Zürcher Tourismus 2030 Entwicklungsperspektiven - Zürich ...
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Eine Studie des GDI Gottlieb Duttweiler Institute im Auftrag von Zürich Tourismus 214392_Studie_2030_IH.indd 3 27.05.10 11:55
Inhalt Executive Summary .................................................................................................................................. 6 Einleitung ...................................................................................................................................................... 8 Mächtigste Treiber und Trends ......................................................................................................... 11 Globalisierung und steigende Mobilität ............................................................................................... 11 Wachsender Tourismus und aufstrebende Märkte ........................................................................... 13 Demografischer Wandel und neue Bedürfnisse ................................................................................. 15 Flexibilisierung und Individualisierung ................................................................................................... 18 Technologischer Forschritt und Digitalisierung ................................................................................... 19 Klimatische Veränderungen, knappere Ressourcen und Nachhaltigkeit ..................................... 20 Fazit ................................................................................................................................................................. 23 Szenarien: Zürcher Tourismus 2030 ................................................................................................ 24 Mögliche Entwicklungsperspektiven ..................................................................................................... 24 Bleisure Hub: Zürich in der Corporate World ...................................................................................... 27 Premium-Boutique: Zürich für die Happy Few ................................................................................... 35 Rückzugsort: Zürich im Zeitalter des Weniger .................................................................................... 43 Smart Spot: Zürich in der Wissensgesellschaft ................................................................................... 51 Wie weiter? ................................................................................................................................................ 58 Zürich Tourismus: Grundsätze und Entwicklungsziele ......................................................... 62 Anhang ......................................................................................................................................................... 64 5 214392_Studie_2030_IH.indd 5 27.05.10 11:55
Executive Summary Tourismus ist einer der wichtigsten Zukunfts- Anlässlich seines 125-Jahre-Jubiläums nimmt märkte. Doch er gestaltet sich in derart dyna- Zürich Tourismus zusammen mit dem GDI mischer Art, dass Prognosen schwieriger denn eine Auslege-Ordnung vor. In vier alternati- je sind. Was für den globalen Tourismus im ven Extremszenarien, die der Wichtigkeit des Jahr 2030 klar ist: Mobile Kommunikations- Zürcher Finanzsektors ebenso Rechnung tra- mittel und neue Technologien werden zentral. gen wie der Frage nach künftiger Mobilität, Der Klimawandel schreitet fort, ebenso der werden unterschiedliche Entwicklungslinien demografische Wandel. Neue Übersee-Quell- erkundet. Sie zeigen auf, was in Zukunft sein märkte werden relevanter. Einzigartige Erleb- könnte. Die Benennungen der einzelnen Sze- nisse mit Nacherzählungswert gewinnen an narien geben dabei ihre Kernideen in mög- Stellenwert. Doch wer aus der Jetztzeit her- lichst kondensierter und prägnanter Form aus die nächsten zwei Jahrzehnte vorbeur- wieder. Es versteht sich von selber, dass sie teilen und einschätzen möchte, muss die jün- kein politisches Programm sein sollen. gere Vergangenheit ebenso einbeziehen. Denn in einer Zeit, da kein Experte sagen kann, ob Bleisure Hub: die Finanzkrise von 2008 und 2009 heute Zürich in der Corporate World nur noch ein Rumpeln von gestern oder aber Die Weltwirtschaft erholt sich, das Business Vorbote des nächsten Wirtschafts-Tsunamis zieht wieder an. Zürich erkennt, dass die neue ist, muss im Falle der grössten Schweizer kreative Klasse in ihrem Verhalten kaum mehr Stadt eine schicksalhafte Frage im Mittelpunkt zwischen Arbeit (Business) und Freizeit (Lei- stehen: Was soll vorgekehrt werden, falls sure) unterscheidet. Und bietet den moder- neue Entwicklungen das bisherige erfolgreiche nen Nomaden deshalb das Beste aus beiden Zürcher Geschäftsmodell – 70 Prozent Busi- Welten: Bleisure. Zürich wird zur angenehms- ness-Gäste, 30 Prozent Freizeit-Touristen – ten Business-Destination Europas. Hilfreich sabotieren? Lange ist die Destination gut werden neuartige Bleisure-Hotspot wie das gefahren mit dieser Aufteilung, konnte das Kongresszentrum oder der «Circle at Zurich Pricing der touristischen Leistungsträger dar- Airport». Wichtige Multiplikatoren der neuen auf abstimmen, wusste ganz grob, wann Kunde der Bleisure-Hochburg Zürich werden welcher Peak zu erwarten war und welche unter anderem auch die Gäste selber sein – Szenarien in der künftigen Kapazitätsplanung denn als wichtige Meinungsmacher geniessen zur Anwendung kommen würden. Sollten die sie in ihren Kreisen weitaus mehr Glaubwür- Angriffe auf den Finanzplatz weiter zuneh- digkeit als offizielle Hochglanzprospekte und men, sollten sich daraus strukturelle Ände- Imagebroschüren. rungen auf dem Bankenplatz ergeben und dessen Funktionsweise nachhaltig erschüttern, dann steht auch das touristische 70/30-Modell auf dem Prüfstand. 6 214392_Studie_2030_IH.indd 6 27.05.10 11:55
Premium-Boutique: Smart Spot: Zürich für die Happy Few Zürich in der Wissensgesellschaft Die Zeiten werden für den Normalbürger Der Finanzplatz ohne Bankgeheimnis leidet, härter. Nur noch Privilegierte – die sogenann- dafür strahlt der Wissens-Standort umso hel- ten «Happy Few» – können sich Zürich leisten. ler. Zürich ist eine Science-City, welche die Die Bankenstadt wird auch damit fertig und Ressource Wissen als Katalysator für nach- spezialisiert sich noch stärker. Nun wird es so haltiges Wachstum nutzt. Das Beste für den wichtig wie noch nie, Seriosität, Solidität und Touristiker: Das Wissen verbreitet sich nicht nur Exklusivität aufs allerhöchste Niveau zu brin- in Insider-Kreisen an Kongressen, sondern es gen. Individuelle Erlebnisse für die High-Ban- schafft auch Innovation für den Gast: Crowd- king-Zirkel dieser Welt zählen mehr als alles sourcing-Hotels oder Modelle für leicht trans- andere. Zürich schafft vermehrt Members-On- portierbare Hotel-Module, die am Theater- ly- und VIP-Zonen und bietet den zahlungs- spektakel, an der Street Parade oder am Free- kräftigen Besuchern grenzenlosen Service. style.ch-Event eingesetzt werden können. Was aber Konfliktpotenzial bei der eigenen Wichtig wird, dass sich die Stadt selber auf den Bevölkerung birgt. allerhöchsten Stand bringt in Sachen Wissen- schaft. Denn Intelligenz macht bekanntlich Rückzugsort: sexy. Zürich im Zeitalter des Weniger Die Zeiten werden richtig hart. Die Reisetä- Wie oft, wenn die mittelfristige Zukunft an- tigkeit ist grundsätzlich im Rückgang, der Ge- hand von Szenarien eingeschätzt werden schäftstourismus bricht ein. Jetzt werden Na- soll, kann das Ergebnis 2030 auch in einer tur, der See, die Berge zu den Stars. Die grosse Kombination mehrerer Szenarien liegen. Was Herausforderung: Wie kann in Zürich Geld allen Szenarien gemeinsam ist und längst verdient werden mit einer Kundschaft, die am schon im Zürcher Markenkern steckt: Solidi- liebsten gar keines ausgeben möchte? Was, tät. No bullshit. Statt auf eine Disneylandisie- wenn die Stadt zum Ausflugsziel für den Ta- rung hinzuwirken, statt teure neue Dinge mit gestourismus verkümmert? Ein Stress-Szenario unsicheren Erfolgschancen anzupacken, stärkt für die Wertschöpfung. Die Chance: Weil Nähe die Stadt ihre Stärken. Für Zürich ist klar, was mehr als alles andere zählt, kann man sich aufgrund der Tradition, der Fakten und der auf Märkte in den umliegenden Ländern ein- Geschichte über viele Jahre und Jahrzehnte stellen. Das erspart Streuverluste im Marketing. geworden ist, ist Teil der «genetischen Struk- Es erspart aber nicht die Denkarbeit, welche tur», der DNA-Code sozusagen. Ausgehend Produkte jetzt gefragt sein könnten – und von diesem Wissen, geben die Szenarien An- wem man sie anbieten soll. stösse, Zürich visionär zu denken. Die ge- wünschte Zukunft hängt letztlich immer vom Gestaltungswillen der Entscheidungs- und Leistungsträger ab. 7 214392_Studie_2030_IH.indd 7 27.05.10 11:55
Einleitung Zürich Tourismus feiert sein 125-Jahre-Jubilä- Wer sich mit der Zukunft – 2030! – ernsthaft um und nutzt diese Gelegenheit dazu, in Zu- beschäftigen will, muss Historie, Technologie, sammenarbeit mit dem GDI über die Zukunft Wirtschaft und Gesellschaft in ihren jeweili- des Zürcher Tourismus nachzudenken. Ziel der gen Dimensionen und Zusammenhängen zu- vorliegenden GDI-Studie ist es, die Bedeutung nächst einschätzen können. Deshalb gilt: Wer des Tourismus im Grossraum Zürich zu analy- zwanzig Jahre nach vorne schauen will, soll sieren und Perspektiven für die langfristige zunächst einmal zwanzig Jahre zurückblicken touristische Entwicklung aufzuzeigen. Die Stu- – in das Jahr 1990. Damals wurde in Zürich die soll zum fruchtbaren Nachdenken und Dis- gerade das erste flächendeckende S-Bahn- kutieren anregen und den Entscheidungs- Netz der Schweiz eröffnet, die weltweite Frei- und Leistungsträgern kreative Denkanstösse gabe des Internets zur allgemeinen Benutzung für heutige Weichenstellungen im Zürcher stand kurz bevor, und noch deutete nichts Tourismus geben. darauf hin, dass Google, Swiss oder UBS die- jenigen Marken sein würden, die 2010 das Was Szenarien leisten Bild von Zürich in der Welt wesentlich mitprä- Einige Bemerkungen zur Zukunftsforschung gen. So viel Unerwartetes in zwanzig Jahren! allgemein und zur Zukunft von Zürich im Spe- ziellen mögen vorab dazu beitragen, allfällige Missverständnisse zu vermeiden. Tiefe Prognostizierbarkeit in komplexen Systemen In den vergangenen Jahrzehnten hat die Dy- namik der Veränderung massiv zugenommen. Was heute als verrückt gilt, wird morgen nor- mal und übermorgen vielleicht schon verges- sen sein. Disruptive Entwicklungen nehmen zu und machen Prognosen, die nur Daten und Statistiken der Vergangenheit extrapo- lieren, immer unmöglicher, ja sogar irrefüh- render. Jede Aussage, die wir heute über die Zukunft machen, ist naturgemäss mit Unge- wissheit verbunden, insbesondere bei einem Zeithorizont von zwanzig Jahren. Quelle: GDI Impuls 4.2006 8 214392_Studie_2030_IH.indd 8 27.05.10 11:55
Darüber hinaus sind nicht nur die zentralen wird der Realist von morgen – oder wie Treiber der Entwicklung auf zwanzig Jahre schon Gottlieb Duttweiler sagte: «Der Phan- hinaus schwer prognostizierbar, allzu oft be- tast ist der wahre Realist.» einflussen sie einander auch gegenseitig. Wie anfällig dabei Unternehmen, Institutionen und Vorgehen und Methode ganze Systeme auf Veränderungen sind, füh- Als qualitative Methode der strategischen ren uns ganz aktuell die weltweite Finanzkrise Planung beruht die Szenariotechnik auf der und ihre Folgen vor Augen. Alles ist irgendwie Analyse möglicher Entwicklungen der Zu- mit allem verbunden. Die grossen Zusammen- kunft. Sie bietet die Möglichkeit, komplexe hänge werden immer unberechenbarer. Zusammenhänge zu analysieren, auf relevan- te Faktoren zu verdichten und daraus präg- Was für komplexe Systeme ganz allgemein nante Zukunftsbilder zu entwerfen. Diese bil- gilt, trifft auf das System Stadt und Region in den ab, was sein könnte, nicht was sein wird.1 besonderem Masse zu. Kulturell, politisch, wirtschaftlich, sozial und ökologisch ist eine In Szenarien zu denken bedingt zwei zentrale Region ein dynamisches Gefüge von höchs- Voraussetzungen:2 ter Komplexität. Zahlreiche Akteure mit un- In einer multiplen Zukunft denken: terschiedlichen Interessen und Ansprüchen «Multiple Zukunft» bedeutet, dass man bestimmen ihre Zukunft mit. Und der Touris- die Zukunft mehrschichtig ansieht, also mus ist aufgrund seiner volkswirtschaftlichen in mehreren Zukünften denkt, und nicht Bedeutung immer mittendrin. Jedes Thema, nur eine einzige Zukunft für möglich hält. welches Zürich und den Tourismus beschäf- Vernetzt denken: Vernetztes Denken tigt – ob Kongresshaus, Flughafen oder Zoo meint das «Sehen von Ganzheiten», um –, ist Teil einer breiten öffentlichen Diskussion. in der komplexen Zukunft bestimmte Hinzu kommt, dass sich der Tourismus nicht Beziehungen zwischen den einzelnen an politische Grenzen hält und die gesamte Faktoren (Wirtschaft, Gesellschaft, Politik, Region von der künftigen Entwicklung der Technologie, Umwelt etc.) herzustellen. Stadt beeinflusst wird. Die Gefahr, sich hier in der Komplexität der einzelnen regionalen Um die wirtschaftlichen und gesellschaftli- Unterthemen sowie in deren meinungspoliti- chen Veränderungen in ihren Dimensionen schen Details und Verästelungen zu verlieren, und Zusammenhängen besser einschätzen ist darum gross. Wer sich wirklich mit Zu- zu können, werden in der vorliegenden Stu- kunft beschäftigen will, muss sich radikal die zuerst die globalen Entwicklungen analy- vom Pragmatismus des Tagesgeschäfts lösen siert. Sie zeigen, welche Treiber den Touris- und politische Ränkespiele bewusst hinter mus 2030 massgeblich beeinflussen. Dabei sich lassen. Nur wer das Undenkbare denkt, gilt jedoch: Die Anzahl der Treiber, die zwar 1 Wilms (2006): Szenariotechnik – Vom Umgang mit der Zukunft; Graf/Klein (2003): In die Zukunft führen – Strategieentwicklung mit Szenarien 2 Gausemeier et al (2009): Zukunftsorientierte Unternehmensgestaltung 9 214392_Studie_2030_IH.indd 9 27.05.10 11:55
vorhersehbar sind, in ihren konkreten Folgen Destination Zürich im Jahr 2030 entworfen. aber nicht abgeschätzt werden können, Im Rahmen eines Workshops werden die nimmt zu. Aus diesem Grund wird die Über- skizzierten Szenarien anschliessend diskutiert, sicht über die zentralen Treiber zusätzlich mit mit Experten auf Überschneidungen, Ähn- Experteneinschätzungen ergänzt. Die Ge- lichkeiten oder Widersprüche getestet und spräche mit Experten aus Wissenschaft und zu möglichen Hauptsträngen von Entwick- Praxis dienen dazu, die Bandbreite der mög- lungen verdichtet. So entstehen vier alterna- lichen Unsicherheiten zu erkennen, einzuord- tive Extremszenarios, die sich grundlegend nen und die Folgen für den Zürcher Touris- voneinander unterscheiden, sich gegenseitig mus besser abzuschätzen beziehungsweise aber dennoch nicht zwingend ausschliessen. zu konkretisieren.3 Sie zeigen in kondensierter Form, wie die Zukunft aussehen könnte und dienen als Ent- Basierend auf den zentralen Treibern der scheidungsgrundlage für heutige Weichen- Veränderung sowie den Experteninterviews stellungen im Zürcher Tourismus. Nachfolgen- werden in einem weiteren Schritt mögliche de Abbildung fasst das schrittweise Vorgehen Zukünfte abgetastet und Szenarien für die nochmals zusammen. Vorgehen Fachliteratur Treiber der Experteninterviews Deskresearch Veränderung Szenarien 2030: Entwurf möglicher Zukünfte Szenarien-Workshop 2030: Diskussion und Verdichtung der möglichen Zukünfte zu vier Extremszenarien Szenarien-Studie 2030: Zusammenführung der Szenarien zur Gesamtschau Quelle: GDI 2009 3 Frick/Kaiser (2006): Zukunftswissen, GDI Impuls 4.06 10 214392_Studie_2030_IH.indd 10 27.05.10 11:55
Mächtigste Treiber und Trends Die Zukunft des Zürcher Tourismus ist in einen näher zusammen. Mehr als die Hälfte der Kontext von globalen Entwicklungen eingebet- Weltbevölkerung lebt bereits heute weniger tet, welchem auf lokaler Ebene nur begrenzt als eine Stunde von der nächsten Grossstadt gegengesteuert werden kann. Aus diesem (mindestens 50’000 Einwohner) entfernt. Ins- Grund werden im Folgenden die mächtigs- besondere Europa profitiert – mit mehr und ten für den Tourismus relevanten Treiber und billigeren Flügen, einem dichteren Strassen- Trends aufgezeigt. netz und einem beschleunigten Schienenver- kehr – vom raschen Zugang zu anderen Län- Globalisierung und steigende Mobilität dern und Metropolen. Die Welt rückt näher zusammen Die Schweiz ist geografisch stark in den euro- Die weltweite wirtschaftliche und gesell- päischen Binnenmarkt integriert. Weil sie aber schaftliche Verflechtung wird sich in den in absehbarer Zeit kein EU-Mitgliedsstaat wer- nächsten Jahren unvermindert fortsetzen. den wird, hat sie nur beschränkte Möglich- Durch die Intensivierung des internationalen keiten, in der europäischen Verkehrsinfrastruk- Handels und durch die Ausweitung der Ver- turentwicklung mitzureden. Deshalb ist sie in kehrsnetze sind wir immer besser mit dem diesem Punkt auf eine gute Zusammenarbeit Rest des Globus verbunden. mit den Nachbarländern angewiesen. Denn eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur wird Eine 2008 von der Weltbank und der Europä- für die Prosperität der Schweizer Wirtschaft ischen Kommission veröffentlichte Karte zeigt und Bevölkerung in Zukunft zentral sein. anhand von Reisezeiten klar auf: Wir rücken Weltkarte der Erreichbarkeit Die Karte zeigt, wie lange es dauert, um von einem Ort in die nächste Stadt mit über 50’000 Einwohnern zu gelangen; je heller eingefärbt, desto besser die Erreichbarkeit. Quelle: Europäische Kommission/Weltbank 2008, http://bioval.jrc.ec.europa.eu/products/gam/index.htm 11 214392_Studie_2030_IH.indd 11 27.05.10 11:55
Die Mobilität in der Schweiz nimmt zu Diese werden punktuell erweitert, technisch Alle Prognosen gehen heute davon aus, dass modernisiert oder ‹intelligenter› organisiert, die Mobilität auch innerhalb der Schweiz aber durch keine gänzlich neuen Infrastruk- weiter zunehmen wird. Die zuständigen Bun- turnetze, wie z.B. Hochgeschwindigkeits-Bahn- desämter schätzen, dass der Personenver- linien ergänzt oder ersetzt sein.»5 Ein massi- kehr bis 2030 auf der Strasse um 20 Prozent ver Ausbau der Schienen-, geschweige denn und auf der Schiene um 45 Prozent wachsen der Strasseninfrastruktur ist also in den wird. Beim Güterverkehr ist sogar mit einem nächsten zwanzig Jahren nicht in Sicht. Anstieg um 35 respektive 85 Prozent zu rech- nen4. Zusätzliche Kapazitäten werden also Zur zentralen Verkehrsinfrastruktur der Wirt- nötig sein. Doch ein dichteres Verkehrsnetz schaftsregion Zürich gehört überdies der Flug- hat seinen Preis. Laut Schätzungen des UVEK hafen. Am Drehkreuz der nationalen Fluglinie werden Ausbau und Unterhalt von Strassen Swiss werden 80 Prozent des Frachtaufkom- und Schienen in den kommenden zwanzig mens und 81 Prozent aller Interkontinental- Jahren in der Schweiz bis zu 135 Milliarden flüge abgewickelt, ferner entfallen 95 Pro- Franken kosten. Diese Summe kann über die zent der Transferpassagiere auf diesen Hub. bisherigen Abgaben nicht mehr gedeckt Über 60 Prozent der Inlandpassagiere stam- werden. Die Diskussion um mögliche Finan- men aus anderen Kantonen, und die ökono- zierungsmodelle ist deshalb in der Politik be- mischen Effekte des Wachstumsmotors Flug- reits entbrannt. hafen strahlen weit über die Kantonsgrenzen hinaus. Für die globalisierte Schweizer Wirt- Aus ökologischen wie auch aus ökonomi- schaft – den Finanzplatz, die Exportindustrie schen Gründen wird das Mobilitätswachs- und besonders den Tourismus – ist der Flug- tum insbesondere durch das bestehende hafen Zürich unentbehrlich. Insofern gehört öffentliche Verkehrsnetz bewältigt werden er nicht nur zur regionalen, sondern zur natio- müssen. Der Strategiebericht des UVEK hält nalen Infrastruktur.6 Was den Flugverkehr in- in einem visionären Ausblick auf das Jahr ternational betrifft, war in den letzten zwei 2030 fest: «Das Schweizer Verkehrssystem Jahren in der Luftfahrtindustrie nichts zu spü- der Zukunft wird grundsätzlich auf den heu- ren von Wachstum, im Gegenteil. Nun hat te bestehenden Infrastrukturnetzen basieren. der Branchenverband IATA endgültig die 4 Bundesamt für Raumentwicklung (2006): Perspektiven des schweizerischen Personenverkehrs bis 2030; Bundesamt für Raumentwicklung (2004): Perspektiven des schweizerischen Güterverkehrs bis 2030 – Hypothesen und Szenarien; Bundesamt für Zivilluftfahrt (2005): Entwicklung des Luftverkehrs in der Schweiz bis 2030 Die Vergangenheit hat jedoch gezeigt, dass Mobilitätsprognosen regelmässig von der tatsächlichen Entwicklung überholt wurden. Gut möglich also, dass die heutigen Schätzungen sogar noch übertroffen werden. 5 UVEK (2009): Bericht zur Zukunft der nationalen Infrastrukturnetze in der Schweiz 6 Amt für Verkehr Kanton Zürich (2005): Volkswirtschaftliche Bedeutung des Flughafens Zürich – Auswirkungen verschiedener Entwicklungsszenarien; Müller-Jentsch (2009): Nationale Infrastruktur im föderalen Gleichgewicht – Der Dauerkonflikt um den Flughafen Zürich 12 214392_Studie_2030_IH.indd 12 27.05.10 11:55
Trendwende ausgerufen. Von Euphorie kön- Wachsender Tourismus ne zwar noch keine Rede sein, aber der Auf- und aufstrebende Märkte schwung würde sich verfestigen.7 Eine ähnli- che Entwicklung sagen die internationalen Zukunftsmarkt Tourismus Luftverkehrsprognosen des Airports Council Dass wir zu Dauerkonsumenten von Mobili- International voraus. Sie rechnen bis im Jahr tätsoptionen werden, prognostiziert auch die 2027 mit einem Passagiervolumen von 30 Welttourismusorganisation der UNO (UNW- Millionen pro Tag.8 Dank der Umsetzung des TO). Sie rechnet mit einem Anstieg der inter- Schengener Abkommens und den weiteren nationalen Touristenankünfte (das sind An- Umbauten wird der Flughafen Zürich voraus- kommende auf Flughäfen, inkl. Durch- und sichtlich von diesem Wachstum profitieren Geschäftsreisende) von heute weltweit 0,7 können. Das BAZL erwartet für 2030 ein An- auf fast 1,6 Milliarden im Jahr 2020. Damit steigen des Passagieraufkommens in Zürich wird der Tourismus weltweit um 4 Prozent auf knapp 40 Millionen Passagiere.9 pro Jahr wachsen.10 Wachstumsmarkt Tourismus Actual Forecasts 1‘600 1,6 bn 1‘400 South Asia 1‘200 Middle East 1 bn Africa 1‘000 East Asia/Pacific Million Americas 694 mn 800 Europe 600 400 200 0 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020 Quelle: UNWTO World Tourism Organization (2006): Tourism 2020 Vision, http://www.unwto,org/facts/eng/vision.htm 7 Handelsblatt (30.3.2010): Flugverkehr erholt sich spürbar 8 Airports Council International (2008): ACI Global Traffic Forecast 2008-2027 9 Bundesamt für Zivilluftfahrt (2005): Entwicklung des Luftverkehrs in der Schweiz bis 2030 – Nachfrageprognose 10 UNWTO (2009): Tourism 2020 Vision 13 214392_Studie_2030_IH.indd 13 27.05.10 11:55
Aufgeteilt nach Regionen, zeigen die Zu- 2008, im vergangenen Jahr ist die Anzahl der kunftsprognosen, dass Europa (717 Millionen Übernachtungen leicht gesunken auf 4,6 Mil- Touristen), Ostasien und Pazifik (397 Millio- lionen.11 Die meisten Hotellogiergäste stam- nen) sowie Amerika (282 Millionen) zu den men aus dem Inland, gefolgt von Deutschland, touristischen Topregionen gehören werden, Grossbritannien und den USA. Zusammen gefolgt von Afrika, dem Mittleren Osten und stellen sie die Hälfte der ausländischen Über- Südasien. Ob die Schweiz und die Region Zü- nachtungen. Dies dürfte sich bald ändern. rich vom prognostizierten Wachstum profi- Denn bei den 3 Milliarden neuen «potenziel- tieren kann, hängt insbesondere davon ab, len Kapitalisten» im Osten findet eine gewal- ob das Land künftig Besucher aus den auf- tige Verlagerung von Wohlstand und Macht strebenden Märkten anziehen kann. statt. In Indien und China beispielsweise wächst eine wohlhabende Mittelschicht her- Der Osten gewinnt an Bedeutung an, die sich von ihrem wachsenden Einkom- Mit 12 Prozent der Logiernächte und einem men auch Reisen ins In- und Ausland erlau- Umsatz von 5,4 Milliarden Franken ist die Re- ben kann. Zwar liegen deren bevorzugte gion Zürich der bedeutendste Hotelstandort Reiseziele vorerst in den benachbarten asiati- in der Schweiz. 4,8 Millionen Übernachtun- schen Ländern, doch folgt an zweiter Stelle gen verzeichnete die Region im Rekordjahr bereits Europa. Verteilung der Logiernächte in der Schweiz (nach Herkunftsland der Gäste, nach Tourismusregion, 2008) Quelle: Bundesamt für Statistik, 2009 11 Zürich Tourismus, Bundesamt für Statistik, BAK Economics: Touristische Wertschöpfung Region Zürich; http://zuerich.com/files/?id=19340; «Politik trifft Hotellerie», htr hotel revue, 11.2.2010 14 214392_Studie_2030_IH.indd 14 27.05.10 11:55
Gäste aus Indien, China oder dem Nahen Os- Demografischer Wandel ten stellen für europäische Destinationen und neue Bedürfnisse also ein hohes Potenzial dar, bringen aber gleichzeitig auch neue Herausforderungen Die Reisenden werden älter mit sich. Denn um neue Zielgruppen zu ge- Der demografische Wandel schreitet weiter winnen, müssen deren spezifische Erwar- voran. Die geburtenstarken Jahrgänge der tungen und Wünsche an Reisen und Ferien Babyboom-Generation der 1940er- bis 1960er- berücksichtigt werden. Dies bedingt eine in- Jahre werden in den kommenden Jahrzehnten tensive Auseinandersetzung mit neuen Kul- sukzessive ins Seniorenalter hineinwachsen. turen, Sprachen, Wertvorstellungen und Be- Dies bei unverändert niedrigen Geburten- dürfnissen, die teilweise erheblich von denen zahlen und bei laufend steigender Lebenser- westeuropäischer Touristen abweichen. Die wartung dank medizinischem Fortschritt. Schweizer Tourismusanbieter und Hoteliers Damit wird sich die Altersstruktur der Bevöl- sind auf diese Herausforderungen bereits gut kerung in ganz Europa deutlich verändern. vorbereitet.12 Die multikulturelle Zusammen- Die Alterung verläuft regional unterschied- setzung der Schweizer Bevölkerung insgesamt lich, der zeitliche Verlauf hingegen ist in den sowie der Beschäftigten im Gastgewerbe im meisten Regionen ähnlich und folgt den de- Besonderen kann hier ein grosser Vorteil sein. mografischen Wellen der geburtenstarken Jahrgänge. Eine erste Welle von Neurentnern Das Buhlen um neue Touristen verschärft den ist um 2010 zu erwarten, wenn die gebur- internationalen Wettbewerb der Destinatio- tenstarken Jahrgänge 1945 und 1946 ins nen. Mehr Wohlstand und höhere politische Rentenalter kommen werden. Am meisten Stabilität führen in manchen Ländern des Os- Neurentner wird es aber kurz vor 2030 ge- tens dazu, dass neue Gebiete touristisch er- ben, wenn die geburtenstärksten Jahrgänge schlossen werden. So könnte China durch die überhaupt, 1963 und 1964, 65 Jahre alt wer- fortschreitende Öffnung bald zur meistbe- den. 2030 wird der Anteil der Personen ab suchten Destination der Welt werden. Auch 65 Jahren in allen Schweizer Kantonen über Kriegs- und Konfliktgebiete der jüngsten Ver- 20 Prozent liegen. 2005 traf dies nur auf den gangenheit wie Irak, Iran, Afghanistan wan- Kanton Basel-Stadt zu.13 Die Bevölkerung der deln sich zu möglichen Touristenattraktionen städtischen Kantone wird aufgrund der natio- der Zukunft. nalen und internationalen Migrationsströme generell weniger stark altern. 12 Hussain (2007): Inder zu Gast in der Schweiz, im Auftrag von hotelleriesuisse und Schweiz Tourismus hat der Indien-Experte Waseem Hussain eine Broschüre erarbeitet, deren Ziel es ist, die Schweizer Tourismusanbieter mit Hintergrundinformationen und praktischen Tipps optimal auf ihre indischen Gäste vorzubereiten. 13 BFS (2007): Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung der Kantone 2005–2030 15 214392_Studie_2030_IH.indd 15 27.05.10 11:55
Entwicklung der Altersstruktur in der Schweiz (Anteil der über 64-Jährigen, 2005 und 2030) Quelle: BFS, Sektion DEM, 2007 © BFS, ThemaKart Dass der demografische Wandel den Touris- Nationen berechnet. Demzufolge wird der mus nachhaltig verändern wird, ist heute un- Reiseumsatz durch die 55plus-Generation bis bestritten. Globale Zahlen belegen die zu- ins Jahr 2020 regelrecht explodieren. IPK In- nehmende Bedeutung der «jungen Alten» ternational geht von einem Wachstum von für die touristische Zukunft. Der World Travel 63 Prozent aus. Bei den 15–35-Jährigen sind Monitor von IPK International hat den demo- es 11 Prozent, bei den 35–54-Jährigen 28 Pro- grafischen Wandel bezogen auf touristische zent.14 Heruntergebrochen auf die einzelnen Nutzung für die zehn wichtigsten westlichen Länder, sieht die Entwicklung wie folgt aus: 14 IPK International (2003): Weltweiter demografischer Wandel als Einflussfaktor auf den internationalen Tourismus, Studie im Auftrag der Deutschen Zentrale für Tourismus 16 214392_Studie_2030_IH.indd 16 27.05.10 11:55
Entwicklung der Bevölkerung nach Altergruppen bis 2020 (in Prozent) Quelle: IPK International In Belgien, Deutschland, Frankreich, Gross- Steigende Nachfrage nach Ruhe, britannien, Kanada, den Niederlanden und Erholung und Gesundheit Schweden wird das generelle Wachstum der Bedingt durch den demografischen Wandel Bevölkerung bis 2020 lediglich rückführbar werden 50plus-Reisende zu einer zentralen sein auf ein Anwachsen der Gruppe der über Zielgruppe im Städtetourismus. Sie verän- 55 Jährigen. Die Bevölkerungsgruppe unter dern das Nachfrageverhalten insbesondere 55 Jahren wird sich hingegen verkleinern. In im Freizeitbereich. Sind Shopping, Party und den USA wird auch die Gruppe der 15–34- Nightlife die primären Freizeitaktivitäten der Jährigen bis 2020 anwachsen, jedoch in einem jungen Städtereisenden, haben die reiferen weitaus geringeren Masse als die US-Bevöl- Städtetouristen verstärkt Ruhe-, Erholungs- kerung über 55 Jahren. und Gesundheitsbedarf und fragen neue Dienstleistungen auf diesem Sektor nach. Die Wellness- und Wohlfühlangebote der letzten Jahre waren erst der Anfang. 17 214392_Studie_2030_IH.indd 17 27.05.10 11:55
Vielen Gesundheitsangeboten liegt das Bild Im beruflichen Umfeld, welches in der Regel der Natur als Quelle von Ruhe und Erholung stärker durch Hektik und Stress geprägt ist, zugrunde. Die Natur dient den Konsumenten wird das kurzfristige Drücken der «Escape- in der postmodernen Wohlstandsgesellschaft Taste» für die Freizeitmärkte zentral. Lieber, als Projektionsfläche für Sehnsüchte und Ge- als im Büro zu sitzen, beantwortet man Mails genwelt zu ihrem Alltag. Die beruhigende auf der Couch, surft im Café oder telefoniert Wirkung der Natur auf die Menschen sowie im Park. Wer es sich leisten kann, nutzt jedes ihr Einfluss auf die physische, psychische und Zeitfenster zwischen beruflichen Terminen soziale Gesundheit ist eine Tatsache. Künftig und Verpflichtungen, um sich kurz «auszu- wird Natur in verschiedenen Formen in die klinken». Dabei erwartet der Einzelne diesel- Stadt zurückkehren. Insbesondere eine künst- be hochgradige Flexibilität, die von ihm im liche, designte Version von Natur wird unsere Alltag oder am Arbeitsplatz gefordert wird, urbanen Freizeitangebote erobern und Städte seinerseits auch von den Anbietern. Für die zu eigentlichen Wohlfühloasen machen. Denn Konzepte in der Hotellerie, Gastronomie oder generationenübergreifend gilt: Je mehr wir Freizeitbranche ist Multifunktionalität das A uns leisten, erleben und reisen können, umso und O. mehr stossen wir an die Grenzen unserer physischen und psychischen Ressourcen. Hohe individuelle Ansprüche Individualität als Leitmotiv durchdringt be- Flexibilisierung und Individualisierung reits alle Altersgruppen und Lebensbereiche. Der Einzelne richtet sein Leben stark auf sei- Arbeit und Freizeit vermischen sich ne persönlichen Werte und Bedürfnisse aus. In westlichen Gesellschaften wird die Grenze So entsteht eine Vielfalt individueller Lebens- zwischen Arbeit und Freizeit tendenziell un- formen und -stile, gleichzeitig verschwindet schärfer. Für viele Berufstätige nehmen immer aus Anbietersicht der «typische» Durch- mehr Freizeitaktivitäten einen Arbeitscharak- schnittskunde. Fürs Reisen gilt: Dem urbanen ter an (private Weiterbildung, Freiwilligenar- Nomaden sind Pauschalferien und Massen- beit, Hausarbeit, Kinderbetreuung, Leistungs- abfertigung ein Graus. Er stellt seine Reisen sport etc.), gleichzeitig tauchen immer mehr individuell nach den eigenen Vorstellungen Freizeitelemente in der Arbeitswelt auf (flexi- zusammen. Der Einzelne ist dabei die wich- blere Arbeitszeiten, wechselnde Arbeitsorte, tigste Instanz, nach der sich Angebote aus- mobiles Arbeiten). Damit verliert die Frage, richten müssen. Jeder will individuell behan- ob künftig Arbeit oder Freizeit an Bedeutung delt werden. So werden massgeschneiderte gewinnen, zunehmend ihre Relevanz. Die Produkte und personalisierte Services zuneh- beiden Lebensbereiche vermischen sich.15 mend zur Selbstverständlichkeit. 15 Für die fortschreitende Verschmelzung von Business und Leisure hat das englische Forschungsinstitut Future Laboratory einen eigenen Begriff kreiert: «Bleisure». www.thefuturelaboratory.com 18 214392_Studie_2030_IH.indd 18 27.05.10 11:55
Technologischer Forschritt Das Internet durchdringt die Welt und Digitalisierung Die mit dem technologischen Fortschritt ein- hergehende Digitalisierung der Welt wird die Neue Kommunikationsmuster Tourismusbranche in den kommenden Jah- Das Thema Reisen bringt Menschen zusam- ren weiter verändern. Bereits heute nutzen men. Von jeher tauschen sie ihre Erfahrun- zahlreiche Reisende mobile Endgeräte jeder gen und Erlebnisse miteinander aus. Neu ist Art, um sich touristische Infos zu beschaffen: jetzt, dass dieser Austausch nicht mehr nur seien es Navigationssysteme zur Routenfüh- auf persönlicher Ebene (innerhalb der Fami- rung oder MP3-Player mit elektronischen lie, am Stammtisch etc.) stattfindet, sondern Reiseführern. Doch das ist erst der Anfang. auch in den entsprechenden Communities Mit der rasanten Entwicklung von intelligen- im Netz. Dank nutzergenerierten Empfeh- ten Mobiltelefonen sowie dem infrastruktu- lungsplattformen (wie Holidaycheck, Tripad- rellen Ausbau der mobilen Datenübertra- visor, Qype u.a.) kann heute jede Reiseerfah- gung entsteht erstmalig die Chance, alle rung und jedes Ferienerlebnis im Internet Inhalte des World Wide Web intensiver und veröffentlicht und so für alle künftigen Tou- einfacher zu nutzen. Künftig werden wir tou- risten zugänglich gemacht werden. Die Nach- ristisches Wissen nicht nur vor und nach, frage nach nutzergenerierten Reiseinformati- sondern vermehrt auch während der Reise onen ist gross. Das Internet ist inzwischen für suchen. Aber nicht nur die aktive Suche, son- viele die primäre Anlaufstelle, um sich über dern auch das passive Auffinden von touristi- Reisen zu informieren. Online-Bewertungs- schen Informationen wird sich verändern. systeme und Blogs ermöglichen es, eine Des- Auskünfte über Hotels, Restaurants, Muse- tination, ein Hotel, ein Restaurant schon vor en, Shops und überhaupt alle touristischen Reiseantritt auf Herz und Nieren zu prüfen. Leistungsträger werden dank RFID, GPS und Während Verbreitung und Verfügbarkeit von Google Earth allgegenwärtig. Google digita- Informations- und Kommunikationstechno- lisiert bereits die Strassen. Und auch wenn logien weiter wachsen, verlieren klassische der Datenschutz Anlass zu Diskussionen gibt, Imagewerbung und gedruckte Hochglanz- Google Maps Street View wird die Wahrneh- broschüren der Anbieter zunehmend ihre mung touristischer Räume nachhaltig beein- Wirkung. Das Internet bietet in den Augen flussen. Wie wird der Gast zukünftig sein der Konsumenten bessere Möglichkeiten, um Hotel auswählen, wenn er sich die angren- sich über Ferien zu informieren.16 zenden Strassenzüge und die zugehörige Kli- entel im Voraus ansehen kann? Wie genau müssen Katalogtexte von Hotels abgefasst sein, wenn der Gast vor der Buchung alles in Google Maps überprüfen kann? 16 Frick/Hauser (2007): Vertrauen 2.0 – Auf wen sich Konsumenten in Zukunft verlassen, GDI-Studie Nr. 25 19 214392_Studie_2030_IH.indd 19 27.05.10 11:55
Sicher ist, wir werden dank mobil zugängli- findet bereits statt und wird die touristische chen Daten künftig anders durch die Welt Landkarte in den kommenden Jahrzehnten gehen beziehungsweise reisen. Die rasant massiv verändern. Trauminseln in der Südsee gestiegene Dichte von Sensoren und tragba- werden vielleicht im wahrsten Sinne des ren Elektronikprodukten macht Städte nicht Wortes untergehen, andere touristische Des- nur neu erlebbar. Die digitale Infrastruktur tinationen zunehmend von Naturkatastrophen führt vielmehr auch zu ganz neuen Methoden, heimgesucht, und gewiss werden einzelne Bewegungsströme (Staus, Menschenansamm- Orte auch von klimatischen Verschiebungen lungen, Hot Spots etc.) zu erforschen. Die profitieren. Fest steht, dass die zunehmend Stadt in Echtzeit wird wahr. spürbaren Auswirkungen des Klimawandels den Handlungszwang von Politik und Wirt- Klimatische Veränderungen, knappere schaft verstärken werden. Gleichzeitig hat Ressourcen und Nachhaltigkeit das Scheitern des UN-Klimagipfels in Kopen- hagen Ende 2009 aber auch gezeigt, dass Der Klimawandel wird spürbar sich die Industrienationen mit den Entwick- Welche Destinationen zu den Gewinnern lungs- und Schwellenländern nicht auf ge- oder Verlierern im Tourismus gehören wer- meinsame Klimaziele einigen können. Ein in- den, wird künftig massgeblich vom Klima ternationales Abkommen ist wieder in weite mitbeeinflusst. Die Erde wird wärmer, das Eis Ferne gerückt. Der Weg zum Klimaschutz wird schmilzt, der Meeresspiegel steigt und Kli- lang.17 mazonen verschieben sich. Der Klimawandel Gewinner und Verlierer des Klimawandels Die blaue Fläche repräsentiert die (negative) Betroffenheit der verschiedenen Regionen durch den Klimawandel (je hellblauer, desto betroffener). Quelle: Spiegel Online, Europa, der Nahe Osten und Nordafrika (Montage aus Satellitenbildern (NASA/DDP), 2007 17 United Nations Framework Convention on Climate Change, http://unfccc.int 20 214392_Studie_2030_IH.indd 20 27.05.10 11:55
Schweizer Städte werden mediterraner Neue Massstäbe für nachhaltige Die Schweiz ist vom Klimawandel stark be- Entwicklung troffen. Gemäss einer Studie von Schweiz Durch globales Bevölkerungswachstum, stei- Tourismus birgt er, je nach Region und Tou- gendes Verkehrsaufkommen sowie zuneh- rismusform, sowohl Chancen als auch Risi- mendes Konsumvolumen wird die weltweite ken.18 Im Alpenraum hat sich die Schneefall- Nachfrage nach Energie bis 2030 um insge- grenze seit 1950 um mehr als hundert Meter samt 60 Prozent steigen. Gemäss Experten- in höhere Lagen verschoben; die Wintersai- schätzungen mag das globale Angebot den son wird tendenziell immer kürzer. Obwohl Bedarf etwa ab dem Jahr 2020 nicht mehr dies für die Tourismusbranche gravierende decken. Die immer knapper werdenden na- Folgen hat, geniessen die Schweizer Skige- türlichen Ressourcen, allen voran die Ölreser- biete dank ihrer Höhenlage gegenüber ande- ven, dürften den Druck zu umweltsensible- ren Alpenländern einen Standortvorteil. Der rem Handeln beschleunigen. Die Befriedigung Städtetourismus ist vergleichsweise resisten- von Mobilitäts- und Transportbedürfnissen in ter gegenüber klimatischen Veränderungen. einer Zeit zunehmender Energiebeschrän- Für Schweizer Städte und Seenregionen und kungen erfordert ein Umdenken in Politik, damit auch für die Destination Zürich entste- Wirtschaft und Gesellschaft. hen – neben möglichen Gefahren – auch neue Potenziale. Möglicherweise werden die Zahlreiche Städte – alte, gewachsene in Euro- Städte aufgrund einer gewissen Mediterrani- pa und neu erstellte im Nahen Osten und in sierung in warmen Sommern für Gäste at- Asien – setzen bereits heute voll auf die Kar- traktiver. Die Seenregionen verfügen vor al- te Nachhaltigkeit: Dongtan soll Chinas erste lem über einen starken Ausflugstourismus, Eco-City werden, der Ölstaat Abu Dhabi baut der mit wärmeren Bedingungen zunehmen mit Masdar an der ersten CO2 -neutralen könnte. Insbesondere der Badetourismus im Stadt, und Schweden will als erste Nation gar Sommer stellt für einige Seenregionen neue ganz erdölfrei werden. Bis im Jahr 2030 wer- Chancen dar. den sich zahlreiche weitere Städte Nachhal- 18 Müller/Weber (2008): 2030; Der Schweizer Tourismus im Klimawandel 21 214392_Studie_2030_IH.indd 21 27.05.10 11:55
tigkeit auf die Fahne schreiben. Auch in Zü- vermehrt Auszeiten für nichtkommerzielle rich wurde mit dem Legislaturschwerpunkt Projekte, für «sinnvolles» ökologisches, sozi- «Nachhaltige Stadt Zürich – auf dem Weg ales und kulturelles Engagement. Sie wollen zur 2000-Watt-Gesellschaft» ein Grundstein sich beim Reisen in zunehmendem Mass da- gelegt. Damit der CO2 -Ausstoss jedoch tat- durch unterscheiden, was sie tun, und nicht sächlich massiv verkleinert werden kann, ist dadurch, was sie kaufen. Zudem möchten sie es notwendig, die Energieeffizienz beim Ver- auch beim Reisen nachvollziehen können, ob brauch stark zu verbessern und die Energie- ihr gewähltes Hotel umweltfreundlich ist, es produktion aus erneuerbaren Quellen schnell die Angestellten fair behandelt und sich für deutlich zu steigern. Dazu müssen Wind, So- die nachhaltige Entwicklung der Region ein- lar, Gezeiten und ähnliche Energiequellen setzt. Die steigende Anzahl Bio-, Fairtrade- den Schritt von der technischen Spielerei zur und Nachhaltigkeitslabels ist Ausdruck dieser massentauglichen Alternative schaffen. Sehnsucht nach Konsum ohne Reue und ohne schlechtes Gewissen.19 Das neue be- Konsum für eine bessere Welt wusste Konsum- und Reiseverhalten wird Um Klimawandel, erhöhten Ressourcenver- von gut ausgebildeten, kaufkräftigen Avant- brauch und Umweltzerstörung auszuglei- gardisten geprägt, die gesunde und nachhal- chen und das schlechte Gewissen zu beruhi- tig produzierte Waren konsumieren, dabei gen, avanciert ökologisches und soziales auf Luxus, Genuss, Stil und Design nicht ver- Bewusstsein zum Trend. Anstatt Standardfe- zichten wollen. rien zu buchen, nehmen sich die Reisenden 19 Hauser/Lüdi (2010): Consumer Value Monitor, GDI-Studie (in Vorbereitung) 22 214392_Studie_2030_IH.indd 22 27.05.10 11:55
Fazit Überblick über die zentralen Treiber Globalisierung Klimawandel Tourismus global Natürliche Ressourcen Gäste aus aufstrebenden Märkten Digitalisierung der Welt Demografische Alterung global Quelle: GDI 2009 Ein Überblick über die zentralen Treiber macht 2. Die Zahl der Treiber, die zwar vorher- vor allem eines klar: Trotz Prognosen und sehbar sind, aber in ihren konkreten Fol- Hochrechnungen wird die Unsicherheit über gen nicht abgeschätzt werden können, die künftige Entwicklung in ihrer Ganzheit nimmt ebenfalls zu: Dazu gehört insbeson- tendenziell grösser. dere der demografische Wandel. Wir wissen zwar statistisch ganz genau, welche Heraus- 1. Die Zahl der Treiber, die nicht beein- forderungen z.B. auf die Pensionskassen oder flusst werden können und damit die das Gesundheitswesen zukommen werden. strategische Planung erschweren, nimmt Aber wir haben keinerlei Erfahrung, was das zu: Klimawandel und Naturereignisse, vom konkret und real heisst und wie sich das Ver- Tsunami über den Vulkanausbruch in Island bis halten der Akteure dem Wandel anpasst: zu den Erdbeben. Gemäss den «Desaster-Sta- Verweigernd, ablehnend, egoistisch, solida- tistiken» der Rückversicherer werden schwe- risch? Wir haben keine Übung, vor allem re Katastrophen häufiger.20 nicht für härtere Zeiten. 20 Swiss Re (2009): Topics Geo – Naturkatastrophen 2009; Munich Re (2009): Natural catastrophes and man-made disasters in 2009, in: Sigma 1/2009; Schmitt (2009): Forscher erwarten mehr Katastrophen, in: Handelsblatt 30.12.2009 23 214392_Studie_2030_IH.indd 23 27.05.10 11:55
Szenarien Mögliche Entwicklungsperspektiven Die zweite Achse steht für die Summe der Wie weiter, welche Optionen bestehen, und ökonomischen, politischen, gesellschaftlichen, was, wenn man gar nichts ändert? Die nach- technologischen oder umweltbedingten Fak- folgenden Szenarien zeigen – basierend auf toren, welche die Mobilität erschweren bzw. den zentralen Treibern im Tourismus sowie vereinfachen. Sie bestimmt, wie viele Men- auf den Einschätzungen der befragten Ex- schen Zürich potenziell besuchen werden. perten – vier alternative Entwicklungslinien für die Tourismusregion Zürich. Selbstverständlich gibt es weitere Faktoren, welche die Attraktivität einer Tourismusdesti- Die Szenarien wurden entlang zweier Achsen nation beeinflussen. Aufgrund der notwen- entworfen, welche die zentralen Dynamiken digen Komplexitätsreduktion und wünschba- in den künftigen Entwicklungsmöglichkeiten ren Handhabbarkeit von Szenarien ist die des Zürcher Tourismus verkörpern: vorgenommene Bündelung der Faktoren auf zwei Kerndynamiken jedoch zulässig. Jeder Die erste Achse repräsentiert die Summe aller Quadrant des Szenariokreuzes entspricht ei- ökonomischen, politischen und gesellschaft- ner anderen Kombination von Ausprägun- lichen Faktoren, die bestimmen, inwieweit gen der beiden Kerndynamiken. Die Benen- Zürich auch künftig ein attraktiver Wirt- nungen der einzelnen Szenarien sollen dabei schaftsstandort sein wird. Davon hängt ab, ihre Kernideen in möglichst kondensierter ob Zürich für den Business-Tourismus, wie und prägnanter Form wiedergeben. Es ver- wir ihn heute kennen, eine zentrale Destina- steht sich von selber, dass sie kein politisches tion bleibt. Programm sein können (oder gar sollen). 24 214392_Studie_2030_IH.indd 24 27.05.10 11:55
Überblick Szenarien Faktoren, welche Zürich als Wirtschaftsstandort stärken Bleisure Hub Premium-Boutique Zürich in der Zürich für die Happy Few Corporate World Faktoren, welche die Faktoren, welche die Mobilität erschweren Mobilität vereinfachen Rückzugsort Smart Spot Zürich im Zeitalter Zürich in der des Weniger Wissensgesellschaft Faktoren, welche Zürich als Quelle: GDI 2010 Wirtschaftsstandort schwächen Was den Szenarien gemein ist: Sie gehen alle Stadt mehrheitlich von Manhattan und weit davon aus, dass die touristische Anziehungs- weniger von Brooklyn, Long Island oder New kraft von Zürich im In- und Ausland in erster Jersey geprägt. Dasselbe gilt für Destinatio- Linie der Kernstadt, dem See und erst dann nen wie Paris, Rom oder Barcelona. dem Umland entspringt. Zwar mögen Baden, Baar oder das Sihltal ebenfalls sehr attraktiv Die im Folgenden eingehender beschriebe- und in den Augen der Bewohner von zentra- nen Szenarien fokussieren daher primär auf ler Bedeutung sein, in der Wahrnehmung des Zürich als urbane Destination im Wettbe- «typischen» Besuchers stehen sie nicht an werb des Städtetourismus, beziehen die Re- ganz oberster Stelle. Nehmen wir zum Ver- gion und ihre Attraktionen als Ganzes aber gleich New York: Obwohl um ein Vielfaches immer mit ein. grösser und berühmter, ist unser Bild dieser 25 214392_Studie_2030_IH.indd 25 27.05.10 11:55
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Bleisure Hub: Zürich in der Corporate World Kernidee: Zürich erkennt, dass die neue krea- Arbeitskräfte, Zugang zur Forschung etc.) tive Klasse in ihrem Verhalten kaum mehr gewinnt Zürich als breitdiversifizierter Corpo- zwischen Arbeit (Business) und Freizeit (Lei- rate-Standort weiter an Anziehungskraft für sure) unterscheidet. Und bietet den moder- Unternehmen. Einhergehend mit der fort- nen Nomaden deshalb das Beste aus beiden schreitenden globalen Verflechtung, baut Welten: Bleisure. Zürich zeigt, wie nahe Plea- Zürich seine Position als Wirtschaftszentrum sure und Bleisure beisammen liegen und wird im Herzen Europas aus. zur angenehmsten Business-Destination Eu- ropas. Globale Anbindung und Vielfalt Konzernzentralen oder Headquarters benö- Wirtschaft als zentraler tigen hochqualifiziertes Personal. Mobilität Wachstumstreiber und Flexibilität der Arbeitskräfte sind für den Das Wachstumsszenario geht von einer all- wirtschaftlichen Erfolg von Zürich im Wachs- mählichen Erholung der Weltwirtschaft ab tumsszenario deshalb essenziell. Wer aktiv 2010 aus. Was man aus der Krise mitnimmt: zum Fortschritt und zur Produktivität des die Erkenntnis, dass die eigene Wirtschaft Standorts beiträgt, ist in Zürich willkommen. bereits sehr eng mit dem Ausland verknüpft Dank einer liberalen Migrationspolitik und ei- ist und einzelne Bereiche der Volkswirtschaft ner fortschreitenden politischen Integration als Folge der internationalen Entwicklung der Schweiz in Europa entsteht ein internatio- sehr verletzlich sind. Das volkswirtschaftliche naler, dynamischer Mix. Die Bevölkerung in Interesse wächst, künftig als Standort für in- der Stadt Zürich und den umliegenden Re- ternational tätige Unternehmen und für Kon- gionen wächst. Die heutigen Bevölkerungs- zernzentralen attraktiv zu sein. Der internati- prognosen für die Jahre 2008 bis 2030 – onale Standortwettbewerb verschärft sich. kantonales Mittel: 11 Prozent, Stadt Zürich: Dank der bereits starken Präsenz internatio- 8 Prozent – werden dabei übertroffen.21 Vor naler Konzernzentralen (Banken, Versiche- allem die Regionen Knonaueramt, Furttal, rungen, Bio-High-Tech etc.) und der günstigen Weinland und Glatttal wachsen dank der zu- Kombination weiterer wichtiger Standortfak- nehmend besseren Erschliessung besonders toren (Rechtssicherheit, attraktive Besteue- stark. Gleichzeitig kann das Bevölkerungs- rung, gut ausgebaute Infrastruktur, einfache wachstum dem fortschreitenden demografi- Rekrutierung hochqualifizierter und flexibler schen Wandel leicht entgegenwirken. 21 Schönauer (2009): Bevölkerung Stadt Zürich, Ausgabe 2009 27 214392_Studie_2030_IH.indd 27 27.05.10 11:55
Aus wirtschaftlichen Gründen ist die globale Immobilienpreise. Was ökonomischen Mehr- Anbindung von Zürich wichtiger denn je. Der wert schafft bzw. hohe Renditen abwirft, hat mehrfach ausgezeichnete Flughafen läuft zur Vorrang. So wird das Stadtbild immer mehr Höchstform auf. Zwar ist der Fluglärmstreit von Gewerbeimmobilien und Neubauwoh- im Jahr 2030 nicht vollständig gelöst, doch nungen für Besserverdienende dominiert. Die mit dem «Circle at Zurich Airport»22 wurden in «Seefeldisierung» weitet sich auf Wollisho- der Region neue Arbeitsplätze und Impulse fen, Wiedikon und Wipkingen aus, eine Gen- geschaffen, welche die Attraktivität der Flug- trifizierung, die man aus anderen Grossstäd- hafengemeinden stärkt. Gleichzeitig verspricht ten wie Paris, London oder Barcelona längst ein verbesserter Anschluss ans europäische kennt. Mit zunehmendem Platzmangel erhält Hochgeschwindigkeitszugnetz längerfristig die Diskussion um weitere Hochhäuser in der eine teilweise Entlastung für lärmbelastete Stadt neuen Aufschwung. Neu geplante Wür- Gemeinden. Auch regional wird der öffentli- fe, die übers gut schweizerische Mittelmass che Verkehr weiter verdichtet. Die Fahrdis- hinausgehen, finden immer breitere Abstüt- tanz zwischen Flughafen und Stadtzentrum zung. Es bleibt der einzige Weg, um auf teu- bleibt in Europa fast unübertroffen, die rem Land zu verdichten. wachsende Agglomeration ist im Zehn-Mi- nuten-Takt an Zürich angebunden. Durch die Umliegende Subzentren wie Winterthur oder Verschmelzung der Stadt mit den umliegen- Zug, das Glatttal oder das Limmattal profitie- den Subregionen bis Winterthur, Rapperswil ren vom akuten Platzmangel in Zürich. Sie und Baden wächst eine «echte» kosmopoliti- können die Standortvorteile des Wirtschafts- sche Metropolitanregion heran. Hinsichtlich zentrums bieten, aber zu attraktiveren Preisen. Konsum, Kultur, Events, Erlebnis und Lifestyle Zudem sind kleinere Gemeinden aufgrund misst sich Zürich mit den grossen Metropo- ihrer Grösse flexibler und besser steuerbar, len wie London, Paris, Berlin oder Barcelona. sodass hier neue Bauprojekte schneller vor- angetrieben werden können. Forschung und Hochhäuser gegen den Platzmangel Entwicklung auf dem Flugplatz Dübendorf? Die starke Anziehungskraft der Stadt bringt Kongresse im Circle am Flughafen? Gesund- neue raumplanerische Herausforderungen mit heit und Wellness in Bad Ragaz? In der klein- sich. Die Baureserven sind zunehmend aus- räumigen Schweiz bleiben die Distanzen dank geschöpft, der Wettbewerb um «gute Flä- dem dichten öffentlichen Verkehrsnetz über- che» verschärft sich weiter. Der Markt dik- schaubar. tiert die Spielregeln sowie die Boden- und 22 Geht alles nach Plan des Zürcher Flughafens, wird am Fusse des Butzenbüel-Hügels ab 2016 die erste Bauphase von «The Circle» abgeschlossen sein; die 200‘000 Quadratmeter grosse Nutzfläche bietet Europa-Hauptsitze wichtiger Firmen, Showrooms erstklassiger Brands, weltweit gefragte Think-Thank-Köpfe und Meeting-Möglichkeiten. Dazu kommen Dienstleistungen in den Bereichen Gesundheit, Schönheit und Wellness sowie ein Hotel- und Büro-Bereich. Den Architekturwettbewerb gewonnen hat der japanische Stararchitekt Riken Yamamoto, Baubeginn soll ab 2012 sein. www.thecircle.ch 28 214392_Studie_2030_IH.indd 28 27.05.10 11:55
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