Ressourcenpolitik Holz 2030 - Strategie, Ziele und Aktionsplan Holz 2021-2026 - Bundesamt für Umwelt
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2021 | Umwelt-Info Wald und Holz Ressourcenpolitik Holz 2030 Strategie, Ziele und Aktionsplan Holz 2021–2026
2021 | Umwelt-Info Wald und Holz Ressourcenpolitik Holz 2030 Strategie, Ziele und Aktionsplan Holz 2021–2026 Herausgegeben vom Bundesamt für Umwelt BAFU Bern, 2021
Impressum Herausgeber Text, Redaktion Bundesamt für Umwelt (BAFU) diktum.ch, Mike Weibel, Zürich Das BAFU ist ein Amt des Eidg. Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK). Korrektorat Lektorat Andrea Weibel, Bern Koproduktion Bundesamt für Energie (BFE) Inhaltliche Begleitung Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) Martin Riediker, ehem. Präsident NRP 66 Ressource Holz Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) Bernhard Pauli, Leiter Abteilung Waldwissenschaften (HAFL) Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) Hans Rupli, ehem. Präsident Holzbau Schweiz Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) Ivo Gasparini, Abteilung Wald (BAFU) Bundesamt für Kultur (BAK) Zitierung Autoren BAFU et al. (Hrsg.) 2021: Ressourcenpolitik Holz 2030. Strategie, Ulrike Pauli-Krafft, Claire-Lise Suter Thalmann, Christian Ziele und Aktionsplan Holz 2021–2026. Umwelt-Info Nr. 2103: Aebischer (Programmleitung Aktionsplan Holz, BAFU) 76 S. Begleitung Layout Paul Steffen, Vizedirektor (BAFU); Michael Reinhard, Cavelti AG, Marken. Digital und gedruckt, Gossau A bteilungschef Wald (BAFU); Daniel Zürcher, Stv. Abteilungs- chef Ökonomie und Innovation (BAFU); Alfred W. Kammerhofer, Grafiken Sektionschef Holz- und Waldwirtschaft (BAFU); Andreas Keel, DACHCOM.CH Geschäftsführer Holzenergie Schweiz; Daniel Furrer, Verband Schweizerischer Schreinermeister und Möbelfabrikanten (VSSM); Titelbild Daniel Ingold, Direktor C edotec, L ignum Office romand; Heinz Holzsortierung im Wald Beer, Vorstandsmitglied Holzbau Schweiz; Jean Rosset, Vertreter © BAFU, Florian Amoser Kantonsoberförsterkonferenz; Roland Wiederkehr, Vorstandsmit- glied Lignum Holzwirtschaft Schweiz; Urban Brütsch, Stv. Direk- PDF-Download tor WaldSchweiz; Urs Luginbühl, Holzindustrie Schweiz (HIS) www.bafu.admin.ch/ui-2103-d Eine gedruckte Fassung kann nicht bestellt werden. Ansprechpartner BAFU Michael Reinhard, Tel. +41 58 46 96911, Diese Publikation ist auch in französischer und englischer michael.reinhard@bafu.admin.ch Sprache verfügbar. Die Originalsprache ist Deutsch. Alfred W. Kammerhofer, Tel. +41 58 46 30308, alfred.kammerhofer@bafu.admin.ch © BAFU 2021
Inhaltsverzeichnis Abstracts6 Vorwort7 Zusammenfassung9 1 Fakten und Zahlen 13 2 Einleitung 17 3 Megatrends 19 4 Positionierung 23 5 Schweizer Wald-, Holz- und Holzenergiewirtschaft 29 6 Ressourcenpolitik Holz 2030 33 7 Aktionsplan Holz 2021–2026 39 8 Bioökonomie, Kreislaufwirtschaft und Kaskaden- 47 nutzung Anhang 1 Holzfluss 51 Anhang 2 Zielindikatoren und -grössen 52 Anhang 3 Ausgewählte Projekte des Aktionsplans Holz 56 2017–2020 Anhang 4 Politische Vorstösse 60 Anhang 5 Holzförderung Bund und Kantone 61 Glossar 66 Abkürzungsverzeichnis71 Literaturverzeichnis73 Bildnachweise76
Ressourcenpolitik Holz 2030 © BAFU 2021 6 Abstracts The Wood Resource Policy supports Switzerland’s sustainable development strategy. It Keywords: makes significant contributions to forest, climate, energy and regional policy and other Wood Resource Policy, Wood sectoral policies, and also to the Sustainable Development Goals of the UN. The Federal Action Plan, sustainable wood Office for the Environment (FOEN) is the lead agency for this policy. It is implemented with supply, resource-efficient wood relevant partners mainly through the Wood Action Plan with its two priority areas: Swiss use, cascade use, innovation, wood value added and Climate-Appropriate Buildings, and the cross-cutting themes: communication, forestry and tim- Communication and Innovation. ber value-added networks, bio economy, bio-based development Die Ressourcenpolitik Holz (RPH) unterstützt die Strategie der nachhaltigen Entwicklung Stichwörter: der Schweiz. Sie leistet signifikante Beiträge zur Wald-, Klima-, Energie- und Regional Ressourcenpolitik Holz, politik und zu weiteren Sektoralpolitiken wie auch zu den nachhaltigen Entwicklungs A ktionsplan Holz, nachhaltige zielen der UNO. Dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) kommt dabei die Führungsrolle zu. Holzbereitstellung, ressourcen Zur Umsetzung dient in Zusammenarbeit mit Partnern insb. der Aktionsplan Holz (RPH) effiziente Holzverwertung, mit den zwei Schwerpunkten «Wertschöpfung Schweizer Holz» und «Klimagerechte Kaskadennutzung, I nnovation, Bauten» sowie den Querschnittthemen «Kommunikation» und «Innovation». Kommunikation, Wert schöpfungsnetzwerke Wald und Holz, Bioökonomie, biobasierte Entwicklung La politique de la ressource bois soutient la Stratégie pour le développement durable Mots-clés : 2030. Elle apporte une contribution substantielle à différentes politiques sectorielles, Politique de la ressource bois, en particulier les politiques forestière, climatique, énergétique et régionale, ainsi qu’aux plan d’action bois, façonnage Objectifs de développement durable des Nations Unies. Placée sous l’égide de l’Office durable du bois, valorisation fédéral de l’environnement, la politique de la ressource bois est mise en œuvre en col- efficace de la ressource bois, uti- laboration avec des partenaires, notamment au moyen du plan d’action bois. Ce dernier lisation en cascade, innovation, s’articule autour des priorités « Valeur ajoutée du bois suisse » et « Construction res- réseaux de valeur ajoutée des pectueuse du climat » et des thèmes transversaux « Communication » et « Innovation ». forêts et du bois suisse, bioéco- nomie, développement biosourcé La politica della risorsa legno sostiene la strategia per lo sviluppo sostenibile della Parole chiave: Svizzera. Fornisce importanti contributi per la politica forestale, climatica, energetica e politica della risorsa legno, pia- regionale, altre politiche settoriali come pure per il raggiungimento degli obiettivi di svi- no d’azione Legno, messa a luppo sostenibile dell’ONU. L’Ufficio federale dell’ambiente (UFAM) assume in tal ambito disposizione duratura del legno, il ruolo guida. Per l’attuazione in collaborazione con i partner si appoggia in particola- valorizzazione del legno rispet- re sul piano d’azione Legno, che pone l’accento sui due punti chiave «Valore aggiunto tosa delle r isorse, utilizzo a del legno svizzero», «Edilizia rispettosa del clima» e sui due temi trasversali «Comuni- cascata, innovazione, comunica- cazione» e «Innovazione». zione, rete di creazione di valore aggiunto bosco-legno, bioecono- mia, s viluppo su base biologica
Ressourcenpolitik Holz 2030 © BAFU 2021 7 Vorwort Alle drei Sekunden wächst im Schweizer Wald ein Kubikmeter Holz; auf einer Fläche, die 32 Prozent der Schweiz ausmacht. Ohne künstliche Dünger und auf natürliche Weise. Dieser erneuerbare und klimaneutrale Rohstoff Holz kann einen wesentlichen Beitrag leisten, um die Schweiz von einer fossil- in eine biobasierte Gesellschaft und Wirtschaft zu transformieren. Darum engagiert sich der Bund unter der Federführung des Bun- desamtes für Umwelt (BAFU) seit 2008 mit der Ressourcenpolitik Holz (RPH) für eine nachhaltige Bereitstellung und effiziente Verwertung von Holz aus dem Schweizer Wald. Grundlage dafür ist die Waldpolitik des Bundes für eine kohärente Politik inner- und ausserhalb des Waldes. Die Klimaerwärmung stellt Umwelt, Gesellschaft und zunehmend auch die Wirtschaft vor weitreichende Herausforderungen. Schadholzmengen nehmen zu. Holzangebot und Nachfrage klaffen dadurch auseinander. Und doch boomt der Holzbau in der Schweiz. Holzbauten haben in den Städten Einzug gehalten und sind aus der aktuellen Baukultur nicht mehr wegzudenken. Die Eigenschaften des Holzes erlauben es, Siedlungen nach- haltig weiterzuentwickeln und zu verdichten. Die Ressourcenpolitik Holz unterstützt die Klima- und Energiepolitik des Bundes, denn wenn im Hochbau im grossen Stil emissions- und energieintensive Materialien mit Bau- und Brennstoffen aus einheimischem Holz substituiert werden, entlastet dies die Klima- und auch Energiebilanz der Schweiz. Dabei kommt der öffentlichen Hand eine wichtige Rolle zu, indem sie Baustandards definiert, Beschaffungsrichtlinien formuliert, als vor- bildliche Bauherrin agiert und steuerliche Anreize setzt. Da die Schweizer Wald-, Holz- und Holzenergiewirtschaft einen wichtigen Wirtschaftsfaktor in den ländlichen Räumen und Berggebieten darstellt, ist eine verstärkte Holznutzung und -verarbeitung auch im Sinne der neuen Regional- und Raumentwicklungspolitik von Bund und Kantonen. Der Aktionsplan Holz (APH) ist das wichtigste Umsetzungsinstrument der Ressour- cenpolitik Holz. Die Evaluationen zeigen, dass der Aktionsplan Holz substanziell dazu beigetragen hat, die Ziele der Ressourcenpolitik Holz und damit auch Teilziele anderer Sektoralpolitiken zu erreichen. Die Ressourcenpolitik Holz öffnet sich neuen Akteuren, um Anwendungen von Holz aus dem Schweizer Wald weiter voranzubringen. Es ist erfreulich, dass in dieser Phase nebst dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und dem Bundesamt für Energie (BFE) auch weitere Bundesämter mit der Ressourcenpolitik Holz Synergien sehen für mög liche gemeinsame und partnerschaftliche Umsetzungen. Sei dies in der eidgenössischen Wohnungspolitik, in der Kulturpolitik oder in der Raumordnungs- und Agrarpolitik. Katrin Schneeberger Direktorin Bundesamt für Umwelt (BAFU)
Ressourcenpolitik Holz 2030 © BAFU 2021 8 Holz eignet sich dank seines geringen spezifischen Gew ichts ausgezeichnet für Aufstockungen und Verdichtungen. Neues Dach eines Mehrfamilien hauses in Lausanne (VD).
Ressourcenpolitik Holz 2030 © BAFU 2021 9 Zusammenfassung Einleitung Hauptziel Der Wald bedeckt ein Drittel der Schweizer Landesfläche. Die Ressourcenpolitik Holz leistet einen grossen Beitrag Hier wächst eine der wichtigsten natürlichen Ressourcen an die Ziele der Wald-, Umwelt-, Klima- und Energiepolitik der Schweiz: der klimaneutrale und nachwachsende Roh- und fördert die nachhaltige Entwicklung der Schweiz. stoff Holz. Sowohl die Waldbewirtschaftung als auch die Holzgewinnung erfolgen in einer für das Ökosystem scho- Dank kooperativem, nachhaltigem und marktorientiertem nenden und nachhaltigen Weise. In Schweizer Wäldern Handeln erschliesst die Branche die Wertschöpfung aus wird nicht gedüngt, die Wälder verjüngen sich mehrheitlich dem Schweizer Wald und Holz optimal. natürlich und es wird geerntet, was wieder nachwächst. Für die Forstbetriebe ist Holz nach wie vor die wichtigs- te Einnahmequelle. Ziele Die Ressourcenpolitik Holz verfolgt drei Ziele: Positionierung 1. Die Verwendung von Schweizer Holz und Holzprodukten nimmt zu. Mit der Ressourcenpolitik Holz (RPH) besteht ein eigen- 2. Holz und Holzprodukte aus der Schweiz werden auf ständiges Handlungsprogramm, das die Ziele der Wald-, allen Stufen nachhaltig und nachfragegerecht bereit- Klima- und Energiepolitik sowie die Sustainable Develop- gestellt, verarbeitet und verwertet. ment Goals (SDGs) unterstützt. Sie versteht sich im glo- 3. Innovationskraft sichert die Wettbewerbsfähigkeit der balen Kontext verschiedener Megatrends und leistet Wald-, Holz- und Holzenergiewirtschaft. Beiträge an mehrere Sektoralpolitiken des Bundes. Das federführende Bundesamt für Umwelt (BAFU) setzt Aktionsplan Holz darüber hinaus auf die Zusammenarbeit mit anderen Bun- desämtern, der Wald-, H olz- und Holzenergiebranche Das Umsetzungsprogramm zur Ressourcenpolitik wird sowie mit den Kantonen und weiteren Akteuren, welche für weitere sechs Jahre aufgesetzt und fördert innovative den Einsatz von Schweizer Holz fördern. Projekte, die den Einsatz von Schweizer Holz stärken und entwickeln (Art. 34 a und 34 b Waldgesetz WaG). Es reagiert auf aktuelle Herausforderungen wie das vermehrt Vision anfallende Schadholz, das aufgrund von Stürmen, Tro- ckenheit und Käferbefall anfällt, indem neue Verwertungs- In Zukunft prägt Holz die Bau- und Wohnkultur und und Einsatzbereiche wie holzbasierte Bioproduktewerke beeinflusst die Lebensqualität positiv. Dies wird getra- in den Fokus rücken. gen von einer Branche, welche sich für den Aufbau einer auf erneuerbaren Ressourcen basierenden Gesellschaft engagiert. Sie arbeitet umwelt- und sozialverträglich, ist Schwerpunkte regional verankert und national wie international wett bewerbsfähig. Das Holz aus Schweizer Wäldern wird Der Fokus des Aktionsplans Holz liegt auf den zwei ganzheitlich und mehrfach genutzt. Schwerpunkten «Wertschöpfung Schweizer Holz» und «Klimagerechte Bauten».
Ressourcenpolitik Holz 2030 © BAFU 2021 10 Der Aktionsplan Holz fördert Kommunikationsprojekte zu den zwei Schwerpunkten. Die Innovation bildet ein wich- tiges Element bei der Programmumsetzung. Organisation Das BAFU steuert und leitet den Aktionsplan Holz. Ein Begleitgremium mit Vertretungen aus der Wald-, Holz- und Holzenergiewirtschaft, aus anderen Bundesstellen, den Kantonen, dem Natur-/Umweltschutz, der Immobilien branche und der Kommunikation berät in strategischen Fragen. Ein fachliches Expertengremium unterstützt bei der Beurteilung von Projektgesuchen.
Ressourcenpolitik Holz 2030 © BAFU 2021 12 Diese Traubeneiche (Quercus petrea) im Wirt- schaftswald bei Olten (SO) ist ein Mehrfamilienhaus für Specht und Bodenbewohner.
Ressourcenpolitik Holz 2030 © BAFU 2021 13 1 Fakten und Zahlen Der Schweizer Wald … Das Schweizer Holz … • bedeckt ein Drittel der Landesfläche; • wächst durchschnittlich 80 bis 120 Jahre, bis es geern- • besteht aus mehr als 500 Mio. Bäumen; tet wird; • besteht zu fast 70 Prozent aus Nadelbäumen und zu • gedeiht natürlich ohne Dünger und grundsätzlich ohne 30 Prozent aus Laubbäumen; umweltgefährdende Stoffe; • wächst jährlich um die Grösse des Zugersees oder täg- • wächst in drei Sekunden zu einem Würfel von einem lich um 15 Fussballfelder; Meter Kantenlänge; • produziert jährlich mehr als einen Kubikmeter Holz pro • wird jährlich im Umfang von rund 5 bis 6 Millionen Kopf der Bevölkerung; Kubikmetern geerntet; • enthält 350 Kubikmeter Holzvorrat pro Hektar, einen • besteht heute in tiefen Lagen zu 40 Prozent aus jungen der Höchsten Europas; Buchen; die Buche wird in 40 bis 60 Jahren im Schwei- • liefert seit Jahrzehnten mehr Holz als geerntet wird; zer Wald die dominierende Baumart sein; • steht durch Stürme, Hitze und Trockenheit sowie Para- • ersetzt als Kubikmeter Energieholz 200 bis 300 Liter siten wegen des Klimawandels unter Druck; leichtes Heizöl; • gehört rund 250 000 Eigentümerinnen und Eigen • liefert heute 12 Prozent der in der Schweiz erzeugten tümern, wovon ca. 3500 öffentliche und der Rest pri- Wärmeenergie; vate sind; • büsst wegen des Klimawandels an Qualität ein, sodass • schützt mit der Hälfte seiner Fläche Siedlungen und für schwache Holzsortimente neue Verwertungspfade Verkehrswege; gesucht werden; • ist Lebensraum von rund 20 000 Tier- und Pflanzen- • ist die Haupteinnahmequelle der hiesigen Forstbetriebe arten, was rund der Hälfte der heimischen Tier- und • ist leicht und bestens geeignet für die bauliche Verdich- Pflanzenarten entspricht. tung von Städten und Agglomerationen; • steckt mittlerweile in fast 10 Prozent der neu konstru- ierten Gebäude.
Ressourcenpolitik Holz 2030 © BAFU 2021 14 Die Schweizer Klimabilanz … • bietet rund 15 000 Lehrstellen in gut 20 Berufen; • hat einen Frauenanteil von 6 Prozent im Wald- und von • profitiert dreimal von Wald und Holz (drei S): 16 Prozent im Holzsektor; − Sequestrierung von CO2 im Wald; • krankt an teils unterbrochenen Wertschöpfungsketten − Speicherung von CO2 in Holzprodukten; und ist gefordert, weggefallene Verarbeitungsstufen − Substitution fossiler Baustoffe und Energieträger mit wieder neu aufzubauen; Holz; • verliert Wertschöpfung aus der Holzverarbeitung, da ca. • Faustregel: 1 Kubikmeter Holz speichert 1 Tonne CO2. ein Fünftel des geernteten Stammholzes exportiert wird; • verzeichnete einen inländischen Holzverbrauch von 11,2 Millionen Kubikmetern im Jahr 2018; Die Schweizer Wald-, Holz- • leistet einen Beitrag an das BIP, der etwa gleich gross und Holzenergiewirtschaft … ist wie jener der erneuerbaren Energien oder derjenige der Urproduktion in der Landwirtschaft ohne nach • beschäftigt rund 95 000 Menschen, viele davon in den gelagerte Wertschöpfungsketten; Randregionen; • erwirkt in der stofflichen Verwertung im Vergleich zur • generiert jährlich rund 6 Mia. Franken Wertschöpfung, energetischen knapp sieben Mal mehr Wertschöpfung also 1 Prozent des Bruttoinlandproduktes; oder sieben Mal mehr Arbeitsplätze. Abbildung 1 Der Kohlenstoffkreislauf Das Treibhausgas Kohlendioxid (CO₂) wird dank Sonneneinstrahlung und mittels Photosynthese umgewandelt. Sauerstoff (O₂) geht in die Atmo- sphäre und Kohlenstoff (C) wird im Holz gespeichert. Am Ende des Lebenszyklus wird das Holz beispielsweise verbrannt und CO₂ gelangt in die Atmosphäre. Holz ist somit über seinen gesamten Lebenszyklus CO₂-neutral. O2 CO2 C C C
Ressourcenpolitik Holz 2030 © BAFU 2021 16 Die Buche (Fagus sylvatica) eignet sich dank hoher Festigkeitswerte hervorragend für t ragende Konstrukt ionen. In Les Breuleux (JU) hat Fagus Suisse ein Produktionszentrum für die Hartholz verarbeitung eröffnet.
Ressourcenpolitik Holz 2030 © BAFU 2021 17 2 Einleitung Im Schweizer Wald wächst die wichtige natürliche Res- Seit 2009 wird die Ressourcenpolitik Holz mit dem source Holz. Auf einem Drittel der Landesfläche wird Aktionsplan Holz umgesetzt. Dabei steht der ökolo- ein erneuerbares, klimaneutrales Naturprodukt produ- gisch und ökonomisch sinnvolle Einsatz von Holz im Vor- ziert, das sowohl stofflich verwertbar (Bau-, Werkstoffe, dergrund. Ressourceneffizient und volkswirtschaftlich Papier/Zellstoff, Chemie) als auch energetisch einsetzbar wünschbar sind insbesondere Nutzungskaskaden oder ist (Wärme, Strom, Treibstoff). Zukünftig könnte Holz als Kreisläufe, die vor einer energetischen eine stoffliche Nut- Lieferant von Kohlenstoff für die chemische und pharma- zung vorsehen. Allerdings fehlen in der Schweiz einzelne zeutische Industrie immer wichtiger werden. Verarbeitungsbereiche für eine lückenlose Kaskade. Bei der energetischen Verwertung von Holz werden solche Inner- und ausserhalb der Landesgrenzen nimmt der Pfade mit einem hohen Gesamtwirkungsgrad angestrebt. Druck auf die natürlichen Ressourcen zu, mit steigen- dem Wohlstand steigt aber ebenso das Bedürfnis der Konsumentinnen und Konsumenten gingen lange davon Bevölkerung nach intakter Natur, nach Sicherheit und aus, dass die in der Schweiz angebotenen Holzprodukte Gesundheit. Die Ressourcenpolitik will eine optimale aus Schweizer Holz sind. Dies trifft vor allem beim Ener- Ressourcennutzung unterstützen. Das BAFU verwendet gieholz zu, bei stofflichen Holzprodukten wie Möbeln oder den Begriff der Ressourcenpolitik synonym für Umwelt- Bauprodukten jedoch nur zur Hälfte. In den letzten Jah- politik. Die R essourcenpolitik Holz formuliert Leitplanken ren setzte die Wald- und Holzbranche gemeinsam mit dem für die nachhaltige Nutzung und die effiziente Verwer- Aktionsplan Holz deshalb den Fokus auf das Schweizer tung des Rohstoffs Holz. Sie berücksichtigt dabei die ver- Holz, damit die Wertschöpfung vermehrt in der Schweiz schiedenen Interessen am Wald, die Ziele der Klima- und stattfindet. Das BAFU verwendet den Begriff Schwei- Energiepolitik sowie der nachhaltigen Entwicklung und zer Holz im Sinne von Holz, welches im Schweizer Wald die Anliegen der Wirtschaft. Eine Bioökonomiestrategie gewachsen ist. Mit Schweizer Holz ist nicht das Label der Schweiz könnte ergänzend den Wandel von einer auf nicht Branche gemeint. erneuerbaren hin zu einer auf erneuerbaren Ressourcen basierenden Wirtschaft und Gesellschaft unterstützen. Die gegen Ende der jeweiligen Programmphasen (2009– 2012, 2013–2016, 2017–2020) durchgeführten Evalua- Der Holzvorrat im Schweizer Wald nimmt stetig zu. Grün- tionen sowie die Rückmeldungen der betroffenen Akteure de hierfür sind kleinstrukturierte Waldeigentumsverhält- zeigen, dass die Ziele der RPH jeweils richtig gesetzt wur- nisse, das Angebotsverhalten der Waldbesitzerinnen und den. Für die Periode bis 2030 wurden die Ziele angepasst: -besitzer, geländebedingt hohe Holzerntekosten wie auch sie konzentrieren sich nun auf die Stärkung der Wert- die schwache Nachfrage nach bestimmten Sortimenten, schöpfungsnetzwerke Wald und Holz. Die Stossrichtung insbesondere nach Laubstammholz. Eine Ressource opti- bleibt unverändert: Es geht darum, zur Lösung aktueller mal zu nutzen, bedeutet, ihr Potenzial auszuschöpfen. In gesellschaftspolitischer Herausforderungen beizutragen, diesem Sinne wird es als notwendig erachtet, dass sich insbesondere zur Schweizer Klima-, Energie- und Regio- der Bund für eine nachhaltige Nutzung und Verwertung nalpolitik. Zur Umsetzung dieser Ziele wird der Aktions- von Schweizer Holz engagiert. Um dieses Anliegen ziel- plan Holz von 2021–2026 fortgeführt. gerichtet umzusetzen, formulierte der Bund 2008 unter der Federführung des BAFU die Ressourcenpolitik Holz. Dies geschah in enger Zusammenarbeit mit den relevan- ten Sektoralpolitiken und der Schweizer Wald-, Holz- und Holzenergiewirtschaft. Sie wurde 2013, 2016 und 2020 aktualisiert.
Ressourcenpolitik Holz 2030 © BAFU 2021 18 Gut ein Drittel des privaten Waldes ist in land wirtschaftlichem Besitz. Rund 80 000 bäuerliche Betriebe besitzen ca. 125 000 Hektaren Wald.
Ressourcenpolitik Holz 2030 © BAFU 2021 19 3 Megatrends Langfristige und globale Wandlungskräfte, die sogenann- Land stiegen die Pro-Kopf-Einkommen durch die wach- ten «Megatrends», lösen tiefgreifende gesellschaftliche, sende globale Vernetzung so stark wie hier. natürliche und technische Umbrüche aus. Unterstützt durch den Aktionsplan Holz wurden in den letzten vier Holz ist als industrielles Produkt dem globalen Markt aus- Jahren Sondernummern und Veranstaltungen zum Thema gesetzt. Demgegenüber gewinnen Werte wie «Heimat» «Megatrends – Stadt aus Holz» durchgeführt. und «Identität» an Bedeutung. Dies manifestiert sich am höheren Stellenwert von lokaler Baukultur, schützenswer- Für den Baumarkt sind vor allem Megatrends in den ten Ortsbildern und intakten Landschaften. Bereichen Technologie, Gesellschaft und Ökologie ent- scheidend. Dies manifestiert sich bereits heute in Ver- schiebungen hin zu Kleinwohnungen, zu steigender Digitalisierung Nutzerdichte oder zu preisgünstigem Wohnen. Digitalisierung bedeutet das Umwandeln von analogen Werten in digitale Formate. In der digitalen Vernetzung Was sind Megatrends? entlang der Wertschöpfungsketten und des gesamten Lebenszyklus von Marktleistungen liegt für die Industrie Megatrends sind die grössten Treiber von Wandlungspro- ein grosses wirtschaftliches Potenzial. Dieses reicht von zessen. Sie sind langfristig wirksam und können über Jahr- Produktivitätssteigerungen über Innovationen bei Pro zehnte Auswirkungen haben. Ein Megatrend beeinflusst dukten und Dienstleistungen bis zu neuen Geschäfts die politische und wirtschaftliche Stellung ganzer Bran- modellen und Prozessen. Die Digitalisierung ermöglicht chen, Organisationen und Länder. die Industrie 4.0. Anders als bei vorherigen technologie getriebenen Umbrüchen geht es dabei nicht um eine Im Auftrag des Bundesrates hat der Rat für Raumordnung einzelne Technik, sondern um die Kombination aus ver- (ROR) 2019 die möglichen Wirkungen von Megatrends auf schiedenen Methoden und digitalen Technologien sowie die Raumentwicklung der Schweiz eingeschätzt und Emp- aus der Vernetzung von Menschen, Produkten, Maschi- fehlungen formuliert. nen, Systemen und Unternehmen, die neue Potenziale erschliessen. Für die Ressourcenpolitik Holz sind acht Megatrends bedeutsam. Das Building Information Modeling (BIM) wurde stark vom Holzbau geprägt. Globalisierung Demografischer Wandel Die Globalisierung ist ein Prozess, in welchem der Han- del mit Gütern und Dienstleistungen grenzüberschreitend Bis 2050 wird die Weltbevölkerung auf 9,3 Milliarden ist und sowohl die Märkte als auch die Produktion in den Menschen wachsen, was einem Drittel mehr entspricht einzelnen Ländern immer stärker voneinander abhängig als noch im Jahr 2000. Gleichzeitig wird es weltweit zum sind. Der Austausch von Waren, Kapital, Personen und ersten Mal mehr 60- als 15-Jährige geben. Der Anteil der Technologie wird erleichtert und verbilligt. Die Schweiz über 64-Jährigen ist von 5,8 Prozent im Jahr 1900 auf zieht einen grossen Nutzen aus der Globalisierung: Sie 18,1 Prozent im Jahr 2017 angestiegen und wird gemäss hat in den letzten Jahren gar von allen Ländern am meis- den Bevölkerungsszenarien des Bundesamts für Statistik ten davon profitiert. Die Schweiz ist eine der am stärksten (BFS) im Jahr 2040 mit 25,6 Prozent ein Viertel der Be vernetzten Volkswirtschaften weltweit. In keinem anderen völkerung ausmachen.
Ressourcenpolitik Holz 2030 © BAFU 2021 20 Dieser demografische Wandel verlangt eine Erneuerung Klimawandel der Immobilien und die Anpassung an die unterschied- lichen Bedürfnisse. Die Nachfrage nach angepassten Die steigenden Temperaturen verursachen Stürme oder Wohnkonzepten wird steigen. Dazu kann der Holzbau mit Starkregen, Hitze und Trockenheit. In den vergangenen seiner modularen, flexiblen Bauweise beitragen. 30 Jahren sind die Temperaturen im Alpenraum fast dop- pelt so stark angestiegen wie im globalen Mittel. Klima modelle lassen annehmen, dass gegen Ende des 21. Urbanisierung Jahrhunderts in der Schweiz sommerliche Trockenperio- den häufiger und intensiver sind und länger andauern. Seit 2008 lebt die Mehrheit der Weltbevölkerung in Städ- Starkniederschläge dürften heftiger werden, tiefe Winter ten. 2030 werden es fünf Milliarden sein. Zahlreiche neue temperaturen hingegen seltener. Megacities mit mehr als zehn Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern werden entstehen. Das führt im Wald zu Veränderungen der Baumarten und letztlich des Holzangebots. Das Tempo der Veränderung Der Urbanisierungsgrad der Schweiz, also der Anteil der ist so hoch, dass die vorhandenen Baumarten nicht die Bevölkerung in Städten, beträgt bereits 85 Prozent und Zeit haben, sich anzupassen, und bei manchen bereits wird weiter wachsen. die Holzqualität abnimmt. Diese Sortimente können durch chemische Verfahren für neue Holzwerkstoffe eingesetzt Auch das Holz, bzw. der Holzbau wurden in den letzten werden. Jahren urbaner. Herausragende Holzbauten wurden ins- besondere in städtischen Gebieten erstellt. Ressourcenknappheit Individualisierung Das Wachstum der Bevölkerung führt unweigerlich zu einer höheren Nachfrage nach endlichen, aber auch nach Der bereits in den 1980er-Jahren aufgekommene Trend erneuerbaren Ressourcen. Ein haushälterischer Umgang zur Individualisierung hat sich verstärkt. Tradierte gesell- mit den Ressourcen ist unumgänglich. Bei den endlichen schaftliche Zuordnungen wie die soziale Schicht, die Ressourcen bietet sich hier das Prinzip der Kreislaufwirt- Religionszugehörigkeit oder das Geschlecht haben an schaft als zielführend an. Bei den erneuerbaren Ressour- Bedeutung verloren. Viele Verpflichtungen, die früher cen steht eine nachhaltige Nutzung im Vordergrund. Eine die Familie übernahm, wurden an die Gesellschaft aus- solche wird von der Schweizer Waldwirtschaft seit über gelagert und obliegen oft dem Staat, etwa die Kinder 100 Jahren praktiziert. betreuung oder die Altenpflege. Vorab in den urbanen Zentren wird das traditionelle Familienmodell immer stär- Der Druck auf den Boden in urbanen Gebieten braucht ker durch Partnerschaften und neue Haushaltsformen ressourcenschonende Lösungen. Verdichten nach innen auf Zeit ersetzt. In der heutigen Multioptionsgesellschaft und in die Höhe lautet das Gebot der Raumentwicklung. sieht sich das Individuum vermeintlich beliebigen Wahl- Dank seines geringen spezifischen Gewichtes ist Holz zum möglichkeiten gegenüber, was viele überfordert. Verdichten von Städten prädestiniert. Parallel dazu gibt es Genossenschaften, die sich für neue Siedlungsformen oder Energieprojekte engagieren. Vie- Ökologisierung le moderne Holzbauten wurden in den letzten Jahren von Wohnbaugenossenschaften errichtet. Da Städte für 70 Prozent aller Treibhausgase verant- wortlich sind, während sie nur 2 Prozent der Landmasse einnehmen, bleibt es im Zuge der Urbanisierung wich- tig, dass Gebäude nachhaltig sind. Grüne Bürogebäude
Ressourcenpolitik Holz 2030 © BAFU 2021 21 sind mit nachhaltigen Energietechnologien ausgestat- tet, beinhalten Konzepte zur Abfallreduzierung und nut- zen natürliches Licht, um die wirtschaftliche, soziale und ökologische Leistung der Immobilie zu verbessern. Von der Produktion bis zum Rückbau, zur Verbrennung und letztlich zur Entsorgung eignen sich dazu Materia- lien mit geringen Schadstoffbeiträgen wie naturbelasse- nes Holz am besten. Fazit Globale Trends sowie das weltweite Bevölkerungswachs- tum treiben die weltweite Nachfrage nach erneuerbaren Materialien an. Denn biobasierte Produkte können nicht nur wiederverwertbar sein, sondern auch erneuerbar. Glo- balisierung und Digitalisierung lassen die Welt zusam- menrücken, doch nur virtuell. Die Rückbesinnung auf das Lokale – als Gegentrend zur Globalisierung – findet auf allen Ebenen statt. Wirtschaftlich nehmen regional her- gestellte Produkte bei Konsumentinnen und Konsumenten zu. Politisch wird lokalen Vorgaben mehr Aufmerksam- keit geschenkt.
Ressourcenpolitik Holz 2030 © BAFU 2021 22 Selbst kleinste Teilchen oder Produktionsabfälle werden in Menznau (LU) wiederverwendet. Bei einem sinnvollen Produktlebensz yklus zuletzt für die Energiegewinnung.
Ressourcenpolitik Holz 2030 © BAFU 2021 23 4 Positionierung Gesetzliche Grundlage allerdings der direkt energetisch verwertete Anteil von Laubholz auf heute gut 70 Prozent zu. Mit der Umset- Das Waldgesetz (SR 921) bildet den gesetzlichen Rah- zung der Ressourcenpolitik Holz soll daher ein Beitrag men für die Ressourcenpolitik Holz. Diese und ihre Umset- dazu geleistet werden, vor der energetischen Verwertung zung sind insbesondere abgestützt auf Artikel 34a WaG weitere wertschöpfende Verwendungen zu finden. zu Absatz und Verwertung von Holz: «Der Bund fördert den Absatz und die Verwertung von nachhaltig produ- ziertem Holz, insbesondere mittels der Unterstützung von Systemgrenzen innovativen Projekten.» Die Systemgrenzen der Ressourcenpolitik Holz erstrecken Ergänzend sind folgende Artikel des WaG relevant: Arti- sich vom Wald, dem Lieferanten der Ressource, über die kel 1 Buchstabe c zum Erhalt der Waldfunktionen, Arti- ganze Wertschöpfung (stofflich, chemisch, energetisch) kel 20 zu den Bewirtschaftungsgrundsätzen, Artikel 31 bis zur Anwendung (Endverbrauch) – einschliesslich der zu Forschung und Entwicklung, Artikel 33 zu Erhebungen am Ende des Nutzungspfades stehenden Wiederverwer- sowie Artikel 34b zu Bauten und Anlagen des Bundes. tung oder der energetischen Verwertung (kaskadenarti- ger Kreislauf). Stellenwert Die Ressourcenpolitik Holz basiert auf der Bundesver- fassung, nämlich auf Artikel 77 respektive auf der im Die Ressourcenpolitik Holz ist ein Handlungsprogramm WaG in Artikel 1 Absatz c definierten Nutzfunktion des des Bundes. Das BAFU hat sowohl die Federführung für Schweizer Waldes und der Überzeugung, dass für eine diese Politik als auch die Verantwortung für die Umset- nachhaltige Entwicklung der Schweiz, wo immer volks- zung, insbesondere des Aktionsplans Holz, in Abstimmung wirtschaftlich sinnvoll, lokale erneuerbare Ressourcen mit den relevanten Akteuren. Hierzu zählen das Bundes- genutzt werden sollen. Aufgrund der anderen Waldfunk- amt für Energie (BFE), das Bundesamt für Raumentwick- tionen und weiterer umweltrelevanter Aspekte können sich lung (ARE), das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO), auch gewisse Konfliktpotenziale ergeben, die dann eine das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW), das Bundesamt Interessensabwägung notwendig machen. Die Ressour- für Kultur (BAK) und das Bundesamt für Wohungswesen cenpolitik möchte auch hierzu den Rahmen bieten. Solche (BWO), die Schweizer Wald-, Holz- und Holzenergiewirt- Interessensabwägungen können beispielsweise zwischen schaft, die Kantone, die relevanten Hochschulen, die der Biodiversitätspolitik, der Bodenpolitik oder der Luft- Immobilienwirtschaft sowie die Umweltverbände. einhaltepolitik und der Ressourcenpolitik Holz notwen- dig werden. Die Ressourcenpolitik Holz ist eine eigenständige, nut- zungsorientierte Politik. Sie weist zahlreiche Überschnei- dungen mit anderen Sektoralpolitiken auf (vgl. Abb. 2). Waldpolitik Die engste Verbindung besteht mit der Waldpolitik, auf die sie eng abgestimmt ist. Sie greift insbesondere jene Das Ziel 1 der Waldpolitik will das nachhaltig nutzba- Ziele der Waldpolitik auf, welche die nachhaltige Holz- re Holznutzungspotenzial ausschöpfen. Die Nutzung der gewinnung betreffen, und definiert anschlussfähige Zie- erneuerbaren Ressource Holz verbessert die CO2-Bilanz le für die nachhaltige Verwertung von Schweizer Holz. Für der Schweiz (durch Speicherung von Kohlenstoff im ver- eine kohärente Politik ist dies insbesondere beim Laub- bauten Holz, durch Substitution fossiler Energieträger und holz notwendig, dessen Anteil im Zuge von Erwärmung nicht erneuerbare Materialien), verhilft Randgebieten zu und Trockenheit wächst. In den letzten zehn Jahren nahm Arbeitsplätzen, trägt in regionalen Wirtschaftskreisläufen
Ressourcenpolitik Holz 2030 © BAFU 2021 24 zur Schonung der Umwelt bei, kann Synergiewirkungen Forstmaschinen. Hier gilt es, die langfristigen Folgen der haben, indem die Politik dadurch die Biodiversität ver- mechanisierten Holzernte für den Waldboden abzuschät- mehrt fördert, sowie einen wichtigen Beitrag zur Kreislauf- zen und das Qualitätsmanagement stets weiterzuentwi- wirtschaft und zur biobasierten Wirtschaftsentwicklung ckeln, damit es einer umfassenden Nachhaltigkeit gerecht (Bioökonomie) leisten. Aber dieses Potenzial wird nicht wird. Die zunehmend frostfreien Winter sind dabei eine vollständig ausgeschöpft. Seit Jahrzehnten wird weniger Herausforderung. Da im Schweizer Wald für die Bewirt- Holz geerntet als nachwächst – insbesondere im Privat- schaftung keine chemischen Stoffe eingesetzt werden, wald und in Gebirgswäldern. So hat die Schweiz im euro- erfährt der Waldboden diesbezüglich keine Belastun- päischen Vergleich einen der grössten Holzvorräte. Dies gen – problematisch sind jedoch die hohen atmosphäri- schwächt die Stabilität der Wälder im Zusammenhang mit schen Stickstoffeinträge. dem Klimawandel. Luftreinhaltepolitik Biodiversitätspolitik Holzfeuerungen produzieren 12 Prozent der Wärme und Da der Schweizer Wald Lebensraum von rund 40 Prozent verursachen einen substanziellen Teil der Feinstaub- aller Tier- und Pflanzenarten in der Schweiz ist, geht es emissionen, wobei bei grossen automatischen Feuerun- um die Abwägung zwischen der natürlichen Waldentwick- gen kaum mehr Emissionen erzeugt werden. Gleichzeitig lung, speziell wertvollen Habitaten sowie ökologischen stammt Holzenergie aus einer erneuerbaren und klimaneu- Infrastrukturen und der Holzproduktion. Erfreulicherwei- tralen Quelle und unterstützt somit die Klima- und Energie- se zeigen die Ergebnisse des Landesforstinventars (LFI) 4, politik des Bundes. Diese gegensätzlichen Effekte werden dass der Schweizer Wald insgesamt ein relativ naturnahes durch entsprechende Anforderungen an die Holzfeuerun- Ökosystem ist. Die Waldverjüngung erfolgt meist natür- gen sowie an deren Kontrolle aufeinander abgestimmt. lich. Naturferne Fichtenreinbestände haben im Mittelland weiter abgenommen. Der Anteil an eingeführten Baumar- ten ist in fast allen Regionen weiterhin sehr klein. Bezüg- Landschafts- und Pärkepolitik lich vieler LFI-Indikatoren steht der Schweizer Wald im europäischen Vergleich an der Spitze. Die Biodiversitäts- Mit der Landschafts- und Pärkepolitik ergeben sich politik strebt im Wald bis 2030 eine Reservatsfläche von vielfältige Schnittstellen: Zum Wald als landschafts- 10 Prozent an, knapp 4 Prozent mehr als heute. relevantes Element und zum Holz mit der nachhaltigen Holzproduktion und der regionalen Wertschöpfung sowie der kulturellen Prägung. Das im Jahr 2020 aktualisierte Bodenpolitik Landschaftskonzept Schweiz äussert konkrete Sachziele bezüglich des Waldes, die auch in die Ressourcenpolitik Der Waldboden hat vielfältige Aufgaben und erbringt einen Holz einfliessen. grossen Nutzen, auch für den Menschen. Zu seinen Leis- tungen gehört die Filterung von sauberem Trinkwasser, der Schutz vor Hochwasser und Überschwemmungen, Abfallpolitik und Kreislaufwirtschaft die Wasser- und Nährstoffversorgung der Bäume und Pflanzen und seine Funktion als grosser Kohlenstoff- In der Schweiz fallen jährlich über 17 Millionen Tonnen speicher.Der Bundesrat hat darum die Bodenstrategie Abfälle aus dem Um- und Rückbau von Bauwerken an. Schweiz sowie ein Massnahmenpaket zur nachhaltigen Heute wird nur ein winziger Teil der noch brauchbaren Sicherung der Ressource Boden 2020 verabschiedet. Die Bauteile in anderen Objekten wieder eingebaut. Um die nachhaltige Nutzung des Rohstoffes Holz verlangt aus Verluste von grauer Energie und Rohstoffen zu reduzie- wirtschaftlichen Gründen sowie aus Gründen der Arbeits- ren, muss die Wiederverwendung im Bauprozess konso- sicherheit nach effizienten Arbeitsverfahren mit modernen lidiert und verstärkt werden. Die Ressourcenpolitik Holz
Ressourcenpolitik Holz 2030 © BAFU 2021 25 verfolgt ebenfalls das Ziel, das Material Holz, als auch die zifischen «NRP-Pilotmassnahmen für die Berggebiete» Holzasche möglichst lang und mit hoher Wertschöpfung sollen die wirtschaftlichen Potenziale in diesen Gebieten und unter Berücksichtigung gesundheitlicher Aspekte im noch besser freigesetzt werden. Stoffkreislauf zu halten. Raumentwicklungspolitik Klima- und Energiepolitik Sie strebt eine «Siedlungsentwicklung nach innen» an, Beide Politiken sind eng verzahnt. Sie zielen darauf ab, die geprägt durch eine qualitätsvolle bauliche Verdichtung vor Energieeffizienz sowie den Anteil an erneuerbaren, klima- allem für Städte und Agglomerationen. Das leichte und neutralen Energieträgern zu erhöhen. Im August 2019 hat flexible Baumaterial Holz und die vorgefertigten Holzbau- der Bundesrat beschlossen, dass die Schweiz bis 2050 systeme sind für diese Aufgabe prädestiniert. nicht mehr Treibhausgase ausstossen soll als natürliche und technische Speicher aufnehmen können; dies bedeu- tet Netto-Null-Emissionen im Jahr 2050. Strategie Nachhaltige Entwicklung (SNE) Die Ressourcen Wald und Holz können zur Schweizer Seit 1997 legt der Bundesrat seine politischen Absich- Klimapolitik auf drei Wegen beitragen: durch die Seques- ten zur Umsetzung der nachhaltigen Entwicklung in der trierung im Wald, durch die Speicherwirkung über Holz- Schweiz in einer Strategie fest. Die Agenda 2030 und ihre nutzung und Verwendung in langlebigen Holzprodukten Ziele für eine nachhaltige Entwicklung (SDGs) bilden den und durch die Substitution von energieintensiveren Mate- Referenzrahmen für die Strategie Nachhaltige Entwick- rialien (drei S: Sequestrierung im Wald, Speicherung in lung 2030. Holzprodukten und Substitution mit Holz). Der erneuer- bare und klimaneutrale Bau- und Energierohstoff Holz unterstützt im Schlüsselsektor Gebäude die Ziele beider Landwirtschaftspolitik Politiken, insbesondere bei grauer Energie, Energieeffi- zienz der Gebäudesysteme und Treibhausgasemissionen. Die Waldwirtschaft und die Landwirtschaft haben viele Im Vergleich zu Massivbauten aus Beton oder Backstein Gemeinsamkeiten. Rund 35 Prozent der Schweizer Lan- verbrauchen Gebäude aus Holz über den ganzen Lebens- desfläche sind landwirtschaftliche Produktionsflächen, zyklus gesehen nur etwa halb so viel CO2 aus. Sehr vie- was einem leicht höheren Anteil entspricht als die Wald- le energieeffiziente Bauten sind ganz aus Holz oder mit fläche. Die Land- wie die Waldwirtschaft gehören zum Holzfassaden- und Dachelementen gebaut, da nahezu die primären Sektor. Ein landwirtschaftlicher Betrieb umfasst gesamte Wand- und Dachstärke für die Dämmung ver- in der Regel auch Wald. Und es gibt landwirtschaftliche wendet werden kann. Betriebe, die auch forstwirtschaftliche Produkte wie Fern- wärme oder Weihnachtsbäume anbieten. Neue Regionalpolitik (NRP) Wohnungspolitik Sie ist auf mehr Wettbewerbsfähigkeit und Wertschöpfung vor allem in den ländlichen Räumen und Berggebieten Das Wohnraumförderungsgesetz (WFG) fördert gemein- ausgerichtet, wo die Schweizer Wald-, Holz- und Holz- nützige Wohnraumträger mittels zinsgünstiger, rück- energiewirtschaft einen wichtigen lokalen Wirtschafts- zahlbarer Darlehen. Bedingungen sind insbesondere faktor darstellt. Einen Schwerpunkt bildet der Bereich energetische Kriterien wie auch der Standard nachhal- Industrie und hier im Speziellen die Förderung regionaler tiges Bauen Schweiz (SNBS) und Aspekte der Hinder- Innovationssysteme. Seit 2020 liegt zudem ein verstärk- nisfreiheit. Im gemeinnützigen Wohnungsbau wird aus ter Fokus auf dem Bereich Digitalisierung und mit spe- Nachhaltigkeitsgründen oft mit Holz gebaut.
Ressourcenpolitik Holz 2030 © BAFU 2021 26 Strategie Baukultur gen Wirtschaft, indem zusätzlich zur Preisorientierung die Kriterien Qualität und Nachhaltigkeit in der Beschaffung Die Ressourcenpolitik Holz hat zahlreiche Überschneidun- von Gütern und Immobilien mitberücksichtigt werden. Die gen mit den Zielen, die der Bund hinsichtlich einer hohen Holzwirtschaft unterstützt die neue Gesetzgebung und Baukultur formuliert hat, angefangen beim kulturellen engagiert sich für deren gezielte Anwendung. Erbe bis zur Innovation – beim Bauen und Konstruieren als auch im Bereich berufliches Handwerk. In der Vision Die Koordinationskonferenz der Bau- und Liegenschafts- strebt die Ressourcenpolitik Holz an, dass Holz prägen- organe der öffentlichen Bauherren (KBOB) vereinigt die der Teil der schweizerischen Bau- und Wohnkultur ist. Dies öffentlichen Bauherrschaften der Schweiz. passt ideal mit der Strategie Baukultur 2020 zusammen. Die KBOB-Fachgruppe «Nachhaltiges Bauen» verfasst Empfehlungen, welche den Schutz der Umwelt, die sozia- Öffentliches Beschaffungswesen len Bedürfnisse und die wirtschaftliche Effizienz über den gesamten Lebenszyklus bei Bauleistungen zu berücksich- Die neue gesetzliche Grundlage für die öffentliche tigen haben. Unter anderem erschien im 2020 die Emp- Beschaffung (BöB) unterstützt die Ziele einer nachhalti- fehlung «Nachhaltiges Bauen mit Holz». Abbildung 2 Einbettung und Abgrenzung der Ressourcenpolitik Holz Landschaftspolitik Klimapolitik und Pärkepolitik Biodiversitäts- politik Wohnungspolitik Strategie Energiepolitik Baukultur Luftreinhalte- politik Sicherheitspolitik Naturgefahren Waldpolitik Ressourcenpolitik Holz Bodenpolitik Nachhaltiges Landwirtschafts- Beschaffen politik Strategie Kreislaufpolitik Nachhaltige Entwicklung Abfallpolitik Neue Raumentwicklungs- Regionalpolitik politik
Ressourcenpolitik Holz 2030 © BAFU 2021 27 Weitere Strategien und Konzepte Nennenswerte Beiträge kann die Ressourcenpolitik Holz auch zu den Themen Grüne Wirtschaft und Cleantech leisten. Mit der neuen Holzhandelsverordnung schafft die Schweiz eine eine Regelung, die gleichwertig ist wie diejenige der Europäischen Union (EU), womit ein Auftrag des Par- laments erfüllt wird. Kern der Verordnung ist eine neue Pflicht für jene, die Holz und Holzerzeugnisse erstmals in Verkehr bringen: Sie müssen nachweisen, dass sie die gebotene Sorgfalt angewendet haben. Des Weite- ren besteht ein Zusammenhang zur zur wirtschaftlichen Landes versorgung des gleichnamigen Bundesamtes (BWL), die auch die Energieversorgung in Krisenzeiten sicherstellt. Energie aus Holz ist hier ein relevanter Faktor. Bei den bundeseigenen Bauten sorgt das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) dafür, dass gemäss Artikel 34b des WaG beim Bauen und bei der Beschaffung nachhal- tig produziertes Holz gefördert wird. Auch die Schnittstellen mit Akteuren aus Forschung und Praxis werden aktiv bearbeitet. Stellvertretend ist das breit abgestützte Netzwerk Swiss Wood Innovation (S-WIN) zu erwähnen. In diesem Netzwerk sind sämtliche massgeblichen Fachhochschulen und universitären Ins- titutionen sowie die Wirtschaft im Bereich Forst und Holz vertreten. Es unterstützt Forschungs- und Entwicklungs- aktivtäten in sämtlichen Bereichen der Wertschöpfungs- kette mit gezieltem Wissen und Technologietransfer. Auch die Erkenntnisse aus dem nationalen Forschungspro- gramm «Ressource Holz» NFP 66 werden aufgegriffen und in das Programm integriert.
Ressourcenpolitik Holz 2030 © BAFU 2021 28 Holz ist ein erneuerbarer klimaneutraler Rohstoff. Er speichert Kohlenstoff in Produkten, substituiert andere Werk- und Energiestoffe mit hoher grauer Energie und wirkt als Senke (Sequestrierung) von Kohlenstoff im Wald.
Ressourcenpolitik Holz 2030 © BAFU 2021 29 5 Schweizer Wald-, Holz- und Holzenergiewirtschaft Waldwirtschaft die dominierende Baumart im Schweizer Wald sein. Beim Laubholz hat in den letzten zehn Jahren das Energieholz- Die Waldwirtschaft ist im Gegensatz zur Holzwirtschaft sortiment stetig bis auf über 70 Prozent zugenommen. auf lange Produktionszeiträume angelegt. Während im Beim Nadelholz ist es umgekehrt, hier nimmt das Stamm- Wald in Zyklen von 80 bis 120 Jahren gewirtschaftet wird, holz einen Anteil von 70 Prozent ein. Mit rund 350 Kubik- ändern sich Trends und Nachfrage nach Holzprodukten metern Holz pro Hektare zählt der Schweizer Wald nach teilweise jährlich. Umso anspruchsvoller ist es, heute wie vor zu den vorratsreichsten Wäldern Europas. Dazu Entscheidungen über den Aufbau eines künftigen Wal- trägt das hohe Starkholzvorkommen bei, das vielenorts des zu treffen, der alle Waldfunktionen langfristig sichert über 80 Prozent beträgt. Je älter ein Baumbestand, desto und gleichzeitig die künftige Nachfrage des Holzmarktes grösser das Risiko für Stabilitätsverlust und desto gerin- bedient. Hinzu kommt, dass die Auswirkungen des Klima- ger die Holzqualität. wandels auf den Wald ein weiterer Unsicherheitsfaktor für die Schweizer Wald- und Holzwirtschaft sind. Nicht nur in Auch der Klimawandel zeitigt negative Auswirkungen auf der Schweiz, auch global fallen immer grössere Schad- den Schweizer Wald. Er läuft zudem so schnell ab, dass holzmengen an aufgrund von Stürmen, Trockenheit, Hitze fraglich ist, ob sich der Wald ohne menschliche Eingriffe und insbesondere dem darauffolgenden Käferbefall, was daran anpassen und seine vielfältigen Leistungen weiter- den heimischen wie auch den europäischen Holzmarkt hin erbringen kann. In der Schweiz beträgt die Erwärmung stark unter Druck setzt. So hat sich die M enge des vom seit Beginn der Industrialisierung bereits rund 1,9° C. Die- Buchdrucker befallenen Fichtenholzes innerhalb eines se Erwärmung verschiebt die Vegetationszonen um 500 Jahres auf 1,4 Millionen Kubikmeter im Jahr 2019 verdop- bis 700 Höhenmeter nach oben. So werden in tiefer gele- pelt und den zweithöchsten je registrierten Stand erreicht. genen Bergwäldern, in denen heute Nadelbäume domi- nieren, künftig mehr Laubbäume gedeihen. Steigende In diesem Spannungsfeld sind ein optimales Verhältnis Temperaturen und zunehmende Trockenheit während der zwischen Nadel- und Laubholzarten, zwischen Qualitä- Vegetationszeit setzen die Bäume unter Stress, erhöhen ten und Sortimenten sowie eine kontinuierliche Waldver- die Waldbrandgefahr und fördern den Befall durch Schad- jüngung notwendig, damit der Schweizer Wald vital und organismen. Betroffen ist zum Beispiel die Fichte, die bei resilient bleibt und das Holz eine Nachfrage mit inländi- anhaltender Trockenheit stärker vom Borkenkäfer befal- scher Verarbeitung findet. Die Wertschöpfungskette Wald len wird. Waldeigentümerinnen und -eigentümer förder- und Holz in der Schweiz funktioniert langfristig nur, wenn ten den Brotbaum Fichte lange in den tieferen Lagen, wo Angebot und Nachfrage aufeinander abgestimmt werden. wo sich natürlicherweise Laub- oder Laubmischwälder befinden würden. Mit der Klimaerwärmung wird die Fich- Die Waldfläche in der Schweiz nimmt seit über 150 Jah- te künftig in tieferen Lagen seltener, während trocken- ren kontinuierlich zu. Die Zunahme findet vor allem im heitstolerantere Arten wie die Traubeneiche dort immer Alpenraum und in den Voralpen statt, wo verlassene Alp- bessere Bedingungen finden werden. Die letzten, von Hit- weiden wieder zu Wald werden. Auch der Holzvorrat hat ze und Trockenheit geprägten Jahre haben gezeigt, dass primär im Alpenraum zugenommen. Im gut erschlossenen auch die Buche darunter stark leidet. So steht die Wald- Mittelland hat er indes abgenommen, insbesondere jener und Holzwirtschaft vor einer besonderen Herausforde- der Fichte. Sie ist wirtschaftlich zurzeit noch immer die rung, weil der Schweizer Wald und sein wichtiges Produkt wichtigste Baumart und macht fast die Hälfte der gesam- Holz einerseits durch die CO2-Speicherwirkung wertvolle ten Holznutzung aus. Im Jungwald nimmt hingegen der Beiträge im Sinne der Klimapolitik leisten kann, anderer- Buchenanteil markant zu und die Buche wird in Zukunft seits der Wald selbst stark vom Klimawandel betroffen ist.
Ressourcenpolitik Holz 2030 © BAFU 2021 30 Die zahlreichen sehr kleinen privaten Waldeigentums markt und vom Holzbauboom profitieren. Der Stammholz- flächen erschweren eine effiziente Bewirtschaftung. Von einschnitt stagniert bzw. ist leicht steigend, die Anzahl den rund 245 000 privaten Waldeigentümern und -eigen- Sägewerke nimmt seit Jahren leicht aber konstant ab. Die tümerinnen ist gerade einmal bei einem Fünftel die Holz Gründe liegen unter anderem in der teilweise mangelnden ernte ein wichtiger Faktor. Zwei Drittel der Schweizer Konkurrenzfähigkeit von Waldwirtschaft und Holzindust- Wälder gehören 3500 öffentlich-rechtlichen Körper- rie gegenüber den europäischen Mitbewerbern. Deutlich schaften. 92 Prozent davon bewirtschaften ihren Wald, zulegen konnte die Holzindustrie hingegen bei der Pro- die Mehrheit in Eigenregie. Ihr wichtigstes Ziel ist es, duktion von Halbfabrikaten, speziell von Leimholz. einen gesunden und stabilen Wald zu erhalten. Eben- falls bedeutsam ist die Holzproduktion – nebst gutem Betrachtet man den Holzmarkt genauer, zeigt sich, dass Trinkwasser und der Biodiversität. Gemäss den aktuel- in Schweizer Ein- und Mehrfamilienhäusern, öffentli- len Auswertungen des Landesforstinventars (LFI) nimmt chen Gebäuden und Gewerbebauten im Jahr 2016 rund die Bewirtschaftungsintensität insgesamt in den letz- 900 000 Kubikmeter Holz verbaut wurden. 2009 lag die- ten Jahren kontinuierlich ab. 21 Prozent der Waldfläche ses Volumen noch bei 750 000 Kubikmetern. Das ent- gelten als nicht bewirtschaftet. Die Wälder in den Tief- spricht einer Zunahme von knapp 20 Prozent in sieben lagen des Mittellands und des Juras werden intensiv, in Jahren. Zwischen 2012 und 2016 waren es die öffentli- den Hochlagen der Voralpen und Alpen dagegen weni- chen Bauten und die Mehrfamilienhäuser, bei denen das ger oder nur punktuell bewirtschaftet und gepflegt. Ein Holz besonders zulegte. Grund sind die hohen Bewirtschaftungskosten. Seit den 1980er-Jahren sind die Schweizer Forstbetriebe mehr- Insgesamt entwickeln sich die Schreiner- und Holzbau- heitlich defizitär. Auch politische Einflüsse tragen dazu branche positiv. Bauwirtschaftlich betrachtet haben sie bei, dass nicht immer kostendeckend gewirtschaftet wird. die Themenführerschaft und die Umsetzung in der digi- So basieren Personalbestand, Maschinenausstattung und talen Fertigung übernommen. Sie verfügen über ausge- Strukturen kommunaler Forstbetriebe oft nicht nur auf wiesene Kompetenzen von der Planung, Fertigung bis zur betriebswirtschaftlichen Überlegungen und unternehme- Montage ihrer Produkte. Die digitale Fertigungstechno- rischem Handeln. logie ist ausgereift und leistungsfähig. Insbesondere im Bauen mit Holz konnten interessante und volumenstar- Auch die verschiedenen Erwartungen der Gesellschaft, ke Marktfelder wie das mehrgeschossige Bauen mit Holz insbesondere an den Wald als Erholungsraum, erschwe- erschlossen werden, was die Nachfrage nach verleimtem ren manchmal eine effiziente Bewirtschaftung. Konstruktionsholz und Holzwerkstoffen markant erhöht. Im Vergleich zur Produktequalität und in Bezug auf den Investitionsbedarf sind aber auch in diesen Branchen die Holzwirtschaft Margen unbefriedigend und die Strukturen der Betriebe teilweise zu kleinteilig. Im Jahr 2018 hat Lignum, der Dachverband der Wald- und Holzbranche, mit Unterstützung des BAFU die Organisa- Eine positive Mengenentwicklung in der Holzverarbei- tion Marketing Schweizer Holz (MSH) gegründet. MSH hat tung scheint möglich, falls die Nachfrage nach Schwei- zum Ziel, dass Schweizer Holz vermehrt verwendet wird. zer Holzprodukten weiter zunimmt und die Holzindustrie Einerseits wurde die erfolgreiche Kampagne «#WOOD- diese Nachfrage befriedigen kann, indem sie weiter in die VETIA – Aktion für mehr Schweizer Holz» 2019 in die Verarbeitungskapazitäten und Dienstleistungen investiert. MSH-Kampagne «Woodvetia – das Land der Holzvielfalt» Die Mehrproduktion an Halbfabrikaten hilft letztlich auch überführt. Andererseits positionierte MSH mit dem Label den Waldbesitzerinnen und -besitzern. Schweizer Holz die Herkunft breiter – inklusive Umwelt- aspekten. Die Schweizer Wald- und Holzwirtschaft ( erste Der Verbleib der Papier- und Holzwerkstoffindustrie in der und zweite Verarbeitungsstufen) konnten in den letzten Wertschöpfungskette ist strategisch von hoher Bedeu- Jahren nur bedingt von der guten Ausgangslage am Bau- tung, denn eine Sägerei kann ohne Erträge aus dem
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