Schülervertretung Praxishefte Demokratische Schulkultur - OPUS

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Schülervertretung Praxishefte Demokratische Schulkultur - OPUS
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Praxishefte Demokratische Schulkultur

Schülervertretung
Schülervertretung Praxishefte Demokratische Schulkultur - OPUS
mateneen

IMPRESSUM

Herausgeber
Ministère de l’Éducation nationale,
de l’Enfance et de la Jeunesse,
Universität Trier, Professur Didaktik
der Gesellschaftswissenschaften,
Zentrum fir politesch Bildung

Luxemburg, Trier | September 2020

ISSN
(dt. Fassung, print): 2658-9613
(dt. Fassung, online): 2658-9621
(édition française, en ligne): 2658-9656

Die Praxishefte Demokratische Schul-
kultur erscheinen halbjährlich und bieten
Schulleitungen und Schulpersonal theo-
retische Grundlagen und praxisorientierte
Anleitungen zur demokratiepädagogischen
Schulentwicklung.
Jedes Themenheft ist jeweils einer
demokratiepädagogischen Bauform
oder strategischen Frage der Schul-
entwicklung gewidmet. Die Praxishefte
werden allen Luxemburger Schulen als
Printausgabe zur Verfügung gestellt und
online mit zusätzlichen Materialien und
in französischer Fassung vorgehalten.

  mateneen.eu
Layout
            | 20, rue des Sangliers
L-7344 Steinsel | www.moskito.lu

Druck
WePrint
7A, rue de Bitbourg
L-1273 Luxembourg

2                                           © Universität Trier | Zentrum fir politesch Bildung | Ministère de l’Éducation nationale, de l’Enfance et de la Jeunesse
Schülervertretung Praxishefte Demokratische Schulkultur - OPUS
mateneen

                                                                                                                           Inhalt
                   VORWORT
                    4

                   THEORIETEIL
                   Schülervertretung: Gelingensbedingungen einer verfassten demokratischen Beteiligung  5
                   Charlotte Keuler

                   „Die Demokratisierung von Schulen ist uns ein großes Anliegen“                                              13
                   Interview mit Schülersprecher*innen aus der Großregion

                   Mitbestimmung von Anfang an. Zu Besuch beim Schulparlament in Fentingen                                     16
                   Tom Ketter

                   PRAXISTEIL
                   Klassensprecher*innen auf ihre Aufgaben vorbereiten                                                         19
                   Fatima Amkouy

                   Schülercomité-Wahlen leicht gemacht                                                                         23
                   Vanessa Reinsch

                   Was heißt eigentlich „repräsentieren“?
                   Jugendliche auf ihre Aufgaben in der Schülervertretung vorbereiten.                                         28
                   Vanessa Reinsch

                   Es geht auch ohne Vertreter*innen! Just Community und Aushandlungsprozesse                                  31
                   Svenja Hackethal und Christian Welniak

                   Empfehlungen                                                                                                35
                   Vanessa Prinz und Vanessa Reinsch

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Schülervertretung Praxishefte Demokratische Schulkultur - OPUS
Vorwort

Die fünfte Ausgabe der mateneen-            Rheinland-Pfalz und dem Saarland über                         stelligt werden kann. Das Konzept der
Praxishefte Demokratische Schulkultur       Erfahrungen in der Schülervertretung                          Just Community ist in der Großregion
befasst sich mit verschiedenen Formen       berichten und dabei Chancen und                               eher unbekannt, der Beitrag soll Sie
von Schülervertretungen. Schülerver-        Grenzen ihrer Arbeit schildern. Dass                          ermuntern, neue Wege zu beschreiten.
tretung ist überall in der Großregion       auch Grundschulkinder Projekte dis-
gesetzlich verankert und somit die          kutieren, planen und umsetzen können,                         Das Heft will dazu beitragen, das oftmals
institutionelle Form der Beteiligung. Das   zeigt das Schülerparlament in Fentin-                         unterschätzte Potenzial von Schülerver-
Instrument bietet wie kein anderes die      gen. Tom Ketter konnte sich vor Ort                           tretungen zu erkennen, und konkrete Hilfe-
Möglichkeit für Kinder und Jugendliche,     ein Bild davon machen.                                        stellung bieten, eben dieses Potenzial
demokratische Beteiligung zu lernen                                                                       auszuschöpfen: Schulen gehören allen
und zu erleben. Trotzdem wird die Schü-     Im Praxisteil werden viele Materialien                        Akteuren, allen voran den Kindern und
lervertretung oft nicht wahrgenommen        vorgestellt, die die Arbeit mit Schüler-                      Jugendlichen, die, wenn sie die Institu-
und gilt als Alibi-Partizipation. Dabei     vertreter*innen erleichtern. Der Artikel                      tion als gestaltbar empfinden, sich eher
sind die Herausforderungen und An-          von Fatima Amkouy nimmt dabei die                             mit ihr identifizieren und letztendlich
sprüche einer funktionierenden Schü-        Klassensprecher*innen in den Blick,                           auch die Erfolgschancen ihrer Lern-
lervertretung altbekannt. Wie Schü-         Vanessa Reinsch beschreibt in einem                           prozesse steigern.
lervertretung gelingen kann und was         ersten Artikel, wie man Wahlen vorbe-
die Voraussetzungen sind, beschreibt        reiten und durchführen kann. Ihr zweiter                      Auf der Internetseite „mateneen.eu“
Charlotte Keuler im ersten Artikel der      Beitrag stellt zwei Methoden vor, wie                         finden Sie zusätzlich zu den deutschen
vorliegenden Ausgabe. Sie geht dabei        man neue Schülervertreter*innen durch                         und französischen Versionen aller
sowohl auf das Ziel – die Repräsentation    den Reflexionsprozess rund um Re-                             bereits erschienenen Hefte wie immer
von Schüler*innen – als auch auf den        präsentation und Rollenklärung führen                         die frei verfügbaren Arbeitsblätter und
Prozess – was bedeutet Gremiumsar-          kann, damit sie auf Augenhöhe mit Er-                         Kopiervorlagen zu allen Praxisbeiträgen
beit und wie geht das – ein. Dabei fasst    wachsenen diskutieren und gemeinsam                           für den flexiblen Einsatz im Unterricht.
sie besonders die Rolle und Haltung der     mit ihnen Schule gestalten können.
Erwachsenen ins Auge: Konfrontationen                                                                     Wir wünschen Ihnen viel Freude beim
müssen ausgehalten und lernproduktiv        Der letzte Artikel von Christian Welniak                      Lesen und freuen uns auf Feedback,
gestaltet werden.                           und Svenja Hackethal zeigt schließlich,                       Reaktionen und Anregungen.
                                            dass demokratische Teilhabe nicht nur
Der zweite Beitrag lässt junge Menschen     indirekt, sondern auch ohne Repräsen-
zu Wort kommen, die in Luxemburg,           tation, also basisdemokratisch bewerk-                        Das Herausgeberteam

4                                                © Universität Trier | Zentrum fir politesch Bildung | Ministère de l’Éducation nationale, de l’Enfance et de la Jeunesse
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THEORIETEIL                                                   mateneen | Theorieteil | Schülervertretung: Gelingensbedingungen einer verfassten demokratischen Beteiligung

Schülervertretung: Gelingensbedingungen
einer verfassten demokratischen Beteiligung
Charlotte Keuler

In vielen Schulen der Großregion werden demokratiepädagogische Projekte und Bestrebungen durchgeführt,
um Schüler*innen an der Gestaltung der eigenen Schule zu beteiligen. Daneben gibt es ein oft unterschätztes
Instrument, das eine institutionelle Mitsprache auf Augenhöhe mit anderen schulischen Akteuren
ermöglicht: die Schülervertretung.

Die Schülervertretung (SV) nimmt einen                            Repräsentation der Schülerschaft durch                   Akteur neben Schulleitung, Schulperso-
Sonderstatus unter allen demokratiepäda-                          Schüler*innen Gelingensbedingungen und                   nal- und Elternvertretung. Dabei hat die
gogischen Bauformen ein. Schüler*innen                            ist auf ein wohlüberlegtes Agieren aller                 Schülervertretung eine doppelte, in sich
werden hier in einem politischen Gremi-                           schulischen Akteure angewiesen.                          spannungsreiche Funktion: Im Sinne des
um repräsentiert, dessen unterschiedliche                                                                                  Subsidiaritätsprinzips sollten Schulge-
Ausgestaltung und Kompetenzen in ver-                                                                                      meinschaften als staatliche Institutionen
schiedenen Gesetzen und Verordnungen                                    Subsidiaritätsprinzip                              ihre Angelegenheiten möglichst selbst-
festgeschrieben sind1 – die Lernenden                                   Nach dem Subsidiaritätsprinzip regeln              bestimmt und eigenverantwortlich regeln
können ihre Rechte also nachlesen und                                   staatliche Institutionen wie Schulen               – eine Aufgabe, die unter anderem durch
einfordern. Die Verbindlichkeit der Betei-                              ihre Angelegenheiten – soweit möglich              das Schülergremium erfüllt wird. Zugleich
ligungsform ermöglicht zugleich nachhal-                                und sinnvoll – eigenverantwortlich.                soll die Schülervertretung – dem Ziel
tige und dauerhafte Partizipationserfah-                                Dies rechtfertigt, dass Aufgaben zu-               schulischer Bildung entsprechend – Lern-
                                                                        nächst auf Ebenen wie dem Klassen-
rungen und -traditionen. Sie prägt in ihrer                                                                                gelegenheiten bieten, als pädagogisches
                                                                        rat oder der Schülerversammlung
je schulspezifischen Ausgestaltung und                                                                                     Instrument Mündigkeit und Partizipati-
                                                                        selbstbestimmt bearbeitet werden,
gelebten Praxis das (schul-)demokrati-                                  ehe Gremien wie die Schulkonferenz,
                                                                                                                           onsfähigkeit der Schüler*innen zu stärken.
sche Selbstverständnis der Schülerschaft                                Schulverwaltung oder Parlamente                    Die Schülervertretung hat damit als
in besonderer Weise. Die Schülerver-                                    regulierend eingreifen.                            demokratischer Lernort und realer poli-
tretung ist damit bedeutsamer Schauplatz                                                                                   tischer Handlungsraum eine in doppelter
demokratischen Lernens und kann ein                                                                                        Hinsicht elementare Bedeutung.
Gradmesser für die jeweilige demokra-                             Schülervertretung zwischen
tische Schulkultur sein. Demgegenüber                             pädagogischem Lernort                                    Zur Schülervertretung lässt sich jede
stehen allerdings verbreitete Einschätzungen,                     und politischem Handlungsraum                            Person zählen, die für den Zweck der
die Schülervertretung verfüge über zu                             Die Lernenden bilden die größte in der                   Repräsentation einer Schülergruppe
wenig Befugnisse, stoße auf Desinter-                             Schule präsente Statusgruppe; sie zu                     demokratisch gewählt wurde – also
esse bei den Schüler*innen oder werde                             repräsentieren und dafür zu sorgen,                      Klassensprecher*innen, Mitglieder vom
von ihnen nicht funktional genutzt. Diese                         dass sie ausreichend an der Gestaltung                   Schülerparlament, vom Schülercomité
Ambivalenz zeigt bereits auf, dass eine                           des Schullebens teilnehmen können, ist                   usw. An die Amtsinhaber*innen werden
Schülervertretung nicht per se als selbst-                        Aufgabe der Schülervertretung. Allein                    dabei Forderungen gestellt, die sich an
läufiges Gremium angesehen werden                                 diese Tatsache macht die Vertretung zu                   jedes politische Gremium richten. Dazu
sollte. Vielmehr unterliegt die erfolgreiche                      einem überaus bedeutsamen schulischen                    gehören politische Handlungsfähigkeit

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                                Neben Rechten und Pflichten bringt Schülervertretung auch jede Menge Spaß!

und dementsprechende Ergebnisse, das                   bleibt. Das verstärkt im Einzelfall die all-                    Für diese Fälle bieten Zusammenschlüsse
Kennen von Interessen und Bedürfnissen                 gemeine Gefahr, dass die zugestandenen                          der Schülervertretungen auf Regional-
der Wähler*innen wie auch der konti-                   Kompetenzen durch die Schüler*innen                             und Landesebene Unterstützung
nuierliche Austausch und die im Zweifel                nicht ausreichend wahrgenommen wer-                             für Schüler*innen und Erwachsene:
konfliktbehaftete Auseinandersetzung                   den (können).                                                   Sie können über die Möglichkeiten
mit relevanten Akteuren.                                                                                               der Lernenden aufklären und Impulse
                                                       Dabei ist es gerade aufgrund der Relevanz                       für eine konkrete Umsetzung geben.
Partizipation einfordern und ermöglichen               des Gremiums und der mit ihm verbun-
Die Schülervertretung hat viele Rech-                  denen Lernerfahrungen umso bedeut-                              Das Gremium verfehlt hingegen seine
te und diese sind weitreichender als oft               samer, dass die erwachsenen Akteure                             Relevanz, wenn sich der Umgang mit
gedacht. So wirken luxemburgische,                     ausreichend über die Gestaltungsmög-                            anderen Akteuren auf das Abnicken
vom Schülercomité entsandte Lernende                   lichkeiten der Schülervertretung Bescheid                       unterbreiteter Vorschläge beschränkt und
der Sekundarschulen im schuleigenen                    wissen: Damit Schülervertreter*innen                            dabei vor einer politischen Positionierung
Bildungsrat an Entscheidungen über die                 ihre Kompetenzen ausschöpfen können,                            zurückgeschreckt wird. Hier bewegt sich
Schulcharta und das Schulbudget mit2                   müssen diese von der Schulleitung, von                          die Schülervertretung in einem Span-
– und sind damit in ihren Kompetenzen                  Personal, Eltern und Lehrkräften bewusst                        nungsverhältnis zwischen dem Erhalt des
weit entfernt von dem Klischee einer                   eingefordert und entsprechende Hand-                            Schulfriedens durch Kooperation und
unfruchtbaren Diskussion über die An-                  lungssituationen ermöglicht werden.                             Kompromisse und dem – notwendiger-
schaffung eines Kickertischs. Den Lehr-                Hier ist es die Aufgabe der erwachsenen,                        weise auch konfliktbehafteten – Eintreten
personen, dem Personal, Eltern und auch                speziell geschulten Begleiter*innen, die                        für die Interessen der Schüler*innen.
Schüler*innen scheinen solche Rechte                   Schüler*innen über die Wahrnehmung                              Eine gelingende Schülervertretungsarbeit
aber oftmals nicht hinreichend bekannt.                ihrer Rechte hinaus auch in der Aus- und                        kanalisiert die dauerhaft notwendige und
Verschärft wird dieser Umstand dadurch,                Weiterbildung von Handlungsstrategien                           fruchtbare Konfliktaustragung zwischen den
dass den Schulen bei der konkreten Um-                 zu unterstützen. Andererseits ist darauf                        Akteuren und wirkt so befriedend, anstatt
setzung der Schülervertretung immer                    zu achten, dass den Schüler*innen gewisse                       für das Bild einer durchweg harmonischen
auch ein gewisser Grad an Spielraum                    Kompetenzen nicht vorenthalten werden.                          Schulgemeinschaft herhalten zu können.

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Schülervertretung Praxishefte Demokratische Schulkultur - OPUS
mateneen | Theorieteil | Schülervertretung: Gelingensbedingungen einer verfassten demokratischen Beteiligung

Denn Partizipation bedeutet keinesfalls,                          Klar ist: Die Schülervertretung hat                      dann, wenn sich diese als konträr zu
dass die Schüler*innen bequeme Ent-                               insgesamt ein begrenztes Mandat.                         Positionen anderer Akteure herausstellen.
scheidungen treffen oder die „von oben“                           Schüler*innen können zwar zu allen                       Andererseits bewegen sich Schüler*innen
erwarteten Forderungen formulieren.                               schulinternen und auch schulpolitischen                  in einem Raum, in dem sie politisches
Das sollten sich Schulleitung, Schulper-                          Themen Position beziehen und so ihre In-                 Handeln noch zunehmend lernen und er-
sonal- und Elternvertretung immer wieder                          teressen verbalisieren – ihr tatsächliches               proben müssen – und in dem ein schritt-
bewusstmachen und im Bedarfsfall Hand-                            Mitwirkungsrecht ist aber beschränkt.                    weises, begleitetes „Herantasten“ risikolos
lungsoptionen prüfen, die nicht zu einem                          Auch hier kommt das Spannungsfeld                        für die Schüler*innen ermöglicht werden
Kompetenzversagen der Schüler*innen                               zwischen realem politischem Handeln und                  muss. Diese nicht auflösbare Diskrepanz
führen. Das Gespräch auf Augenhöhe ist                            pädagogischem Schon- und Lernraum                        sollte als dauerhafte Herausforderung
zentral; Konfrontationen sind lernproduk-                         zum Tragen – eine Ambiguität, die in der                 von allen erwachsenen Akteuren wahr-
tiv, notwendig und müssen ausgehalten                             Schule grundsätzlich jede Form demokra-                  genommen, das eigene Handeln daraufhin
werden. Für alle Akteure gilt dabei: Schei-                       tischer Beteiligung betrifft. Bezogen auf                reflektiert und für die Schüler*innen
tern ist ein wichtiges und mögliches Element                      die Schülervertretung heißt das konkret,                 auch transparent gemacht werden.
jedes politischen Aushandlungsprozesses,                          dass es einerseits die Pflicht von Amtsin-               Das verhindert zum einen, dass die den
das es als solches auch einzuordnen gilt,                         haber*innen ist, politische Entscheidungen               Schüler*innen zustehenden Rechte nicht
statt es als Misserfolg oder als Angriff auf                      zu treffen und Interessen der Schüler*innen              unter den Tisch fallen. Zum anderen zeigt
die eigene schulische Stellung zu deuten.                         wirksam zu vertreten, besonders                          es bereits im Vorfeld und transparent für

                                                                                                                                                                               Foto: Lukas Sommer

             Der SV-Raum ist zugleich Rückzugsort, Büro, Treffpunkt und ein „sicherer“ Ort für die Anliegen der Schülerschaft.

© Universität Trier | Zentrum fir politesch Bildung | Ministère de l’Éducation nationale, de l’Enfance et de la Jeunesse                                                  7
Schülervertretung Praxishefte Demokratische Schulkultur - OPUS
Schülervertretung: Gelingensbedingungen einer verfassten demokratischen Beteiligung | Theorieteil | mateneen

alle Beteiligten mögliche Grenzen auf, auf                                                                             der Schülervertretung durch alle Akteure
die Schüler*innen bei der Interessenver-                   Beutelsbacher Konsens                                       sichtbar Zeit und Raum gewidmet wird.
tretung stoßen können.                                     Der Beutelsbacher Konsens fasst drei                        Das geschieht durch einen regelmäßigen
                                                           grundlegende Ansprüche an politische                        Arbeitsbericht in den Klassen, Präsenz auf
Dass Demokratiebildung bzw. politisches                    Bildung zusammen. Lernende dürfen                           der Schulhomepage und am Schwarzen
Lernen immer auch eine Anleitung und                       in ihrer politischen Urteilsbildung nicht                   Brett wie auch durch einen eigenen Raum
Unterstützung zu realem politischen Han-                   überwältigt, sondern sollen befähigt                        für die Vertreter*innen, den alle Schü-
deln intendiert, betont nicht zuletzt auch                 werden, ihre Interessen zu erkennen                         ler*innen für festgelegte Sprechzeiten
der sog. Beutelsbacher Konsens, der in                     und in den politischen Diskurs einzu-                       aufsuchen können. Sinnvoll ist auch ein
vielen Ländern die Grundlage politischer                   bringen. Dafür gilt: „Was in Wissen-                        eigener, selbstverwalteter Etat, um
Bildungsarbeit bildet. In seinem dritten                   schaft und Politik kontrovers ist,                          dessen konkrete Verwendung ernsthaft
                                                           muss auch im Unterricht kontrovers
Satz wird explizit gefordert, den Schüler                                                                              debattiert und gestritten werden kann.
                                                           erscheinen.“3
zu befähigen, „eine politische Situation                                                                               (Vgl. Abb. Seite 10)
und seine eigene Interessenlage zu analy-
sieren, sowie nach Mitteln und Wegen zu                                                                                Es gilt zudem, schulübergreifende Ver-
suchen, die vorgefundene politische Lage               Der Grundstein für die Wahrnehmung                              netzungen und Kooperationen wie bspw.
im Sinne seiner Interessen zu beeinflus-               der Schülervertretung liegt dabei bereits                       Regional- und Landesschülervertretungen
sen.“3 Auf diese Weise kann der Konsens                im Wahlkampf. Die Wahl ist kein Wett-                           zu fördern: Sie erreichen über die Schüler-
auch Richtschnur für Lehrpersonen sein,                bewerb um Beliebtheit, es ist vielmehr                          vertretungen der Einzelschulen alle
Schüler*innen in der Gremienarbeit dabei               darauf zu achten, dass inhaltliche Argu-                        Lernenden und können ihrerseits Interes-
zu unterstützen, vorliegende schulische                mente herausgestellt werden: Welche*r                           sen und Forderungen der Schüler*innen
Interessenkonflikte zu analysieren, eigene             Kandidat*in steht für welche Interessen                         landesweit erheben und zusammenführen.
Rechte und Einflussfaktoren wahrzuneh-                 ein? Auch das gemeinsame und stringente                         Die Regional- und Landesdelegierten
men und ihre Interessen im vorhandenen                 Auftreten nach abgeschlossenen Aus-                             verfügen damit über erhebliches Gewicht
politischen Handlungs- und Entschei-                   handlungsprozessen im Team ist wichtig.                         und Einfluss in schulpolitischen Fragen
dungsspielraum zielgerichtet einzubringen.             Wertvoll ist hierfür eine bewusst gestal-                       und sind gleichermaßen für Schüler*innen,
                                                       tete Zeit zu Beginn jeder neuen Amtszeit,                       Schulverwaltung und Bildungspolitik
Erfolgreiche Schülervertretung braucht                 in der die Lernenden schrittweise in ihre                       potente Ansprechpartner*innen, sofern
Sichtbarkeit, Unterstützung & Vernetzung               neuen Rollen schlüpfen und als Team                             durch einen intakten Informationsfluss
Eine oft von Schülervertreter*innen                    zusammenwachsen können. Sobald das                              einerseits ihr Einfluss in den Schulen und
geäußerte Kritik ist, dass sie sich von Mit-           Gremium seine Arbeit dann aufnimmt,                             andererseits über ihre Vertretung die Ein-
schüler*innen und Lehrpersonen in ihrer                gilt es für die Amtsinhaber*innen, die                          bringung von Wünschen und Interessen
Rolle nicht ernst genommen fühlen. Auch                Schülerschaft nicht aus den Augen zu                            aus der Schülerschaft in die schulüber-
eine Studie zeigt, dass nur etwa ein Drittel           verlieren. Eine intensive, durch Lehrkräfte                     greifende Gremienarbeit gesichert sind.
der befragten Schüler*innen ihrer eigenen              systematisch unterstützte und regelmä-
Vertretung eine hohe Relevanz beschei-                 ßige Rückkopplung an die Klassen ist hier                       Wichtig ist insgesamt, dass die Schü-
nigen. Geschildert wird hier, dass eine                dringend notwendig. Ihre Interessen sind                        ler*innen ihre Schule als gestaltbar emp-
höhere Relevanzzuschreibung mit einer                  zentral für das Gremium; die Vertretung                         finden. Trifft das zu, besteht laut Studie
größeren Bereitschaft einhergeht, sich                 ist im Sinne ihrer Repräsentation für die                       eine höhere Beteiligungsbereitschaft in
mit Problemen schulischer Art in Dis-                  Schüler*innen verantwortlich. Eine solche,                      der eigenen Vertretung – die den Partizi-
kussionen auseinanderzusetzen und selbst               beidseitig entgegengebrachte Ernsthaf-                          pationskanälen zugesprochene Wertigkeit
in dem Gremium mitzuwirken – sie kann                  tigkeit bleibt jedoch möglicherweise aus,                       und Zugänglichkeit sind für die Mitwirkung
also erklärterweise zu mehr schulischer                wenn Schulleitung, Lehrkräfte und Amts-                         und Repräsentation der Schüler*innen
Beteiligung führen und im Sinne einer                  inhaber*innen hier nicht für eine aus-                          von Bedeutung.5
Partizipationssteigerung bewusst reflek-               reichende Wahrnehmung sorgen. Dafür
tiert und gefördert werden.4                           ist es unumgänglich, dass dem Gremium

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Schülervertretung Praxishefte Demokratische Schulkultur - OPUS
mateneen | Theorieteil | Schülervertretung: Gelingensbedingungen einer verfassten demokratischen Beteiligung

                                                                   Die Ebenen der Schülervertretung

                                                                                 Regionale/Nationale Ebene

                                                                                                                           Hier sind alle Schulen der Region
                                                                                                                           oder des Landes durch Abgeordnete
                                                                                                                           vertreten. Die regionale/nationale
                                                                                                                           Vertretung kann Anliegen der
                                                                                                                           Schülerschaft öffentlich machen und
                                                                                                                           ggf. gegenüber der Politik vertreten.
                                                                                                                           Zugleich können von hieraus
                                                                                                                           Anfragen, Initiativen und Ideen
                                                                                                                           an alle Schulen verteilt werden.

                                                                                               Schulebene
                                                                                                                           Die Mitglieder der Schülervertretung
                                                                                                                           oder des Schülercomités greifen
                                                                                                                           die Themen auf, die über die Klassen-
                                                                                                                           sprecher*innen an sie herangetragen
                                                                                                                           werden und diskutieren Impulse
                                                                                                                           der regionalen und nationalen
                                                                                                                           Vertretungen.

                                                                                               Klassenebene
                                                                                                                           In der Klasse werden Fragen
                                                                                                                           oder Anliegen, z.B. im Klassenrat,
                                                                                                                           diskutiert. Klassensprecher*innen
                                                             Fr a g e n u n d A n l ie g e n                               nehmen diese mit in die Klassen-
                                                                                                                           sprecherversammlungen. Zugleich
                                                                                                                           wird über die Arbeit auf regionaler,
                                                                                                                           nationaler und Schulebene
                                                                                                                           informiert und diskutiert.

    Eine gute Vernetzung der verschiedenen Ebenen macht es möglich, die Anliegen aller Jugendlichen von der Klassenratsebene
    bis hin in nationale Entscheidungsprozesse einzubringen. Umgekehrt kann die nationale Vertretung über die Delegierten bis hin
                              zur einzelnen Klasse alle Schüler*innen thematisch einbinden und mobilisieren.

© Universität Trier | Zentrum fir politesch Bildung | Ministère de l’Éducation nationale, de l’Enfance et de la Jeunesse                                                   9
Schülervertretung Praxishefte Demokratische Schulkultur - OPUS
Schülervertretung: Gelingensbedingungen einer verfassten demokratischen Beteiligung | Theorieteil | mateneen

  Regelmäßiger Kontakt zwischen Schüler*innen und Schülervertretung                                                        Schülervertretung vielfältig
               ist die Basis für erfolgreiche Beteiligung.                                                                 und partizipativ gestalten
                                                                                                                           Was ist hinsichtlich der Beteiligung einer
                                                                                                                           Schülervertretung noch bedeutsam? Da-
                                                                                                                           mit die konkrete Arbeit der Schülerver-
                                                                                                                           tretung im Schulalltag sichtbar und leben-
                                                                                                                           dig bleibt, sollte sich die Arbeit nicht auf
                                                                                                                           die verfasste Gremienarbeit beschrän-
                                                                                                                           ken, sondern methodisch vielfältig und
                                                                                                                           partizipativ gestaltet werden. Dies kann
                                                             Briefkasten der SV
                                                                                                                           beispielsweise durch die Einberufung pro-
                                                             Direkte Kontaktmöglichkeit im Schulgebäude                    jektbezogener Arbeitsgruppen geschehen,
                                                                                                                           die allen interessierten Schüler*innen
                                                                                                                           offenstehen und die sich beispielsweise
                                                                                                                           der Ausarbeitung eines Nachhaltigkeits-
                                                                                                                           konzepts für die Schulmensa, der Umge-
                                                                                                                           staltung des Pausenhofs im Rahmen eines
Digitale Erreichbarkeit in                                                                                                 Deliberationsforums oder der Planung des
einem geschützten Rahmen                                                                                                   Sommerfests widmen. Für viele Kinder
                                                                                                                           und Jugendliche ist ein themenspezi-
                                                                                                                           fisches, zeitlich begrenztes und abwechs-
                                                                                                                           lungsreiches Engagement attraktiver als
                                                                                                                           die in ihren Verfahren restriktive, wenig
                                                                                                                           jugendgemäße Gremienarbeit. Durch
                                                              Regelmäßige SV-Berichte                                      die niedrigschwellige Einbindung weiterer
                             Büro und                         in den Klassen                                               Schüler*innen und die Initiierung unter-
                             Sprechstundenliste               zur Information über die SV-Arbeit                           schiedlicher Projekte können die Arbeiten
                             Persönliche Präsenz zu           und Sammlung von Anliegen an die
                             ausgewiesenen Zeiten             SV, z.B. im Klassenrat                                       der Schülervertretung im Schulalltag
                                                                                                                           transparenter gestaltet und inhaltlich
                                                                                                                           ausgeweitet und zugleich die gewählten
                                                                                                                           Delegierten entlastet werden.

                         ?
                              Me
                                 ineS
                                                                                                                           Orientierung für die Vielfalt möglicher
                                     chü
                                        ler
                                              ver
                                                  tret
                                                       ung
                                                                                                                           Beteiligungsmodi bietet die sog. Leiter
                                                                                                                           der Partizipation. Tatsächliche Beteili-
                                                Ko
                                                   nt akt
                                                                                                                           gung beginnt hier mit einem Projekt, das
                                                                                                                           von Erwachsenen begründet und geleitet
                                                                                                                           wird. Transparent für die Kinder ist der
                                                                                                                           Zweck der Aktion wie auch die Gründe

                                                                                                                                Leiter der Partizipation
Präsenz auf der Schulhomepage                                  Informationstafel                                                Die sog. Leiter der Partizipation
zur Vorstellung der SV-Mitglieder                              mit Informationen über die SV im                                 graduiert acht Beteiligungsformen, die
und Information über die SV-Arbeit                             Schulgebäude (Schwarzes Brett)
                                                                                                                                von lediglich vorgetäuschten Mitspra-
                                                                                                                                chemöglichkeiten bis hin zu möglichst
                                                                                                                                autonomen und selbstgeführten For-
Schülervertretungen brauchen eine „kurze Leitung“ zwischen sich und ihrer Schülerschaft –                                       maten reichen (vgl. Abb. Seite 12).6
          mit vielen niedrigschwelligen Kontakt- und Informationsmöglichkeiten.

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mateneen | Theorieteil | Schülervertretung: Gelingensbedingungen einer verfassten demokratischen Beteiligung

für ihre Beteiligung; der von ihnen über-                         nicht basisdemokratisch organisiert sein;                von Schüler*innen und Erwachsenen als
nommene Part hat Relevanz und verliert                            ihre demokratische Legitimation und Ver-                 vollwertiger Akteur im Schulgeschehen
sich nicht in Bedeutungslosigkeit. Zudem                          fasstheit liegen außerhalb des Zuständig-                wahrgenommen wird, der gegenwärtige,
ist ihre Teilnahme an dem Projekt, in dem                         keitsbereichs der Schulgemeinschaft.                     auch eingefahrene Strukturen immer wie-
sie von Erwachsenen angeleitet werden,                            Zwar lassen sich die rechtlich definierten               der auf ihre Sinnhaftigkeit und Rechtmä-
freiwillig. Auf der höchsten Partizipations-                      und nicht bis aufs Letzte klar umgrenzten                ßigkeit überprüft. Die Schülervertretung ist
stufe wird das Projekt hingegen von den                           Spielräume im Sinne einer möglichst aus-                 nicht nur ein wichtiger Baustein des schuli-
Schüler*innen ins Leben gerufen; hier                             giebigen Beteiligung nutzen. Nichtsdesto-                schen Demokratielernens – vielmehr ließe
unterstützen Erwachsene die die Aktion                            trotz sollten bestehende Grenzen nicht                   sich die Frage stellen, wie das Vertiefen
leitenden Schüler*innen.6 Eine Schüler-                           überspielt werden. Schüler*innen und ihre                demokratischer Kompetenzen überhaupt
vertretung sollte sich in diesem Spektrum                         Vertreter*innen brauchen diese Transparenz,              gelingen kann, wenn das für die Mitgestal-
bewegen, eine zu starke Konzentration in                          um nicht Gefahr zu laufen, ihre Aktivitäten              tungswünsche, Ideen und Bedürfnisse der
eine Richtung hin könnte das Gremium in                           fälschlicherweise als Misserfolge oder ihnen             Schüler*innen zentrale Gremium nicht als
seinen Kompetenzen unter- oder sogar                              versagte Mitbestimmung einzuordnen.                      solches agiert oder agieren kann. Gerade
überfordern.                                                                                                               aufgrund ihrer institutionell verankerten
                                                                  Viele der genannten Herausforderungen,                   Form bietet die Schülervertretung wert-
Sowohl in diesem Zusammenhang als                                 Probleme und Ansprüche, die mit dem                      volle Gelegenheiten, sich als Wähler*in,
auch bezüglich der alltäglichen Interaktion                       Gremium einhergehen, sind altbekannt.                    Amtsinhaber*in und Politiker*in ausgiebig
mit anderen Akteuren gilt: Es ist wichtig,                        Die Relevanz einer Vertretung, in der die                auszuprobieren und so politisch zu lernen –
die Grenzen der Schülervertretung bzw.                            Schüler*innen sich selbst repräsentieren                 sie bietet damit wertvolle Möglichkeiten für
die Logik des Subsidiaritätsprinzips immer                        können und nicht andere Akteure für sich                 ein Demokratielernen, in die es im Sinne
wieder transparent zu machen. Schule                              sprechen lassen müssen, ist ungebrochen.                 einer gemeinsam zu gestaltenden Schule
kann in ihrer gesellschaftlichen Funktion                         Es ist wichtig, dass die Schülervertretung               unbedingt zu investieren gilt.

    IM ÜBERBLICK: GELINGENDE SCHÜLERVERTRETUNG – DIE ROLLE DER ERWACHSENEN

    • B
       egleiter*innen: Sie sind direkte Ansprechpartner*innen                                          logisches Personal. Die Zusammenarbeit mit dem Personal
      der Schülervertretung und sollten als solche präsent für                                          sollte sich dabei nicht nur auf Zufriedenheiten oder Unzu-
      die Amtsinhaber*innen sein. Sie begleiten und beraten das                                         friedenheiten bzgl. des Klassen- und Unterrichtsgeschehens
      Gremium und unterstützen mithilfe ihrer oft jahrelangen                                           konzentrieren. Vielmehr haben die Schüler*innen hier eine
      Erfahrung auch im Aufbau neuer, für das aktuelle Team                                             Vielzahl an Ansprechpartner*innen, die ganz unterschied-
      passgenauer Strukturen.                                                                           liche Handlungskompetenzen und -schwerpunkte haben
                                                                                                        und dementsprechend bei unterschiedlichen Projekten
    • S
       chulleitung: Für die Schulleitung erfüllt die Schülerver-                                       gezielt unterstützen können.
      tretung eine sehr wichtige Aufgabe; sie kann als „heißer
      Draht“ zwischen der Schülerschaft und der Direktion agie-                                      • Eltern: Eltern werden als Akteure im Schulgeschehen
      ren. Umso bedeutsamer ist es, dass die Schulleitung die                                          schnell außer Acht gelassen, wenn es um die Schülerver-
      Infrastruktur für das Gremium bereitstellt. Die Gewährung                                        tretung geht. Dabei handelt es sich bei der Eltern- und
      eines Budgets ist zudem nicht nur für die Sichtbarkeit not-                                      Schülervertretung um zwei Gremien, die inhaltlich in
      wendig, sie gibt den Schüler*innen auch mehr Handlungs-                                          hohem Maße verbunden sind. Gerade die Auseinanderset-
      spielraum und ermöglicht eine Fokussierung auf ihre Ziele,                                       zung miteinander bietet einen wertvollen Diskussionsraum,
      weil hierfür notwendiges Geld nicht erst über aufwendige                                         Projekte können dann auch gemeinsam gestaltet und
      Aktionen verdient werden muss.                                                                   ausgeführt werden. Zudem sind sie Partner*innen, die sich
                                                                                                       im Sinne eines möglichst repräsentativen und kontroversen
    • S
       chulpersonal: Unter das Schulpersonal fallen Lehrperso-                                        Austauschs immer um eine Stellungnahme oder Beratung
      nen, aber je nach Schule auch pädagogisches und psycho-                                          bitten können.

© Universität Trier | Zentrum fir politesch Bildung | Ministère de l’Éducation nationale, de l’Enfance et de la Jeunesse                                                 11
Schülervertretung: Gelingensbedingungen einer verfassten demokratischen Beteiligung | Theorieteil | mateneen

1 V
   gl. Service de la Jeunesse du Ministère de l’Éducation                                                                    The Ladder of Participation
  nationale, de l’Enfance et de la Jeunesse (MENJE) (2019):
  Rechtliche Möglichkeiten der Schülerpartizipation im
  Schulunterricht – Ein Blick in die Großregion. In: mateneen,
  Heft 3, Jahrgang 2, S. 13-15.
2 Vgl. Loi modifiée du 25 juin 2004 portant organisation des
  lycées et lycées techniques, chapitre 9, art. 36:
  http://data.legilux.public.lu/eli/etat/leg/loi/2004/06/25/n9/jo
3 Hans-Georg Wehling (2016): Konsens à la Beutelsbach?
   Nachlese zu einem Expertengespräch. Textdokument aus
   dem Jahr 1977. In: Benedikt Widmaier/Peter Zorn (Hg.):
   Brauchen wir den Beutelsbacher Konsens? Eine Debatte
   der politischen Bildung. Bonn: Bundeszentrale für politische
   Bildung, S. 19-27, hier S. 23f.
4 Vgl. Sibylle Reinhardt, Frank Tillmann (2002): Politische                                                                                         8. Child-initiated,
   Orientierungen, Beteiligungsformen und Werteorientierun-                                                                                     shared decisions with adults
   gen. In: Heinz-Hermann Krüger, Sibylle Reinhardt, Catrin
   Kötters-König et. al. (Hg.): Jugend und Demokratie –
   Politische Bildung auf dem Prüfstand. Eine quantitative und
   qualitative Studie aus Sachsen-Anhalt. Wiesbaden: Springer,
   S. 43-74, hier S. 70f.
5 Vgl. a.a.O.                                                                                                                                        7. Child-initiated
6 Vgl. Roger Hart (1992): Children’s participation. From to-                                                                                            and directed
   kenism to citizenship. Florenz: UNICEF International Child
                                                                    Degrees of participation

   Development Centre, S. 8ff.

                                                                                                                                          6. Adult-initiated, shared
                                                                                                                                           decisions with children

                                                                                                                                                 5. Consulted
                                                                                                                                                 and informed
                   Charlotte Keuler

       Charlotte Keuler ist wissenschaftliche                                                                                                 4. Assigned
        Mitarbeiterin am Arbeitsbereich der                                                                                                  but informed
     Didaktik der Gesellschaftswissenschaften.
     An der Universität Trier lehrt und forscht
      sie zu demokratischer Schulentwicklung
        wie auch zu politischer Bildung in der                                                                                           3. Tokenism
                                                                    Non-participation

                    Großregion.

                                                                                                                                    2. Decoration

                                                                                                                               1. Manipulation

                                Illustration nach Roger Hart (1992): Children’s participation. From tokenism to citizenship. Florenz:
                                                    UNICEF International Child Development Centre, S. 8.

12                                                                                         © Universität Trier | Zentrum fir politesch Bildung | Ministère de l’Éducation nationale, de l’Enfance et de la Jeunesse
mateneen | Theorieteil | „Die Demokratisierung von Schulen ist uns ein großes Anliegen“

 „Die Demokratisierung von Schulen
ist uns ein großes Anliegen“
                                                                                                                                                                            ndige
                                                                                                                                                             Das vollstä
                                                                                                                                                                rv ie w st eht Ihnen
                                                                                                                                                           Inte                n.eu
                                                                                                                                                              auf m   at en ee
                                                                                                                                                                             gu ng
                                                                                                                                                                zur Verfü
Interview mit Schülersprecher*innen aus der Großregion

„Die Demokratisierung von Schulen ist uns ein großes Anliegen“, beschreibt Lucia Wagner eines ihrer
Hauptmotive für das Engagement in der rheinland-pfälzischen Schülervertretung. Für mateneen sprach Maike
Koböck mit ihr und weiteren Schülervertreter*innen aus Luxemburg und dem Saarland über ihre Erfahrungen.

                                              echer am
                Hugo Da Costa (15), Schülerspr
                                           emburg-Stadt
                Lycée Aline Mayrisch in Lux                                                                            Laura Bombardella (16), Schülersprecherin
                                      Praxis an den Schulen?                                                               am Lycée Nic Biever in Dudelange
       mateneen: Wie bewertet ihr die
                                     wierigkeiten gibt es?
       Was gelingt gut und welche Sch                                                                         mateneen: Wie bewertet ihr die Praxis an den Schulen?
                                             n sich nicht genug da-                                           Was gelingt gut und welche Schwierigkeiten gibt es?
       H.: Die Schüler*innen interessiere
                                           sie überzeugen, dass wir
       für, was wir machen. Wir müssen                                                                        L.: Im Alltag wird oft viel gemeckert, aber durch Meckern
                                            für sie einsetzen. Aber
       etwas für sie tun und dass wir uns                                                                    alleine ändert sich nichts. Wir sprechen die Sachen in der
                                           *innen zu vermitteln.
       es ist schwierig, dies allen Schüler                                                                  Schülervertretung durch und versuchen dann Sachen zu
                                             nheiten, um mit den
        Wir bräuchten dafür mehr Gelege                                                                      verbessern. Wenn einzelne Vorschläge kommen, die dann
                                            Wir haben das Recht,
        Klassenvertreter*innen zu reden.                                                                     nicht angenommen werden, sind die jeweiligen Schü-
                                          ulstunden eine Versamm-
        einmal im Jahr während der Sch                                                                       ler*innen enttäuscht. Aber wir sind bemüht, die Meinun-
                                           nen einzuberufen. Das
        lung mit den Klassenvertreter*in                                                                     gen und Interessen aller im Blick zu halten.
        reicht nicht wirklich.

                                                      besserungsbedarf?                                      m.: Was sind zentrale Themen und Forderungen,
         m.: Wo seht ihr konkreten Ver                                                                       die ihr verfolgt?
                                             um unsere Meinung
          H.: Wir werden nicht oft genug                                                                    L.: In der Nähe unserer Schule ist eine Straße, auf der
                                                en, werden oft nicht
          gefragt bei Fragen, die uns betreff                                                               man 50 km/h fahren darf. Dort wurden schon mehrere
                                               ist die Zusammenarbeit
          einmal informiert. Des Weiteren                                                                   Schüler angefahren. Wir wollen die Geschwindigkeit auf
                                                n verschiedener Schulen
          zwischen den Schülervertretunge                                                                   30 km/h begrenzen. Dafür müssen wir allerdings mit der
                                              ionale Schülervertretung,
          nicht so gut. Es gibt zwar die nat                                                                Schule und der Gemeinde reden.
                                             r, was die tun. Die müss-
           aber es ist nicht wirklich sichtba
                                                 dien präsent sein und
           ten viel stärker in den sozialen Me
                                                 eren.
           mit den Schüler*innen kommunizi

© Universität Trier | Zentrum fir politesch Bildung | Ministère de l’Éducation nationale, de l’Enfance et de la Jeunesse                                                          13
„Die Demokratisierung von Schulen ist uns ein großes Anliegen“ | Theorieteil | mateneen

                                                                                                      Kimon Leners (19), Schülersprecher am Lycée des Arts
                                                                                                       et Métiers und Landesschülersprecher in Luxemburg
                                             echerin am
               Lucia Wagner (18), Schülerspr
                                         in Mainz, Mitglied                                          mateneen: Wo seht ihr konkreten Verbesserungsbedarf?
           Rabanus-Maurus-Gymnasium
                                           schülervertretung
          der rheinland-pfälzischen Landes
                        und Bundesdelegierte                                                        K.: Es ist nicht gut, dass die Schüler*innen im Comité
                                                                                                    d’Education in der Minderheit sind. Wir können keinen
                                      Praxis an den Schulen?                                        Einfluss auf die Schulentwicklung nehmen, weil wir
       mateneen: Wie bewertet ihr die
                                     wierigkeiten gibt es?                                          ohnehin immer überstimmt werden. Mit der Landes-
       Was gelingt gut und welche Sch
                                                                                                    schülervertretung würden wir gerne sehr viel direkter
                                          sehr unterschiedlich:                                     bei der Änderung des Règlement grand-ducals über
        L.: Das ist von Schule zu Schule
                                           r gut mit der SV läuft,                                  die Schülervertretung eingebunden werden.
        Es gibt Schulen, an denen es seh
                                           in der Schulgemein-
        die haben ein richtiges Standing
                                        itung ernst genommen
        schaft, werden von der Schulle
                                       gibt es auch Schulen, da
        und richtig unterstützt. Dann
                                         e SV ist oder die wird
         weiß man nicht einmal, was ein
                                            rt es schon an den
         nicht richtig gewählt. Da scheite
                                        nichts von der Landes-
         Wahlen, die wissen überhaupt
                                          zung auf der Stadt-
         ebene oder dass es eine Vernet
         und Kreisebene gibt.

                                       und Forderung              en,
          m.: Was sind zentrale Themen
          die ihr verfolgt?

                                           r aktuell sind, sind die
          L.: Themen, die momentan seh
                                           gebundenen Religions-
          Abschaffung des konfessionell
                                          rung von Schule ist uns                                                  Lennart-Elias Seimetz (16), Schüler
          unterrichts. Die Demokratisie
                                          beispielsweise das Kon-
          ein großes Anliegen, also dass                                                                         an der Willi-Graf-Schule in Saarbrücken
                                                ntwickelt wird oder
          zept der Schulparlamente weitere                                                                      und Landesschülersprecher des Saarlandes
                                           z durch ein paritätisch
           dass man die Gesamtkonferen
                                            dem Eltern, Lehrkräfte                                                                                     n,
           besetztes Gremium ersetzt, in                                                              mateneen: Was sind zentrale Themen und Forderunge
                                           Anzahl an Stimmen
           und Schüler*innen die gleiche                                                              die ihr verfolgt?
                                             ein aktuelles Thema:
           haben. Auch Nachhaltigkeit ist
                                           mit dem Bildungsminis-
           Dazu hat die LSV gemeinsam                                                                  L.: Unsere Forderungen sind: ‚Mehr Lehrerinnen und
                                            ert*innen eine Umwelt-                                                                                           an
            terium und verschiedenen Exp                                                               Lehrer und kleinere Klassen‘, den ‚Ethikunterricht
                                             e Auszeichnung für jede                                                                                       ung‘,
            plakette entwickelt. Das ist ein                                                           allen saarländischen Grundschulen‘,  ‚Digit alisier
                                              gibt es noch Überthe-
            nachhaltige Schule. Ansonsten                                                              ‚vertiefte Berufsorientierung‘ oder die ‚gut finanzierte
                                               ramm, wie Anti-Rassis-
            men in unserem Grundsatzprog                                                               und solide Schulsozialarbeit‘. Regelmäßig halten wir
                                              igkeit.                                                                                                        wir
             mus oder Geschlechtergerecht                                                              auch Seminare für Schülervertretungen, in denen
                                                                                                                                         und sie in der  Umse    t-
                                                                                                       ihnen ihre Rechte näherbringen
                                                                                                        zung unterstützen.

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mateneen | Theorieteil | „Die Demokratisierung von Schulen ist uns ein großes Anliegen“

                    Justin Gesellchen (18), Schülersprecher
                        am Illtal-Gymnasium in Illingen
                        und Mitglied der saarländischen
                           Landesschülervertretung
                                                                                                                                                      er am
                                                                                                                      Luca Wolter (17), Schülersprech
        mateneen: Wie bewertet ihr die Praxis an den Schulen?                                                                                     in Luxemburg
        Was gelingt gut und welche Schwierigkeiten gibt es?                                                        Lycée Technique Mathias Adam

                                                                                                                                           Praxis an den Schulen?
       J.: Da herrscht ein riesiges Gefälle im Saarland. Die meis-                                          mateneen: Wie bewertet ihr die
                                                                                                                                          wierigkeiten gibt es?
       ten Schulen bewegen sich in einem schlechten Mittelfeld.                                             Was gelingt gut und welche Sch
       An vielen Schulen fehlt tatsächlich die Bewegung, dass                                                                                   . Die Schule hat einen
       das Engagement der Schüler*innen gewürdigt wird und                                                   L.: Unsere Erfahrungen sind gut
                                                                                                                                              tung ernannt; der
       sich daraus auch was entwickeln kann.                                                                 Begleiter für die Schülervertre
                                                                                                                                             er Versammlung dabei.
                                                                                                             unterstützt uns und ist bei jed
                                                                                                                                              Anfragen auch an die
       m.: Was sind zentrale Themen und Forderungen,                                                         Er gibt unsere Vorschläge und
                                                                                                                                                   st zum Beispiel haben
       die ihr verfolgt?                                                                                     Direktion weiter. Für das Schulfe
                                                                                                                                                die Schulleitung hat
                                                                                                              wir ein Konzept entwickelt und
                                                                                                                                              n auch ein Budget zur
       J.: ‚Mitbestimmung‘ ist unser zentrales Thema.                                                         das angenommen und uns dan
                                                                                                                                                  frei verfügen können.
       Wir haben diesbezüglich bereits Strategiepapiere                                                       Verfügung gestellt, über das wir
                                                                                                                                                Jahren, in denen ich
      veröffentlicht. Wir arbeiten aktuell dran, dass es eine                                                 Aber ich kann mich in den vier
                                                                                                                                                     einziges Mal
      Novellierung vom Schulmitbestimmungsgesetz gibt,                                                        jetzt an dieser Schule bin, an kein
                                                                                                                                               r Meinung gefragt hätte.
      damit endlich genau die Probleme, die wir eben schon                                                    erinnern, wo man nach unsere
      beschrieben haben, in Angriff genommen werden
      können. Wir befassen uns auch mit ‚Umwelt‘ und
      ‚Naturschutz‘ an Schulen und wie Schulen ihren
       Beitrag dazu leisten können, dass wir die Klimaziele
      einhalten und CO2-Emissionen reduzieren können.

      m.: Wo seht ihr konkreten Verbesserungsbedarf?

      J.: Wir haben aktuell Mitbestimmung in der Form, dass es
     auf dem Papier Mitbestimmungs- und Anhörungsrechte
                                                                                                                           Das Interview führte Maike Koböck.
     gibt. Aber das sind meistens auch ausschließlich Rech-
                                                                                                                           Sie studiert Deutsch und So­zialkunde
     te auf dem Papier. Weiter fordern wir, das Konzept des
                                                                                                                           für das Lehramt an Gymnasien an der
     ‚Klassenrats‘ umzusetzen. Das wäre eine Möglichkeit, um
                                                                                                                           Universität Trier und arbeitet dort als
     auf Klassenebene demokratische Mitbestimmung zu reali-
                                                                                                                           wissenschaftliche Hilfskraft im Projekt
     sieren, und auch da ist für uns wichtig, dass diese Mitbe-
                                                                                                                           „Demokratische Schulentwicklung“.
     stimmung über die gesamte Schulzeit hinweg erfolgt. Man
     kann nicht erwarten, wenn man an den weiterführenden
     Schulen anfängt, Mitbestimmungsgremien einzuführen,
     dass die dann reibungslos funktionieren, wenn man vorher
     nie Mitbestimmung praktiziert hat.

© Universität Trier | Zentrum fir politesch Bildung | Ministère de l’Éducation nationale, de l’Enfance et de la Jeunesse                                                       15
Mitbestimmung von Anfang an. Zu Besuch beim Schulparlament in Fentingen | Theorieteil | mateneen

Mitbestimmung von Anfang an.
Zu Besuch beim Schulparlament in Fentingen
Tom Ketter

Wie ist es möglich, den Willen und die Meinung von Grundschulkindern konstruktiv zu nutzen? Wie können
Lehrer*innen, Erzieher*innen und Kinder verschiedener Altersstufen auf Augenhöhe miteinander diskutie-
ren, planen und Projekte erfolgreich umsetzen? Das Schulparlament in Fentingen zeigt, wie es geht.

Um einen Einblick in die Beteiligungspraxis          und Problemen. Dadurch ist der/die Ver-                          um die Aufführung eines Musicals, die für
der Fentinger Grundschule zu bekommen,               treter*in gut auf die Sitzung vorbereitet.                       die Schulgemeinschaft geplant ist.
stehe ich an einem Dienstagmorgen um
10 Uhr vor der Schule und beobachte ein              Überhaupt ist die Integration der Vertre-                        Ich bin erstaunt, wie zielorientiert gearbei-
buntes Treiben. Gerade hat die Pause be-             ter*innen des Kindergartens kein Problem.                        tet wird: Die einzelnen Organisations-
gonnen und der Pausenhof füllt sich nach             Mit ein bisschen Unterstützung der ande-                         punkte werden den Vertreter*innen der
und nach. Laurent Schoder, der amtieren-             ren Mitglieder bei den Erklärungen können                        Schülerschaft erklärt und die spezifischen
de Schulpräsident nimmt mich in Empfang              die Kinder, die die Kleinsten der Schule                         Aufgaben für die einzelnen Klassen werden
und führt mich durch das Schulgebäude in             vertreten, gut mitmischen. „Obwohl es                            nach und nach verteilt.
den Raum, in dem die Parlamentssitzung               in aller Regel schon so ist, dass hier die Rede-
nach der Pause stattfinden wird. Hier ist            beiträge etwas kürzer sind, ist es wichtig,                      Obwohl das Comité die Sitzung leitet und
ein großer Tisch aufgebaut, vor jedem der            dass deren Vertreter*innen erste Erfahrun-                       die Aufgaben verteilt, diskutieren die Ver-
zwölf Stühle liegt ein Ablaufplan bereit.            gen in der Parlamentsarbeit sammeln.“                            treter*innen der Schüler*innen munter mit:
                                                                                                                      Sie machen Änderungsvorschläge, erklären
Die Vorbereitung                                     Die Sitzung beginnt                                              ihre Standpunkte und stellen Fragen.
„Der Sitzungsablauf wird vom Schulcomité1            Und dann ist die Pause auch schon vorbei
zusammengestellt, wobei die Schüler*innen            und die ersten Kinder betreten den Raum,                         Ich stelle zum einen fest, dass die Schü-
eigene Punkte in die Sitzung mitbringen              grüßen einander und setzen sich wie                              ler*innen fest im Projekt involviert sind
oder die Punkte im Vorfeld den Vertre-               selbstverständlich an den Tisch. Alle                            und es als ihr Projekt wahrnehmen. Zum
ter*innen der Lehrerschaft mitteilen, die            sind sehr konzentriert und organisiert.                          anderen fällt auf, dass die Schüler*innen
sie dann auf die Liste setzen“, erklärt mir          Man stellt fest, dass eine Sitzung des                           ohne Scheu und ganz selbstverständ-
Schoder, als er mir einen Ablaufplan gibt.           Parlaments nichts Außergewöhnliches                              lich mitarbeiten, Fragen stellen und Kritik
                                                     darstellt, sondern etwas ganz Normales                           äußern. Hier findet eine Diskussion auf
Zudem finde die weitere Vorbereitung                 im Schulalltag ist.                                              Augenhöhe zwischen gleichberechtigten
immer in der Klasse statt: Hier sammeln                                                                               Partnern statt.
die Vertreter*innen Themen, besprechen
                                                     „Ich habe die Rolle, allen Schülern
die Punkte der nächsten Sitzung und holen            aus meiner Klasse gut zuzuhören                                  Bevor der erste Punkt abgeschlossen wird,
dazu die Meinungen der Mitschüler*innen              und mir zu merken, was für Prob-                                 werden die Vertreter*innen gefragt, ob sie
ein. Das passiere, so Schoder, auch oft in           leme sie haben, und das dann im                                  alles verstanden haben und wissen, was sie
den Pausen, aber die Klassen bekämen,                                                                                 ihren Klassen mitteilen sollen.
                                                     Parlament zu sagen.“
wenn sie es wünschten, Vorbereitungszeit
im Regelunterricht eingeräumt.                       (Vertreter des Cycle 4.1)                                        Auf Augenhöhe
                                                     Um 20 Minuten nach zehn Uhr eröffnet                             Der zweite Punkt der Sitzung ist das
Die Vorbereitung sieht im Kindergarten               Schoder die Sitzung, begrüßt die Teilneh-                        Winterfest, das in den nächsten Wo-
(Alter 3-5 Jahre) etwas anders aus: Hier             menden und fragt die Vertreter*innen, ob                         chen stattfindet. Nun zeigt sich, dass
arbeitet die Lehrperson die einzelnen                alle mit dem geplanten Ablauf einverstan-                        das Parlament auch offener arbeiten
Punkte der nächsten Sitzung mit der Klasse           den seien. Da alle einverstanden sind, geht                      kann: Es sind nicht die Erwachsenen,
ab und fragt ganz gezielt nach Wünschen              er gleich zum ersten Punkt über: Es geht                         die die Diskussion leiten, sondern

16                                                           © Universität Trier | Zentrum fir politesch Bildung | Ministère de l’Éducation nationale, de l’Enfance et de la Jeunesse
mateneen | Theorieteil | Mitbestimmung von Anfang an. Zu Besuch beim Schulparlament in Fentingen

es sind die Schüler*innen, die im                                 nach den ersten Sitzungen heraus, wo
Mittelpunkt stehen. Es werden Ideen                               welche/r Schüler*in seine/ihre Talente                                              Das Schulparlament
gesammelt, Fragen gestellt, über                                  in der parlamentarischen Arbeit habe, er-                                           im Überblick
den Sinn einzelner Ideen diskutiert.                              klärt mir Schoder nach der Sitzung.
                                                                                                                                                      Das Schulparlament: Eine Ver-
Während dieser Diskussionen fällt auf, wie                          „Ich finde am Parlament gut,                                                      sammlung, die aus gewählten
diszipliniert und respektvoll das Parlament                         dass man dort jedem gut zuhört                                                    Schüler- und Lehrervertreter*in-
arbeitet. Die Mitglieder lassen sich ausre-                         und dass man dort zusammen-                                                       nen besteht, die gemeinsam für
den, fragen nach und warten mit Redebei-                            arbeitet.“ (Vertreterin des Cycle 4.1)                                            die gesamte Schulgemeinschaft
trägen ab, bis sie an der Reihe sind. Den                                                                                                             arbeiten.
Überblick behält eine Schülervertreterin,                         Ohnehin spielt das schriftliche Protokoll
die von einem Lehrervertreter unterstützt                         eine untergeordnete Rolle, da am Ende                                               Wie oft? Das Parlament tagt alle
wird. Über einzelne Ideen wird per Hand-                          jeder Sitzung die wichtigen Informationen                                           sechs Wochen, wobei die Legis-
zeichen abgestimmt, das Ergebnis vom                              mündlich zusammengefasst werden. Die                                                laturperiode aller Mitglieder ein
Plenum sogleich akzeptiert, sodass wenig                          Vertreter*innen geben die Informationen                                             Schuljahr beträgt.
Zeit verloren geht.                                               gleich nach der Sitzung direkt an ihre
                                                                  Klassen weiter. Mit dieser Methode wird si-                                         Die Mitglieder: 9 Schüler*innen
Ergebnisse, Fragen und Beschlüsse werden                          chergestellt, dass die Informationen überall                                        vertreten die gesamte Schüler-
von der Vertreterin des Cycle 4.2 (Elf-                           ankommen, und dass sie in jeder Klasse                                              schaft, 3 Lehrer*innen vertreten
jährige) schriftlich festgehalten. „Das hat                       in der entsprechenden verständlichen                                                die Lehrerschaft. Jeder Jahr-
rein praktische Gründe: Diese Schüler*in-                         Sprache erklärt werden.                                                             gang schickt ein Mitglied in das
nen können am besten und schnellsten                                                                                                                  Parlament. Diese*r wurde von
schreiben, zudem haben sie oft auch Lust,                         Rituale sind wichtig                                                                der Klasse gewählt und ist auch
diese wichtige Aufgabe zu übernehmen.“                            Der dritte Punkt ist ein fester wiederkeh-                                          Klassensprecher*in. Der Kinder-
Ansonsten werde ohne feste Rollen ge-                             render Bestandteil der Parlamentssitzun-                                            garten hat das Recht auf zwei
arbeitet, aber es kristallisiere sich meist                       gen: Die Lehrervertretung stellt aktuelle                                           Vertreter*innen.

                                                                                                                                                      Die Themen: Organisatorisches
                                                                                                                           Foto: Julie Heusbourg

                                                                                                                                                      und Fragen, die das Zusammen-
                                                                                                                                                      leben und Arbeiten in der Schul-
                                                                                                                                                      gemeinschaft betreffen.

                                                                                                                                                   Informationen vor. Dieser Punkt ist wichtig,
                                                                                                                                                   damit jedes Schulmitglied weiß, was wann
                                                                                                                                                   in der Schule geplant ist und was andere
                                                                                                                                                   Klassen in nächster Zeit vorhaben. So ist
                                                                                                                                                   die Schulgemeinschaft zu jeder Zeit über
                                                                                                                                                   alles informiert, auch ohne dafür lesen
                                                                                                                                                   können zu müssen, ein Fakt, der besonders
                                                                                                                                                   für die Integration der unteren Klassen in
                                                                                                                                                   die gesamte Schulgemeinschaft wichtig ist.

                                                                                                                                                   Schließlich wird nach 35 Minuten der
                                                                                                                                                   vierte und letzte Punkt dieser Sitzung in
                                                                                                                                                   Angriff genommen. Man merkt, dass die
                                                                                                                                                   Konzentration langsam schwindet, jedoch
                                                                                                                                                   geht es immer noch geordnet dem Schluss
                            Die parlamentarische Arbeit in einer Grundschule.                                                                      der Sitzung entgegen. Es scheint sich für

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Mitbestimmung von Anfang an. Zu Besuch beim Schulparlament in Fentingen | Theorieteil | mateneen

jedes Mitglied durch Erfahrung gezeigt               Sitzung mündlich vor. Hierzu bekommt die                         Zum anderen ist das Parlament in ein
zu haben, dass zielorientiertes Arbeiten             Klasse von der Lehrperson im Unterricht                          Konzept des permanenten Austauschs
die schnellste und produktivste Methode              die notwendige Zeit eingeräumt.                                  eingebettet. In regelmäßigen Abschnitten
ist, eine Sitzung erfolgreich zu Ende                                                                                 werden Austauschmomente zwischen
zu bringen.                                          Auf meine Frage, ob das nicht als Zeitver-                       den einzelnen Klassenstufen organisiert.
                                                     lust wahrgenommen werde, meint Scho-                             So lernen sich Kinder des Cycle 4.2 und
Anliegen ernst nehmen                                der: „Nein, denn so gelangen die wichtigen                       Kindergartenkinder kennen und arbeiten
„Das wichtigste Element des Parlaments ist           Informationen direkt an die ganze Klasse,                        gemeinsam an Projekten. Dies sei nicht
die Wertschätzung der Schüler*innen. Alle            so dass die Informationen ausreichend                            nur ein Gewinn für den Schulalltag, son-
Vertreter*innen fühlen sich ernstgenom-              erklärt werden können. Eigentlich gewinnt                        dern stelle auch die Basis einer funktionie-
men, da wir auf Augenhöhe miteinander                man dadurch Zeit.“                                               renden Parlamentsarbeit dar: Denn nur
arbeiten. Überhaupt ist die gemeinsame                                                                                wer die Gemeinschaft kennt, die Bedürf-
Entscheidung der beste Moment des                    Nach rund 50 Minuten kann Laurent                                nisse versteht und die einzelnen Mitglieder
Parlaments“. Mit dem letzten Ordnungs-               Schoder die Sitzung beenden und die                              respektiert, kann eine gute parlamentari-
punkt der Sitzung werden diese Aussagen              Mitglieder verlassen den Raum zügig                              sche Arbeit verrichten.
Schoders hervorgehoben. Bei den vorge-               in Richtung Regelunterricht.
brachten Themen der Schülerseite wird ge-                                                                             Nicht zuletzt sei es auch wichtig, dass
meinsam diskutiert, argumentiert, kritisiert,        Ein erfolgreiches Schulparlament                                 neben den alltäglichen Dingen wiederkeh-
aber auch um Lösungen gerungen.                      Das Fentinger Schulparlament hat einen                           rende Ereignisse mithilfe des Parlaments
                                                     sehr positiven Eindruck hinterlassen.                            geplant und umgesetzt werden. „Dadurch
Hier wird über die gesamte Bandbreite des            Der Erfolg des Parlaments lässt sich unter                       steht das Parlament immer im Mittelpunkt
Schulalltags diskutiert: Von zu kleinen Fuß-         anderem durch ein paar wichtige Faktoren                         der schulischen Aktivitäten, was ihm auch
balltoren bis hin zur Regel, in den Pausen           erklären: Zum einen steht das Kollegium                          dauerhaft Legitimation und Anerkennung
das Schulgebäude verlassen zu müssen,                geschlossen hinter der Idee des Schulparla-                      verleiht. Dadurch wird das Parlament nicht
ist alles dabei. Die Vertreterin des Kinder-         ments, sodass auch die Kolleg*innen, die                         von den verschiedenen Akteuren – Eltern,
gartens bemängelt, dass die Regel, laut              nicht direkt involviert sind, das Parlament                      Lehrerschaft und Schüler*innen – in Frage
welcher in einem bestimmten Bereich                  und dessen Vertreter*innen unterstützen.                         gestellt, sondern es ist eine fest verankerte
des Hofes nicht gerannt werden dürfe,                Die Überzeugung, dass das Parlament allen                        und anerkannte Institution der Grundschule.“
von den älteren Schüler*innen nicht                  Beteiligten viel nützt und den Schulalltag                       1 In Luxemburg hat jede Grundschule ein Schulcomité, das aus
eingehalten werde.                                   erleichtert und interessanter macht,                               gewählten Vertreter*innen der Lehrerschaft besteht. Es ist für
                                                                                                                        den geregelten Ablauf des Schulalltags und die Kommunika-
                                                     sei, laut Schoder, ein wichtiger Baustein                          tion zwischen Schule, Gemeinde und Eltern verantwortlich.
Jede Eingabe wird mit dem gleichen Ernst             des Parlaments.
behandelt und es wird einander aufmerk-
sam zugehört. Auffallend ist, dass die
älteren Schüler*innen von Zeit zu Zeit
bei den jüngeren nachfragen, ob sie alles
verständen und ob sie noch etwas äußern                               Kontakt
wollten.

Abschluss und Nachbereitung
Am Ende der Sitzung werden die wichtigs-                              SCHOUL                                                                 Tom Ketter
ten Informationen noch einmal wiederholt,                             FENTENG
dann wird die Sitzung aufgehoben und die                                                                                      Tom Ketter studierte Philosophie
Vertreter*innen gehen in ihre Klasse, um                                                                                      und Geschichte an der Universität
dort von der Sitzung zu berichten.                                                                                            Heidelberg. Aktuell arbeitet er an
                                                         École Fentange
                                                         75, rue de Bettembourg                                                einer Sekundarschule und für die
Die Mitglieder des Parlaments verteilen                  L-5811 Fentange                                                        Stiftung Zentrum fir politesch
keinen schriftlichen Bericht in ihren Klas-              Email : fenteng_comite@hesperschoulen.lu
                                                                                                                                    Bildung in Luxemburg.
sen, sondern stellen die Ergebnisse einer

18                                                           © Universität Trier | Zentrum fir politesch Bildung | Ministère de l’Éducation nationale, de l’Enfance et de la Jeunesse
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