Schulentwicklungs-maßnahmen - wirkungsvoll gestalten Qualitätskriterien für Werkstätten der Deutschen Schulakademie
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Corinna Gottmann Anna Gronostaj Maren Krempin Simon Moses Schleimer Hans Anand Pant Schulentwicklungs- maßnahmen wirkungsvoll gestalten Qualitätskriterien für Werkstätten der Deutschen Schulakademie
Inhalt 1 Einleitung ......................................... 04 Lehrkräfteprofessionalisierung 2 und Schulentwicklung .................. 06 3 Rahmen ............................................. 11 4 Impuls ................................................ 17 5 Reflexion und Resonanz .............. 22 6 Prozess ............................................. 27 7 Fazit ................................................... 31 8 Literatur ............................................ 32
03 Für mehr gute Schulen! Unter dem Motto „Für mehr gute Schulen!“ haben es sich die Robert Bosch Stiftung und die Hei- dehof Stiftung zum Ziel gesetzt, die Qualität von Schule und Unterricht in Deutschland nachhaltig zu verbessern. Die beiden Stiftungen unterstützen bundesweit Schulen bei ihrer Schulentwick- lung und bieten dazu praxisorientierte Programme für alle Schularten an. Im Mittelpunkt steht da- bei die hervorragende pädagogische Arbeit, die viele gute Schulen in Deutschland bereits leisten. Diese Leuchttürme zeichnen die beiden Stiftungen seit 2006 mit dem Deutschen Schulpreis aus und machen exzellente Praxis damit sichtbar. Die Deutsche Schulakademie, eine Tochter der Ro- bert Bosch Stiftung und der Heidehof Stiftung, bereitet die Konzepte der ausgezeichneten Schu- len auf und organisiert auf dieser Grundlage Fortbildungsmaßnahmen und Schulentwicklungsan- gebote, um mit dem Wissen aus den Preisträgerschulen anderen Schulen Impulse zu geben, die eigene Schulentwicklung in die Hand zu nehmen. Das Deutsche Schulportal stellt als Online-Platt- form die erfolgreichen Konzepte der Preisträgerschulen einer breiten Öffentlichkeit vor. Dem Engagement für mehr gute Schulen der Stiftungen und der Schulakademie liegt der An- spruch zugrunde, dass alle Kinder und Jugendlichen die gleichen Chancen durch eine qualitativ gute Bildung bekommen – unabhängig von Herkunft und sozialem Status. Bei der Frage, was eine gute Schule ausmacht, orientieren sich die drei Institutionen an einem umfassenden Verständnis von Bildung und Lernen, das in den sechs Qualitätsbereichen des Deutschen Schulpreises be- schrieben ist. www.deutscher-schulpreis.de Auszeichnung hervorragender pädagogischer Arbeit und innovativer Schulkonzepte www.deutsche-schulakademie.de Fortbildungsmaßnahmen und Entwicklungsangebote für Schulen www.deutsches-schulportal.de Online-Plattform für erfolgreiche Praxiskonzepte und aktuelle Themen rund um schulische Bildung
04 1 Einleitung Mehr gute Schulen! Das ist das Ziel der Deut- Für die Entwicklung der DSA-Werkstätten wur- schen Schulakademie (DSA). Der Ansatz der DSA den empirische Befunde und theoretische Mo- ist es, mit den ausgezeichneten Konzepten der delle zur Professionalisierung von Lehrkräften, Preisträgerschulen des Deutschen Schulpreises zur Schulentwicklung und zur Implementation zu arbeiten. Wir bereiten diese exzellente Pra- von Schulentwicklungsvorhaben systematisiert xis mit Hilfe von Wissenschaftler*innen auf und (z. B. Altrichter, 2019; Darling-Hammond, Hyler machen den Transfer an Schulen möglich, die & Gardner, 2017; Fullan, 2010; Gaumer Erickson, sich weiterentwickeln möchten. Dieser beson- Noonan, Brussow & Carter, 2016; Holtappels, dere Ansatz ist in der deutschen Bildungsland- 2016; Kalinowski, Egert, Gronostaj & Vock, 2020; schaft einmalig. Grundlage unserer Arbeit sind Lipowsky, 2014; Lipowsky & Rzejak, 2015). Also die Praxiserfahrungen der Preisträgerschulen wird eine theoriegeleitete und forschungsba- und die sechs Qualitätsbereiche des Deutschen sierte Perspektive auf Schulentwicklungsmaß- Schulpreises (Leistung, Umgang mit Vielfalt, nahmen eingenommen. Herauskristallisiert ha- Unterrichtsqualität, Verantwortung, Schulklima, ben sich zehn Qualitätskriterien für Werkstät- Schulleben und außerschulische Partner, Schule ten, an denen sich Konzeption und Gestaltung als lernende Institution; Beutel, Höhmann, Pant aller Fortbildungsangebote der DSA orientieren. & Schratz, 2016). Grundsätzlich werden die Angebote der DSA von den Werten und dem Esprit der Preisträgerschu- Die Angebote der DSA unterstützen Schulen bei len des Deutschen Schulpreises getragen. aktuellen Herausforderungen mit erprobten Praxismodellen und ungewöhnlichen Lösungs- Das vorliegende Dokument ist entstanden, um wegen. Ziel ist es, die professionellen Kompe- die (Weiter-)Entwicklung und Durchführung von tenzen und den Willen zur Schulentwicklung zu Werkstätten der DSA unterstützend zu begleiten fördern. Wir bieten Schulen Fortbildungs- und – als Ausgangspunkt für die Entwicklung, als Ori- Schulentwicklungsformate an, die mit Schul- entierungshilfe und als Inspiration für die Aus- praktiker*innen entwickelt und bereits erfolg- gestaltung unserer Angebote. So kann das Doku- reich erprobt wurden. ment beispielsweise dabei helfen, verschiedene Perspektiven auf Schulentwicklungsfortbildung Ein zentrales Angebot der DSA sind „Werk- aufzugreifen und ein gemeinsames Verständ- stätten“ – mehrjährig angelegte Schulentwick- nis qualitativ hochwertiger und wirkungsvoller lungsprogramme. Sie haben zum Ziel, dass an Fortbildungs- und Schulentwicklungsprogram- den Schulen der Teilnehmer*innen nachhaltige me zu entwickeln. Auf dieser Grundlage kön- Schulentwicklung im Sinne der sechs Qualitäts- nen die Ressourcen der beteiligten Entwick- bereiche des Deutschen Schulpreises stattfindet. ler*innen effizient darauf konzentriert werden, Schulentwicklung ist ein voraussetzungsvoller Lerngelegenheiten für die Teilnehmenden der und komplexer Prozess. Die Werkstätten sol- Werkstätten zu eröffnen und auszugestalten, len so gestaltet sein, dass die Teilnehmer*innen um sie zu nachhaltigen Schulentwicklungspro- bestmöglich in die Lage versetzt werden, eigen- zessen in ihren Schulen zu befähigen. Durch die ständig Schulentwicklungsprozesse zu initiieren Veröffentlichung des Dokumentes wird es für und umzusetzen. Dabei werden sie von eigens weitere Interessierte zugänglich, die so Ideen, dafür qualifizierten Trainer*innen begleitet. Anregungen und Inspiration zum Thema erhal-
05 ten können. Leitfragen sollen dabei helfen, die Qualitätskriterien auszugestalten. Diese Leit- fragen wurden für die Spezifika der Werkstätten der DSA entwickelt. Im vorliegenden Dokument, welches sich an eine breitere Leserschaft rich- tet, sind übergreifende Leitfragen exemplarisch aufgeführt, die für andere Nutzungszwecke oder Kontexte jeweils passgenau ausdifferen- ziert werden müssen. Nach einer Beschreibung des zugrunde liegen- den Angebot-Nutzungsmodells der Lehrkräfte- fortbildung (Lipowsky & Rzejak, 2015) werden Merkmale wirkungsvoller Fortbildungen in Be- zug auf das Format Werkstatt vorgestellt und ein Fazit für die gemeinsame Arbeit der an der Kon- zeption und Durchführung von Werkstätten Be- teiligten abgeleitet.
06 2 Lehrkräfteprofessionalisierung und Schulentwicklung Mit dem Format Werkstatt verknüpft die DSA pels, 2016). Um diese Verankerung zu unterstüt- sowohl auf der Ebene der Teilnehmer*innen als zen, richten sich die Werkstätten ausdrücklich auch auf der Ebene der Einzelschulen verschie- an Schulteams und nicht an einzelne Lehrkräfte. dene Ziele und Wirkungserwartungen. Auf der Darüber hinaus ist die Beteiligung der Schullei- Ebene der Teilnehmer*innen von Werkstätten tung (mindestens an einigen ausgewählten Bau- möchte die DSA erreichen, dass sie steinen, d. h. Präsenzveranstaltungen) obligato- risch. • B eispiele für gute Schulpraxis im Sinne der sechs Qualitätsbereiche des Deutschen Schul- Es gibt verschiedene Modelle, in denen das be- preises kennen; rufliche Lernen von Lehrkräften beschrieben wird (z. B. Desimone, 2009; Kunter, Kleickmann, • Werkzeuge, Methoden und Prozesse der Klusmann & Richter, 2013; Lipowsky & Rzejak, Schulentwicklung kennen und anwenden 2015, → Abbildung 1). In diesen Modellen wer- können; den Fortbildungen als ein Angebot verstanden. Wovon hängt es ab, ob und wie das Lernange- • ihre Schule als lernende Organisationen ver- bot im Rahmen einer Fortbildung genutzt wird? stehen und die Überzeugung gewinnen, ihre Neben Merkmalen der Teilnehmer*innen selbst Schule im Sinne der sechs Qualitätsbereiche (u. a. kognitive und motivationale Voraussetzun- des Deutschen Schulpreises entwickeln zu gen) und Merkmalen ihrer Schule (z. B. Koopera- können; tion im Kollegium; Holtappels, 2016) sind dafür vor allem die Qualität und Quantität der Lernge- • an ihrer Schule Schulentwicklungsvorhaben legenheiten – also die Gestaltung der Fortbildung zu inhaltlichen Aspekten der sechs Qualitäts- selbst – entscheidend (Lipowsky & Rzejak, 2015). bereiche initiieren, Schulentwicklungspro- Es gibt für eine Reihe von inhaltlichen, struktu- zesse systematisch an ihrer Schule verankern rellen und didaktisch-methodischen Gestal- und regelmäßigen Aus- tungsmerkmalen empirische tausch mit anderen Schu- Belege dafür, dass sie dazu len zu Fragen der Schulent- beitragen, eine Fortbildung wicklung pflegen. Qualität und Quantität wirkungsvoll zu machen. Die- der Lerngelegenheiten se Gestaltungsmerkmale las- Das nachhaltige Handeln der sen sich auf die Gestaltung der Teilnehmer*innen ist die Vor- sind mitentscheidend Werkstätten der DSA anwen- aussetzung dafür, dass an den für den Fortbildungs- den. Einzelschulen Schulentwick- lung im Sinne der sechs Qua- erfolg. Inhaltliche Gestaltungsmerk- litätsbereiche des Deutschen male beziehen sich darauf, Schulpreises stattfindet. Eine systematische welche Inhalte die Teilnehmenden einer Werk- Verankerung von Schulentwicklung ist insbe- statt lernen sollen. Inhaltliche Merkmale von sondere dann wahrscheinlich, wenn günstige Fortbildungen werden im Folgenden ausgeklam- Voraussetzungen innerhalb der Einzelschule mert, es sei an dieser Stelle nur gesagt, dass die vorhanden sind, wie z. B. kollektive Selbstwirk- Werkstätten der DSA inhaltlich jeweils einen samkeitsüberzeugungen, Innovationsbereit- eigenen thematischen Fokus aufweisen (z. B. schaft und Kooperation im Kollegium (Holtap- „Lernbegleitung und Leistungsbeurteilung“,
Abbildung 1 TN = Teilnehmende 07 Angebot-Nutzungsmodell der Lehrkräftefortbildung Gestaltung der Fortbildung (adaptiert nach Lipowsky & Rzejak, 2015, S. 15) Rahmen Dauer · Zusammensetzung der Teilnehmenden · Expertise der Trainer*innen Impuls Lernen an (wissenschaftlich) aufbereiteten guten Beispielen · Input, Erprobung, Reflexion Merkmale der Reflexion & Resonanz Teilnehmenden Expertise der Projektleitung Zielerreichung prüfen, Feedback geben/erhalten und Trainer*innen · Austausch und Kooperation · Selbstwirksamkeit Prozess Arbeit an eigenen Problemen · Lernen der Schule sichtbar machen, initiieren, begleiten Merkmale der Nutzung Schule Transfer der Fortbildung Fortbildungserfolg: (Wirkungen) 1. Erweiterung von Wissen, Ein- 3. Veränderungen bei Dritten stellungen, Fähigkeiten der TN (Schüler*innen, Kolleg*innen) 2. Verändertes berufliches 4. Veränderungen der Schule Handeln der TN als Organisation „Demokratie lernen – Partizipation gemeinsam dungen sind in → Abbildung 1 weiter unterteilt gestalten“). Strukturelle Merkmale beziehen in Impuls, Reflexion und Resonanz und Prozess. sich auf den Rahmen einer Fortbildung, z. B. die Da der Rahmen der Werkstätten der DSA nach Dauer und Sequenzierung der Fortbildung so- empirischen Wirkungskriterien konzipiert und wie die Zusammensetzung der Teilnehmenden. weitgehend festgelegt ist, sind es insbesondere Strukturelle Merkmale sind in → Abbildung 1 diese didaktisch-methodischen Merkmale, die im Kasten Rahmen zusammengetragen. Didak- von den Projektleitungen, Projektmanager*in- tisch-methodische Merkmale beziehen sich auf nen und Trainer*innen gestaltet werden und für die eigentliche Gestaltung der Lerngelegenhei- die Wirkung der Werkstätten entscheidend sind. ten, also darauf, wie das Lernen der Teilneh- menden während der Fortbildung angeleitet, Der vorliegende Text bezieht sich auf Werkstät- gestaltet und unterstützt wird. Didaktisch-me- ten, die vornehmlich als Präsenzveranstaltun- thodische Merkmale wirkungsvoller Fortbil- gen mit allen Teilnehmer*innen vor Ort statt-
08 finden. Die didaktisch-methodischen Merkmale preises weiterentwickeln und dass Schulent- können jedoch ebenfalls für die Entwicklung und wicklung systematisch in den Schulen verankert Gestaltung von digitalen oder hybriden Settings wird. Unter Schulentwicklung wird im Folgen- adaptiert werden. Am wenigsten auf digitale den mit Rolff (2013) die bewusste und zielgerich- Settings übertragbar sind die Inhalte zur zeitli- tete Entwicklung in den Bereichen Unterricht, chen Struktur der Bausteine und zur Gestaltung Personal und Organisation verstanden. Dabei der Phasen zwischen den Bausteinen (→ 3.1). ist Schulentwicklung kein Selbstzweck, sondern Erfahrungsgemäß müssen digitale Formate im dient dem Lernen und Wohlbefinden aller Schü- Vergleich zu Präsenzveranstaltungen in kürze- ler*innen der Schule. re Zeiteinheiten aufgeteilt werden, dementspre- chend ist kleinschrittiger vorzugehen. Konkrete Viele Modelle zur systematischen Schulentwick- Hinweise für die Gestaltung von Lerngelegenhei- lung betonen den zyklischen Charakter von Ver- ten im digitalen Raum finden sich zum Beispiel änderungsprozessen (z. B. Prozessrad, Kreher & bei Mörs (2020). Solf 2014; Drei-Wege-Modell der Schulentwick- lung, Rolff, 2013; Stationsmodell der Schulpro- Die Begriffe Wirkung (effectiveness) und Wirk- grammarbeit, Schratz, 2003; Demingkreis oder samkeit (efficacy) werden umgangssprachlich auch PDCA-Zyklus, Deming, 1986). Die Kom- meist synonym verwendet, im bildungswissen- plexität der Darstellung, wie z. B. die Anzahl an schaftlichen Diskurs wird jedoch differenziert: zu berücksichtigenden Schritten oder die Dar- Ob eine Maßnahme wirksam ist, kann nur in stellung von Rückkopplungen zwischen einzel- streng standardisierten Situationen – also z. B. nen Schritten, variiert dabei genauso wie die unter Experimentalbedingungen – untersucht verwendeten Begrifflichkeiten je nach Schwer- werden, wohingegen sich Wirkungen in übli- punktsetzung und theoretischer Einbettung der chen Anwendungssituationen Modelle. Im Folgenden wird zeigen – also z. B. im Unter- exemplarisch das Prozessrad richt (Wortmann, 1983). In Schulentwicklung zur systematischen Schulent- pädagogischen Kontexten ist wicklung nach Kreher und Solf daher insbesondere die Fra- dient dem Lernen und (2014) vorgestellt und mit der ge nach den Wirkungen einer Wohlbefinden aller Bausteinabfolge einer Werk- Intervention, also die Frage statt verknüpft (→ Abbildung nach dem Nutzen ihrer An- Schüler*innen der 2). Im Vergleich zu anderen wendung, von Interesse (Pant, Schule. Modellen wird der Verände- 2014). Die Wirkungen einer rungsprozess beim Prozess- Werkstatt, also der Fortbildungserfolg, lässt sich rad eher kleinschrittig beschrieben und benennt auf folgenden miteinander verbundenen Ebenen viele Detailfragen, die es im Verlauf zu berück- verorten (Lipowsky & Rzejak, 2015): Zunächst sichtigen gilt. Im Verlauf einer Werkstatt werden können sich bei den Teilnehmenden Kognitio- die einzelnen Schritte mit den Teilnehmer*innen nen (Wissen, Einstellungen und Fähigkeiten) er- diskutiert und sie werden dazu angeregt und da- weitern, was zu einem veränderten beruflichen bei unterstützt, einen Zyklus möglichst vollstän- Handeln führen kann. Dieses veränderte Han- dig zu durchlaufen. deln wiederum kann Veränderungen bei Drit- ten auslösen: Eine veränderte Unterrichtspraxis Kreher und Solf (2014) untergliedern den Verän- beeinflusst das Lernen und die Motivation der derungsprozess in elf Schritte. Zu Beginn eines Schüler*innen; die Implementation bestimmter systematischen Veränderungsprozesses stehen Maßnahmen (z. B. kollegiale Hospitation) kann die Klärung der Ziele des Schulentwicklungs- das berufliche Handeln der anderen Lehrkräfte prozesses und die systematische Erfassung der der Schule beeinflussen. So kann sich durch die Ausgangslage im Vordergrund (Schritte 1 bis 4). Teilnahme an einer Werkstatt schlussendlich die Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung Schule als Organisation verändern. Das grundle- der Maßnahmen, die aus dem Abgleich von Ist- gende Ziel der Werkstätten der DSA ist, dass sich und Soll-Zustand abgeleitet werden (Schritt 5), die Schulen der Teilnehmer*innen im Sinne der ist eine passgenaue Planung der konkreten Um- sechs Qualitätsbereiche des Deutschen Schul- setzungsschritte (Schritt 6). Um die Veränderun-
Abbildung 2 09 Der Werkstattprozess vor dem Hintergrund erfolg- reicher Schulentwicklung nach Kreher und Solf, 2014 BAUSTEIN I Ausgangslage analysieren, Ziele formulieren BAUSTEIN V Entwicklung verstetigen 1. Wo besteht Ver- änderungsbedarf? 11. Was haben wir 2. Was sind unsere erreicht? Entwicklungsziele? 3. Wie definieren 10. Wie sichern wir und messen wir unseren Erfolg ab? Erfolg? Erfolgreiche Veränderung 9. Wo stehen wir 4. Wie ist die Aus- an Schulen heute? gangssituation? 8. Wie setzen wir 5. Was muss das unsere Lösungen Veränderungspro- um? gramm erreichen? 7. Wie erreichen 6. Wie planen wir wir Akzeptanz und die Veränderung? Kooperation? B A U S T E I N IV Reflexion, Erprobung und B A U S T E I N II Implementation Maßnahmen B A U S T E I N III entwickeln Erprobung und Implementation
10 gen über einzelne Personen und/oder eine Steu- Zusammengefasst bedeutet dies, dass die Teil- ergruppe hinaus auf eine möglichst tragfähige nehmer*innen in den Werkstätten das Wissen Basis zu stellen, ist es von großer Relevanz, sich und die Fähigkeiten erwerben sollen, um in ihren gedanklich und auch in der tatsächlichen Umset- Schulen Schulentwicklungsprozesse im Sinne zung des Vorhabens mit Fragen der Akzeptanz der sechs Qualitätsbereiche zu planen, zu initiie- und Kooperation auseinanderzusetzen (Schritt ren, umzusetzen und zu verankern. In den Werk- 7). Parallel zur Umsetzung der Maßnahmen ist es stätten müssen daher inhaltliches Wissen und von Bedeutung, die gewählten Maßnahmen, an- prozessuales Wissen vermittelt werden. Zentral gelaufenen Prozesse, die Einbindung des Kolle- ist in allen Werkstätten der DSA, dass aufbauend giums etc. kontinuierlich zu reflektieren und ggf. auf dem vermittelten Wissen ein eigenes Schul- Anpassungen vorzunehmen (Schritte 8, 9 und entwicklungsprojekt praktisch und zeitnah um- 10). Ein stetiger Abgleich mit den zu Prozessbe- gesetzt wird. Bei der Umsetzung des Projekts in ginn gesteckten Entwicklungszielen macht Teil- der eigenen Schule wenden die Teilnehmer*in- erfolge sichtbar (Schritt 11). nen einerseits ihre neu erworbenen Fähigkei- ten an, und andererseits beziehen sie die ganze Anhand der Verknüpfung von Prozessrad und Schule in den Schulentwicklungsprozess ein. Die Bausteinabfolge wird deutlich, dass „auf dem individuellen Schulentwicklungsprojekte der Weg“ von der Werkstatt zu den Teilnehmer*in- Teilnehmer*innen müssen gut gewählt sein, da- nen und in die Schulen verschiedene Transfer- mit sie tatsächlich eine Einbindung der gesamten prozesse stattfinden. Die Teilnehmer*innen müs- Schule oder relevanter Teilbereiche (z. B. ganze sen das, was sie in der Werkstatt gelernt haben, Fachschaften) ermöglichen bzw. erfordern. Die auf andere Zusammenhänge in ihrer beruflichen Erfahrung zeigt, dass es vorkommt, dass Teil- Praxis übertragen und dort umsetzen können. nehmer*innen im Rahmen von Werkstätten Es handelt sich dabei weniger um die bloße An- Projekte durchaus erfolgreich umsetzen, diese wendung von Gelerntem als vielmehr um einen Projekte jedoch eine sehr geringe Reichweite Prozess der Aneignung, Transformation und haben und damit Schulentwicklung im „stillen Übersetzung (Altrichter, 2019). Die Teilnehmen- Kämmerlein der Schulleitung“ stattfindet. Es ist den werden im Rahmen der Werkstatt in ihren Aufgabe der Trainer*innen, auf eine adäquate individuellen Implementations- und Transfer- Reichweite innerhalb der jeweiligen Schule der prozessen von den Trainer*innen der DSA adap- individuellen Schulentwicklungsprojekte hin- tiv begleitet. Die fortlaufende Weiterentwicklung zuwirken. Bei der Umsetzung der individuellen und Anpassung der in den Schulen umzuset- Schulentwicklungsprojekte werden die Teilneh- zenden Maßnahmen ist dabei ein wesentlicher mer*innen von den Trainer*innen begleitet und Bestandteil der Werkstatt (siehe dazu u. a. auch unterstützt. Worauf es im Detail ankommt, wird Hasselhorn, Köller, Maaz & Zimmer, 2014). Grä- in den folgenden Abschnitten beschrieben. sel (2010) und Rogers (2003) beschreiben, dass eine erfolgreiche Implementation von Verände- rungen von verschiedenen Einflussfaktoren be- stimmt ist. Sie hängt davon ab, a) wie hoch der wahrgenommene Nutzen für die Akteur*innen ist, b) ob die Innovation mit den Zielen der Schule kompatibel ist, c) ob die Entscheidung für die In- novation kollektiv oder autoritär getroffen wur- de und ob sie optional ist, d) welche Kommunika- tionskanäle genutzt werden, um die Innovation bekannt zu machen, e) wie das soziale System der Schule aufgebaut ist und f) wie effizient die Change Agents, also diejenigen, die die Verände- rungen herbeiführen und vorantreiben, inner- halb der Schule für die Implementation werben.
11 3 Rahmen In den Werkstätten erhalten die Teilnehmenden Die Werkstätten sind über einen Zeitraum von die Möglichkeit, außer über den Input von Trai- einem oder zwei Jahren (Merkmal Dauer) ange- ner*innen sowohl voneinander als auch von der legte Schul- und Unterrichtsentwicklungspro- in den Werkstätten verankerten Expertise der gramme für eine schulformübergreifende Teil- Vertreter*innen von Preisträgerschulen zu ler- nehmendengruppe (Merkmal Zusammensetzung nen und sich über gute Praxis auszutauschen. der Teilnehmenden). Die Durchführung wird Dieser komplexe Prozess erfordert spezifische durch ausgewählte und eigens qualifizierte Trai- Rahmenbedingungen, deren Einhaltung und ner*innen gestaltet, die über die erforderliche bewusste Ausgestaltung sich positiv auf die methodische und praktische Expertise verfü- Wirkung und Nachhaltigkeit von Werkstätten gen (Merkmal Expertise der Trainer*innen). Die auswirken kann – unabhängig von spezifischen konkrete Umsetzung erfolgt in Kooperation mit Inhalten der jeweiligen Werkstatt. Bei der Zu- regionalen Partnern, z. B. Ministerien, Landesin- sammenstellung dieser Rahmenbedingungen stituten für Lehrkräftefortbildung, Bildungsbü- wurden Erkenntnisse aus der Wissenschaft zur ros oder Schulträgern, welche den organisatori- Optimierung der Wirkung von Fortbildungsmaß- schen Rahmen zur Verfügung stellen. nahmen für Lehrkräfte (z. B. Lipowsky & Rzejak, 2015), Empfehlungen von Expertenkommis- Zum Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung sionen (Altrichter, Baumgart, Gnahs, Jug-Sion zählt neben den bereits aufgeführten Merkma- & Pant, 2019) und aktuelle Vereinbarungen der len auch der jeweilige Lernort der Veranstaltung. Kultusministerien zu Rahmenbedingungen für Gemeinsam mit den Kooperationspartnern wird Lehrkräftefortbildungen (KMK, 2020) berück- bei der Durchführung von Werkstätten dafür ge- sichtigt. sorgt, dass die Bausteine in einer räumlich mög- lichst angenehmen Lernatmosphäre stattfinden. Der „Rahmen“ subsumiert diejenigen Merkma- Sofern die Zielsetzung der Bausteine untrenn- le, die übergeordnete Bedingungen für die Ge- bar mit einer spezifischen Lernortgestaltung staltung des Formats Werk- verknüpft ist, kann ein ent- statt darstellen. Ein positiver sprechender Ort für die Um- Einfluss dieser Merkmale auf setzung eines Bausteins oder die Wirkung von Werkstätten Im Fokus steht die Vor- mehrerer Bausteine ausge- kann angesichts des aktuellen bereitung eines geeigne- wählt werden. Die Wahl des Forschungsstandes bislang Lernortes und dessen Zusam- nur angenommen werden (Li- ten und den Lernerfolg menhang mit dem eigenen powsky & Rzejak, 2015). Wie der Teilnehmenden be- Kompetenzzuwachs sollten im vorangegangenen Kapitel gemeinsam mit den Teilneh- beschrieben, fallen in diesen günstigenden Rahmens. menden der Werkstatt in ge- Bereich Merkmale, die bereits zielt angeleiteten Reflexions- in der Organisation des Formats Werkstatt ange- phasen thematisiert werden. Zum Beispiel fin- legt sind. Im Fokus dieses Merkmalbereichs steht den in der Werkstatt „Willkommen. Ankommen. daher weniger die aktive didaktische Gestaltung Weiterkommen.“ zwei von insgesamt sechs Bau- der Merkmale durch die Trainer*innen als viel- steinen an Preisträgerschulen statt. Die Schul- mehr die konzeptionelle Vorbereitung eines ge- hospitationen sind verbindlich in den Curricula eigneten und den Lernerfolg der Teilnehmenden der Bausteine verankert und sollen zur Zielerrei- begünstigenden Rahmens. chung der Werkstatt beitragen.
12 3.1 Dauer Längerfristig angelegte Fortbildungen bieten für die Festsetzung der Dauer der einzelnen Bau- mehr Möglichkeiten, ausreichend Lerngelegen- steine, die auch vor dem Hintergrund der zur heiten zu schaffen, die sich positiv auf die Wir- Verfügung stehenden Fortbildungszeit für Lehr- kung der Fortbildung auswirken können (Alt- kräfte und der Praktikabilität für den Schulalltag richter et al., 2019; Darling-Hammond et al., zu bewerten ist. Die Phasen zwischen den Bau- 2017). Diese Erkenntnis ist in der Konzeption steinen sind dabei wesentlicher Bestandteil des des Formats Werkstatt als längerfristiges Ange- Gesamtprozesses und essenziell, um den Trans- bot bereits bedacht worden. Dabei besteht eine fer aus den Bausteinen in die eigene Schule vor- Werkstatt immer aus mehreren Bausteinen, d. h zunehmen und das Schulentwicklungsvorhaben Präsenzveranstaltungen, zwischen denen die gemeinsam mit dem Kollegium zu entwickeln Teilnehmer*innen Maßnahmen an ihren Schulen und zu implementieren. Damit dieser Transfer umsetzen und erproben. gelingen kann, sollte zum einen ausreichend Zeit dafür eingeplant werden. Zum anderen Das Merkmal Dauer bezieht sich darüber hinaus müssen für den Prozess relevante Meilensteine auf die zeitliche Struktur der Bausteine sowie innerhalb eines Schuljahres (z. B. Taktung von auf die Gestaltung der Phasen Gesamtkonferenzen) mög- zwischen den Bausteinen. Bei lichst berücksichtigt werden. der Konzeption der Werkstatt Basierend auf Erfahrungen sollten die Gesamtlaufzeit der Je komplexer die Ziel- mit bereits pilotierten Werk- Werkstatt, Anzahl und Um- setzung der Werkstatt, stätten hat sich ein Gesamt- fang der Bausteine sowie die umfang von in der Regel fünf zeitliche Eingrenzung der desto länger sollte die Bausteinen bewährt, die sich Phasen zwischen den Baustei- Gesamtlaufzeit der auf einen Zeitraum von ca. 1,5 nen vor dem Hintergrund des bis zwei Jahren verteilen. Die in der Werkstatt angestrebten Werkstatt sein. Bausteine selbst haben einen Schulentwicklungsprozesses durchschnittlichen Umfang festgelegt werden. Entscheidend ist hierbei, dass von zwei Tagen. In begründeten Fällen kann in die positive Wirkung der Langfristigkeit mit der Abhängigkeit von der Zielsetzung der Werkstät- Zielsetzung der Werkstatt insgesamt sinnvoll ten davon abgewichen werden. verknüpft wird. → Abbildung 3 zeigt exemplarisch, wie die in Ka- pitel 2 beschriebenen Empfehlungen für einen Mögliche Leitfragen zum Merkmal erfolgreichen Schulentwicklungsprozess in den Dauer: Bausteinen einer Werkstatt abgebildet werden können. Die gestrichelt umrandeten Formen • Ist die zeitliche Gestaltung der Werk- symbolisieren die Zeiträume zwischen den Bau- statt abgestimmt auf ihre Zielsetzung steinen. vor dem Hintergrund des angestrebten Schulentwicklungsprozesses? In den Bausteinen werden die Teilnehmenden dazu angeregt, einen Veränderungsprozess – • Ist der Umfang der Bausteine ausrei- orientiert an den in → Abbildung 2 skizzierten chend, um die jeweiligen Ziele des Bau- elf Schritten erfolgreicher Schulentwicklung – steins erreichen zu können? zu gestalten. Je komplexer die Zielsetzung der Werkstatt, desto mehr Zeit sollte zur Erreichung • … des Ziels und demnach für die Gesamtlaufzeit der Werkstatt eingeplant werden. Gleiches gilt
Abbildung 3 Exemplarische Anordnung der Bausteine einer Werk- statt BAUSTEIN I Abstimmung und ggf. B A U S T E I N II Eine Vision kreieren, Weiterentwicklung mit Maßnahmen Ausgangslage analysieren, der Schulgemeinschaft entwickeln Ziele finden B A U S T E I N III Abstimmung und ggf. Implementation Planung der Erprobung Weiterentwicklung mit der der Maßnahmen und Implementation Schulgemeinschaft B A U S T E I N IV BAUSTEIN V Fortsetzung der Reflexion der Erprobung Planung der Verstetigung Implementation und Implementation und der Implementation 3.2 Zusammensetzung der Teilnehmenden Das Format Werkstatt möchte i. d. R. den Aus- bzw. in anderen Schulformen ebenso vorhanden tausch über Schulformen hinweg ermöglichen, sind. Diese Barrieren und Hindernisse können daher richten sich alle Werk- durch einen Austausch über stätten an Teilnehmende aus mögliche Lösungswege be- unterschiedlichen Schulfor- arbeitbar werden. men. Daraus ergibt sich eine Die Teilnehmenden heterogene Zusammensetzung erhalten Inspirationen Durch einen Austausch über der Gesamtgruppe, die in der verschiedene Schulformen Werkstatt produktiv genutzt aus anderen Organisa- hinweg erhalten die Teilneh- werden kann. Im Rahmen ei- tionsformen und Syste- menden Inspirationen aus nes schulübergreifenden Aus- anderen Organisationsfor- tauschs kann beispielsweise men. men und Systemen, die sich deutlich werden, dass Barrie- von der eigenen schulischen ren und Hindernisse, die von den Teilnehmenden Organisation unterscheiden. Die „Good-Practi- ihren eigenen schulischen Rahmenbedingungen ce“-Ansätze, die in anderen Schulen bereits er- zugeschrieben wurden, in einer anderen Schule folgreich etabliert sind, können auf die eigenen
14 organisatorischen Rahmenbedingungen und offene Ausschreibung, die sich zunächst an alle Anforderungen übertragen werden und somit Schulen im Einzugsgebiet des jeweiligen Ko- als Anregung für die Entwicklung eigener Visio- operationspartners richtet. Der Teilnahme geht nen dienen. Um einen frucht- – nach Absprache mit dem baren Austausch zu ermögli- Kooperationspartner – in der chen, sollten mindestens neun Regel ein Bewerbungsprozess Schulen an einem Werkstatt- Die Teilnahme an einer voraus, um zu gewährleisten, durchgang teilnehmen. Um dass die Teilnehmenden und Werkstatt muss frei- eine möglichst heterogene Mi- ihre Kolleg*innen die für den schung an Schulformen in der willig und auf Wunsch Werkstattprozess und die In- Gesamtgruppe zu erreichen, halte der Werkstatt erforder- des Kollegiums der hat sich eine Gruppenzusam- lichen Rahmenbedingungen menstellung von drei teilneh- teilnehmenden Schu- und Voraussetzungen erfül- menden Schulen pro Schul- len. Aus der Bewerbung muss len erfolgen. stufe (Primarstufe, Sek I und ersichtlich werden, dass die Sek II) bewährt. Zum einen für die Präsenzteilnahme an kann so eine ausreichende Heterogenität in der den Bausteinen ausgewählten Personen über das Gesamtgruppe hergestellt werden, zum anderen Mandat des Gesamtkollegiums verfügen, in der findet jede Schulform eine ausreichende Anzahl Werkstatt ein Schulentwicklungsvorhaben zu an Ansprechpartner*innen aus dem jeweils eige- erarbeiten. Leitfragen können als Anregungen nen System vor. für die Entwicklung werkstattspezifischer Teil- nahmevoraussetzungen dienen. Wenn die Werk- Abhängig von der Anzahl der Teilnehmenden statt im Pilotdurchgang extern evaluiert wird, pro Schule kann die Anzahl der teilnehmenden sollte bereits im Bewerbungsprozess die Bereit- Schulen begrenzt werden, damit die Gruppen- schaft der Schule zur Unterstützung der Evalua- größe der Teilnehmenden eine konstruktive Ar- tion erfragt werden. beitsatmosphäre zulässt und es den Trainer*in- nen erlaubt, den individuellen Lernweg der Teil- nehmenden im Blick zu behalten und fundiert Rückmeldung zum Werkstattprozess geben zu Mögliche Leitfragen zum Merkmal können. Zusammensetzung der Teilnehmenden: Obligatorisch nehmen immer mehrere Personen • Sind die Anforderungen an die Zusam- aus einer Schule an einer Werkstatt teil, um die mensetzung der Teilnehmenden auf die innerschulische Verankerung der Werkstattin- Zielsetzung und die Prozessschritte der halte zu unterstützen. Die Zusammensetzung der Werkstatt und die damit verbundenen Teilnehmenden pro Schule an einer Werkstatt erforderlichen Handlungsspielräume muss gewährleisten, dass Schulentwicklungs- der Teilnehmenden abgestimmt? vorhaben zum Thema der Werkstatt im Rahmen der Werkstattarbeit initiiert werden können. Die • Ist die Teilnahme spezifischer Funkti- teilnehmenden Schulteams müssen daher so zu- onsträger (z. B. Schulleiter*in, Schulso- sammengesetzt sein, dass sie in der Lage sind, zialarbeiter*in, Schüler*innen, Vertre- das in der Werkstatt erworbene Wissen, die aus- ter*in der Schulaufsicht, außerschuli- gebildeten Kompetenzen und die Erkenntnisse sche Partner*in) in ausgewählten, aber des Austauschs in das eigene Kollegium zu trans- nicht allen Bausteinen sinnvoll? ferieren. Das Team der Teilnehmer*innen pro Schule konstituiert sich als festes Werkstattteam • … und nimmt an allen Bausteinen verbindlich teil. Die Teilnahme an einer Werkstatt muss freiwil- lig und auf Wunsch des Kollegiums der teilneh- menden Schulen erfolgen. Empfohlen wird eine
15 3.3 Expertise der Trainer*innen Nach dem von Lipowsky und Rzejak (2015) skiz- greifenden Anerkennungsverfahrens von Kom- zierten Angebots-Nutzungsmodell der Lehrkräf- petenzen Lehrender in der Erwachsenen- und tefortbildung (→ Abbildung 1) hat die Expertise Weiterbildung) und der dazugehörigen Handrei- der Trainer*innen unmittelbaren Einfluss auf chung (Strauch et al., 2019) nach Bedarf in den die Konzeption und damit auf die Qualität der Vordergrund gestellt werden, um ein detaillier- Lerngelegenheit. Die Gestaltung wirkungsvoller teres Anforderungsprofil für die jeweilige Werk- Lerngelegenheiten setzt eine Bandbreite spezi- statt zu entwerfen. Insbesondere die Bereiche fischer professioneller Kompetenzen voraus, „fach- und feldspezifisches Wissen“ sowie „pro- die z. B. Lencer und Strauch (2016) aus dem von fessionelle Werthaltungen und Überzeugungen“ Baumert und Kunter (2011) für den Schulkontext müssen ausgehend von der Zielsetzung der je- entwickelten Rahmenmodell professioneller weiligen Werkstatt klar definiert werden. Handlungskompetenz für Lehrkräfte abgeleitet haben. Die dargestellten Kompetenzbereiche ge- Für die Durchführung von Werkstätten werden nerieren sich aus den Anforderungen konkreter Trainer*innentandems eingesetzt, die über die professionsrelevanter Situationen: Fachwissen, erforderlichen Kompetenzen verfügen, um die fachdidaktisches Wissen, pädagogisches Wis- Werkstätten unter Berücksichtigung der Merk- sen, Organisationswissen sowie Beratungswis- male wirkungsvoller Fortbildung durchzufüh- sen. Ergänzt werden diese Kompetenzbereiche ren. Dabei können die Trainer*innen eines Tan- durch Aspekte professioneller Kompetenz, die dems komplementäre Kompetenzen einbrin- in den Kategorien Professionswissen, Über- gen. Durch den Einsatz der Tandems soll eine zeugungen/Werthaltungen und Ziele, motiva- möglichst große Bandbreite an Kompetenzen tionale Orientierungen und Selbstregulation zu- und Erfahrungen sichergestellt werden (z. B. Er- sammengefasst sind (Baumert & Kunter, 2011, fahrungswissen in Bezug auf unterschiedliche für den Bereich Erwachsenenbildung adaptiert Schulformen). Darüber hinaus ist eine Besetzung von Lencer & Strauch, 2016). In → Abbildung 4 durch zwei Trainer*innen auch in Bezug auf die sind die Kompetenzbereiche nach Lencer und Größe der Gesamtgruppe hilfreich. Strauch (2016) im Detail dargestellt. Unter Berücksichtigung der dargestellten For- schungserkenntnisse und Modelle werden für Mögliche Leitfragen zum Merkmal jede Werkstatt Anforderungsprofile für Trai- Expertise der Trainer*innen: ner*innen entwickelt. In vier übergreifenden Kategorien werden sowohl relevante Kompe- • S ind die Anforderungen an Trainer*in- tenzen für das Format Werkstatt (berufsprakti- nen einer Werkstatt vor dem Hinter- sches Wissen und Können), als auch themenspe- grund der Zielsetzung der jeweiligen zifische Kompetenzen für die jeweilige Werk- Werkstatt und unter Berücksichtigung statt (fach- und feldspezifisches Wissen) sowie von Kompetenzen, die für die Gestaltung Kompetenzen der professionellen Überzeugung wirkungsvoller Lerngelegenheiten er- und Selbststeuerung abgebildet. Diese Anforde- forderlich sind, detailliert beschrieben? rungsprofile fungieren sowohl als Auswahlkrite- rium als auch als Instrument zur Gestaltung der • E rgänzen sich die Kompetenzen der Trainerqualifizierung, in der die Trainer*innen Trainer*innen im Tandem komplemen- auf die Durchführung der Werkstätten vorbe- tär, sodass eine möglichst große Band- reitet werden. Für die Auswahl geeigneter Trai- breite an Kompetenzen abgedeckt wird? ner*innen können verschiedene Bereiche des GRETA-Kompetenzmodells (GRETA = Grund- • … lagen für die Entwicklung eines trägerüber-
Abbildung 4 16 Professionelle Handlungs- kompetenzen der Trai- ner*innen (verkürztes und modifiziertes GRETA-Kom- petenzmodell nach Lencer & Strauch, 2016, S. 7) ng en th altu Pro Wer ngen fes sio u e lle zeug ne n r lle sio Übe Se s d l n e Über ntier ale Prof of bs u ung Pr on ts essio en zeug te ivati ue ung nelle r Mot Orie Be un sen ru g on fs la - gu st et ti re elb Wis h os S ezifisches sche Fach fsp rakti inhal Professionelle Beru ung t hr Erfa Handlungs- kompetenzen der ldsp Trainer*innen Fach b ezug d idak Feld nd fe tik u D id tho on M - ak d h e ti ti ik Fac sa k Kom teraktio ni tung un und a d rg O mun Bera In ikati n ne on n Kö n und n se s Wis Berufspraktische
17 4 Impuls „Impuls“ bezieht sich auf die Vermittlung, den dementsprechend auf dem Lernen an (wissen- Erwerb und die Aneignung von neuem Wis- schaftlich) aufbereiteten guten Beispielen. Ein sen und neuen Fähigkeiten in den Werkstätten. weiteres Merkmal, das im Bereich „Impuls“ ver- Welche Art von Wissen sollte in welcher Form ortet ist und zu einer nachhaltigen Veränderung Eingang in die Werkstatt finden, damit die Teil- der beruflichen Praxis der Teilnehmer*innen nehmer*innen und ihre Schulen bestmöglich führen soll, ist die systematische Verschränkung davon profitieren können? Gemäß dem Motto von Input, Erprobung und Reflexion. Die Inputs „Aus der Praxis für die Praxis“ sind in allen An- in den Werkstätten werden von Personen aus geboten der DSA Good-Practice-Beispiele der den Preisträgerschulen, von Bildungswissen- Preisträgerschulen des Deutschen Schulprei- schaftler*innen und von Expert*innen für Schul- ses ein zentraler Bestandteil. Dieses Prinzip der entwicklung gestaltet. Letztere können, müs- Orientierung an Beispielen und Konzepten einer sen aber nicht die Trainer*innen sein. Wenn die exzellenten Schulpraxis wird komplementiert Trainer*innen in einem Themenfeld der Werk- durch die konsequente (bildungswissenschaft- statt keine umfassenden Kenntnisse haben, ist liche) Aufbereitung und Rahmung dieser Pra- es empfehlenswert, dafür externe Expert*innen xisbeispiele. Die Werkstätten der DSA gründen hinzuzuziehen. Lernen an (wissenschaftlich) aufbe- 4.1 reiteten guten Beispielen Den Kern aller Angebote der DSA bilden nes, handlungsnahes Wissen thematisiert wird, Good-Practice-Beispiele, das (Erfahrungs-) was sich in empirischen Studien als ein Merk- Wissen und die Konzepte aus den Preisträger- mal wirkungsvoller Fortbildungen erwiesen schulen des Deutschen Schulpreises. Einen hat (Kalinowski et al., 2019). Das Feedback der Überblick der ausgezeich- Teilnehmer*innen zeigt, dass neten Schulpraxis der Preis- diese es als motivierend erle- trägerschulen des Deutschen ben, von Praktiker*innen aus Beim Lernen an guten Schulpreises gibt es auf Das Preisträgerschulen berich- Deutsche Schulportal (https:// Beispielen wird hand- tet zu bekommen, wie diese deutsches-schulportal.de). Es Probleme an ihren Schulen lungsnahes Wissen geht also um im Rahmen des gemeistert haben. Allerdings Deutschen Schulpreises aus- thematisiert. müssen Konzepte, die sich an gezeichnete Praktiken, die sich einem Schulstandort unter in einer Einzelschule als nachhaltig erfolgreich bestimmten Bedingungen bewährt haben, nicht und damit dauerhaft tragfähig erwiesen haben. zwangsläufig auch für andere Schulen geeignet Dabei „geht es nicht um die theoretisch beste sein. Zentral ist daher, die Gelingensbedingun- Praxis, sondern um beste realisierte Lösungen“ gen und Stolpersteine der Praxisbeispiele her- (Choi, 2008, S. 141). Ein Vorteil des Lernens an auszuarbeiten – auch mit Hilfe wissenschaftli- guten Beispielen ist, dass anwendungsbezoge- cher Erkenntnisse.
18 Eine weitere Herausforderung besteht darin, sich das Konzept? Was sind die theoretischen dass die Good-Practice-Beispiele große Anteile Annahmen hinter den Wirkungen des Praxisbei- impliziten Wissens beinhalten. Erfahrungswis- spiels? In welchem Lehr-Lern-Paradigma ist das sen aus der Schulpraxis ist zunächst implizites Konzept zu verorten? Für die wissenschaftliche Wissen und dadurch nur schwer transferier- Aufbereitung der Good-Practice-Beispiele wer- bar – eben weil es verdeckt und nicht sichtbar den bei Bedarf in der Entwicklungsphase einer ist. Dieses implizite Erfahrungswissen aus der Werkstatt Expert*innen aus den Bildungswis- Praxis der Preisträgerschulen muss zunächst zu senschaften punktuell hinzugezogen. explizitem Wissen werden, um sich für Transfer- prozesse im Rahmen der Werkstätten zu eignen. In der Werkstatt selbst sollte das wissenschaft- Oder, mit Rolff (2019, S. 54): „Das Aufdecken und lich aufbereitete Good-Practice-Beispiel dann Aufarbeiten impliziten Wissens, die Umwand- möglichst explizit und auf die spezifische Frage- lung von implizitem in explizites Wissen, also stellung bezogen beschrieben werden. Darüber Erfahrungstransfer, ist Voraussetzung der Ver- hinaus sollte herausgearbeitet werden, welche breitung innovativer Praxis.“ Dieses Explizieren Inhalte, Methoden und Prozesse sich für eine des Erfahrungswissens kann Übertragung auf andere Schu- durch den Dialog mit Ande- len und Kontexte eignen. Die ren und das Herausarbeiten Spezifika des Beispiels müssen des Kerns des Praxisbeispiels Implizites Erfahrungs- sichtbar bleiben, sodass nicht erfolgen (z. B. mit Hilfe von der Eindruck von Allgemein- wissen aus der Praxis Interviews), lässt sich aber gültigkeit entsteht. Vor die- besonders systematisch und der Preisträgerschulen sem Hintergrund ist es wich- gründlich durch eine wissen- tig, dass die Inputgeber*innen muss expliziert und schaftliche Aufbereitung und aus den Preisträgerschulen, Rahmung erreichen. aufbereitet werden, die Good-Practice-Beispiele in der Werkstatt präsentieren, um an anderen Stand- Die DSA versteht es als ihre im Vorfeld dabei unterstützt Aufgabe, Konzepte, die sich orten unter anderen werden, was genau und wie in der Praxis der Preisträger- sie es vorstellen. Die wissen- Bedingungen hilfreich schulen bewährt haben, mit schaftliche Rahmung des Bei- Hilfe von schulpraktischen zu sein. spiels kann entweder von den und bildungswissenschaftli- Trainer*innen übernommen chen Erkenntnissen und Perspektiven so aufzu- werden, die über das entsprechende Fachwis- bereiten und zu explizieren, dass sie transferier- sen verfügen, oder durch wissenschaftliche Im- bar und an anderen Standorten unter anderen pulsgeber*innen. Wichtig ist die Herstellung von Bedingungen potenziell wirksam, funktional Bezügen zwischen Schulpraxis und Bildungs- und hilfreich sind. Dementsprechend müssen wissenschaft. Den größten Raum in der Werk- Good-Practice-Beispiele, die Bestandteil einer statt sollten aber weiterhin die Beispiele selbst Werkstatt werden sollen, bereits in der Planungs- und die darauffolgende Arbeit an der eigenen phase der Werkstatt (wissenschaftlich) gerahmt, Schulpraxis der Teilnehmer*innen einnehmen. aufbereitet und expliziert werden. Was ist der Eine Ko-Konstruktion zwischen Schulpraxis und Kern des Praxisbeispiels, was ist elementarer Bildungswissenschaft wird jedoch als entschei- Bestandteil des Beispiels und was nicht? Welches dend für eine erfolgreiche Arbeit mit guten Bei- Wissen über die Wirkungen des im Beispiel dar- spielen angesehen. gestellten Ansatzes über die spezifische Einzel- schule hinaus ist bekannt? Was sind potenziell besonders wirkungsvolle Bestandteile des An- satzes, die dementsprechend möglichst genau gemäß den Vorgaben umgesetzt werden sollten, und welche Bestandteile können (wahrschein- lich) ohne größere Verluste weggelassen werden? Für wen und unter welchen Bedingungen eignet
19 Mögliche Leitfragen zum Merkmal Lernen • W elche Kenntnisse aus der Bildungs- am (wissenschaftlich) aufbereiteten guten forschung müssen in die Konzeption der Beispiel: Werkstatt einbezogen werden, um die guten Beispiele aufbereiten und rahmen zu • Wurde das Erfahrungswissen der Schul- können? preispraktiker*innen expliziert und auf- bereitet, sodass die Teilnehmer*innen • W ird das Beispiel konkret und anschaulich sich die Konzepte und Beispiele aneignen vorgestellt? Werden die spezifischen Rah- können? menbedingungen, in denen das Konzept erfolgreich war, verständlich dargestellt? • … Systematische Verschränkung von 4.2 Input, Erprobung und Reflexion Lehrkräfte verfügen bereits über elaboriertes xis gesammelt werden sollten, welche dann beim berufliches Wissen, haben etablierte Überzeu- nächsten Treffen gemeinsam reflektiert werden. gungen sowie mehr oder weniger funktionale Angenommen wird, dass die Teilnehmenden Unterrichtsroutinen. Um unter diesen Umstän- durch die systematische Verschränkung von In- den eine Erweiterung der Leh- put, Erprobung und Reflexion rerkognitionen und eine dauer- erfahren, dass das neu Erlern- hafte Veränderung des unter- te nützlich und brauchbar ist, richtspraktischen Handelns Zwischen den einzel- wodurch bestehende Über- bewirken zu können, sollten nen Bausteinen einer zeugungen erweitert werden die Inhalte der Werkstatt zwar (Reinold, 2016) und letztlich anschlussfähig an bestehen- Werkstatt werden Er- das schulpraktische Handeln de Handlungsüberzeugungen fahrungen in der Pra- dauerhaft verändert werden sein, aber auch gemäßigte ko- kann. Wirkungsvolle Fortbil- gnitive Dissonanzen in verän- xis gesammelt, welche dungen zeichnen sich dem- derungsrelevanten Bereichen dann gemeinsam re- zufolge dadurch aus, dass die hervorrufen sowie bestehende Teilnehmenden neues Wis- Präkonzepte und Überzeugun- flektiert werden. sen bzw. neue Handlungs- gen offenlegen und erweitern weisen in ihrem Alltag – oder (Lipowsky, 2014). Nachhaltige Veränderungen auch als „Trockenübung“ während der Fortbil- können mühsam und konfliktreich sein. Um den dung selbst – anwenden und erproben und die Transfer neuer Kompetenzen aus einer Fort- Erprobung anschließend reflektieren (Lipowsky bildung in die Schulpraxis wahrscheinlicher zu & Rzejak, 2015). Die Anwendung und Erprobung machen, ist die systematische Verschränkung während der Werkstatt selbst und in der Schul- von Input, Erprobungs- und Reflexionsphasen praxis erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass in erfolgversprechend (Lipowsky, 2014). Das be- der Werkstatt gehörtes, zunächst noch „träges“ deutet, dass zwischen den einzelnen Bausteinen Wissen zu Fähigkeiten werden kann, die die Teil- einer Werkstatt gezielt Erfahrungen in der Pra- nehmer*innen tatsächlich anwenden.
20 Der Input, der die Grundlage für die Erprobungs- allein sind jedoch oft nicht ausreichend, um zu und Reflexionsphase bildet, sollte bestimmte dauerhaften Veränderungen zu führen, da die Qualitätskriterien aufweisen, die sich auch in der Veränderung von Routinen mit „Kosten“ ver- Unterrichtsforschung als lernwirksam erwiesen bunden ist – was zuvor automatisiert ablief, er- haben und auch als „Merkmale guten Unter- fordert jetzt bewusste Planung und Umsetzung, richts“ bekannt sind (z. B. Helmke, 2017; Kunter also kognitive Energie, die dann nicht mehr für & Trautwein, 2013). Die Ausführungen im Ple- andere Dinge zur Verfügung steht. (Gemeinsa- num sollten inhaltlich klar und verständlich und me) Reflexion kann dazu führen, dass diese zu- in sich gut strukturiert sein. Bei der Gestaltung nächst kostspieligen neuen Handlungsweisen des Inputs sollte darauf geachtet werden, dass dennoch aufrechterhalten werden, weil die Teil- das Arbeitsgedächtnis möglichst nicht überlas- nehmenden sie als sinnvoll und zielführend ver- tet wird. Das Arbeitsgedächtnis wird entlastet, stehen, also erfahren, dass sich die Kosten dafür wenn der auditive und der visuelle Kanal gleich- lohnen. Außerdem kann die Reflexion der An- zeitig angesprochen werden, indem beispiels- wendung dazu führen, dass die Teilnehmenden weise Abbildungen mündlich erläutert werden. für sich herausarbeiten, in welchen Situationen Das Vorlesen von Text auf Präsentationsfolien ist das neue Wissen anwendbar ist und in welchen hingegen problematisch, „weil dieses Vorlesen nicht. So können sie flexibel anwendbares Wis- mit dem gleichzeitig stillen Lesen interferiert“ sen aufbauen, statt das neu Erlernte nur in einem (Wellenreuther, 2015, S. 88). Zusätzlich sollte der eng begrenzten Kontext, dem Thema der Werk- Input kognitiv aktivierend gestaltet sein, also die statt, anwenden zu können. Reflexion kann also Teilnehmer*innen dazu anre- auch dem erweiterten Trans- gen, sich aktiv mit den Lern- fer dienlich sein. inhalten auseinanderzuset- zen. Die aktive Auseinander- Komplexe Fähigkeiten, Entscheidend ist, dass die setzung fördert dabei sowohl die für Transferaufga- Teilnehmenden bei der An- das Verständnis als auch die wendung und Erprobung Er- Verankerung der Inhalte im ben benötigt werden, fahrungen machen, die für sie Langzeitgedächtnis (Helmke, müssen zunächst in der neu sind und die das Potenzial 2017). haben, besser zu sein als eta- Werkstatt systematisch blierte Routinen und schließ- Idealerweise folgen auf den angeleitet und einge- lich, dass ihnen die Gelegen- Input dann entweder Übun- heit gegeben wird, das Neue gen im Baustein oder Trans- übt werden, bevor sie und Bessere auch zu erken- feraufgaben zur Erprobung in in der beruflichen Pra- nen. Wichtig ist außerdem, der Schule. Wichtig ist dabei, dass die Reflexion des Erprob- dass die Übungen und Trans- xis zwischen den Bau- ten durch die Trainer*innen feraufgaben einen eindeuti- steinen angewendet gut vorbereitet und angeleitet gen Bezug zum Input aufwei- wird. So haben Untersuchun- sen. Wenn in der schulischen werden können. gen gezeigt, dass ungelenkte Praxis komplexe Neuerungen Diskussionen zwischen Teil- erprobt werden sollen, müssen die einzelnen nehmenden in Fortbildungen dazu führen kön- Fähigkeiten, die für die Durchführung benötigt nen, dass Lehrkräfte einander in ihren Haltun- werden, zunächst in der Werkstatt systematisch gen, Überzeugungen und ihrer althergebrachten angeleitet und eingeübt werden, z. B. durch Rol- Unterrichtspraxis bestätigen, statt diese zu er- lenspiele, gemeinsame Analyse von Unterrichts- weitern und zu optimieren (Lipowsky, 2014; Litt- videos und Feedback geben und nehmen. Klar le, Gearhart, Curry & Kafka, 2003). formulierte und schriftlich vorliegende Aufga- ben unterstützen diese Vorgehensweise. Nicht zuletzt sollte auch der gesamte Ablauf des Dreischritts Input-Erprobung-Reflexion Lehrkräfte haben so die Gelegenheit, Hand- klar gestaltet sein. Dies bedeutet, dass die Auf- lungsroutinen aufzubauen und auf ihre Taug- gabenstellungen für die Teilnehmer*innen ver- lichkeit – in ihrem eigenen spezifischen Kontext ständlich sind, der thematische Ablauf plausi- – hin zu überprüfen. Anwendung und Erprobung bel gestaltet ist und die Ergebnissicherung klar
21 und verbindlich ist. Die Ziele der Werkstatt, des jeweiligen Bausteins und der Arbeitsphase müs- sen von den Trainer*innen verdeutlicht werden (Gaumer Erickson et al., 2017). Mögliche Leitfragen zum Merkmal systematische Verschränkung von Input, Erprobung und Reflexion: • O rientiert sich der Input an aktuellen fach- und feldspezifischen bzw. wissen- schaftlichen Erkenntnissen des jeweili- gen Themas? • B ietet die Transferaufgabe das Poten- zial für echte Lernerfahrungen? Was sollen die Teilnehmenden durch die Anwendung und Erprobung konkret lernen oder erfahren? Passt die ge- stellte Aufgabe wirklich zu dem Ziel, das durch die Bearbeitung der Aufgabe erreicht werden soll? • …
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