59 Raumplanung 15 6.1 unterschiedliche Zielsetzungen von 1.2 Weitere verwandte parlamentarische Luftreinhalte- und Raumordnungspolitik 59 Vorstösse 16 6.2 Interessenabwägung als Methode des 1.3 Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Umgangs mit Zielkonflikten im Bundesrecht 60 Motionen Büttiker und UREK-NR 16 6.3 Wie ging die Praxis bisher mit Konflikten 1.4 Haltung des Bundesrates 17 um? 61 1.5 Umsetzung des parlamentarischen 6.4 Anforderungen des Luftreinhalte- und der Auftrages 17 Raumplanungsrechts an publikumsintensive 1.6 Auftrag an den Berichtverfasser 18 Einrichtungen 67 1.7 Vorgehen 18 7 Ergebnisse der Untersuchungen 69 2 Die schweizerische Luftreinhaltepolitik 7.1 Was hat die Luftreinhaltepolitik bewirkt? 69 im hier interessierenden Bereich 19 7.2 kein Konflikt zwischen Luftreinhaltung und 2.1 Luftschadstoffbelastungen durch den Raumplanung 69 Strassenverkehr 19 7.3 Instrumente müssen und können 2.2 Rechtsgrundlagen der Luftreinhaltepolitik 21 harmonisiert werden 69 2.3 Umsetzung der Luftreinhaltepolitik gemäss 7.4 Koordination fördert Rechtsmittelfestigkeit USG und LRV 22 von Bewilligungen 70 2.4 Rechtsprechung zur Massnahmenplanung 25 7.5 Bewertung der vorgeschlagenen 2.5 Vollzugsprobleme 26 Koordinationsmodelle 71 2.6 Schlussfolgerungen 26¨ 8 Empfehlungen 73 3 Die schweizerische Raumordnungspolitik 29 8.1 Vollzugshilfen zur Koordination von 3.1 «Raumordnung Schweiz» 29 Raumplanung und Massnahmenplanung 73 3.2 Scharnierfunktion der kantonalen 8.2 Anleitung zur Abschätzung der Richtpläne 29 Umweltfolgen (Lärm, Luftreinhaltung) des 3.3 Abstimmung zwischen Ausbaus von Bauzonen (Ebene Siedlungsentwicklung und Verkehr als Nutzungsplanung) 73 Aufgabe moderner kantonaler Richtplanung 30 8.3 neue Vorschrift über die Abstimmung 3.4 Schlussfolgerungen 33 Massnahmenplanung – Richtplanung 74 4 Publikumsintensive Einrichtungen 35 9 Literatur 75 4.1 Begriff der publikumsintensiven Einrichtungen 35 4.2 Kantonale Abgrenzungen im Bereich publikumsintensive Einrichtungen 42 Publikumsintensive Einrichtungen: Verbesserte Koordination zwischen Luftreinhaltung und Raumplanung 3
Abstracts The report enquires into the question of whether the development planning and air pollution control regulations are in conflict where the authorisation of installations involving heavy traffic is concerned. The report assesses the influence of air pollution control legislation on a range of specific projects. The results show that no conflict exists between the two areas of legislation. Also, despite the substantial influence of the air pollution control regulations, these do not generally lead to the discontinuation of projects. The study underlines that air Keywords: pollution control and area planning measures can and must be brought into line. Thus the Retail trade, air pollu- planning authorities are legally obliged to coordinate development planning under art. 6 ff tion control, mobility, RPG (Law of Spatial Planning) with the planning of measures under art. 44 a LPE (Law development planning, relating to the Protection of the Environment). Finally, the report points to the fact that the traffic enforcement authorities are now actively testing coordination procedures. In diesem Bericht wird untersucht, ob sich die Raumordnungs- und Luftreinhaltevorschrif- ten bei der Bewilligung von Einrichtungen mit grossem motorisiertem Publikumsverkehr widersprechen. Zu diesem Zweck wird der tatsächliche Einfluss des Luftreinhalterechts bei einer Reihe von konkreten Projekten geprüft. Daraus kann der Schluss gezogen werden, dass kein Konflikt zwischen den beiden Rechtsgebieten erkennbar ist. Die Luftreinhaltevor- schriften haben trotz erheblichem Einfluss kaum je ein Projekt verhindert. Die Studie stellt ferner fest, dass Luftreinhaltemassnahmen und Raumordnungspolitik aufeinander abge- Stichwörter: stimmt werden können und müssen. Sie vertritt deshalb die Meinung, die planenden Behör- Detailhandel, Luftrein- den seien rechtlich verpflichtet, ihre Richtplanung gemäss Art. 6 ff. RPG mit der Massnah- haltung, Mobilität, menplanung gemäss Art. 44a USG zu koordinieren. Anschliessend wird gezeigt, dass die Raumplanung, Verkehr Vollzugsbehörden zur Zeit solche Koordinationsmodelle erproben. Le présent rapport examine s’il y a contradiction entre les prescriptions sur l’aménagement du territoire et celles sur la protection de l’air lorsqu’il s’agit d’autoriser des installations engendrant un important trafic motorisé. Il vérifie pour ce faire l’influence effective du droit régissant la protection de l’air sur plusieurs projets concrets. La conclusion est qu’il n’est décelé aucun conflit entre les deux domaines juridiques. Les prescriptions de protection de l’air, bien que d’un impact considérable, n’ont en effet pratiquement jamais empêché la réalisation d’un projet. L’étude constate en outre que des mesures de protection de l’air et la Mots-clés: politique en matière d’aménagement du territoire peuvent et doivent être harmonisées. Il en Commerce de détail, erische Abstimmung auf die Zentrenstruktur verlangt. Ein weitereriquement tenues de protection de l’air, coordonner leurs plans directeurs selon les art. 6 ss LAT avec les plans de mesures selon mobilité, aménagement l’art. 44a LPE. L’étude indique enfin que les autorités d’exécution sont actuellement en du territoire, transport train de tester des modèles de coordination. Il presente rapporto esamina se vi siano contraddizioni tra le prescrizioni sulla pianificazione del territorio e quelle contro l’inquinamento atmosferico al momento di autorizzare delle strutture che causano un intenso traffico di veicoli a motore. A questo scopo viene verificata la reale incidenza cha la legislazione sulla protezione dell’aria ha su diversi progetti concreti. Non ne consegue alcun conflitto tra i due settori giuridici. Le prescrizioni contro l’inquinamento atmosferico, nonostante il loro considerevole impatto, non hanno mai impedito la realizzazione di un progetto. Lo studio rileva inoltre che le Parole chiave: misure contro l’inquinamento atmosferico e la politica di pianificazione del territorio Commercio al dettaglio, possono e devono essere armonizzate. Ne risulta quindi che le autorità incaricate della protezione dell’aria, pianificazione sono giuridicamente tenute a coordinare i loro piani direttori giusta gli pianificazione del articoli 6 ss LPT con le misure pianificatorie giusta l‘articolo 44a LPAmb. Lo studio indica territorio, trasporti. infine che le autorità esecutive stanno esaminando tali modeli di coordinazione. Publikumsintensive Einrichtungen: Verbesserte Koordination zwischen Luftreinhaltung und Raumplanung 5
Vorwort In den letzten Jahren sind weit entfernt von Städten oder deren Agglomerationen grosse, publikumsintensive Einkaufszentren und Fachmärkte gebaut worden. Als Folge davon nehmen der Individualverkehr und damit auch die Luftschadstoffemis- sionen stark zu. Diese Einrichtungen verstärken aber auch die Zersiedelung des Landes und verlangen zusätzliche Verkehrsinfrastrukturanlagen. Ihre Standorte sind daher aus der Sicht des Umweltschutzes und der Raumplanung problematisch. Auch die Politik hat diese Problematik erkannt. Das Parlament hat den Bundesrat mit zwei Motionen beauftragt, das Luftreinhalte- und das Raumplanungsrecht so aufeinander abzustimmen, dass kein Interessenkonflikt mehr besteht. Der Grund dieses Konflikts bestehe vor allem im Luftreinhalterecht, das die raumplanerisch erwünschte zentrumsnahe Entwicklung von Einrichtungen mit grossem Publikums- aufkommen verunmögliche. Das ARE und das BUWAL haben sich mit diesen Fragen befasst. In einem ersten Schritt sind das geltende Recht und die heutige Praxis der Kantone analysiert wor- den. Rudolf Muggli, Direktor der Vereinigung für Landesplanung (VLP), zeigt im vorliegenden Bericht die Zusammenhänge und die Problemstellung rund um die Realisierung von grossen publikumsintensiven Einrichtungen auf. Die Analyse bestätigt die Zweckmässigkeit der Schritte, die das BUWAL und das ARE zur Lö- sung der Probleme inzwischen in Angriff genommen haben: Die Umsetzung der Ziele von Luftreinhaltung und Raumentwicklung muss noch stärker als bisher, sy- stematisch und frühzeitig koordiniert werden. Nur so wird es möglich sein, grosse publikumsintensive Einrichtungen dort zu realisieren, wo sie möglichst wenig Luft- schadstoffe erzeugen, den richtigen Standort haben und möglichst wenig Fläche beanspruchen. Gleichzeitig kann so den Investoren ein klarer Rahmen für die Reali- sierung ihrer Projekte bereitgestellt werden. Dieser Bericht bildet für das BUWAL und das ARE die Grundlage für die weiteren Arbeitsschritte. Gleichzeitig soll er allen Interessierten als Information dienen und erste Hinweise zur Problemlösung geben. Bundesamt für Umwelt, Bundesamt für Wald und Landschaft BUWAL Raumentwicklung ARE Philippe Roch Pierre Alain Rumley Direktor Direktor Publikumsintensive Einrichtungen: Verbesserte Koordination zwischen Luftreinhaltung und Raumplanung 7
Zusammenfassung Anlass für diese Studie Zwei überwiesene Motionen des Bundesparlaments vermuten, die Luftreinhaltevor- schriften des Bundesumweltschutzrechts stünden im Konflikt mit dem anerkannten raumplanerischen Grundsatz der dezentralen Konzentration und beauftragen des- halb den Bundesrat, auf dem Gesetzgebungswege für Abhilfe zu sorgen. Sie stützen sich bei ihrer Vermutung auf die Schwierigkeiten, denen publikumsintensive Ein- richtungen wie Einkaufs-, Fachmarkt- und Freizeiteinrichtungen in der Bewilli- gungspraxis begegnen. Diese Schwierigkeiten sollen auf die «verschärften (Luft- schadstoff)Emissionsbegrenzungen» zurückgehen, die nach dem Umweltschutz- recht dort anzuordnen sind, wo die Immissionsgrenzwerte der Luftreinhalteverord- nung überschritten sind. Lufthygienisch überlastete Orte befinden sich häufig an Zentrumslagen oder Verkehrsknotenpunkten, die sich aus raumplanerischer Sicht in erster Linie für publikumsintensive Nutzungen eignen und deshalb oft als «Ent- wicklungsschwerpunkte» ausgeschieden sind. In der Praxis kommen unter dem Titel «verschärfte Emissionsbegrenzungen» meist Massnahmen zur Anwendung, die auf eine Begrenzung des motorisierten Individualverkehrs abzielen. Im Vorder- grund stehen dabei eine Reduktion des Parkplatzangebots kombiniert mit einer besseren Erschliessung durch den öffentlichen Verkehr und/oder die Bewirtschaf- tung der Parkplätze. Die Motionäre vermuten, dass es diese Einschränkungen sind, welche die Investoren veranlassen, ihre Projekte an peripheren, raumplanerisch weniger geeigneten, dafür aber lufthygienisch geringer belasteten Standorten zu verwirklichen. Wenn dies zuträfe, würde das Bundesumweltschutzrecht der er- wünschten räumlichen Entwicklung entgegenwirken. Untersuchungsgegenstand Der vorliegende Bericht untersucht, ob es diesen Konflikt tatsächlich gibt und wel- che Ursachen ein allfälliger Konflikt haben könnte. Zu diesem Zweck wurden fünf Gebiete bzw. Projekte näher auf den konkreten Einfluss der Luftreinhaltevorschrif- ten untersucht. Weitere, aus der Presse oder der bundesgerichtlichen Rechtspre- chung bekannte Projekte wurden in die Untersuchung einbezogen. In Ergänzung dazu wurden Kurzumfragen bei den kantonalen Raumplanungs- und Lufthygiene- fachstellen durchgeführt. Ergebnis der Untersuchung Das Ergebnis dieser Erhebungen zeigt, dass der von den Urhebern der Vorstösse vermutete Konflikt in der Praxis aus verschiedenen Gründen selten auftritt. Zum einen nutzen die Kantone die Flexibilität der Luftreinhaltevorschriften aus. Zum andern zeigt sich, dass dort, wo Projekte aufgegeben werden, andere Gründe wich- tiger sind. Im Vordergrund stehen ungenügende Strassenkapazitäten oder eine un- genügende Erschliessung mit dem öffentlichen Verkehr, aber auch (gewer- be)politische oder weitere raumplanerische Gründe. In Zukunft dürfte das Problem der beschränkten Strassenkapazitäten vor allem in den Grossagglomerationen von Publikumsintensive Einrichtungen: Verbesserte Koordination zwischen Luftreinhaltung und Raumplanung 9
Genf, Lausanne, Bern, Basel, Luzern, Zürich und St. Gallen zum absolut wichtig- sten Hindernis bei der Bewilligung von publikumsintensiven Einrichtungen werden. Immobilienmarktbeobachter prognostizieren denn auch für Grossanlagen einen Trend zurück in die Grosszentren und an Standorte mit guter Erschliessung mit dem öffentlichen Verkehr. Der Konflikt tritt nach den angestellten Untersuchungen einzig dann auf, wenn die offen formulierten Anforderungen des Luftreinhalterechts ohne Bezug zur ange- strebten räumlichen Entwicklung angewandt werden. Er kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn publikumsintensive Einrichtungen starren, also von den Zielen der räumlichen Entwicklung unabhängigen Parkplatzreduktionen unterworfen wer- den. Weder Umweltschutzgesetz und Luftreinhalteverordnung noch die bundesge- richtliche Rechtsprechung verlangen eine solche Praxis. Das Bundesrecht erlaubt, ja gebietet es vielmehr den Kantonen, im Rahmen der Massnahmenplanung nach Art. 44a USG ihre Luftreinhaltepolitik mit der erwünschten räumlichen Entwicklung abzustimmen. Erste Erfahrungen mit dieser Koordination sind in den Kantonen vorhanden. In neuen Massnahmenplänen z.B. des Kt. Bern (2001) wird denn auch diese Koordination mit der kantonalen Richtplanung (Richtplan des Kt. Bern 2002) konkret vorgenommen. Im Grundsatz wird der nach dem Luftreinhalterecht vor- handene Spielraum für die Zulassung zusätzlichen Personenwagenverkehrs zur Förderung von raumplanerisch bezeichneten Entwicklungsschwerpunkten einge- setzt. Im Ergebnis können dann den Entwicklungsschwerpunkten mehr Parkplätze bewilligt werden als anderen, raumplanerisch ungünstig gelegenen Flächen. Gleich- zeitig wird auf diese Weise für potentielle Investoren ein klares Zeichen gesetzt. Damit ist der vom Parlament angesprochene Konflikt behoben. Im Kt. St. Gallen wird im Rahmen des neuen Richtplans 2002 ein anderes Modell vorgesehen, das über präzise Planungsgrundsätze ebenfalls zur besseren Abstimmung zwischen den Raumordnungs- und den Luftreinhaltezielen beiträgt. Mit einer guten Abstimmung zwischen Raumplanung und Luftreinhaltung wird die Rechtssicherheit für alle Beteiligten verstärkt und damit die Wahrscheinlichkeit, dass Rechtsmittel erhoben werden, reduziert. Die Gerichte folgen erfahrungsgemäss einer umfassenden und sorgfältig begründeten Interessenabwägung1. Ein willkom- mener Nebeneffekt dieser verstärkten Rechtssicherheit dürfte sein, dass Einspra- chen und Beschwerden, insbesondere auch der Einsatz des Verbandsbeschwerde- rechts, seltener werden oder jedenfalls seltener erfolgreich sein können. Damit wird sich auch die Verfahrensdauer verkürzen. 1 Das Bundesgericht z.B. versteht sich mit gutem Grund nicht als «Oberplanungsbehörde» (so aus- drücklich im BGE Saanen vom 5.3.1996 E. 3c). Eine Übersicht über Streitigkeiten zu kantonalen Richtplänen belegt diese Feststellung: Auf umfassender Interessenabwägung beruhende und sorg- fältig begründete Planungsentscheide kantonaler Behörden werden vom Bundesgericht geschützt. Das Bundesgericht wäre ja auch gar nicht in der Lage, selbst Alternativen zu erarbeiten. 10 Publikumsintensive Einrichtungen: Verbesserte Koordination zwischen Luftreinhaltung und Raumplanung
Schlussfolgerung und Empfehlung Die Untersuchungen erlauben folgenden Schluss: Der vom Parlament kritisierte Konflikt tritt in den untersuchten Fällen nur selten auf. Dort, wo er auftritt, geht er auf eine unzweckmässige und unkoordinierte Rechtsanwendung zurück. Abhilfe schaffen können präzisere Grundlagen und Festlegungen in den dafür vorgesehenen Planungen (Massnahmenplan Luft, kantonaler Richtplan) sowie eine verbesserte Planungs- und Bewilligungspraxis. Wünschbar ist ausserdem eine Verdeutlichung der Rechtsnormen im Bundesrecht. Der Bundesrat kann die Raumplanungs- und die Luftreinhalteverordnung präzisieren. Er kann ferner die Kantone im Hinblick auf eine besser koordinierte Anwendung der Luftreinhalte- und Raumplanungs- vorschriften mit Empfehlungen unterstützen. Eine solche Förderung und Unterstüt- zung stimmt mit den Zielsetzungen der bundesrätlichen Agglomerationspolitik überein, welche unter anderem die ungenügende Berücksichtigung der Agglo- merationsprobleme durch verschiedene Bundespolitiken korrigieren will2. Als eine von zahlreichen Massnahmen hat der Bundesrat in seinem Bericht vom Dezember 2001 eine verbesserte Abstimmung zwischen Raumplanung und Umweltschutz vor- gesehen. 2 Bericht des Bundesrates vom 19. Dezember 2001: Agglomerationspolitik des Bundes, vgl. die Ziff. 4.3.3.; 6.1.1., 8.1.3. Publikumsintensive Einrichtungen: Verbesserte Koordination zwischen Luftreinhaltung und Raumplanung 11
Riassunto Motivo di questo studio Secondo due mozioni trasmesse dal Parlamento federale, le prescrizioni contro l’in- quinamento atmosferico della legislazione federale sulla protezione dell’ambiente sarebbero in contrasto con l’ormai acquisito principio della pianificazione territo- riale, il cosiddetto decentramento della concentrazione. Gli autori della mozione incaricano il Consiglio federale di provvedere, per via legislativa, ad adottare le misure necessarie. I presupposti delle mozioni si basano sulle difficoltà incontrate nella prassi di autorizzazione di strutture a forte affluenza, quali i mercati specializ- zati, i centri commerciali e gli impianti del tempo libero. Queste difficoltà sarebbero dovute all’ «inasprimento dei limiti di emissione (di inquinanti atmosferici)», dis- posto dal diritto ambientale, laddove i valori limite di emissione fissati dall’ordinan- za contro l’inquinamento atmosferico sono stati superati. Le aree dove l’inquina- mento dell’aria supera il livello d’allarme, sovente si trovano nei centri urbani o in punti di confluenza del traffico. Dal punto di vista della pianificazione del territorio sono proprio queste aree, che si prestano a essere utilizzate per le strutture a forte affluenza, ad essere delimitate quali «aree di sviluppo prioritarie». Nella pratica, per «inasprimento dei limiti delle emissioni di inquinanti atmosferici» si intende la gran parte delle applicazioni delle misure volte a limitare la circolazione di veicoli motorizzati privati. In primo piano troviamo una riduzione dell’offerta di parcheggi coniugata ad una miglior accessibilità grazie ai trasporti pubblici e/o ad una miglior gestione delle aree di parcheggio. Gli autori della mozione ritengono che queste limitazioni inducono gli investitori a realizzare i propri progetti in aree periferiche che, pur essendo meno idonee dal punto di vista della pianificazione del territorio, sono meno problematiche dal punto di vista dell’igiene dell’aria. Se ciò dovesse corrispondere al vero, la legislazione federale sulla protezione dell’ambiente sareb- be in contrasto con gli sviluppi territoriali desiderati. Oggetto della ricerca Il presente rapporto vuole stabilire se effettivamente questo conflitto esiste e quali sono le cause che potrebbero generarlo. A questo scopo sono stati analizzati 5 pro- getti (in 5 settori diversi) concretamente influenzati dalle prescrizioni contro l’in- quinamento atmosferico. Sono inoltre stati inclusi nella ricerca progetti noti, tratti dalla stampa o dalla giurisprudenza del Tribunale federale. A titolo integrativo sono pure state eseguite brevi inchieste presso gli uffici cantonali di pianificazione del territorio e di igiene dell’aria. Risultato della ricerca Il risultato di questo studio dimostra che il conflitto presunto dagli autori della mo- zione, di fatto e per diverse ragioni, si presenta assai raramente. Da una parte i Cantoni traggono vantaggio dalla flessibilità delle prescrizioni contro l’inquinamen- to atmosferico; dall’altra risulta che laddove i progetti vengono abbandonati esisto- no ragioni più importanti. Va innanzitutto sottolineata l’insufficiente capacità delle strade o l’inadeguata accessibilità ai mezzi di trasporto pubblici. Vi sono però anche 12 Publikumsintensive Einrichtungen: Verbesserte Koordination zwischen Luftreinhaltung und Raumplanung
ragioni d’ordine politico-commerciali o altre ragioni inerenti alla nuova pianifica- zione del territorio. In futuro il problema della capacità ridotta delle strade, in par- ticolar modo nei grandi agglomerati urbani quali Ginevra, Losanna, Berna, Basilea, Lucerna, Zurigo e San Gallo diverrà l’ostacolo di gran lunga più importante all’au- torizzazione di strutture a forte affluenza. Gli osservatori del mercato immobiliare prevedono che vi sarà la tendenza, anche per le grandi infrastrutture, a tornare verso i grandi centri e i siti dotati di una buona accessibilità con i mezzi pubblici. In base alle ricerche svolte, il conflitto si pone soltanto quando le esigenze della le- gislazione sull’inquinamento atmosferico, aperte a diverse interpretazioni, sono uti- lizzate senza tener conto dello sviluppo territoriale perseguito. Potrà essere il caso, per esempio, quando le strutture a forte affluenza saranno sature, e la riduzione di parcheggi indipendenti sarà assoggettata ai traguardi fissati dallo sviluppo del territorio. Né la legge sulla protezione dell’ambiente e l’ordinanza contro l’inquina- mento atmosferico, né la giurisprudenza del Tribunale federale esigono una tale pratica. Il diritto federale permette, anzi chiede esplicitamente ai Cantoni, di conci- liare, nell’ambito del piano dei provvedimenti giusta l’art. 44a LPAmb la sua poli- tica contro l’inquinamento atmosferico con lo sviluppo del territorio desiderato. È a livello cantonale che si fanno le prime esperienze con questo tipo di coordinazione. Il nuovo piano dei provvedimenti del Canton Berna (2001) programma concreta- mente questo tipo di coordinazione con la pianificazione direttrice cantonale (Piano direttore del Canton Berna 2002). Per permettere una circolazione supplementare di veicoli motorizzati privati, di regola si sfrutta il margine di manovra concesso dalla legislazione contro l’inquinamento atmosferico a sostegno delle aree di sviluppo prioritarie designate dalla pianificazione del territorio. Ne risulterà che per questi centri potranno essere autorizzati più parcheggi che non per altre zone situate sfavo- revolmente dal punto di vista della pianificazione. Al contempo verrà chiaramente segnalato ai potenziali investitori quante autorizzazioni potranno essere rilasciate e per quali luoghi. In questo modo il conflitto cui fa riferimento il Parlamento viene risolto. Nel Canton San Gallo, nell’ambito del progetto di piano direttore 2001, è in corso il dibattito sulle proposte di un altro modello che verte su precisi principi di pianificazione volti appunto ad armonizzare gli obiettivi dell’ordinamento del terri- torio e quelli da raggiungere in materia d’inquinamento atmosferico. Conclusioni e suggerimenti Le ricerche permettono la conclusione seguente: il conflitto criticato dal Parla- mento, appare solo raramente nei casi esaminati. Laddove si presenta, si riscontrano un coordinamento e un’applicazione inadeguati della legislazione. La messa in atto di interventi preventivi può portare a un miglioramento delle pratiche di piani- ficazione e di autorizzazione, e al chiarimento delle norme giuridiche del diritto federale. Il Consiglio federale può definire meglio l’ordinanza sulla pianificazione del territorio e quella contro l’inquinamento atmosferico. Nell’ottica di un miglior coordinamento dell’applicazione delle prescrizioni contro l’inquinamento atmos- ferico e della pianificazione del territorio, può sostenere ulteriormente i Cantoni con delle raccomandazioni. Publikumsintensive Einrichtungen: Verbesserte Koordination zwischen Luftreinhaltung und Raumplanung 13
1 Auftrag 1.1 Parlamentarische Vorstösse zum Thema Koordination Luftreinhaltung – Raumplanung Die Eidgenössischen Räte haben zum Thema «verbesserte Koordination Raumpla- nung – Luftreinhaltung» zwei Motionen überwiesen: 1.1.1 Motion Büttiker (98.3589) vom 15.12.1998 a. Wortlaut «Der Bundesrat wird beauftragt, die Widersprüche zwischen Umweltschutz- und Raumplanungsrecht zu beseitigen, damit folgender Grundkonflikt gelöst werden kann: Das Raumplanungsgesetz (RPG) geht von einer Konzentration von Nutzungen aus (Art. 1, 3 RPG). Das Umweltrecht (USG, LRV) enthält flächendeckende Vor- schriften über die zulässige Luftbelastung (Art. 11, 14, 44 USG; Art. 18, 31–33 LRV). Das führt zu folgendem Widerspruch: In Gebieten mit belasteter Luft sind raumplanerisch erwünschte Nutzungen oft nicht möglich, weil das Umweltrecht eine Entlastung der Luftbelastung fordert und keine ein gewisses Mass überschrei- tende zusätzliche Belastung der Luft zulässt. Gerade für das vom Privatverkehr bestens erschlossene und von Verkehrsanlagen abhängige solothurnische Gäu ist dies fatal, weil sich hier eben in erster Linie verkehrsintensive Nutzungen ansiedeln wollen, die nun an die Grenzwerte der LRV stossen (vorab NO2). Diesen Grundkonflikt kann nur der Bundesgesetzgeber lösen. Für Investoren ist die heutige Situation unhaltbar, weil trotz oder gerade wegen der Bundesgerichtspraxis eine grosse Rechtsunsicherheit herrscht.» b. Behandlungsstand Der Bundesrat beantragt dem Parlament am 1.3.1999, die Motion in ein Postulat umzuwandeln. Der Ständerat überwies die Motion am 10.3.1999, der Nationalrat am 21.6.2000. Die Federführung der Bearbeitung liegt beim Bundesamt für Umwelt-, Wald und Landschaft BUWAL. 1.1.2 Motion UREK-NR (99.3574) vom 23.11.1999 a. Wortlaut «Der Bundesrat wird beauftragt, alle gesetzlichen, organisatorischen und sonstigen Massnahmen zu treffen bzw. vorzuschlagen, um zu erreichen, dass die raumplane- risch erwünschte Entwicklung von städtischen Zentren und Agglomerationen ver- wirklicht werden kann (z.B. auch die Umnutzung von Industriebrachen). Es soll verhindert werden, dass als Folge von Bau- und Umweltauflagen eine Auslagerung an nicht geeignete Standorte stattfindet (z.B. in den Grüngürtel).» b. Behandlungsstand Der Bundesrat erklärte sich am 1.3.2000 bereit, die Motion entgegenzunehmen. Der Nationalrat überwies die Motion am 24.03.2000, der Ständerat am 5.10.2000. Die Federführung der Bearbeitung liegt beim Bundesamt für Raumentwicklung ARE. Publikumsintensive Einrichtungen: Verbesserte Koordination zwischen Luftreinhaltung und Raumplanung 15
1.2 Weitere verwandte parlamentarische Vorstösse 1.2.1 überwiesene Motion UREK-NR (99.077) vom 17.4.2000 betr. Luftreinhaltekonzept Der Vorstoss, eine Reaktion auf den bundesrätlichen Bericht über die lufthygieni- schen Massnahmen des Bundes und der Kantone vom 23.6.1999, lautet wie folgt: «Der Bundesrat wird beauftragt, dem Parlament ein Konzept vorzulegen, wie die Luftreinhalte-Ziele des Bundesrates erreicht und die Grenzwerte der Luftreinhalte- Verordnung bei allen Schadstoffen eingehalten werden können. Zu prüfen ist dabei auch, ob Änderungen der Zielvorgaben aus umwelt- und gesundheitspolitischen Gründen erforderlich sind. Das Konzept soll die bisher getroffenen lufthygienischen Massnahmen im Hinblick auf ihre Zieleffizienz evaluieren und die zu ergreifenden Massnahmen insbesondere in Bezug auf die Schadstoffe Stickoxide, flüchtige orga- nische Verbindungen, Feinstaub und Ammoniak aufzeigen und quantitativ bewer- ten.» 1.2.2 zurückgezogene Parlamentarische Initiative Bosshard vom 19.3.1999 (99.411) Die Parlamentarische Initiative Bosshard schlug in einem ausformulierten Entwurf konkrete Änderungen des RPG und des USG vor. Dies mit dem Ziel, in raumplane- risch bezeichneten «Entwicklungszonen» gelockerte Grenzwerte der Luftreinhalte- sowie der Lärmschutzverordnung einzuführen. Die Parlamentarische Initiative wur- de am 23.11.1999 zugunsten der Motion UREK-NR vom 23.11.1999 zurückgezo- gen, welche das Grundanliegen ohne Festlegung des einzuschlagenden Weges übernommen hatte. 1.3 Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Motionen Büttiker und UREK-NR Die Motionäre beanstanden die reale oder vermeintliche raumplanerische Fehl- steuerung durch Luftreinhaltevorschriften. Diese Vorschriften sehen aufgrund ihres Grenzwertkonzepts verschärfte Emissionsbegrenzungen nur für übermässig bela- stete Gebiete vor. Damit wird nach den Vermutungen des Parlaments tendenziell die Ansiedlung von verkehrsintensiven baulichen Nutzungen an zentral gelegenen Verkehrsknotenpunkten erschwert, wenn nicht gar verhindert. Raumplanerisch, wohl aber auch aus der Sicht des Umweltschutzes, würde indessen die Konzentrati- on der verkehrsintensiven Nutzungen an Verkehrsknotenpunkten dem Konzept einer nachhaltigen Entwicklung besser dienen. Die Motion Büttiker verlangt eine Gesetzesänderung. In der Begründung favori- sierte der Motionär eine Differenzierung der Immissionsgrenzwerte, wie sie im 16 Publikumsintensive Einrichtungen: Verbesserte Koordination zwischen Luftreinhaltung und Raumplanung
Lärmschutz bekannt ist3. Die Motion UREK-NR ist offener formuliert: Sie will die Beseitigung einer allfälligen Fehlsteuerung durch «geeignete Massnahmen». Offen- sichtlich war in der UREK-NR erkannt worden, dass eine Grenzwertdifferenzie- rung, wie sie die zurückgezogene Parlamentarische Initiative Bosshard verlangt hatte, ihrerseits zu schweren Zielkonflikten führt, indem der Bevölkerung von luft- schadstoffbelasteten Zentrumsgebieten dauernd gesundheitsschädliche Schadstoff- konzentrationen zugemutet werden. 1.4 Haltung des Bundesrates Der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme zur Motion Büttiker darauf hingewie- sen, dass allfällige Zielkonflikte zwischen raumplanerisch erwünschten, aber um- weltschutzrechtlich problematischen Entwicklungen mit einem frühzeitigen Einbe- zug der Umweltschutzanliegen in die Raumplanung vermieden werden könnten. Er anerkannte indessen, dass die gesetzlich vorgesehene enge Abstimmung von Raumplanung und Umweltschutz in der Praxis nicht in jedem Fall reibungslos vor sich geht. Die Ursache dafür hat er jedoch nicht in der aktuellen Gesetzgebung, sondern beim Vollzug geortet. Er hat sich bereit erklärt, gezielte Unterstützung bei der Verbesserung des Vollzuges zu leisten. Der Bundesrat hatte sich insbesondere in der parlamentarischen Debatte mündlich explizit gegen eine Aufweichung der Immissionsgrenzwerte der Luftreinhalteverordnung gewandt4. 1.5 Umsetzung des parlamentarischen Auftrages Die beteiligten Bundesämter für Umwelt-, Wald und Landschaft (BUWAL) sowie für Raumentwicklung (ARE) wollen den parlamentarischen Auftrag in folgenden Schritten umsetzen: • Analyse und Beurteilung des Zusammenwirkens von Luftreinhalte- und Raum- planungsrecht bei grossen publikumsintensiven Einrichtungen; • Analyse und Beurteilung des Vollzugs von Luftreinhalte- und Raumplanungs- recht bei grossen publikumsintensiven Einrichtungen; • Zusammenstellung von Vorschlägen für die Verbesserung des Zusammenwir- kens beider Bereiche. 3 So ganz klar das Referat des Motionärs anlässlich der VLP-ASPAN-Tagung vom 26. Oktober 2000 in Aarau. 4 Bundesrat Moritz Leuenberger, Vorsteher des Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation, in amtl. Bulletin des Ständerates 1999 S. 155 (10. März 1999). Publikumsintensive Einrichtungen: Verbesserte Koordination zwischen Luftreinhaltung und Raumplanung 17
1.6 Auftrag an den Berichtverfasser Der Auftragnehmer wurde mit der Erarbeitung eines Berichts zuhanden der betei- ligten Bundesämter beauftragt. Der Bericht soll aufgrund von fünf Fallstudien des Bundesamtes für Raumentwicklung die Analysen, Beurteilungen und Vorschläge gemäss Ziff. 2.6. oben entwerfen. 1.7 Vorgehen In der Schweiz existiert keine allgemein anerkannte Definition der in den erwähnten parlamentarischen Vorstössen anvisierten publikumsintensiven Einrichtungen wie Einkaufs- und Fachmarktzentren, Freizeitzentren, Multiplexkinos usw. Ebenso wenig liegen Listen der in Betrieb stehenden oder gar der projektierten Einrichtun- gen vor. Damit die vom Parlament erteilten Aufträge innert der vom Parlaments- recht zur Verfügung gestellten Zeit und mit vernünftigem Aufwand erfüllt werden können, wurde auf eine flächendeckende Erhebung der Anlagen verzichtet. Statt dessen stützt sich dieser Bericht auf die folgenden Erhebungen: • Anhand von fünf von Raumplanungsexperten ausgearbeiteten Fallstudien wur- den typische, für die hier diskutierte Fragestellung interessante Fälle in verschie- denen Landesteilen untersucht. Es interessierten vorab die konkret verfügten luftreinhalterechtlichen Auflagen für publikumsintensive Einrichtungen, die an raumplanerisch erwünschten Standorten erstellt wurden. Berücksichtigt wurden Beispiele in den Agglomerationsräumen Bern-Burgdorf, Basel-Pratteln, Luzern, Limmattal und St. Gallen-West. • Die schweizerische Kantonsplanerkonferenz und die Konferenz der Luftrein- haltefachstellen der Kantone und Städte (Cercl’Air) fragten ihre Mitglieder in einer Kurzumfrage nach Fällen, in denen der Bau von publikumsintensiven Ein- richtungen durch luftreinhalterechtliche Auflagen verhindert worden ist. Die Umfrage sollte es ermöglichen, neben den 5 detaillierten Fallstudien weitere für die Fragestellung interessante Fälle zu finden und nötigenfalls vertieft zu untersu- chen. • Eine Reihe weiterer Fälle wurde der Dokumentationsstelle der Schweizerischen Vereinigung für Landesplanung entnommen. Die Unterlagen stammen aus der Rechtsprechung, aus Tageszeitungen sowie anderen öffentlich zugänglichen Quellen. Nicht Gegenstand dieses Berichts sind die planungstechnischen Einzelheiten der im Verlauf der Erhebungen angetroffenen Praxisinstrumente zur besseren Abstimmung zwischen Raumplanung und Luftreinhaltung (Kapitel 7.3). Ebenfalls nicht Gegens- tand der Untersuchung war die Frage, inwiefern grosse nationale Verkehrsinfra- strukturen wie Strassentransitachsen und Flughäfen die Handlungsmöglichkeiten eines Kantons oder einer Region bei der Koordination von Luftreinhaltung und Raumplanung einschränken könnten. Existierende Koordinationsmodelle klammern die Einflüsse dieser Grossinfrastrukturen des Bundes aus (vgl. Ziff. 7.3.). 18 Publikumsintensive Einrichtungen: Verbesserte Koordination zwischen Luftreinhaltung und Raumplanung
2 Die schweizerische Luftreinhaltepolitik im hier 5 interessierenden Bereich 2.1 Luftschadstoffbelastungen durch den Strassenverkehr In der Schweiz herrscht dank einer grossen Anzahl Massnahmen6, die seit den Achtziger Jahren ergriffen wurden, gute Luftqualität bezüglich der Schadstoffe Schwefeldioxid (SO2), Kohlenmonoxid (CO) und Schwermetalle im Schwebestaub und im Staubniederschlag. Hier werden die Immissionsgrenzwerte mittlerweile überall eingehalten. Nicht eingehalten werden die Immissionsgrenzwerte für Stick- stoffdioxid (NO2) in den Agglomerationen und in der Nähe stark befahrener Stra- ssen. Ebenfalls überschritten sind die Immissionsgrenzwerte für Schwebestaub (PM10)7 im ganzen Mittelland und in der Südschweiz sowie für Ozon (O3) in ei- nem grossen Teil der Schweiz. Die Ursachen und Wirkungszusammenhänge sind allerdings komplex. Nach dem heutigen Wissensstand führt die Luftverschmutzung in der Schweiz zu Atemwegserkrankungen und 3‘800 vorzeitigen Todesfällen sowie 719'000 Tagen Arbeitsunfähigkeit pro Jahr. Sie hat ferner Ernteeinbussen in der Landwirtschaft von 5 bis 15% zur Folge. Wälder und empfindliche Ökosysteme sind durch über- mässige Säureeinträge sowie Überdüngung durch Luftschadstoffe gefährdet. Die auf die Luftverschmutzung entfallenden externen, d.h. nicht von den Verursachern bezahlten Kosten werden auf über 4 Milliarden Franken jährlich geschätzt8. Abbildung 1: Karte NO2 (Jahresmittel): Der Immissionsgrenzwert für NO2 von 30 µg/m³ ist in den Agglomerationen und entlang stark befah- rener Strassen über- schritten. 5 Ausführlich dazu: Bericht des Bundesrates über die lufthygienischen Massnahmen des Bundes und der Kantone vom 9. Juni 1999 (BBl 1999 7735 ff.). 6 BUWAL/BFS : Umwelt in der Schweiz, Kapitel 12 Luft, Bern 1997, S. 80 7 Feindisperse Schwebestoffe mit einem aerodynamischen Durchmesser von weniger als 10 µm. 8 Bericht des Bundesrates über die lufthygienischen Massnahmen des Bundes und der Kantone vom 9. Juni 1999 (BBl 1999 7740 ff.); ferner: GVF-Bericht Nr. 272: Monetarisierung der verkehrsbedingten externen Gesundheitskosten (Synthesbericht), Mai 1996; für den Kt. Zürich allein betragen die ge- samten externen Kosten nach vorsichtigen Schätzungen jährlich 500 Mio. Fr. (Zürcher Umweltpraxis Nr. 10/1996). Publikumsintensive Einrichtungen: Verbesserte Koordination zwischen Luftreinhaltung und Raumplanung 19
Abbildung 2: Karte PM10 (Jahresmit- tel): Der PM10-Immis- sionsgrenzwert für das Jahresmittel von 20 µg/m³ ist in einem grossen Teil des Mittel- landes und des Südtes- sins überschritten. Der PM10-Immissionsgrenz- wert für das Tagesmittel (nicht dargestellt) wird im ganzen Mittelland über- schritten. Er ist nur an Lagen über ca. 1000 m eingehalten. Abbildung 3: Karte Ozon: Bei ausge- prägten Schönwetterpe- rioden im Sommer sind die Ozongrenzwerte grossräumig überschrit- ten. Eine Ausnahme bilden die alpinen Regio- nen. 20 Publikumsintensive Einrichtungen: Verbesserte Koordination zwischen Luftreinhaltung und Raumplanung
Der Strassenverkehr trägt massgeblich zu den übermässigen NO2, O3 und PM10- Immissionen bei. Er ist ein Hauptverursacher von Stickstoffdioxid NO2; beim O3 ist er als Hauptemittent der Stickoxide (NOX) und in geringerem Mass als Emittent der Vorläuferschadstoffe NMVOC9 beteiligt, beim Feinstaub PM10 als bedeutender Emittent der sogenannten primären Partikel und – über die NOX – als wichtige Quelle der sogenannten sekundären Partikel. Weitere Beiträge zur Sanierung wer- den darum insbesondere von den Plänen erwartet, im Einklang mit der Europäi- schen Union (EU) die Abgasvorschriften für Motorfahrzeuge weiter zu verschär- fen10. In der Luftreinhaltung besteht somit immer noch erheblicher Handlungsbedarf11. Einen wesentlichen Beitrag wird dabei der Strassenverkehr leisten müssen. 2.2 Rechtsgrundlagen der Luftreinhaltepolitik Nach Art. 74 der Bundesverfassung und Art. 1 ff. des Umweltschutzgesetzes sind Mensch und Umwelt vor den schädlichen Auswirkungen u.a. der Luftverschmut- zung zu schützen. Die vom Bundesrat erlassenen Immissionsgrenzwerte dienen zur Beurteilung der Schädlichkeit der Schadstoffbelastung12. Der Ausstoss von Schad- stoffen ist an der Quelle zu begrenzen. Vorschriftswidrige Anlagen sind zu sanie- ren. Für die Kostenverteilung gilt das Verursacherprinzip. Die Immissionsgrenzwerte werden so festgelegt, dass unterhalb dieser Werte Men- schen, Tiere, Pflanzen, ihre Lebensgemeinschaften und Lebensräume nicht gefähr- det und die Fruchtbarkeit des Bodens, die Vegetation und die Gewässer nicht be- einträchtigt werden. Die Immissionsgrenzwerte gelten überall, wo sich Schutz- objekte aufhalten. Ausgenommen ist lediglich der Bereich der luftverschmutzenden Anlage selber, also z.B. das Betriebsareal einer Fabrik oder die Fahrbahn einer Strasse. Die Immissionsgrenzwerte sind also praktisch überall einzuhalten. Sind die Immissionsgrenzwerte überschritten, so gefährdet die bestehende Luftverschmut- zung die menschliche Gesundheit und die Umwelt. 9 flüchtige organische Verbindungen (Kohlenwasserstoffe) ausser Methan. 10 BUWAL, Schriftenreihe Umwelt Nr. 255: Luftschadstoffemissionen des Strassenverkehrs 1950 bis 2020: Zu früh zum Aufatmen, Bern 2000: Der Bericht über die Schadstoffentwicklung beim Strassen- verkehr zeigt Entwarnung bei den klassischen Luftschadstoffen wie NOX, flüchtige organische Ver- bindungen (Kohlenwasserstoff), Russ und Blei (Pb). Diese Emissionen werden bis 2020 auf den Stand der 50er Jahre zurückgehen. Sorgenkinder bleiben das Treibhausgas CO2 und PM10. 11 Bericht über die lufthygienischen Massnahmen des Bundes und der Kantone von 23. Juni 1999, BBl 38, S. 7735–7758. 12 Art. 14 USG: «Die Immissionsgrenzwerte für Luftverunreinigungen sind so festzulegen, dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen unterhalb dieser Werte a. Menschen, Tiere und Pflanzen, ihre Lebensgemeinschaften und Lebensräume nicht gefährden; b. die Bevölkerung in ihrem Wohlbefinden nicht erheblich stören; c. Bauwerke nicht beschädigen; d. die Fruchtbarkeit des Bodens, die Vegetation und die Gewässer nicht beeinträchtigen.» Publikumsintensive Einrichtungen: Verbesserte Koordination zwischen Luftreinhaltung und Raumplanung 21
Die EU-Grenzwerte waren früher deutlich weniger streng als die schweizerischen Immissionsgrenzwerte. Mit der Richtlinie 1999/30/EG und der Ozonrichtlinie 2002/3/EU über den Ozongehalt der Luft haben sich die EU-Grenzwerte den schweizerischen Immissionsgrenzwerten angenähert. Bei einem korrekten Ver- gleich, bei dem jeweils gleiche Schutzobjekte (Mensch, Vegetation, Ökosystem) einbezogen werden müssen, zeigt sich, dass die Grenzwerte sehr ähnlich sind13. 2.3 Umsetzung der Luftreinhaltepolitik gemäss USG und LRV 2.3.1 Wirkungsweise Umgesetzt werden die Ziele der Luftreinhaltepolitik mittels eines zweistufigen Vorgehens14: 1. Unabhängig von der bestehenden Luftschadstoffbelastung werden die Schad- stoffemissionen vorsorglich so weit begrenzt, als dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist. Es sollen, einfach gesagt, mit vertretba- rem Aufwand so wenig Schadstoffe wie möglich freigesetzt werden. 2. In Gebieten mit übermässigen Immissionen (z.B. überschrittenen Immissions- grenzwerten oder, wenn für eine Substanz kein Immissionsgrenzwert festgelegt wurde, nach der Beurteilung gemäss Art. 2 Abs. 5 LRV) werden zwecks Sanie- rung gestützt auf Art. 11 und 12 USG verschärfte Emissionsbegrenzungen ange- ordnet. Verschärfte Emissionsbegrenzungen sind nicht mehr an den Vorbehalt der wirtschaftlichen Tragbarkeit gebunden. Stammen die übermässigen Immis- sionen von einer einzigen bestehenden oder neuen stationären Anlage, so werden die nötigen Emissionsbegrenzungen gegenüber dem Verursacher verfügt. Komplexer ist die Sanierung im Normalfall, wenn nämlich mehrere Anlagen zur Immissionsgrenzwertüberschreitung beitragen. Die Luftreinhalte-Gesetzgebung belegt Gebiete mit überschrittenen Immissionsgrenzwerten indessen nicht ein- fach mit einem Bauverbot für neue schadstoffemittierende Anlagen, sondern be- auftragt die für den Vollzug auf ihrem Gebiet zuständigen Kantonsregierungen, mit Massnahmenplänen für eine Sanierung zu sorgen (Art. 44a USG). Die kan- tonalen Massnahmenpläne verpflichten nach dem Prinzip der Lastengleichheit nicht nur neue, sondern auch bestehende Anlagen zu einem angemessenen Bei- trag an die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte. Einfach gesagt haben alle Luftschadstoffverursacher in übermässig belasteten Gebieten einen zusätzlichen Beitrag zur Verbesserung der Luftqualität zu leisten (verschärfte Emissionsbe- grenzungen). Der zusätzliche Beitrag kann beispielsweise in einer Verpflichtung zur Reduktion des erzeugten Motorfahrzeugverkehrs oder zur Erreichung eines zugunsten des öffentlichen Verkehrs verschobenen Modal-Splits bestehen. Die 13 vgl. dazu Schriftenreihe Umwelt Nr. 180: Die Bedeutung der Immissionsgrenzwerte der Luftreinhalte- Verordnung, Bern 1992. 14 eingehend dazu: Loretan Theo, Bau- und Nutzungsbeschränkungen aufgrund von umweltrechtlichen Vorschriften im Bereich Luftreinhaltung, in URP/DEP 1998 406 ff. 22 Publikumsintensive Einrichtungen: Verbesserte Koordination zwischen Luftreinhaltung und Raumplanung
Sanierungsfrist beträgt in der Regel fünf Jahre15.. Dieser zusätzliche Beitrag ist es, der das Bundesparlament zur Vermutung eines Konflikts zwischen Luftreinhalte- und Raumordnungspolitik führte.16 2.3.2 Funktion der Massnahmenplanung17 Der Massnahmenplan ist ein Koordinationsinstrument der Kantonsregierungen, mit dem in einer komplexen Situation aus einer Gesamtbetrachtung heraus alle geeig- neten Massnahmen zur Sanierung der Luftqualität angeordnet werden18. Der Massnahmenplan hat den Charakter einer (behördenverbindlichen) Verwal- tungsverordnung und bildet damit für sich allein keine gesetzliche Grundlage für behördliche Massnahmen gegenüber Privaten19. Auch kann der Massnahmenplan die Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden sowie zwi- schen den Legislativen und Exekutiven nicht verändern. Massnahmenpläne sind keine Pläne, die sich auf das Raumplanungsgesetz stützen. Deshalb gelten für sie beispielsweise die Verfahrensvorschriften des Raumpla- nungsgesetzes nicht. Zu denken wäre in diesem Zusammenhang beispielsweise an die Mitwirkung (Art. 4 RPG, nur für Pläne «nach diesem Gesetz») und an den Rechtsschutz (Art. 33 RPG). Dagegen bilden die Massnahmenpläne zweifellos Grundlagen für die kantonale Richtplanung im Sinne von Art. 6 RPG. Der Inhalt und die Rechtswirkung von Massnahmenplänen bestimmen sich somit ausschliess- lich nach dem Umweltschutzrecht (Art. 44a USG, Art. 31 und 32 LRV). In Erfüllung dieser Aufgabe haben 25 Kantone Massnahmenpläne20 erlassen und diese regelmässig nachgeführt. Massnahmenpläne unterscheiden in der Regel • nach der Art der Verpflichtung: zwischen Massnahmen, die direkt verfügt wer- den können, weil bereits eine gesetzliche Grundlage besteht, und Massnahmen, für die eine gesetzliche Grundlage erst noch geschaffen werden muss sowie Massnahmen, die auf die Verhaltensänderungen (z.B. freiwillige Beschränkun- gen) und verbesserte Information abzielen; 15 vgl. dazu Walker Urs, Rechtsprechung zur Luftreinhalteverordnung – eine Zwischenbilanz, in Raum& Umwelt 1994 S. 15 ff. 16 vgl. Ziff. 2.1 oben. 17 vgl. dazu Theo Loretan, Kommentar USG, Art. 44a Rz 13 ff. 18 Art. 31 LRV: Die Behörde erstellt einen Massnahmenplan nach Artikel 44a des Gesetzes, wenn feststeht oder zu erwarten ist, dass trotz vorsorglicher Emissionsbegrenzungen übermässige Immis- sionen verursacht werden durch: a. eine Verkehrsanlage; b. mehrere stationäre Anlagen. Vgl. zur Rechtsnatur des Massnahmenplans Tobias Jaag in URP/DEP 1990 S. 132. 19 Das USG, die LRV und oft auch das kantonale Recht bieten indessen zahlreiche Rechtsgrundlagen für direkte Anordnungen: vgl. zu diesen Fragen BGE 124 II 272; URP/DEP 1998 S. 197; AJP/PJA 1998 S. 1231; RDAF 1999 p. 622 ss.; JT 1999 I 666. 20 alle ausser dem Kt. Jura. Publikumsintensive Einrichtungen: Verbesserte Koordination zwischen Luftreinhaltung und Raumplanung 23
• nach Sachgebiet: zwischen verschiedenen Handlungsfeldern (z.B. St. Gallen 1998: Feuerungen, VOC-Emittenten, Verkehr; Bern 2001: Personenverkehr, Schwerverkehr, Off-Road-Verkehr, Lösungsmittel). Die Vollzugspraxis hat gezeigt, dass die Luftreinhaltepolitik eng mit anderen Politikbereichen verflochten ist, namentlich der Energie-, Landwirtschafts-, Raum- ordnungs- und Verkehrspolitik. Diesem Aspekt ist in den genannten Politik- bereichen, namentlich jedoch in der Raumplanung, nicht immer ausreichend Rech- nung getragen worden. Historisch gesehen standen bei der ersten Generation der Massnahmenpläne denn auch die Feuerungsanlagen und die Industrieabgase im Vordergrund, während die Beeinflussung der längerfristigen Siedlungs- und Ver- kehrsentwicklung nur ansatzweise zum Thema gemacht wurde21. Die Geschäfts- prüfungskommission des Nationalrates stellte darum 1994 fest, dass der Vollzug der Luftreinhaltepolitik an mangelnder Kohärenz leide22. Sie forderte den Bundesrat auf, Lösungswege zur Bereinigung der Interessenkonflikte auszuarbeiten, wie sie bei der Umsetzung der Luftreinhaltepolitik bestehen, und diese mit den Kantonen zu koordinieren. 2.3.3 Rolle der Verkehrs- und Raumordnungspolitik in der neueren Massnahmenplanung Angesichts der Erfolge in den traditionellen technischen Massnahmenplanbereichen «Feuerungsanlagen» und «Industrie» haben sich die neueren Massnahmenpläne vermehrt den Zusammenhängen zwischen Verkehrsentwicklung und Raumplanung zugewandt. Beigetragen zu dieser Neuorientierung hat ein bedeutendes Strassen- verkehrswachstum23 namentlich im Bereich des Freizeitverkehrs. Der Massnah- menplan 2001 des Kt. Bern24 beispielsweise verstärkt die Abstimmung mit der gleichzeitig ablaufenden Revision des kantonalen Richtplanes und mit der kanto- nalen Verkehrspolitik. Dies setzt nebst der Bezeichnung des ganzen Kantons als 21 vgl. dazu Kropf/Gloor/Sommer/Zuberbühler: Massnahmenpläne zur Luftreinhaltung, Analyse der Grundlagen und Arbeitsinstrumente im Bereich Verkehr, Bericht Nr. 69 des Nationalen Forschungs- programms Stadt und Verkehr, Zürich 1994, insbesondere S. 101; ferner: Knoepfel Peter, Imhof Rita, Zimmermann Willi: Massnahmenpläne zur Luftreinhaltung – Wie sich Behörden beim Umweltschutz arrangieren, Bericht Nr. 57 des Nationalen Forschungsprogramms Stadt und Verkehr, Zürich 1994; VLP/ASPAN, Bruno Hoesli: Mit welchen raumplanerischen Massnahmen können Gemeinden zur Luftreinhaltung beitragen? = Quelles sont les mesures d'aménagement du territoire permettant aux communes de contribuer à la protection de l'air ? Informationen der Dokumentationsstelle für Raum- planungs- und Umweltrecht, Bern 1991. 22 vgl. dazu den Prüfungsbericht vom 5. Mai 1994 der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates zuhanden des Bundesrates: Kohärenz staatlicher Aktivitäten: das Beispiel des Vollzugs der Luftrein- haltepolitik, BBl 1994 V 835. 23 Das Strassenverkehrswachstum wird dokumentiert durch den Mikrozensus 2000: Bundesamt für Statistik/Bundesamt für Raumentwicklung, Mobilität in der Schweiz – Ergebnisse des Mikrozensus zum Mobilitätsverhalten, Bern 2001. Zum Freizeitverkehr vgl. Ruedi Meier: Freizeitverkehr – Analy- sen und Strategien, Bericht D5 des Nationalen Forschungsprogramms Verkehr und Umwelt NFP 41, Bern 2000. 24 Massnahmenplan zur Luftreinhaltung 2000/2015 vom 20. Juni 2001. 24 Publikumsintensive Einrichtungen: Verbesserte Koordination zwischen Luftreinhaltung und Raumplanung
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